Vorbereitung Da ich Französisch auf Lehramt Gymnasium studiere, hatte ich den Wunsch ein Praktikum in Frankreich zu machen, in dem ich möglichst viel Gelegenheit zum Französisch Sprechen und –Hören haben und nach Möglichkeit weitere Erfahrungen mit Schülern machen würde. Nachdem ich in der 11. Klasse an einem Austausch mit der Schule Maison d’Education de la Légion d’honneur (MELH) teilgenommen und diese Schule in guter Erinnerung hatte, bewarb ich mich direkt bei der Lehrerin, die an der MELH für diesen Austausch zuständig ist, um ein Praktikum. Nach ihrer Rücksprache mit der Direktorin erhielt ich eine Zusage zum Praktikum und eine Beschreibung meiner Praktikumstätigkeiten. Unterkunft In der Internatsschule MELH gab es zur Zeit meines Praktikums kein freies Zimmer. Von der Schule wurde mir abgeraten, in der Stadt Saint-Denis, in der die Schule liegt, ein Zimmer zu suchen, da SaintDenis ein sozialer Brennpunkt der Banlieue von Paris mit erhöhter Kriminalität ist. In Paris ist es schwer, ein Zimmer zu finden, und es ist mit hohen Mietkosten zu rechnen. So hatte ich Glück, dass ich in einer WG-Wohnung des Ehemaligenvereins der MELH, genannt AAELH, im nördlichen Paris ein Zimmer mieten konnte. Praktikum Meine Praktikumsinstitution, die Maison d’Education de la Légion d’honneur, ist eine Mädcheninternatsschule mit lycée (sprich 10.-12. Klasse) und den post-baccalauréat (Bildungsangeboten für Abiturienten) BTS CI (zweijährige kaufmännische Ausbildung für internationalen Handel) und classes préparatoires littéraires (zwei- bis dreijährige Vorbereitung auf die Aufnahmewettbewerbe der Grands-Écoles (Elitehochschulen)). Das lycée umfasst derzeit 418 Schülerinnen, BTS CI ca. 50 und die classes préparatoires ca. 60 Schülerinnen. Die Schule ist zwar staatlich, hat jedoch als Auswahlkriterium, dass die Bewerberin Kind, Enkelin oder Urenkelin eines Mitglieds der Ehrenlegion (mit ziviler oder militärischer Auszeichnung), des französischen Verdienstordens oder eines Inhabers eines militärischen Ordens sei. Die Schülerinnen der MELH tragen eine Schuluniform, womit die MELH in Frankreich fast die einzige Ausnahme bildet. Meine Praktikumsbeschäftigung lässt sich in drei Tätigkeitsschwerpunkte unterteilen. Zum einen habe ich regelmäßig die Vorlesungen der classes préparatoires in französischer Literatur und Geschichte besucht. Da die Vorlesungen sehr anspruchsvoll waren und differenzierte Inhalte behandelten, erweiterte sich durch diese mein rezeptiver Wortschatz. Ferner kann mir das dort erworbene Wissen als Hintergrundwissen für den Französischunterricht am Gymnasium dienen. Dieser regelmäßige Unterrichtsbesuch in den classes préparatoires und gelegentlich am lycée ermöglichten darüberhinaus, verschiedene Aspekte des französischen Schulsystems unmittelbar zu erleben, von denen ich einige hier festhalten möchte. - Unterricht von 8 bis 18h, Mittwoch Nachmittag frei, samstags Schule; innerhalb der Schulwoche kaum Freizeit, doch bis zu drei Wochen mehr Ferien als in Deutschland - Wettbewerbscharakter des Systems der Elitehochschulen und der darauf vorbereitenden classes préparatoires. Qualitativ hochwertige Ausbildung der classes préparatoires, die jedoch eine hohe Einsatzbereitschaft und den weitgehenden Verzicht auf Freizeitaktivitäten und soziale Kontakte voraussetzt. Schließlich konnte ich durch die Unterrichtsbesuche die MELH aus der Nähe kennenlernen. Der wohl auffälligste Eindruck an dieser Schule ist, dass die Schüler den Lehrern viel Respekt zukommen lassen, die Lehrer so gut wie keine Disziplinprobleme haben und man als Gast oder Praktikant nicht nur von den Lehrern, sondern auch von den Schülern sehr herzlich aufgenommen wird. Vielleicht mit durch die familiäre Atmosphäre des Internats begünstigt, gibt es von den meisten Schülerinnen ein wirkliches Interesse an dem „Neuankömmling“, über die gesamte Praktikumszeit hinweg. Mein zweiter Tätigkeitsschwerpunkt bildete der Konversationsunterricht, den ich Schülergruppen aus den BTS-Klassen und den classes préparatoires in ihren Fremdsprachen Deutsch, Englisch und Spanisch erteilte. Die Gestaltung des Konversationsunterrichts lag in meiner eigenen Verantwortung, so dass ich je nach Bedarf der Schülerinnen bestimmte grammatische Phänomene mündlich trainierte, kommunikative Übungen zur Wortschatzfestigung und –erweiterung eines bestimmten Wortfeldes durchführte, Sprachspiele anbot oder Konversationsthemen suchte, die die Schülergruppe interessieren und zu intensiver Debatte anregen würden. Da die Schülerinnen, die ich im Konversationsunterricht erlebt habe, von sich aus schon Motivation mitbrachten, waren diese Stunden in sich anregend und ich konnte mich darauf konzentrieren, diese Stunden - angesichts der hohen schulischen Auslastung der Schüler - möglichst effektiv für sie zu gestalten. Ein spezifisches Konversationstraining fand im Rahmen der BTS-Kurse négociation langue statt. In diesem Kurs werden Verhandlungsgespräche zwischen Firmenvertreter und Kunde in Rollenspielen geübt. Dazu gibt es einmal pro Woche vormittags Verhandlungsunterricht auf französisch, wo die Schüler inhaltlich auf die Verhandlungsgespräche vorbereitet werden. Am Nachmittag des selben Wochentages wenden die Schüler dann das Erlernte in Rollenspielen in ihrer Fremdsprache (Englisch, Deutsch oder Spanisch) an. Ich habe jeweils am französischsprachigen Verhandlungskurs teilgenommen und dann im Verhandlungsunterricht der Fremdsprachen assistiert. Das dritte Tätigkeitsfeld bestand in der Begleitung der Klassen bei Exkursionen. Zu diesen Exkursionen gehörten ein Theaterbesuch bei der Comédie française, Konzertbesuch, Museumsbesuch mit Führung in Archives und Cinémathèque, Besuch des Schlosses Versailles. Alltag und Freizeit Abends und am Wochenende habe ich jeweils neue Stadtviertel von Paris, Museen und Gärten erkundet und mich viel mit französischen Freunden, die ich von einem früheren Aufenthalt kannte, sowie oft auch mit einzelnen Lehrern und Schülern der MELH getroffen. Fazit Es war ein Praktikumsaufenthalt, bei dem ich viele Eindrücke des Schulsystems, der Franzosen und der Stadt Paris gewinnen konnte. Die Schule hat sich als idealer Ort herausgestellt, um möglichst viel zum Französisch Reden angefordert zu werden und ständigem sprachlichem Input ausgesetzt zu sein. Wegen der herzlichen Aufnahme an der MELH konnte man sich leicht in die Schule integrieren und sehr gute neue Bekanntschaften schließen.
© Copyright 2024 ExpyDoc