Die Geschichte des Holzkirchner Wappens und der Holzkirchner Siegel Von Hans Widmann, Marktarchiv Holzkirchen Holzkirchen war seit jeher der Markt des ehemaligen Benediktinerklosters Tegernsee. Es hatte seit langer Zeit zumindest die niedere Gerichtsbarkeit. Die Verwaltung der Klosterbesitzungen war lange in einzelne „Ämter“ aufgeteilt und auch Holzkirchen war über Jahrhunderte ein solches Amt des Klosters. So ist es kein Wunder, dass es auch schon seit vielen Jahrhunderten ein eigenes Wappen und Siegel hatte. Allerdings liegen die Ursprünge dieses Wappens wie so vieles bei Holzkirchen im Dunkel der Geschichte. Obwohl wie gesagt der Markt schon seit Jahrhunderten Wappen und Siegel verwendete, erhielt der Markt erst 1929 die offizielle Genehmigung des bayerischen Innenministeriums mittels einer Ministerialentschließung vom 23.10.1929, ein Wappen zu führen. Die amtliche Wappenbeschreibung „In Rot auf grünem Boden eine silberne Kirche mit Sattelturm und blauem Dach, beiderseits und über dem Langhaus der Kirche je eine grüne Tanne“. Wie man sehen, gibt es im offiziellen Wappen aber auch noch eine dritte Tanne hinter dem Kirchenschiff, anders als in der offiziellen Beschreibung. Die Darstellung des Wappens geht einher mit der Bedeutung des Namens der Marktgemeinde. Das Wappenbild ist die Kirche im Holz, der altbairischen Bezeichnung für Wald. Der berühmteste Holzkirchner Chronist Dekan Imminger nennt es ein „sprechendes Wappen“. Die Geschichte und Entwicklung des Wappens Wie schon erwähnt, liegen die Ursprünge des Wappens im Dunkel. Dekan Imminger meint dazu: „Die Geschichte des Wappens muß jedenfalls auf eine Zeit zurückreichen, da Holzkirchen noch tatsächlich inmitten des Waldes lag, also vor Abschluß der etwa 1350 vollendeten großen Rodungsperiode. Am naheliegendsten wäre somit die Vermutung, dass der Ort sein Wappen gleichzeitig mit den Marktrechten von Kaiser Ludwig dem Bayern1 erhielt, also bereits in der Erstzeit des Wappewesens, in der Hochgotik.“ Imminger schreibt dann weiter: „Das älteste erhaltene Wappenbild ist freilich späteren Datums, erst aus der Mitte des 16. Jahrhunderts.“ Es stammt von Apian um 1550.2 Dann schreibt er weiter: „In fast gleicher Weise (auch mit Schildhaupt und den bayerischen Rauten) hat der berühmte bayerische Hofmaler Hans Muehlich in seiner Wappenkunde das Holzkirchner Wappen gezeichnet.“ Das folgende Bild zeigt eine Zeichnung von Dekan Imminger aus seiner Chronik mit der Darstellung des Wappens nach Apian um 1550: Das Holzkirchner Wappen nach Apian um 1550 Es ist ein Abdruck eines Holzstempels. Interessanterweise zeigt es die Kirche von der Vorderseite mit der Apsis mit je einem zypressenförmigen Baum links und rechts von der Kirche. Es gibt noch eine Darstellung dieses alten Wappens vom Ende des 16. Jahrhunderts. Es ist eine farbige Malerei auf einer Holztafel vom alten Hieber-Moserhof. Es heißt, sie wurde im Auftrag des Herzog Albrechts V von Hans Mielich (1560-1571) gefertigt. Er arbeitete am sog. Orlando-Codex und darin enthalten ist eine Wappentafel der bayerischen Klöster, Probsteien, Grafschaften, Städte und Märkte, darunter auch das Wappen von Holzkirchen: 1 Ludwig IV. (bekannt als Ludwig der Bayer; * 1282 oder 1286 in München; † 11. Oktober 1347 in Puch bei Fürstenfeldbruck) aus dem Haus Wittelsbach war ab 1314 römisch-deutscher König und ab 1328 Kaiser im Heiligen Römischen Reich. 2 Das Wappen von Apian ist in der Wappensammlung des kurfürstlichen Bibliothekars A.F.V. Öfele enthalten, nun in der Staatsbibliothek Codex Ikonograph. No 298-303 Das Holzkirchner Wappen nach einer Tafel om Hieber-Moserhof Dann gibt es aus früher Zeit, nämlich um 1590, noch ein Siegelwappen. Es zeigt die Kirche nun wie heute in Seitenansicht und ohne Apsis mit einem Spitzdach auf dem Kirchturm3, also eine nun völlig veränderte Ansicht. Zu Recht kann man es als das Urbild des heutigen offiziellen Holzkirchner Wappens ansehen. Auch die im Wappensiegel verwendeten Farben rot, blau und grün sind dieselben geblieben. Siegelwappen um 1590 3 Das Siegelwappen von 1590nbefindet sich in der Siegelsammlung des Nationalmuseums in München laut beigegebener Zeichnung von Prof. Hupp. Dann folgt ein längerer Zeitabschnitt, indem es so gut wie keine Zeugnisse mehr der damals verwendeten Wappen und Siegel gibt. Erst Jahrhunderte später gibt es wieder neue Bilder. Dekan Imminger schreibt dazu: „Vermutlich bei Übernahme der bisher unter kirchlicher Hoheit stehenden Städte und Märkte in die neue bayerische Staatshoheit nach der Säkularisation wurden von den Bezirksämtern Erkundigungen nach den altüberkommenen Ortswappen eingezogen. Seltsamerweise gab das Landgericht Miesbach am 2. Okt. 1818 die Erklärung ab, „der Markt Holzkirchen habe nie ein Wappen gehabt“. Ob die Marktbevölkerung und –Verwaltung selber die Kenntnisse ihres Altwappens verloren hatte oder ob sie nur ein keine geschichtlichen Belege dafür beibringen konnte, ist heute schwer zu entscheiden. Vermutlich ist letzteres wahrscheinlicher, denn in den ersten beiden Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts liegen im Gemeindearchiv4 zwei Wappenbilder, die schon die Kirche im Holz aufzeigen, aber allerdings in so willkürlicher unheraldischer Gestaltung, dass sie wohl deshalb von der Behörde nicht als amtliches Wappen anerkannt wurden.“ Anonyme Wappen um 1812, angeblich vor 50 Jahren noch im Holzkirchner Marktarchiv Das Resultat war, dass der Markt Anfang des 19. Jhdts. Sein Wappen nicht mehr zeigen durfte. Die Frage ist nun, was die offizielle Aktenlage zu diesen frühen Zeiten und Vorgängen um das Holzkirchner Wappen hergeben. Die Spuren führen wie fast immer ins Münchner Staatsarchiv. Dort gibt es im Bestand der oberbayerischen Landratsämter einen „Spezialakt des Bezirksamtes Miesbach“ aus dem Jahre 19275 mit dem Betreff: das Wappen der Gemeinde Holzkirchen. Der Ausgangspunkt dieses Aktenbestandes war ein offizielles Ersuchen der Gemeinde an das Hauptstaatsarchiv in München am 26. Juni 1925 um eine Aufklärung darüber, ob es in den Beständen des Archives eventuell noch Unterlagen oder Zeugnisse über frühere Wappen und Siegel gäbe. Nach einem Monat kam die Antwort in das Holzkirchner Rathaus: „Trotz eingehender Nachforschungen in den einschlägigen Beständen des Bayer. Hauptstaatsarchives konnten keine Urkunden aufgefunden werden, welche sich auf die Erteilung der Marktrechte an die Kloster Tegernseer Hofmark Holzkirchen und auf die Verleihung eines besonderen Ortswappens beziehen würden. Im weiteren Zusammenhang stehen damit nur folgende hier verwahrte Urkunden: 4 5 Leider sind auch diese beiden Zeugnisse alter Holzkirchner Wappen nicht mehr auffindbar! LRA 95917 1. 1375 Juni 15: Herzog Friedrich von Bayern erteilt auf Bitten von Abt und Konvent zu Tegernsee den Bürgern ihres Marktes Holzkirchen das Pfändungsrecht gegenüber deren Schuldner, wie solches Recht München und andere Städte und Märkte Oberbayerns besitzen. Vidimierte Abschrift auf Papier aus dem Jahre 1750. 2. 1403 November 8: Die Herzöge Ernst und Wilhelm von Bayern bestätigen ganz im Allgemeinen die Rechte und Freiheiten der Bürger zu Holzkirchen, welche ihnen die Huldigung geleistet haben. Original Pergament und Siegel fehlen. 3. 1658 Sept. 23: Kurfürst Ferdinand Maria bestätigt dem Markt Holzkirchen ganz im Allgemeinen seine Privilegien, Rechte und Freiheiten. Entwurf auf Papier. Was nun im Besonderen die Farben des Marktwappens von Holzkirchen anbelangt, so hat Herr Prof. Hupp in Schleißheim auf Grund des ihm teilweise auch von amtlicher Seite zugänglich gemachten einschlägigen Materials in seiner Veröffentlichung: Die Wappen und Siegel der deutschen Städte, Flecken und Dörfer, Heft 6: Königreich Bayern Kreis Ober- und Niederbayern S.43 bzw. 50 das Wappen von Holzkirchen folgendermaßen farbig dargestellt und beschrieben: „In rot auf grünem Boden eine spitzbedachte Kirche zwischen zwei grünen Tannen“ Falls dem verehrlichen Gemeinderat diese heraldisch einwandfreie und künstlerisch schöne Hupp’sche Darstellung zusagt, wird seitens des zuständigen Staatsministeriums unschwer deren amtliche Anerkennung als offizielles Wappen des Marktes Holzkirchen und die Erlaubnis zur Übernahme in das Gemeindesiegel zu erreichen sein. In diesem Falle könnten als besondere Flaggenfarben des Marktes nach Maßgabe des Wappens nur Rot-Weiß in Frage kommen, zu deren Annahme aber gleichfalls ministerielle Genehmigung erforderlich ist“. Der Holzkirchner Gemeinderat überlegte und diskutierte nun diese Frage und schrieb das Hauptstaatsarchiv erneut an den Markt Holzkirchen am 9. November 1925: „Wie verehrlichem Gemeinderat bereits am 24.Juki lfd.Jahres mitgeteilt werden mußte, verwahrt das Hauptstaatsarchiv keine landesherrlichen Wappenverleihungsurkunde für dem Markt Holzkirchen. Wir sind daher nicht in der Lage feststellen zu können, ob, wann und wie etwa von obrikeitswegen das Wappen Ihres Marktes bestimmt wurde. Das von Ihnen nach einem alten Meisterbrief beschriebene Wappen, welchem nach Ihrer eigenen Auffassung kein amtlicher Charakter zukommt, findet sich abbildlich bei Lipowsky Matrikel der Städteund Märktewappen Bayerns, Bd. II, Blatt 403. Die Beschreibung desselben lautet dort kurz und bündig: „Der Markt Holzkirchen hat ein sprechendes Wappen: Es besteht in einer im Walde (Holz) befindlichen Kirche“. Der über der Kirche im blauen Himmel schwebenden Vögel ist nicht gedacht. Da Lipowsky seine Matrikel auf Grund der amtlich eingeforderten Berichte der einzelnen Städte und Märkte angelegt hat, dürfte damals 1811 der Markt Holzkirchen das von Ihnen beschriebene Wappen in seinem Marktsiegel geführt haben. Damit ist aber der amtl. Charakter desselben keineswegs erwiesen. Denn die einzelnen Orte haben, wenn im Laufe der Zeit die Erneuerung des Siegelstockes notwendig wurde, ihr Wappen auch der augenblicklichen heraldischen Mode anpassen lassen, ohne sich um eine obrigkeitliche Genehmigung zu kümmern. So haben wir denn in dem von Ihnen beschriebenen und bei Lipowsky angehörige Ausgestaltung (5 Vögel im blauen Himmel) des ursprünglich viel einfacheren Wappenbildes vor uns, wie es Prof. Lipowsky in einem Ende des 16 Jhdt. Angehörigem Siegel des Marktes Holzkirchen vorfand und dem er gegenüber den Abbildungen in älteren Wappensammlungen mit Recht den Vorzug gab. … Dementsprechend können wir verehrlichem Gemeinderat nur nochmals nahelegen, falls er daran denkt, sein Marktwappen amtlich feststellen zu lassen, die Hupp’sche Darstellung, welche sich auf das älteste Marktsiegel von Holzkirchen sich gründet, dem Staatsministerium des Inneren zu unterbreiten. An den bisherigen Marktfarben „grün-weiß“ oder „weiß-grün“ bräuchte dabei nicht gerüttelt zu werden, da sie ja in der Hupp’schen Wappendarstellung in der weißen Kirchen und den grünen Bäumen vertreten sind.“ Gez. Dr. Glasschröder Der Holzkirchner Marktgemeinderat diskutierte und überlegte wieder und schrieb am 11. März 1927 an das Bezirksamt in Miesbach folgenden Brief: „„Es ist beabsichtigt, einen Druckstock für das Siegel der Marktgemeinde Holzkirchen durch das Hauptmünzamt München anfertigen zu lassen. Nun haben die Feststellungen ergeben, daß im Laufe der Jahrzehnte wiederholt eine Änderung des Wappens in den Gemeindesiegeln vorgenommen ist. Um ein einwandfreies Siegelwappen zu erhalten, möchten wir nun feststellen, welches Wappen der Marktgemeinde verliehen wurde und welche Änderungen mit aufsichtlicher Genehmigung erfolgt sind: In den hiesigen Akten sind abgeschlossene Aufzeichnungen nicht vorzufinden. Wir ersuchen deshalb ergebenst auf Grund der bezirksamtlichen Akten die Zuteilung des Marktwappens und die Siegelführung festzustellen oder uns zu dieser evtl. im Benehmen mit dem Hauptstaatsarchiv verhelfen zu wollen. Auch wäre es uns erwünscht, wenn einwandfrei festgestellt werden könnte, welche Ortsfarbe der Marktgemeinde früher genehmigt wurde. Gez. Der 1. Bürgermeister Jennerwein Das Bezirksamt war nun an der Reihe zu überlegen und zu diskutieren und wandte sich dann an das bayerische Staatsministerium des Inneren. Am 23. Oktober 1929 wies das Staatsministerium die Regierung von Oberbayern an: Betreff: Wappen der Gemeinde Holzkirchen Der Gemeinde Holzkirchen wird auf Ihr Ansuchen die Genehmigung erteilt, ein Wappen nach dem vorgelegten Entwurf zu führen. Die Beschreibung des Wappens hat zu lauten: „In Rot auf grünem Grund eine silberne Kirche, Turm mit Satteldach, zwischen drei Tannen“ Für die Annahme eigener Flaggenfarben sind besondere Gründe nicht angeführt. Dem Antrag kann daher nicht entsprochen werden. Im Jahr 1929 gestaltete der oben schon erwähnte Graphiker und Heraldiker Otto Rupp Wappen und Siegel des Marktes Holzkirchen neu, aber nach dem alten Vorbild des Siegelwappen von 1590. Es zeigt wie damals die alte gotische Kirche und Turm mit Satteldach. Noch ein Wort zu dem immer gezeigten Rahmenschild des Wappens. Es ist oben mit einem Engelsköpfchen geschmückt, und das über Jahrhunderte hinweg. Imminger sagt dazu: „ob der Engel ein Hinweis auf die Tegernseeische Zugehörigkeit sein sollte, kann zunächst nur eine Frage sein; doch ließ sich bisher keine sonst irgendwie einleuchtende Deutung dieser Wappenfigur finden.“ Als Beispiel soll für die Darstellung Wappen mit Engelskopf ein altes Siegel von 1872 dienen: Siegel von 1872
© Copyright 2025 ExpyDoc