„Päpstin“: Isabel Dörfler sorgt für Erotik und

„Päpstin“: Isabel Dörfler sorgt für Erotik und Muttergefühle
Fulda Isabel Dörfler stürmt in die Räume der Produktionsfirma spotlight und kocht erstmal Kaffee.
„Ich liiiiebe Cafés“, sagt die Sängerin und Schauspielerin und fügt hinzu: „Aber der Kaffee vom
Peterchen schmeckt richtig gut, da können wir auch hier bleiben.“
Das „Peterchen“ heißt eigentlich Peter Scholz und ist
der Produzent des Musicals nach dem Bestseller von
Donna W. Cross, das am 3. Juni in Fulda Premiere hat.
Isabel Dörfler lacht: „Der wird schon gewusst haben,
auf wen er sich mit mir eingelassen hat. Ich bin eine
Frau, die was in der Birne hat.“Ahoi-Brause, gefangen
im Körper eines Mon-Chérie", wie sie jüngst ein Kollege
genannt hat. „Das ist doch eine tolle Umschreibung,
oder?“, freut sie sich im Gespräch mit dieser Zeitung.
Dörfler ist in „Die Päpstin“ erst die Mutter von Johanna
und später die Kurtisane Marioza, die Johanna eine
Falle stellt.
Ich habe nirgendwo gelesen, wie alt Sie sind?
46. Jetzt kann ich es sagen. Das war vor einem Jahr noch anders. Im Musicalgeschäft denkt man immer:
Oh Gott, wie lange darf ich denn noch? Inzwischen kann ich sagen: Ich bin immer noch da!
Ist das Alter wirklich so ein Problem?
Aber natürlich. Das Geschäft ist ein sehr jugendliches, aber es wird auch oft zu jung besetzt.
Wieso?
Weil in Film und Theater genauso ein Jugendwahn betrieben wird wie in der restlichen Gesellschaft!
Vielleicht auch, weil man Energien braucht, die nicht mehr jeder hat. Und die Leute aus meiner Generation
haben auch oft nicht mehr die Lust, sich dem Beruf so zu widmen – als Musicaldarsteller braucht man sehr
viel Kraft – körperliche als auch mentale. Aber die Frauen, die auch mein Rollenspektrum abdecken, und ich,
wir kennen uns alle. Und wir machen alle diese Erfahrung.
Wie sieht dieses Rollenspektrum aus?
Wenn man noch einigermaßen aussieht – so wie ich – und ist dennoch erwachsen, bleibt das sogenannte
Charakterfach: böse Intrigantin, Mutter, die komische Alte, große Diven, biografische Stücke wie Piaf, Evita,
wo man von Jung bis Alt geht. Ein paar Klassiker gibt es, bei denen klar ist: Die Darstellerinnen müssen
älter sein. Auch verkauzte Figuren. Und Hexen. Das macht Spaß!
Hexenzauber gibt es in der „Päpstin“ nicht, aber die Intrigantin und die Mutter. Sie spielen beide.
Mariosa ist eine Kurtisane, eine Chefin. Keine Nutte, kein leichtes Mädchen, das versuche ich immer wieder
allen klarzumachen. Kurtisanen hatten Einfluss, auch politischen, sie waren gebildet. Geschäftsfrauen eben.
Mariosa besitzt mehrere Badehäuser in Rom. Staatsmänner und der Klerus gehen dort ein und aus. Sie hat
einflussreiche Gönner, die sie unterhalten. Kurtisanen haben sich zudem mehr Freiheiten herausnehmen
können in der Zeit, insofern ist es auch eine emanzipierte Rolle. Kurzum: Sie ist Geschäftsfrau und Politikerin.
Eine starke Frau.
Genau. Sie drängt mit Anastasius auf den Papstthron. Das Leben damals war ein einziges Ränkespiel.
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Mariosa setzt sich in einer Männerwelt durch.
In der Tat. Und das ist ein aktuelles Thema. Denn wissen Sie was, auch bei „Die Päpstin“ sitzen wieder
einmal nur Männer an den entscheidenden Stellen. Weil die sich was trauen, während Frauen ihrem
Perfektionismus erliegen. Frauen fallen immer wieder darauf rein zu glauben, jemanden brauchen und
halten zu müssen, und agieren deswegen taktisch. Taktieren liegt mir zum Glück nicht. Ich bin eine Frau,
die für Stil, Geschmack, Kopf und Gleichberechtigung steht. Und das findet sich auch in der Rolle der
Kurtisane wieder.
Mariosa ist im Stück präsenter als im Roman.
Ja, dadurch, dass sie diese große Nummer bekommen hat: „Cäsarin von Rom“. Ansonsten hat sie nur
zwei Szenen.
Wird ihr auf der Bühne auch vergeben wie im Buch?
Ihr wird vergeben?
Ja.
Diesen Strang haben wir ganz rausgelassen.
Als Mariosa sorgen Sie also für Erotik in einer ansonsten eher keuschen Geschichte.
Und das Schöne: Ich bin nicht nur für die Erotik zuständig, sondern auch für liebevolle Muttergefühle.
Das Böse spiele ich durchaus gerne, das kann ich auch gut…
Wieso?
Weil ich ein charismatischer Mensch bin, eine starke Bühnenpräsenz habe, und denen glaubt man das
Böse dann auch.
Wie passen die Figur der Mariosa und der Mutter zusammen?
Gar nicht. Das ist ja das Tolle. Dieses Umschalten.
Die Mutter ist im Buch eine recht zwiespältige Figur, die Johanna sehr liebt, aber auch für sich
behalten will, und zwar gegen das Wohl des Kindes.
Auf der Bühne haben wir leider die Chance nicht dazu, diese Diskrepanz darzustellen. Das ist schade.
Aber das Hauptaugenmerk des Komponisten Dennis Martin lag darauf, dass die Mutter ihren starken
Glauben an ihre Tochter weitergibt: in einem Popsong – einem Wiegenlied, einem mütterlichen Segen –
das von Fantasie, wahrem Glauben und auch Toleranz erzählt.
Sie haben den Weg ins Musicalgeschäft schon früh eingeschlagen.
Als Sechsjährige habe ich mit Ballettunterricht begonnen, dann kamen Chöre, Bands und Theater-AGs
dazu. Ich ging dann auch bald nach Wien zu Peter Weck. Und die Rollen kamen.
Und sind in dem Metier geblieben.
Ja. Aus Leidenschaft. Ich wollte einfach beim Theater mit dabei sein. Als Maskenbildnerin oder Portier
oder Klofrau, egal. Es ging mir auch nicht darum, berühmt zu werden. Es war dieser Zauber, der mich mit
13 oder 14 infiziert hat.
Was reizt Sie überhaupt am Musicalgeschäft?
Dass wir Dienstleister an der Musik sind. Unsere Aufgabe ist es, in der szenischen Arbeit die emotionale
Ebene zu schaffen für einen Song, das heiß Emotionen schnell zu etablieren, damit sie in den Song tragen. Die szenische Aufgabe ist ein Erfüllerdienst an der Musik. Das wissen viele Leute nicht.
Es geht also darum zu vermeiden, dass der Zuschauer sich fragt: Warum singen die denn jetzt
auf einmal?
Eben.
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Wie sind Sie bei spotlight gelandet?
Ich bin Freelancer. Und las: spotlight sucht Darsteller. Beim Arbeitsamt fragte ich dann: Wer sind die?
Dort wurde mir gesagt, dass es eine Firma ist, mit der Darsteller immer wieder zusammen arbeiten
– was ein gutes Zeichen ist. Bei der Audition lief es dann gut. Letztlich aber gab die Musik für „Die
Päpstin“ den Ausschlag. Die ist so schön…
Ein gutes Schlusswort.
Jetzt haben wir gar nicht über meine neue CD „Leben!“ gesprochen.
Eine CD?
Ja. Die habe ich von vorne bis hinten selbst produziert. Und: Ich nenne die Musik Pop-Chansons. Es
sind Evergreens, Chansons und Popsongs, keine Musicalnummern.
Warum nicht?
Musicalmusik ist oft hochemotional. Ich höre mir diese Musik zwar beruflich sehr gern an – privat darf
es aber gerne etwas sanfter sein.
von Anke Zimmer
Veröffentlicht am 26. Mai 2011
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