Business Aviation - Flugplatz Dübendorf

Business Aviation
Special zum Thema Geschäftsluftfahrt
Projekt Flugplatz Dübendorf
Aufwertung der Region
Sicherheit
Keine Kompromisse
Geschäftsflug von Zürich nach Ostrava
Direkt und effizient
Special – Business Aviation | Inhalt und Vorwort
12
3
Die Geschäftsluftfahrt
Eine Branche mit überzeugenden Vorteilen.
6
Sicherheit
Nichts wird dem Zufall überlassen.
8
Flugzeugunterhalt und -ausstattung
Das grösste Zentrum steht in Basel.
9
Flugabfertigung und Dienstleistungen
Zum Wohl der Kunden und Crews.
10 Aviatische Infrastrukturen
Die Bedeutung der Flugplätze.
11 Finanzierung von Businessjets
Interview mit einem Bankspezialisten.
12 Technik
Businessjets sind «Flüsterjets».
15 European Business Aviation Association (Switzerland)
Business Aviation ist von hohem volkswirtschaftlichen Nutzen.
Technik Businessjets werden technisch laufend
weiterentwicklt.
Dies macht sie
unter anderem zu
wahren «Flüsterjets».
18
Ein Flug miterlebt Von der
Buchung bis zur Rückkehr
nach dem Meeting: So verläuft die effiziente Reise mit
einem Businessjet zum
Geschäftstermin.
16 Portrait
Helene Niedhart über die Branche.
18 Von Zürich nach Ostrava
Wenn der Zeitfaktor entscheidet.
22 Flugplatz Dübendorf
Der Blick auf ein Projekt mit Perspektiven.
30 Aerosuisse und Luftfahrtverbände der Schweiz
«Ein nahe gelegener Flugplatz ist ein Standortkriterium».
22
Flugplatz Dübendorf
Der Flugplatz Dübendorf soll in Zukunft
verschiedene Nutzer
vereinen. Der Masterplan bietet Einblick in
das Projekt mit
Perspektiven für die
Zukunft.
Liebe Leserin, lieber Leser
Die Geschäftsluftfahrt – oder Business Aviation – stellt sich nicht gerne ins Rampenlicht. Verständlich, denn in dieser Branche ist Diskretion Teil des Geschäftsmodells. Die Kunden, welche auf die
Leistungen der Geschäftsluftfahrt zurückgreifen, tun dies aus Effizienzgründen. Sie wollen schnell,
direkt und möglichst nah an ihr Ziel gelangen. Ohne Aufhebens. Die Privatsphäre eines Businessjets
bietet ihnen das ideale Umfeld dazu. Die bequeme und funktionale Kabine dient ihnen zudem als
fliegendes Büro, Besprechungsraum oder Oase der Ruhe und Entspannung in der Hektik des Berufsalltags. Das Geschäftsflugzeug als Reise- und Arbeitsinstrument: Dieses Special will Ihnen einen
Einblick in eine Branche gewähren, über die wenig gesprochen wird, die aber viel zu bieten hat. Eine
Branche der Luftfahrt, welche zudem von erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung ist und zehntausende von Arbeitsplätzen generiert.
Die Geschäftsluftfahrt ist aber zwingend auf eine funktionierende Infrastruktur angewiesen. Dazu
gehören nebst den Landesflughäfen auch regionale Flugplätze. So wie der Flugplatz Dübendorf, wo
in Zukunft zusätzlich zur Bundesbasis insbesondere Geschäftsluftfahrt, Rettungsfliegerei und
Leicht aviatik eine Heimat haben sollen. Informationen zu diesem Projekt, welches – Hand in Hand
mit dem Innovationspark – attraktive Perspektiven bietet, finden Sie ab Seite 22.
Bedeutend ist auch die Tatsache, dass es zur Aufrechterhaltung eines funktionierenden Luftverkehrs
qualifizierte, hervorragend ausgebildete Fachkräfte braucht. Passagiere vertrauen darauf, dass sich
das Flugzeug in einem technisch einwandfreien Zustand befindet und die Piloten ihren Job professionell erledigen. Business Aviation, Leichtaviatik und Flugplätze leisten dazu einen wesentlichen
Beitrag. Doch machen Sie sich selber ein Bild davon. Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre.
Jürg Wyss, Chefredaktor
2 | Special Mai 2015
Impressum
Special Business Aviation
Auflage: 65 000 Exemplare
Redaktion und Gestaltung
Chefredaktor: Jürg Wyss
Stellvertreterin: Patricia Andrighetto
Redaktionsadresse:
Swiss Aviation Media
Zurzacherstrasse 64
CH-5200 Brugg
Telefon +41 (0)56 442 92 44
[email protected]
Herausgeberin
Swiss Aviation Media
Mitarbeitende dieses Specials
Hans Blumer, Patricia Andrighetto
Verlag, Herstellung
Jordi AG – Das Medienhaus
Telefon +41 (0)31 818 01 11
www.jordibelp.ch
© by Swiss Aviation Media
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit Genehmigung der Redaktion
Bild: Dassault Aviation
Die Geschäftsluftfahrt | Special – Business Aviation
Eine Luftfahrtbranche mit
überzeugenden Vorteilen
Auf Deutsch bedeutet Business Aviation «Geschäftsluftfahrt». Die Betonung liegt auf dem Wort «Geschäft».
In der breiten Öffentlichkeit werden Businessjets jedoch kaum je mit Geschäft oder gar Arbeit in Verbindung
gebracht – vielmehr mit Luxus. Zu unrecht. Denn die Business Aviation ist ein bedeutender Zweig der Luft­
fahrt und generiert für die Schweizer Wirtschaft eine hohe Wertschöpfung. Als flexibel einsetzbares Reise­
mittel, welches auch von Verkehrsflugzeugen nicht bediente Destinationen anfliegen kann und den Passagie­
ren damit viel Zeit­ und Reiseaufwand erspart, ermöglicht ein Businessjet auch ungestörtes Arbeiten an Bord.
Text: Hans Blumer
E
igentliche Businessjets sind in erster Linie funktional eingerichtet und werden, wie der Name sagt, primär für geschäftliche
Zwecke genutzt. Geschäftsleute, für welche Zeit auch Geld bedeutet, nehmen aus guten Gründen sowohl am Boden als auch in der
Luft oft lieber ein Taxi als den Bus, denn Flüge mit einem Businessjet
können gegenüber Linienflügen einen grossen Zeitgewinn und sogar
Kostenvorteile bringen. Dies zunächst deshalb, weil die Passagiere erst
unmittelbar vor Abflug am Flughafen eintreffen müssen. Einchecken
und Sicherheitskontrolle dauern zudem meist deutlich weniger lang
als bei Linienflügen, oft nur wenige Minuten. Die grösste Zeitersparnis ergibt sich aber immer dann, wenn zu Destinationen gereist wird,
welche von den Airlines nicht mit Direktflügen bedient werden, denn
mit dem Businessjet kann fast jeder Flugplatz mit einer einigermassen
vernünftigen Infrastruktur direkt angeflogen werden.
Unterschiedliche Beweggründe
Die Passagiere von Privat- oder eigentlichen Businessjets haben unterschiedliche Beweggründe, so zu fliegen, und lassen sich in vier Hauptkategorien einteilen: Da sind zunächst die Besitzer von Privatjets,
welche meist aus dem arabischen Raum oder aus Osteuropa stammen.
Sie geniessen die unabhängige Art des Reisens, und für einige von
ihnen mag ein Privatjet auch ein Statussymbol darstellen. Deren Anteil ist indes gering. Daneben fliegen auch Staatspräsidenten und weitere hohe Regierungsmitglieder bevorzugt im eigenen Jet; allein
schon aus Sicherheitsgründen. Es wird niemand erwarten, dass
Barack Obama oder Angela Merkel in der Eincheckschlange eines
Linienfluges stehen, sich danach mit hunderten weiteren Passagieren
ins Flugzeug setzen und schliesslich darauf warten, dass sie ihr Gepäck am Rollband in Empfang nehmen können.
›
Special Mai 2015 | 3
Special – Business Aviation | Die Geschäftsluftfahrt
Zur Kategorie «Regierungsmitglieder» gehört auch der Schweizer
Bundesrat. Bei Bedarf können seine Mitglieder im staatseigenen Langstrecken-Businessjet Falcon 900 oder in der für Kurz- und Mittelstreckenflüge konzipierten Cessna Citation Excel reisen. Dieses mittlerweile etwas in die Jahre gekommene Flugzeug wird dereinst durch
einen fabrikneuen Pilatus PC-24, den einzigen in der Schweiz gebauten Businessjet, ersetzt.
Zur dritten Kategorie gehören Prominente, insbesondere aus
dem Showbereich. Vergleichbar mit hohen Politikern bevorzugen sie
Businessjets aus Sicherheitsgründen, vor allem aber, weil sie die dabei
garantierte Privatsphäre schätzen. Man stelle sich vor, die Rolling
Stones, Elton John oder Johnny Depp würden mit einem Linienflug
reisen. Das Chaos wäre vorprogrammiert. Paparazzi hätten ungehindert Zugang, und andere Passagiere würden die VIPs mit Autogrammund Selfiewünschen belästigen. Unangenehm für die Promis und auch
für die Flight Attendants des Linienfluges.
Der Nutzen für Geschäftsleute
Das vierte und weitaus wichtigste Kundensegment der Business Aviation bilden Geschäftsleute. Gemäss einer Studie der amerikanischen
National Business Aviation Association (NBAA, übersetzt: Nationale
Vereinigung für die Geschäftsluftfahrt), sind Unternehmen, welche
auf Businessjets setzen und damit nicht nur das Topmanagement,
sondern auch ihr mittleres Kader regelmässig auf Reisen schicken, auf
dem Markt erfolgreicher als solche, die das nicht tun. Dazu kann man
4 | Special Mai 2015
anmerken, dass die NBAA Interessenvertreterin der Business Aviation
ist und das Ergebnis der Studie primär darauf beruhen könnte, dass
sich nur ohnehin schon erfolgreiche und gut aufgestellte Unternehmen Businessjetflüge leisten. Umgekehrt können die Resultate der
Studie aber auch dahingehend interpretiert werden, dass Unternehmen, welche Businessjets verwenden, besonderen Wert auf Zeitmanagement, Effizienz und Motivation der Mitarbeiter legen und aus
eben diesen Gründen erfolgreicher sind als andere.
Auch in der Schweiz werden Businessjets von Geschäftsleuten
weit öfter genutzt als gemeinhin bekannt ist. Diverse Schweizer Unternehmen chartern für ihr Management regelmässig Businessjets, und
einige namhafte, international tätige Firmen aus Industrie und Dienstleistung verfügen über eigene Businessjets.
Chartern oder Teileigentum erwerben?
Wer mit einem Businessjet reisen möchte, hat mehrere Möglichkeiten.
Die naheliegendste: Für einen geplanten Flug wird ein Businessjet gechartert. Der Preis dafür richtet sich primär nach dem gewünschten
Modell und den benötigten Flugstunden. Ein kleiner Businessjet kann
für rund 2500 Euro pro Stunde gemietet werden, ein LangstreckenBusinessjet kostet dagegen schnell einmal 10 000 Euro pro Stunde
oder mehr.
Allein in der Schweiz kann man bei rund 15 in der kommerziellen Business Aviation tätigen Unternehmen ein passendes Flugzeug
mieten. Mit Buchungen bei Schweizer Anbietern fährt man, im Ver-
Die Geschäftsluftfahrt | Special – Business Aviation
Selber oder durch Spezialisten betreiben
Schliesslich kann ein Businessjet selbstverständlich auch gekauft oder
geleast werden, wobei die jährliche Leasingrate normalerweise etwa
vier Prozent des Kaufpreises beträgt. Um das eigene Flugzeug auch
tatsächlich nutzen zu können, braucht es qualifiziertes Personal.
Einige Unternehmen gründen dafür eine eigene Flugabteilung und
stellen die benötigten Fachleute direkt an. Weitaus verbreiteter ist
allerdings das Modell, wonach der Betrieb des Flugzeugs einem darauf
spezialisierten kommerziellen Operator übertragen wird. Dieser übernimmt die Planung der Flüge, kümmert sich um Bereiche wie Versicherungen und Maintenance und selektioniert die erforderliche Flugbesatzung. Nebst den eigentlichen Betriebskosten für das Flugzeug
bezahlt der Besitzer dem Operator dafür auch eine sogenannte Management Fee, welche, je nach Umfang der erbrachten Dienstleistungen, etwa fünf- bis zehntausend Euro pro Monat beträgt. Flugzeugbesitzer, welche ihren Businessjet auf diese Weise betreiben, können ihre
Kosten reduzieren, indem sie ihr Flugzeug, wenn sie es nicht selber
benötigen, an Dritte verchartern. Auch dies wird normalerweise vom
Operator übernommen, welcher dafür etwa fünf Prozent des Erlöses
für den Charterflug erhält.
Welche die beste Variante ist, einen Businessjet einzusetzen,
hängt von mehreren Aspekten ab. Rein finanziell gesehen, gilt folgende
Faustregel: Bei einem Bedarf von weniger als 200 Stunden pro Jahr
lohnt sich das Chartern. Werden jährlich zwischen 200 und 400 Stunden geflogen, kann Teileigentum Sinn machen. Bei mehr als 400 Flugstunden pro Jahr ist Kauf oder Leasing die günstigste Lösung.
Für Kunden können aber auch weitere, nicht finanzielle Kriterien massgebend sein. Wenn ein Flugzeug gechartert oder mit NetJets
geflogen wird, kennt man normalerweise weder die Crew noch das
Flugzeug. Im eigenen Flugzeug ist dies anders. Wird dieses auch an
Dritte verchartert, können zwar Einnahmen generiert werden, man
muss aber in Kauf nehmen, dass das Flugzeug im eigentlichen Sinn des
Wortes «gebraucht» wird und sich dementsprechend schneller abnützt.
Business Aviation ist ein Wirtschaftsfaktor
Business Aviation ist sowohl weltweit als auch hierzulande ein nicht
zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Allein in der Schweiz arbeiten
mehrere tausend Personen in dieser Branche. Arbeitgeber sind etwa
die kommerziellen Operators, grosse Maintenance-Betriebe, Lieferanten von Catering oder die Pilatus Flugzeugwerke in Stans als Schweizer Hersteller eines neuen Geschäftsflugzeuges. Business Aviation ist
somit auch aus diesem Gesichtspunkt wichtig und stellt eine unverzichtbare und sinnvolle Ergänzung zum Linienverkehr dar. Doch sie
bedarf einer Infrastruktur, welche diesen Bedürfnissen gerecht wird,
umso mehr als der Platz auf den Landesflughäfen der Schweiz für die
Business Aviation immer enger wird. Der Flugplatz Dübendorf könnte
diese Situation zu entschärfen helfen.
Und nicht zu vergessen: Auch die Rettungsfliegerei ist ein
Bereich der Geschäftsluftfahrt. Die Schweizerische Rettungsflugwacht
Rega stellt als nationale Luftrettungsorganisation die Luftrettung rund
um die Uhr sicher und transportierte im vergangenen Jahr 9679 Patienten oder durchschnittlich jeden Tag 27 Personen. Eine eindrückliche Leistung, welche die Bedeutung einer gut funktionierenden Organisation und Infrastruktur widerspiegelt. ‹
Bild: Dassault Aviation
gleich zu ausländischen, wohl meist besser. Dies insbesondere dann,
wenn die Flugbedürfnisse pro Jahr bereits abgeschätzt werden können
und ein entsprechendes Gesamtpaket gebucht wird.
Der Erwerb eines Teileigentums ist ein weiterer Weg, einen
Businessjet zu nutzen. Weltweiter Marktführer in diesem Bereich ist
die der Berkshire Hathaway Holding von Warren Buffet gehörende
NetJets. Das Prinzip besteht darin, dass man durch den Erwerb eines
(virtuellen) Flugzeuganteils Zugang zu der gesamten Flotte von NetJets erhält. Die Anteile beginnen bei einer Grösse von 1/16, was 50
Flugstunden pro Jahr entspricht. Laut NetJets könne man damit alle
Vorzüge eines eigenen Businessjets nutzen, bezahle aber nur die Stunden, die man tatsächlich brauche. Versprochen wird zudem, dass bei
Bedarf jederzeit innert maximal zehn Stunden ein Flugzeug des
gewählten Typs oder einer grösseren Klasse verfügbar ist.
Special Mai 2015 | 5
Special – Business Aviation | Sicherheit
Sicherheit hat oberste Priorität
Wie in der gesamten Luftfahrt wird auch in der Business Aviation nichts dem Zufall über­
lassen – weder am Boden noch in der Luft. Die Vorschriften sind streng, die Crews gut
geschult und regelmässig geprüft. Der Stellenwert der Sicherheit ist hoch.
Text: Hans Blumer
S
icherheit besitzt in der Luftfahrt einen enorm hohen Stellenwert. Dabei werden zwei Bereiche unterschieden, die im
Englischen als Security und Safety bezeichnet werden. Unter
Security werden vorwiegend Sicherheitsmassnahmen auf Flughäfen
verstanden. Dazu gehören etwa Pass- und Personenkontrollen oder
das Durchleuchten der Gepäckstücke. Sämtliche Passagiere, auch
diejenigen, die mit einem Businessjet fliegen, müssen die entsprechenden Kontrollen über sich ergehen lassen. Bei Geschäftsflügen mit
unbekannten Passagieren ist es zudem üblich, dass der Captain vor
dem Betreten des Flugzeuges nochmals eine Passkontrolle durchführt
um sicherzustellen, dass nur berechtigte Personen an Bord kommen.
Security ist somit in der Business Aviation wichtig, hat allerdings aufgrund der kleinen und überschaubaren Anzahl Passagiere nicht die
gleiche Bedeutung wie bei Linienflügen. Von den zuständigen Behörden wird die Business Aviation denn auch als vergleichsweise kleines
Security-Risiko eingestuft.
Safety und Security
In den Bereich Safety gehören alle Massnahmen, welche dazu dienen,
Unfälle zu verhindern. Bei Flugreisen beginnen diese bereits am
Boden, etwa beim Tanken, Starten der Triebwerke, Rollen auf dem
Vorfeld oder dem Kreuzen von Pisten. Um einen möglichst hohen
Sicherheitsstandard zu gewährleisten, müssen Wartungsbetriebe,
Flughäfen und gewerbsmässige Flugunternehmen zahlreiche Vorschriften und Richtlinien einhalten. Seit dem Jahr 2009 werden alle
kommerziellen Betreiber der Schweiz, auch diejenigen der Business
Aviation, verpflichtet, ein sogenanntes Safety Management System
einzuführen und in ihren Betriebshandbüchern zu beschreiben. Festhalten müssen die Unternehmen darin unter anderem ihre generelle
Safety-Politik, einen verantwortlichen Safety Officer, eine Notfallplanung, wie sie mögliche Risiken erkennen und beurteilen wollen, die
interne Überwachung der Safety Standards, das Sicherheitstraining
für ihr Personal und die Kommunikation von sicherheitsrelevanten
Themen.
Es gibt unzählige Statistiken, welche die Sicherheit von Transportmitteln miteinander vergleichen. Wirklich aufschlussreich sind
aber nur wenige, denn meist werden «Äpfel mit Birnen» verglichen.
Klar ist: Der kommerzielle Luftverkehr ist die sicherste Art zu reisen.
Dabei bestehen aber – wie auch bei den übrigen Transportmitteln –
grosse regionale Unterschiede.
Alle sechs Monate im Simulator
Ob Linienpilot bei der Swiss oder bei einem Unternehmen der Business Aviation: Beide verfügen über dieselbe anspruchsvolle PilotenGrundausbildung und sind im Besitz der Airline Transport Pilot
License (ATPL). Und auch nach der Ausbildung bleibt die Sicherheit
6 | Special Mai 2015
oberste Priorität. Denn diese Berufspiloten gehen alle sechs Monate
für mehrere Tage in den Simulator, um Notfallszenarien zu trainieren
und einen entsprechend anspruchsvollen Checkflug zu absolvieren.
Zusätzlich müssen sie einmal pro Jahr in vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) vorgeschriebenen Kursen auch andere für ihren Beruf
wichtige Kenntnisse auffrischen und durch eine Prüfung bestätigen.
Dazu gehören etwa das Trainieren einer Flugzeugevakuation,
Schulungen in Brandbekämpfung und erster Hilfe und das Verhalten
bei einer Notwasserung. Berufspiloten werden jährlich durch einen
vom BAZL anerkannten Vertrauensarzt auf Herz und Nieren untersucht, der ihre einwandfreie Gesundheit und Flugtauglichkeit mit
einem sogenannten «Medical» bestätigt. Ab 60 Jahren muss sich ein
Berufspilot dieser Untersuchung sogar zwei Mal pro Jahr stellen.
Mindestens einmal in 24 Monaten erfolgt ein Lehrgang in Crew
Resource Management (CRM), eine Schulung, welche in den letzten
Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen hat. Dabei geht es –
etwas vereinfacht gesagt – primär darum zu erkennen, wie die Fähigkeiten und Aufgaben der einzelnen Besatzungsmitglieder optimal
abgestimmt und genutzt werden können. Ziel der Ausbildung ist, dass
die Crewmitglieder lernen, insbesondere in heiklen Konstellationen
bestmöglich zusammenzuarbeiten und somit Ausnahmesituationen
gemeinsam zu meistern.
Pilot: interessant und anspruchsvoll
Das Berufsbild des Linienpiloten hat sich in den letzten Jahrzehnten
stark verändert. Den Beruf Business-Aviation-Pilot gibt es erst seit den
Sechzigerjahren, als die ersten Businessjets auf den Markt kamen.
Auch in diesem Bereich hat sich inzwischen einiges verändert. Ein
Businessjet wird zwar nach wie vor noch gelegentlich mit «dem
Hintern» geflogen, in den meisten Fällen aber mit Hilfe hochmoderner
Computer. Gleich geblieben ist, dass der Business-Aviation-Pilot immer noch «Mädchen für alles» ist und sein Job mit Fliegen allein nicht
getan ist. Nebst ausgezeichneten fliegerischen Fähigkeiten muss ein
guter Pilot auch erstklassige Umgangsformen haben. Zudem muss er
sehr flexibel und bereit sein, vermeintlich weniger «gehobene» Arbeiten wie Gepäck tragen oder Flugzeug putzen zuverlässig zu erledigen.
Dafür darf er leistungsstarke Jets pilotieren, kommt in der Welt herum
und trifft Leute, die man sonst nur aus den Medien kennt – insgesamt
ein interessanter und anspruchsvoller Beruf.
In Bezug auf die Sicherheit gibt es in der Luftfahrt keinerlei
Kompromisse. Dies gilt auch für die Business Aviation. Sie ist eine
sichere Sache! ‹
Sicherheit | Special – Business Aviation
Special Mai 2015 | 7
Special – Business Aviation | Unterhalt und Ausstattung
Das grösste Zentrum steht in Basel
Die Geschäftsluftfahrt gewinnt weltumspannend an Bedeutung. Schweizer Unternehmen waren von Anfang
an dabei. Etwa die 1967 in in Basel gegründete Jet Aviation, die sich früh einen guten Namen geschaffen hat
und die Entwicklung massgeblich mitprägte. Im Unterhalt von Businessjets und deren Ausstattung ist das
Unternehmen heute führend und betreibt auf dem Flughafen Basel das weltweit grösste Zentrum.
Zusammenfassung: Jürg Wyss
D
ie Schweiz nimmt in der Geschäftsluftfahrt
eine bedeutende Rolle ein. Mit ein Grund
dafür sind namhafte Unternehmen, die in
unserem Land ihren Hauptsitz haben, weltweit erfolgreich tätig sind und über ein hervorragendes Renommée verfügen. Das wohl bekannteste Beispiel
dafür ist das Unternehmen Jet Avition.
Jet Aviation wurde 1967 von Carl W. Hirschmann in Basel gegründet und wurde bis zum Verkauf an die europäische Investmentgesellschaft
Permira im 2005 als Familienbetrieb geführt. Heute
ist Jet Aviation eine hunderprozentige Tochter des
US-amerikanischen General Dynamics-Konzerns
und beschäftigt weltweit gegen 5000 Mitarbeitende. Als einer der weltweit grössten Anbieter innerhalb der Geschäftsluftfahrt betreibt Jet Aviation
rund 25 Standorte in Europa, dem Nahen und Fernen Osten sowie in Nord- und Südamerika.
Weltweit grösstes Wartungs- und
Ausstattungszentrum in Basel
VIP Boden-Abfertigungsbetriebe (FBO)
Seit 1969 unterhält Jet Aviation FBOs in Genf und
im General Aviation Center in Zürich. An beiden
Standorten hat das Unternehmen in den letzten
Jahren neue und erweiterte Räumlichkeiten bezogen hat. In Zürich hält Jet Aviation einen Marktanteil von 60 Prozent. Von Zürich aus wird ebenfalls das Flugzeugmanagement und Airtaxi-Geschäft in Europa, dem Mittleren Osten, Afrika und
Asien betrieben. «In diesen Regionen betreibt Jet
Aviation im Auftrag von Flugzeug-Eigentümern
eine Flotte von gegen 150 Flugzeugen», sagt Aebi. ‹
www.jetaviation.com
Jet Aviation
Das Unternehmen der Geschäftsluftfahrt ist in den Segmenten
Wartung, End- und Neuausrüstung
von Flugzeugkabinen, Technik,
Flugbetrieb sowie Flugzeugmanagement, Airtaxi- und Personaldienstleistungen tätig. Die
europäischen und US-ameri ka nischen Flugzeugmanagement- und
Airtaxi-Betriebe von Jet Aviation
betreiben gemeinsam eine Flotte
von mehr als 250 Flugzeugen. Der
Hauptsitz der Jet Aviation Gruppe
befindet sich in Basel. In der
Schweiz unterhält Jet Aviation
Standorte in Basel (seit 1967),
Genf und Zürich (beide 1969) und
beschäftigt rund 1800 Mitarbeitende, 1400 davon in Basel.
Bilder: Jet Aviation
Jet Aviation Basel ist das weltweit grösste und
unabhängige Wartungs- und Flugzeug-KabinenInnenausstattungszentrum in der Geschäftsluftfahrt. Die Firma verfügt über weitere 21 nationale
Wartungszulassungen. Im weiteren ist Jet Aviation
Wartungs-Servicezentrum für Flugzeug-Hersteller
wie Boeing, Bombardier, Dassault Falcon, Embraer
und Gulfstream, bietet aber zusätzlich für eine Viel-
zahl von Businessjets Flugzeugwartung und -reparatur an.
Der Standort Basel ist seit 1977 ausserdem
ein weltweit renommiertes Flugzeug-KabinenInnenausstattungszentrum und hat seither über
200 Flugzeuge mit VIP-Kabinen ausgerüstet. «Jet
Aviation Basel kann Flugzeuge bis zur Grösse eines
Airbus A380 oder einer Boeing 747-8 ausstatten
und hat Innenausbauprojekte an mehreren Airbusund Boeing-Jets durchgeführt», erläutert Heinz R.
Aebi, Senior Vice President Group Marketing &
Communications. Weiter verfügt das Unternehmen
über eigene Design- und Engineering-Abteilungen
sowie über eine Schreinerei, eine Sattlerei, Fiberglaswerkstätten sowie eine Lackierabteilung.
Jet Aviation, im Bild der Standort in Basel,
gehört zu den weltweit grössten Unterneh8men
| Special
Mai 2015
der Business
Aviation.
Flugabfertigung und Serviceleistungen | Special – Business Aviation
Zum Wohl der Kunden und Crews
Rund um einen Geschäftsflug gibt es zahlreiche Aufgaben, welche vor dem Start und nach der Landung des
Flugzeugs sicherstellen, dass sich Kunden, aber auch die Besatzung rundum gut aufgehoben fühlen. Dafür
sorgen unter anderem spezialisierte Abfertigungsunternehmen. Wenn die Gäste einsteigen, können sie sich
auf einen sicheren Flug und perfekten Service freuen.
Text: Jürg Wyss
D
ie Vorbereitungen für einen Flug beginnen Stunden vorher.
Das Flugzeug muss bereitgestellt, eingerichtet und das Cockpit mit den notwendigen Papieren und der Software für den
Bordcomputer ausgerüstet werden. Ebenso gehören das Auftanken und
die technische Überprüfung des Flugzeugs dazu. Häufig ist nach der
Landung gleichzeitig vor dem Start: Folgt ein weiterer Flug, beginnen
dieselben Vorbereitungen von neuem, nachdem das Flugzeug am Zielflugplatz gelandet und auf seinem Standplatz abgestellt worden ist.
Ein spezialisierter Anbieter von Abfertigungs- und Unterhaltsdienstleistungen am EuroAirport in Basel ist die Air Service Basel
GmbH (ASB) mit Sitz in Basel. Zusammen mit der Cat Aviation AG
(CAT), einem Unternehmen im Bereich des Flugzeugmanagements
mit Sitz am Flughafen Zürich, hat die ASB kürzlich eine neue Abfertigungsgesellschaft im Bereich der Geschäftsluftfahrt gegründet, die
Cat Air Service AG.
Dienstleistungen für Passagiere und Besatzungen
Cat Air Service AG hat ihren Geschäftssitz im General Aviation Center
(GAC) am Flughafen Zürich und erbringt alle Leistungen rund um die
Abfertigung von Geschäftsflugzeugen sowie die Betreuung von Besatzungsmitgliedern und Passagieren. «Reisende von und zum Wirtschafts- und Finanzzentrum der Schweiz schätzen das professionelle
Flugzeughandling genauso wie die zuvorkommende Kundenbetreuung und die zusätzlichen Dienstleistungen im Bereich Flugzeugunterhalt, die dank der Nähe zu den Mutterhäusern angeboten werden können», sagt Claudio Lasagni, Mitinhaber und CEO der ASB.
Zu den Abfertigungsleistungen gehören zum Beispiel Service
Lounges, Limousinen-Service und verschiedene Concierge-Leistungen für Kunden. Besondere Aufmerksamkeit wird aber auch dem
Wohlbefinden der Besatzungsmitglieder geschenkt. In einer eigenen
Crew-Lounge auf der Flughafen-Airside mit Kaffeemaschine, WLAN,
Erholungszone mit Duschmöglichkeiten, Satelliten-TV und einer Internet-Arbeitsstation für Flugvorbereitungen kann die Wartezeit ohne
Grenzübertritt und ohne Sicherheitskontrolle überbrückt werden.
www.airservicebasel.com
www.cat-airservice.com
Bilder: CAT Air Service
Kunden werden in der
Geschäftsluftfahrt zuvorkommend betreut,
etwa mit einem
Limousinen-Service
und mit Lounges. Piloten und Flugbegleitern
stehen Crew Lounges
für Flugvorbereitungen
und Erholung zwischen
den Flügen zur Verfügung.
Special Mai 2015 | 9
Special – Business Aviation | Aviatische Infrastrukturen
Die Wiege der Luftfahrt
Funktionierende aviatische Infrastrukturen sind für unser Land von tragender Bedeutung. Sie stellen die
weltweite Anbindung sicher. Eine zentrale Bedeutung kommt den regionalen Flugplätzen zu. Sie sind häufig
Ziel von Geschäftsflügen. Und von dort kommt der aviatische Nachwuchs.
D
Text: Jürg Wyss
ie Bedeutung des Luftverkehrs ist für die Schweiz
unbestrittenermassen hoch. Mit den Landesflughäfen an die
Welt angebunden zu sein, ist von tragender Bedeutung für
den Standort Schweiz sowie für die Volkswirtschaft unseres Landes.
Nicht minder bedeutend ist die Tatsache, dass es dafür auch ein Netz
von regionalen Flugplätzen braucht. Sie stellen landesweit eine funktionierende aviatische Infrastruktur und eine gute Erreichbarkeit aller
Regionen sicher.
Gesamtschweizerisch bilden drei Landesflughäfen, elf Regionalflugplätze, 48 Flugfelder und 24 Heliports eine umfassende aviatische
Infrastruktur. Sie liegen über das ganze Land verteilt. Im Jahr 2013
wurden auf den drei Landesflughäfen knapp 530 000 Flüge abgewickelt. Auf den Regionalflugplätzen waren es gegen 400 000 und auf
den Flugfeldern nahezu 500 000. Diese Zahlen und Fakten machen die
Bedeutung der Regionalflugplätze und Flugfelder klar. Flugfelder und
Regionalflugplätze generieren also zusammen beinahe doppelt so viele Flüge wie die Landesflughäfen. Ein wesentlicher Anteil dieser Flüge
entfällt auf die General Aviation und dient unter anderem der Geschäfts- und Arbeitsluftfahrt, aber auch der Aus- und Weiterbildung
von Piloten.
Infrastruktur für aviatische Ausbildung
Es ist ausserdem eine Tatsache, dass Regionalflugplätze und Flugfelder sowie die dort angesiedelten Flugschulen und Fluggruppen die
eigentliche Wiege der Luftfahrt darstellen. Auf diesen Flugplätzen
wird jedem Piloten das fliegerische Handwerk beigebracht und damit
die Basis für die spätere Laufbahn als Berufspilot gelegt. Ohne diese
Infrastruktur und Ausbildungsangebote würde das Luftfahrtsystem
der Schweiz nicht funktionieren. Kein Verkehrs- oder Geschäftsflugzeug, kein Arbeits- oder Rettungshelikopter und kein Militärflugzeug
kann ohne ausgebildete Piloten abheben.
Die Regionalflugplätze, Flugfelder und Heliports mit den dort
angesiedelten Unternehmen (Hersteller- und Unterhaltsbetriebe,
Flugschulen, Restaurationsbetriebe, Arbeits- und Rettungsluftfahrt
usw.) sind überdies wichtige Arbeitgeber für gesellschaftlich wertvolle
und technisch anspruchsvolle Berufe und generieren eine erhebliche
Wertschöpfung. Sie sind das Rückgrat einer prosperierenden Luftfahrt. ‹
www.aeroclub.ch
www.aerodromes.ch
Flugplätze mit Business Aviation-Verkehr
Nebst den Landesflughäfen Zürich, Basel-Mulhouse und Genf gibt es zahlreiche regionale Flugplätze, welche von der Geschäftsluftfahrt mehr oder
weniger häufig benutzt werden. Dazu gehören etwa:
Bild: Dassault Aviation
www.swissbusinessairports.ch
Weitere Flugplätze mit Business
Aviation-Verkehr:
•
•
•
•
•
•
•
Lugano
Locarno
St.Gallen-Altenrhein
Lausanne
Les Eplatures
Saanen
Mollis
Flugplätze stellen auch die Betankung sicher.
Anflug auf den Flugplatz Saanen im Berner Oberland.
10 | Special Mai 2015
Bild: Air BP
• Bern
• Buochs
• Grenchen
• Samedan
• Sion
Diese Flugplätze bilden zusammen
die Swiss Business Airports.
Finanzierung | Special – Business Aviation
Finanzierung von Businessjets
Finanzierungen von Businessjets sind ein Geschäftszweig, den nur spezialisierte Banken abdecken. Credit
Suisse gehört zu den führenden Anbietern in diesem Bereich. Marco Kern, Co-Head Aviation Finance, gibt im
Interview einen Einblick in dieses Geschäft.
M
Interview: Jürg Wyss
arco Kern, wie beurteilen Sie die Bedeu­
tung der Schweiz im Bereich der Business
Aviation?
Der Schweiz kommt in der weltweiten Geschäftsluftfahrt eine bedeutende Rolle zu. Schweizer Unternehmen, seien es Flugzeugbetreiber oder Unterhalts- und
Innenausstattungsbetriebe, verfügen über grosses
Fachwissen, bieten höchste Qualität und geniessen in
der Branche einen hervorragenden Ruf.
Anteil aller Neukäufe bar bezahlt wird. Wir sehen
aber auch, dass die Kunden ihr Kapital vermehrt für
Investitionen ins eigene Unternehmen einsetzen
möchten, statt dieses Kapital zur Eigenfinanzierung
eines Flugzeugs zu verwenden. Zudem wissen die
Kunden die Vorteile einer Bank als neutralen Partner
in der Abwicklung zu schätzen.
Ist die Business Aviation ein wachsender Markt?
Business Aviation ist ein zyklisches Geschäft; es
gibt Hochs und Tiefs. Die Branche hängt grossenteils
Können Sie uns erläutern, was genau Luftfahrtfinanzie­
Marco Kern ist bei der Credit
von der Entwicklung der weltweiten Wirtschaft und
rung bedeutet und wie Credit Suisse diese handhabt?
Suisse zuständig für den
den Preisen für natürliche Rohstoffe ab. Zurzeit sind
Luftfahrtfinanzierung ist generell die FinanzieBereich Aviation Finance.
weltweit rund 20 000 Businessjets in Betrieb. Prognorung von Flugzeugen. Für uns bei Credit Suisse besen von Herstellern zufolge wird erwartet, dass diese
deutet es im Besonderen die Finanzierung von Geschäftsflugzeugen für vermögende Privatpersonen. Wir tätigen keine Zahl zunehmen und in den nächsten 15 bis 20 Jahren auf 35 000 steiFinanzierungen von anderen Flugzeugtypen wie Passagier- oder gen dürfte. Generell ist der Markt für Businessjets komplex und von
Frachtmaschinen. Wir finanzieren Businessjets seit 1997 und haben vielen Faktoren abhängig. Zum einen sind etwa 70 % der weltweiten
über die Zeit ein solides Portfolio aufgebaut. Heute gehören wir zu den Flotte in den USA zugelassen und somit vom Verlauf der amerikanischen Konjunktur abhängig, zum anderen ist die Vermögensbildung in
wichtigsten Anbietern in diesem Bereich weltweit.
den sogenannten Emerging Markets ein wichtiger Treiber. In Ländern
wie etwa China und Indien ist entscheidend, ob die Infrastruktur entWelche Kunden benutzen Ihr Angebot?
Vor allem sehr vermögende Kunden, denen wir im Private Ban- sprechend mitwächst: Ohne Flughäfen, welche die Business Aviation
king individuelle Finanzdienstleistungen anbieten. Die meisten dieser ermöglichen, nützt ein Jet nicht viel.
Kunden sind global tätige Unternehmer aus der ganzen Welt.
Um welche Finanzierungssummen geht es bei einem Businessjet?
Das hängt von dessen Grösse und Reichweite ab. Die Summen
Ist die Anschaffung eines Businessjets eine gute Investition?
Auch wenn die laufenden Kosten für ein solches Flugzeug sehr reichen von rund 4 bis 5 Millionen USD für einen kleineren Jet mit
hoch sind, ist ein Geschäftsflugzeug in erster Linie vor allem ein Beför- einer Reichweite von zirka 3000 Kilometern bis zu 70 Millionen USD
derungsmittel, das grösstmögliche Flexibilität und Individualität bie- für einen Jet mit sehr grosser Reichweite (ultra-long-range) von bis zu
tet – beides zentral im globalisierten Wirtschafswettbewerb. Somit 13 000 Kilometern. Wir bieten auch Finanzierungen für Flugzeuge aus
stehen Preis und Profitabilität der Flugzeuge nicht im Vordergrund, zweiter Hand an, wobei es jedoch Auflagen gibt bezüglich Alter, Flugsondern vielmehr die Vorteile, die sich daraus ergeben. Natürlich sind stunden und Zustand.
mit einem solchen Flugzeug auch persönliche Vorlieben verbunden.
Wie wichtig sind die Flugzeugbetreiber, mit denen Sie zusammenarbeiten?
Wir betrachten sie als sehr wichtige Partner, denn sie kümmern
Ist es für eine Bank schwierig, in einem Geschäftsbereich zu bestehen, in
sich um die Flugzeuge und stellen sicher, dass diese stets in hervorradem die meisten bar bezahlen?
Es herrscht in der Branche die Ansicht «Cash is king», und das ist gendem Zustand sind. Das gibt uns die Sicherheit, dass das Flugzeug
ziemlich zutreffend. Wir hören von Herstellern, dass ein wesentlicher seinen Wert halten wird – ein wichtiger Faktor, da wir keine ungesicherten Kredite geben. Voraussetzung bei der Flugzeugfinanzierung
ist ein professionell betriebener und bestens unterhaltener BusinessCredit Suisse Aviation Finance
jet. Unser Grundsatz ist es, mit professionellen Betreibern zusammenDie Credit Suisse ist ein anerkannter, professioneller Dienstleister im
zuarbeiten, zu denen wir eine gute und rege Beziehung pflegen.
weltweiten High-End-Flugzeugfinanzierungsmarkt. Angeboten werden
Finanzierungen für neue und gebrauchte, mittlere bis grosse Businessoder Privatjets. Die Angebote beinhalten Finanzierungsleasing, Flugzeughypotheken inklusive Anzahlungsfinanzierungen. VIP-Helikopterfinanzierungen sind ebenfalls auf Anfrage möglich.
Marco Kern, besten Dank für das Gespräch. ‹
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Special Mai 2015 | 11
Special – Business Aviation | Technik
Businessjets sind «Flüsterjets»
Businessjets gibt es erst seit rund 50 Jahren. Seither wurden die eleganten Flugzeuge technisch
laufend weiterentwickelt. Heute sind sie punkto Leistung, Lärmentwicklung und Emissionen auf
hohem Niveau.
B
Text: Hans Blumer
usinessjets sind, auch gegenüber den meisten Linienflug­
zeugen, eigentliche «Flüsterjets». Nach dem Start steigen sie
mit mehr als 1000 Metern pro Minute und sind somit nach
kürzester Zeit nicht mehr zu hören. Schon das erste serienmässig pro­
duzierte Geschäftsflugzeug mit Jetantrieb, der Learjet 23, war sehr
leistungsfähig. Seine Flügel entsprachen weitgehend denjenigen des
Schweizer Kampflugzeuges FFA P­16 (welches allerdings nie in Pro­
duktion ging). Angetrieben wurde der Learjet 23 von zwei Einstrom­
Strahltriebwerken (General Electric CJ­610­4), welche ursprünglich
für Militärflugzeuge konzipiert worden waren (unter anderem für den
Northrop F­5 Tiger) und für die zivile Verwendung nur unwesentlich
modifiziert wurden. Das Flugzeug wies somit ähnliche Leistungsdaten
wie ein Kampfflugzeug auf. Es erreichte eine Höchstgeschwindigkeit
von fast 900 km/h, eine Dienstgipfelhöhe von 13 715 Metern und
eine Steigrate von 35 Metern pro Sekunde! Seine Reichweite betrug
rund 2800 Kilometer. Allerdings war das Flugzeug enorm laut und die
Kabine, welche maximal sechs Passagieren Platz bot, war äusserst eng
und wies eine Höhe von nur gerade 1.30 Meter auf.
12 | Special Mai 2015
Der Learjet 23 war auf Kurz­ und Mittelstrecken ausgelegt und würde
heute zur Kategorie Light Jets gehören. Inzwischen gibt es Business­
jets in diversen Grössen und Preislagen – vom Very Light Jet bis zum
Very Long Range Jet. Die heutigen Flugzeuge dieser Kategorie, wie
etwa einige Gulfstreams, die Global Serie von Bombardier oder die
Dassault Falcon 7X, haben mittlerweile Reichweiten von über 10 000
Kilometern.
Learjet 23 und Pilatus PC-24 im Vergleich
Rein leistungsmässig ist der Learjet 23 in seiner Kategorie auch heute
noch Spitze – ein verkapptes Kampfflugzeug eben. In allen anderen
Bereichen ist er aber nicht mehr konkurrenzfähig. Aktuelle Business­
jet­Modelle sind allesamt sicherer, komfortabler, leiser und verbrau­
chen weniger Treibstoff. Diese Fortschritte werden deutlich, wenn der
Learjet 23 mit einem modernen Flugzeug, etwa dem neuen Pilatus
PC­24, verglichen wird. Besonders augenfällig wird die technische Ent­
wicklung, wenn man die Cockpits der beiden Flugzeuge vergleicht. Im
Learjet 23 befindet sich ein «Uhrenladen» von analogen Instrumenten,
Technik | Special – Business Aviation
halten. Dazu werden Triebwerke und Aerodynamik der Flugzeuge
stetig verbessert. Dies einerseits, weil die Kerosin­Preise seit geraumer
Zeit permanent gestiegen sind und andererseits, weil auf vielen Flug­
häfen mittlerweile emissionsabhängige Gebühren bezahlt werden
müssen. «Laute Dreckschleudern» werden dabei – sofern sie über­
haupt noch landen und wieder starten dürfen – wesentlich stärker zur
Kasse gebeten als leise Typen mit kleinem Treibstoffverbrauch.
Moderne Businessjets erzeugen deutlich weniger Emissionen als
die meisten Linienflugzeuge. Sie sind kleiner und verwenden leisere
und im Verbrauch genügsamere Triebwerke. Dazu kommt, dass Flug­
lärm nicht nur durch die Triebwerke produziert wird, sondern auch
durch Reibung, die in der Luft entsteht. Grössere Flugzeuge haben
zwangsläufig mehr Widerstand als kleinere und kreieren damit auch
mehr aerodynamisch bedingte Geräusche.
im PC­24 sind vier grosse digitale Bildschirme zu sehen (Bild oben), auf
die, je nach Flugphase und Bedürfnis, alle erdenklichen Informationen
projiziert werden können. Die entsprechenden Daten stammen von
diversen Computern. Diese ermöglichen etwa eine sehr präzise Naviga­
tion und warnen vor Kollisionen mit anderen Flugzeugen oder dem
Gelände. Die Umgebung des Flugzeugs kann mit dem Synthetic Vision
System virtuell im Bildschirm eingeblendet werden und ist somit auch
bei schlechtem Wetter erkennbar. All diese technischen Errungenschaf­
ten gab es in den Sechzigerjahren noch nicht.
Technische Entwicklung geht weiter
Die technische Entwicklung von Businessjets verläuft parallel zu
derjenigen von Linienflugzeugen. Kommen verbesserte Systeme auf
den Markt, werden diese früher oder später sowohl in neue Business­
jets als auch in Linienflugzeuge eingebaut. Massgebend für den tech­
nischen Standard eines Flugzeuges ist somit in erster Linie der Zeit­
punkt, zu welchem es gebaut wurde. Bei Businessjets kommt es aller­
dings weit öfter als bei Linienflugzeugen vor, dass sie im Verlauf ihres
Lebens technisch nachgerüstet werden. Wenn Anpassungen von den
Behörden nicht zwingend vorgeschrieben werden, verzichten Linien­
gesellschaften aus Kostengründen meist darauf. Viele Eigentümer von
Businessjets legen dagegen Wert darauf, dass ihr Flugzeug technisch
auf dem neusten Stand bleibt, und nehmen damit verbundene Mehr­
kosten in Kauf. ‹
Weniger Treibstoff und weniger Lärm
Die Einstrom­Strahltriebwerke des Learjet 23 entwickelten denselben
Lärm wie ein Kampfflugzeug und waren ziemlich durstig. Verglichen
damit sind die vom PC­24 verwendeten Mantelstrom­Triebwerke vom
Typ Williams International FJ44­4A rund 80 Prozent leiser und ver­
brauchen etwa 45 Prozent weniger Treibstoff. Anders als in früheren
Zeiten haben die Flugzeughersteller heute ein unmittelbares Interesse
daran, Treibstoffverbrauch und Emissionen möglichst gering zu
Bild: Safran Snecma
➜
Bilder: Dassault Aviation
Linke Seite: Businessjets verfügen über hohe Steigleistungen und gewinnen
damit rasch an Höhe. Oben: Moderne Triebwerke senken den Verbrauch wie
auch die Lärmemissionen. Unten: Tests, hier im Windkanal der RUAG in Emmen, ermöglichen das Optimieren von Luftwiderständen, was sich positiv auf
die Aerodynamik und damit ebenso auf Verbrauch und die Geräuschentwicklung auswirkt. Im Bild ein Modell eines Dassault Falcon 5X Businessjets.
Emissionen werden ständig weiter reduziert
• Gemäss Schätzungen entfallen 2 % der globalen
CO2-Emissionen und 3 % der globalen TreibhausgasEmissionen auf die Luftfahrt. Davon wiederum werden
der Business Aviation 2 % zugeschrieben, was 0,04 %
der weltweiten Emissionen bedeutet.
• Die Branche reduziert sowohl Abgas- als auch Lärmemissionen stetig weiter, indem neue Technologien
und Materialien verwendet werden.
• Die Treibstoffeffizienz von Businessjets ist in den
vergangenen 40 Jahren um 40 % gesteigert worden.
• Die Forschung sucht nach kommerziell nutzbaren,
nachhaltigen alternativen Treibstoffen, um die Treibhausgas-Emissionen weiter zu reduzieren. Ziel ist es,
bis 2050 rund 40 % durch Öko-Treibstoffe zu ersetzen.
• Im November 2012 flog der erste Businessjet, eine
Dassault Falcon 20, zu 100 % mit unvermischtem
Biotreibstoff.
• Optimierungen der Effizienz von LuftverkehrsManagement und -Kommunikation, Navigations- und
Überwachungssystemen werden schätzungsweise 6 bis
12 % Treibstoff einsparen und damit den CO2-Ausstoss
weiter vermindern.
• Seit der Einführung von Jets haben Business-AviationBetreiber, Hersteller und Flughäfen Programme
entwickelt, die das Fliegen ständig leiser machen.
Ältere, lautere Flugzeuge sind ausser Dienst genommen worden.
Special Mai 2015 | 13
Bilder: Dassault Aviation
Special – Business Aviation | Impressionen
14 | Special Mai 2015
European Business Aviation Association (EBAA) Switzerland | Special – Business Aviation
Wichtig für die Schweizer Luftfahrt
Die auf schweizerischen Flughäfen beheimateten Unternehmen der Geschäftsluftfahrt bilden in Bezug auf
Flugzeugflotte und Personal einen wichtigen Faktor der Schweizer Luftfahrt. So generiert die Business
Aviation einen immer höheren volkswirtschaftlichen Nutzen. Und die Perspektiven sind vielversprechend,
sagt Dieter W. Neupert, Präsident der EBAA Switzerland. Sein Verband vertritt die Interessen der Branche.
Text: Jürg Wyss
D
Und er führt auch die konstant steigenden Kosten,
verursacht durch eine hohe Regulierungsdichte
durch die EASA und das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL), sowie ungünstige, vor allem mehrwertsteuerliche Rahmenbedingen ins Feld: «Die
Branche der Geschäftsluftfahrt sieht sich mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert», resümiert er. Trotzdem ist er überzeugt, dass dieser
Luftfahrtszweig auch in Zukunft Wachstumsraten
verzeichnen wird.
Erfreuliche Zukunftsperspektiven
Der Zukunft schaut Neupert entspannt entgegen.
Die Chancen für die Geschäftsluftfahrt überwiegen
aus seiner Sicht: «Die Zeitersparnis durch PunktPunkt-Verbindungen an Orte, die mit Linienflügen
kaum erreichbar sind, kurze Wartezeiten, Abflugzeiten nach Bedarf: Das alles sind Vorteile, welche
für die Passagiere von Geschäftsflügen entscheidend sind. Und während eines Fluges können Führungskräfte ungestört arbeiten und damit die Wertschöpfung steigern.» So verwandle sich das Geschäftsflugzeug in ein fliegendes Büro. Sicherheit
und Diskretion seien im Vergleich zum Linienflug
hoch und die Mobilität im Vergleich zum öffentlichen Verkehr enorm. ‹
Die EBAA Switzerland
Die EBAA Switzerland wurde 1998
als Schweizer Sektion der European
Business Aviation Associa tion,
Brüssel, gegründet und vertritt die
Interessen der Geschäftsluftfahrt
(Corporate Aviation und gewerbsmässiger Bedarfsluftverkehr) gegenüber Behörden und Organisationen der Zivilluftfahrt. Mitglieder
der EBAA Switzerland sind schweizerische Hersteller, Eigner (auch
Teileigentümer) und Betreiber von
Geschäftsflugzeugen und -hubschraubern sowie Aircraft-Management-Firmen und Dienstleistungsunternehmen wie Handling Agents
und Versicherer. Präsident der EBAA
Switzerland ist Dr. Dieter W.
Neupert (Bild).
www.ebaa.org
Bild: Jürg Wyss
ieter W. Neupert ist Präsident der European
Business Aviation Association (EBAA) Switzerland. Er kennt die Branche aus jahrelanger Erfahrung und weiss um die Bedeutung der
Geschäftsluftfahrt in unserem Land. «Allein in der
Schweiz generiert die Business Aviation tausende
Arbeitsplätze und erzielt eine Wertschöpfung zwischen 1,5 bis 2 Milliarden Franken», zeigt Neupert
auf. Dass Unternehmen mit ihren Flugoperationen
je länger je mehr von ihrem angestammten «Werkplatz» auf den Landesflughäfen verdrängt werden
sollen, macht der Branche zu schaffen. «Alternativen zu finden ist alles andere als einfach», sorgt sich
Neupert. Der Flugplatz Dübendorf stelle eine ausgezeichnete Alternative dar, allerdings dürfte es noch
Jahre dauern, bis Dübendorf realisiert sei. Noch sei
der Baurechtsvertrag für die künftige Betreiberin
des Flugplatzes Dübendorf ausstehend, da sich die
Verhandlungen des Bundes mit dem Kanton betreffend Innovationspark und zivilem Flugbetrieb in die
Länge ziehen. «Und für Genf gibt es wahrscheinlich
nur im grenznahen Ausland mittelfristig Alternativen», konstatiert Neupert.
«Insbesondere die Slot-Situation bei den Landesflughäfen bereitet uns Sorgen, weil beispielsweise Zürich mit seiner Prioritätensetzung in der
Vergabe von Zeitfenstern für Start und Landung die
Business Aviation benachteiligt», betont Neupert.
Der Flugplatz Samedan gehört zu den viel frequentierten
Flugplätzen der Geschäftsluftfahrt in der Schweiz.
Special Mai 2015 | 15
Special – Business Aviation | Portrait
«Fliegen im Businessjet
ist etwas Wertvolles»
Helene Niedhart kennt die Business Aviation – als Gründerin und Besitzerin der CAT Aviation, eines Unternehmens der Geschäftsluftfahrt, und als Vorstandsmitglied der EBAA Switzerland und Europa. Niedhart ist überzeugt: Die Business Aviation verdient eine bessere Akzeptanz, die Bedeutung der Branche wird unterschätzt.
D
Text: Jürg Wyss
ie Business Aviation hat ein Image-Problem.» Helene Niedhart sagt dies mit einem nicht überhörbaren Bedauern in
ihrer Stimme. «Man spricht in der Öffentlichkeit von diesem
Bereich der Luftfahrt meist nur im Zusammenhang mit den sogenannten Reichen und Schönen oder den abzockenden Managern.» Und das
schmerzt sie. Sie, die seit 28 Jahren als Gründerin und Inhaberin des
Business-Aviation-Unternehmens CAT Aviation in dieser Branche tätig
ist und diese kennt wie kaum jemand sonst. Sie, die sich für diese Branche auf Verbandsebene engagiert, in der Schweiz und in Europa. Im
Vorstand der European Business Aviation Association (EBAA) Switzerland ist sie seit Jahren dabei und vor kurzem wurde sie in das Board
der EBAA Europa gewählt.
Helene Niedhart weiss also, dass die Business Aviation ein
Geschäftszweig der Luftfahrt ist, «der zu Unrecht diesem Image ausgesetzt ist». Natürlich sei die Business Aviation ein Nischen- und kein
Massengeschäft und werde dies wohl auch bleiben. Doch sie führt
gleichzeitig Argumente auf, um dem angeschlagenen Ruf entschieden
entgegen zu treten. Die wirtschaftliche Bedeutung, sowohl in der
Schweiz wie auch in Europa und weltweit, sei gross: «In Europa ermöglicht die Branche laut EBAA gut 160 000 Menschen einen Arbeitsplatz, vom Schreiner bis zum Ingenieur und vom Flugzeugmechaniker
bis zum Piloten.» Und sie erwirtschaftet allein in Europa einen Umsatz
von 20 Milliarden Franken – dies mit 4000 Geschäftsflugzeugen. Doch
das wisse kaum jemand.
«
Die Business Aviation übernimmt jenen Teil der Luftfahrt, den Linienflüge nicht abdecken können und der den Geschäftsreisenden viele
Vorteile bietet. Etwa bei Flügen an Orte, die sonst nur mit viel Aufwand
erreicht werden können, oder wenn die Zeit eine entscheidende Rolle
spielt. «Sehen Sie, wenn ein Ingenieur-Team eines Schweizer Industrieunternehmens nach Tadschikistan in Zentralasien reisen muss,
spricht alles für einen Flug mit einem Businessjet», erläutert Helene
Niedhart. Warum? «Es gibt ab Zürich keine direkten Linienflüge in die
Hauptstadt Dushanbe, geschweige denn in noch abgelegenere Gebiete.» Die Stadt sei nur über mühsame Umsteigeverbindungen und mit
viel Zeit- und Reiseaufwand erreichbar. «Wir aber fliegen das Team
mit einem Businessjet ab Zürich direkt dorthin und zwar auch kurzfristig und dann, wenn die Umstände dies erfordern. Und die Passagiere
können die Zeit im Flugzeug ohne Störung zum Arbeiten nutzen.» Die
Kosten, fügt Niedhart an, seien wohl etwas höher als mit Linienflügen,
doch der Zeitgwinn mache dies wieder wett. «Bezahlt wird die Flugzeit
des Jets und nicht die Ticketpreise pro Mitarbeiter. Es ist also unerheblich, ob drei oder zehn Personen an Bord sind – der Preis bleibt gleich.»
16 | Special Mai 2015
Bilder: zVg
Schnell und direkt an fast jeden Ort der Welt
Helene Niedhart, Gründerin und Inhaberin der CAT
Aviation AG mit Sitz auf
dem Flughafen Zürich.
Portrait | Special – Business Aviation
CAT Aviation Zürich
• 1987: Gründung von CAT Aviation AG in Zürich mit einer zweimotorigen
Cessna C421.
• 1989: Erwerb des ersten firmeneigenen Businessjets: Cessna Citation
C550.
• 1997: Erwerb einer Hawker-Siddley HS125-800A.
• 1998: CAT Aviation wird eine der ersten Schweizer JAA AOC-Halterinnen.
• 2001: Einstieg in das Produkt Aircraft Management. Erweiterung der
Flotte um zwei Langstreckenflugzeuge des Typs Dassault Falcon 900EX.
• 2003: Zur Flotte der CAT Aviation stösst eine Dassault Falcon 2000EX.
• 2007: Bezug von zusätzlichen Büroräumlichkeiten im General Aviation
Center (GAC) am Standort Zürich.
• 2008: CAT Aviation darf zwei der ersten Dassault Falcon 7X in ihrer Flotte
begrüssen.
• 2009: Weiterer Flottenzuwachs durch eine neue Citation Sovereign. Die
Standorte Basel und Genf werden eröffnet.
• 2010: Eine dritte Falcon 7X ergänzt die Flotte.
• 2014: Gründung der CAT Air Service im Joint Venture mit der Air Service
Basel AG, welche am Flughafen Zürich Abfertigungsdienstleistungen für
die Business Aviation erbringt.
• 2015: Zur Flotte gehören heute drei Falcon7X, je eine Falcon 900EX,
2000EX und neu 2000LX, sowie eine Hawker-Siddley HS125-800A.
➜
Zahlen und Fakten zur Business Aviation
• Mit 275 HB-registrierten Geschäftsflugzeugen liegt die
Schweiz innerhalb Europas hinter Deutschland, UK und
Frankreich auf Platz 4 (Quelle: BART 2015). Hinzu kommen
ausländisch registrierte, aber in der Schweiz betriebene
Geschäftsflugzeuge.
• Zur Zeit verfügen 20 Business Aviation Operators über
eine Betriebsgenehmigung (AOC) in der Schweiz
(Quelle: BAZL).
• Pro Jahr geht man von rund 50 000 Flugbewegungen ab
schweizerischen Flugplätzen aus, welche der Business
Aviation zugeordnet werden können.
Bild: AeroRevue
Helene Niedhart verfügt als Pilotin über eine grosse Flugerfahrung
und kennt deshalb ihre Kunden. «Sie erwarten eine hohe Qualität von
uns. Und wir bieten sie ihnen. Fliegen im Businessjet ist etwas Wertvolles.» Sieben elegante und leistungsfähige Jets betreibt die CAT Aviation. Drei Dassault Falcon 7X, je eine Falcon 900EX, 2000EX und neu
eine 2000 LX, sowie eine Hawker-Siddley HS125-800A. Rund 28 Piloten fliegen die Maschinen, im Durchschnitt braucht es mindestens
zwei Crews pro Flugzeug, also vier Piloten. Das Unternehmen CAT
Aviation hat ihren Sitz auf dem Flughafen Zürich im General Aviation
Center. Seit 2014 gehört auch die CAT Air Service, welche Abfertigungsdienstleistungen erbringt, dazu.
Helene Niedhart gehört auch dem Verwaltungsrat des Flughafens Bern und der Flugplatz Dübendorf AG an. Sie kennt die Sorgen
und Nöte der Flughäfen und der Unternehmen der Geschäftsluftfahrt.
Der Margendruck sei überall hoch, sagt sie. Hinzu kommen immer
mehr behördliche Regulierungen, welche enorme Kosten verursachen, oft ohne dass daraus ein erkennbarer Sicherheitsgewinn resultiere. «Die Schweiz ist ein innovatives Land. Um dies zu bleiben, benötigen wir gute Rahmenbedingungen vom Staat.» Gründe genug also,
sich verbandspolitisch weiter zu engagieren. ‹
• Der Flugzeughersteller Bombardier rechnet weltweit mit
der Auslieferung von 22 000 neuen Businessjets im Wert
von rund 670 Milliarden US-Dollar über die nächsten 20
Jahre.
• Bis ins Jahr 2033 rechnet Bombardier weltweit mit einer
Flotte von 32 450 Businessjets.
• Europa ist laut Bombardier mit einem Anteil von rund
zehn Prozent der zweitgrösste Markt für Businessjets und
wird bis 2033 durchschnittlich jährlich um gegen zwei
Prozent oder um rund 3575 Flugzeuge weiter wachsen.
• In den letzten fünf Jahren ist die europäische Businessjet-Flotte um fünf Prozent gewachsen.
• Als Wirtschaftssektor trägt die Business Aviation gut 20
Mia. Dollar zur europäischen Wirtschaft bei und beschäftigt rund 164 000 Angestellte in ganz Europa.
• Paris Le Bourget ist Europas meistfrequentierter Flughafen im Bereich Business Aviation. Im März 2015 verzeichnete der Flughafen durchschnittlich rund 63 Starts
pro Tag. Der Flughafen Genf, wo alljährlich die grosse
Branchenmesse EBACE stattfindet (Bild unten), folgt im
Ranking an zweiter Stelle mit 44 Starts pro Tag. Zürich lag
im März 2015 mit 26,6 Starts an fünfter Stelle, hinter den
englischen Flughäfen London Luton und Farnborough.
Bild: Martin Rudaz
Unternehmerin und Pilotin
Special Mai 2015 | 17
Special – Business Aviation | Von Zürich nach Ostrava
Mit einem Businessjet zum Geschäftstermin in die Tschechische Republik:
Lassen Sie sich mitnehmen auf einen Geschäftsflug nach Ostrava und gewinnen Sie einen Einblick, wie ein solcher Flug vorbereitet und durchgeführt wird. Willkommen an Bord! Fasten your seatbelts.
Text: Jürg Wyss
D
er Anruf kam am Mittwoch, 22. April
2015. «Guten Tag, wir möchten gerne
einen Businessjet buchen für kommen­
den Montag. Wir sind insgesamt sechs Perso­
nen und haben ein wichtiges Geschäftstreffen
in Ostrava (Tschechische Republik), wo wir
spätestens um 13.15 Uhr eintreffen müssen.
Das Meeting findet im Flughafen statt und be­
ginnt um 14 Uhr. Um 20 Uhr sollten wir wieder
zurückfliegen. Können Sie uns für diesen Flug
bitte eine Offerte unterbreiten?»
Für Marcel Wepfer, Director Sales & Marketing
der Premium Jet AG, beginnen nun intensive Abklärungen. Welches Flugzeug eignet sich für diesen Flug und ist gleichzeitig zur gewünschten Zeit
verfügbar? Welches ist der nächstgelegene Flughafen zum Zielort des Kunden? Wie sind dessen
Öffnungszeiten, wie lang die Pisten? Wie steht es
um die Verfügbarkeiten von sogenannten Slots,
also den zeitlichen Lande- und Startfenstern?
Welche Piloten stehen zur Verfügung, und können die maximal erlaubten Einsatzzeiten eingehalten werden? Ist allenfalls ein Crew-Wechsel
nötig? Wie sieht es mit den Einreisebestimmungen
aus? Gedanklich spielt Wepfer den gewünschten
Flug von A bis Z durch und prüft alle Optionen.
Er berechnet die Kosten und noch gleichentags
übermittelt er dem Kunden die Offerte.
18 | Special Mai 2015
Der Kunde, ein Industrieunternehmen, fliegt
nicht zum ersten Mal mit einem Businessjet zu
einem Geschäftstermin. Diese Art zu reisen
bewährt sich insbesondere dann, wenn mehre­
re Personen fliegen müssen und es keine direk­
ten Verbindungen mit Linenflügen gibt. Mit
einem Businessjet sind auch abseits der Zent­
ren liegende Destinationen schnell erreichbar.
Damit lassen sich für jeden Mitarbeitenden viel
Reisezeit sparen und eine grösstmögliche Fle­
xibilität erreichen. Zeit ist Geld. So auch in die­
sem Fall für den Flug nach Ostrava. Der Kunde
bestätigt die Buchung.
«Die meisten Kunden kennen wir persönlich. Wir wissen um deren Präferenzen und
Wünsche», sagt Wepfer. Die Organisation dieses
Fluges ist mehrheitlich Routine. Die Abteilung
Dispatch plant die Crew ein (zwei Piloten und
eine Flight Attendant). Slots und Landegenehmigungen werden eingeholt, eine Zollanmeldung
ausgefüllt und das Catering für die Verpflegung
der Fluggäste organisiert. Aufgrund der geplanten Flugstrecke wird der Treibstoffbedarf inklusive Reserven ermittelt. Für die Piloten wird ein
kompletter Flugplan erstellt. Vor dem Start wird
das Flugzeug bereitgestellt. Die Piloten bereiten
den Flug mit einem detaillierten Briefing vor.
Von Zürich nach Ostrava | Special – Business Aviation
Wenn der Zeitfaktor
entscheidet
Ein Flug mit einer Linienfluggesellschaft
nach Ostrava erfordert eine Zwischenlandung in
Prag und würde mit den notwendigen Umsteigeund Check-in-Zeiten hin und zurück rund 12
Stunden Reisezeit erfordern. Die Reise wäre an
einem Tag nicht zu schaffen. Die Zeitersparnis für
die Kunden beträgt für den Hin- und Rückflug mit
dem Businessjet mindestens acht Stunden. Das
Unternehmen spart somit für die sechs Fluggäste
je einen Arbeitstag ein. Und während des Fluges
können diese ihr Meeting in aller Ruhe nochmals
durchgehen und in der notwendigen Privatsphäre störungsfrei vorbereiten.
Punkt 11.35 Uhr
rollen die Piloten mit der Challenger 300 auf
die Piste und erhalten sogleich die Startfrei­
gabe für die Piste 28. Schnell steigt der Busi­
nessjet auf die Reiseflughöhe von rund 12 000
Metern (Flight Level 400) und nimmt Kurs
Richtung Osten. Die Flugbegleiterin serviert
Getränke und einen Snack. Der Flug verläuft
ruhig, die Gäste bereiten sich auf das Meeting
vor und besprechen die letzten Fragen. Um
12.45 Uhr beginnt schon der Anflug auf den
Flughafen Ostrava. Punkt 13.10 Uhr setzen die
Piloten den Jet auf der Piste auf und rollen zum
General Aviation Center. Die Fluggäste werden
mit einem bereits wartenden Fahrzeug zum
Flughafenhotel gefahren, wo das Meeting
pünktlich um 14 Uhr beginnen kann.
Wyss
Die sechs Passagiere für den Flug von Zürich
nach Ostrava treffen im General Aviation Cen­
ter bei der Premium Jet AG ein. Dort werden sie
vom Captain persönlich in Empfang genom­
men und durch die Zollabfertigung und Sicher­
heitskontrolle geleitet. Wie bei einem Linien­
flug müssen die Passagiere den Zoll passieren
und das Handgepäck wird kontrolliert. Danach
können die Passagiere in die wenige Schritte
vom Ausgang entfernt stehende Bombardier
Challenger 300 einsteigen. Seit dem Eintreffen
sind 15 Minuten vergangen. Die Türen werden
geschlossen und die Piloten starten die Trieb­
werke.
Bilder: Jürg
Montag, 27. April 2015, 11.15 Uhr
Special Mai 2015 | 19
Special – Business Aviation | Von Zürich nach Ostrava
Die Piloten und die Flugbegleiterin verpflegen sich derweil und ruhen sich im speziellen Crew Rest Room auf dem
Flughafen in Ostrava etwas aus. Danach werden der Rückflug vorbereitet und das Flugzeug wieder auf Vordermann
gebracht.
Um 18.30 Uhr
ruft der Kunde den Piloten an und teilt ihm mit, dass das
Meeting erfolgreich verlaufen sei und sie früher als ge­
plant zurückfliegen könnten. Die Gäste treffen um 19 Uhr
beim Flugzeug ein und passieren wiederum den Zoll und
die Sicherheitskontrolle. Zehn Minuten später sitzen die
sie bereits wieder im Flugzeug. Sie freuen sich auf den
Heimflug und können sich nach dem erfolgreichen Mee­
ting gutgelaunt entspannen. Die Triebwerke werden ge­
startet und nach weiteren fünf Minuten hebt der Business­
jet von der Piste ab. Die Flugbegleiterin verwöhnt ihre
Gäste mit einem erfrischenden Drink und einem köstli­
chen Nachtessen. Einige gönnen sich danach ein Nicker­
chen, andere geniessen den wiederum ruhigen Flug in die
Abenddämmerung. Als das Flugzeug gegen 21 Uhr wieder
in Zürich landet, ist es bereits dunkel. Die Piloten rollen
zum Standplatz, die Motoren werden abgestellt, die Gäste
verlassen den Jet und passieren die Grenzkontrolle. Sie
nehmen ihre Fahrzeuge, die sie am Vormittag abgeben
konnten, wieder in Empfang und treten den Heimweg an.
Auf die Crew, welche die Fluggäste herzlich verabschiedet hat, warten noch ein paar Aufgaben. Die Kabine
wird gereinigt und für einen nächsten Flug vorbereitet, die
Piloten führen die Flugbücher nach und erstellen den Flugrapport. Nach etwa einer Stunde heisst es auch für sie: Feierabend. Am nächsten Tag wartet ein weiterer Flugauftrag mit
fünf Passagieren auf sie. Ziel: Marrakesch in Marokko. Mit
einem Aufenthalt von voraussichtlich einer Nacht – und
etwas Zeit für fremde Kulturen. ‹
20 | Special Mai 2015
Von Zürich nach Ostrava | Special – Business Aviation
➜
Premium Jet AG
Premium Jet hat ihren Geschäftssitz seit über 10 Jahren
auf dem Flughafen Zürich. Das Leistungsangebot umfasst
hauptsächlich die Bereiche Flugzeug-Charter, FlugzeugManagement, Kauf und Verkauf, Unterhalt und Ausstattung
sowie Consulting.
Premium Jet operiert derzeit eine Flotte von 12 Flugzeugen,
sieben davon im Privatbetrieb. Fünf Businessjets werden
im Auftrag der Besitzer verchartert und betrieben. Dazu
gehören folgende Flugzeugtypen:
•
•
•
•
•
Global Express
Challenger 604
Challenger 300
Citation Excel
Citation CJ1
Bei Bedarf kann Premium Jet auf weitere Flugzeugtypen
der Klassen light, midsize, heavy und ultra-long-range-Jet
zurückgreifen – ebenso auf Helikopter.
Premium Jet beschäftigt 60 Mitarbeitende, davon 40 Crewmitglieder.
Bilder: Jürg
Wyss
Bild: Oliver Frey
www.premiumjet.eu
Special Mai 2015 | 21
Special – Business Aviation | Flugplatz Dübendorf
Ein Entscheid für die Zukunft
Der Militärflugplatz Dübendorf bildet mit einer Fläche von rund 230 Hektaren die grösste
strategische Landreserve des Bundes. 2014 hat der Bundesrat entschieden, hier einen
­zivilen Flugplatz mit einer Bundesbasis weiterzuführen. Ein Entscheid, der für die Region
­in­mitten des Wirtschaftsstand­ortes Zürich vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten zulässt.
Text: Jürg Wyss
Flugplatz und Innovationspark
Bereits in der Ausschreibung hat der Bund eine Aufteilung
seines Areals in einen Perimeter für das verkleinerte Flugfeld mit militärischer Mitbenutzung sowie eine Fläche
von 71 Hektaren für den zukünftigen nationalen Innovationspark vorgesehen. Am 3. September 2014 sprach sich
der Bundesrat definitiv für die Weiterbearbeitung der drei
Nutzungsprojekte Innovationspark, ziviles Flugfeld mit
Bundesbasis und militärischer Heliport aus. Er tat dies
nicht zuletzt in der Überzeugung, dass die drei Nutzungen sowohl räumlich als auch funktional miteinander vereinbar sind und erhebliche Synergiepotenziale aufweisen.
Mit dem Vergabeentscheid des Bundesrates wurde
die Flugplatz Dübendorf AG ermächtigt, alle für die
­Erwirkung der Betriebsbewilligung des zivilen Flugfelds
mit Bundesbasis erforderlichen Planungsverfahren
durchzuführen und die dafür benötigten Unterlagen zu
22 | Special Mai 2015
erarbeiten. Der Planungsprozess wird mit der rechts­
kräftigen Betriebsbewilligung, der Genehmigung des
­Betriebsreglements und den Plangenehmigungen für die
zur Betriebsaufnahme notwendigen Infrastrukturan­
lagen abgeschlossen.
Bis dahin ist es jedoch noch ein langer Weg. Bis zur
Betriebsaufnahme ist mit einer mehrjährigen Verfahrensdauer zu rechnen.
Die Bevölkerung wird profitieren
Für Urs Brütsch, Geschäftsführer der Flugplatz Dübendorf AG, weist die vom Bundesrat gewählte Lösung zahlreiche Vorteile auf: «Am Flugplatz Dübendorf entstehen
qualifizierte Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Ein nationaler Innovationspark mit direktem Anschluss an einen
Flugplatz ist einzigartig und erzielt eine Sogwirkung für
global agierende Unternehmen, die sich im nationalen
Innovationspark ansiedeln und diesem zur gewünschten
Ausstrahlung verhelfen werden.» Doch die Vorteile sind
nicht nur wirtschaftlicher Natur, wie Brütsch betont. «Der
Flugplatz bietet Gewähr, dass die grosse Freifläche im
Dreieck zwischen Dübendorf, Wangen-Brüttisellen und
Volketswil nicht gänzlich überbaut wird.» Und mit einem
Besucherzentrum soll die über hundertjährige spannende
Geschichte des Flugplatzes Dübendorf aufgearbeitet und
einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden.
«Pioniere haben in Dübendorf der Schweizer Aviatik zum
Start verholfen. Auf dieses Stück Schweizer Wirtschaftsgeschichte soll die Bevölkerung auch stolz sein dürfen.»
Dübendorfs Flugplatz will sich dereinst der Bevölkerung öffnen, hält Brütsch fest: «Als attraktives Ausflugsziel für Gross und Klein bietet er rund um den Flugplatz
Einblicke in die Aviatik und leistet so einen wichtigen
­Beitrag zum Naherholungsraum im Glattal.» ‹ www.duebendorf-flugplatz.ch
Bild: Luftwaffe
D
er Militärflugplatz Dübendorf blickt auf eine
­bewegte Geschichte zurück. Während Jahrzehnten spielte er in der Entwicklung der Schweizer
Luftfahrt eine entscheidende Rolle für die kommerzielle
wie auch für die militärische Aviatik – bis ins Jahr 2005.
Im Rahmen des neuen Stationierungskonzeptes der
Schweizer Armee und der Einstellung des Jetflugbetriebs
vor zehn Jahren sollte der Flugplatz geschlossen werden.
Doch dieses Ansinnen wurde aufgrund der Entwicklungen in der nationalen und internationalen Luftfahrt hinterfragt, und die Idee eines zivil weitergeführten Flugplatzes mit einer gemischten Nutzung von Zivil- und Militärluftfahrt nahm Gestalt an. Doch wer sollte einen solchen
Weiterbetrieb in Zukunft sicherstellen?
Ausgehend von den Kapazitätsengpässen am Flughafen Zürich und verschiedenen Studien zu alternativen
Standorten für das Segment der Geschäftsluftfahrt und
Leichtaviatik, hat der Bundesrat das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK), in
Zusammenarbeit mit dem Departement für Verteidigung,
Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) beauftragt, ein
­Einladungsverfahren durchzuführen. Am 16. Dezember
2013 hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) die
«Ausschreibung ziviler Flugplatzhalter Dübendorf» gestartet. Zwei Bewerbungen wurden eingereicht.
Flugplatz Dübendorf | Special – Business Aviation
Special Mai 2015 | 23
Special – Business Aviation | Flugplatz Dübendorf
Die Pläne schaffen Klarheit
Die aviatische Weiternutzung des Flugplatzes Dübendorf als Zurich Business Airport wird sich an diversen
Rahmenbedingungen orientieren und die Interessen verschiedener Akteure wahren müssen. Der Masterplan
bietet Einblick in die geplante Entwicklung.
Text: Jürg Wyss
W
ie könnte der Flugplatz Dübendorf dereinst aussehen?
Welche Nutzungen sind vorgesehen, und was für Bauten
sind dafür notwendig? Antworten auf diese Fragen lassen sich im sogenannten Masterplan finden. Dieser basiert auf einer
­dezentralen und organischen Entwicklung der Segmente Helikopter
und Luftrettung, Leichtaviatik, Geschäftsluftfahrt und Unterhaltsbetriebe. Das Ausbaukonzept der Flugplatz Dübendorf AG sieht ausschliesslich Bauten vor, die ganz oder überwiegend dem Flugplatz­
betrieb dienen – und natürlich mit den Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes (LFG) konform sind.
Schengen-Aussengrenze
Grafik: Flugplatz Dübendorf AG
Der Flugplatz Dübendorf bildet eine Schengen-Aussengrenze. Dies
hat zur Folge, dass das Areal komplett eingezäunt werden muss. «Die
Flugplatz Dübendorf AG ist verantwortlich für die Passagier- und Abfertigungsprozesse», erläutert CEO Urs Brütsch. Für nicht strategische
Geschäftsfelder, wie Unterhaltsbetriebe für Flächenflugzeuge und
Helikopter sowie die Abfertigung und Hangarierung der Leichtaviatik, zieht die künftige Flugplatzbetreiberin die Vergabe von Unterbaurechten in Betracht.
Sämtliche Hochbauten sind neu zu erstellen. «Die Flugplatz
Dübendorf AG sieht Hochbauten für die Passagierabfertigung (Business Aviation Center BAC), die Flugzeughangarierung, den Flugzeugunterhalt, den Flugplatzbetrieb (Betriebszentrum), die Gastronomie
inklusive Besucherzentrum sowie ein General Aviation Center und
Büroräumlichkeiten vor», informiert Brütsch. Östlich und westlich des
BAC werden in Abhängigkeit der Nachfrage Hangars zur Parkierung
von Flugzeugen erstellt. «Die Hangars stellen zum einen eine bauliche
Trennung der öffentlichen und nichtöffentlichen Bereiche des Flugplatzes dar, zum anderen tragen sie zum Schallschutz der Anwohner
bei», sagt Brütsch. «Das Projekt Heliport ist mit den Bedürfnissen der
Rega abzustimmen», macht Brütsch klar. Aus gutem Grund: Die Rega
24 | Special Mai 2015
Flugplatz Dübendorf
zieht nebst der Verschiebung der Basis «Rega 1» auch eine Verschiebung des Hauptsitzes vom Flughafen Zürich auf dieses Areal auf dem
Flugplatz Dübendorf in Betracht.
In Bezug auf die Betankung sieht die Flugplatz Dübendorf AG
eine flugplatzexterne Befüllung der Tankwagen, etwa bei der UBAG in
Rümlang, vor. Langfristig, so Brütsch, wird eine zivile Mitbenutzung
der Zisternenanlage auf dem Gelände der Luftwaffe angestrebt.
| Special – Business Aviation
der Buslinie 760 (Gfenn, Bahnhof Dübendorf, Bahnhof Zürich-Stettbach) ermögliche es, den Flugplatz ideal mit zwei S-Bahnhöfen zu
verbinden. Benutzer und Besucher des künftigen Flugplatzes Dübendorf werden dies zu schätzen wissen. ‹
www.duebendorf-flugplatz.ch
Ausflugsziel und Naherholungsgebiet
Als räumliches Bindeglied zwischen dem der Geschäftsfliegerei
­dienenden Business Aviation Center und der Leichtaviatik soll ein
­Gastronomiekonzept realisiert werden, das sowohl den Anforderungen der Mitarbeitenden- als auch der Gästeverpflegung gerecht wird.
Doch auch dem Wunsch, am Flugplatz Dübendorf ein attraktives Ausflugsziel im ­Naherholungsgebiet der Standortgemeinden zu etablieren, soll die Gastronomie dienen. Urs Brütsch verdeutlicht: «Im Sinne
eines Besucher- und Begegnungszentrums soll die bewegte Geschichte
des Flugplatzes Dübendorf dokumentiert und auf attraktive Art und
Weise der Bevölkerung und interessierten Kreisen zugänglich gemacht
werden.» Die Flugplatz Dübendorf AG stehe einer Einbettung des Ausflugsziels Flugplatz Dübendorf in das angestrebte Spezialprojekt
(Fuss- und Radverkehr) rund um den Flugplatz Dübendorf gemäss
regionalem Raumordnungskonzept im Sinne eines Themenwegs offen
gegenüber.
Die endgültige Strategie für die landseitige Erschliessung wird
in enger Zusammenarbeit mit der Arealentwicklung des nationalen
Innovationsparks und den Standortgemeinden erarbeitet. «Eine
­direkte Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr wird angestrebt»,
macht Brütsch klar. Die geringfügige Veränderung der Linienführung
Die Rahmenbedingungen für den Flugplatzbetrieb
An den Betrieb des zivilen Flugplatzes sind Rahmenbed­in­­g­ungen geknüpft. Diese halten unter anderem Folgendes fest:
• Die Öffnungszeiten sind begrenzt auf 4732 Stunden pro
Jahr:
• Montag bis Freitag von 06.30 - 22.00 Uhr
• Samstag von 08.00 - 12.00 und 13.30 -18.00 Uhr
• Sonntag von 11.00 - 12.00 und 14.00 - 18.00 Uhr
• Die Anzahl Flugbewegungen wird durch die maximale Lärmmenge bestimmt. Prognostiziert sind 28 600 Bewegungen
pro Jahr, flexibel plafoniert entsprechend der Lärmkurve.
• Auf 1800 Meter verkürzte Piste.
• Kein Linien- und Kettencharterverkehr.
• Grundschulungen für erstmaligen Erwerb der Lizenz sind
ausgeschlossen (Schulungsvolten nur an Werktagen).
• Koordination der An- und Abflüge mit Flughafen Zürich
erforderlich.
Links oben: Ausschnitt des Business Aviation Center.
Links: Der Heliport mit dem Rega-Center.
Oben: Das geplante Besucherzentrum im Bereich der Leicht­
aviatik.
Linke Seite: Der Masterplan des gesamten Flugplatz-Areals.
Special Mai 2015 | 25
Special – Business Aviation | Flugplatz Dübendorf
«Der Flugplatz Dübendorf wird der
Business Aviation Airport in Zürich»
Warum braucht es den Flugplatz Dübendorf in Zukunft noch? Wie viele Flugbewegungen werden erwartet?
Wird angesichts der hohen Investitionen überhaupt ein Gewinn zu erwirtschaften sein? Innovationspark und
Flugplatz: Wie geht das zusammen? Urs Brütsch, ­Geschäftsführer der Flugplatz Dübendorf AG stellt sich diesen und weiteren Fragen.
Interview: Jürg Wyss
Werden am Flughafen Zürich weiterhin Geschäfts- und Privatflugzeuge
landen?
Ja, denn nicht alle dieser Flüge werden nach Dübendorf kommen. Insbesondere grosse Flugzeuge, welche in Dübendorf gar nicht
landen können, sind auf den Flughafen Zürich angewiesen. Im Unterschied zum Flugfeld in Dübendorf ist der Flughafen Zürich ein konzessionierter Flughafen mit Zulassungszwang. Grundsätzlich werden
dort immer noch Geschäfts- und Leichtflugzeuge landen können,
­vor­ausgesetzt, dass die Zeitfenster für Landungen und Starts zur Verfügung stehen und am Boden für die Parkierung und Abfertigung der
notwendige Platz vorhanden ist.
Der Flughafen Zürich bietet als sogenannter Hub zahlreiche Verbindungen in die ganze Welt an. Kann angesichts dieser Tatsache auf die
­Geschäftsluftfahrt nicht verzichtet werden?
Der Gedanke, auf die Geschäftsluftfahrt verzichten zu wollen,
ist aus volkswirtschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbar. ­Linienflüge
26 | Special Mai 2015
alleine können die Bedürfnisse der Geschäftsluftfahrt-Passagiere häufig nicht erfüllen. Über 90 Prozent der angeflo­genen Destinationen
der Geschäftsluftfahrt finden sich nicht im Flugplan einer Linien­
gesellschaft. Mit der individuellen und flexiblen Flugplanung sorgt die
Geschäftsluftfahrt für einen hohen Grad an ­Effizienz und hält damit
das schweizerische Leistungs- und Qualitätsversprechen gegenüber
ihren ausländischen Kunden ein. Die Geschäftsluftfahrt ist aber für ein
Binnenland wie die Schweiz auch relevant, um für ausländische Investoren aus Ländern und Metropolen, wo die Geschäftsluftfahrt im übrigen nichts Aussergewöhnliches, sondern akzeptierter Standard ist,
attraktiv zu sein. Gemäss Studien leistet ein einzelner Business-Aviation-Flug einen ­höheren Beitrag an das Brutto­inlandprodukt als ein
typischer Linienflug mit bis zu 250 Passagieren. Dieser Fakt wird komplett verkannt. Er unterstreicht aber eindrücklich die Bedeutung der
Geschäftsluftfahrt für einen prosperierenden Wirtschaftsraum.
Wie viele Flugbewegungen sind für den Flugplatz Dübendorf geplant?
Die Anzahl möglicher Flugbewegungen leitet sich aus einer
maxi­mal zulässigen Lärmmenge ab. Die in unserem Konzept angenommene Anzahl basiert auf den in den Ausschreibungsunterlagen
erwähnten Bewegungszahlen. Es sind dies 28 600, was rund einer
Verdoppelung im Vergleich zu heute entspricht. Etwa ein Drittel
­davon fällt auf Helikopterflüge der Luftwaffe und die Luftrettung ab.
Zirka ein Viertel aller Flüge betreffen die Luftwaffe. Umgerechnet auf
die einzelne Betriebsstunde bedeutet dies drei Starts und drei Landungen pro Stunde.
Wie hoch ist das Investitionsvolumen?
Wir rechnen zu Beginn mit einem Investitionsvolumen im tiefen
dreistelligen Millionenbereich. Abgesehen von der bestehenden Piste
gilt es die komplette betriebsnotwendige Infrastruktur neu zu erstellen. Neben den Tief- und Hochbauten gehören auch der Ersatz oder
die Ergänzung von Navigationsanlagen und sämtliche Betriebsmittel
wie Fuhrpark, Abfertigungsgeräte und mehr dazu.
Ist unter diesen ernormen finanziellen Belastungen überhaupt ein
­Gewinn zu erwirtschaften?
Sämtliche Positionen des Businessplans wurden sorgfältig
­hergeleitet und mit ähnlichen Objekten oder anderen Flugplätzen ver-
Bild: zVg
S
pecial Business Aviation: Urs Brütsch, wie erklären Sie der
­Bevölkerung rund um den Flugplatz Dübendorf, weshalb es diesen
in Zukunft noch braucht?
Urs Brütsch: Da lassen sich gleich mehrere Argumente anführen. Der luftfahrtpolitische Bericht des Bundesrates aus dem Jahr
2004 bestätigte die besondere Bedeutung des Flughafens Zürich als
Drehkreuz mit interkontinentalen Verbindungen. Andere, nicht dem
Linienverkehr dienende Luftfahrtsegmente wie die Geschäftsluftfahrt
und die Leichtaviatik werden mittelfristig aufgrund der Kapazitätsengpässe verdrängt werden. Flughäfen für Linienverkehr mit Grossraumflugzeugen müssen komplexe und entsprechend teure Anforderungen erfüllen. Dies führt zu immer höheren Kosten, auch für die
Geschäftsluftfahrt und Leichtaviatik, welche an sich gar nicht auf
­diese grossen und teuren Anlagen angewiesen sind. Eine Entflechtung
der Flugsegmente mit massgeschneiderten Lösungen drängt sich deshalb auf. Kommt dazu: Der Flughafen Zürich nähert sich zu gewissen
Tageszeiten den Kapazitätsgrenzen in Bezug auf die Zeitfenster für
Landungen und Starts, den sogenannten Slots, sowie die verfügbaren
Flächen für Standplätze. Zudem stehen künftige Bauvorhaben in Konflikt mit dem heutigen Standort der Geschäftsluftfahrt und der Leicht­
aviatik.
Flugplatz Dübendorf
glichen. Da die Flugplatz Dübendorf AG keine Nebenanlagen plant,
müssen die Investitionen und die Betriebskosten über den Flugbetrieb
­refinanziert werden. Die Gebühren, etwa für Landungen, Abfertigung,
Abstellplatz, Hangarierung oder Büromiete wurden auf die Markt­
akzeptanz überprüft. Die Flugplatz Dübendorf AG ist in der Lage, den
geforderten Baurechtszins zu erwirtschaften.
Die Geschäftsluftfahrt produziert im Vergleich zu Linienflügen ein geringes Passagieraufkommen. Wo liegt bei so wenigen Passagieren das volkswirtschaftliche Interesse?
Wenn man den Studien von PWC aus dem Jahr 2007 und Infras
aus 2006 sowie der Projektarbeit der Universität St.Gallen HSG (Anm.
Red.: Business Aviation und ihr Stellenwert am Flughafen Zürich,
2009) Glauben schenkt, dann ist erwiesen, dass ein einzelner Business-Aviation-Flug wie erwähnt einen höheren Beitrag an das Brutto­
| Special – Business Aviation
inlandprodukt leistet als etwa ein Charterflug mit bis zu 250 Passagieren. Insgesamt trägt die Geschäftsluftfahrt in der Schweiz jährlich
mehr als eine Milliarde Franken zur Wertschöpfung bei. Zum Vergleich: Das ist etwa ein Viertel der gesamten Wertschöpfung aus dem
primären Sektor Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei.
Was für neue Infrastrukturen müssen dafür gebaut werden?
Neben dem Vorfeld für Standplätze sind ein Abfertigungsgebäude, ein Betriebszentrum, Hangars für die Parkierung von Flugzeugen,
ein Bürogebäude für die vor Ort ansässigen Unternehmen, ein Zentrum für die Leichtaviatik sowie ein Besucherzentrum mit Restaura­
tionsbetrieb vorgesehen.
Wie lange dauert der Prozess bis zur Erteilung der rechtskräftigen Betriebsbewilligung? Ab wann ist der neue Flugplatz in Betrieb?
Der Bund rechnet mit einer Verfahrensdauer von fünf bis zehn
Jahren, abhängig von der Anzahl Beschwerden und Rechtsverfahren.
Die Flugplatz Dübendorf AG wird ihren Teil dazu beitragen, die
­Verfahren so effizient wie möglich durchzuführen.
Inwieweit ist der Flugplatz vom Innovationspark betroffen?
Wir halten uns strikte an den Ausschreibungsperimeter. Insofern tangiert uns der Innovationspark rein baulich und betrieblich
­lediglich bei den Erschliessungsfragen. Wir sind an einer einvernehmlichen Entwicklung beider Elemente interessiert und glauben an die
Synergien der beiden Vorhaben. Wir sind überzeugt davon, dass der
Flugplatz stimulierende Wirkung auf die Ansiedlung von nationalen
und internationalen Firmen im Innovationspark erzielen wird. Wir
sehen es als ­eine einzigartige Chance, den Flugplatz für die Geschäftsluftfahrt und die Leichtaviatik zu nutzen und in einer Symbiose mit
dem nationalen Innovationspark ein aviatisches Kompetenzzentrum
mit internationaler Ausstrahlung entstehen zu lassen.
Wie viele Arbeitsplätze s­ ollen konkret geschaffen werden?
Man darf davon ausgehen, dass verschiedene Unternehmen
­einige hundert qualifizierte Arbeitsplätze mit direktem Bezug zum
Flugbetrieb am Flugplatz Dübendorf ansiedeln werden.
Wie wird dem Umweltschutz Rechnung getragen?
Die Flugplatz Dübendorf AG folgt den Grundsätzen eines umweltgerechten Handelns in den Bereichen Flugbetrieb, Infrastruktur
und dem terrestrischen Verkehr. Die Umweltbelastung soll so gering
wie möglich gehalten werden, die gesetzlichen und behördlichen Umweltvorgaben sind einzuhalten. Es werden Massnahmen umgesetzt
werden, die ökologisch, sozial wie auch wirtschaftlich abgestimmt
sind und somit der Nachhaltigkeit Rechnung tragen. Dazu gehören
etwa lenkungswirksame Gebühren für lärmintensivere Flugzeuge,
umweltverträgliche Materialisierung bei Bauten oder ökologische
Energiegewinnung.
Zum Schluss: Was soll das Erfolgsrezept des Flugplatzes Dübendorf sein?
Der Flugplatz Dübendorf wird der Business Aviation Airport in
Zürich. Kurze Distanzen, schnelle Prozesszeiten und Komfort in
­bedarfsgerechten und funktionalen Infrastrukturanlagen, dies sind
die wesentlichen Qualitätsmerkmale, die alle Nutzer gleichsam
­begeistern werden.
Urs Brütsch, besten Dank für dieses Interview. ‹
Special Mai 2015 | 27
Die Rega
plant ihre Zukunft
Die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega ist Aktionärin der Flugplatz Dübendorf AG und unterstützt
damit den zukünftigen Betrieb des Flugplatzes Dübendorf. Eine allfällige Übersiedlung des Rega-Centers
vom Flughafen Zürich nach Dübendorf bezeichnet die Rega als prüfenswerte Option.
A
Text: Patricia Andrighetto
uf dem Gelände des Flugplatzes Dübendorf befindet sich
seit 2003 die Helikopter-Einsatzbasis Zürich der Rega. Der
geplante Bau eines nationalen Innovationsparks am Flugplatz
Dübendorf und die damit einhergehenden baulichen Veränderungen
machen mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Umzug der Rega-Helikopterbasis innerhalb des Flugplatzperimeters Dübendorf nötig. Die
Rega will ihre Interessen wahrnehmen und sich aktiv in die Planungsarbeiten einbringen.
Dübendorf als Alternative
Der heutige Standort des Rega-Centers am Flughafen Zürich ist aufgrund der geplanten Umrollung der Piste 28 in Diskussion. Der Standort Zürich ist für die Operation der Schweizerischen Rettungsflugwacht Rega jedoch von grosser Bedeutung. Im Rega-Center am Flughafen Zürich befindet sich neben der Einsatzzentrale und dem Unterhaltsbetrieb für die gesamte Helikopter- und Ambulanzjetflotte auch
die operationelle Basis für die drei Rega-Jets. Den Flugplatz Dübendorf bezeichnet die Rega als eine interessante Variante für den zukünftigen Standort des Rega-Centers, falls die Rega zum Verlassen des
28 | Special Mai 2015
Flughafens Zürich gedrängt wird. Dübendorf ist zentral gelegen und
befindet sich in der Nähe des heutigen Standorts, was für die rund 200
im Rega-Center tätigen Mitarbeitenden von Bedeutung ist.
Challenger 650 löst bestehende Flotte ab
Zukunftsorientiert handelt die Rega auch im Hinblick auf ihre Flotte,
deren Zuverlässigkeit ein entscheidender Faktor ist. So hat die Schweizerische Rettungsflugwacht kürzlich mit Bombardier einen Vertrag
zur Beschaffung von drei Challenger 650 (im Bild) unterzeichnet. Die
neuen Ambulanzjets werden die heutige Flotte der 2002 beschafften
Challenger CL-604 voraussichtlich ab 2018 ablösen. Die Rega setzt
damit für die Repatriierung von Patienten aus aller Welt auf eine bewährte Flugzeugfamilie. Zudem können mit den neuen Jets der Wartungsaufwand reduziert und die hervorragende Verfügbarkeit der
Flugzeuge weiterhin erhalten werden.
«Mit dieser Flottenerneuerung stellen wir sicher, dass die Rega
ihren Patientinnen und Patienten auch in den nächsten 15 Jahren zuverlässig und professionell in aller Welt zu Hilfe kommen kann», sagt
Rega-CEO Ernst Kohler. ‹
www.rega.ch
Bild: Rega
Special – Business Aviation | REGA
Pilatus / LTDB | Special – Business Aviation
Pilatus Flugzeugwerke Stans Das Jahr 2014 wurde zum
bisher erfolgreichsten in der Firmengeschichte: Noch nie zuvor hat Pilatus einen so hohen Umsatz erreichen können. Mit
1,174 Milliarden Franken wurde dieser im Vergleich zum
Vorjahr nochmals um 16 Prozent gesteigert. Und noch nie
zuvor hat Pilatus ein so gutes Betriebsergebnis erarbeitet.
Mit 200 Millionen Franken ist es sogar um 38 Prozent höher
als im Jahr zuvor. Doch der Erfolg beschränkt sich nicht allein auf den wirtschaftlichen Bereich. Im Februar 2015 hat
der 100. PC-21 und zugleich das 1000. Trainingsflugzeug
die Produktionshallen in Stans verlassen. Nur wenige Tage
später lieferte der Schweizer Flugzeughersteller den 1300.
einmotorigen Turboprop PC-12 aus. Eie Maschine, welche
als bewährtes Geschäftsflugzeug weltweit im Einsatz steht.
Noch höher hinaus geht der Schweizer Flugzeughersteller mit dem neuen Businessjet PC-24. Das Interesse ist
weltweit gross, die Erwartungen sind hoch. Nach dem Erstflug findet das anspruchsvolle Testflugprogramm bis zur
Zertifizierung durch die Zulassungsbehörden statt.
Dass Pilatus nicht nur überaus erfolgreich Flugzeuge
entwickelt, baut und verkauft, sondern bei allem Tun und
Handeln stets die Ansprüche und Bedürfnisse der Kunden in
den Mittelpunkt stellt, dafür spricht eine andere eindrückliche Zahl: Bereits zum 13. Mal in Folge wurde im vergangenen Herbst der Pilatus-Kundenservice als die Nummer 1 gewertet. Die Leser der Magazine «Professional Pilot» und
«Aviation International News (AIN)» bewerten den Kundendienst von Pilatus auch 2014 als den besten in der Kategorie
der Geschäfts-Turboprop-Flugzeuge. www.pilatus-aircraft.com
Bild: Pilatus Aircraft Ltd
Pilatus – Rekorde und Innovationen
Luftransportdienst des Bundes (LTDB) Der LTDB führt
Flüge zu Gunsten des Bundesrats und der Departemente im
In- und Ausland durch. Aber auch Repatriierungsflüge, kürzlich aus dem Erdbebengebiet im Nepal, Lufttransporte für
das World Economic Forum (WEF) in Davos, militärische
Einsätze, zum Beispiel im Rahmen der PSO-Kontingente von
Swissint (Peace Support Operations) und der Luftwaffe im
Balkan sowie Vermessungsflüge für Swisstopo gehören zu
den Aufgaben des LTDB. Der Luftransportdienst betreibt eine gemischte Flotte aus Businessjets (Dassault Falcon 900EX
EASy II, Cessna 560 XL Citation Excel, auch als «BundesratsJets» bezeichnet), Propellerflugzeugen (Beech 1900D,
Beech Model 350C Super King Air) und Helikoptern
(AS332M1 Super Puma, AS532UL Cougar Mk1, EC635). Die
Flugoperationen des LTDB finden häufig ab den Flugplätzen
Dübendorf und Bern-Belp statt.
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 2. Juli 2014
beschlossen, dass 2017/18 die bundeseigene Cessna Citation
Excel durch einen PC-24 ersetzt werden soll. Er hat die
Armasuisse ermächtigt, mit Pilatus einen Optionsvertrag zur
Beschaffung eines PC-24 abzuschliessen, vorbehältlich der
Kreditgenehmigung durch das Parlament. www.lw.admin.ch
Bild: Jürg Wyss
PC-24 für den LTDB
Special Mai 2015 | 29
Special – Business Aviation | Aerosuisse
Ein nahe gelegener Flugplatz ist
ein Standortkriterium
Die Aerosuisse ist der Dachverband der schweizerischen Luft- und Raumfahrt und engagiert sich seit
Jahren für den Erhalt der Flugplatzinfrastruktur in Dübendorf. Im nachstehenden Interview äussert
sich Aerosuisse-Präsident Paul Kurrus zur Bedeutung der Geschäftsluftfahrt und des Flugplatzes
Dübendorf.
Interview: Jürg Wyss
S
Warum begrüsst die Aerosuisse den Entscheid des Bundesrates zum zivilen Weiterbetrieb des Flugplatzes Dübendorf?
Wegen Kapazitätsengpässen auf den beiden Landesflughäfen Zürich und Genf ist damit zu rechnen, dass
die Business Aviation auf diesen Plattformen zunehmend
in Bedrängnis gerät. Weil die Business Aviation aber einen
wichtigen Teil des Luftfahrtstandortes Schweiz darstellt
und viele Unternehmen aus dieser Sparte Mitglied der
Aerosuisse sind, setzt sich unser Verband angesichts dieser Entwicklung schon seit mehreren Jahren für Ersatzstandorte für die Geschäftsfliegerei ein. Mit der Öffnung
von Militärflugplätzen für den zivilen Flugbetrieb und
damit für die Business Aviation ergibt sich nun eine willkommene Alternative zu den Landesflughäfen.
Vor diesem Hintergrund hat die Landesregierung
mit ihrem Entscheid zu Gunsten des zivilen Weiterbetriebs des Flugplatzes Dübendorf einen weitsichtigen Entscheid getroffen. Im zunehmend härter werdenden internationalen Standortwettbewerb ist nämlich die Verfüg-
30 | Special Mai 2015
Bild: zVg
pecial Business Aviation: Paul Kurrus, warum ist
die Geschäftsluftfahrt für unser Land wichtig?
Paul Kurrus: Wie der Bundesrat bereits im Luftfahrtpolitischen Bericht 2004 festgestellt hat, bilden die
auf schweizerischen Flughäfen beheimateten Unternehmen der Business Aviation einen wichtigen Faktor der
Schweizer Luftfahrt. Sie stiften durch den Individualtransport und die flexible Nutzung einen erheblichen volkswirtschaftlichen Nutzen. Für zahlreiche international tätige Unternehmen und politische Institutionen bildet die
Business Aviation ein unverzichtbares Arbeitsinstrument.
Sie nutzen in zunehmendem Masse die Vorteile dieses
Transportmittels: sichere, rasche, flexible und individuelle Reiseabwicklung.
Die Business Aviation ist aber nicht nur für Grosskonzerne, sondern wegen der fortschreitenden Globalisierung in zunehmendem Masse auch für klein- und
mittelständische Unternehmen ein wichtiges Transportmittel. Dank der starken Präsenz weltweit tätiger Handels- und Industriekonzerne wie auch des Dienstleistungssektors entwickelte sich die Geschäftsluftfahrt in der
Schweiz überproportional.
Paul Kurrus, Präsident der Aerosuisse
Luftfahrtverbände | Special – Business Aviation
➜
Luftfahrtverbände der Schweiz
In der Schweiz vertreten mehrere Verbände verschiedene
Interessen der Luftfahrt. Die wichtigsten sind:
• Aero-Club der Schweiz (AeCS)
barkeit eines nahe gelegenen Flugplatzes für die Business
Aviation für viele Unternehmen ein wichtiges Standortkriterium.
Welchen Stellenwert hat die Schweizer Business Aviation im
europäischen Vergleich?
Die Schweizer Geschäftsluftfahrt hat in Europa eine
sehr bedeutende Stellung. So ist beispielsweise der Flughafen Genf nach Paris-Le Bourget der von der Business
Aviation am meisten frequentierte Flughafen in Europa.
Nicht weit dahinter folgt auf Platz 6 der Flughafen Zürich.
Dank dieser Stellung generiert dieser Sektor der Schweizer Luftfahrt eine jährliche Wertschöpfung von 1,5 bis 2
Milliarden Franken.
Wie schätzen Sie die Zukunftsaussichten der Schweizer Business Aviation ein?
Eigentlich hätte diese Sparte, angesichts politischer
Stabilität, Rechts- und Investitionssicherheit sowie dem
internationalen Ansehen der Schweiz eine gute Zukunft.
Um diese positiven Perspektiven zu erhalten, muss aber
die Wettbewerbsfähigkeit durch Verbesserung der politischen Rahmenbedingungen, insbesondere im fiskalischen Bereich, dringend verbessert werden.
Paul Kurrus, vielen Dank für das Gespräch. ‹
Der AeCS ist der Dachverband der Allgemeinen Luftfahrt
für die Leichtaviatik und den Luftsport. Er zählt rund
24 000 Mitglieder und ist in acht Fachsparten (Motorflug, Segelflug, Ballonfahren, Modellflug, Helikopter,
Fallschirmspringen, Microlight und Amateurflugzeugbau)
und in 36 Regionalverbände gegliedert. Der AeCS fördert
und unterstützt den fliegerischen Nachwuchs und den
Luftsport und vertritt die Interessen aller Luftraumbenützer der Leichtaviatik.
www.aeroclub.ch
• Aerosuisse
Der Dachverband der schweizerischen Luft- und Raumfahrt bezweckt die Wahrung der Interessen der schweizerischen Luft- und Raumfahrt und die Sicherung deren
Existenzgrundlage (siehe Infobox links).
www.aerosuisse.ch
• European Business Aviation Association
(Switzerland) EBAA
Die EBAA vertritt die Interessen der Business Aviation auf
allen Ebenen in Europa. Sie fördert das Ansehen dieses
Bereichs der Luftfahrt als wichtiger Teil der lokalen wie
der nationalen Wirtschaft.
www.ebaa.org
• General Aviation Aircraft Owners and Pilots
Association (AOPA Switzerland)
Als Verband der General Aviation vertritt die AOPA die
Interessen der Privatpiloten und Flugzeugbesitzer in
nationalen und internationalen Gremien der Luftfahrt.
www.aopa.ch
• Verband Schweizer Flugplätze (VSF)
Der Verband Schweizer Flugplätze engagiert sich für die
Entwicklung mittlerer und kleinerer Flugplätze in der
Schweiz.
Aerosuisse
Die 1968 gegründete Aerosuisse nimmt als Dachverband die
Interessen der schweizerischen Luft- und Raumfahrt wahr
und sichert deren langfristige Existenzgrundlage. Sie nimmt
Einfluss auf die Gestaltung der gesetzlichen Grundlagen im
Bereich der Luft- und Raumfahrt. Der Aerosuisse gehören
heute rund 140 Firmen und Organisationen an: Linien- und
Charterfluggesellschaften, die Landes- und Regionalflughäfen, Flugplätze, Abfertigungsgesellschaften, die
Flugsicherung, Unterhaltsbetriebe, Flugzeug- und Komponentenhersteller, die Schweizer Luftwaffe, Firmen der Raumfahrtindustrie, Flugschulen, luftfahrtorientierte Dienstleistungsunternehmen und alle massgebenden Verbände der
Schweizer Luft- und Raumfahrt.
www.aerodromes.ch
Weitere Luftfahrtverbände:
• Aviasuisse
www.aviasuisse.igbl.ch
• Schweizerische Vereinigung für Luft- und Raumrecht ASDA
www.asda-svlr.ch
• Schweizerischer Verband Flugtechnischer Betriebe SVFB
www.svfb.ch
• Swiss Aerospace Cluster
www.swiss-aerospace-cluster.ch
• Swiss Helicopter Association
www.sha-swiss.ch
• Swiss International Airports Association SIAA
www.siaa.ch
www.aerosuisse.ch
Special Mai 2015 | 31
Special – Business Aviation | Inhalt
xxx und Vorwort
Business Aviation
32 | Special Mai 2015
Special zum Thema Geschäftsluftfahrt