Zahnbürsten made in Switzerland ein Hype

KUNSTSTOFF XTRA
FOKUS
Vom Händler zum Produzenten
Zahnbürsten made in Switzerland ein Hype
Es ist nicht allzu lange her, als die Curaden AG alle ihre Zahnbürsten von der Ebnat AG in Ebnat-Kappel bezog und
«nur» als Händler im Markt auftrat. Das Unternehmen bezieht die Zahnbürsten zwar weiterhin aus Kappel, stellt
aber seit August in der neugegründeten Firma Curaplast AG in Degersheim die Zahnbürsten auch selber her.
ren könnte», erklärt Zavalloni die Ausgangslage. «Vergeblich». Der Zufall wollte
es, dass Curaden Gebäude und Land eines ihrer Lieferanten übernehmen konnte.
So begann vor rund zwei Jahren, was Ueli
Breitschmid, der Inhaber der Curaden
Gruppe, in der Vergangenheit immer explizit ausgeschlossen hatte: nämlich selber zu produzieren.
Bilder: Monique Wittwer
Voll automatisierte Prozesse
sind ein Muss
Das Curaplast-Team.
Marianne Flury
Dass im Hochlohnland Schweiz Produktionsbetriebe gegründet werden, ist besonders nach dem «Frankenschock» im Januar
dieses Jahres alles andere als selbstverständlich. Umso erfreulicher ist es, dass
seit August die Produktion von Zahnbürsten der Marke Curaprox in Degersheim
auf Volltouren läuft. Sieben Arbeitsplätze
wurden geschaffen, geplant ist die Produktion von 12 Millionen Zahnbürsten im
Jahr. «An den bestehenden Aufträgen
nach Ebnat-Kappel wird sich nichts ändern», versichert Marco Zavalloni, CEO
der Curaplast AG und COO der Curaden
AG.
Die Idee für den Bau einer eigenen Betriebsstätte reifte aus dem Wunsch heraus, die Abhängigkeit von einem einzigen
Hersteller zu vermindern, sprich das
Klumpenrisiko zu verteilen und die Lie4
fersicherheit zu erhöhen. «Wir suchten im
Vorfeld über ein Jahr lang nach einem
geeigneten Partner, der für uns produzie-
Durchgeführte Analysen und Rechnungsmodelle zeigten schnell, dass die neu gegründete Curaplast AG nur wirtschaftlich
produzieren kann, wenn sie voll auf Automation setzt. Dem wurde Rechnung getragen. Neben vollautomatisierten Verarbeitungsprozessen sind die Werkzeuge mit 32
Kavitäten sehr hoch ausgelegt. Diese müssen äusserst präzise aufgebaut sein, damit
die häufigen Farbwechsel – rund 24 verschiedene Farben sind im Einsatz – schnell
durchgeführt werden können.
Zwei, die sich vertrauen: Inhaber Ueli Breitschmid (r.) hat seinem Geschäftsführer Marco
Zavalloni beim Aufbau der Curaplast AG freie Hand gelassen.
11/2015
KUNSTSTOFF XTRA
FOKUS
5460 Borsten auf einem
Zahnbürstenkopf
Zwei Silos mit einem Fassungsvermögen
von je 24 Tonnen sorgen dafür, dass das
mit Lastwagen angelieferte Granulat chargengetrennt gelagert werden kann. Über
ein Programm wird eingegeben, welcher
Typ von Zahnbürste produziert werden
soll. Die Zahnbürsten werden (ohne
Borsten) auf einem hybriden Allrounder
(Schliesskraft 4000 kN) von Arburg gespritzt und anschliessend mit einem
Handlinggerät auf Trays abgelegt. Diese
durchlaufen einen speziell konzipierten
«Klimaschrank», um abzukühlen. Nachdem die Zahnbürsten vom Handlinggerät
auf dem Tray gewendet wurden, erfolgt
die Prägung – ein Schweizerkreuz und
die Typenbezeichnung. Griff und Prägung
werden anschliessend mittels einer Kamera vollautomatisch kontrolliert.
Weiter geht es zur Beborstung. Je nach
Wunsch werden die Borsten mit Schweizerkreuz, mit Herzen oder Wappen, zweidrei- oder vierfarbig gestaltet – der Vielfalt der Motive ist fast keine Grenze
gesetzt. Eine Zahnbürste hat bis zu 5460
Borsten, die auf die gewünschte Höhe
gefräst und abgerundet werden. Eine Kamerakontrolle sorgt dafür, dass die
Schlechtteile automatisch aussortiert
werden. Der Zahnbürstenkopf der Gutteile erhält einen Köcher übergestülpt und
wird dann der Tiefziehmaschine zugeführt, wo das Ganze verpackt, geschweisst und mit den verschiedenen
Ländercodes versehen wird.
Insgesamt wurden 10,7 Mio. CHF in das
Gebäude und in Maschinen und Geräte
investiert. «Mit der Anlage können wir
einschichtig mit sieben Personen 12 Mio.
Vision Control: Die Zahnbürsten durchlaufen eine Kamerakontrolle, bevor sie verpackt
werden.
Stück produzieren. In der Spritzerei arbeiten wir dreischichtig (davon zwei Geisterschichten), bei den Borsten einschichtig»,
erklärt Zavalloni. «Mit einer zweiten Produktionsanlage und sechs weiteren Mitarbeitern können wir die Jahresproduktion auf 30 Mio. Zahnbürsten steigern.»
Die mengenmässig zweistelligen jährlichen Wachstumsraten stimmen den Geschäftsführer zuversichtlich, diese Mengen
mittelfristig auch absetzen zu können, und
dies wie bereits erwähnt, ohne an den
bestehenden Lieferverträgen mit Ebnat zu
rütteln.
Dass es eng wird am neuen Produktionsstandort in Degersheim, darüber muss
sich die Curaden AG keine Sorgen machen. Das ganze Areal der früheren Paul
Schindler AG ist rund 5500 m2 gross. Die
aktuell genutzte Fläche von gut 1000 m2
ist durch die Maschinen, ein Labor, eine
kleine Werkstatt und ein technisches
Büro für Entwicklungsarbeiten zwar voll
belegt, doch ist der Ausbau um weitere
2000 m2 fest eingeplant. «Wir kommen
im Frühjahr 2016 mit einer komplett neuen und eigenentwickelten Produktefamilie auf den Markt», verrät Zavalloni. «Je
nachdem wie die Nachfrage ist, werden
wir die Planung steuern.»
Neue Produkte in der
Pipeline
Prägestation: Alle Prozesse sind präzise aufeinander abgestimmt.
11/2015
In Degersheim werden künftig nicht «nur»
1K-Zahnbürsten in Millionenstückzahl
vom Band gehen. Ende September wurde mit «Black is White» ein Produkt­
sortiment lanciert, bestehend aus einer
schwarzen Zahnpasta und einer elektrischen Zahnbürste mit einem speziell
konstruierten Bürstenkopf. Weitere innovative Produkte sollen folgen.
Für die Zukunft sieht Zavalloni grosse
Wachstumschancen. «Wir haben neue
Märkte erschlossen – Japan, Korea, Thailand, China – die Mengen werden gewaltig zunehmen», ist er überzeugt. Schon
heute sind die Zahnbürsten mit dem
Schweizer Kreuz und den individuellen
Bürstenmotiven beispielsweise in Tschechien, aber auch in Brasilien ein Hype.
«Es ist cool, eine Curaprox-Zahnbürste zu
haben», so Zavalloni.
Curaden AG, Kriens
Die Curaplast AG ist eine 100 %ige Tochter der Curaden AG. Diese gehört zur
Breitschmid Gruppe, ein Firmenkonglomerat in Familienbesitz mit Unternehmen
aus den Bereichen Industrie, Life Science
und Immobilien. Die Curaden führt verschiedenste Produkte für die Zahnpflege
in ihrem Portfolio. Sie ist in 60 Ländern
tätig (15 eigene Firmen, 45 Distributoren) und produziert in Italien (Zahnseide,
Dentalsticks, u.ä.) und in der Schweiz
(Zahnbürsten).
Kontakt
Curaplast AG
Sportplatzstrasse 2
CH-9113 Degersheim
Telefon +41 (0)71 371 17 56
www.curaplast.ch
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