journal - TÜV Süd

TÜV SÜD
JOURNAL
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ZU
Editorial
LIEBE LESERINNEN
UND LESER,
seit mehr als einem Jahrhundert beschäftigt sich TÜV SÜD mit Fragen der
Mobilität. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts prüften süddeutsche Dampfkesselrevisionsvereine – Vorläufer des heutigen TÜV SÜD-Konzerns –
sogenannte Lokomobile, also dampfbetriebene Fahrzeuge. Ab 1906 kam
die technische Überwachung von Autos und Motorrädern dazu. Mit ihren
Tests und ihrer Expertise sorgten die Ingenieure des damaligen TÜV für
mehr Sicherheit im Verkehr und hatten damit einen großen Anteil daran,
neuen Technologien zur Akzeptanz in der Gesellschaft und damit zum
Durchbruch zu verhelfen.
Mobilität ist bis heute eines der zentralen Themen unseres Unternehmens:
auf der Straße ebenso wie auf der Schiene, für individuelle Lösungen genauso wie bei Fragen des Massentransports.
Wir sorgen nicht nur bei bestehenden
Technologien für Sicherheit, sondern
begleiten auch neue Entwicklungen wie
die E-Mobilität, automatisiertes Fahren
oder die zunehmende Vernetzung von
Jetzt downloaden unter www.tuev-sued.de/journal
Fahrzeugen.
TÜV SÜD Journal-App
für Android und iOS:
Unsere Titelgeschichte zur Zukunft des Bahnfahrens zeigt Ihnen, wohin
in den nächsten Jahren die Reise auf der Schiene gehen könnte. Das
entscheidende Stichwort lautet auch hier: Digitalisierung. Die Ideen, um
diese Form der Mobilität attraktiver zu gestalten, sind vielfältig. Wie in
der Vergangenheit wird sich TÜV SÜD auch künftig intensiv einbringen, um
neue Technologien sicher und zukunftsfähig zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr.-Ing. Axel Stepken
Vorsitzender des Vorstands der TÜV SÜD AG
2 TÜV SÜD Journal
Inhalt
#06
TITELSTORY
Die Bahn erfindet das Fernreisen neu,
um gegen neue Wettbewerber und
Geschäftsmodelle wie Uber, Carsharing
und Fernbusse zu bestehen.
Auf die
Auf dem
Auf den
PROBE
WEG
PUNKT
Was treibt Menschen weltweit um? Wir
nehmen technische und gesellschaftliche
Entwicklungen unter die Lupe.
Die Welt von morgen im Blick:
Diese Innovationen könnten schon bald
unser Leben prägen.
Nachgefragt! Unsere »Mehrwert«-Seiten
machen komplexe Zusammenhänge leicht
verständlich.
#16 Back to the Future
Vor 26 Jahren schickte Regisseur Robert
Zemeckis den Teenager Marty McFly in
die Zukunft – zum 21. Oktober 2015. Mit
erstaunlich präzisen Zukunftsvorhersagen.
#22 Rein ins Vergnügen
TÜV SÜD ist weltweit führend bei der Prüfung
von Freizeitparks und Volksfesten. Der Konzern
kann dabei auf mehr als ein Jahrhundert Erfahrung zurückblicken.
#28 Drehstrom aus dem Meer
Wie installiert man eine Windenergieanlage auf
hoher See? Und wie baut man sie so stabil, dass
sie Wind und Wellen standhält? Eine Anleitung
in sieben Schritten.
#20 Erfindergeist
Der Technikphilosoph Gerhard Banse, Präsident
der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu
Berlin, über technischen Fortschritt, Fantasie
und alte Träume der Menschheit.
#24 Berufe von morgen
Roboter-Berater, Einfachheitsexperte, Telechirurg: Die Digitalisierung wirbelt die Welt der
Arbeit durcheinander. Welche Jobs verschwinden und welche neu entstehen werden.
#30 Ratgeber Zelte
Spass oder nass, kuschlig oder muffig? Bei
Zeltkauf, -pflege und Zubehör entscheiden
manchmal Details über Lust oder Frust. Fünf
Tipps, worauf es bei(m) Zelten ankommt.
#4 TÜV SÜD im Bild
#14 5 Minuten mit TÜV SÜD
#27 Vor Ort
#31 Termine/Impressum
#32 5 Minuten mit TÜV SÜD
#34 Zu guter Letzt
TÜV SÜD Journal 3
TÜV SÜD im Bild
Erfrischendes
ABENTEUER
Alle Mann an Bord? Sommer, Sonne, blauer Himmel – perfekte Bedingungen für eine
Spritztour auf dem Wasser. Und schon geht‘s mit dem Schlauchboot zum nächsten Fluss oder See.
Ein Paddelschlag rechts, einer links – in Teamarbeit geht es den Wildwasserbach hinunter oder zur
nächsten Bucht. Je höher die Wellen, je stärker die Strömung, desto mehr Adrenalin! Damit die Wildwasserfahrt ebenso wie die Paddeltour auf dem Baggersee möglichst ein Erlebnis ohne Risiko wird,
sind die Spezialisten von TÜV SÜD Product Service das ganze Jahr im Einsatz: Im Hamburger Labor
prüfen Michael Rann und seine Kollegen jährlich rund 100 (aufblasbare) Boote, Kajaks und andere
Freizeitprodukte für den Gebrauch im und auf dem Wasser. Typische hier entdeckte Mängel sind etwa
undichte Druckkammern oder ungenaue, meist zu hoch angegebene Traglasten. Der Höhepunkt der
Prüfung ist der Praxistest auf dem Wasser. »Dieser erfolgt in Hamburg am Hafen Oortkaten oder auf
dem Hohendeicher See – zu jeder Jahreszeit«, so Rann. »Da kann es schon mal vorkommen, dass wir
Boote für die Sommersaison im Winter bei kräftigem Schneetreiben prüfen. Das sind Momente, die
einem definitiv in Erinnerung bleiben.«
Mehr Infos: www.tuev-sued.de/inflatables
4 TÜV SÜD Journal
TÜV
TÜV SÜD
SÜD im
im Bild
Bild
TÜV SÜD Journal 5
Titelstory
MUT ZUR
ZU(G)KUNFT
Die Reisebranche ist im Umbruch: Um gegen die Konkurrenz aus Uber,
Carsharing und Fernbussen zu bestehen, setzt die Bahn auf neue
Angebote. Die sollen die Passagiere schon bei der Planung abholen.
Text: Timour Chafik
Illustrationen: Skizzomat
MEHR ZUM THEMA
IN UNSERER MAGAZIN-APP
I
n einem Münchner Hinterhaus, gerade
einmal 500 Meter entfernt vom Hauptbahnhof, erzählt der Industriedesigner
Gerhardt Kellermann davon, wie er sich
eine erfolgreiche Zukunft der Bahn vorstellt.
Und dieser Erfolg liegt in der Liebe zum Detail. Zum Beispiel diese kleinen, drei Millimeter tiefen, kreisrunden Einkerbungen in den
Klapptischen. Könnte man die nicht »aufrüs6 TÜV SÜD Journal
Titelstory
ten«? Mit induktiven Ladeflächen für Smartphone & Co., die passten da doch prima hin.
Und diese weißen Kopfhalter in den ICEs. Da
gäbe es doch eine andere Lösung, nämlich verstellbare Kopfstützen aus flexiblem Kunststoff,
leicht zu reinigen und stufenlos verstellbar!
Kellermann betont: »Es wäre ein Leichtes, die an die bestehenden Sitze anzufügen,
die ließen sich auch nach Bedarf einknicken
und böten dann durch die langen ›Ohren‹ ein
gewisses Maß an Privatsphäre.« Oder, dann
doch deutlich über Details hinausgedacht,
separate »Frischluftabteile« mit Panoramadächern, durch die der Wind weht – je nach
Tempo mal mehr, mal weniger. »Das wäre auf
langen Fahrten eine schöne Abwechslung«,
sagt der 31-Jährige, »und gäbe dem Reisenden
das authentische Bahnfahrgefühl zurück.«
TÜV SÜD Journal 7
Titelstory
TÜV SÜD Rail
Der Transport von Personen und Gütern an
ihre Bestimmungsorte ist die Kernaufgabe
der Bahnbranche in der globalen Wirtschaft. Der Erfolg der Branche hängt dabei
ganz maßgeblich von folgenden vier Faktoren ab: Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit,
Instandhaltbarkeit und Sicherheit.
Damit Reisende und ihr Gepäck zuverlässig und sicher ihren Zielort erreichen,
unterstützt TÜV SÜD Rail Hersteller, Betreiber und Behörden im Bahnbereich bei
der Erfüllung all dieser Kriterien. Das Unternehmen bietet seinen Kunden aus dem
Bahnsektor ein umfassendes Leistungsportfolio in den Bereichen Beratung, Engineering, Prüfung, Zertifizierung und Training für konventionelle Schienenfahrzeuge,
Hochgeschwindigkeitszüge, U-Bahnen und
Leichtschienenfahrzeuge.
Bahnreisen als Erlebnis von Technik
und Design: Einchecken per Körperscan,
Fenster als Bildschirme, ergonomische,
drehbare Sessel, Preis- und Fahrplanvergleiche via App – und Photovoltaik-Folien
liefern den Strom.
8 TÜV SÜD Journal
Titelstory
Planung per App
Der Münchner Industriedesigner nennt seine Ideen »Add-ons« oder einfach nur »Pflaster«. Es sind Lösungen, die das bestehende
Interieur der Züge nutzen, ohne dabei auf
aufwendige Neuentwicklungen und hohe
Investitionen setzen zu müssen. Module für
ein »ökonomisches Konzept zur Aufwertung
und Modernisierung bestehender Züge«.
Im vergangenen Jahr hat Kellermann seine
»Pflaster« auf der weltgrößten Verkehrstechnik-Messe InnoTrans in Berlin vorgestellt.
Die Deutsche Bahn prüft solche Vorschläge
immer wieder interessiert, hat aber derzeit
womöglich noch andere Prioritäten, etwa
die Installation eines kostenlosen WLANAngebots in ihren Zügen.
Wer heute in Köln, Barcelona, Hongkong
oder St. Petersburg in einen Zug steigt, betritt mit großer Wahrscheinlichkeit einen vor
geraumer Zeit entworfenen und entwickelten
Hochgeschwindigkeitsbaukasten. In Köln
heißt er ICE, in Barcelona Velaro E, in Hongkong CRH3, in St. Petersburg Sapsan. Doch
wie man sie auch nennt, in der Anschaffung
sind Züge überall auf der Welt teuer, und damit sie sich auch überall auf der Welt rechnen,
sind sie auf jahrzehntelange Laufzeiten ausgelegt. »Die Fahrzeuge, die heute ausgeliefert
werden, wurden vor 15 Jahren geplant und
entwickelt«, sagt Professor Andreas Knie,
Geschäftsführer des Berliner Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen
Wandel, InnoZ. Eine Ewigkeit im Zeitalter
allgegenwärtiger Bits & Bytes, Big Data und
dem Internet der Dinge.
Denn wer hat zur Jahrtausendwende schon
damit gerechnet, dass Smartphone und
Tablet ein »Outernet« ermöglichen, einen
»Always-on-Lifestyle« schaffen, losgelöst
Schiene
»Der Verkehrsträger
muss seine
Sinnhaftigkeit in einer modernen Gesellschaft neu definieren«
– Professor Andreas Knie, Innovationszentrum für Mobilität
und gesellschaftlichen Wandel, InnoZ
vom heimischen Rechner? Dass Reisende die
Wahl haben werden zwischen Carsharing,
Fernreisebus oder alternativen Mitfahrgelegenheiten im Uber-Stil? Und dass diese
Wahl nicht mehr im Reisebüro entschieden wird, sondern nach sekundenschnellen
Preis- und Zeitvergleichen via App? »Vor
diesem Hintergrund ist die Bahn Opfer ihrer
langphasigen Planungsvorläufe«, so Knie.
Fenster als Bildschirm
Dabei könnte der Zug zur Zukunft so schön
sein: Da schnurrt das mobile Endgerät des
Pendlers schon vor dem Frühstück und
empfiehlt die intelligenteste, schnellste und
klimafreundlichste Verbindung zum Arbeitsplatz. Auf dem Weg zum Verkehrsknoten
Bahnhof nutzt der Reisende also ein E-Bike,
wird durch die helle Bahnhofshalle smart und
bequem zu Gleis, Waggon und Sitzplatz geleitet, an dem ein ebenso drehbarer wie ergonomischer Stuhl wartet, der sich mit einem kurzen Handschwenk zur Fensterfront ausrichten
lässt. Die ist aber nicht nur Fenster und – dank
Photovoltaik-Folie – Stromerzeuger, sondern
auch Bildschirm, an dem Passagiere arbeiten
oder das aktuelle TV-Programm streamen
können. Der Pendler bemerkt den Schaffner gar nicht, denn den gibt es nicht mehr:
Das Check-in in den Zug war ohnehin nur
möglich, nachdem ein Ganzkörperscan den
Reisenden und zugleich die Gültigkeit seiner
mobilen Bordkarte erfasst hat. Auf dieser sind
diverse persönliche Präferenzen hinterlegt –
auf dem Weg zur fahrerlosen U-Bahn am
Zielbahnhof wird »Pendler Zero« daher genau
an den Shoppingangeboten vorbeigelotst, die
seinen Einkaufsvorlieben entsprechen.
Zukunftsfantasie, sicher. Doch die Fantasien haben durchaus Potenzial, auch wenn
sie paradoxerweise zeigen: Wie immer auch
die schienengebundene Mobilität der Zukunft aussehen mag, sie kann nur dann bei
den Passagieren punkten, wenn sie über die
Schiene hinausdenkt. »Dazu braucht es keine
Augmented-Reality-Anwendungen auf den
Waggonfenstern«, sagt InnoZ-Geschäftsführer Andreas Knie, »dazu müssen wir
schlichtweg die Angebote der Bahn wieder
in die Köpfe der Menschen bekommen.«
Drei Bücher, ein Thema: Die Mobilität von morgen
Sustainable Railway Futures Ein
Mobilität aus
Kundensicht Wie
Tourismus Report
2015 Ein Einblick in die
Überblick zur Bedeutung der
Eisenbahnen vor dem Hintergrund nachhaltiger Mobilität:
Wie lässt sich die Schiene
dauerhaft als moderner Verkehrsträger »revitalisieren«?
Ashgate Pub Co., 261 Seiten
Kunden ihren Mobilitätsbedarf decken und über das
Mobilitätsangebot denken.
Erkenntnisse aus Tiefeninterviews mit 24 Mobilitätsnutzern und -experten.
Springer Gabler, 148 Seiten
Bedürfnisse der Reisenden
von morgen, der Branchenprofis Anregungen zur
Entwicklung neuer Produkte,
Dienstleistungen und
Geschäftsmodelle bieten will.
Zukunftsinstitut, 120 Seiten
TÜV SÜD Journal 9
Titelstory
Die werden immer anspruchsvoller: Sie wollen die Verkehrsmittel Bahn, Auto, Flugzeug
und Fernreisebus miteinander kombinieren,
ohne sich schon lange im Voraus auf ein Verkehrsmittel festlegen zu müssen. Sie wollen
die »letzte Meile«, den Mobilitätsgraben zwischen zentralem Verkehrsknotenpunkt und
dem eigenen Zuhause, möglichst ohne großen Aufwand überbrücken. Location-BasedServices sollen dabei helfen, Wartezeiten so
angenehm, sinnvoll und kurz wie möglich
zu gestalten.
Und das möglichst in einer smarten Umgebung. Bahnhöfe sollen wieder als »Mobilitätskathedralen« wahrgenommen werden,
als »Mobility Hubs« mit einem Infrastrukturund Dienstleistungsangebot, das dem moderner Einkaufszentren und Flughäfen in nichts
nachsteht. »Der Verkehrsträger Schiene hat
seine hohe Leistungsfähigkeit im 19. und 20.
Jahrhundert bewiesen, heute muss er seine
Sinnhaftigkeit in einer modernen Gesellschaft neu definieren«, so Andreas Knie. Die
Schiene sei nicht mehr Grundversorgungs-,
sondern Ergänzungsmittel.
Google auf dem Gleis
Was die Bahn braucht, ist eine neue Gründerzeit. Sie hat das erkannt und Anfang 2015 ein
DB Mobility Lab in Frankfurt eingerichtet –
ein Zukunftslabor mit Start-up-Atmosphäre,
in dem die Mobilität von morgen erforscht
und in konkreten Anwendungen wie Sitzplatzreservierungen per App in Regionalzügen oder neuen Lichtkonzepten münden soll
(siehe Standpunkt S. 12). »Stay hungry, stay
foolish«, das berühmte Stanford-Zitat des
Apple-Gründers Steve Jobs, darf da nicht fehlen, bringt ein bisschen Silicon-Valley-Feeling
an den Main.
Die Bahn, sie schreibt im Sommer 2015
einen »DB Pitch Infrastructure 4.0« für
Start-ups aus, ein bahneigenes Inkubatorprogramm. Motto: »Facilitating the integration of
external innovations for DB Infrastructure«.
Fünf Minuten darf jedes Bewerberteam vor
Bahnvertretern seine Businessidee vorstellen, natürlich im Berliner Co-Working-Space
»betahaus« in Kreuzberg. Wer überzeugt, der
bekommt drei Monate Zeit, ein Bahn-Mentoring und 25.000 Euro Startkapital, um seine
Idee weiterzuentwickeln.
Das ist ein bisschen wie »Google auf dem
Gleis«: hip, jung, hungrig, verrückt. Wer im
10 TÜV SÜD Journal
mobil
»Man ist nicht
, um ins Zentrum zu kommen, sondern wo man mobil ist, ist das Zentrum« – Zitat aus
einer Studie des schweizerischen Gottlieb Duttweiler Instituts
Jargon bleiben möchte, der fügt dem noch
hinzu: adaptiv, teilbar, personal, social. Die
Studie »Mobilität 2025 – Unterwegs in der
Zukunft«, die das Gottlieb Duttweiler Institut GDI im Auftrag der Schweizerischen
Bundesbahnen SBB erstellt hat, umreißt
es so: »Der Reisende wird sich nicht mehr
in dem Ausmaß wie heute dem System anpassen, sondern das System ist so vielseitig
und flexibel nutz- und kombinierbar, dass
es den Anschein macht, als passe es sich
dem Nutzenden an.« Man kennt das: Facebook, Google & Co. arbeiten nach denselben Prinzipien, nur frei von jeglichen infrastrukturellen Zwängen. Das System Schiene
hingegen ist nur in seinen Systemgrenzen
leistungsfähig.
Was nicht unbedingt ein Hemmnis sein
muss: »Man ist nicht mobil, um ins Zentrum
zu kommen, sondern wo man mobil ist, ist
das Zentrum«, glaubt das GDI. So würden
neue Orte entstehen, um den Reisenden auf
ihren intermodalen Reisewegen die Unterstützung zu bieten, die sie brauchen. Was
zählt, ist weniger die bauliche Hülle eines
Gründerzeitbahnhofs oder ein vor 15 Jahren
entwickelter ICE-Waggon; was zählt, ist das,
womit diese neutrale Hülle von Verkehrsinfrastrukturen gefüllt werden wird: Buchungs-, Abrechnungs- und Vergleichsportale sind dabei mittlerweile selbstverständlicher
Stand der Technik, »Hygienefaktoren«, die als
gesetzt gelten und von neuen Wettbewerbern
wie Carsharing- und Fernbusanbietern via
Smartphone und Tablet mindestens genauso
gut bespielt werden.
Die Herausforderung wird es vielmehr
sein, neue Services ohne großen Aufwand
und quasi »en passant«, auf dem Weg, einzuführen. Services, die das »Ergänzungsmittel
Zug« zum Erlebnisort und den Hauptbahnhof zum neuen sozialen Treffpunkt in einer
Welt machen könnten, die als immer virtueller wahrgenommen wird.
Schaltzentrale Smartphone
Es ist aber auch eine Welt fehlender Fahrradbügel, ausfallender Klimaanlagen, unterirdischer Fußgängerpassagen in nacktem Stein
und grellem Kunstlicht. Eine Welt der Hochgeschwindigkeit, die durch Verspätungen
und Streiks manchmal ausgebremst wird. Es
ist eine Welt, in der sich Stararchitekten wie
Santiago Calatrava von einer sich räkelnden
Frau inspirieren lassen und ihrer Inspiration
im belgischen Bahnhof Liège-Guillemins mit
jeder Menge Stahl, Beton und Glas Ausdruck
verleihen. Aber auch eine Welt, die sich knapp
25 Kilometer weiter östlich am Bahnhof
Eupen von ihrer – vorsichtig ausgedrückt–
eher funktionalen Seite zeigt.
Entscheidend für die Zukunft der Bahn wie
auch anderer Mobilitätsdienstleister wird sein,
dass sie sich so miteinander vernetzen, dass dem
Reisenden eine funktionierende Infrastruktur
geboten werden kann. Klingt selbstverständlich, ist aber wettbewerbsentscheidend: Die
Wahl, ob er mit dem Fernbus, dem Zug, dem
E-Bike oder per Uber zum Ziel kommt, trifft
er ebenso intuitiv wie situativ via Smartphone.
»Wer das beherrscht, der kann die Kunden begeistern«, glaubt Professor Andreas Knie vom
InnoZ. Vorausgesetzt, der Smartphone-Akku
ist geladen – vielleicht irgendwann auch mal
über eine induktive Ladefläche, eingebaut im
Klapptisch des Vordersitzes.
Mehr Infos zum Thema:
www.tuev-sued.de/rail
Titelstory
Von Wettbewerbern umzingelt: Die Bahn muss
die Transformation des Massenverkehrs mitgestalten. Neue Dienste und Angebote wie Uber,
Carsharing und Fernreisen per Bus kommen bei
Reisenden gut an.
TÜV SÜD Journal 11
Standpunkte
W as sind die Mobilitätstrends der Zukunft? Wie möchten wir gegenüber unseren
Kunden auftreten? Und wie
müssen sich die Rahmenbedingungen dafür ändern? Das sind die Kernpunkte unserer Strategie »Mobilität 4.0«, die
unter anderem in unserem Mobility Lab in
Frankfurt am Main bearbeitet werden. Unser Ziel: Prototypen für neue Produkte und
Services entwickeln und somit als »Lotse«
im Produktentwicklungsprozess der Deutschen Bahn wirken. Aber: Wir sind kein exklusives Forschungslabor, das dem ganzen
Bahnkonzern Empfehlungen aufdrücken
und ihn transformieren will. Wir sind eine
Keimzelle, die auch erst einmal in Details
denkt. Beispiel »Süwex-App«: Die App haben
wir für das von der DB Regio AG betriebene
Regionalexpress-Netz Südwest entwickelt.
Damit können sich Stammgäste, also Pendler, einen Sitzplatz reservieren. Zugegeben,
das ist keine Raketenwissenschaft, aber es
geht uns auch gar nicht darum, mit unseren
Visionen zwanzig Jahre in die Zukunft zu
fahren. Im Gegenteil: Es geht uns vor allem
darum, aktuellen Kundenanforderungen zu
entsprechen, unsere Antwort darauf schnell
und smart zu erproben und bei Erfolg dann
auszubauen. Es geht uns aber auch darum,
zu verstehen, dass künftige Reisebegleitungssysteme in der Zukunft ganz anders
funktionieren werden. Das bedeutet: Die
Deutsche Bahn ist schon heute nicht mehr
nur der Transporteur von Bahnhof zu Bahnhof, sondern begreift sich als umfassendes
Mobilitätsunternehmen – für eine ideale
Mobilitätskette, die von Haustür zu Haustür reicht.
»Die Deutsche Bahn begreift
sich als Mobilitätsunternehmen –
für eine Mobilitätskette
von Haustür zu Haustür.«
STANDKerstin Hartmann,
Leiterin des im Herbst 2014 gegründeten Mobility Lab der Deutschen Bahn
BAHN? BUS?
Wer auf der Strecke bleibt
12 TÜV SÜD Journal
Standpunkte
»Am Ende des Tages muss es
einen geben, der Federn
lassen wird: der motorisierte
Individualverkehr.«
PUNKTE
Matthias Schröter,
Sprecher des Bundesverbands Deutsche Omnibusunternehmer BDO
K
onkurrenz belebt
das Geschäft, und
der Fernbus hat
mit der Liberalisierung des
inländischen Fernbuslinienverkehrs zum 1. Januar 2013
den Wettbewerb im Personenfernverkehr
erst möglich gemacht. Vorher gab es ja nur
die Bahn, jetzt gibt es auch uns: Im ersten
Jahr der Liberalisierung konnten wir acht
Millionen, im vergangenen Jahr 19 Millionen Passagiere befördern. Darauf sind wir
stolz, wissen aber auch, dass wir die Kirche
im Dorf lassen müssen. Im Fernverkehr
befördert die Bahn mehr als 130 Millionen
Menschen pro Jahr. Dennoch: Auch wenn
wir vielleicht nur ein kleines Rädchen sind,
ist damit ein ganzes System in Bewegung geraten. Der Fernbus ist eine Nische für Menschen, die es sich vorher vielleicht nicht leisten konnten, eine Reise anzutreten, und die
auch nicht in erster Linie darauf angewiesen
sind, schnell von A nach B zu kommen. Die
aber unser Angebot, unsere Mischung aus
Komfort, Preis und einfacher Buchbarkeit
gerne annehmen. Und ja: Wir haben funktionierende WLAN-Netze an Bord!
Aber auch die Bahn wird weitere Rekordzahlen im Fernlinienverkehr mit Passagieren verzeichnen können. Letztlich hat
die Liberalisierung auch bei der DB einen
Innovationsschub in Gang gesetzt. Alle internationalen Vergleiche zeigen zudem, dass
nach einer Liberalisierung des Fernverkehrs
mehr Reisende Bus und Bahn nutzen als davor. Und weil wir uns nicht in einem System
kommunizierender Röhren bewegen, muss
es am Ende des Tages einen geben, der Federn lassen wird: der motorisierte Individualverkehr.«
Die Liberalisierung des Fernreiseverkehrs hat vor allem einen Gewinner – den Reisenden. Aber auch die
Deutsche Bahn und die Busunternehmen profitieren. Beide können sich über steigende Passagierzahlen freuen.
Und beide werden nur dann weiterhin erfolgreich sein können, wenn sie innovativ sind.
TÜV SÜD Journal 13
5 Minuten
"OFSLBOOUFS;FSUJ҄[JFSFSG¼S
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TÜV SÜD ist vom internationalen Industrieverband Zhaga
anerkannt worden, an seinen Standorten München und
Shenzhen Zertifizierungen von LED-Modulen und Fassungen
nach den Zhaga-Vorgaben zu prüfen und zu zertifizieren. Das
Regelwerk gibt weltweit Spezifikationen bezüglich Größe,
Mechanik, photometrischer und thermischer Eigenschaften
für LEDs vor, um diese austauschbar zu machen.
TÜV SÜD begleitet den Bau des neuen Offshore-Windparks Nordsee One rund 40 Kilometer vor der Nordseeinsel
Juist. Das Unternehmen wird die Implementierungsphase
zertifizieren und damit Fertigung, Transport, Errichtung und
Inbetriebnahme des Windparks bis zur Betriebsfreigabe
überwachen. Bis 2017 werden 54 Windenergieanlagen
mit einer Gesamtleistung von 332 Megawatt entstehen.
Durch die Verbesserung der Energieeffizienz können Industrieunternehmen ihre Kosten erheblich reduzieren. Das zeigt die
erste Auswertung des Online-Tools »Energieeffizienz-Check!«,
das im November 2014 von TÜV SÜD und ILF Beratende
Ingenieure gestartet wurde. Im Drei-Jahres-Zeitraum konnten
Unternehmen bis zu 700.000 Euro sparen. Mehr Infos unter
www.tuev-sued.de/is/ee-check
[email protected]
[email protected]
[email protected]
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TÜV SÜD baut seine Dienstleistungen rund um
Fahrzeugflotten aus: Seit Mai 2015 gehört das belgische Unternehmen TCOPlus und dessen Schwestergesellschaft FleetVision zum TÜV SÜD-Konzern.
Mit der Übernahme unterstreicht das Unternehmen
seinen Anspruch, Marktführer für Flottendienstleistungen auch über die Grenzen Europas hinaus
zu sein. »Die Software-Lösungen von TCOPlus und
FleetVision runden unser Dienstleistungsportfolio
perfekt ab. Sie ermöglichen Flottenmanagern, online
Steuereffekte zu simulieren und valide Voraussagen
für den Finanzbereich zu erstellen«, unterstreicht Rainer Laber (Bild, Mitte), verantwortlich für die Business Unit ›Flotte‹ der TÜV SÜD Gruppe. »Mit TCOPlus
im Boot können wir unsere Kunden jetzt also noch
umfassender dabei unterstützen, Einsparpotenziale
zu identifizieren und zu nutzen.« TCOPlus hält Mehrjahresverträge mit internationalen Großkunden
und bedient derzeit bereits 120.000 Fahrzeuge mit
Global Reporting und angewandten Flotten-Software-Lösungen. FleetVision stellt weltweit Beratungsleistungen für Flottenanalysen zur Verfügung.«
[email protected]
14 TÜV SÜD Journal
5
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Die Informations- und Kommunikationstechnologie hält Einzug in die Produktionsstätten. Die zunehmende Vernetzung der Produktion und die Verarbeitung großer
Datenmengen stellt Industrieunternehmen aber auch vor neue Herausforderungen.
Intelligente Produktionssysteme
sind anfälliger für feindliche Atta+FU[U LPTUFOMPT
cken, Sabotage und Spionage. In
einem White Paper mit dem Titel
»Managing security, safety and
unter www.tuev-sued.de/digital-service privacy in Smart Factories« hat
TÜV SÜD gemeinsam mit Munich
Network den aktuellen Kenntnisstand zusammengefasst und einen ManagementLeitfaden für Unternehmen entwickelt, die ihre Fabriken zu Smart Factories umbauen
wollen. Der Knackpunkt: Ein besonderes Sicherheitsrisiko gibt es immer dann, wenn
bestehende Produktionsstätten und Fertigungsanlagen mit neuen Kommunikationsmöglichkeiten und zusätzlicher »Intelligenz« nachgerüstet werden. In Ergänzung zur
Digitalen Agenda und zur Hightech-Strategie der deutschen Bundesregierung bietet
das White Paper hierzu praxisnahe Handlungsempfehlungen.
DOWNLOADEN
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5 Minuten
CharIn-Initiative fördert einheitliches Ladesystem
Eine Grundvoraussetzung für den Durchbruch von Elektroautos: Laden muss schnell sein
und noch einfacher als das Tanken von Benzin. Dazu haben sich nun führende OEM, Zulieferer
und TÜV SÜD in Berlin zur Charging Interface
Initiative (CharIN) zusammengeschlossen. Sie
Aktuell sind in Europa mehr als
wollen das Ladesystem Combined Charging
System (CCS) global fördern und weiterentLADESTATIONEN wickeln. Das System kombiniert das Laden
mit CSS im Einsatz.
mit Wechselstrom und das schnellere Gleichstromladen in einen einheitlichen Stecker, den
sogenannten Combo-Stecker. TÜV SÜD gehört europaweit zu den führenden Zertifizierern
von Ladestationen für Elektrofahrzeuge und setzt sich seit Jahren für global einheitlich hohe
Sicherheitsstandards in der Elektromobilität ein – beispielsweise mit einem globalen Netzwerk von Batterietestzentren oder als Partner der OEM in der Fahrzeugentwicklung.
TÜV SÜD Stiftung
unterstützt TU Dresden
1.000
[email protected]
Minuten
mit TÜV SÜD
Chemiesparte von TÜV SÜD
feiert 10-jähriges Jubiläum
80 Mitarbeiter – mit dieser Zahl startete
TÜV SÜD Chemie Service im Jahr 2005. Nun
feiert das Unternehmen, das aus den Eigenüberwachungen von Bayer, Dow Olefinverbund
und Hoechst hervorgegangen ist, sein zehnjähriges Bestehen. Heute unterstützen über 1.200
Mitarbeiter der Business Unit Chemical, Oil &
Gas an 30 Industriestandorten weltweit Anlagenbetreiber der Chemie- und Pharmaindustrie.
Zum Wachstum haben zahlreiche Unternehmenskäufe in den vergangenen Jahren beigetragen – zum Beispiel der US-amerikanischen
Prüfdienstleister PetroChem Inspection Services und RCI Consultants oder des schweizerischen Unternehmens Swissi Process Safety.
Die breite internationale Aufstellung ist dabei
einer der Erfolgsfaktoren: Über das weltweite
Netzwerk von TÜV SÜD werden Kunden auch
in neue Wachstumsmärkte wie China, Singapur
und Indien begleitet.
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Die TÜV SÜD Stiftung fördert die technische Sicherheit in allen Bereichen unserer Gesellschaft.
Unter anderem realisiert sie zahlreiche Projekte,
um junge Menschen für Technik und Naturwissenschaften zu begeistern sowie Ausbildung
und Studium zu optimieren. Eine neue, konkrete
Maßnahme: die Finanzierung der Visiting Professorships an der Technischen Universität Dresden.
Damit soll in den kommenden drei Jahren der
internationale wissenschaftliche Austausch in
den Ingenieurwissenschaften vertieft werden.
Zum Start im April 2015 konnte Prof. Masayoshi
Tomizuka von der University of California Berkeley
gewonnen werden – einer der renommiertesten
Wissenschaftler zur Automatisierungstechnik in
Fahrzeugen. Sein Aufenthalt wurde auch genutzt,
um die TU Dresden und die Universität Berkeley
besser zu vernetzen und gemeinsam an künftigen
Herausforderungen der Mobilität zu arbeiten.
Informationen zu den Visiting Professorships im
Internet unter www.tuev-sued-stiftung.de
[email protected]
,PPQFSBUJPOCFJ-&%;FSUJ҄[JFSVOHFOG¼S&VSPQB
Zukunftsweisende Kooperation: Samsung Electronics und unser Unternehmen haben in
Seoul (Südkorea) einen Vertrag über die Zertifizierung von LEDs für den europäischen Markt
unterzeichnet. Ziel dieser Vereinbarung ist, den weltweiten Kunden von Samsung Electronics,
die in ihren Produkten LED-Pakete und -Module von Samsung verbauen, einen gesicherten
Service zu gewähren. Kunden von Samsung profitieren dabei von reduzierten Kosten und einer Zeitersparnis bei Produktzertifizierungen für den europäischen Markt. Das Übereinkommen gilt für Samsung-Kunden weltweit, die Produkte für den europäischen Markt herstellen.
TÜV SÜD bietet im Bereich Lampen und Leuchten zahlreiche Dienstleistungen und Zertifizierungen
für einen weltweiten Marktzugang an. Darunter Sicherheitsprüfungen nach weltweit anerkannten
Standards, Prüfungen bezüglich der elektromagnetischen Verträglichkeit, auf chemische Anforderungen und hinsichtlich der Energieeffizienz und verschiedenster Leistungsparameter.
[email protected]
TÜV SÜD Journal 15
Auf die Probe
Vor 26 Jahren kam
m der Film
m »Zuurücck inn
diee Zukunfft II« in diee Kinnos – unnd zeiggte
den Zuschauerrn einee am
müsantee unnd
überrraschendee Viisioon dees Jahrres 20155.
Höchstee Zeit, einm
mal nacchzzusehhenn, was
davon Wirrklichhkeeit gewoorden isst.
In der Skateboard-Ära
der späten 80er-Jahre
wollte jeder Jugendliche
ein schwebendes
»Hoverboard« haben,
wie es im Film vorkam.
16 TÜV SÜD Journal
Auf die Probe
MEHR ZUM THEMA
IN UNSERER MAGAZIN-APP
Mittels zweier Elektromagneten lässt die amerikanische Firma
Arx Pax ihr »Hendo Hoverboard« über Metallflächen schweben.
Das Board soll noch in diesem Jahr auf den Markt kommen.
D
er 21. Oktober 2015 ist für Science-Fiction-Fans ein magisches Datum. Im zweiten Teil des Hollywood-Klassikers »Zurück in die Zukunft« reist die Hauptfigur Marty
McFly zusammen mit dem quirligen Erfinder Emmett
Brown aus dem Jahr 1989 an genau diesen Tag in der Zukunft. Seit
Monaten organisieren sich Fans im Internet, um am 21. Oktober
2015 zu feiern.
Nach der Zeitreise im fliegenden Sportwagen DeLorean – angetrieben von einem Biogasreaktor – findet sich Marty in einer fantastischen Welt wieder: 3-D-Kinos, sprechende Werbetafeln, überdimensionierte Flachbildschirme, schwebende Skateboards, Bezahlen
per Fingerabdruck, Drohnen, die Hunde Gassi führen, telefonieren
via Bildschirm, Schuhe, die sich automatisch selbst schließen, Datenbrillen – so haben sich die Filmemacher anno 1989 die Technologie des Jahres 2015 vorgestellt.
Um auf diese Ideen zu kommen, hatten Regisseur Robert
Zemeckis und Produzent Steven Spielberg acht Zukunftsberater für
»Zurück in die Zukunft II« engagiert – und die haben gute Arbeit geleistet. Sicher, das alles verändernde Internet existiert im Film nicht,
und manche Technik-Prognose ging daneben: So kommunizieren
wir heute kaum noch über Faxgeräte und Walkie-Talkies, Schuhe
müssen wir immer noch selbst zubinden, Autos fahren immer noch
mit Benzin oder Diesel, nicht mit Restmüll, und schwebende Skateboards ... na ja, warten wir es ab. Im Herbst will die US-Firma Arx
Pax das erste Modell eines »Hoverboards« auf den Markt bringen,
das mithilfe von Magnetfeldern einige Zentimeter über dem Boden
schwebt (siehe Bild oben).
Das TÜV SÜD Journal hat einmal nachgesehen, wo »Zurück in
die Zukunft II« und andere visionäre Filme und Romane mit ihren Prognosen richtig lagen, und welche Technologien oder Geräte
mittlerweile tatsächlich existieren. Für die Dinge, die es heute noch
nicht gibt, haben die Entwickler ja noch etwas Zeit. Spätestens bis
Mittwoch, den 21. Oktober 2015 – der Tag, an dem Marty McFly in
der Zukunft landet.
FASZINIEREND: SCIENCE FICTION – UND DIE WIRKLICHKEIT
1865: »Von der Erde zum Mond«
(Jules Verne) beschreibt eine fiktive
Landung auf dem Erdtrabanten.
1932: Erich Kästner beschreibt im Kinderbuch »Der 35. Mai« ein drahtloses Telefon
mit Sprachsteuerung.
1969
1973
Erste Mondlandung
Erstes Mobiltelefon von Motorola
1942: Isaac Asimov erwähnt
den Begriff »Robotik«, der einen ganzen Industriezweig prägen wird.
1973
Die Universität Tokio stellt
ersten humanoiden Roboter vor.
1932: »Schöne neue Welt« von
Aldous Huxley erscheint. Thema:
Embryonal-Anpassung
1983
Erste Verfahren zur pränatalen Diagnose
werden vorgestellt
TÜV SÜD Journal 17
Auf die Probe
DAS JAHR 2015: ROBERT ZEMECK
ZEMECKIS
UND UNSERE WELT
SELBSTSCHNÜRENDE SNEAKER
S
Im Film schlüpft Marty in Sneaker, die sich
von selbst schließen. 2011 stellt Nike einen
Sneaker vor, der dem aus dem Film bis ins Detail glich. Nur selbstschnürend war er
nicht. Im Oktober 2015 soll das Modell nun
tatsächlich als »Selbstschnürer« auf den
Markt kommen.
FLIEGENDE AUTOS
Im fliegenden DeLorean reist Marty McFly durch die Zeit. Die Firmen
Terrafugia und Aeromobil arbeiten an fliegenden Autos, haben bisher
aber nur Studien vorgestellt. www.terrafugia.com / www.aeromobil.com
HOLOGRAFIE UND 3-D-EFFEKTE
Als Marty im Film vor dem Kino auf
dem Rathausplatz seiner Heimatstadt
steht, schwebt das Hologramm eines weißen Hais auf ihn zu. Mit James Camerons
»Avatar – Aufbruch nach Pandora« (2009) hat
die 3-D-Technik Einzug in die Kinosäle dieser
Welt gehalten. Ohne 3-D-Brille wirken die
Hologramme aber nur verschwommen statt
zum Greifen nah.
SPRECHENDE PLAKATE
Auf den Straßen sprechen überdimensionale Billboards zu den Passanten. Seit Anfang 2015
gibt es tatsächlich erste Werbekampagnen mit Plakaten, die auf Menschen reagieren. So
hat ein Delikatessenhändler eine digitale Leinwand in Moskau mit einer Kamera ausstatten
lassen. Eine spezielle Software erkennt Polizeiuniformen und verändert daraufhin das Bild
zu russischen Delikatessen – sehr zur Belustigung ziviler Beobachter.
1979: In »Per Anhalter durch die
Galaxis« übersetzt der »Babelfisch« alle Sprachen in die eigene.
18 TÜV SÜD Journal
Im Fim »betankt« Doc Brown den DeLorean mit
alten Getränkedosen und Restmüll. Das geht
heute leider noch nicht. Für Autos gibt
es unter anderem Biogas- und
Elektroantriebe, aber keinen Müllreaktor.
2002: Eine Wischbewegung über
den Bildschirm ersetzt in »Minority
Report« die Computertastatur.
1987: In »Star Trek: Das nächste
Jahrhundert« entspannt die Mannschaft auf dem Holodeck.
2007
Forscher der Universität Tokio stellen eine Holografie vor, die Projektionen fühlbar macht.
2009
2000
Erste automatische Übersetzungsprogramme kommen auf den Markt.
MR. FUSION (MÜLLREAKTOR, DER DEN
DELOREAN ANTREIBT)
Markteinführung des iPhones
1977: Darth Vader und Obi-Wan Kenobi
kämpfen in »Krieg der Sterne« mit Lichtschwertern gegeneinander.
2013
Wissenschaftler behaupten, Photonen zu
fester Materie umwandeln zu können.
Auf die Probe
Neben der »Hovercam«, die ähnlich wie Googles Datenbrillen funktioniert (Bild oben links),
gab es im Film auch Brillen, mit denen man fernsehen konnte. Derzeit entwickelt Microsoft
mit »HoloLens« eine Computerbrille, die Computing, Holografie und Gaming integrieren wird.
1818: Das künstlich erschaffene Monster
aus Mary Shelley's »Frankenstein« gilt manchem Kulturforscher als erster »Cyborg«.
1966: Philip K. Dick kreiert in »Erinnerungen en gros«, der Vorlage für den Film »Total
Recall«, automatisch fahrende Fahrzeuge.
1940: »Robbie« von Isaac Asimov ist
2013
2014
2014
Der Berliner Cyborg-Verein hilft Menschen mit
Behinderung durch Hightech-Implantate.
Erste Tests mit selbstfahrenden
Autos werden vorgestellt.
Forscher der Uni Bielefeld lehren einen Roboter
zu »überlegen«, also Probleme situativ zu lösen.
die erste Geschichte über einen Roboter mit künstlichem Gehirn.
1966: Die erste Folge der Fernsehserie
»Star Trek – Raumschiff Enterprise« wird
ausgestrahlt. Das »Beamen« ist erfunden.
2014
Forscher der Uni Delft »beamen« (sic!)
Informationen von einem Teilchen auf
ein zweites, das drei Meter entfernt ist.
TÜV SÜD Journal 19
Auf die Probe
»WIR HABEN
DIESEN INNEREN
DRANG«
Der Technikphilosoph Gerhard Banse, Präsident der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin,
über technischen Fortschritt, die Visionen von Filmemachern – und Träume der Menschheit
Interview: Uli Pecher
Philosoph Banse: »Unsere
technische Welt ist immer
auch die Verwirklichung
von Fiktionen.«
20 TÜV SÜD Journal
Auf die Probe
Herr Professor Banse, wir erleben seit
einigen Hundert Jahren einen unglaublichen technologischen Fortschritt. Ist
auch ein Rückschritt möglich?
Seit es Menschen gibt, gibt es technologischen Fortschritt, der die Lebensbedingungen verbessert hat. Es gab allerdings auch
immer Entwicklungen, die abgebrochen
wurden, zum Beispiel aus ökonomischen
Gründen. Ich bin davon überzeugt, dass
der Mensch immer erfinderisch bleiben
wird. Wir haben diesen inneren Drang,
etwas auszuprobieren und Neues hervorzubringen. Im Grunde findet ständig eine
Ablösung von alten Technologien durch
neue statt. Denken Sie an das Faxgerät, an
den Energieträger Braunkohle, den Zweitaktmotor, an Propellerflugzeuge, die es
auch kaum noch gibt. Stattdessen haben wir
E-Mail und WhatsApp, Solar- und Windenergie, große Passagierjets. Nein, an einen
Rückschritt glaube ich nicht.
Kinofilme und Romane spielen immer
wieder eine durch Technologie verursachte Apokalypse durch. Macht uns
die Vernetzung verschiedenster Systeme – etwa Industrie, Kommunikation, Verkehr, Handel – verletzbarer
als die vormals getrennten Systeme?
Auf jeden Fall. Wir sprechen dann von
kritischen Infrastrukturen, also Flughäfen, Kraftwerke, Banken. Mit der
Abhängigkeit von technischen Systemen
steigt auch die Verletzbarkeit in unserer
Gesellschaft.
Welche Folgen wird die Digitalisierung haben?
Neben der Arbeitsverdichtung und Beschleunigung der Kommunikation wird der
Energiebedarf steigen. Wenn wir Bilder in
die Cloud laden oder twittern, steht irgendwo auf der Welt ein Rechner, der diese Daten
verarbeitet. Mancher Hochleistungsrechner
verbraucht so viel Strom wie ein Dorf.
Welche Schlüsseltechnologien sind
heute und morgen prägend?
Aus heutiger Warte sind das alle Technologien, die auf Halbleitern aufbauen. Hinzu
kommt die Nanotechnologie. Interessant
sind aber aus meiner Sicht nicht die einzelnen Technologien, sondern deren Zusammenwirken. Etwa von Nano-, Bio- und
Informationstechnologie sowie Kognitionswissenschaften. In der Wissenschaft und
in der Technik ist es oft so, dass die besten
Ergebnisse an den Grenzen bestimmter Disziplinen erzielt werden. Denken Sie an Biochemie, Biophysik, physikalische Chemie,
Computerlinguistik. Das Zusammenspiel
verschiedener Technologien ist das Entscheidende. Ein praktisches Beispiel dafür ist das
Berufsbild des Mechatronikers.
Vor Kurzem machte die Erdumrundung des Flugzeugs »Solar Impulse 2«
Schlagzeilen. Es trägt nur einen Piloten und wird von Sonnenenergie angetrieben. Wann werden große SolarPassagiermaschinen abheben?
Die entscheidende Frage lautet hier, ob es
uns gelingen wird, Solarelemente zu erfinden und zu bauen, die eine wesentlich höhere Energieausbeute haben. Und die Wirtschaftlichkeit spielt natürlich auch immer
eine Rolle. Aus technischer Sicht ist aber
fast alles machbar.
Viele mutige technologische Visionen werden von Schriftstellern oder
Filmemachern entworfen – und seltener von Technikern. Oder täuscht
dieser Eindruck?
Wenn wir in der Geschichte etwas weiter
zurückgehen, bis zu Leonardo Da Vinci, bestätigt sich dieser Eindruck nicht. Da Vinci war ja auch Ingenieur, der bereits erste
Pläne von Hubschraubern und Kettenfahrzeugen entwickelte. In der Gegenwart muss
man aber sehen, dass ein Großteil der Ingenieure auch Angestellte von großen und
kleineren Unternehmen sind. Das bedeutet, sie müssen viel früher als Schriftsteller
und Filmemacher an die Machbarkeit und
Wirtschaftlichkeit von Technologien denken. Schriftsteller, Drehbuchautoren und
Filmemacher müssen darauf nicht unbedingt achten. Ein gutes Beispiel dafür ist
eine uralte Komödie aus den 50er-Jahren
mit Heinz Rühmann: »Ein Mann geht durch
die Wand«. Rühmann kann also durch die
Wand zu seiner Nachbarin hinübergehen.
Abgesehen davon, dass dies naturgesetzlich
nicht möglich ist, fragt man sich als Techniker: Wieso fällt der denn nicht durch den
Fußboden durch?
Dennoch ist so manche Science-Fiction-Prognose wie zum Beispiel aus
dem Film »Back to the Future« mit
verblüffender Präzision wahr geworden. Ist unsere heutige Realität ein
Ergebnis von Fiktion?
Es gab in der Geschichte der Menschheit
immer Träume, die man unbedingt verwirklichen wollte – zum Beispiel den Traum
vom Fliegen. Das beginnt schon in der griechischen Mythologie mit der Sage von Dädalus und Ikarus. Technik ist immer das
Produkt einer Vorstellung und existiert zunächst nur als Gedanke, als Idee. So gesehen
ist gerade unsere technische Welt immer
auch die Verwirklichung von Fiktionen.
Mehr Informationen zum Thema Technik:
www.tuev-sued.de
Professor Gerhard
Banse
Seit mehr als vier Jahrzehnten forscht der Berliner (Jahrgang 1946) im
Grenzgebiet von Technik
und Philosophie. Zu seinen Schwerpunkten gehört das Verhältnis von
Mensch, Technik und Gesellschaft. Banse
war an rund 400 Veröffentlichungen zu
Themen wie Technik, Kultur und Digitalisierung als Herausgeber oder Autor beteiligt.
Nach einer langen akademischen Karriere,
u.a. an den Universitäten in Berlin, Cottbus,
Düsseldorf und Pennsylvania (USA), ist er
seit 2011 im Ruhestand. Dennoch ist er
weiterhin am Karlsruher Institut für Technologie tätig. Seit 2012 ist Banse Präsident
der Leibniz-Sozietät der Wissenschaften
zu Berlin, einer Gelehrtenvereinigung zur
Pflege und Förderung der Wissenschaften.
TÜV SÜD Journal 21
Auf dem Weg
TÜV SÜD-
AUF DEM
WEG
GENDE#22 FLIE
BAUTEN
EUE
#24 DIE N
WELT
ARBEITS
TÜV SÜD UND
DAS OKTOBERFEST
Mit den Ochsen fing alles an: Der Bayerische
Dampfkesselrevisionsverein, gegründet im Jahr
1870 und einer der Vorläufer von TÜV SÜD,
kam auf der Münchner Theresienwiese bereits
1881 zum Einsatz. Zu prüfen war die Dampflok,
die den zentnerschweren Drehspieß der neuen
Ochsenbraterei antrieb. Anlass war das VII.
Bundesschießen im Juli – und noch nicht das
Oktoberfest. Das kam vor 85 Jahren dazu:
1930 waren der Ingenieur Karl Croce und seine
Kollegen unter den ersten Wiesn-Besuchern,
um lange vor dem Festbeginn erstmals auch
Fahrgeschäfte zu prüfen, darunter drei Achterbahnen und drei Toboggans, auf denen die
Fahrgäste ihr Gleichgewicht auf Förderbändern
halten müssen. Es war der Startschuss für eine
Tätigkeit, für die TÜV SÜD zunächst in Deutschland und später auch weltweit eine einzigartige
Kompetenz entwickeln sollte.
REIN
VERGN
TÜV SÜD ist heute weltweit führend bei der Prüfung von Freizeitparks und
eine Tradition zurückblicken, die vor fast 150 Jahren mit der Grün
PRÜFEN, BIS DER
ARZT KOMMT
Seit den 1950er-Jahren hat sich die
Technik der Fahrgeschäfte rasant weiterentwickelt – sie wurden komplexer
und schneller: Bei der Prüfung besonders
rasanter Looping-Bahnen rechnen TÜV SÜDMitarbeiter heute nicht nur das Tragwerk
mit dem Computer durch, sondern
beziehen auch Ärzte in die Prüfung mit
ein. Immerhin brettern die Fahrgäste mit
dem Fünffachen ihres Körpergewichts
durch manchen Looping – das verträgt
nicht jjeder.
WELTWEITE
KOMPETENZ
Die Experten von TÜV SÜD prüfen
heute Freizeitparks und Volksfeste in aller
Welt. Eine bestandene Prüfung durch
TÜV SÜD gilt längst auch international
als Qualitätssiegel. Mit dem schönen
Ergebnis, dass der Geschäftsbereich
»Fliegende Bauten« als einer der ersten der
TÜV SÜD AG bereits im Jahr 2001 mehr
als die Hälfte seines Umsatzes außerhalb
Deutschlands erwirtschaftete.
22 TÜV SÜD Journal
Auf dem Weg
Historie:
INS
..
UGEN
ihrer Hightech-Attraktionen. Der Konzern kann dabei auf
dung der Dampfkesselrevisionsvereine begann.
KINDER?
ABER SICHER!
Wo gibt‘s Schnitzel mit Pommes, wo
sind die Toiletten, wo kriegen wir jetzt
ein Pflaster her? Das Zertifikat »Fit
for Kids« zeichnet besonders kinderfreundliche Freizeitparks aus. Neben
der Sicherheit der Fahrgeschäfte sind
viele weitere Kriterien wichtig, darunter kindgerechte Gastronomie und
Sanitäranlagen sowie eine kindgerechte Notfall- und Erste-Hilfe-Ausrüstung.
Für besonders nachhaltige und
umweltverträgliche Freizeitparks
bietet TÜV SÜD das Zertifikat »Green
Amusement Park« an.
HIGHLIGHTS AUS
30 JAHREN
WAS SIND EIGENTLICH
»FLIEGENDE BAUTEN«?
Hier fliegen nur die Fahrgäste durch die Luft, die
»Fliegenden Bauten« müssen fest und sicher am
Boden stehen. Dafür sorgt TÜV SÜD. Der Begriff
kommt aus dem Baurecht. »Fliegende Bauten« sind
»bauliche Anlagen, die geeignet und bestimmt
sind, an verschiedenen Orten wiederholt aufgestellt und abgebaut zu werden«. Dazu gehören zum
Beispiel Schaustellergeschäfte wie Riesenräder,
Achterbahnen, Karusselle und Autoscooter, aber
auch Tribünen, Zirkus- und Festzelte.
Mehr zum Thema:
www.tuev-sued.de/fliegende_bauten
Die schnellste, die größte, das höchste:
Zu den spektakulärsten Prüfaufträgen
für TÜV SÜD gehörten während der
letzten drei Jahrzehnte der »Thriller«
(1986), damals die größte transportable
Achterbahn der Welt, Disneyland Paris,
Legoland Günzburg, der Singapore
Flyer, das höchste Riesenrad der Welt,
der »Star Flyer« im Tivoli Kopenhagen
(2006), das höchste Kettenkarussell der
Welt und die schnellste Achterbahn der
Welt in der Ferrari World Abu Dhabi.
TÜV SÜD Journal 23
Auf dem Weg
MENSCH
VS.
MASCHIN
Digitalisierung, Robotik, 3-D-Drucker – wie werden sich
die neuen Technologien und ihre Vernetzung auf unsere
Arbeitswelt auswirken? Welche Berufe werden für immer verschwinden – und welche werden neu entstehen?
Text: Lothar Schmidt, Uli Pecher
MEHR ZUM THEMA
IN UNSERER MAGAZIN-APP
24 TÜV SÜD Journal
M
artin Hofmann kann auf
eine stolze Familientradition
zurückblicken: Seit sieben
Generationen arbeiten die
Mitglieder seiner Familie als Ingenieure. Martins Vorfahren waren
dabei, als im 19. Jahrhundert die
ersten Dampfmaschinen im Bergbau
zum Einsatz kamen, der Urgroßvater
entwickelte zu Beginn des 20. Jahrhunderts
Verbrennungsmotoren, der Vater in den
1970er-Jahren die ersten Industrieroboter.
Martin Hofmann arbeitet als Werksleiter
eines großen mittelständischen Solartechnik-Herstellers. Tochter Johanna studiert
Mechatronik. Die Ingenieurfamilie Hofmann ist zwar erfunden, aber ihre Familiengeschichte hätte sich durchaus so zutragen
können. Über mehrere Generationen hinweg
hat sich das Berufsbild des Ingenieurs immer
wieder verändert und ausdifferenziert. Mit
jedem Technologieschub kamen neue Aufgaben hinzu, waren neue Kompetenzen gefragt.
Nach den Siegeszügen von Dampfmaschine, Fließband und Elektronik erlebt die
Welt nun ihre vierte industrielle Revolution
– die selbstverständlich nicht über Nacht
hereinbricht, sondern die Arbeitswelt in
den kommenden Jahren Schritt für Schritt
verändern wird. Die Stichworte lauten Industrie 4.0, Robotik, Vernetzung. Ein Beispiel dafür ist die »intelligente Fabrik«, in
der Kundenbestellungen via Internet ankommen, registriert und an Produktion und
Auf dem Weg
VIER MAL
»REVOLUTION«
NEN
Logistik weitergeleitet werden. Das Produkt
wird nahezu vollautomatisch von Robotern
gefertigt und zur Auslieferung bereitgestellt.
Hinzu kommen Erfindungen wie der 3-DDrucker, der das Potenzial hat, die Produktion von Gütern in Kleinserie radikal zu vereinfachen und ganz neue Geschäftsmodelle
hervorzubringen.
Die Roboterberater kommen
Das eröffnet Chancen. Wolfgang Dorst
vom IT-Branchenverband BITKOM ist
überzeugt, dass trotz der fortschreitenden
Automatisierung der Mensch wieder zum
»Mittelpunkt der Produktion wird. Als Erfahrungs- und Entscheidungsträger steuert
»Der Mensch wird wieder zum
heitsnavigatoren, die Patienten helfen, komplexe medizinische Systeme zu bedienen,
darüber hinaus Solarspezialisten, Aquafarmer und Einfachheitsexperten, deren Aufgabe es sein wird, die ständig zunehmende
Komplexität etwa in Unternehmen auf ein
menschliches Maß herunterzufahren.
Das ist die optimistische Perspektive. Es
gibt auch eine andere: So haben die Wissenschaftler Carl Benedict Frey und Michael
Osborne von der Universität Oxford 2013
eine Studie über die Zukunft der Arbeit vorgelegt, der zufolge 47 Prozent aller Jobs in
den USA in den kommenden 20 Jahren automatisiert werden könnten. Auf ihrer »Roten
Liste« der gefährdeten Berufe finden sich
Mittelpunkt
der Produktion« – Wolfgang Dorst, BITCOM
und überwacht er die Produktionsabläufe
der Wertschöpfungskette.«
Zum Beispiel als »Roboterberater«. Das ist
ein neuer Beruf, dessen Entstehen die gemeinnützige Bildungsorganisation »Canadian Scholarship Trust« (CST) bereits in den
kommenden 15 Jahren erwartet. Der Roboterberater unterstützt Kunden bei der Auswahl und Konfiguration von Robotern, die
zum Beispiel älteren Menschen den Haushalt führen – und hilft in Konfliktsituationen. Die CST-Forscher haben auf Grundlage
weltweiter Entwicklungen wie Digitalisierung, demografischer Wandel, Personalisierung und Sicherheit eine Prognose gewagt,
welche Berufe in naher Zukunft entstehen
werden. Spätestens im Jahr 2030 soll es zum
Beispiel Telechirurgen geben, die über große
Distanzen hinweg mit Roboterhilfe operieren oder ein OP-Team anleiten; Gesund-
nicht nur Taxifahrer und Kassierer. Mit der
Entwicklung des Deep Learning, der intelligenten Verarbeitung riesiger Datenmengen,
werden womöglich auch hoch qualifizierte
Wissensarbeiter betroffen sein, darunter
Versicherungsmakler, Steuerberater und
Bankangestellte. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch der Ökonom Jeremy Bowles
von der London School of Economics für die
Arbeitsmärkte Europa und Deutschland.
Schon plädieren Wirtschaftswissenschaftler der US-Hochschulen Boston University und Columbia University für ein
neues Steuersystem, das die vom Einzug
smarter Maschinen in die Arbeitswelt verursachte Umverteilung der Einkommen von
unten nach oben korrigiert.
Aber Vorsicht! Ein Blick zurück in die
Wirtschaftsgeschichte zeigt ein deutlich
positiveres Bild. 1931 befürchtete der Öko-
Die sogenannte erste industrielle Revolution
ist eigentlich ein Prozess, der sich über viele
Jahrzehnte erstreckt. Beginnend in England
verändern gegen Ende des 18. Jahrhunderts
Erfindungen wie die Dampfmachine und
der mechanische Webstuhl die Wirtschaft
und damit auch die Gesellschaft. Auch
Deutschland beginnt sich im 19. Jahrhundert vom Agrarstaat zum Industriestaat zu
wandeln. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts
hebt die Verbreitung der Elektrizität und der
Fließbandproduktion die Produktivität der
Industrie auf ein neues Niveau (zweite industrielle Revolution). Darauf baut die dritte
industrielle Revolution auf: Die Produktion
wird seit den 1970er-Jahren durch den
Einsatz von IT weiter automatisiert. Heute
sprechen Wissenschaft und Medien bereits
von der vierten industriellen Revolution oder
»Industrie 4.0«. Damit ist unter anderem die
internetgestützte Vernetzung von Kunden,
Maschinen und Produktion gemeint.
nom John Maynard Keynes eine durch die
Technologie verursachte Arbeitslosigkeit,
die nie eintrat. Ganz im Gegenteil: Während
der vergangenen 200 Jahre hat noch jeder
Technologieschub zwar traditionelle Jobs
gekostet, dafür aber eine Fülle neuer Berufe
und Absatzmärkte geschaffen: So ersetzten
beispielsweise Lokführer und Heizer die
Kutscher, das Automobil und die Eisenbahn
verdrängten die Pferdekutsche.
Unter dem Strich hat die Industrialisierung eines Teils der Welt wohl Hunderte Millionen Arbeitsplätze entstehen lassen – und
damit das Wachstum der Bevölkerung und
des globalen Wohlstands erst ermöglicht.
Eine zuversichtliche Prognose gibt das
Bundesministerium für Bildung und Forschung ab: Bereits im Jahr 2025 wird es eine
Fülle von Geschäftsmodellen geben, die sich
auf individualisierte Produkte gründen.
Selbst nach Ansicht der kritischen OxfordForscher Frey und Osborne werden neue
Berufe überall dort entstehen, wo Kreativität,
soziale Kompetenz und Fingerfertigkeit gefragt sind – gute Aussichten für weitere Generationen von Ingenieuren aus der fiktiven
Familie Hofmann.
TÜV SÜD Journal 25
Auf dem Weg
»ES WIRD SO GUT WIE ALLE
TREFFEN«
BRANCHEN
Professor Axel Haunschild, Direktor des Instituts für Interdisziplinäre Arbeitswissenschaft an der
Universität Hannover, über den Wandel der Arbeitswelt und das digitale Proletariat
Herr Professor Haunschild, wie
wird sich die fortschreitende
Digitalisierung auf die Arbeitswelt
auswirken?
Bei jeder industriellen Revolution gab es Debatten darüber, ob es zu einer Höherqualifizierung oder zu einer Niedrigerqualifizierung
kommen wird. Beides ist richtig. Während
manche Tätigkeiten und auch ganze Berufsfelder Opfer der Rationalisierung und Automatisierung werden, entsteht ein Bedarf für
hoch qualifizierte Fachkräfte im Bereich der
Entwicklung, Programmierung, Steuerung
und Instandhaltung neuer Maschinengenerationen.
Welche Branchen wird dieser Wandel
verändern?
Es wird so gut wie alle Branchen treffen. Im
Versandhandel sind schon heute die Lagerprozesse hoch automatisiert. Auch im Finanzsektor, in der Tourismusbranche, der Musikindustrie und der Verlagsbranche finden sich
zahlreiche Beispiele für eine Digitalisierung
der Arbeit. Selbst im Bereich personennaher
Dienstleistungen bestehen bereits Möglichkeiten, menschliche Kerntätigkeiten, wie zum
Beispiel die Pflege, durch Assistenzsysteme zu
unterstützen.
Wird es in zwanzig Jahren noch
Friseure, Malermeister und Dachdecker
geben?
Es wird spannend werden, die Entwicklungen
im Handwerk zu beobachten, das heißt, ob
die theoretisch durch Maschinen ersetzbaren
Tätigkeiten wie Haareschneiden, Anstreichen
oder Dacherdecken nicht doch weiterhin von
Menschen erledigt werden, weil Menschen
gerne in Kontakt miteinander sind. Auch so26 TÜV SÜD Journal
birgt die Gefahr, dass viel Arbeit abwandert
oder außerhalb unseres Beschäftigungssystems stattfindet, wo nicht die gleichen Arbeitnehmerrechte wie bei uns gelten.
Entsteht ein globales digitales Proletariat?
Das könnte man so nennen. Dieses Proletariat verkauft aber keine körperliche Arbeit,
sondern die Menschen müssen hoch qualifiziert sein, verantwortlich für die eigene Weiterbildung – und den Großteil unternehmerischer Risiken selbst tragen.
genannte interaktive Dienstleistungsarbeit,
wie etwa Beratung, hat nicht einfach ein Ergebnis zum Ziel, sondern ist gerade durch den
Interaktionsprozess mitgeprägt.
Was, wenn der Kollege plötzlich ein
Roboter ist?
Die erste Reaktion besteht darin, dass man ihm
einen Namen gibt, ihn also vermenschlicht.
Die Frage ist, welche Autonomiespielräume
mit dem Fortschreiten der Automatisierung
für den Menschen übrig bleiben. Ist die Technik nur unsere Assistentin oder entsteht eine
moderne Schleife des Taylorismus? Die Maschinen können immer mehr – und erst dann,
wenn etwas nicht mit ihnen zu machen ist,
kommen Menschen zum Einsatz.
Welche Beschäftigungsverhältnisse
wird es in der Industrie 4.0 geben?
Sie werden heterogen sein. Es wird auf jeden
Fall Bedarf geben, Facharbeiter im Unternehmen zu halten. Im Dienstleistungsbereich
sieht es anders aus. Statt der klassischen Festangestellten könnten Freelancer von jedem
Punkt der Erde digitale Arbeit leisten. Das
Professor Axel
Haunschild
Prof. Dr. Axel Haunschild (Jahrgang 1964), ist seit 2011 Direktor des Instituts für Interdisziplinäre Arbeitswissenschaft an
der Universität Hannover. Er hat
Wirtschaftsingenieurwesen in
Hamburg studiert und 1997 im
Bereich Personalwirtschaftslehre an der Universität Hamburg
promoviert. Vor seinem Ruf nach
Hannover lehrte er an den Universitäten in Trier, London und
Innsbruck. Seine Forschungsgebiete sind unter anderem
neue Arbeits- und Organisationsformen, Beschäftigungsverhältnisse und Human Resource
Management in den kreativen
Industrien, Mitbestimmung und
Work-Life-Boundaries.
Vor Ort
Menschen:
Steve Hackett, International Account Manager von Fleet Logistics: »Viele unserer Kunden
verfolgen heute eine Umweltstrategie, die sich
mit dem Kostenmanagement gut in Einklang
bringen lässt.«
Guter Deal
für alle
S teve Hackett war vor Kurzem auf
der Autobahn in Richtung Köln unterwegs – eine Dienstreise in einem
Mietwagen der oberen Mittelklasse.
»Plötzlich fing das Lenkrad an zu vibrieren«, erzählt Steve Hackett. »Das war eine Warnung,
dass ich dabei war, meine Fahrspur zu verlassen.«
Der Sicherheitstechnik in dem Fahrzeug gibt er
noch heute eine Eins mit Stern: »Fantastisch!«
Das Thema Sicherheit und Automobil beschäftigt
ihn auch beruflich: Seit vier Jahren ist Steve International Account Manager bei Fleet Logistics, einem
Tochterunternehmen von TÜV SÜD. Mit mehr als
150.000 Fahrzeugen ist das Unternehmen der größte
Dienstleister für Flottenmanagement in Europa.
Steve Hackett berät große, international tätige
Unternehmen, die zum Teil Dienstwagenflotten mit
bis zu 30.000 Fahrzeugen unterhalten, wie sie ihren
Fuhrpark optimal weiterentwickeln, welche Fahrzeuge sie ihren Mitarbeitern anbieten, wie sie diese
günstig leasen und welche Sicherheitsfeatures sie
haben sollten: Wenn also zum Beispiel ein Spurhalteassistent das Lenkrad vibrieren lässt und so einen
Unfall verhindert, schützt das nicht nur den Fahrer,
sondern spart auch Reparaturkosten. »Indem wir das
Risiko managen, behalten wir auch die Kosten im
Griff«, sagt Hackett.
Dabei hilft auch das zunehmend ausgeprägte
ökologische Denken bei Unternehmen und Angestellten. »Viele unserer Kunden verfolgen heute
eine Umweltstrategie, die sich mit dem Kostenmanagement gut in Einklang bringen lässt«, berichtet
Hackett. Der Trend geht zu Autos mit kleinerem
Hubraum, die weniger Sprit verbrauchen, und so
den CO2-Ausstoß eines Unternehmens senken helfen. Die meisten Staaten unterstützen diese Entwicklung über ihr Steuersystem. »Das ist sowohl
für die Unternehmen als auch für die Dienstwagenfahrer von Vorteil«, sagt Hackett. »Für die Fahrer,
weil umweltfreundliche Autos in der Regel niedriger
besteuert werden – und für die Unternehmen, weil
die Kosten sinken. Ein guter Deal für beide.«
Mehr Infos zum Thema:
www.fleetlogistics.com
TÜV SÜD Journal 27
28 TÜV SÜD Journal
Je nach Wassertiefe und Bodenbedingungen kommen unterschiedlichste Fundament-Konstruktionen zum Einsatz: Neben
Tripods (siehe links) sind das zum Beispiel bauähnliche Tripiles,
Buckets (Stahlzylinder, die sich in den Meeresboden saugen) oder
schwimmende Fundamente. Diese eignen sich besonders für sehr
tiefe Verankerungen. Weitere Vorteile: Sie werden an Land vorgefertigt und können dann ohne große Lärmentwicklung im offenen
Meer installiert werden.
SOLIDE BASIS
DREH-
Die einzelnen Anlagen werden miteinander
gekoppelt und mit dem windparkeigenen
Umspannwerk verbunden. Bei direkten Drehstromverbindungen führt ein Seekabel den Strom
dann zum nächsten Netzknotenpunkt an Land.
Die Transportkabel müssen in der Lage sein,
große Stromkapazitäten über Distanzen von 100
Kilometer und mehr zu transportieren.
3
Wenn die Tauchroboter nicht mehr weiterkommen,
dann springen Industrietaucher ins Wasser – beispielsweise, wenn ein Kabel nicht richtig eingezogen
werden konnte oder an den Fundamenten Probleme mit
dem Korrosionsschutz auftreten. Diese Spezialtaucher
verstehen sich als »maritime Dienstleister«, als Allrounder, die je nach Bedarf eigene Taucherbasisschiffe,
Tauchkontroll- und Druckkammer-Container oder auch
transportable Brückenpontons bereithalten.
AUF TAUCHSTATION
GRÜNDLICHE PRÜFUNG
Bevor sich die Rotorblätter einer Offshore-Anlage in die Höhe strecken, geht es erst einmal
in die Tiefe: An jedem einzelnen Standort einer Windenergieanlage muss eine Baugrundhaupterkundung stattfinden. Eignen sich die Flächen für die Gründungsarbeiten der Fundamente? Müssen Kampfmittel oder andere Unterwasserhindernisse beseitigt
werden? Die geophysikalischen Untersuchungen werden unter
anderem mit Magnetometern oder Tauchrobotern
unternommen.
2
1
Text: Timour Chafik
Steife Brise auf hoher See: Windenergieparks mitten im Meer sind ein wichtiges Standbein der
Energiewende. Wie installiert man eigentlich solche Offshore-Anlagen. Und wie baut man sie
so stabil, dass sie Wind und Wellen standhalten? Eine Anleitung in sieben Schritten.
... UND AB INS NETZ
7
D UND
#28 WIN
MEER
GEBER
#30 RAT
GZELTE
CAMPIN
AUF DEN
PU N K T
Auf den Punkt
Taucher kommen zum Einsatz, wenn Roboter
an ihre Grenzen stoßen – beispielsweise wenn
Kabel eingezogen werden müssen oder Probleme an den Fundamenten auftreten.
Tauchroboter
Um die Arbeitsschritte auf hoher See
zu minimieren, werden möglichst viele
Komponenten im Hafen montiert und
anschließend mit Schiffen zum Fundament
transportiert. Hier wird zunächst das
erste Turmsegment durch einen Kran oder
eine Errichterplattform mit der Gründung
verbunden. Schritt für Schritt folgen die
weiteren Turmsegmente. Mit der Montage
des Rotorsterns an der Gondel ist die Errichtung der Anlage beendet. Strom fließt
jetzt allerdings noch nicht.
DIE ENDMONTAGE
6
Drei Stahlstreben zweigen schräg
vom Zentralrohr ab. Am Meeresboden sind alle Teile miteinander
verbunden. Geeignet für Tiefen von
20 bis 80 Meter.
Tripod
Transition Piece
Arbeitsplattform mit Kran
Treibt Stahlelemente des Fundaments in den
Meeresgrund.
Hammer
Turm mit Fahrstuhl
Meeresboden
Industrietaucher
Vor allem die Rammarbeiten an den Fundamenten können
extrem laut werden. Windparkbauer sind verpflichtet, einen
Grenzwert von 160 Dezibel einzuhalten, um zum Beispiel
Schweinswale zu schonen. Schon vor Baubeginn wird deshalb ein Scheuchsignal gesendet, um die in der Umgebung lebenden Tiere zu verscheuchen. Darüber hinaus wird während
des Baus eine Wand aus Luftblasen um die Baustelle gelegt,
um so die Schallausbreitung unter Wasser einzudämmen.
LÄRM LASS NACH
5
Beispiel Nordsee: Hier ist der Grund meist sandig und nachgiebig, die
Anlagen des neuen Windparks DanTysk 70 Kilometer westlich der
Insel Sylt stehen in Tiefen zwischen 21 und 31 Metern. Gut geeignet
für Fundamente des Typs Monopile, bestehend aus einem zentralen
Fundamentrohr, das per Rammhammer in den Meeresboden getrieben und das mit einem Verbindungsstück – einem so genannten
Transition Piece – auf das unterste Turmsegment geschraubt wird.
BESSER GUT VERANKERT
4
STROM
Auf den Punkt
TÜV SÜD Journal 29
Auf den Punkt
Ratgeber:
Unter der Haube
Spaß oder nass? Kuschlig oder muffig? Bei Zeltkauf und -pflege machen
Details manchmal den Unterschied. Fünf Tipps, worauf‘s bei(m) Zelten ankommt.
1
Welches Zelt für welchen Trip?
In den Bergen muss das Zelt schnell aufgebaut sein und schlechtes Wetter
ab- und aushalten. Geodät-Zelte sind besonders stabil – und halten auch
Schnee stand. Ist‘s heiß? Dann bieten Kuppelzelte mit zwei Eingängen ausreichend Durchzug. Schön schnell: das Wurfzelt. Kaum ist das Paket in die
Luft geworfen, landet ein fertiges Zelt auf dem Rasen.
3 Dicke Luft
2
Kleine Hering-Kunde
Standard-Heringe eignen sich für das
Befestigen in trockenen und harten Böden, verbiegen aber schnell. Auf sandigem Untergrund sorgen dicke Heringe
mit breiten Flügeln für festen Halt. Im
Trend: Schraubheringe.
Um Kondenswasserbildung vorzubeugen, verfüHFOHVUF;FMUF¼CFSNFISFSF#FM¼GUVOHT¶҃OVOgen – möglichst direkt unter dem
Zeltdach und in den Windblenden. Teure Modelle beugen der
Kondenswasserbildung mit einer
Membran-Technik vor. Ein luftund wasserdichter Zeltboden
hält die Feuchtigkeit der Erde ab.
4
DAMIT DAS ZELT HÄLT
Wie fast immer gilt auch hier die Faustregel: gute
Pflege gleich lange Lebensdauer. Bereits vor dem
Aufbau des Zeltes den Untergrund von Steinen
und spitzen Gegenständen befreien – sie können
den Zeltboden ruinieren. Das Zelt möglichst nur
trocken einpacken und lagern, um Schimmelbildung
und Stockflecken zu vermeiden. Wenn‘s nicht
anders geht: Das feuchte Zelt zu Hause vollständig
durchtrocknen.
Weitere Informationen:
www.tuev-sued.de/campingzelte
30 TÜV SÜD Journal
5
Sicher campen
Hat ein Zelt Beregnungsanlage, Reißverschluss-, Flammschutz- und weitere Prüfungen in den Labors überstanden, darf es ein Zertifikat von TÜV SÜD tragen. Wer auf
Nummer sicher gehen will, achtet auf ein entsprechendes
Zeichen. Mehr Infos gibt es unter der kostenlosen ServiceHotline: 0800 - 888 4444
Akademie | Termine
10/11/12
KALENDER
Auf folgenden Messen, Kongressen und Veranstaltungen können
Sie TÜV SÜD live erleben. Unsere Expertenteams freuen sich
auf Ihren Besuch.
Mehr Infos zu den Terminen:
www.tuev-sued.de/konzernevents
OKTOBER
eRUDA – elektrisch rund um den Ammersee,
Fürstenfeldbruck/Starnberg/Ammersee, 02.10.–04.10.2015
e-Rallye für Pedelecs, eMobile und eLKWs am Ammersee
Expo Real, München, 05.–07.10.2015
Internationale Fachmesse für Immobilien und Investitionen
it-sa – Die IT-Security-Messe, Nürnberg, 06.–08.10.2015
Aktuelle Trends und Innovationen der IT-Sicherheitsbranche
eCarTec, München, 20.–22.10.2015
Internationale Leitmesse für Elektro- & Hybridmobilität
Jetzt bewerben
und gewinnen!
In Ihrem Unternehmen werden Weiterbildung und die individuelle Förderung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter großgeschrieben? Dann bewerben Sie sich doch für den Deutschen
Bildungspreis 2016! Die TÜV SÜD Akademie und EuPD Research Sustainable Management
suchen zum vierten Mal Unternehmen, Organisationen, Institutionen und Behörden, die ihre
Mitarbeiter strategisch fördern und bei der Weiterentwicklung unterstützen. Die Initiative
hilft Teilnehmern durch wissenschaftliches Know-how und Best-Practice-Ansätze, ihr Bildungs- und Talentmanagement effizient und nachhaltig zu verbessern.
Qualitätsstandards in der Weiterbildung
Mit dem Deutschen Bildungspreis wollen die Initiatoren wissenschaftlich fundierte und
praxisnahe Qualitätsstandards im Bildungs- und Talentmanagement etablieren. Ausgezeichnet werden jeweils kleine und mittelständische sowie Großunternehmen. Bewertungsgrundlage ist das erste expertengestützte und praxisgeprüfte Qualitätsmodell für
betriebliches Bildungs- und Talentmanagement in Deutschland.
Seit dem Start der Initiative vor drei Jahren haben sich über 460 Unternehmen beworben. Die Teilnahme lohnt sich für große genauso wie für kleine und mittelständische
Betriebe und Organisationen. Jeder Bewerber erhält einen kostenlosen, individuellen
Benchmark des eigenen Bildungs- und Talentmanagements im Vergleich mit den anderen
Bewerbern sowie eine Stärken-Schwächen-Analyse, die Experten im Anschluss an die
Auswertung im Rahmen eines telefonischen Analysegesprächs auf Wunsch durchführen.
Fragebogen ausfüllen und für die Teilnahme qualifizieren
NOVEMBER
SPS IPC Drives, Nürnberg, 24.–26.11.2015
Europas führende Fachmesse für elektrische Automatisierung.
Die SPS IPC Drives umfasst das ganze Spektrum der elektrischen
Automatisierung. Sie zeigt alle Komponenten bis hin zu kompletten
Systemen und integrierten Automatisierungslösungen.
Alle Unternehmen und Organisationen können sich mit einem Fragebogen für den Deutschen Bildungspreis qualifizieren. Nach der Beantwortung dieses Qualifizierungsbogens
begutachtet und bewertet ein Expertenbeirat alle eingehenden Bewerbungen und wählt
in den fünf Preiskategorien jeweils die Top drei für die Finalrunde aus.
Weitere Informationen sowie die Bewerbungsunterlagen gibt es unter
www.deutscher-bildungspreis.de. Teilnahmeschluss ist der 31. Oktober 2015.
[email protected]
IMPRESSUM
Herausgeber: TÜV SÜD AG, Westendstraße 199, 80686 München | Inhaber: TÜV SÜD e.V. (74.9%), TÜV SÜD Stiftung (25.1%), Westendstraße 199, 80686 München
Leiter Unternehmenskommunikation: Matthias Andreesen Viegas | Projektleitung & Chefredakteur: Jörg Riedle
Kontakt: +49 (0)89 5791-0, [email protected] | Realisation: Medienfabrik Gütersloh GmbH, Neumarkter Straße 63, 81673 München
Druck: Eberl Print GmbH, Kirchplatz 6, 87509 Immenstadt | Fotonachweis: corbis (2, 4, 5, 16, 17, 18, 22, 23, 27, 28, 29, 30), TÜV SÜD (2, 14, 15, 27, 32, 33), Dan Zoubek (20, 21), Gerhardt Kellermann (3, 12,13),
Bernd Roselieb /DB AG (12), BDO Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer (13), Surya Zaidan/123RF (22), NBC Universal (16, 17, 19), Ociacia/©Shutterstock (24), Universität Tokio (17, 18), Universität Delft
(19), Illustrationen: Skizzomat (Cover, 6, 7, 8, 11), LULU (34, 35)
Das TÜV SÜD Journal erscheint vierteljährlich. Die im Magazin enthaltenen Beiträge
sind urheberrechtlich geschützt. Das TÜV SÜD Journal wird klimaneutral auf einem
Papier aus nachhaltiger Holzwirtschaft gedruckt.
klimaneutral
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gedruckt
TÜV SÜD Journal 31
5 Minuten
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Infos zur neuen
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Nur bis kurz vor Jahresende haben größere Unternehmen Zeit,
um die neuen Vorgaben der Europäischen Union zur Steigerung
der Energieeffizienz umzusetzen. Gefordert wird ein Energieaudit nach DIN EN 16.247, wenn Unternehmen kein zertifiziertes Energiemanagementsystem nach DIN EN ISO 50.001 oder
kein eingetragenes Umweltmanagementsystem nach EMAS
betreiben. TÜV SÜD bietet hier kompetente Unterstützung an.
Seit Juni 2015 ist die novellierte Fassung der Betriebssicherheitsverordnung in Deutschland in Kraft. Sie regelt die Bereitstellung und Nutzung von Arbeitsmitteln sowie den Betrieb
von überwachungsbedürftigen Anlagen. Um Unternehmen bei
der wirtschaftlichen Umsetzung der Verordnung zu unterstützen, hat die TÜV SÜD Akademie eine Seminarreihe aufgelegt.
Mehr Infos unter www.tuev-sued.de/akademie/2611015.
Das Prüflabor von TÜV SÜD in Hamburg kann Möbel gemäß
dem Gütesiegel »Goldenes M« prüfen. Eine entsprechende
Bestätigung kam jetzt von der Deutschen Gütegemeinschaft
Möbel e.V. (DGM). Das Siegel zeigt an, dass strenge Vorgaben
in den Bereichen Sicherheit, Stabilität, Verarbeitung und Funktionalität erfüllt werden und das Möbelstück weder geruchsbelästigend ist noch gesundheitsgefährdende Stoffe absondert.
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Mehr als zehn Prozent aller Einkäufe werden
in Deutschland mittlerweile über das Internet
getätigt. Mit Wachstumsraten von jährlich über
20 Prozent boomt das E-Shopping. Jeder zweite
Deutsche kaufte im vergangenen Jahr online ein.
Als in den frühen 1990er-Jahren die ersten Online-Shops entstanden, rechnete kaum
jemand mit dieser Erfolgsgeschichte. Denn am
Anfang standen einfache Listen mit Produktbildern. Rasanten Auftrieb erhielt das Internet –
und damit auch Online-Shops – kurz darauf mit
grafikfähigen Webbrowsern.
Schon damals beschäftigte sich TÜV SÜD
mit der Qualität von Software. 1999 wurde dann
die Abteilung Information-Technology gegründet.
Das Prüfprogramm »TÜV SÜD sa@fer-shopping«
wurde ein Jahr später angeboten. Heute kümmern sich die Experten nicht nur um Datenschutz
und -sicherheit bei Online-Portalen, um sicheres
Bezahlen mit der Kreditkarte, sondern auch um
sichere IT-Strukturen in Unternehmen und um
funktionale Sicherheit und Interoperabilität von
Komponenten in komplexen digitalen Systemen.
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32 TÜV SÜD Journal
5
5 Minuten
Neue Stiftung fördert Sicherheit im Sport
Sport ist gesund. Gleichzeitig verletzen sich aber Jahr für Jahr Menschen bei Fußball, Tennis und Co. – im Leistungssport ebenso wie im Breiten- und Schulsport. Eine neue Stiftung
will nun dazu beitragen, dass weniger Sportunfälle und -verletzungen passieren. Gemeinsam mit
Rund 380.000 Unfälle an Schulen registrie- der ARAG Versicherungsgruppe
und weiteren Mitbegründern hat
ren die deutschen Versicherer jedes Jahr.
TÜV SÜD die Stiftung »Sicherheit
im Sport« ins Leben gerufen. Die
Arbeit richtet sich an Sportler, Trainer, Übungsleiter und Sportlehrer sowie Fachleute aus
Sportwissenschaft, Sportmedizin und Politik. Ziel ist es, dass die Sportunfallprävention in
das alltägliche Training einfließt und so zum Standard wird. Die Ansatzpunkte sind sportpraktische Maßnahmen wie spezielle Trainingsformen, Übungen oder technische und politische Richtlinien, wozu beispielsweise Regelwerke gehören.
RISIKO SCHULSPORT:
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Minuten
mit TÜV SÜD
Auszeichnung als beste
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Im Mai 2015 wurde TÜV SÜD auf dem in
China stattfindenden internationalen Kongress für Energiespeicherlösungen (China
International Energy Storage Station Congress, ESSC) für seine Beiträge zur Entwicklung sicherer und qualitativ hochwertiger Energiespeichersysteme als »Beste
Zertifizierungsorganisation des Jahres im
Bereich Energiespeicher« ausgezeichnet.
Volker Blandow, Leiter des Bereichs e-Mobility bei TÜV SÜD, nahm die Auszeichnung
im Namen der TÜV SÜD Gruppe entgegen.
Der ESSC zählt in China zu den renommiertesten Kongressen im Bereich der
Energiespeicherlösungen. Unter den über
1.000 Teilnehmern waren u.a. Vertreter der
nationalen Energiebehörde, des Ministeriums für Wissenschaft und Technologie,
des Energieforschungsinstituts der chinesischen Entwicklungs- und Reformkommission sowie Experten von Unternehmen auf
dem Gebiet der Energiespeicherlösungen
und Batteriehersteller.
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»Stern der Sicherheit« für Horst Schneider
Hohe Auszeichnung für ein Leben im Dienst der Verkehrssicherheit: Der Vorsitzende der TÜV SÜD Stiftung, Horst Schneider, ist seit Ende Juni 2015 Träger der Bayerischen Staatsmedaille »Stern der Sicherheit«. Die
Auszeichnung wird vom bayerischen Innenminister an Persönlichkeiten vergeben, die sich nachhaltige Verdienste
um die Innere Sicherheit in Bayern erworben haben. Horst Schneider erhält den »Stern der Sicherheit« für mehr
als zwei Jahrzehnte ehrenamtliche Tätigkeit als Präsident, Vizepräsident und Schatzmeister der Bayerischen
Verkehrswachten. In seiner Laudatio hob Staatsminister Joachim Herrmann hervor, dass Schneider während
seiner Präsidentschaft den Tätigkeitsbereich der Verkehrswachten mit großem Erfolg ausgeweitet habe. Seinem
Engagement sei es zuzuschreiben, dass die Landesverkehrswacht Bayern zwischenzeitlich über stattliche Finanzmittel zur Durchführung zahlreicher Projekte im Präventionsbereich verfüge und sich besonders als Anwalt der
Schwächsten im Straßenverkehr bewährt habe. Horst Schneider ist bereits seit über vierzig Jahren für TÜV SÜD
tätig. Nach verschiedenen Führungstätigkeiten im operativen Bereich übernahm er 1996 die Geschäftsführung
der damaligen Mobilitätssparte. 2010 wurde er zum Mitglied des Vorstandes ernannt, seit Mai 2015 ist er Vorsitzender der TÜV SÜD Stiftung. Schneider ist zudem Vizepräsident der Deutschen Verkehrswacht, war 21 Jahre
lang Präsident der Bayerischen Landesverkehrswacht (bis 2013) und bis Ende letzten Jahres Vorstandsmitglied
des Deutschen Verkehrssicherheitsrates.
Horst Schneider, seit Mai 2015 Vorsitzender der
TÜV SÜD Stiftung
IPSTUTDIOFJEFS!UVFWTVFETUJGUVOHEF
TÜV SÜD Journal 33
Zu guter Letzt
IPHONE
AUF
RÄDERN
34 TÜV SÜD Journal
Zu guter Letzt
App-gesteuert, mit GPS verbunden und selbstfahrend:
Werden die intelligenten Koffer nach den Smartphones
die nächsten digitalen Prestigeobjekte?
D
er rheinische Domherr Marquis von
Hoensbroech verstaute einst auf Reisen
das Allernötigste in hölzernen Setzkästen, darunter Gewürzgefäße, silberne
Schuhschnallen und eine Spargelzange, der deutsche Kaiser Wilhelm II. belegte unterwegs einen
ganzen Eisenbahnwaggon mit seinem Gepäck – einschließlich eines runden Korbes für die kaiserlichen
Dackel, und Filmdiva Marlene Dietrich überquerte den
Atlantik nur in Begleitung ihrer riesigen Schrankkoffer, die sie „Elefanten“ nannte. Als Statussymbol gilt
das Reisegepäck im Allgemeinen und der Koffer im Besonderen auch heute noch – vorausgesetzt er glänzt in
Aluminiumschale oder kommt im edlen Lederbezug
daher. Nun aber rollt der Koffer seiner nächsten Evolutionsstufe entgegen – in Richtung Internet der Dinge.
Die etablierten Gepäck-Hersteller und ein Start-up
aus Kalifornien liefern sich derzeit ein Wettrennen
um die Marktführerschaft in einem neuen Hightech-Segment: den intelligenten, vernetzten, Appgesteuerten, selbstfahrenden Koffern.
Marktführer Samsonite arbeitet gemeinsam mit
dem koreanischen Technologiekonzern Samsung
an Modellen, die mit ihren Besitzern und den Buchungssystemen der Airlines kommunizieren – die
sich beispielsweise selbst einchecken und GPS-Signale aussenden, um ein Wiederfinden zu erleichtern.
Ebenfalls in Planung: Koffer mit Elektroantrieb, die ihrem Besitzer durch den Flughafen
hinterherrollen – die kaiserlichen Dackel lassen
grüßen. Der französische Konkurrent Delsey
bastelt ebenfalls an einer smarten Kiste
und lässt seine Kunden und solche, die es
werden sollen, sogar über deren künftige Ausstattung abstimmen. Zur Wahl
stehen unter anderem integrierte Gepäckwaage, Smartphone-Ladegerät,
Innenbeleuchtung, Fingerprint-ID,
Gepäckschloss-Status und eingebaute Lautsprecher.
Einige vergleichbare Funktionen will auch das im
Silicon Valley ansässige US-Start-up Bluesmart in
seinen elektronischen Reisekoffer einbauen. Darüber hinaus verriegelt sich der Koffer automatisch,
wenn der Bluetooth-Kontakt zum Smartphone des
Besitzers abreißt. Und: Eine im Smartphone aktive
Bluesmart-App sammelt Daten über die Reisestrecke, besuchte Flughäfen und die Aufenthaltsdauer
im jeweiligen Land. Der Start des Bluesmart-Koffers
ist für Dezember 2015 geplant.
Bei aller Innovationsfreude bleibt auch dann
wohl ein Wunsch unerfüllt: Wie wäre es mit einem
Koffer, in dem Hemden, Hosen, Blusen und Röcke
genauso akkurat herauskommen, wie man sie hineingepackt hat. Das wäre ein echter Fortschritt.
TÜV SÜD Journal 35
»E« STEHT FÜR
ERMUTIGEND
Z
ugegeben, Elektroautos haben noch nicht ganz so gezündet wie erwartet, aber immerhin: Der Markt zeigt hohe
Wachstumsraten. Nach Berechnungen des Zentrums für
Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW) in
Stuttgart verdoppelt sich die Zahl der weltweit registrierten Elektroautos derzeit Jahr für Jahr. Bereits in den kommenden Monaten soll
die Millionengrenze überschritten werden (siehe Grafik).
Ermutigende Perspektiven, auch für TÜV SÜD: »Wir setzen weiter
massiv auf E-Mobilität, weil der elektrische Antriebsstrang im Fahrzeug eindeutig die Zukunft bedeutet«, sagt Volker Blandow, Global
Head of E-Mobility bei TÜV SÜD. Er ist fest überzeugt: In zehn bis
fünfzehn Jahren wird die Elektrifizierung durchgreifen. Dafür spricht
neben dem weltweit steigenden Umwelt- und Klimabewusstsein auch,
dass die Batteriekosten pro Kilowattstunde während der vergangenen
Jahre deutlich gefallen sind.
MEHR ZUM THEMA
IN UNSERER MAGAZIN-APP
Zugelassene Elektroautos in Deutschland, China, Japan und den USA in 2014
Rund1,1MilliardenPkwundLkwgibtesaufunseremPlaneten.NochliegtderAnteilvonElektrofahrzeugenzwarim
Promillebereich. Dieses Verhältnis wird sich aber aufgrund der hohen Wachstumsraten sehr schnell verschieben.
174.000
17.500
DEUTSCHLAND
45.000
CHINA
68.000
JAPAN
USA
Weltweite Bestandsentwicklung von
Elektroautos 2012 – 2015 (Prognose)
DieZahlderElektroautosverdoppeltesichseit2012jedesJahr–beidenStückzahlenliegenUSamerikanischeundjapanischeHerstelleranderSpitze.BeidenKäufernsindesdieNorweger:Dort
erreichtderVerkaufsanteilelektrischerNeufahrzeugeinmanchenMonatenüberfünfzigProzent.
1 Mio.
405.000
200.000
100.000
2012
2013
2014
Quellen: Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung (ZSW), Statista 2015, TÜV SÜD
2015