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Negativzinsen: Rechtliche Folgen einer
volkswirtschaftlichen Anomalie
Zürcher Juristenverein, 01. Oktober 2015
PD Dr. Urs Schenker
©2015 Baker & McKenzie Zurich
Bei den Negativzinsen handelt es um ein neues Phänomen, dessen
rechtliche Auswirkungen zum Teil noch offen sind, da es weder
Rechtsprechung noch eine gefestigte Meinung in der Lehre gibt. Der
Referent gibt seine persönliche Meinung wieder und weist ausdrücklich
darauf hin, dass diese nicht durch Präjudizien gestützt ist und behält sich
selbst auch Änderungen seiner Meinung vor.
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Übersicht
A. Wirtschaftliche Grundlagen
 Zins
 Negativzins: Ursachen und Folgen
B. Rechtliche Fragen
 Grundlagen
 Einzelne Geschäftsarten
C. Steuerliche Fragen
 Abzugsfähig von Negativzinsbelastungen
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A. Wirtschaftliche Grundlagen
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Zins
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Definition und Preisbildung
– Definition: laufzeitabhängiges Entgelt für die Zurverfügungstellung von Kapital
– Der Zins bildet sich am Markt und wird durch Angebot und Nachfrage
bestimmt (Liquidität / Kreditbedarf)
– Kapital- und Geldmarktzinsen können in zwei Komponenten aufgegliedert
werden:
• Risikoloser Zins (abhängig von Laufzeit und Währung)
• Risikozuschlag (abhängig von Ausfallrisiko)
– Ein positiver risikoloser Zins basiert auf folgenden Grundlagen:
• Kapital ist ein knappes Gut oder
• Der Markt erwartet Inflation
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Zins aus Sicht des kommerziellen Darlehensgebers
Komponenten des Zinses aus Sicht des kommerziellen Darlehensgebers:
a) Refinanzierungskosten
i) Fremdkapitalkosten (abhängig von Finanzierungsstruktur)
ii)Eigenkapitalkosten (abhängig von Unterlegungssatz)
b) Betriebskosten (administrativer Aufwand für die Abwicklung von Krediten)
c) Ausfallsrisiko (Rating des Kunden)
d) Gewinnzuschlag (soweit nicht in den Eigenkapitalkosten berechnet)
Dies ist eine reine Kostenkalkulation, deren Ergebnis vom Zins abweichen kann,
den der Markt erlaubt. Liegt der kalkulatorische Zins des Darlehensgebers über
dem Marktzins, so lohnen sich Ausleihungen nicht (oder der Darlehensgeber
muss seine Erwartungen betreffend Gewinn bzw. Eigenkapitalverzinsung
reduzieren)
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Negativzins:
Ursachen und Folgen
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Notenbanken beeinflussen Zinsen
‒ Kurzfristige Zinsen:
• Den Banken werden kurzfristige Kredite zu sehr tiefen Zinsen zur Verfügung gestellt
• Auf Sichteinlagen der Banken bei der Notenbank werden Gebühren erhoben
‒ Langfristige Zinsen:
• Kauf von Staatsobligationen
 «Staatsfinanzierung mit der Notenpresse»
• Kauf von Unternehmensobligationen
 «Finanzierungsbeihilfe an Unternehmen»
 Die Zinssteuerung führt zu einer Ausweitung der Geldmenge, da die Notenbank in
diesem Rahmen Kredite gewährt bzw. Finanzaktiven erwirbt
 Das Zinseninstrumentarium ist aber nur brauchbar solange die Währung nicht zu sehr
sinkt und keine übermässige Inflation herrscht
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Motive
‒ Die Zinssenkung ist ein wirtschaftspolitischer Entscheid zur Förderung der
Wirtschaftstätigkeit; die Notenbank verfolgt damit ihr Wachstumsziel
‒ Auslöser für Zinssenkungen sind wirtschaftliche Probleme, insbesondere
Rezessionen oder Finanzkrisen, die zu einem Preiszerfall von Finanzaktiven
führen
‒ Seit die Inflation bei Konsumgütern in den Industrieländern aufgrund des
globalen Wettbewerbs kein Problem mehr ist, sind Zinssenkungen ein sehr
populäres Mittel zur Bekämpfung von Rezessionen und Schocks ("Bernankeput")
‒ Weist ein Land eine Leistungsbilanzdefizit oder eine hohe Inflation auf, so sind
Zinssenkungen nicht möglich, da die Zinspolitik dann in Konflikt mit den
Währungs- und Inflationszielen der Notenbank steht
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Auswirkungen: Positiv
‒ Die Kreditversorgung wird erleichtert: Unternehmen investieren mehr und
Konsumenten konsumieren mehr
‒ Der Kurs der Währung sinkt, da Anlagen für Ausländer unattraktiv werden
‒ Die Preise von Finanzaktiven (Immobilienaktien etc.) werden gestützt
‒ Schulden werden tragbarer (dies ist ein wesentlicher Aspekt bei Staaten mit
hoher Verschuldung)
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Auswirkungen: Negativ
‒ Vermögenstransfer von Sparern zu Schuldnern; Probleme bei der
Finanzierung der Altersvorsorge nach dem Sparprinzip. Der
Vermögenstransfer wird rechtlich erzwungen, wenn gleichzeitig
Pensionskassen, Versicherungen und andere institutionelle Anleger
regulatorisch zu Anlagen in Obligationenanleihen gezwungen werden
(Financial Repression)
‒ Investoren werden in Risikobereiche abgedrängt, in die sie nicht investieren
sollten, bzw. sonst gar nicht investieren würden (Schwellenländer, High-risk
Bonds etc.)
‒ Die hohe Liquidität und der damit verbundene "Anlagedruck" führen zu
Inflation und Blasenbildung bei Finanzaktiven; die Geldvernichtung erfolgt
nicht mehr durch Inflation bei Konsumgütern, sondern durch den
Zusammenbruch der Preise von Finanzaktiven
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Auswirkungen: Negativ
‒ Bei einem Leistungsbilanzdefizit kann die Währung bei tiefen Zinsen
unkontrolliert fallen, was zu importierter Inflation führt (typisches
Schwellenländer-Problem)
‒ Hohe Liquiditätsversorgung und tiefe Zinsen führen tendenziell zu einer
grossen öffentlichen und privaten Verschuldung im betreffenden Land; ein
Zinsanstieg wird in diesem Umfeld extrem schmerzhaft
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B. Rechtliche Fragen
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Grundlagen
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Negativzinsen und Rechtsnatur des Vertrages (i)
Darlehen OR 312 (Forderung auf Termin)
– Zins ist nicht Teil der Legaldefinition
• Bei Privatkrediten wird Zinslosigkeit vermutet
• Im kaufmännischen Verkehr wird dagegen Verzinsung vermutet
– Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann auch ein negativer «Zins» vereinbart
werden, obwohl der historische Gesetzgeber klar von einem positiven Zins
ausgegangen ist. Die Vereinbarung muss m.E. aber ausdrücklich erfolgen
 Anwendungsbereiche: Obligationen, Schuldverschreibungen von erstklassigen
Schuldnern (Emission über 100% null Zins, Rückzahlung 100%); wirtschaftlich
betrachtet wünscht der Gläubiger eine sichere Aufbewahrung des Geldes
 Kommerzielle Kredite mit negativen Zinsen sind aufgrund der Kosten und Risiken
nicht sinnvoll (in der Praxis kommt aber die kurzfristige Anlage von Sichtguthaben
unter Banken vor, wenn eine Bank tiefere Negativzinsen offeriert als die SNB; zum
Teil werden auch Kredite an Kantone mit Negativzinsen gewährt)
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Negativzinsen – Rechtsnatur des Vertrages (ii)
Unregelmässige Hinterlegung OR 481 (Forderungen auf Sicht)
– Zins ist nicht Teil der Legaldefinition
– Im Rahmen der Vertragsfreiheit kann ein positiver oder negativer Geldfluss für
den Hinterleger vereinbart werden
Weitere Bankverträge (Kontokorrentvertrag, etc.)
– Im Rahmen der Vertragsfreiheit können Geldflüsse (Zinsen, Gebühren) frei
vereinbart werden. Negativzinsen sind dementsprechend möglich
Unabhängig von der rechtlichen Qualifikation des Vertragsverhältnisses können die
Geldflüsse zwischen den Parteien frei vereinbart werden, womit Negativzinsen
möglich sind
Die Diskussion, ob ein Negativzins ein Zins oder eine Gebühr sei, ist in Anbetracht der
Vertragsfreiheit wenig fruchtbar. Entscheidend ist allein, dass ein entsprechender
Geldfluss vertraglich vorgesehen werden kann
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Negativzinsen – Staatliche Gebühren
– Von 1972 bis 1979 wurden aufgrund der Verordnung über die Verzinsung
ausländischer Gelder auf neu zugeflossenen Mitteln von Ausländern
Negativzinsen erhoben, welche dem Bund abgeliefert werden mussten (2%
pro Quartal)
– Bei diesen Belastungen handelte es sich um eine öffentliche Abgabe, d.h. eine
Gebühr bzw. eine Lenkungsabgabe (BGE 105 Ib 351)
– Die heutigen Negativzinsen sind ein Marktphänomen, das von der
Preisstellung der SNB ausgeht. Aufgrund dieser Marktlage vereinbaren
Privatparteien Negativzinsen
– Eine Gebühr liegt höchstens bei den Belastungen der SNB auf den
Girokontoguthaben der Banken vor
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Einzelne
Geschäftsarten
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Einlagen der Banken bei der SNB
– Die Negativzinsbelastung wird durch das «Merkblatt zu Negativzinsen auf
Girokontoguthaben» der SNB sowie in Ziff. 2.1.3 AGB geregelt
– Banken legen Schweizerfranken Liquidität auf Girokonten bei der SNB an.
Zinsbelastung -0,75% p.a., aber Freibetrag in Höhe des 20fachen des
Mindestreserve-Solls, mindestens aber bei CHF10 Mio. pro Girokontoinhaber
– Ist dies Zins oder eine öffentlich-rechtliche Abgabe (Gebühr bzw.
Lenkungsabgabe)?
• Wenn es eine öffentlich-rechtliche Abgabe («Hardwährungsgebühr» /
«Währungslenkungsabgabe») ist, stellt sich die Frage der notwendigen gesetzlichen
Grundlage – reicht NBG 9 Abs. 1 lit. a bzw. NGB 9 Abs. 2 – (vgl. 2.1.3 AGB)?
• Da die Einlagen freiwillig erfolgten, kann aber auch ein Verhältnis in Analogie zum
unregelmässigen Hinterlegungsvertrag angenommen werden, das die Nationalbank
im Rahmen ihres privatrechtlichen Instrumentariums abschliesst, was die
Vereinbarung eines Negativzinses ermöglicht
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Sichteinlagen von Kunden bei Banken
– Konten mit Rückzugs- oder Kündigungsmöglichkeit des Kunden (Sparkonten,
Depositenkonten etc.)
– Rechtliche Qualifikation: Unregelmässiger Hinterlegungsvertrag (BGE 100 II
153) mit Elementen des Darlehensvertrages («massgebend ist in erster Linie
der von beiden Parteien angenommene oder vorausgesetzte wirtschaftliche
Zweck»)
– In den entsprechenden Standardverträgen sehen die Banken normalerweise
vor, dass sie das Recht haben Habenzinsen und Gebühren innert bestimmter
Fristen anzupassen
– Sind Negativzinsen zulässig?
• Aufgrund der Vertragsfreiheit ist die Belastung mit Negativzinsen bzw. Gebühren
grundsätzlich zulässig
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• Fraglich ist, ob eine Habenzinsklausel oder eine allgemeine Gebührenklausel für
Negativzinsen ausreichen
• Wenn die Habenzinsklausel und die allgemeine Gebührenklausel keine Negativzinsen
bzw. volumenabhängige Hinterlegungsgebühren vorsieht, so ist sie m.E. keine
genügende Grundlage für die Erhebung von Negativzinsen, da Negativzinsen –
mindestens bis Ende 2014 – weder vom Begriff des Habenzinses noch vom Begriff
der gebührenpflichtigen Bankdienstleistung abgedeckt wurden. Wenn diese Klauseln
keine Negativzinsen erlaubt, so muss eine Vertragsänderung vorgenommen werden,
was den Banken aufgrund ihrer Standardverträge meist ebenfalls innert einer relativ
kurzen Frist möglich ist
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Termineinlagen von Kunden bei Banken
– Festgeldanlagen und ähnliche Beziehungen mit fester Laufzeit
– Rechtliche Qualifikation: Darlehen OR 312
– Festsetzung von Negativzinsen bzw. Gebühren im Rahmen der
Vertragsfreiheit
– Keine Anpassung während der Laufzeit, sofern dies nicht ausdrücklich
vereinbart worden ist
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Langfristige Festzinskredite
– Langfristige Festzinskredite, die in der Vergangenheit abgeschlossen worden
sind, weisen oft Zinsen auf, die weit weg von den heutigen Zinsen liegen; kann
der Kunde diese Verträge auflösen oder eine Zinssenkung verlangen?
Willensmängel: Nein
• Beim Abschluss des Vertrages gab es weder einen Grundlagenirrtum (ein Irrtum über
die Entwicklung der zukünftigen Zinsen genügt nicht) und auch keine
Übervorteilungssituation (zum Zeitpunkt des Abschluss entsprachen Leistung und
Gegenleistung den Marktbedingungen)
Wichtiger Grund/clausula rebus sic stantibus: Nein
• Die Veränderungen waren nicht unvorhersehbar, was einen wichtigen Grund bzw.
clausula rebus ausschliesst. Überdies liegt der Sinn der langfristigen Bindung gerade
darin, die damaligen Marktbedingungen langfristig zur Anwendung zu bringen
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Kredite mit variablen Zinsen
– CHF-Kredite mit variablen Zinsen sind im allgemeinen auf Libor gestellt (Libor
plus Marge)
– Die Vertragsbedingungen sehen meistens vor, dass negative Liborsätze nicht
berücksichtigt werden; der Kunde zahlt in diesem Fall nur die Marge
– Was gilt wenn vertraglich nichts vereinbart worden ist?
• Aus der Natur des Kreditvertrages kann argumentiert werden, dass der Zins nicht
negativ sein kann
• Da die Bank auf eine Klausel über den Ausschluss negativer Zinsen verzichtet hat,
kann aber auch argumentiert werden, dass sie negative Zinsen in Kauf genommen
hat. Allenfalls wurde auch eine Situation angestrebt, bei der Libor Kredit und
Zahlungen unter einem Swap kongruent verlaufen
 Präjudiz fehlt
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Swaps
– Der Swap ist ein Austauschgeschäft, in dem ein fester gegen einen variablen
Zinssatz getauscht wird
– Der Payor zahlt den festen Zinssatz, erhält dafür aber vom Receiver eine
variable Zahlung (Bei CHF meist von Libor abhängig)
– Meist werden Swaps als Absicherungsgeschäft für variable Schulden
verwendet (der Payor hat einen Libor Kredit aufgenommen, will nun aber die
Sicherheit fester Zinsen). Zum Teil werden Swaps auch ungedeckt zu
Spekulationszwecken eingesetzt
– Swaps, die ein Payor in den letzten Jahren abgeschlossen hat, erhöhen
dessen Finanzierungskosten erheblich und können auch die Bilanz belasten
(Bilanzierung des negativen Barwertes)
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Zins-Swap
Payor
fester
Zinssatz
variabler
Zinssatz
Receiver
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Swaps und negative Zinsen
– Swap-Verträge sehen vor, dass die negativen Zinsen verrechnet werden
(Swiss Master Agreement, ISDA Default Option)
– Payor zahlt bei negativen Zinssätzen zweimal:
• Fester Zinssatz und
• Negativer variabler Zinssatz
– Soweit der Vertrag nichts anderes vorsieht, muss der Payor den negativen
Zinssatz ebenfalls zahlen, da der Leistungsinhalt des Vertrags im Austausch
der beiden klar definierten Zahlungsströme liegt und keine Beschränkung auf
positive variable Zinsen vorgesehen ist
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Swap und Absicherung von langfristigen Darlehen mit
variablen Zinsen
– Bei vielen Schuldnern dient der Swap der Absicherung von Libor-Krediten um
so den Zins ab zu sichern; in wirtschaftlicher Betrachtung wollte der Schuldner
damit die gleiche Situation erreichen wie bei einem langfristigen Kredit mit
Festzins
– Bei langfristigen Hypotheken wurde die Kombination von Libor Hypothek und
Swap von verschiedenen Banken als Alternative zur Festzinshypothek
präsentiert; die Kosten lagen etwa 10bp tiefer als bei einer Festzinshypothek
– Problem für den Schuldner: Doppelbelastung, keine Kongruenz der
Zahlungsströme
• Bei der Libor Hypothek wird mit einem Libor von mindestens 0% gerechnet, sodass
der Schuldner im Endeffekt die Marge bezahlt
• Beim Swap muss er dagegen nicht nur den Festzins, sondern auch den negativen
Zins bezahlen
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Die Absicherung funktioniert nicht mehr bei negativen Zinsen, da Libor-Hypothek und
Swap bei diesem Bereich nicht kongruent sind. Die Kosten des Kredites, die der
Kunde mit dem Swap auf den Swap-Satz begrenzen wollte, steigen um den Betrag
des Negativzinses
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Rechtliche Positionen
– Wenn Libor-Kredit und Swap unabhängig voneinander abgeschlossen worden
sind, so hat der Payor nur dann eine Möglichkeit gegen den Receiver unter
dem Swap vorzugehen, wenn er einen Beratungsfehler beim Abschluss des
Swap nachweisen kann
– Wurden Swap und Libor-Kredit gleichzeitig mit der gleichen Gegenpartei
abgeschlossen und wurden als Alternative zu einem Festzinskredit empfohlen,
so stehen dem Payor folgende Argumentationen offen:
• Argumentation 1: Trotz der Aufteilung des Geschäftes auf zwei Verträge war eine
Festzinszahlung beabsichtigt, die über den gesamte Laufzeit gelten sollte. Eine
Zinserhöhung bei negativen Libor-Sätzen wurde nicht vorgesehen
• Argumentation 2: Beim Abschluss hat der Receiver im Swap stillschweigend einen
zum Libor Kredit kongruenten Floor von 0% zugesagt, weil dies allein dem Sinn des
Gesamtkonstruktes entsprach und zu Festzinsen führte
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• Argumentation 3: Es liegt ein Beratungsfehler vor, weil der Receiver /
Darlehensgeber nicht auf das Problem der doppelten Zahlung hingewiesen hat
• Gegenargument: Pacta sunt servanda – keine Beratungsverpflichtung bei einem
Kunden der die Geldströme selber beurteilen kann
 Es liegt kein Präzedenzfall vor
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C. Steuerliche Fragen
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Abzugsfähigkeit von Negativzinsen bei juristischen
Personen
– Kreditverträge mit Dritten
• Der Negativzins stellt in der Erfolgsrechnung Aufwand dar. Nach dem
Massgeblichkeitsprinzip verringert dies auch den steuerbaren Gewinn; keine
rechtliche Grundlage zu einer Aufrechnung
– Konzerninterne Kredite
• Die EStV hat die von ihr festgelegten Höchstzinssätze für Kredite von nahestehenden
Personen gesenkt; diese sind aber nicht negativ
• Die EStV hat auch die Mindestzinssätze für Kredite an nahestehende Personen
gesenkt; auch diese sind aber nicht negativ; insbesondere bei der Berechnung der
Zinsen aufgrund von Margen berücksichtigt die EStV offensichtlich negative
Refinanzierungszinsen nicht (die Praxis ist aber noch unklar); negative Zinsen
können daher grundsätzlich von den Steuerbehörden aufgerechnet werden
• Eine Aufrechnung ist aber nicht möglich, wenn nachgewiesen werden kann, dass bei
einem Dritten ebenfalls ein Negativzins belastet würde. Die Steuerbehörden werden
aber die Bonität des Empfängers sehr genau prüfen, da nur Banken mit sehr gutem
Rating Negativzinsen in Rechnung stellen können
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Abzugsfähigkeit der negativen Zinsen bei natürlichen
Personen
– Werden Guthaben im Geschäftsvermögen mit Negativzinsen belastet, so gilt
das gleiche wie bei juristischen Personen. Der steuerbare Gewinn wird durch
den betreffenden Aufwand reduziert
– Werden Guthaben im Privatvermögen mit Negativzinsen belastet, so stellt sich
die Frage, ob steuerlich eine Zinsbelastung vorliegt
• Wenn Negativzinsen steuerrechtlich als «Zinsen» betrachtet werden, so sind diese im
Rahmen des Maximalbetrages abzugsfähig (steuerbare Vermögenserträge zuzüglich
CHF 50’000)
• Wenn die Negativzinsen steuerlich als Gebühren qualifiziert werden, sind diese nicht
abziehbar. Allenfalls ist es aber immerhin möglich, diese im Rahmen der
Vermögensverwaltungskosten abzuziehen (analog zu Depotgebühren). Bisher
wurden von den meisten Steuerverwaltungen aber nur Kosten für Verwahrung und
Verwaltung von Wertschriften berücksichtigt, nicht jedoch Kosten bei Bankguthaben
 Präjudizien fehlen, Praxis noch unklar
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