Schorndorf REDAKTION SCHORNDORF TELEFON FAX E-MAIL ONLINE 07181 9275 -20 07181 9275 -60 [email protected] www.schorndorfer-nachrichten.de Paar des Tages Die Franks sind 50 Jahre verheiratet EXTRA: B 1 Nummer 203 – SHS1 Donnerstag, 3. September 2015 Flüchtlingsunterbringung in Schorndorf Engagement statt rechter Parolen Zur Infoveranstaltung des Landratsamtes kamen rund 400 Bürgerinnen und Bürger in die Künkelinhalle Von unserer Mitarbeiterin Sigrid Krügel Schorndorf. 95 Flüchtlinge werden am Montag in die Turnhalle der Schorndorfer Berufsschule einziehen. Darüber hat Landrat Sigel in der Künkelinhalle vor rund 400 Besuchern informiert. Die Stimmung: hilfsbereit und offen. Immer mehr Menschen engagieren sich bei „Schorndorf hilft“, einer privaten Initiative von Stadtrat Jürgen Dobler. Das Ehepaar ist bekannt in Schorndorf – weil beide engagiert waren beziehungsweise sind: Renate und Peter Frank haben heute vor 50 Jahren geheiratet, feiern also Goldene Hochzeit. Peter Frank wurde am 9. Februar 1941 in Schwäbisch Gmünd geboren und ist dort aufgewachsen. Die Eltern kamen 1940/41 von Südtirol nach Deutschland, „heim ins Reich“, wie es damals der „Führer“ propagierte. Mit dem Nationalsozialismus hatten sie aber nichts zu tun. Renate Frank kam am 14. Mai 1945 in Traben-Trarbach an der Mosel zur Welt. Durch berufliche Veränderungen der Eltern verbrachte sie ihre Kindheit in Walsrode, Ingelheim, Eppelheim bei Heidelberg. 1959 erfolgte dann der Umzug nach Schwäbisch Gmünd. Beide haben sich dort auch kennengelernt. Gemeinsame Leidenschaft zu dieser Zeit war der Rock‘n’Roll. Damals gab es keine Jugendclubs oder Discos. Gemeinsam mit anderen Jugendlichen wurde ein Teenagerclub gegründet. Weder die Stadt noch andere Institutionen haben diese Idee unterstützt, an Zuschüsse war schon gar nicht zu denken. So half man sich mit dem sonntäglichen Kneipenbesuch. Nur hier hatte man die Möglichkeit, mit Hilfe der Musikbox die geliebte und von den Eltern so verachtete Musik zu zelebrieren. Im Rückblick eine wunderschöne und intensive gemeinsame Jugendzeit, findet das Ehepaar. 1965 fand die Hochzeit in Schwäbisch Gmünd statt. Unmittelbar danach war es möglich, in eine Wohnung im Hochhaus in der Erlensiedlung in Schorndorf einzuziehen. In der Daimlerstadt kamen dann auch die Tochter und der Sohn in den Jahren 1966 und 1968 auf die Welt. Peter Frank begann nach der Volksschule 1955 zunächst eine Lehre als Glasmacher (Glasbläser). 1962 bewarb er sich bei der Polizei und wurde eingestellt. Es folgten zweieinhalb Jahre Bereitschaftspolizei und 1965 die Versetzung in den Einzeldienst, zunächst nach Schwaikheim und dann nach Schorndorf. Zwischendurch war er fünf Jahre in Waiblingen. Nach insgesamt fast 40 Jahren Polizeidienst ging Peter Frank 2001 in den Ruhestand. Seit 2004 ist er ehrenamtlich für die Polizei als Seniorenberater tätig. Für die SPD saß der Jubilar 18 Jahre im Gemeinderat der Stadt Schorndorf, verbunden mit Parteiarbeit – er war über 30 Jahre Kassier. Weitere ehrenamtliche Tätigkeiten waren: 2006 Volunteer bei der Fußball-WM in Stuttgart, 2008 bei der EM in Basel und 2011 bei der Frauen-WM in Hoffenheim. Renate Frank startete nach dem Besuch der Höheren Handelsschule in Gmünd und nach Abschluss mit der Mittleren Reife als kaufmännische Angestellte bei Daimler-Benz in Schwäbisch Gmünd. Nach der Hochzeit und dem Umzug nach Schorndorf war sie 40 Jahre zunächst im Verkauf und dann als Chefsekretärin bei der Firma Dr. Staiger Mohilo tätig. Sie ist seit 2010 im Ruhestand und hat im Jahre 2012 zusammen mit einem Kollegen eine neue Aufgabe bei der Schorndorfer Tafel übernommen. Renate Frank ist stellvertretende Vorsitzende der Arbeiterwohlfahrt und Beirat im Verein der Freunde der Rems-Murr-Klink in Schorndorf. Durch gemeinsame Hobbys wie Skifahren, Tennisspielen und seit 2007 mit großen selbst organisierten Radtouren durch Deutschland halten sich die Franks fit. Mitte September wird der Weser-Radweg in Angriff genommen – wohlgemerkt ohne E-Bike oder Pedelec. Mit viel Freude und großem Stolz begleitet das Ehepaar die Lebenswege der drei erwachsenen Enkel. Das Ehejubiläum wird heute mit der ganzen Familie in Schwangau gefeiert. Bild: Schneider In Kürze Schorndorf-Haubersbronn. Die für Freitag, 4. September, vorgesehene Sitzung des Ortschaftsrats Haubersbronn findet bereits am Donnerstag, 3. September, statt. Beginn ist um 19.30 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. Vor gut einer Woche hat der Kreis entschieden, in drei kreiseigenen Turnhallen in Waiblingen, Backnang und Schorndorf Flüchtlinge unterzubringen. In Schorndorf ist die Turnhalle des Beruflichen Schulzentrums in der Olgastraße betroffen. Laut Landrat Dr. Richard Sigel befindet sich die Kreisverwaltung derzeit im „Krisenmodus“. „Die Zahlen explodieren, wir versuchen, die Flüchtlinge menschenwürdig unterzubringen.“ Auch an längerfristigen Lösungen werde „mit Hochdruck“ gearbeitet. Doch das dauert. Leerstehender Wohnraum ist in der gesamten Region nur schwer zu finden. Joachim Frey, Geschäftsbereichsleiter Besondere Soziale Hilfen beim Landratsamt, informierte, weshalb der Kreis nicht besser auf die Ankunft der Flüchtlinge vorbereitet ist. „Im Februar ging das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge noch von 300 000 Menschen aus.“ Im Mai erfuhren die Kreise, dass es wohl eher 450 000 werden. Und im August sei die neuste Schätzung mit 800 000 Flüchtlingen veröffentlicht worden. 41 der neuen Flüchtlinge kommen aus Syrien Bei den 95 Flüchtlingen, die für zunächst drei Monate in der Turnhalle wohnen sollen, handelt es sich wie auch schon in Haubersbronn ausschließlich um Männer. Der Kreis versuche bewusst, vor allem männliche Flüchtlinge zugeteilt zu bekommen, so Dr. Peter Zaar, Dezernent für Verkehr, Recht, Ordnung und Verbraucherschutz im Rems-Murr-Kreis. „Die Unterbringung ist Dass die Flüchtlinge gut in Schorndorf aufgenommen und betreut werden, war das Hauptanliegen der Bürger. einfacher.“ Familien mit Kindern könnten in einer Halle, die kaum Privatsphäre zulässt und in der keine Lärmabschottung möglich ist, nicht wohnen. Welche Nationalität die neuen Flüchtlinge haben, steht inzwischen auch fest: 41 stammen aus Syrien, 16 aus Gambia, jeweils zehn aus Algerien und Albanien, neun aus Afghanistan und fünf aus Tunesien. Vier sind noch nicht bekannt. Kochen werden die Leute für sich selbst, dazu werden Küchencontainer aufgestellt. Die Cafeteria der Schule ist nicht betroffen. Der Sportunterricht wird zum Teil ausfallen, prüfungsrelevanter Sportunterricht Sie informierten in der Künkelinhalle: Peter Zaar, Landrat Richard Sigel und Joachim Frey vom Landratsamt sowie Bürgermeister Andreas Stanicki von der Stadt Schorndorf (von links). Ansprechpartner Infos der Stadtverwaltung Schorndorf. Wer Asylsuchende unterstützen will, kann sich an die Stadt wenden. Es werden Ehrenamtliche für vier Themenbereiche gesucht: Betreuung, Sprachhilfe, Sport und Schule. Ein Willkommensessen für die Flüchtlinge in der Turnhalle, zu dem auch die Ehrenamtlichen eingeladen werden, soll am Montag, 14. September, stattfinden. Ansprechpartner für Spenden aller Art, die Asylsuchenden zugutekommen sollen, sind Ulrich Kommerell, � 0 71 81/6 02-33 03, EMail [email protected], und die Integrationsbeauftragte der Stadt, Lea Ahrens, � 0 71 81 / 6 02-33 02, E-Mail [email protected], beide aus dem Fachbereich Familien, Soziales, Bürgerschaftliches Engagement. Gebraucht werden in erster Linie Kleidung, Schuhe und Fahrräder. Kleider- und Schuhspenden nimmt das DRK Schorndorf in der Lortzingstraße 48 an, � 0 71 81/4 50 45. Fahrräder, Schlösser, Helme nimmt die Fahrradwerkstatt in der Wiesenstraße 64. Öffnungszeiten für Abgaben: dienstags von 9.30 bis 13 Uhr und donnerstags von 14 bis 17 Uhr. Auch wer eine Patenschaft für einen Asylsuchenden übernehmen oder ehrenamtlich tätig werden möchte, kann sich bei Kommerell und Ahrens melden. Wer sich als Sprachhelfer engagieren möchte, kann sich unter www.sprachhelfer-schorndorf.de und per E-Mail an [email protected] über die Möglichkeiten informieren. Wer in Haubersbronn helfen will, kann sich unter � 0 71 81/6 02-90 21 an die Verwaltungsstelle Haubersbronn wenden. Der Kreis stellt derzeit drei Sozialarbeiter für Schorndorf, die bis mindestens Oktober allerdings auch Weinstadt und Urbach mitbetreuen müssen: Nabil El Tolony, Petra Raithle und Kristian Weber. Kontakt: Nabil El Tolony, Telefon 0 71 81/6 39 81, EMail [email protected]. findet in der zweiten Sporthalle des Berufsschulzentrums statt. Für die Betreuung der Asylbewerber stellt der Kreis Sozialarbeiter. Aber nicht so viele, wie er eigentlich müsste, nämlich einen pro 120 Flüchtlinge. Stellenausschreibungen laufen, informierte Joachim Frey. „Aber der Markt ist leer gefegt.“ Für die Turnhalle wird außerdem ein Wachdienst engagiert. Er wird rund um die Uhr da sein – auch als Ansprechpartner für Anwohner, falls es doch mal Probleme gibt. Wie werden die Leute betreut? Was machen sie den ganzen Tag? Und wie können wir helfen? Das sind die am häufigsten gestellten Fragen aus dem Publikum. Keine Ablehnung, schon gar keine rechten Parolen. Bei Gemeinderat Karl-Otto Völker hat sich ein Schorndorfer gemeldet, der Unterkünfte für ein bis vier Leute bereitstellen könnte. „Es gibt eine große Bereitschaft in der Bevölkerung, zu helfen. Aber Sie müssen Wege aufzeigen“, so Völker an die Adresse des Landrats. Die freilich sind oftmals versperrt. Wer als Asylbewerber in Deutschland lebt, muss in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, sagt Joachim Frey. Ausnahmen sind erlaubt, aber nicht unbedingt im Sinne des Kreises. „Das wird für uns unheimlich aufwendig.“ Auch einen Flüchtling kostenlos in der Familie aufzunehmen, ist nicht gestattet. Die Gemeinschaftsunterkunft nur zum Übernachten nutzen und den Tag bei einer Patenfamilie verbringen – daran ist freilich nichts auszusetzen, so Joachim Frey auf eine weitere Frage. Arbeiten ist den Flüchtlingen ebenfalls untersagt. Nur Ein-Euro-Jobs sind erlaubt. Mit der Berufsschule sollte deshalb geklärt werden, ob nicht einige Flüchtlinge im Unterricht hospitieren können, regt Stadtrat Werner Neher an. „Viele sind im Berufsschulalter.“ „Die Menschen brauchen eine Beschäftigung“, so denn auch der eindringliche Ap- Bilder: Schneider Zahlen � Aufgrund seiner Einwohnerzahl muss der Rems-Murr-Kreis 4,4 Prozent aller neuen Flüchtlinge in Baden-Württemberg aufnehmen. � Das waren von Januar bis Juni 2015 monatlich zwischen 151 und 191 Menschen. Im Juli mussten 306 Flüchtlinge im Kreis untergebracht werden, im August 437 und im September werden es rund 650 sein. � Bis Ende des Jahres sind laut Schätzung des Kreises Betten für weitere 2500 Menschen bereitzustellen. Dazu werden derzeit 100 Objekte im gesamten Kreis geprüft. � Die meisten Flüchtlinge im RemsMurr-Kreis stammen aus Gambia, gefolgt vom Kosovo, Syrien, Algerien und Serbien. pell gleich mehrer Zuhörer im Saal, denen das Engagement von Stadt und Kreis nicht weit genug geht. Was vor allem fehlt: eine Struktur für die Ehrenamtlichen wie in Haubersbronn, kritisiert Stadtrat Jürgen Dobler. Dort haben sich die Ehrenamtlichen in drei Gruppen mit jeweils einem Verantwortlichen zu den Themen Betreuung, Sport und Sprachhilfe zusammengefunden. Info Eine weitere Infoveranstaltung des Landkreises findet am Freitag, 4. September, ab 17 Uhr in Waiblingen in der Mensa des Beruflichen Schulzentrums statt. In Waiblingen soll die Alte Sporthalle am 9. September mit rund 120 Flüchtlingen belegt werden. Schorndorf hilft Neue Plattform ist seit Samstag online Schorndorf. Stadtrat Jürgen Dobler hat sich in der Flüchtlingsunterkunft in Haubersbronn umgeschaut. Kein Hausmeister, kein Sozialarbeiter sei da gewesen, sagt er. Spontan hat er deshalb die Plattform „Schorndorf hilft“ eingerichtet. Wer sich um Flüchtlinge kümmern will, erfährt hier, wo gerade Hilfe benötigt wird. 620 Unterstützer hat Jürgen Doblers Facebook-Gruppe „Schorndorf hilft“, die am Samstag online gegangen ist, bereits. Und es werden stündlich mehr. „Wir versuchen, das Ehrenamt zu bündeln, aber wir brauchen einen Plan“, so der SPD-Stadtrat. Und es werden Hauptamtliche gebraucht, die die Ehrenamtlichen koordinieren. Beides vermisst Dobler derzeit bei Kreis- und Stadtverwaltung. In Haubersbronn hat er erlebt, dass die Flüchtlinge dringend Jeans benötigen. Also hat er die entsprechende Information auf Facebook gepostet. Die ersten Hosen sind bereits beim DRK in Schorndorf abgegeben worden, die ersten Flüchtlinge wurden bereits versorgt. „Wir brauchen Angebote, wir brauchen Leute, die die Flüchtlinge an die Hand nehmen“, sagt Jürgen Dobler. Denn während die Asylbewerber in der Haubersbronner Festhalle eine große Wiese haben, auf der sie sich aufhalten können, gibt es bei der Turnhalle in der Olgastraße keinerlei Aufenthaltsbereiche im Freien. „Die dürfen nicht mal auf den Schulhof. Wo sollen die hin?“ Wer Ideen hat und sich engagieren will: „Schorndorf hilft“ freut sich über jeden neuen Mitstreiter. Info Facebook-Mitglieder können die Gruppe „Schorndorf hilft“ unter www.facebook.com/ groups/474729152704745 erreichen. Eine für alle zugängliche Internetseite ist inzwischen ebenfalls online: www.schorndorf-hilft.de.
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