Neue Diagnosekriterien der Kortikobasalen Degeneration

Neue Diagnosekriterien der Kortikobasalen Degeneration
Armstrong, M. J., et al. (2013). Criteria for the diagnosis of corticobasal degeneration.
Neurology, 80(5):496–503.
T. Kocar, Redakteur der Med-Wis
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Hintergrund: Die Kortikobasale Degeneration (engl.: Corticobasal Degenereation = CBD) zählt
zu den atypischen Parkinson-Syndromen. Histologisch handelt es sich um eine Tauopathie mit
intrazelluläre Aggregation von hyperphosphorilierten Tau-Protein. Die Erkrankung präsentiert
sich mit motorischen und kortikalen Symptomen. Zu den motorischen Symptomen zählen ein
assymmetrischern Rigor, Bradykinese und posturaler Instabilität. Im Verlauf treten eine
Gehstörung, häufige Stürze und ein axialer Rigor hinzu. Zu den kortikalen Symptomen zählen
kognitive und behaviorelle Auffälligkeiten, Apraxie und Aphasie. Das für die Erkrankung
typische „Alien-limb“-Phänomen tritt nur in 20 bis 30 Prozent der Fälle auf. Im Vergleich zu
neuropathologischen Studien wird die klinische Diagnose nur in 25 bis 56 Prozent der Fälle
korrekt gestellt.
Fragestellung: Wie können die Diagnosekriterien der Kortikobasalen Degeneration verbessert
werden?
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Neue Diagnosekriterien der Kortikobasalen Degeneration
Methodik: Eine internationale Expertenkommission, bestehend aus Spezialisten für
behaviorelle Neurologie, Neuropsychologie und Bewegungsstörungen, wurde eingeladen.
Basierend auf der Erfahrung der Kommission und Literatur-Reviews wurden klinische
Phänotypen identifiziert und neue Diagnosekriterien entworfen. Anschließend wurde eine
systematische Literaturrecherche durchgeführt. Zusätzlich stellten 5 pathologische Institute
Falldaten zu Patienten mit histologisch gesicherter CBD zur Verfügung.
Ergebnisse: Histologisch wurden fünf Phänotypen mit CBD-Pathologie identifiziert: Das
Kortikobasale Syndrom (engl. corticobasal syndrome = CBS) (37,1% der Fälle), das
PSP-Syndrom (23,3%), die frontotemporale Demenz (13,8%), die Alzheimer-ähnliche Demenz
(8,1%) und die primäre Aphasie (4,8%). Davon ausgehend wurden 4 Phänotypen der CBD
definiert: Das Kortikobasales Syndrom, das Frontal Behavioral-Spatial Syndrome, die
nicht-flüssige Variante der primär-progredienten Aphasie und das PSP-Syndrom.
Diagnosekriterien für eine mögliche CBD und für eine wahrscheinliche CBD
(Forschungskriterien) wurden auf Basis der erhobenen Daten definiert. Erste sind dabei auf die
hohe Spezifität auslegt. Grundsätzlich muss ein langsam-progredienter Verlauf vorliegen und
die Symptome müssen seit mindestens einem Jahr bestehen. Für die Forschungskriterien muss
der Patient älter als 50 Jahre alt sein und darf keine Genmutation oder positive
Familienanamnese aufweisen. Zudem muss mindestens immer eins der unten genannten
Symptome a-f vorliegen.
Für das Kortikobasale Syndrom müssen a) ein Rigor oder Akinesie, b)
eine Dystonie oder c) ein Myoklonus und zusätzlich d) eine orobuccale oder
Extremitäten-Apraxie e) kortikal-sensorische Ausfälle oder f) ein Alien-limb-Phänomen
vorliegen. Für das wahrscheinliche Kortikobasale Syndrom müssen je zwei der Symptome a-c
und d-f asymmetrisch vorliegen. Für das Frontal Behavioral-Spatial Syndrome müssen zwei der
Symptome Exekutivdysfunktion, Verhaltensauffälligkeiten und visuell-räumlicher Ausfälle
vorliegen. Für die nicht-flüssige Variante der primär-progredienten Aphasie müssen eine
nicht-flüssige Aphasie und eine Sprechapraxie oder ein gestörtes Satzstrukturverständnis bei
erhaltenem Einzelwortverständnis vorliegen. Für das PSP-Syndrom müssen drei der Symptome
axialer Rigor oder Akinesie, posturale Instabilität, Harninkontinenz, Verhaltensauffälligkeiten
und supranukleäre Blickparese und zusätzlich ein Symptom b-f vorliegen. Für das
PSP-Syndrom der CBD sind keine Forschungskriterien definiert worden.
Limitationen: Aufgrund des retrospektiven Ansatzes der Arbeit waren die Datensätze zum Teil
unvollständig. Symptome wurden nur dann als anwesend oder abwesend gewertet, wenn dies
explizit beschrieben wurden. Hierdurch könnte es zu einer Überbewertung der Prävalenz der
Symptome gekommen sein.
Fazit:
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Neue Diagnosekriterien der Kortikobasalen Degeneration
Symptome Wahrscheinliches CBS
Asymmetrisch, 2 der Symptome a) Rigor, b) Dystonie, c) Myoklonus und zusätzlich 2 der
Symptome d) orobuccale oder Extremitäten-Apraxie, e) kortikal-sensorischer Ausfälle, f)
Alien-limb-Phänomen
Symptome Mögliches CBS
1 der Symptome a) Rigor, b) Dystonie, c) Myoklonus und zusätzlich 1 der Symptome d)
orobuccale oder Extremitäten-Apraxie, e) kortikal-sensorischer Ausfälle, f)
Alien-limb-Phänomen
Symptome Frontal Behavioral-Spatial Syndrome
2 der Symptome a) Exekutivdysfunktion, b) Verhaltensauffälligkeiten, c) visuell-räumlicher
Ausfälle
Symptome Nicht-flüssige Variante der primär-progredienten Aphasie
Nicht-flüssige Aphasie und eine Sprechapraxie oder ein gestörte Satzstrukturverständnis bei
erhaltenem Einzelwortverständnis
Symptome PSP-Syndrom
Für das PSP-Syndrom müssen 3 der Symptome a) axialer Rigor, b) posturale Instabilität, c)
Harninkontinenz, d) Verhaltensauffälligkeiten und e) suprenukleäre Blickparese und zusätzlich
ein CBS-Symptom b-f vorliegen.
Kommentar des Autors: Das Kortikobasale Syndrom ist nur noch ein Phänotyp der nun als
kortikobasalen Degeneration bezeichneten Erkrankung. Weitere Phänotypen sind das frontal
behavioral-spatial syndrome, die nicht-flüssige Variante der primär-progredienten Aphasie und
das PSP-Syndrom. Die neuen Diagnosekriterien könnten die Diagnosefindung in Zukunft
verbessern, zum Zeitpunkt fehlen jedoch Daten um dies statistisch zu unterstützen.
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Hinsichtlich des primären Endpunktes Tod oder schwere Behinderung unterschieden sich beide
Gruppen mit 52% (intensivierte Blutdrucksenkung) versus 55,6% (Standardtherapie) nicht
(p=0,06). Das funktionelle Outcome der Patienten bezogen auf die verbesserte modified
Ranking Scale ergab ein signifikantes Ergebnis zu Gunsten der intensivierten Blutdrucksenkung
(p=0,04). Die Lebensqualität war hinsichtlich der Mobilität in beiden Gruppen gleich (p=0,13),
dagegen waren Selbstständigkeit (p=0,02), allgemeine Aktivität (p=0,006), Schmerz (p=0,01),
Depression/Angst (p=0,05) und Gesamt-Gesundheits-Nutzen (p=0,002) nach intensivierter
Blutrucksenkung signifikant verbessert. Hinsichtlich der Behandlungssicherheit waren
neurologische Verschlechterung innerhalb 24 Stunden nach Behandlungsbeginn sowie schwere
Nebenwirkung ohne signifikanten Gruppenunterschied. Das Hämatomwachstum nach 24
Stunden zeigte sich kein signifikanter Gruppenunterschied.
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