Der Fall - Alpmann Schmidt

Klausuren für das 2. Examen
C 105 Aktenauszug
Hoffmann ./. Stein
18.05.2015 Frank Müller
RECHTSANWALT DR. ALBERT NEUMANN
§§
47112 KREFELD
Am Markt 37 47112 Krefeld Tel.: 02151/753446 Fax: 02151/753557 E‐Mail: [email protected] Bürozeiten: Mo‐Fr 9.00 – 12.00 Uhr Mo‐Do 15.00 – 18.00 Uhr Datum: 18.03.2015 Aktenvermerk: Es erscheint der Bierverleger Ernst Hoffmann, Ring 9, 47799 Krefeld, und bittet um Beratung und Vertretung in folgender Angelegenheit: Herr Hoffmann hat am 3. Februar 2015 das im Grundbuch von Krefeld, Band 82, Blatt 2091 eingetragene Grundstück – Gartenrestaurant Augusthöhe – zu einem zu zahlenden Betrag von 122.200 € ersteigert. Eigentümer war der Gastwirt Berthold Weigand. Herr Hoffmann legt den Zuschlagsbeschluss vom 3. Februar 2015 – 6 K 3/15 Amtsgericht Kre‐
feld – vor. Das Grundstück hatte seit Mitte 2014 zur Versteigerung gestanden. Als Herr Hoffmann nach dem Zuschlag das Grundstück besichtigte, stellte er fest, dass sich keine Gartentische und ‐stühle auf dem Grundstück befanden. Aus früheren Besuchen der Gaststätte wusste er, dass solches Mobiliar vorhanden gewesen war. Er hat wegen dieses Mobiliars den Gastwirt Weigand zur Rede gestellt, der ihm daraufhin mit‐
teilte, dass er die 30 Gartentische und 150 Gartenstühle, die zu dem Gartenrestaurant gehört hätten und die während des Winters in einem Anbau des Gebäudes eingelagert gewesen seien, am 7. Januar 2015 an den Getränkegroßhändler Otto Stein, Bahnhofstraße 128, 47829 Krefeld, veräußert habe. Dieser habe die Stühle noch am selben Tag abgeholt und auf seinem Lager untergestellt. Allein das eilige Entfernen bestätige den Verdacht, dass Stein vom Versteige‐
rungsverfahren gewusst habe. Der Kaufpreis von 1.200 € sei gegen Forderungen der Firma Otto Stein aus Getränkelieferungen verrechnet worden. Herr Hoffmann hat Herrn Stein bei einem persönlichen Gespräch zur Herausgabe der Gartenti‐
sche und ‐stühle aufgefordert. Herr Stein hat sich aber geweigert, da er – wie er erklärt habe – bei dem Erwerb der Tische und Stühle keine Kenntnis von dem schwebenden Versteigerungs‐
verfahren gehabt habe. Dies könne man aber Herrn Stein nicht abnehmen, da das Versteige‐
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rungsverfahren in den interessierten Kreisen, zu denen gerade auch Herr Stein als Getränkelie‐
ferant und Gläubiger von Herrn Weigand gehört habe, natürlich bekannt gewesen sei. Herr Hoffmann möchte an die Tische und Stühle herankommen; sie werden für den Betrieb, den er umgehend verpachten möchte, benötigt. Inzwischen seien die Gartentische und ‐stühle zu allem Überfluss auch noch am 16. März 2015 bei der Firma Stein von dem Gerichtsvollzieher Schröder im Auftrag des Kaufmanns Arthur Stockbauer, Hansastraße 76, 47809 Krefeld, auf Grund eines Vollstreckungsbescheids, den Herr Stockbauer gegen Herrn Stein erwirkt habe, gepfändet worden. An Herrn Stockbauer hat sich Herr Hoffmann noch nicht gewandt, da er sich insoweit nicht über die Rechtslage im Klaren ist. Auf Nachfrage: Die Gartentische werden einen Wert von etwa 40 €, die Gartenstühle von etwa 10 € je Stück haben. Es handelt sich um Klarlack‐lasierte Kiefernholzmöbel. Wir sind so verblieben, dass ich die Rechtslage prüfen und ggf. noch an Herrn Stockbauer he‐
rantreten werde. Anschließend soll dann in einem neuen Termin das weitere Vorgehen besprochen werden. gez. Dr. Neumann ––––––
Vermerk:
1) Ich habe die Grundakten Krefeld, Band 82, Blatt 2091 eingesehen. Der Zwangsversteigerungsvermerk ist am 16. Juni 2014 im Grundbuch eingetragen worden.
2) Tel. Anfrage bei Gerichtsvollzieher Schröder: Er hat die Pfändung der Gartentische und
-stühle am 16. März 2015 bei der Firma Stein auf Grund eines Vollstreckungsbescheids des
Amtsgerichts Krefeld vom 19. Januar 2015 – 27 B 877/15 – durchgeführt (DR II 1912/15).
Krefeld, 20.03.2015
gez. Dr. Neumann
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Zur Erledigung:
1) Schreiben an Herrn Arthur Stockbauer, Hansastraße 76, 47809 Krefeld:
Hoffmann ./. Stockbauer
Sehr geehrter Herr Stockbauer,
ich zeige Ihnen an, dass ich Herrn Ernst Hoffmann, Ring 9, 47799 Krefeld, vertrete.
Herr Hoffmann hat am 3. Februar 2015 in dem Zwangsversteigerungsverfahren 6 K 3/15 Amtsgericht
Krefeld das Grundstück Gartenrestaurant Augusthöhe in Krefeld ersteigert und ist seitdem der Eigentümer dieses Grundstücks.
Zu dem Grundstück gehören 30 Gartentische und 150 Gartenstühle, die der frühere Eigentümer des
Grundstücks, Herr Berthold Weigand, während des Zwangsversteigerungsverfahrens an den Getränkegroßhändler Otto Stein, Bahnhofstraße 128, 47829 Krefeld, veräußert hat.
Herr Weigand konnte jedoch während des Zwangsversteigerungsverfahrens das zum Versteigerungsobjekt gehörende Mobiliar nicht wirksam veräußern.
Herr Stein – dem dies auch bewusst war - ist daher nicht Eigentümer dieser Gegenstände geworden.
Vielmehr hat mein Mandant zugleich mit dem Eigentum an dem Grundstück auch das Eigentum an diesen Gegenständen erworben.
Infolgedessen konnten Sie auch nicht wegen Ihrer Ansprüche gegen Herrn Stein die Tische und Stühle
wirksam durch den Gerichtsvollzieher bei Herrn Stein pfänden lassen. Die von Ihnen ausgebrachte Pfändung ist daher unzulässig.
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Ich bitte Sie daher, die Gegenstände freizugeben.
Diese Freigabeerklärung erbitte ich bis zum 30.03.2015.
Sollten Sie diese Erklärung nicht bis zum 30.03.2015 abgeben, wäre ich zu meinem Bedauern gezwungen, eine entsprechende Klage auf Freigabe gegen Sie zu erheben. Bitte beachten Sie, dass hierdurch für
Sie Unannehmlichkeiten und Kosten entstehen werden.
Mit freundlichem Gruß
RA Dr. Albert Neumann
2) Abschrift des Schreibens zu 1) an Mandant zur Kenntnisnahme.
3) Wiedervorlage: 30.03.2015.
Krefeld, 20.03.2015
gez. Dr. Neumann
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Rechtsanwalt
Wolfang Brandt
UStId.-Nr. DE 18928432347
RA Wolfgang Brandt, Vornholtzstr. 224, 47224 Krefeld
Herrn
Rechtsanwalt Dr. Albert Neumann Am Markt 37
Sprechzeiten: Montag bis Freitag
09:00 Uhr bis 17:00 Uhr
Bei Zuschriften und Zahlung bitte angeben:
47112 Krefeld 209/14X01
Vornholtzstraße 224
47224 Krefeld, den 25.03.2015
Tel.: 02151 – 8200-10
Fax: 02151 - 8200110
Hoffmann ./. Stockbauer Sehr geehrter Herr Kollege, in der vorgenannten Angelegenheit hat mir Herr Arthur Stockbauer Ihr Schreiben vom 20.03.2015 zur Beantwortung übergeben. Entsprechende Bevollmächtigung wird anwaltlich versichert. Die von Ihnen geforderte Freigabeerklärung wird nicht erteilt. Herr Stein ist zweifelsfrei Eigentümer der von meinem Mandanten gepfändeten Gartentische und ‐stühle, sodass daher diese Pfändung wirksam ist. Herr Stein hat – wie er als Zeuge sicherlich bestätigen wird – bei dem Erwerb dieser Gegen‐
stände von Herrn Weigand nicht gewusst, dass über das Grundstück Gartenrestaurant Au‐
gusthöhe das Zwangsversteigerungsverfahren anhängig war. Bereits deshalb hat er das Eigen‐
tum wirksam von dem früheren Eigentümer des Grundstücks erworben. Das Zwangsversteigerungsverfahren und insbesondere der Zuschlag zugunsten Ihres Mandan‐
ten haben sich ohnehin nicht auf die Gartentische und ‐stühle bezogen. Falls das Versteigerungsverfahren und die Beschlagnahme des Grundstücks überhaupt das Mobiliar erfasst haben – was bereits sehr zweifelhaft ist –, ist es durch den Verkauf und die –4–
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Entfernung von dem Grundstück von irgendeiner Haftung und Beschlagnahme frei geworden. Zudem kann eine etwaige Beschlagnahme ohnehin nicht zugunsten Ihres Mandanten gewirkt haben, da dieser – so die Kenntnis meines Mandanten – weder die Zwangsversteigerung des Grundstücks betrieben hat noch ein dinglicher Gläubiger des Grundstückseigentümers Wei‐
gand war. Herr Weigand konnte daher wirksam über die Gegenstände verfügen, zumindest im Verhältnis zu Ihrem Mandanten als dem späteren Ersteher des Grundstücks. Ihr Mandant kann dementsprechend auch nicht durch den Zuschlag das Eigentum an den Gegenständen erworben haben. Ihr Mandant kann das Grundstück mit dem Zuschlag im Übrigen auch ohnehin nur in dem Zustand erworben haben, in dem es sich zu diesem Zeitpunkt befand, d.h. allenfalls mit den Gegenständen, die sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Grundstück befanden. Der Zuschlag kann sich nicht auf solche Sachen beziehen, die – wie hier – bereits vorher veräußert und von dem Grundstück entfernt worden waren. Es ist auch davon auszugehen, dass Ihr Mandant überhaupt nicht gewusst hat, dass sich die Gartentische und ‐stühle früher auf dem Grundstück befunden haben und dass er sie über‐
haupt hatte erwerben wollen. Somit ist Herr Stein Eigentümer der Gartentische und ‐stühle, sodass daher die von meinem Mandanten erwirkte Pfändung wirksam ist. Für eine Freigabe zugunsten Ihres Mandanten besteht daher keine Veranlassung. Sollten Sie gleichwohl Klage gegen Herrn Stockbauer erheben, bitte ich Sie, mich als Prozessbe‐
vollmächtigten anzugeben. Mit freundlichem, kollegialen Gruß gez. Brandt, Rechtsanwalt ––––––
Zur Erledigung:
1) Schreiben an den Mandanten:
In Ihrer Angelegenheit hinsichtlich der Gartentische und -stühle des von Ihnen erworbenen Grundstücks Gartenrestaurant Augusthöhe hat Herr Stockbauer durch Schreiben seines Rechtsanwalts
Brandt abgelehnt, die von ihm gepfändeten Gegenstände freizugeben.
Ich füge eine Abschrift dieses Schreibens zu Ihrer Kenntnisnahme bei.
Es muss nun das weitere Vorgehen besprochen werden.
Ich bitte Sie deshalb um fernmündliche Terminsabsprache.
Mit freundlichem Gruß
2) Kopie des Schreibens von RA Brandt dem Schreiben an den Mandanten beifügen.
3) Wiedervorlage: sofort.
Krefeld, den 27.03.2015
gez. Dr. Neumann
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Bearbeitungsvermerk:
1. Es ist ein Gutachten darüber zu erstatten, wie in der Angelegenheit weiter verfahren werden sollte
und welche Erfolgsaussichten insoweit bestehen.
2. Zuständige Gerichte für Krefeld: Amtsgericht bzw. Landgericht Krefeld.
3. Falls dem Mandanten die Erhebung einer Klage angeraten wird, ist die Klageschrift zu entwerfen.
4. Falls von einer weiteren Verfolgung der Angelegenheit abgeraten wird, sind die wesentlichen
Gründe hierfür in einem Schreiben an den Mandanten niederzulegen. In diesem Schreiben kann wegen der Einzelheiten auf das Gutachten verwiesen werden.
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