Rede Padre Geraldo Brandstetter

Liebe Freunde der Kleinen hier in diesem Saal,
liebe Freunde des Kindes, das Jesus in die Mitte stellt, es umarmt
und den Seinen erklärt:
„Wer ein solches Kind um meinetwillen aufnimmt, nimmt mich
auf, wer aber mich aufnimmt, der nimmt nicht nur mich auf,
sondern den, der mich gesandt hat" (Mk. 9,37)
Welch einen Unterschied würde es ausmachen, wenn er von dem
Kind nur geredet hätte! Jesus schafft damit aber auch ein „Zeichen
des Heils", ein möglicherweise noch nicht genügend beachtetes
„Sakrament" sagt Josef Epping in der Wochenzeitschrift „Christ in
der Gegenwart.
Liebe Freunde des Kindes und der Kinder,
Oxalä ist der höchste Gott unter den Göttern, den die
Afrobrasilianer in Bahia verehren. Oxalä wird im Wallfahrtsort
„SENHOR DO BOMFIM" - dh. „der HERR VOM GUTEN ENDE" in
Salvador, in Bahia besonders gefeiert. Er ist für die Afrobrasilianer
identisch mit dem Wallfahrtsbild des Gekreuzigten Herrn Jesus
Christus - das ist DER HERR VOM GUTEN ENDE!
Ich weiß nicht, ob der Stadtrat am 15. Mai von dieser Gottheit
beeinflußt war oder gar in Trance versetzt wurde um die
Verleihung der Ehrenbürgerwürde zu beschliessen, denn sie ist
nicht nur für mich, sondern für viele Andere in der Stadt und im
Bistum eine große Überraschung und völlig unerwartet.
Aber nun zur Sache:
Mit großer Freude hat mich am Samstag, den 18. Juli der
Telefonanruf von Gerhard Plankl aus Altötting in Brasilien
erreicht.
Er hat mir mitgeteilt
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„Im Altöttinger Anzeiger steht.
„Du wirst Ehrenbürger von Altötting."
Dieses Vertrauen, das mir durch Dich, lieber Erster Bürgermeister
Herbert - ich darf als Freund den Nachnamen weglassen, - in
Einstimmigkeit mit dem Stadtrat in seiner Mai-Sitzung geschenkt
worden ist, berührt mich zu Innerst und weckt eine große Freude
in mir.
Der Beschluss offenbart die Wertschätzung des Stadtrates für
dieses sozial-christliche Werk: Unser geliebtes Kinderdorf „Die
Kleinen mit Christus" in Brasilien.
Ich möchte Euch - liebe Freunde der Kinder - nun antworten
mit wem ich dieses Geschenk gerne teile.
Es sind meine verstorbenen Eltern Josef und Elisabeth
Brandstetter, geborene Wimmer von Reischach und meine sechs
Geschwister: Elisabeth, Theresia, Josef, Karl, die bereits
verstorben sind, aber ganz besonders mit Dir liebe Marianne und
Dir liebe Angela hier in diesem Saal. Ihr habt mir in meiner
Kindheit und Jugendzeit bis heute viel geholfen und mich durch
Eure Herzlichkeit und Liebe geprägt.
Mit meinen Lehrern und Erziehern und dabei ganz besonders dem
verstorbenen Freund und Priester Josef Kohlmüller, der mir und
auch Kasimir Spielmann den Weg zum Erwachsenwerden, dh.
„Zum Aus sich herausfinden" und „Leid tragen", geöffnet hat.
Ich möchte es teilen mit den Bischöfen der Diözese Passau, die
mich freigestellt haben für den Dienst in Brasilien, meinem
Freund Lorenz Hüttner, Stadtpfr. von Neuötting, langjähriger
Generalvikar und Administrator der Diözese Passau, mit den
Mitarbeitern des Missionsreferates mit Prälat Manfred Ertl, mit
dem Brasilienteam Kasimir und Annerl Spielmann, Wiggerl
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Jungbauer, Josef und Marlies Thalhammer, die mir die Freude
vermittelt haben im Team zu leben.
Ein ganz besonderes Anliegen ist es mir diese Ehrenbürgerwürde
zu teilen mit dem Vorstand des Kinderdorf-Vereins Altötting, der
nun 20 Jahre in Treue dieses Werk mitträgt. Ich danke hier
besonders Werner Bohrer/ Elmar Wibmer, Hans Hertkorn, Hans
Kriegl (Verantw.für Patenschaften, von Fr. Fassbender gegründet)
und Peter Hoffmeister von der Stiftung Kinderdorf Guarabira
sowie allen Mitgliedern des Vereins und Förderern der Stiftung.
Die Anerkennung für das Werk Kinderdorf aber gilt allen, die seit
nunmehr 25 Jahren mit dabei sind die Erziehungsarbeit zu leisten
und für die Grundpfeiler unserer Straßenkinder-Pastoral, das sind
„Gerechtigkeit, Organisation, Solidariät und Glauben" einstehen.
Es sind die Erzieher, Angestellten und Leitungspersonen in den
Jugendhäusern, der Schule und im Kindergarten in Brasilien, die
dafür stehen, daß das Werk „brasilianisch" ist, wenn es auch
immer
wie alle Kinderdörfer z.B. der Salesianer der
internationalen Hilfe bedarf.
Ich möchte dabei die Brasilianer beim Namen nennen - auch wenn
sie nicht hier sein können - wie Luiz Carlos, Psychologe und 17
Jahre lang Koordinator, Sandra Guedes, Schulleiterin und Heloiza
Maria, Leiterin des „fundraising".
Ebenso nenne ich Sebastian Haury, der sich in unserer Mitte
befindet und nun seit fast 3 Jahren mit viel Umsicht der Leiter des
Kinderdorfes ist. Er hat das brasilianische Hilfsprojekt „Irrigar" ,
dh. über die Wasserrechnung einen monatlichen Beitrag erbitten
- auf die Beine gestelltdhat. Er arbeitet zusammen mit Adriana
Fernandes, (die hier ist) - und Sebastian sorgt für die Zukunft
dieses kleinen Werkes, das insgesamt fast 40 hauptamtliche
Mitarbeiter hat, von denen aber fast die Hälfte die Stadt Guarabira
stellt.
Es sind die vielen Gruppen, Schulen, Pfarreien, Missionskreise und
Einzelpersonen in Deutschland mit denen ich dieses Geschenk der
Ehrenbürgerwürde teile, aber auch mit den Autoritäten der Stadt
Guarabira und des Landes Paraiba, die dieses Werk hoch zu
schätzen wissen.
Es sind die 82 Freiwilligen, die zwischen 3 Monaten und 2 Jahren
in der Lebensschule „Kinderdorf Guarabira" ihre erste Erfahrung
mit der sogenannten 3. Welt machen durften und sich danach
kräftig für die Förderung des Kinderdorfes in ihren persönlichen
Familien und Gemeinden in Deutschland eingesetzt haben.
Es sind tausende von Spendern und „Spenden - Aktionen" - ich
nenne stellvertretend die Aktion Alpha des Gymnasiums
Leopoldinum -, die seit 1990, seit der ersten Stunde das
Kinderdorf unterstützen wie auch die Aktion „OLA AMIGOS" von
Haag bei Hauzenberg und selbstversändlich möchte ich danken:
Den Maria Ward Schulen, Ort der Gründung des Kinderdorf e.V.
und dem König Karlmann Gymnasium. Beide haben wesentlich
zur Entwicklung des Kinderdorfes beitgetragen und tragen immer
noch dazu bei.
Es sind unendlich viele Menschen, die ich alle gerne namentlich
nennen möchte, die es mir aber verzeihen werden und sich in
Frieden eins wissen können mit dem Sprichwort: „Tue das Gute,
wirf es ins Meer, sieht es der Fisch nicht, sieht es der Herr." Oder
mit dem Wort Jesu in Mt. 6,3: „ Wenn Du Almosen gibst soll deine
linke Hand nicht wissen, was Deine Rechte tut."
Ich weiß, daß wir uns mit dieser göttliche Weisheit sehr schwer
tun, aber um Jesu willen bitte ich um Nachsicht und Vertrauen.
A
Liebe Freunde! Wie kommt es aber, daß ich gebürtiger
Neuöttinger. Altöttinger Bürger geworden bin?
Heute am 25. September 1946, also genau vor 69 Jahren, haben
meine Schwester Elisabeth Brandstetter und Matthias Geiger
geheiratet.
Bei meinem zweiten Aufbruch nach Brasilien 1989 - der erste
fand bereits 1969 statt - hat mir meine Schwester mit ihrem Mann
Matthias Geiger als festen Wohnsitz in Deutschland das Zimmer
im 2. Stock ihres Hauses am Hüttenbergerweg zur Verfügung
gestellt. So wurde ich - von der Pfarrgemeinde Jandelsbrunn
kommend - im JäWl989 Altöttinger Bürger.
20 Jahre lang, von 1989 bis 2011 wurde mir dieser Ort bei meinen
Deutschland-Aufenthalten zur wunderbaren Heimat in Altötting.
Seit dem Tod von Elisabeth und Matthias Geiger bin ich nun mit
viel Herzlichkeit in den Familienbund von Gerhard und Anna
Plankl aufgenommen worden.
Ich darf nun bereits 4 Jahre in meinen Deutschlandaufenthalten in
der Nikolaus Lenau Str. wohnen und mich dank dieser guten
Freundschaft mit Gerhard und Anni Plankl richtig zuhause fühlen.
Nun bin ich seit 1989, das sind 26 Jahre, Bürger der Stadt
Altötting.
Und warum freue ich mich riesig über das Geschenk dieser
Ehrenbürgerwürde von Altötting?
Sie ist der öffentliche, dh. politische Ausdruck des Stadtrates mit
seinem Ersten Bürgermeister, meinem Freund Herbert für die
Wertschätzung der 25 jährigen Treue zu den Kleinen und
Verwaisten im Nordosten Brasiliens.
Die Wallfahrtsstadt Altötting ist der Ort, zu dem Millionen von
Wallfahrern pilgern um hier für eine kurze Zeit Heimat bei der
Mutter Gottes von Altötting zu finden.
Die Wallfahrtsstadt Altötting ist Preisträgerstadl des Europapreises
2013 des Europarates.
Die WallfahrtsStadt Altötting hat den emeritierten Papst Benedikt den
XVI, die bereits verstorbenen Bischöfe von Passau und erst vor
wenigen Wochen unseren emeritierten Bischof Wilhelm Schraml mit
vielen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in ihrem
Ehrenbürgerkreis. Sie alle haben sich um das Gemeinwohl besonders
verdient gemacht, wie Altlandrat Seban Dönhuber, Altbürgermeister
Richard Antwerpen und mein Freund aus der gemeinsamen
Neuöttinger Zeit im BDKJ, Staatsminister a. D. Gerold Tandler.
Besonders freut mich in dieser Reihe der Ehrenbürger und ich
möchte eigens an sie erinnern:
Die Missionsärztin Dr. Maria Eder, die seit 1960 in Simbabwe tätig
war und 2007 verstorben ist.
Eine ganz besonderen Erinnerung möchte ich in dieser Stunde aber
den fünf Altöttinger Bürgern widmen, die vor 70 Jahren durch ein
SS-Kommando am 28. April bezw. am 30. April und am 2. Mai
1945 kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges erschossen wurden.
Sie gehören auch in dieser Feier-Stunde in unsere Mitte und ich
möchte an sie besonders erinnern und ihre Namen nennen:
Mühlenbesitzer Josef Bruckmayer,
Verwaltungsinspektor Martin Seidel,
Lagerhausverwalter Hans Riehl,
Administrator der Hl. Kapelle Msgr. Adalbert Vogl und
Buchhändler Adam Wehnert.
Diesen aller Ehren werten Bürgern der Stadt möchte ich in diesem
£
Augenblick eine Gjedenkminute widmen.
Ich bitte Euch«ns-zu erheben!
STILLE
DANKE
Leiden ist das Geheimnis, liebe Freunde, das mit der Liebe Gottes zu
uns zu tun hat und sich im gekreuzigten Jesus voll offenbart. Die
Afrobrasilianer haben das intuitiv verspürt im Bild des Gekreuzigten
Herrn Jesus Christus.
Leiden ist mit unserer Befreiung für Gott und die Menschen
untrennbar verbunden.
Ich möchte meinen Dank schliessen mit einem Gedicht von Ruth
Schaumann (1899-1975), Lyrikerin, Schriftstellerin, Bildhauerin
und Zeichnerin.
Ich war in meiner Studentenzeit in München (1956 - 1959) mit ihrer
Familie mit fünf Kindern persönlich befreundet.
Ruth Schaumann, die 1975 verstorben ist, hat mir dieses Gedicht
handschriftlich zu meiner Primiz 1961 geschenkt.
Sie hatte im Alter von sechs Jahren - infolge einer schweren
Scharlacherkrankung - das Gehör verloren.
Sie war gerade 18 Jahre alt, als sie vom Leid der Taubheit geprüft,
diese Verse schrieb:
„ fiat„(es geschehe)
behalte mich dir vor, so du begehrst,
daß einer deines Namens wegen leide,
demütig sich in hänfne Stricke kleide
vor Händen, die du auserwählt bewehrst.
Ich überlasse es Ihnen das gesamte Gedicht persönlich zu lesen,
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vielleicht sogar in der Gedächtniskapelle der 5 ermordeten Bürger
neben der Stiftskirche in Altötting mit dem Bildnis des „Ecce Homo"
oder gegeißelten Herrn Jesus Christus.
Ich danke unserem Ersten Bürgermeister, Dir lieber Herbert, mit all
Deinen Mitarbeitern in der Verwaltung und dem Stadtrat für das
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w
Geschenk mese^eier^^
o/ev + at?/
Ich danke Euch für Euer Kommen und bitte Euch unser kleines Werk
in Guarabira, das Kinderdorf „Die Kleinen mit Christus" in Euren
Herzen ein festes Zuhause zu schenken und uns die Treue zu
bewahren.
Gottes Güte segne alle Kinder dieser Welt, besonders jene, die in
diesen Tagen das Leid der Flucht durchzustehen haben.
Nur die Liebe verändert die chaotische und gewaltsame Welt, in der
wir uns befinden.
M u Y k u rv noch.;
In Paderborn ist zur Zeit die Ausstellung zu sehen „CARITAS.
NÄCHSTENLIEBE VON DER FRÜHEN CHRISTENHEIT BIS IN
DIE GEGENWART".
Nicht einmal DIN-A4-Format hat der kleine Papyrus, der die
Ausstellung eröffnet. Aber sein Inhalt bedeutet eine Revolution.
„Würde ich noch so tolle Leistungen vollbringen, hätte aber die Liebe
nicht, wäre ich ein Nichts."
Dieses Hohelied der Liebe im ersten Korintherbrief, in seiner ältesten
Abschrift aus dem zweiten Jahrhundert, gibt den Ton an:
Die Einsicht in die Bedeutung der Liebe und der
Barmherzigkeit,
das ist das zentrale Thema der Botschaft Jesu, die nun Papst
Franziskus täglich neu verkündet.
Herzlichen Dank für Eure Aufmerksamkeit!