6/2015 Sozialbericht 2015 der Stadt Erlangen Grafik Titelseite: Gerhard Plietsch Stadt Erlangen, Abteilung Statistik und Stadtforschung, 91051 Erlangen, Tel. (09131) - 86 2563 E-Mail: [email protected] Internet: www.erlangen.de/statistik Nachdruck nur mit Quellenangabe gestattet Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, kommunaler Sozialpolitik kommt besondere Bedeutung zu, wenn es darum geht, die gleichberechtigte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen und Menschen vor und in Notlagen zu schützen. Vor Ort werden Bundes- und Landesgesetze in konkrete Maßnahmen umgesetzt. Kommunale Sozialpolitik kann diese politischen Rahmenbedingungen zwar nicht unmittelbar ändern. Sie kann aber durch die konkrete Ausgestaltung wichtige Beiträge leisten, um Benachteiligungen abzubauen und zu einer gerechteren Verteilung der Lebenschancen beitragen. Um diesen Zielen gerecht zu werden, braucht kommunale Sozialpolitik verlässliche Entscheidungsgrundlagen. Auf Bundes- und Länderebene hat sich die Sozialberichterstattung in den letzten Jahren zunehmend etabliert. Ergänzend dazu legt die Stadt Erlangen nun erneut einen Bericht über die soziale Lage der Erlangerinnen und Erlanger vor. Erlangen gilt zurecht als Stadt, in der eine im landes- und bundesweiten Vergleich wohlhabende Bevölkerung lebt. Nicht zuletzt Erlangens Wirtschaftsstruktur und Hochschullandschaft sorgen dafür, dass die hier lebenden Bürgerinnen und Bürger über ein überdurchschnittliches Einkommen und ein hohes Bildungsniveau verfügen. Mit seinem Blick auf soziale Lagen und soziale Räume macht der vorliegende Bericht jedoch eindrücklich deutlich, dass Einkommen und Bildungschancen in Erlangen überaus ungleich verteilt sind. Zehn Prozent der einkommensstärksten Personengruppen in unserer Stadt verfügen über fast neun Mal so viel Einkommen wie die zehn Prozent der einkommensschwächsten Bevölkerung. Mehr als ein Fünftel der Erlanger Bevölkerung kommt mit dem ihr verfügbaren Einkommen nur schlecht zurecht. Bildungschancen und sozialer Status sind auch in unserer Stadt eng verknüpft. Kommunale Sozialpolitik braucht eine breite gesellschaftliche Debatte. Nur so können vorhandene Instrumente auf ihren Nutzen hin überprüft werden, Strategien verändert und auf Bundes- und Landesebene Veränderungen der Rahmenbedingungen eingefordert werden. Erstmals enthält der Erlanger Sozialbericht deshalb neben dem Statistikteil Einschätzungen der Verwaltung zu ausgewählten Politikfeldern und Diskussionsbeiträge der Organisationen, die sich im Erlanger Sozialratschlag zusammengeschlossen haben. Der Bericht versteht sich dabei nicht als Endpunkt, sondern als Start der notwendigen Debatte über die Ausrichtung der Sozialpolitik in Erlangen. Unser Dank gilt allen, die an vorliegendem Sozialbericht mitgewirkt haben: Dem Sozialamt für die konzeptionelle Vorbereitung und die Diskussion mit dem Erlanger Sozialratschlag. Der Abteilung für Statistik danken wir für die Erhebung und Aufbereitung des Datenpools. Dr. Florian Janik Oberbürgermeister Dr. Elisabeth Preuß 3. Bürgermeisterin Inhalt I Schwerpunktthemen der Stadtverwaltung zur Sozialpolitik Flüchtlinge in Erlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Auf dem Weg zur sozialen Teilhabe - Der ErlangenPass . . . . . . . . . . . 12 Verbesserung der Wohnraumversorgung in Erlangen . . . . . . . . . . . . . . 14 II Beiträge des Erlanger Sozialratschlags „Ratschlag für soziale Gerechtigkeit“ Erlangen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Wohnen im Alter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Arbeitslosigkeit und soziale Teilhabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Arbeitsmarkt und Armut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Stellungnahme des Autonomen Frauenhauses Erlangen . . . . . . . . . . . 29 III Daten und Fakten Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1.Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Bevölkerungsstruktur der Erlangerinnen und Erlanger . . . . . . . . . . . . . . 38 2.1Altersstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.2Migrationshintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.3Familienstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 3. Haushalte, Familien und Formen des Zusammenlebens . . . . . . . . . . . . 46 4. Ökonomische Lage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.1Nettoäquivalenzeinkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 4.2 Verfügbares Einkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 4.3 Einkommen nach sozioökonomischen Merkmalen . . . . . . . . . . . . 57 4.4Einkommensungleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 5. Bildung und Berufstätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.1 Schulische Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5.2 Berufliche Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 6.Wohnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6.1 Gebäude- und Wohnungsstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 6.2Mieten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 6.3Sozialmietwohnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 6.4 Aspekte des Wohnumfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 7. Sozialstaatliche Absicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 7.1 Arbeitslosengeld I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 7.2 Hartz IV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 7.3 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung . . . . . . . . . . . 87 8. Gesellschaftliche Partizipation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 9. Ausgewählte Personengruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 9.1 Menschen mit Migrationshintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 9.2 Vollständige Familien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 9.3Alleinerziehende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 9.4 Ältere Menschen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 10.Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 11. Sozialindex - Kleinräumige Beobachtung sozialer Lagen . . . . . . . . . . 120 I Schwerpunktthemen der Stadtverwaltung zur Sozialpolitik Flüchtlinge in Erlangen Schwerpunktthemen der Stadtverwaltung zur Sozialpolitik 1.Übersicht Stand und Prognosefaktoren In Erlangen ist die Zahl der Flüchtlinge in den vergangenen drei Jahren, besonders seit August 2015, wieder angestiegen, beträgt aber immer noch weniger als zwei Prozent der Bevölkerung. Entsprechend der Zuständigkeiten gibt es folgende Unterscheidungen bei den in Erlangen wohnenden Flüchtlingen. Dependancen der Zentralen Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge (ZAE) Zirndorf In den Dependancen der ZAE Zirndorf (Rathenaustraße und in Tennenlohe) sind Flüchtlinge untergebracht, die keinen Platz mehr in der ZAE Zirndorf haben. Die Flüchtlinge in diesen Erstaufnahmeeinrichtungen warten dort auf ihre Registrierung und ihre Antragstellung, sie werden dann einer Gemeinde im süddeutschen Raum zugewiesen. Sie werden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt. Die Mahlzeiten werden von der Unterkunftsverwaltung bestellt. Die Verweildauer richtet sich nach den Arbeitskapazitäten in Zirndorf und war in den letzten Monaten starken Schwankungen unterlegen. Sie sollte nur wenige Wochen dauern, nach neuester Bestimmung (Stand November 2015) kann die Verweildauer aber bis zu sechs Monate betragen. Momentan sind in den ZAE Dependancen in Erlangen rund 650 Flüchtlinge untergebracht. Bis Jahresende wird eine Erhöhung der Zahl auf 700 prognostiziert, bis Ende Januar 2016 auf knapp 1.000. Dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen im laufenden Asylverfahren In dezentralen Unterbringungen wohnen Flüchtlinge, die bereits registriert und nach Erlangen verteilt wurden. Es handelt sich hierbei um Flüchtlinge im laufenden Asylbewerbungsverfahren. a) Flüchtlinge in staatlichen Unterkünften Flüchtlingen in staatlichen Unterkünften (z.B. Michael-Vogel-Straße) sind die eigentlichen zugewiesenen „Regel-Asylsuchenden“, wie es im Verfahren Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 vorgesehen ist. Nach der Registrierung und Antragstellung werden die Asylbewerber von der Regierung in eigenen Unterkünften untergebracht, um dort ihr Verfahren abzuwarten. Dem Grunde nach ist die Unterbringung von Asylbewerbern Aufgabe des Freistaates, der dies an die Regierungen delegiert hat. Diese Geflüchteten werden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz versorgt und bekommen seit einiger Zeit keine Lebensmittelpakete mehr, sondern Geld, um sich ihr Essen selber kaufen und zubereiten zu können. Sie werden in sozialen Fragen von den Asylberatern beraten. b) Flüchtlinge in städtischen Unterkünften Da die staatlichen Unterkünfte längst nicht mehr ausreichen, werden der Kommune Flüchtlinge zugewiesen, die diese in eigenen Unterkünften unterbringen muss. Erlangen kooperiert hier eng mit der Regierung, die Zusammenarbeit klappt gut, Erlangen gilt als solider Partner, der die Not der Regierung sieht. Erlangen erachtet die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und hat der Regierung von Anfang an signalisiert, sich an dieser Aufgabe zu beteiligen. Auch diese Asylbewerber werden nach dem Asylbewerberleistungsgesetz ohne Lebensmittelpakete versorgt und von den Asylberatern beraten. c) Stand und Prognose Momentan sind knapp über 1.000 Flüchtlinge in Erlangen dezentral untergebracht. Am 10.11.2015 wurde der Stadt von der Regierung von Mittelfranken angekündigt, dass die Quote der nach Erlangen wöchentlich zugewiesenen Flüchtlinge von 50 auf 70 steigen wird. Bis Ende 2015 wird damit eine Erhöhung auf 1.350 prognostiziert. Kontingentflüchtlinge Kontingentflüchtlinge, wie die jüdischen Kontingentflüchtlinge aus der Sowjetunion oder die syrischen Kontingentflüchtlinge durchlaufen kein Asylverfahren, sondern erhalten sofort einen Aufenthaltstitel. Deren Versorgung läuft bei der Wohnungssuche über das Wohnungsamt und bei der Sicherung des 7 Lebensunterhalts über das Jobcenter. In Erlangen und anderswo haben weit mehr Bürgerinnen und Bürger einen Antrag innerhalb des Kontingents gestellt, so dass die Kontingente für syrische Flüchtlinge schnell erschöpft waren. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, also Kinder und Jugendliche, die alleine ohne einen Vormund auf der Flucht sind, unterliegen dem Jugendschutz. Sie haben einen erhöhten Betreuungsschlüssel und andere Unterbringungsvorgaben als begleitete Minderjährige oder auch Volljährige Flüchtlinge. Momentan sind 75 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Erlangen untergebracht. Bis Jahresende wird eine Erhöhung der Zahl auf 85 bis 95 prognostiziert. Geduldete Viele Asylsuchende, deren Antrag auf Asyl abgelehnt wird, können aus unterschiedlichen Gründen nicht in ihre Heimat zurückkehren und bekommen eine sogenannte „Duldung“. Dieser Status ist äußerst unsicher. Eine Beendigung der Duldung oder Abschiebung ist jederzeit möglich. Dennoch dauert dieser Zustand für viele Flüchtlinge viele Jahre an und ist psychisch sehr belastend. Die Duldung muss alle paar Monate verlängert werden. Man spricht daher auch von „Kettenduldungen“. Viele der Geduldeten arbeiten, wohnen eigenständig, sind wirtschaftlich auf eigenen Beinen. Alle paar Jahre beschließt die Bundesregierung eine sogenannte Altfallregelung, die Geduldeten einen Aufenthalt bringt, falls die Flüchtlinge wirtschaftlich eigenständig und nicht straffällig geworden sind. Die nächste Altfallregelung wurde Mitte 2015 beschlossen. Sie enthält anders als vergangene Altfallregelungen keinen Stichtag, so dass nach heutiger Annahme einer großen Zahl von geduldeten Menschen in Erlangen ein sicherer Aufenthaltstitel in Aussicht gestellt werden kann. Anerkannte Flüchtlinge Je nach Herkunftsland werden mehr oder weniger Anträge auf Asyl positiv beschieden. Die Gesamtschutzquote des BAMF betrug im Oktober 2015 51,3 Prozent. Im September 2015 lag sie noch bei rund 37 Prozent. Über das Jahr 2015 hinweg liegt sie nun bei 41,2 Prozent. Momentan (Stand November 2015) wird demnach die Hälfte der antragstellenden Asylbewerber in irgendeiner Form anerkannt und erhält somit eine Bleibeperspektive. Nach der Anerkennung haben die Flüchtlinge das Recht, aus der Unterkunft in eine eigene Wohnung zu ziehen. Dies gestaltet sich in der Realität oft als schwierig. Die Flüchtlinge haben nach Anerkennung Anspruch auf 8 Leistungen nach dem SGB II und „wandern“ in die entsprechende Abteilung im Sozialamt. Ihre soziale Beratung erfolgt dann durch die AWO-Migrationserstberatung. Schon jetzt (Stand November 2015) werden knapp 60 Familien vom SGB II versorgt, darunter auch Familien mit mehreren Kindern. Anerkannte Flüchtlinge dürfen ihre Familien nachholen im Rahmen des Familiennachzuges. Auch diese werden dann nach dem SGB II versorgt. 2.Herausforderungen Zunächst ist die Sicherung der Grundbedürfnisse der Flüchtlinge, die oft sehr kurzfristig auf die Kommunen verteilt werden, also ohne großem zeitlichen Vorlauf nach Erlangen kommen, oberste Priorität. Im zweiten Schritt strebt die Stadt Erlangen eine Politik der interkulturellen Integration im Austausch mit der Erlanger Bevölkerung an. Hierbei soll der Bildung von Parallelkulturen von Anfang an entgegengesteuert werden. Mit der Zahl der Asylbewerber steigt auch die Zahl der anerkannten Flüchtlinge. Nicht nur der Städtetag weist seit Monaten darauf hin, dass die eigentliche Aufgabe für die Kommunen erst bevorsteht: Nach der Anerkennung brauchen die Geflüchteten Wohnung, Integrationskurse, Arbeit, Beratung beim Familiennachzug, und vieles mehr. Zu Recht ermuntert daher der Städtetag seine Mitglieder, eine Strategie für die dauerhafte Integration der Geflüchteten und deren Familien zu erstellen1. (Aus-)Bildung Der Erwerb der deutschen Sprache ist ein wichtiges Mittel, um an der Gesellschaft teilhaben zu können. Um die Potenziale der Flüchtlinge und Ihre Bildungsbedarfe zu nutzen, bedarf es weiterhin der Möglichkeit für (junge) Flüchtlinge, eine Ausbildung zu beginnen und zu beenden (mit den notwendigen Folgen für die Erteilung der notwendigen Aufenthaltstitel) sowie der Anerkennung von ausländischen Abschlüssen und Berufserfahrungen. Arbeitsmarktintegration Die mittel- und langfristige Integration von Flüchtlingen sowie die der dann anerkannten und geduldeten Flüchtlingen wird in Erlangen angestrebt, um soziale Integration dieser Bevölkerungsgruppe der Erlanger Stadtgesellschaft zu gewährleisten, das Potential und Know-How der neuen Erlangerinnen und 1 Positionspapier des Deutschen Städtetages: Aufnahme, Unterbringung und Integration von Asylbewerbern und Flüchtlingen. 7.5.2015, einzusehen unter: www.staedtetag.de/ imperia/md/content/dst/presse/2015/dst_positionspapier_versorgung_fluechtlinge_20150508.pdf (Stand Dezember 2015). Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Erlanger zum Mehrwert für die Stadt zu generieren, aber auch um einem Ansturm auf das SGB II und damit einer hohen finanziellen Belastung für die Stadt strategisch zu begegnen (siehe Anerkennungsquote oben und dem damit verbundenen Rechtskreisübertritt von Asylbewerberleistungsgesetz in SGB II). Unterbringung Die Stadt Erlangen wurde von der Regierung zur Unterbringung von Flüchtlingen verpflichtet. Dies ist für die Stadt Erlangen eine humanitäre Aufgabe. Zugleich ist das in dem angespannten Wohnungsmarkt Erlangen eine große Herausforderung (siehe dazu auch den Artikel „Wohnen“ in diesem Bericht). Ziel ist es, Flüchtlingsunterkünfte nicht in Ballungsräume zu zentrieren, sondern Flüchtlinge über das Stadtgebiet zu verteilen, um eine interkulturelle Mischung, also den Austausch im täglichen Leben mit der Bevölkerung, zu fördern. Interkulturelle Integration Das Ziel einer erfolgsorientierten Erlanger Integrationsstrategie ist die interkulturelle Integration von Flüchtlingen in die Erlanger Stadtgesellschaft. Der Austausch von Flüchtlingen mit Erlangerinnen und Erlangern soll gefördert werden, sowie ermöglicht werden, dass Flüchtlinge zunehmend als aktive AkteurInnen im Erlanger Stadtleben mitwirken und Teil der Gesellschaft werden. Dieser Herausforderung wird in enger Zusammenarbeit der Bereiche Kultur und Soziokultur begegnet und im Schulterschluss mit einer großen Bandbreite städtischer und externer AkteurInnen umgesetzt. 3. Vorgehen in Erlangen Referat V: Soziales, Integration, Inklusion und Demographischer Wandel Im Folgenden werden die Aufgaben der einzelnen Abteilungen des Sozialamtes für die Versorgung der Flüchtlinge kurz skizziert: a)Asylbewerberleistungsgesetz Die Abteilung 502 ist für die Umsetzung des Asylbewerberleistungsgesetzes für die dezentral untergebrachten Flüchtlinge zuständig. Wegen der oben genannten ständig wachsender Zahlen stießen das Personal, aber auch die Räume seit einiger Zeit an ihre Grenzen. Das wird im Stellenplan 2016 behoben, auch wurden zusätzliche Räume zugeteilt. Belastend ist die Enge auf den Fluren, die für so hohe Zahlen Wartender einfach nicht ausgelegt sind. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 b) Dezentrale Unterkünfte Weiterhin organisiert das Sozialamt, Abt. 502 in Kooperation mit dem Gebäudemanagement die jeweils notwendigen zusätzlichen dezentralen Unterkünfte, eigentlich ein staatliche Aufgabe, wobei die Sachmittel zwar refinanziert werden, nicht aber das Personal. c) ZAE Dependancen Die Stadt wurde von der Regierung auch zur Errichtung und zum Betrieb von Erstaufnahmeeinrichtungen verpflichtet. Mittlerweile ist die ZAE Erlangen größer als die eigentlich zuständige Einrichtung in Zirndorf. Bisher wurde dies von Abteilung 502 zusätzlich erledigt, was nicht nur zu massiven Überstunden, sondern auch zu Überlastung führte. Zusätzliches Personal wurde durch das Personalamt kurzfristig zugesagt. d) Koordination der Asylsozialberatung, Migrationserstberatung und des Ehrenamtlichen Engagements für Flüchtlinge Weiterhin erfolgt im Sozialamt die Koordination der Arbeit der Asylsozialberater sowie der Betreuung der ehrenamtlichen Helfer. Auch die Migrationserstberatung der AWO für die anerkannten Flüchtlinge ist im Sozialamt angesiedelt. e) Anerkannte Flüchtlinge Mit steigender Zahl anerkannter Flüchtlinge steigen auch die Kunden in den Abteilungen 501 (Arbeitslosengeld II) und 503 (Wohnen). Letztere hat als zusätzliche Leistung auch die Bearbeitung der Wohnungsangebote aus der Bevölkerung übernommen, wobei diese nur für anerkannte Flüchtlinge oder solche mit Auszugsgenehmigung vermittelt werden dürfen. In den beiden letztgenannten Abteilungen werden die Kundenzahlen und damit der Bedarf an Personal und Räumen im kommenden Jahr steigen, je nachdem, wie schnell die Anerkennungen aus dem BAMF kommen. Referatsübergreifende Strategien und Zusammenarbeit mit externen Akteuren Die Thematik Flüchtlinge ist ständiges Thema in den Gremien der Stadtspitze. Bei Bedarf werden andere fachkundige Berater hinzugezogen. Der Runde Tisch Flüchtlinge wird weiter ca. zweimal jährlich tagen und ist offen für Akteure der Arbeit mit und für Flüchtlinge. Angesichts der komplexen Aufgaben haben sich in Erlangen verschiedene Ämter der Stadtverwaltung, Töchter der Stadt, sowie externe Akteure 9 zusammengetan, um eine Integrationsstrategie zu erarbeiten. Das Referat V (Bürgermeisterin Dr. Elisabeth Preuß) übernimmt referatsübergreifend die Koordination der Aufgaben bei der Integration von Flüchtlingen in Erlangen. Die Umsetzung erfolgt in den jeweils zuständigen Dienststellen, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit den externen Akteuren. a) Webpräsenz Flüchtlinge in Erlangen Ziel: i.Übersichtliche, schnelle Informationen für interessierte BürgerInnen und Engagierte; ii.Entlastung der informierenden städtischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; iii. zielgerichtete Steuerung von Sach- und Geldspenden. In Zusammenarbeit mit eGov, Ref. V-50; Ref. IV-51 sowie externen Partnern (AWO, ASB, E.F.I.E.) wurde die Übersichtsseite „Flüchtlinge“ neustrukturiert und mit Inhalten gefüllt: www.erlangen.de/flüchtlinge. Der AIB ist eingeladen, Anregungen zur Verbesserung der Seite beizusteuern. Die Koordinatorin für Ehrenamt Flüchtlinge wird die Website pflegen. b)Flüchtlingsunterbringung Die Stadt Erlangen arbeitet daran, den oft schnell benötigten, kurzfristigen Bedarf von Flüchtlingsunterkünften, besonders seit Sommer 2015, zu decken, diesen Bedarf in einen besser geregelten, mittelfristig planbaren Prozess zu übersetzen sowie langfristig sozialverträgliches Wohnen zu planen. Die Stadt Erlangen hat dafür eine Strategiegruppe gegründet, die sich mit dem Themenfeld und der Umsetzung von Handlungsbedarfen kurzfristig, sowie langfristig beschäftigt. Allgemein ist es Ziel der Stadt Erlangen, mehr bezahlbaren Wohnungsbau zu schaffen für Menschen in unserer Stadt, die darauf angewiesen sind. Die Neubau-Initiative der GEWOBAU kommt hier zur rechten Zeit mit den Zielen der mittelfristigen und langfristigen Steigerung von sozialem Wohnungsbau und der Schaffung und der Erhaltung sozial gemischter Wohnviertel. Die Ziele der Strategiegruppe zur Unterbringung von Flüchtlingen beinhalten: i. Schaffung einer jeweils aktuellen Übersicht, über den sich wöchentlich ändernden Stand und Bedarf von Flüchtlingsunterkünften, inklusive ZAE Dependancen, dezentralen Unterkünften und Wohnraum für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge; ii.mittelfristige und langfristige Planung unter Einbeziehung aller relevanten Fachämter; 10 iii. Möglichkeit, thematisch relevante Daten effektiv zu zirkulieren, die allen betroffenen MA zur Verfügung stehen und bei Änderungen in verschiedenen Ämtern bearbeitet werden können; iv.regelmäßiger, zuverlässiger Austausch der beteiligten MA der Stadtverwaltung, die an der Schaffung und Bereitstellung von geeignetem Wohnraum für Flüchtlinge arbeiten; v.Klarheit über die jeweiligen Zuständigkeiten und regelmäßiger Informationsaustausch über Möglichkeiten der kollegialen Unterstützung zwischen den Ämtern. Neben den Fachämtern (Ref. III -33; Ref. IV - 51; Ref. V -50; Ref. VI- 23 und 24; GEWOBAU) wird der AIB als beratendes Gremium in die Strategiegruppe einbezogen. Die Strategiegruppe wird von Ref. V geleitet. c)Arbeitsmarktintegration Die Stadt Erlangen arbeitet unter Leitung von Ref. V an Strukturen, die eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt ermöglichen sollen. Die Stadt Erlangen hat dafür eine Strategiegruppe gegründet, die sich mit dem Themenfeld und der Umsetzung von Handlungsbedarfen systematisch beschäftigt. Ziel: i. Aufzeigen der Zuständigkeiten und Möglichkeiten der Fachämter sowie externen Partnern und Stärkung der Transparenz von Handlungswegen ii. Stärkung der Kommunikation der Beteiligten Akteurinnen und Akteure und aufzeigen kurzwegiger Möglichkeiten der kollegialen Zusammenarbeit referatsübergreifend sowie mit externen Partnern iii.Identifikation der Handlungsbedarfe und strategisches Aufstellen von Arbeitsprozessen besonders in den Bereichen: •Deutschspracherwerb •Schulbildung •Ausbildung •Weiterbildung •Arbeitsvermittlung • Hochqualifizierte Flüchtlinge (Studium/Hochschule) Ehrenamtlichen kommt eine wichtige unterstützende Rolle besonders im Spracherwerb als auch im Bewerbungsprozess zu. Neben den Fachämtern (Ref. III-33; IV-43; Bildungsbüro; Ref. V-50 sowie GGFA) sind in der Strategiegruppe einbezogen: Asylsozialberatung, Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Bundesagentur für Arbeit, IHK, KHS, IG-Metall und FAU. Der AIB ist als beratendes Mitglied in der Strategiegruppe vertreten. Bei Bedarf werden weitere Akteurinnen und Akteure einbezogen. d) Außerschulische Bildung Die VHS erarbeitet momentan ein Bildungskonzept für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen. Eine Vernetzung bzw. Kooperation z.B. mit JAZ e.V., Jugendamt, Schulen, Wirtschaft wird angestrebt. e) (Sozio-)kulturelle Integration Erfolgreiche Integration von Flüchtlingen in die Erlanger Bevölkerung ist ein wichtiges Ziel, um den sozialen Zusammenhalt in Erlangen langfristig zu stärken. Zahlreiche Ämter der Stadt sind bereits in dem Bereich tätig. Im Jahr 2016 soll dafür ein referatsübergreifendes Konzept erarbeitet werden, dass die soziokulturelle Integration von Flüchtlingen fördert, bestehende städtische und externe Angebote bündelt, Bedarfe identifiziert und Maßnahmen in Zusammenarbeit mit Externen erarbeitet. f)Gesundheit Die gesundheitliche Versorgung ist in den einzelnen Sozialgesetzbüchern und im Asylbewerberleistungsgesetz geregelt. Für anerkannte Flüchtlinge gelten die gesetzlichen Leistungen der Krankenkassen. Wie oben erwähnt, leisten die Ehrenamtlichen gerade in diesem Bereich eine wertvolle Unterstützung. Nach 15 Monaten erhalten die Geflüchteten eine Chipkarte. Der Verein der Hausärzte, Ehrenamtliche, das staatliche Gesundheitsamt und das Sozialamt der Stadt Erlangen kooperieren eng und auf kurzen Wegen. Der ASB arbeitet in den ZAE Dependancen im Bereich Erstversorgung und Gesundheit von Flüchtlingen zusammen mit ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, einschließlich ehrenamtlich tätigen Ärzten. Für Helferinnen und Helfer gibt es ebenfalls Vorsorgeschutz. Für die Helferinnen und Helfer zahlen Impfungen die Krankenkasse, bei Helfern die oft in der Notunterkunft sind, impft der ASB-Betriebsarzt. Der AK Medizin und Menschenrechte ist regelmäßig in dezentralen Unterkünften unterstützend tätig und bieten medizinische Beratungsgespräche und Vermittlung von Dolmetschern für Flüchtlinge bei Arztbesuchen an. Weiterhin bietet der AK zahnmedizinische Hilfe. Die Stadt informiert über Ihre Kommunikationskanäle zusätzlich über Angebote und Infoveranstaltungen externer Akteure, wie etwa die Informationsveranstaltung von Frau Prof. Erim mit einem Vortrag von Herrn PD Tagay in der Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Psychosomatischen Tagesklinik des Universitätsklinikums am 21.10.2015. g) Menschenwürde = Unantastbar! Unter dem Titel Menschenwürde = Unantastbar! setzt die Stadt gemeinsam mit externen Akteurinnen und Akteuren ein klares Zeichen gegen rechtes Gedankengut, Diskriminierung und unbegründete Vorurteile. In Erlangen gehen damit Demokratinnen und Demokraten auf die Straße und zeigen gegen fremdenfeindliche Parolen und Gesinnungen Gesicht. Partner sind Aktion Courage, die Allianz gegen Rechtsextremismus in der Metropolregion, Parteien, Religionsgemeinschaften, Schulen u.v.m. In Erlangen, so das gemeinsame klare Zeichen, wird Flüchtlingen mit Respekt begegnet und deren Integration, auch zum Gemeinwohl aller Erlangerinnen und Erlanger, unterstützt und aktiv vorangetrieben. Auftaktveranstaltung war am 12. Dezember 2015 auf dem Rathausplatz. Im Jahr 2016 sind fortführende Veranstaltungen geplant. 4.Ehrenamt Die Kette Freistaat-Regierung Mittelfranken-Stadt Erlangen-Asylberater stellt einen zentralen Grad an Versorgung sicher, der im Vergleich zu anderen Staaten zweifellos sehr gut ist. Dennoch blieben schmerzhafte Lücken, wenn nicht ehrenamtliche Helfer sich um die Geflüchteten kümmern würden. Unzählige Ehrenamtliche aus Vereinen und Religionsgemeinschaften greifen da ein, wo die gesetzlichen Leistungen nicht ausreichen. Sie sind eine unendlich wertvolle Unterstützung, ohne die der Standard der Versorgung nicht zu halten und noch niedriger wäre. Das Ehrenamt leistet einen enormen und wichtigen Beitrag unter anderem in den Bereichen Unterstützung bei Behördengängen, Zugang zu und Information über medizinische Versorgung, Rechtsinformationen, Deutschunterricht, Familienbetreuung, Freizeitangebote inklusive Sportangebote, Hausaufgabenhilfe, Kinderbetreuung, Kleiderkammer. Das Verdienst der Ehrenamtlichen geht aber noch viel weiter: Es werden Helferkreise aus der Umgebung der Unterkünfte gebildet und begleitet, so dass Flüchtlinge und Nachbarn sich nicht nur kennenlernen, sondern miteinander leben können. Dies unterstützt nachhaltig das soziale Miteinander in unserer Stadt. In der Juli-Sitzung 2015 hat der Stadtrat deshalb beschlossen, als freiwillige kommunale Leistung eine Koordinationsstelle für ehrenamtliche Arbeit im Flüchtlingsbereich zu finanzieren, die wie oben genannt, im Referat V angesiedelt ist. 11 Auf dem Weg zur sozialen Teilhabe Der ErlangenPass Im Gegensatz zur politischen Teilhabe, die auf den Bereich der Entscheidungsfindung bzw. auf die Partizipation in gesellschaftlichen und politischen Organisationen begrenzt ist, umfasst soziale Teilhabe weitaus mehr: Gemeint ist die Teilhabe von Menschen und Gruppen an Errungenschaften eines „sozialen Gemeinwesens“ – angefangen von guten Lebens- und Wohnverhältnissen, Sozial- und Gesundheitsschutz, ausreichenden und allgemein zugänglichen Bildungschancen und der Integration in den Arbeitsmarkt bis hin zu vielfältigen Freizeitund Selbstverwirklichungsmöglichkeiten. Soziale Teilhabe als fortwährender Abstimmungsprozess Die Erlanger Stadtgesellschaft verändert sich. Sie ist, wie alle modernen Gesellschaften in verschiedener Intensität, von Migration sowie sozialökonomischen Veränderungen beeinflusst. Soziale Teilhabe am gesellschaftlichen Leben kann deshalb nie nur als Ziel, sondern muss immer auch als Prozess verstanden werden. Hürden, die sozialer Teilhabe im Weg stehen, müssen deshalb immer wieder identifiziert werden und im Abgleich mit den Lebensrealitäten einer sich verändernden Bevölkerung abgebaut werden. Förderung sozialer Teilhabe als gesamtgesellschaftliche Aufgabe Der Großteil gesellschaftlichen Lebens findet nicht im verwaltungsgelenkten, institutionalisieren Rahmen, sondern in der Mitte der Gesellschaft, in Vereinen, Bürgerinitiativen und in informellen Freizeitkreisen statt. Die kommunale Förderung sozialer Teilhabe kann deshalb nur erfolgreich greifen, wenn sie im Zusammenspiel mit den wichtigen gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteuren abgestimmt wird. Der Verwaltung kommt damit eine unterstützende und im besten Falle wegweisende Rolle zu, aber nie die eines alleinigen Garants oder gar eines ausschließlichen Akteurs. Vielmehr kommt der Gesellschaft als Ganzes und damit jedem Zusammenschluss von Bürgerinnen und Bürgern die Verantwortung zu, 12 immer wieder zu reflektieren, inwiefern wir alle offen für bisher ausgeschlossene Gruppen sind und wo es Möglichkeiten gibt, uns diesen noch mehr als bisher zu öffnen. Teilhabe in Erlangen ermöglichen – Hindernisse abbauen Ziel der Stadtverwaltung ist es, die Voraussetzungen für die größtmögliche Teilhabe aller Menschen am Gemeinwesen und seinen Errungenschaften zu schaffen und die auf diesen Gebieten aktiven Akteure so gut wie möglich zu fördern. Dafür ist es notwendig, dass die verschiedenen Bereiche der Stadtverwaltung ganzheitlich denken und gut aufeinander abgestimmt zusammenarbeiten. Denn stadtteilbezogene Soziokultur und Bildungsangebote und aktivierende Formate im Bereich Gesundheit und Sport sind ebenso von Bedeutung für Teilhabe in der Stadt wie beispielsweise kommunale Wohnungspolitik und Stadtentwicklung. Armut darf Menschen nicht an Teilhabe hindern Viele der Freizeit- und Kulturangebote kosten in modernen Gesellschaften Geld. Obwohl die Erlanger Bevölkerung finanziell verglichen mit vielen Kommunen ähnlicher Größe im Durchschnitt sehr gut ausgestattet ist, ist Armut auch in Erlangen eines der zentralen Hindernisse sozialer Teilhabe. Und mehr noch: Diejenigen Erlangerinnen und Erlanger, die nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügen, sind durch den Kontrast zum wohlhabenderen Teil der Stadtgesellschaft umso deutlicher ausgeschlossen. Es gibt auch in Erlangen den Bedarf, die Teilhabe am Gemeinwesen ganzheitlich zu fördern, etwa durch kostenlose oder verbilligte städtische Freizeit-, Sport- und Kulturangebote und leicht erreichbare attraktive Naherholungsgebiete. Dazu zählt aber auch eine gute Infrastruktur, wie etwa Radwege, und ein gut ausgebauter, bezahlbarer öffentlicher Nahverkehr. Das Sozialamt arbeitet schon seit Jahren mit dem Ziel, nachhaltige Strukturen zur Förderung sozialer Teilhabe zu etablieren und hat bereits eine Vielzahl Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Schwerpunktthemen der Stadtverwaltung zur Sozialpolitik von Projekten verwirklicht. So gab es z.B. eine städtische Schulbeihilfe, lange bevor dies im SGB II eingeführt wurde. Die optimierte Lernförderung ist ein weiteres Beispiel für die Maßnahmen des Sozialamtes, die Armutsspirale - nämlich dass „arme Eltern arme Kinder haben, die selber wieder arme Eltern werden“ - zu durchbrechen. Zur Dimension der Armut in Erlangen wurde im nachstehend abgedruckten statistischen Teil dieses Sozialberichtes eine Fülle von Informationen und Fakten zusammengetragen. ErlangenPass Der ErlangenPass soll ökonomisch benachteiligten Menschen in unserer Stadt ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben stärker teilzunehmen. Nach Vorberatung in den zuständigen Stadtratsausschüssen hat der Stadtrat in seiner Sitzung vom 27. November 2014 den Grundsatzbeschluss zur Einführung des ErlangenPasses gefasst. Einführungsdatum ist der 1. Januar 2016. Der ErlangenPass wird im Scheckkartenformat eingeführt. Mit Vorlage der Karte können Vergünstigen in Anspruch genommen werden. Ein umfangreiches Angebot Durch den ErlangenPass sind im ersten Schritt alle bestehenden Vergünstigungen bei städtischen Ämtern und städtischen Veranstaltungen sowie die bestehenden ÖPNV-Ermäßigungen gebündelt. Im Folgenden wird das Spektrum der Angebote fortlaufend ausgeweitet. Außerdem sollen auch nichtstädtische Anbieter gewonnen werden. Dieses breitgefächerte Leistungsangebot würdigt die vielfältigen Interessen der Nutzenden: • Stadtbibliothek • Städtische Sing- und Musikschule • Theater der Stadt Erlangen • Stadtmuseum • Volkshochschule • Angebote des Kulturamtes, unter anderem auch das Poetenfest, der Internationale Comicsalon und das Figurentheaterfestival • Angebote in den Bürgertreffs der Stadt Erlangen • Kunstpalais und städtische Sammlungen Darüber hinaus werden Berechtigte ermäßigte ÖPNV-Fahrkarten und Eintrittspreise für Erlanger Schwimmbäder nutzen können. Wer kann den ErlangenPass nutzen? Personen, die • Leistungen nach SGB II beziehen; • Leistungen nach dem dritten und vierten Kapitel SGB XII beziehen; • Wohngeld empfangen; • Kinderzuschlag empfangen; • Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen; • Kriegsopferfürsorge empfangen; • Kinderpflegegeld nach dem SGB VIII oder SGB XII beziehen; • Leistungen der Jugendhilfe beziehen nach §19, §34, §41 SGB VIII; • ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahre oder den Bundesfreiwilligendienst ableisten. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 13 Verbesserung der Wohnraumversorgung in Erlangen Eine zentrale Aufgabe im Bereich der Sozialpolitik liegt in Erlangen in der Verbesserung der Wohnraumversorgung – vor allem mit bezahlbarem Wohnraum. Die Mietpreise in Erlangen gehören nach München zu den höchsten in Bayern. Auch im regionalen Vergleich mit Nürnberg und Fürth weist Erlangen zum Teil deutlich höhere Mietpreise auf. Dass der Wohnungsmarkt in Erlangen angespannt ist, hat verschiedene Gründe: • Als attraktiver und weltoffener Standort wächst Erlangen nach wie vor – sowohl an Einwohnern, wie auch an Arbeitsplätzen. • Wegen Auslaufs von Bindungsfristen ist die Anzahl der verfügbaren Sozialwohnungen in den letzten Jahren stark gesunken. • Insbesondere der starke Anstieg der Studierenden-Zahlen an der Universität verursacht zusätzliche Nachfrage auf dem örtlichen Wohnungsmarkt. • Hinzu kommen mit den in letzter Zeit stark steigenden Asylbewerberzahlen neue Personengruppen als Wohnungsnachfrager auf dem örtlichen Wohnungsmarkt. Diese Entwicklung wird mit Blick auf die weltpolitische Lage weiter anhalten. In Erlangen werden im Vergleich zu anderen Städten sehr viele Wohnungen neu errichtet. So ist in den letzten fünf Jahren (2009 bis 2014) die Zahl der Wohnungen um rund 2.030 bzw. 3,4 Prozent gestiegen. Trotzdem sind Mieten in Erlangen weiter gestiegen. Einen Überblick über den Wohnungsmarkt bietet der „Wohnungsbericht 2014“ – www.erlangen.de/ wohnungsbericht. Das Strategiepapier „Entwicklung von neuem Wohnungsbau in Erlangen“ ist Leitlinie für die Verwaltung, um den Bau von neuen Wohnungen in Erlangen zu unterstützen und nach dem Grundsatz der Innenentwicklung vor Außenentwicklung zu lenken. Ein Schwerpunkt der Innenentwicklung ist die Umnutzung von Brachflächen und die Mobilisierung von Baulücken. Neue Wohnungen sollen vor allem entlang von leistungsfähigen Verkehrsachsen entstehen. Die Nachverdichtung der Wohnsiedlungen von Wohnungsbaugesellschaften spielt dabei eine 14 entscheidende Rolle, da es sich im Wesentlichen um zentral gelegene und verkehrlich bereits gut angebundene Quartiere handelt. Gleichzeitig entwickelt die Stadt Erlangen erfolgreich neue Wohngebiete in Büchenbach-West mit dem Instrument der städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) „Erlangen – West II“. Durch diese werden ca. 800 Wohneinheiten für ca. 1.600 Einwohner geschaffen. Auch im Ortsteil Steudach wird derzeit neuer Wohnraum für ca. 200 Einwohner geplant. Die Strategie zeigt Erfolge, so sind aktuell über 2.500 neue Wohnungen im Bau bzw. konkreter Planung. Wenn auch der Mangel an bezahlbarem Wohnraum sich in jüngster Zeit immer stärker bemerkbar macht, so handelt es sich doch keineswegs um ein neues Problem. Deshalb gab es auch in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche Bemühungen und Initiativen aus dem Rathaus, die Situation zumindest teilweise zu entschärfen: • Ende 2008 hat das Sozialamt damit begonnen, einen eigenen sozialpädagogischen Dienst für Wohnungsnotfälle und für die Betreuung der Bewohnerinnen und Bewohner städtischer Verfügungswohnungen einzurichten. Mittlerweile ist dieses Team auf vier Vollzeitstellen angewachsen. Ihre Effizienz und Bedeutung ist inzwischen unbestritten und ihre Unterstützung als städtische Dienstleister im Sozialbereich nicht mehr wegzudenken. Sie schalten sich in allen Zwangsräumungsfällen mit dem Ziel ein, den drohenden Wohnungsverlust doch noch zu verhindern. Darüber hinaus wird eine allgemeine Mieterberatung angeboten und – was am wirksamsten und wichtigsten ist – die Kolleginnen bemühen sich in allen Fällen von in Not geratenen Familien die nötige Hilfestellung zu geben, damit die Betroffenen einen Ausweg aus ihrer Notlage finden und wieder „auf eigenen Beinen“ stehen können. • Mit Stadtratsbeschluss vom Oktober 2010 wurde das Projekt „Ankauf von Belegungsrechten“ gestartet. Damals lief die Sozialbindung für Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Schwerpunktthemen der Stadtverwaltung zur Sozialpolitik ca. 600 Sozialwohnungen aus und die städtische Wohnungsbaugesellschaft als Eigentümer stand vor der Entscheidung, die weitgehend verbrauchte Bausubstanz abzureißen und neu zu bebauen, bzw. zeitgemäß zu sanieren. Durch den Vertrag zum Ankauf von Belegungsrechten ist es der Stadt gelungen – trotz Wegfalls des Status als Sozialwohnung – diese 600 Wohnungen für die weitere Nutzung durch einkommensschwache Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Es erfolgte keine Luxussanierung, sondern eine Einfachsanierung – allerdings unter Beachtung der aktuellen ökologischen Standards im Heizungs-, Sanitär- und Haustechnikbereich (z.B. Dämmung, Wegfall der Ofenheizungen und Ersatz durch Zentralheizungen usw.). Diese Sanierungsarbeiten wurden durch einen Kredit aus dem städtischen Haushalt finanziert, im Gegenzug erhielt das Sozialamt für 20 Jahre das Belegungsrecht für diese Wohnungen – bei gleichzeitiger Begrenzung der Miethöhe auf das Niveau der jeweils geltenden Mietobergrenze nach SGB II. Damit wurde zwar kein neuer, zusätzlicher Wohnraum geschaffen – es wurden jedoch 600 ehemalige Sozialwohnungen für die weitere Benutzung durch sozialschwächere Bürgerinnen und Bürger gesichert. • Ende 2011 wurde mit Unterstützung engagierter Kreise aus Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Sponsoren der „Sonderfonds gegen Armut und Obdachlosigkeit in Erlangen“ gegründet. Unter Federführung der evangelisch-reformierten Kirche in Erlangen und in enger Zusammenarbeit mit dem sozialpädagogischen Dienst des Sozialamts der Verwaltung können dabei auch zusätzliche finanzielle Hilfen in solchen Notfällen organisiert werden, wo die Paragraphen der Sozialgesetze keine weitere Unterstützung mehr ermöglichen. Diese Einrichtung ist vor allem auch deshalb besonders wichtig, weil vom Sonderfonds ein permanenter, enger und vertrauensvoller Kontakt zur städtischen Wohnungsbaugesellschaft als mit Abstand größtem Vermieter von Sozialwohnungen (Mietschulden) und zu den Erlanger Stadtwerken Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 (Stromschulden) gepflegt wird. Diese Unterstützung unserer städtischen Sozialpädagoginnen und -pädagogen durch den Sonderfonds hat sich bereits für zahllose in Not geratene Familien als enorme Hilfe erwiesen zur Überwindung ausweglos erscheinender Notsituationen. • Seit 2012, zunächst als Initiative des Sozialamtes, dann ab 2013 durch den Stadtrat als Dauereinrichtung übernommen, gibt es die Initiative „Wohnen für Hilfe“. Dadurch werden zusätzliche, preisgünstige Studentenwohnplätze in Privatwohnungen akquiriert (inzwischen über 100 zusätzliche studentische Wohnplätze), wobei sich die Bewohner zu gewissen Unterstützungsleistungen im Haushalt bereit erklären, was zu einer Win-winSituation für beide Seiten führt (zusätzliche Wohnplätze für Studenten – willkommene Unterstützung im Haushalt der Wohnungsgeber als Teil der Gegenleistung). Das Modell „Wohnen für Hilfe“ ist mittlerweile bundesweit als wirksames Projekt anerkannt und bereits mehrfach ausgezeichnet worden. • Auch im Bereich der städtischen Obdachlosenunterkünfte konnte in den vergangenen Jahren eine deutliche Reduzierung erreicht werden. Seit 1963 hatte die Stadt zu diesem Zweck über 300 Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft angemietet mit zeitweise fast 500 Bewohnern. Seit 2008 begann die Verwaltung konsequent mit Bemühungen, Bewohner von Notunterkünften in normale Mietwohnungen zu vermitteln. Gleichzeitig setzte man verstärkt auf präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit (insbesondere durch Einzelfallhilfe, Mieterberatung und Betreuung von Wohnungsnotfällen durch unseren sozialpädagogischen Dienst). Dadurch konnte die Anzahl der benötigten Notwohnungen auf unter 200 und die Anzahl der auf Obdachlosenunterkünfte angewiesenen Personen auf ca. 250 Personen reduziert werden – wobei ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet wird, dass möglichst keine Familien mit Kindern in städtischen Notunterkünften wohnen müssen. 15 • Dabei hat auch die städtische Wohnungsbaugesellschaft unterstützt, z.B. durch das Projekt „Zweite-Chance-Wohnungen“. Dazu wurde eine Reihe geeigneter Wohnungen zur Verfügung gestellt zur Unterbringung von Bewohnerinnen und Bewohnern von Verfügungswohnungen, bei denen Zweifel an der „Mietfähigkeit“ bestand. Die Nutzer dieser Zweiten-Chance-Wohnungen erhielten zeitlich befristete Mietverträge mit der Option, diese in unbefristete Mietverträge umzuwandeln. Diese Bereitschaft zum Risiko hat sich in vollem Umfang gelohnt, denn in allen Fällen konnte das befristete in ein unbefristetes Mietverhältnis umgewandelt werden. • Darüber hinaus bietet das Sozialamt der Stadt Erlangen seit Jahren noch weitere Unterstützungen für Wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen an: seit 1929 betreibt die Stadt Erlangen für obdachlose Durchreisende eine Übernachtungsmöglichkeit an 365 Tagen im Jahr. In den Wintermonaten sind die Räumlichkeiten der Wöhrmühle zusätzlich tagsüber als Wärmestube geöffnet. Seit 2010 gibt es darüber hinaus die Möglichkeit für „Hilfen bei der Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten“ durch eine Sozialarbeiterin der Diakonie, die nach § 67 SGB XII vom Sozialamt finanziert wird. Schließlich wurde im Jahr 1999 auf die Initiative des Stadtrates der Obdachlosenhilfeverein Erlangen (ein Zusammenschluss kirchlicher Initiativen, der örtlichen Wohlfahrtsverbände und des Sozialamtes) gegründet um die Kräfte für die Hilfe für obdachlose Menschen in Erlangen zu bündeln. Mit städtischer Unterstützung und mit Hilfe von Spenden und Sponsoren betreibt der Obdachlosenhilfeverein seit dem Jahr 2000 eine niederschwellige Tagesstätte für obdachlose Menschen und für Bewohner aus Verfügungswohnungen (zuerst in der Heuwaagstraße 11, seit 2013 in der Wilhelmstraße 2G). Seit 2013 betreibt der Obdachlosenverein im Auftrag des Sozialamtes auch jeweils im Winterhalbjahr eine Notschlafstätte mit ca. 20 Plätzen für Wohnungssuchende aus Südosteuropa. Diese bisherigen Bemühungen von Stadtverwaltung mit externen Partnern haben zwar in vielen Fällen weitergeholfen und Unterstützung im Einzelfall gebracht. Seit der letzten Kommunalwahl hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine grundlegende und nennenswerte Verbesserung der 16 Versorgung mit Wohnraum jedoch nur mit dem Bau weiterer neuer Wohnungen vor allem im Bereich des sozialen Wohnungsbaus erreicht werden kann. Seit 2014 wurden deshalb weitere Maßnahmen in Angriff genommen: • Im Jahr 2014 wurde durch Stadtratsbeschlüsse festgelegt, dass bei der Ausweisung von neuen Wohngebieten ein Anteil von 25 Prozent der neu zu schaffenden Wohnungsbauflächen für Geschosswohnungsbau für den geförderten Mietwohnungsbau (Sozialwohnungen) und ein Anteil von 25 Prozent der Wohnbauflächen für Doppelund Reihenhäuser für den geförderten Eigenheimbau gesichert werden muss. Die Stadt erhofft sich davon einen spürbaren Anstieg der verfügbaren Sozialwohnungen in Erlangen. Die Regelung wird erfolgreich umgesetzt. So plant eine private Wohnungsbaugesellschaft den Bau von rund 100 Sozialmietwohnungen durch Nachverdichtung im Bereich der Jaminstraße. • Seit 2014 wird verstärkt die Nutzung von Baulücken sowie die Möglichkeit baulicher Nachverdichtung in bestehenden Baugebieten geplant und umgesetzt. Gerade der Mangel an verfügbaren, freien Bauflächen zwingt zu einer solchen Suche nach Möglichkeiten der nachträglichen Verdichtung oder der Schließung von Baulücken. Die Neubauaktivitäten der städtischen Wohnungsbaugesellschaft werden in verstärktem Maße vorangetrieben. Zu nennen sind hier insbesondere die Neubauprojekte in der Elisabethstraße, in der Wilhelminenstraße, der Brüxerstraße und der Schenkstraße (Housing Area). Es wird erwartet, dass durch diese Projekte das Ziel, mindestens 1.000 neue Wohnungen im Erlanger Stadtgebiet zu schaffen, zu erreichen ist. • Die wichtigste Erhöhung des Wohnraumangebots in Erlangen ist die Verstärkung der Aktivitäten im sozialen Wohnungsbau. Dazu wäre es notwendig, dass der zuständige Freistaat Bayern (aber auch der Bund) seine staatlichen Förderungen deutlich erhöhen. Die Warteliste in der städtischen Wohnungsvermittlungsstelle für Sozialwohnungen ist in den letzten Jahren immer länger geworden. Eine echte Entlastung ist hier nur zu erwarten, wenn der staatlich geförderte Sozialwohnungsbau stärker angekurbelt wird. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 17 II Beiträge des Erlanger Sozialratschlags „Ratschlag für soziale Gerechtigkeit“ Erlangen Die Spekulationsblasen der Hedgefonds, Banken und anderen großen Finanzinvestoren waren drei Jahre zuvor geplatzt, die „systemrelevanten Banken“ mit gigantischen Staatsgeldern gerettet und in Folge die staatlichen Kassen geleert, als der DGB Erlangen zu einem „Ratschlag gegen Sozialabbau - für einen Kurswechsel“ aufrief. Am 27. Juli 2010 trafen sich 26 TeilnehmerInnen aus 16 Organisationen und gründeten den Erlanger „Ratschlag gegen Sozialabbau“. Als Ziel des Ratschlags wurde vereinbart: Gegenseitige Information über die jeweiligen Aktivitäten, Öffentlichkeitsarbeit nach dem Motto: „Der Armut ein Gesicht geben“ und die gemeinsame Durchführung von Aktionen. Im Rahmen des zweiten Treffens wurde die Durchführung einer „Sozialmeile“ und die Beteiligung an der geplanten bayernweiten Protestkundgebung am 13.11.2010 in Nürnberg vereinbart. Die Kundgebung in Nürnberg wurde mit 30.000 TeilnehmerInnen - bei sehr guter Beteiligung aus Erlangen - eine beeindruckende Manifestation. Der ersten Sozialmeile am 23.10.2010 zwischen der Henkestraße und dem Schlossplatz folgte am 27.10.2012 eine zweite Sozialmeile in der Nürnberger Straße entlang und auf dem Besiktas-Platz. Zur zweiten Sozialmeile wurden unter dem Titel: „Gegen Sozialabbau - Wege aus der sozialen Spaltung“ Forderungen zur Sozialpolitik, zum Arbeitsmarkt und zur Bildungspolitik aufgestellt. Neben internen Treffen griff der Ratschlag seit Gründung mit öffentlichen Diskussionsveranstaltungen jeweils aktuelle sozialpolitische Themen auf. Die Zahl der Mitgliedsorganisationen ist zwischenzeitlich auf 33 angestiegen (siehe unten). In 32 Ratschlag-Treffen bis November 2015 wurde das Vorgehen des Ratschlags festgelegt. Im November 2015 wurde einstimmig die Umbenennung des „Ratschlag gegen Sozialabbau“ in „Ratschlag für soziale Gerechtigkeit“ beschlossen. Der „Ratschlag für soziale Gerechtigkeit“ ist ein offener Beratungskreis ohne Satzung und Vorstände mit lediglich einem Sprecher mit Koordinationsaufgabe. Der Ratschlag ist ein Zusammenschluss von Initiativen, Verbänden, Organisationen, Parteien und Kirchen. Er soll die Aktivitäten der Mitgliedsorganisationen keinesfalls ersetzen, sondern durch Koordinierung und von Fall zu Fall eigene Aktivitäten ergänzen. Weitere Akteure bzw. Mitgliedsverbände sind herzlich willkommen. Im Vorfeld der Erstellung des „Sozialberichts 2015 der Stadt Erlangen“ forderte der Ratschlag eine beteiligungsorientierte Umsetzung des Berichts und Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 stieß bei der Stadt Erlangen „auf offene Türen“. Den Mitgliedsverbänden des Ratschlags wurde die Möglichkeit eingeräumt, mit Beiträgen ihrer Organisationen den Sozialbericht schon bei der Erstellung des Berichts zu ergänzen und an der Erarbeitung und Umsetzung der Konsequenzen aus dem Bericht mitzuwirken. Mitgliedsverbände im Erlanger Ratschlag gegen Soziabbau (alphabetisch): • Agenda 21 Beirat der Stadt Erlangen • Ausländer- und Integrationsbeirat der Stadt Erlangen • Arbeitslosenberatung Erzdiözese Bamberg • attac • Bildung evangelisch • Bündnis 90/Die Grünen Erlangen • DGB Erlangen • DIE LINKE Erlangen-Höchstadt • DKP Erlangen • Dritte Welt Laden Erlangen e.V. • Erlanger Frauenhaus • Erlanger Linke • Erlanger Mieterinnen- und Mieterverein • Erlanger Sozialforum • Evangelisch-Lutherisches Dekanat Erlangen • Evangelisch-Reformierte Kirchengemeinde • fairlangen.org • GEW Erlangen • Gewerkschaftsgrün • Grüne Liste • IG Metall Erlangen • Katholische Betriebsseelsorge Erzdiözese Bamberg • Mobbingberatung Erzdiözese Bamberg • Katholische Erwachsenenbildung • Katholisches Dekanat Erlangen • Kirchlicher Dienst in der Arbeitswelt • Kontaktstelle für Arbeitslose • Piratenpartei Kreisverband Erlangen/ Erlangen-Höchstadt • Sozialtreff Erlangen • SPD Erlangen Stadt • SPD Erlangen-Höchstadt • VdK Erlangen-Höchstadt • ver.di Erlangen Kontakt: Über alle Mitgliedsorganisationen oder [email protected] bzw. Tel. 0171 / 30 28 254 Erlangen, Oktober 2015 19 Wohnen im Alter von Karla Bald, Barbara Kalpen, Ursel Plößel, Dinah Radtke, Helmut Schäfer, Kunibert Wittwer Arbeitsgruppe „Wohnen im Alter“ des Sozialbeirats Mit steigendem Lebensalter wächst auch die Bedeutung der Wohnung als Lebensmittelpunkt, da ältere Menschen einen zunehmenden Anteil des Tages in ihrer Wohnung oder unmittelbaren Umgebung verbringen. Die meisten älteren Menschen wollen ein selbstbestimmtes und selbständiges Leben im eigenen Zuhause führen. Sie möchten weiter in ihrer vertrauten Nachbarschaft und im vertrauten Umfeld wohnen und vorhandene Kontakte pflegen. Wohnung und Umfeld müssen deshalb so gestaltet sein, dass dies auch in höherem Alter trotz gesundheitlicher Einschränkungen noch möglich ist. Der Nahbereich sollte ein hohes Maß an Kontakten mit Verwandten, Bekannten, Freunden sowie an Umweltqualität, Waren und Dienstleistungen, als auch einer Gesundheitsversorgung in der Nähe bieten. Gerade mit zunehmendem Alter tritt die Gesundheit zum Erhalt der Lebensqualität immer mehr in den Vordergrund. Der private Haushalt wird zukünftig immer mehr Bedeutung bei der Versorgung älterer Menschen bekommen. Für ein selbständiges und selbstbestimmtes Wohnen älterer und pflegebedürftiger Menschen ist die Infrastruktur im Nahbereich, im Stadtviertel oder im „Quartier“ sehr wichtig. Die Anforderungen älterer Menschen an ein altersgerechtes Wohnumfeld sehen laut Umfragen folgendermaßen aus: • • • • • • • • • • Selbstbestimmtes individuelles Wohnen Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe Geringe Wohnkosten Medizinische Versorgung in der Nähe ÖPNV in der Nähe Gewohnte Umgebung Soziale Kontakte zu anderen Menschen Barrierefreiheit innen und außen Technische Hilfen (z.B. Hausnotrufdienste) Hilfsangebote bzw. Pflegedienste Wenn ältere Menschen aufgrund einer Erkrankung oder Behinderung den Alltag nicht mehr allein bewältigen können, benötigen sie Hilfsangebote innerhalb ihres Wohnviertels. 20 Die Voraussetzungen für ein altersgerechtes Wohnen in den eigenen vier Wänden sind: • Anpassung der Wohnung an die veränderten Bedürfnisse 1.Beseitigung von Barrieren (nur 7 Prozent des Wohnungsbestandes in Deutschland sind altersgerecht, d.h. barrierefrei) 2.Zurverfügungstellung technischer Hilfen 3.Beseitigung von Ausstattungsmängeln • Aktivierung nachbarschaftlicher Hilfen • 24-Stunden Präsenz eines Pflegedienstleisters bzw. Notrufbereitschaft rund um die Uhr, flexible Arbeitsweise der Pflegedienste • Niederschwellige Betreuungsangebote, auch zur Entlastung pflegender Angehöriger Um das Wohnen im eigenen Zuhause auch für hilfeund pflegebedürftige Seniorinnen und Senioren zu ermöglichen, sind zeitlich flexible Pflegeangebote von Pflege- bzw. Assistenzdiensten notwendig. Falls diese Pflegeangebote nicht hauswirtschaftliche Versorgung oder Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft umfassen, können diese mit ehrenamtlicher Nachbarschaftshilfe oder Projekten wie z.B. „Wohnen für Hilfe“ ergänzt werden, um die Lebensqualität in der eigenen Wohnung zu erhalten. Bei Pflegebedürftigkeit sind Informationen über die Rechtsansprüche zur Finanzierung der Pflege in der eigenen Wohnung wichtig, sowie Unterstützung bei der Antragstellung, um ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Aus den genannten Gründen sind für ein altersgerechtes Wohnen folgende Handlungsansätze abzuleiten: 1.Schaffung von bezahlbarem Wohnraum 2.Förderung unterschiedlicher Wohnprojekte, insbesondere innovativer Wohnformen 3.Schaffung von Versorgungssicherheit im Quartier (wohnungsnahes Dienstleistungs- und Warenangebot) 4.Schaffung von Beratungsstellen im Quartier mit folgendem Angebot: • Beratung bei Wohnungsanpassung • Vermittlung von professionellen Hilfen Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Stellungnahme zum Sozialbericht 2015 aus dem Ratschlag • Unterstützung bei der Schaffung von sozialen Netzwerken • Beratung bei Pflegebedürftigkeit • Unterstützung bei der Antragstellung zur Finanzierung von Pflege- bzw. Assistenzleistungen • Vernetzung der Angebote für Ältere im Stadtteil • Unterstützung des ehrenamtlichen Engagements • Präventive Gesundheitskurse (z.B. zur Sturzprophylaxe usw.) Dabei geht es vor allem auch darum, dass die vorhandenen und vielleicht noch zu findenden Seniorenberaterinnen und -berater aktiv auf Gruppen und Kreise zugehen, um dort über bestehende Vernetzungen und Nachbarschaftsmodelle zu sprechen, zu neuen Formen zu ermuntern und an deren Initiierung mitzuwirken. Darüber hinaus könnten sie ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewinnen, die als Multiplikatoren und Informationsträger im Stadtteil mitarbeiten würden. Anknüpfungsmöglichkeiten wären vorhandene Gruppen und Kreise wie zum Beispiel ... Seniorenkreise, die sich aufgrund gemeinsamer Aktionen gebildet haben (Protestgruppe gegen den Tiefgaragenbau am Theaterplatz), Seniorenkreise ... ... der Gewerkschaften, ... der Parteien, ... der Kirchengemeinden, ... der Sportvereine, ... der Pensionäre bestimmter Berufsgruppen (z.B. der Firma Siemens, der Lehrerinnen und Lehrer usw.) ... usw. Sollte der Verbleib in der eigenen Wohnung nicht mehr möglich sein oder nicht mehr gewünscht werden, müssen neue Wohn- und Betreuungsformen für eine quartiersnahe Versorgung geschaffen werden. Hierbei ist der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es sehr individuelle Vorstellungen der Betroffenen über das Wohnen gerade im Alter gibt und auch im Hinblick auf die finanziellen Möglichkeiten Unterschiede vorhanden sind. Als Beispiele für neue Wohnformen können an dieser Stelle Mehrgenerationenhäuser oder Seniorengenossenschaften genannt werden. Hier sind zukünftig, angesichts des demografischen Wandels, viele innovative Modelle denkbar und notwendig. Auf dem Seniorentag in Frankfurt 2014 machte Professor Thomas Klie, Mitarbeiter bei der Erstellung des siebten Altenberichtes, deutlich, dass in Zukunft ein möglichst selbstbestimmtes Leben hilfebedürftiger und pflegebedürftiger älterer Menschen nur möglich sein wird im „Zusammenwirken von familiärer Solidarität, Professionalität und zivilgesellschaftlicher Formen der Unterstützung“. Allen Forderungen liegt zugrunde, dass Quartierskonzepte (Gemeinschafts- und Hilfsangebote für die Bewohner des Quartiers) von der Stadt erarbeitet werden müssen. Die BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen) sieht die Aufgabe der kommunalen Sozialplanung und Stadtentwicklung auch darin, dem notwendigen bürgerschaftlichen Engagement Raum und Unterstützung zu geben und damit eine mitverantwortliche Nachbarschaft im Sinne einer „Caring Community“ (sorgende Gemeinschaft) im Quartier zu fördern. Grundsätzlich sollten ältere Bürger einer Stadt in die Planung der verschiedenen, für sie relevanten Handlungsfelder, mit einbezogen werden. Grundsätzlich geben wir einer „Bringkultur“ statt einer „Holkultur“ für eine bürgerfreundliche Stadt den Vorzug. Kostenlose Begegnungsmöglichkeiten, wie Tagescafés, sollten zur Förderung der Kommunikation geschaffen werden, um älteren Menschen soziale Kontakte zu ermöglichen. Hierdurch lassen sich Vereinsamung und Isolation vermeiden. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 21 Arbeitslosigkeit und soziale Teilhabe von Bernd Schnackig und Klaus Frank Arbeitslosenberatung Herzogenaurach und Kontakt-Stelle für Arbeitslose Erlangen Zugrunde gelegt im Schöpfungsbericht der Bibel und gemäß Sozialenzyklika „Laborem Excercens“ von Papst Johannes Paul II vom 14.09.1981 ist die Arbeit ein Gut für den Menschen, das seine Würde zum Ausdruck bringt und sie vermehrt: „Die Arbeit ist ein Gut für den Menschen - für sein Menschsein -, weil er durch die Arbeit nicht nur die Natur umwandelt und seinen Bedürfnissen anpasst, sondern auch sich selbst als Mensch verwirklicht, ja gewissermaßen »mehr Mensch wird«“. Daraus folgt, dass (Langzeit-)Erwerbslose in der Entwicklung ihres Selbstwerts, ihrer Potenziale, ihrer Personalität und Sozialität, … erheblich limitiert und negativ beeinträchtigt sind. 1. Arbeitslosigkeit und Zeitstruktur Einer (Erwerbs-)Arbeit nachzugehen bedeutet, die Zeit bzw. den Tagesablauf zu gestalten und zu strukturieren. Wer keine Arbeit hat, muss die „frei verfügbare Zeit“ in eigener Initiative gestalten. Vielfach wird dieser Umstand jedoch nicht als Chance, sondern bei zunehmender Verweildauer als Last erlebt. Arbeitslose, die die Tageszeit nicht einteilen müssen, planen und beginnen häufig nichts mehr und driften ab in eine Art von Müßiggang, Lustlosigkeit und motivationale Gleichgültigkeit: was man / frau sich evtl. doch als Tagesaufgabe vorgenommen hat, wir dann gecancelt und auf den nächsten Tag verschoben. In der Rückschau auf v ergangene Tage, Wochen und Monate finden Erwerbslose dann kaum etwas, das sie als wertvolle Aktivität „verbuchen“ können. Dementsprechend demontiert sich bei fortschreitender Verweildauer in (Erwerbs-) Arbeitslosigkeit das eigene Selbstwertgefühl, die persönliche Identität und Sozialität. 2. Arbeitslosigkeit, Gesundheit und berufliche Integration Mit einer gewissen Regelmäßigkeit belegt die empirische Forschung seit langem immer wieder: Arbeitslose weisen einen deutlich schlechteren Gesundheitszustand, ein ungünstiges Gesundheitsverhalten und einen erhöhten Suchtmittelkonsum auf. Arbeitslose haben im Vergleich zu Beschäftigten vor allem eine signifikant schlechtere psychische Gesundheit und instabile Lebenszufriedenheit, was unmittelbar auch mit den fehlenden finanziellen Ressourcen zu tun hat. Gesundheitliche Einschränkungen zählen häufig zu den wichtigsten Hemmfaktoren für die 22 Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt. Sie stellen sich in einer repräsentativen IAB-Studie als großes Hemmnis und Behinderung der Suchaktivitäten am Stellenmarkt heraus. Es bestehen somit deutlich geringere Wiedereingliederungschancen auf dem Arbeitsmarkt, wodurch das Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit signifikant erhöht ist. 3. Arbeitslosigkeit und Sozialkontakte Die Erwerbsarbeit hat – unabhängig von Gelderwerb und daraus resultierenden Konsummöglichkeiten – starke Inklusionswirkungen, von denen Arbeitslose ausgeschlossen sind. Arbeitslosigkeit bedeutet einen Verlust der aus der Arbeitswelt begründeten Kooperations-, Kommunikations- und sozialen Interaktionsstrukturen und der damit verbundenen persönlichen Bestätigung und Anerkennung, aber auch notwendigem Feedback und sozialer Korrektur. Durch Langzeitarbeitslosigkeit bedingte soziale Defizite können zum Verlust an sozialer Kompetenz, zu psychischen Störungen und in der Sekundärfolge zu somatischen pathologischen Diagnosen führen, wodurch sich dann der Teufelskreis schließt und sogar noch verstärkt. Belastend und verstärkend kommt noch hinzu, dass Empfänger von Grundsicherung aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen häufig nur sehr limitierte Möglichkeiten haben, die durch Arbeitslosigkeit fehlenden Sozialkontakte zu kompensieren; z.B. durch kulturelle Teilhabe an vhs-Kursen, Theaterbesuche, Aktivitäten in Vereinen, Kursen der Persönlichkeitsentwicklung, ... Nicht zuletzt ist bekannt, dass arbeitslose Menschen sich nach und nach aus den eigenen bisher bestehenden sozialen Netzwerken distanzieren, da man/ frau sich die diversen Freizeit-, Konsum- und Wellnessangebote der ehemaligen Freunde und Bekannten nicht mehr leisten kann. Zusammenfassend gilt „auf den Punkt gebracht“, dass Erwerbsarbeit also nicht nur „Broterwerb“, sondern auch Schlüsselfaktor der persönlichen Integrität und sozialen Teilhabe in der Gesellschaft ist. Aber auch in gesellschaftspolitischer Hinsicht sollten demokratische, auf den Menschenrechten basierende Gesellschaften der sozialen und beruflichen Inklusion der Arbeitsuchenden eine hohe Priorität einräumen. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Stellungnahme zum Sozialbericht 2015 aus dem Ratschlag 4. Sekundäreffekte von Arbeitslosigkeit Die oben dargestellten und schon lange bekannten Folgen der (Erwerbs-)Arbeitslosigkeit treffen jedoch nicht nur die/den Arbeitslosen allein. Die Familienangehörigen, insbesondere die Ehegatten und Kinder, werden unvermeidlich von allen Aspekten des Mangels mitbetroffen. Dadurch werden nicht nur die Beziehungen innerhalb der Kernfamilie der Arbeitslosen negativ beeinflusst, sondern auch die sozialen Beziehungen der nicht arbeitslosen Familienangehörigen. Effekte wie sinkende Schulleistungen der Kinder, Rückzug auch der nicht arbeitslosen Ehegatten aus externen Sozialkontakten usw. sind ebenso bekannt wie die oben beschriebenen Folgen bei den Arbeitslosen selbst. Aufgrund vorstehender Erkenntnisse sind zwei Handlungsebenen der Sozialpolitik zu erkennen: 1. die materielle Absicherung Einkommensverlust gegen den und 2.die Absicherung Sekundärfolgen. gegen negative soziale Aufgrund Bundesgesetz liegt der erste Punkt prinzipiell in der Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland und deren nachgeordneten Ausführungsorgane, konkret der Bundesagentur für Arbeit und der örtlich zuständigen Jobcenter. Der zweite Punkt kommt im Bundesgesetz (SGB II und SGB III) nicht vor. Also könnte darin eine Aufgabe der kommunalen Sozialpolitik gesehen werden. Bereits vor „Erfindung“ des SGB II hat sich die Stadt Erlangen durch Gründung und Unterhalt der GGFA vorbildlich um Erwerbslose bemüht; insbesondere um jene, die in besonderer Weise der Unterstützung auf dem Weg in den sogenannten Ersten Arbeitsmarkt bedurften. Diese Vorarbeit erleichterte den Weg zur Optionskommune drastisch. Damals wie heute zeigte das System jedoch einen Mangel: Es ging immer „nur“ um den einzelnen Erwerbslosen und dessen Vermittlung in den Ersten Arbeitsmarkt. Beachtung finden und fanden soziale Problemlagen stets reaktiv - also erst, wenn sie bereits eingetreten waren. Und Kollateralschäden bei den Familienangehörigen, dem Freundeskreis und weiteren sozialen Bezugsfeld des oder der Erwerbslosen blieben Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 systematisch unbeachtlich. Für Prävention im sozialen Leben der Erwerbslosen war und ist kein Raum. Wir meinen, dies könnte durch kommunale Sozialpolitik geändert werden. Dabei sind wiederum zwei Aktionsfelder zu unterscheiden: 1. Sinnstiftende und erfüllende sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die im Idealfall auch zu einem für den Lebensunterhalt ausreichenden Erwerbseinkommen führt. Die Untersuchungen, dass ein öffentlich finanzierter zweiter Arbeitsmarkt wirtschaftlich rentabel, d.h. weitestgehend refinanziert ist, liegen reichlich vor. Diese Argumente brauchen hier nicht wiederholt werden - uns genügt es, daran zu erinnern. Und die Stadt Erlangen hat u.E. ihre Möglichkeiten in dieser Hinsicht bei weitem nicht ausgereizt. Zweifellos gibt es auch in der Zuständigkeit der Stadt Erlangen reichlich Arbeit, die nicht getan wird, weil sie niemand bezahlen will. 2.Präventive, aufsuchende Sozialarbeit bei Erwerbslosen. Unsere Erfahrung zeigt, dass viele Erwerbslose in ihrer emotionalen Betroffenheit eine große Hemmschwelle besitzen, Hilfe anzunehmen und multiple Problemlagen zu realisieren. Vielfach treten Problemlagen so schleichend ein, dass sie nur von einem objektiven professionellen Beobachter bemerkt werden können. Unsere Erfahrung zeigt weiterhin, dass viele Erwerbslose gar nichts wissen von den vielen Hilfemöglichkeiten. Und wenn sie etwas davon wissen, ist die Hürde, tatsächlich hinzugehen, aus unterschiedlichsten Gründen für viele sehr hoch. Sie gehen also erst, wenn überhaupt, wenn ein soziales Problem unübersehbar und für die Betroffenen selbst sehr belastend ist. Das heute gängige „Komm-Prinzip“ im Arbeitslosen-Coaching stößt hier an seine Grenzen. Die Idee der Eigenverantwortung der Betroffenen und Hilfebedürftigen wird unseres Erachtens überstrapaziert; die Idee des Datenschutzes auch. Für die pragmatische Umsetzung der aufsuchenden Sozialarbeit ist ein differenziertes pädagogisches Konzept auszuarbeiten. Unabdingbar muss jedoch sichergestellt sein, dass das Prinzip der Freiwilligkeit, Vertraulichkeit und Parteilichkeit innerhalb der Interaktion mit dem Arbeitslosen stets zu gelten hat. 23 Arbeitsmarkt und Armut von Wolfgang Niclas DGB Was haben Armut und Arbeitsmarkt miteinander zu tun? Der statistische Teil des „Sozialberichts Erlangen 2015“ wurde in der Erwartung erstellt, dass „das Wissen über die Struktur von Bevölkerung und Haushalten dabei hilft, Zusammenhänge zu erklären und Hinweise auf zukünftige Entwicklungen zu geben.“ Die statistische Aufarbeitung von Bevölkerungsstruktur und Zusammenleben ist umfänglich gelungen. Sie leidet aber an einer zwar kleinräumigen Betrachtung der Realität, mit der aber nicht ausreichend Wirkungszusammenhänge und Ursachen für diese Realität benannt werden können. Ein städtischer Sozialbericht sollte neben der Darstellung der Realität mit „unzähligen Kriterien“ die Ursachen für die Entwicklung von Armut in einer reichen Gesellschaft soweit irgend möglich benennen und auch vor dem Hinweis auf fehlendes Datenmaterial nicht zurückschrecken. Das Fehlen beispielsweise von Daten zur Erosion des Normalarbeitsverhältnisses und zum Wachstum atypischer oder prekärer Arbeitsverhältnisse ist ein Problem für die Entwicklung einer zukunftssicheren Sozialpolitik. Nur in Kenntnis der Ursachen für die Entstehung von Armut kann es gelingen, die wichtigsten Gründe statistisch so aufzuarbeiten, dass Konsequenzen für eine armutsbekämpfende Politik gezogen werden können. Durch die Hereinnahme der vermögenden Einkommen in den Sozialbericht ist dies in einem ersten Ansatz gelungen. „Zehn Prozent der einkommensstärksten Erlangerinnen und Erlanger verfügen über fast neunmal so viel Einkommen, wie die zehn Prozent der einkommensschwächsten Bevölkerung.“ Die (zunehmende) Polarisierung der Lebensverhältnisse ist auch in Erlangen ein Thema. Arbeit dient auch der eigenständigen Existenzsicherung oberhalb der Armutsgrenze. Sie ist für die Entwicklung und den Erhalt der Arbeitsfähigkeit erforderlich. Dies gilt für die überwältigende Zahl aller Menschen im arbeitsfähigen Alter. Wenn Arbeit nicht in ausreichender Menge für alle zur Verfügung steht oder trotz Arbeit kein sozial abgesichertes Leben zu bestreiten ist, ist Armut die Konsequenz. Die Befähigung des Einzelnen zur Arbeit und die Zur-Verfügung-Stellung von „Guter Arbeit“ ist nicht 24 nur die wichtigste, sondern die entscheidende Stellschraube, mit der Armut verhindert werden kann. Dies gilt insbesondere auch für Menschen, die auf Grund besonderer Einschränkungen spezielle Arbeitsangebote oder spezielle Unterstützung für die Arbeit bekommen müssen. Im gewerkschaftlichen Verständnis bedingen sich Arbeit und gesellschaftliche Verteilungsstrukturen. Soziale Ungleichheit legt dabei Strukturen der Ausschließung von Menschen aus der Arbeit und in Konsequenz aus der Gesellschaft offen. Folgerichtig muss es in der Armutsbekämpfung auch darum gehen, Hindernisse bei der Ausübung existenzsichernder Arbeit und gesellschaftlicher Teilhabe zu beseitigen und die Inklusion jedes Einzelnen zu fördern. Dabei kann es nicht nur um die Bereitstellung gleicher „Startbedingungen“ im Arbeitsleben gehen. Chancengleichheit bedarf einer lebenslangen Unterstützung soweit erforderlich und einer Gestaltung der Arbeitsmöglichkeiten. Die Möglichkeiten für ein ausreichendes Angebot an existenzsichernder Arbeit sind auf lokaler Ebene begrenzt. Bei der Bekämpfung der Ursachen von Armut durch kommunale Sozialpolitik kommt der Arbeit bzw. dem Arbeitsmarkt dennoch zentrale Bedeutung zu. Der Erlanger Sozialbericht stellt zu diesem Themenkomplex viele wichtige Daten zur Verfügung. Wenn politisch strittig ist, ob sich beispielsweise ein gezielt aufgebauter Niedriglohnsektor auf die Ausweitung armutsverschärfender Arbeit auswirkt, sollte ein Armutsbericht aber auch gezielt Daten für die Beantwortung dieser Streitfrage aufarbeiten. Ein Armutsbericht soll verstehen helfen und Handlungsorientierung bieten. Auch die erstmalige Erweiterung des „Erlanger Armutsberichts“ um einen Dialogteil wird daher vom DGB begrüßt. Mehr Nachhaltigkeit bei der Arbeitsmarktpolitik - Wir brauchen eine sozialstaatliche Arbeitsmarktpolitik: Die Ausweitung der Zeitarbeit, die Ausdehnung der befristeten Arbeitsverhältnisse und die nicht ausreichende Bekämpfung der illegalen Beschäftigungsverhältnisse sind letztlich die Folge gesetzgeberischer Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Stellungnahme zum Sozialbericht 2015 aus dem Ratschlag Entscheidungen. Der Niedriglohnsektor in Deutschland war und ist politisch gewollt. Der gesetzliche Mindestlohn ist hilfreich bei der Bekämpfung der schlimmsten Folgen des Abbaus des Normalarbeitsverhältnisses. Soweit Arbeit die gleichwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichert, ist die Aussage „sozial ist, was Arbeit schafft“ nachvollziehbar. In Zeiten eines Niedriglohnsektors mit Arbeitsverhältnissen, die auch bei einem Mindestlohn von 8,50 Euro selbst bei lebenslanger Vollzeitarbeit im Hartz IV-Niveau liegen, ist die Aussage falsch, ja sogar zynisch. Wer sein Leben im Mindestlohn in Vollzeit arbeitet bekommt bei einem angestrebten Rentenniveau von 42 Prozent eine Rente von 612 Euro. Davon kann man den Lebensunterhalt nicht sicherstellen – Armut im Alter ist garantiert. Zum Jahreswechsel 2014/15 hat der DGB Zahlen zur atypischen1 und prekären Arbeit2 in Erlangen veröffentlicht. Der prozentuale Anteil atypischer an allen Beschäftigungsverhältnissen in Erlangen stieg im Zeitraum 2003 bis 2013 von 28,0 Prozent auf 37,7 Prozent. Im gleichen Zeitraum stieg in Erlangen, im Gegensatz zum Bundestrend, erfreulicherweise die Normalarbeit (Vollzeit, unbefristet, sozialversichert …) um 1 Die Grenzen zwischen atypischer und prekärer Arbeit sind fließend. Es muss unterstrichen werden, dass Prekariat nicht allein durch die (arbeitsrechtliche) Beschäftigungsform zu definieren ist. Nicht jedes atypische Beschäftigungsverhältnis ist prekär. Prekariat ist aber ein weiterer Begriff. Auch so genannte Normalarbeitsverhältnisse können prekär sein. Beschäftigung ist dann als prekär zu betrachten, wenn sie unsicher und nicht dauerhaft ist, wenn sie gesetzlich oder tariflich wenig oder gar nicht geregelt ist, wenn sie den Beschäftigten soziale Absicherung vorenthält oder ihnen nur einen nicht Existenz sichernden Niedriglohn erbringt und ein hohes Armutsrisiko enthält. Weiter werden geringe Entwicklungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten, Ausschluss von sozialer Teilhabe, schlechte eigene Arbeitsplatzbewertung und der drohende Verlust der Beschäftigungsfähigkeit genannt. 2 Zur atypischen Beschäftigung werden jene sich ausbreitenden Beschäftigungsverhältnisse gezählt, die dem genannten Normalarbeitsverhältnis nicht entsprechen: Zu diesen Arbeitsverhältnissen zählen demnach Teilzeit mit weniger als 35 Wochenstunden, geringfügige Beschäftigung, Minijobs, befristete Beschäftigung, Leiharbeit, Werkverträge sowie Solo-Selbständigkeit. Werkverträge z.B. sind in dieser Klassifizierung nicht enthalten. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 9,8 Prozent. Das Wachstum atypischer Arbeit nimmt dennoch auch in Erlangen gegenüber der Normalarbeit weiter zu. Besonders stark zugenommen haben Teilzeit (+75 Prozent auf 22.566) und Minijobs (62 Prozent auf 14.264). Aktuell scheint die Zahl der Leiharbeitsverhältnisse nur noch gering zu steigen, dafür steigt die Zahl der Werkverträge mit teilweise noch dramatischeren Konsequenzen. Die Digitalisierung der Arbeit droht diese Entwicklung zu atypischer Arbeit deutlich zu beschleunigen. Leiharbeit und Werkverträge können „Gute Arbeit“ sein. Allerdings zeigen viele Einzelfallstudien, dass die Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse unter den atypischen Arbeitsverhältnissen steigt. 30 Prozent der arbeitslos werdenden Leiharbeiter erhalten kein Arbeitslosengeld sondern fallen sofort in den Hartz IV-Bereich. Werkverträge werden teilweise zu Konditionen ausgeführt, die zu einer Entlohnung unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns führt. So kam eine Studie des DIW 2015 zu dem Ergebnis, dass „18 Prozent der Solo-Selbständigen in Deutschland, das sind etwa 400.000, weniger verdienen als 5 Euro netto je Stunde“ (DIW-Forschungsdirektor Alexander Kritikos faz.net). Der tatsächliche Anteil prekärer an atypischer Arbeit bleibt bisher nicht erfasst und kaum thematisiert. Allerdings zeigt eine aktuelle bundesweite Sonderauswertung von Daten der Bundesagentur für Arbeit durch den DGB, dass 15,2 Prozent (bundesweit 62.589 in 2014) aller neu arbeitslos gemeldeten ArbeitnehmerInnen keine Leistungen der BA erhalten, sondern unmittelbar mit Beginn der Arbeitslosigkeit Hartz IV Empfänger werden. Ein erschreckendes Bild zeigt auch die Zahl der Aufstocker. Über 500 Menschen allein in Erlangen haben trotz sozialversicherungspflichtiger Arbeit zusätzlich zu ihrem Arbeitsentgelt auch Hartz IVLeistungen beziehen müssen, um zumindest auf niedrigem Niveau ihre Existenz zu sichern – Tendenz steigend. Der Deutsche Städtetag weist auf die wachsende Belastung der öffentlichen Kassen durch diese Entwicklung hin. 25 Die Datendefizite gerade in diesen Problemfeldern des Zusammenhangs von Arbeit und Armut sind erschreckend. KONSEQUENZ: Die Datengrundlagen zur Erfassung von Arbeitsverhältnissen, die die soziale Lage gefährden, müssen für Erlangen erfasst werden. Der DGB fordert eine „neue Ordnung“ der Arbeit. Die Rahmenbedingungen müssen so verändert werden, dass der Niedriglohnsektor und prekäre Arbeit zurückgedrängt werden. „Durch die im (Berliner) Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele, einen gesetzlichen Mindestlohn einzuführen, Werkverträge stärker zu überwachen und die Bedingungen für Leiharbeit zu verbessern, wurden bereits erste wichtige Schritte eingeleitet. Es kommt nun darauf an, dass die Vereinbarungen umgesetzt und vor Ort, also auch in Erlangen, mit Leben erfüllt werden. Die Überführung der Minijobs in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, sowie die Beendigung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen werden in der Koalitionsvereinbarung leider nur vage angerissen, bleiben aber ebenfalls zentrale Elemente gewerkschaftlichen Anliegens, eine ‚neue Ordnung der Arbeit‘ durchzusetzen.“ („Für eine sozialstaatliche Arbeitsmarktpolitik“ DGB BuVo 2014) KONSEQUENZ: Der Deutsche Städtetag muss aufgefordert werden, auf die Bundesregierung einzuwirken, dass die vereinbarten Ziele vollständig umgesetzt werden und die Datengrundlagen für die Arbeit der Städte verbessert wird. Reichtum ist Armut: In einer wirtschaftlich stabilen oder gar wachsenden Gesellschaft ist wachsende Armut das Gegenstück zu wachsendem Reichtum. Ein Armutsbericht muss aus Sicht des DGB daher immer auch den wachsenden Reichtum darstellen. Vermögensforschung steckt in Deutschland noch immer in den Kinderschuhen. Deshalb fordert der DGB Bundesvorstand für die Erstellung des „5. Armuts- und Reichtumsberichts“ der Bundesregierung, die Analyse der Vermögensungleichheiten zu intensivieren. (DGB BuVo 22.01.2015). In der Erlanger Bürgerbefragung 2014 wurde erstmals das im Haushalt verfügbare Einkommen abgefragt. Die Antworten zeigen erstmals auch im Erlanger Sozialbericht gravierende Einkommensunterschiede auf. Das erreichte Maß an Ungleichheit verschärft die Probleme gleich doppelt: der wachsende private Reichtum geht mit einer öffentlichen Verschuldung einher. Damit wird der politische Souverän auf allen Ebenen finanziell handlungsunfähiger, obwohl er die 26 Aufgabe hat, soziale Probleme zu lösen oder mindestens zu lindern. Wer die Armut bekämpfen und damit die Lebenssituation der Betroffenen maßgeblich verbessern will, muss die Entstehung von Reichtum in unserer Gesellschaft analysieren und Regelsysteme zur Verminderung der Polarisierung schaffen. In den letzten Jahren hat sich die Entwicklung verstärkt, dass trotz wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland sowohl Reichtum als auch Armut zugenommen haben und damit die konfliktfördernde soziale Polarisierung. Eine solche Entwicklung gefährdet unsere soziale Demokratie und hat zum Niedergang der Weimarer Republik beigetragen. KONSEQUENZ: Der DGB fordert die Intensivierung der Analyse der Vermögensungleichheiten unter Berücksichtigung der bundesweiten Vorgehensweise. Der DGB geht davon aus, dass neben den Haushaltseinkommen die Ermittlung der Haushaltsvermögen in die Berichterstattung aufgenommen wird. Zusammenarbeit oder Integration von Arbeitsmarkt und Sozialpolitik Arbeitsmarktpolitik ist immer auch Sozialpolitik und hat nachhaltige Auswirkungen auf deren Finanzierbarkeit. Mit der Hartz IV-Reform wurde die Trennung der Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in ein System für Versicherte und ein System für Nicht-Versicherte geschaffen. Als Kompromisslösung wurde die Grundsicherung in zwei verschiedenen Systemen – gemeinsame Trägerschaft der Bundesagentur für Arbeit und der Kommunen sowie alleinige kommunale Trägerschaft – organisiert. Damit wurde die Arbeitsmarktpolitik aufgespalten. Im Ergebnis werden Arbeitslose in Deutschland, je nach aktueller Rechtszugehörigkeit und Wohnort, in unterschiedlichen, oft wechselnden Systemen mit unterschiedlicher Organisation, Finanzierung und Steuerung betreut. Arbeitslosenversicherten, deren Arbeitslosengeld nicht zur Existenzsicherung reicht, wird trotz Versicherungsschutz die Betreuung durch die Arbeitsagenturen verwehrt. Die mit Hartz IV ursprünglich angestrebte Betreuung „aus einer Hand“ ist in der Praxis zu einem Flickenteppich mit Beteiligung unterschiedlicher Arbeitsmarktinstitutionen geworden – mehr Schnittstellen und Reibungsverluste sind die Folge. Die Sozialpolitik – obwohl massiv von der Arbeitsmarktpolitik betroffen – ist kein mitsteuernder Bestandteil der Arbeitsmarktpolitik geworden. Stattdessen muss festgestellt werden, dass Steuerungskriterien der Arbeitsmarktpolitik und der Sozialpolitik teilweise konträr sind. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Der Erfolgsgarant für die Arbeitsmarktagenturen – viele, kostengünstige und schnelle Vermittlungen von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt - hat in der Vergangenheit zur Konzentration auf die sogenannten arbeitsmarktnahen Arbeitslosen geführt. Arbeitslose mit einem oder mehreren Handikaps dagegen können häufig nur mit deutlich größerem Aufwand in existenzsichernde Arbeit vermittelt werden. Sie sind aber zu einem hohen Teil Hartz IV-Bezieher und sind auf zusätzliche Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Im Gefolge der Hartz IV-Gesetze schönen schnelle Vermittlungserfolge die Arbeitsmarktbilanz und sind bestenfalls neutral gegenüber den Belastungen der Sozialpolitik. Im Rahmen der Grundlagen der Hartz IV-Gesetzgebung hat der DGB Erlangen die Entscheidung der Stadt Erlangen für die Option mit Entwicklung der GGFA zur Umsetzungsagentur als relativ beste Lösung mitgetragen. Der Sozialbericht der Stadt Erlangen zeigt die kleinräumige und zielgruppenspezifische Verteilung der Arbeitslosen und Hartz IV-Empfänger auf. Der Zusammenhang von Arbeit(sfähigkeit), soziostrukturellen Kriterien und Armut wird offensichtlich und verlangt differenzierte quartiersbezogene Konsequenzen. Gleichzeitig wird aber die Notwendigkeit einer koordinierten Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik deutlich. Die in den letzten Jahren immer wieder geführte Diskussion über die Schnittstellen zwischen den Anforderungen des Sozialamtes und der Optionseinrichtung GGFA haben einen Teil ihrer Ursachen in unterschiedlichen Anforderungen und Anreizsystemen des Arbeitsmarktes und der Sozialpolitik. Das Gutachten zur Arbeit der Optionskommune Erlangen hat diese Einschätzung bestätigt. KONSEQUENZ: Die Arbeitsmarktpolitik der Optionskommune Erlangen und die Sozialpolitik der Stadt Erlangen müssen stärker aufeinander abgestimmt werden. Zielsetzung muss sowohl die maximale Vermittlung in existenzsichernde sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse sein als auch die Schwerpunktsetzung in solche Zielgruppen, die die Kosten der kommunalen Sozialleistungen sowohl kurz- als auch langfristig reduziert. Die nicht mehr benötigten Mittel können dann in Qualifizierungs- und Arbeitsmarktprogramme nachhaltig investiert werden. Die öffentlich geförderte Beschäftigung muss neu ausgerichtet und erweitert werden. Manche Langzeitarbeitslosen haben angesichts der aktuellen und weiter steigenden Anforderungen des heutigen Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Arbeitsmarktes kaum Chancen auf eine nichtgeförderte Erwerbsarbeit. Die sozialpolitische Funktion von Arbeit, die Sinnhaftigkeit, die durch Erwerbsarbeit und die mit ihr verbundenen sozialen Kontakte und Entlohnung empfunden wird, spielt in der Arbeitsmarktpolitik aber nur eine untergeordnete Rolle. Die bisherigen Förderungsmodelle haben keine nennenswerte Besserung gebracht. Es geht zum einen um die Integration von Menschen mit Behinderung in den regulären Arbeitsmarkt. Zum anderen geht es um die – auch dauerhafte – Ermöglichung von sozialer Teilhabe von Menschen, die besonders arbeitsmarktfern sind. Mit der aktuellen regionalen Schwerpunktinitiative „Runder Tisch Langzeitarbeitslosigkeit“ werden Instrumente entwickelt und Mittel zur Verfügung gestellt, die die Möglichkeiten einer öffentlich geförderten Beschäftigung aufzeigen können, soweit die entsprechenden Programme und Mittel dauerhaft bereitgestellt und bei Bewährung und Bedarf ausgebaut werden. Der DGB begrüßt die drei für Erlangen durchgesetzten Projekte zur Integration von Langzeitarbeitslosen und Menschen mit Behinderung. Der Übergang in nichtgeförderte existenzsichernde Beschäftigung muss als Ziel weiter verfolgt werden, darf aber nicht mehr ausschließlich im Vordergrund stehen. Öffentlich geförderte Arbeit muss ein Leben mit individuell und gesellschaftlich sinnvoller Arbeit ohne dauerhafte soziale Unterstützung ermöglichen. Die geringen Zielzahlen der Projekte machen aber auch eines deutlich: die Integration schwer vermittelbarer Arbeitnehmergruppen in den Arbeitsmarkt kann bei einem erfolgreichen Verlauf der Projekte verbessert, aber nicht gelöst werden. KONSEQUENZ: Wir müssen einen kapazitätsstarken öffentlich geförderten Arbeitsmarkt in Erlangen aufbauen, der die Zielsetzung der Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt anstrebt, aber auch den dauerhaften Verbleib in einem öffentlich geförderten Arbeitsmarkt ermöglicht. Altersarmut Altersarmut ist ein dramatisch wachsendes Phänomen. Die tendenzielle Verabschiedung von der paritätisch finanzierten Sozialversicherung und die Senkung des Rentenniveaus bewirken eine Armutsentwicklung im Rentenalter in bislang nicht gekannter Größenordnung und damit verbunden neue Anforderungen an die Grundsicherung im Alter. Laut Rentenreport 2014 gibt es in Erlangen 20.910 RentnerInnen, davon 1.606 wegen verminderter Erwerbstätigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit. Grundsicherung erhalten 399 SeniorInnen, darunter 235 Frauen. Der „Sozialbericht 2015“ gibt eine steigende 27 Zahl von GrundsicherungsempfängerInnen an sowie eine stärkere Verbreitung über die Stadt. Der Anteil der Frauen steigt überproportional. Studien verweisen auf eine sehr zurückhaltende Inanspruchnahme der Grundsicherung im Alter von nur ca. 1/3 der Anspruchsberechtigten. Die Ausgaben für die Grundsicherung im Alter sind in Erlangen von 2005 auf 2013 um 41 Prozent auf 3.251.242 Euro gestiegen. Der Anstieg prekärer Arbeitsverhältnisse wird das Problem der Altersarmut weiter ansteigen lassen. KONSEQUENZ: Auch wenn die Finanzierung der Grundsicherung eine Bundesaufgabe ist, wird die steigende Zahl „armer Menschen im Alter“ ein zunehmendes Problem für die kommunale Sozialpolitik. Zielgruppen Für folgende Zielgruppen ist eine gesonderte Strategie unter Beteiligung der jeweiligen Akteure zu entwickeln und in einer klaren Verantwortlichkeit umzusetzen. Ein wesentlicher Grundgedanke neben dem Grundsatz der Sozialen Gerechtigkeit muss die Nachhaltigkeit und die Befähigung zur Selbsthilfe und Eigenverantwortlichkeit vor einer Politik der Almosen sein. Entscheidend für Nachhaltigkeit und Finanzierbarkeit wird die Zusammenarbeit der Akteure der Sozial- und der Arbeitsmarktpolitik sein. • Jugendliche • Langzeitarbeitslose • Menschen mit Behinderung • Alleinerziehende • Bedarfsgemeinschaften • Migranten und Flüchtlinge • Altersarme und erwerbsunfähige Menschen im Rentenbezug Fazit3 • Der wirksamste Weg der Vermeidung von Armut ist die Ermöglichung einer Erwerbstätigkeit, die ausreichende Einkünfte für die eigenständige Finanzierung des Lebensunterhalts sichert. • Schulische Bildung und berufliche Qualifikation sind die Grundlagen für die Vermeidung von Armut. • Der „Kreislauf der Armut“ und die „Vererbung der Armut“ müssen durchbrochen werden. • Körperliche, psychische oder sonstige Arbeitserschwernisse müssen durch privatwirtschaftliche (Quotenabgaben) und öffentliche Mittel ausgeglichen werden. • Migranten und Flüchtlinge sind ein sozial- und arbeitspolitischer Glücksfall für eine alternde Gesellschaft. Das „Glück“ muss aber erarbeitet werden. 3 Angelehnt an „Armutsbekämpfung in der Kommune“, Otto Vierheilig, 2008 KONSEQUENZ: Erlangen braucht für die wichtigsten Zielgruppen der Sozialpolitik eine Gesamtstrategie aller lokalen Akteure. 28 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Stellungnahme des Autonomen Frauenhauses Erlangen Stellungnahme zum Sozialbericht 2015 aus dem Ratschlag Beim Sozialbericht 2015 wird deutlich, dass die finanzielle Situation von Frauen wesentlich schlechter ist als die von Männern. Unsere Forderungen und Visionen zur Verbesserung der Lebensqualität von Frauen in Erlangen: • Verbesserung der Infrastruktur in den Wohngebieten: Einkaufs-möglichkeiten, Kindertagesstätten, Ganztagsschulen, sichere Schulwege, Anbindung an Familienstützpunkte. • Sicherung des Lebensunterhalts, wenn der Quali nachgeholt werden soll (23 Prozent der Alleinerziehenden in Erlangen haben keinen Schulabschluss). • Förderung, bzw. Initiierung von Mehrgenerationenhäusern für Alleinerziehende, Singles und Seniorinnen, bzw. Wohnprojekte für Alleinerziehende è Ausweitung der Rahmenbedingungen der GeWoBau ist nötig. • Teilzeitausbildungsplätze bei städtischen Einrichtungen mit angeschlossener Kinderbetreuung. • Die Anzahl der Sozialmietwohnungen muss vervielfacht werden! Der Rückgang des Bestandes an Sozialmietwohnungen (2004: knapp 5.000 auf ca. 3.000 im August 2014) führt zu unerträglichen Lebensbedingungen. Frauen mit Trennungswunsch können nicht ausziehen und finden lange keine bezahlbare eigene Wohnung. • Deutliche Erhöhung der Mietobergrenzen bei ALG II-Bezug; die aktuellen Sätze bilden die Wirklichkeit des Erlanger Wohnungsmarktes nicht ab. • Kinderbetreuungszeiten müssen mit den Arbeitszeiten der Mütter kompatibel sein; das bedeutet Ausweitung der Randzeiten, Betreuung auch am Wochenende und nachts (Ärztinnen, Verkäuferinnen, Reinigungskräfte, Krankenschwestern, Altenpflegerinnen ...). • Flexible Kinderbetreuung bedeutet auch, dass eine Neuaufnahme von Kindern nicht nur zum September, sondern das ganze Jahr über möglich sein muss. • Keine städtische Auftragsvergabe an Leihfirmen, Erhaltung und Ausbau der Arbeitsverhältnisse bei der Stadt Erlangen sowie sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. • Sozialticket zu einem Preis, der im ALG II für den öffentlichen Nahverkehr vorgesehen ist. Mobilität muss für einen Euro am Tag möglich sein! • Ermäßigungen mit Erlangen-Pass sollten mindestens 50 Prozent betragen. Nicht die Alleinerziehenden sind arm, sondern eine Gesellschaft, die es Müttern mit Kindern nicht ermöglicht, angemessen und selbständig für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Seniorinnen sind aufgrund ihrer Erwerbsbiographie und der schlechten Bezahlung von Frauenarbeitsplätzen häufig von Altersarmut betroffen. Die Altersarmut wird in den nächsten Jahren auch in Erlangen zunehmen. • Förderung von betriebseigenen Kindertagesstätten. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 29 III Daten und Fakten Zusammenfassung Teil III der vorliegenden Veröffentlichung enthält eine ausführliche Zusammenstellung von Datenmaterial zur sozialen Lage der Erlangerinnen und Erlanger. Die wichtigsten Ergebnisse: • Seit dem Jahr 2006 ist das Pro-Kopf-Einkommen der Erlangerinnen und Erlanger jährlich im Schnitt um zwei bis vier Prozent gestiegen. Aktuell beträgt das Pro-Kopf-Einkommen etwa 1.930 Euro. Zugrunde liegen hier Daten der Erlanger Bürgerinnen- und Bürgerbefragungen der Jahre 2012 und 2014. • Gut 17 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger verfügen über ein Pro-Kopf-Einkommen unter 1.000 Euro, fast 13 Prozent über ein Einkommen mehr als 3.000 Euro. • Die Kluft zwischen Arm und Reich hat räumliche Entsprechungen: Während in der Reuth (Bezirk 71), im Röthelheimpark (Bezirk 33), in Sieglitzhof (Bezirk 22) und am Burgberg (Bezirk 20) die Einkommen deutlich überdurchschnittlich sind, weicht das Durchschnittseinkommen am Anger (Bezirk 40) gravierend nach unten ab. Stark unterdurchschnittliche Einkommen finden sich zudem in Büchenbach Nord (Bezirk 77), in Rathenau (Bezirk 41) und der Buckenhofer Siedlung (Bezirk 24). Auch im innerstädtischen Bereich sind die Einkommen stark unterdurchschnittlich, was jedoch in erster Linie auf den hohen Anteil an Studentinnen und Studenten zurückzuführen ist, die in der Regel über geringe Einkommen verfügen. • Den Erlangerinnen und Erlangern verbleiben im Schnitt 42 Prozent des Einkommens zur freien Verfügung, also z.B. für Lebensmittel, Kleidung oder Freizeitbeschäftigungen. • Rund 21 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger kommen mit ihrem verfügbaren Einkommen eher schlecht oder sehr schlecht zurecht. Auch hier gibt es räumliche Differenzen: Während in Kriegenbrunn (Bezirk 62) und am Burgberg (Bezirk 20) rund die Hälfte mit dem verfügbaren Einkommen sehr zufrieden sind, sind dies am Anger (Bezirk 40) nur 18 Prozent. • Unterdurchschnittliche Einkommen finden sich bei der Bevölkerung im Alter ab Mitte 60. Stark unterdurchschnittlich sind die Einkommen der Erlangerinnen und Erlanger im Alter bis Ende 20. Letztere sind jedoch häufig Studierende, deren niedrige Einkommen vorübergehende Begleiterscheinung ihrer Ausbildung sind. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 • Das Einkommen der männlichen Bevölkerung liegt insgesamt zehn Prozent über dem der weiblichen Bevölkerung. Vollerwerbstätige männliche Singles verfügen über 21 Prozent mehr Einkommen als vollerwerbstätige weibliche Singles. • Die Hälfte der Erlangerinnen und Erlanger verfügen über lediglich 30 Prozent des gesamten Einkommens, die andere Hälfte über 70 Prozent. Auf ein Fünftel der Bevölkerung entfallen 35 Prozent des gesamten Einkommens. • Die zehn Prozent der einkommensstärksten Erlangerinnen und Erlanger verfügen über fast neun Mal so viel Einkommen wie die zehn Prozent der einkommensschwächsten Bevölkerung. • Es besteht ein starker Zusammenhang zwischen Bildung und Einkommen: Drei Viertel der Erlangerinnen und Erlanger mit Volks- oder Hauptschulabschluss leben in der Hälfte der einkommensschwächeren Haushalte, aber nur 39 Prozent der Bevölkerung mit Abitur oder Fachabitur. Rechnet man aus den 39 Prozent mit Hochschulreife noch die Studentinnen und Studenten heraus, dann sinkt der Anteil an Menschen mit Abitur oder Fachabitur bei den einkommensschwachen Haushalten auf 31 Prozent, denn mehr als drei Viertel der Studierenden ist den einkommensschwachen Haushalten zuzurechnen. • Während am Burgberg (Bezirk 20) 13 Prozent der Bevölkerung ab 25 Jahren über einen akademischen Doktorgrad verfügen, trifft dies auf lediglich ein Prozent am Anger (Bezirk 40) zu. • Im Schulsprengel mit dem niedrigsten Durchschnittseinkommen wechseln 22 Prozent der Schülerinnen und Schüler nach der vierten Jahrgangsstufe auf ein Gymnasium; im einkommensstärksten Schulsprengel liegt dieser Anteil bei gut 80 Prozent. Dagegen besuchen 59 Prozent der Schülerinnen und Schüler im einkommensschwächsten Schulsprengel ab der fünften Jahrgangsstufe eine Mittelschule (ehemals Hauptschule), was auf nur sieben Prozent der Schülerinnen und Schüler im einkommensstärksten Schulsprengel zutrifft. • Bei gleicher schulischer Vorbildung verfügen Männer deutlich häufiger über höhere berufliche Bildungsabschlüsse als Frauen. Während 82 31 • • • • • • • • • • 32 Prozent der Männer mit Hochschul- oder Fachhochschulreife auch über ein abgeschlossenes Studium verfügen, trifft dies auf lediglich 68 Prozent der Frauen mit gleichem Schulabschluss zu. Unter der Bevölkerung mit Volks- bzw. Hauptschulabschluss haben bei den Männern acht Prozent keinen beruflichen Abschluss, bei den Frauen 23 Prozent. Dies betrifft vor allem ältere Frauen. Von den Erlangerinnen und Erlangern unter 65 Jahren empfangen 5,3 Prozent Hartz IV. Diese Quote liegt bei alleinerziehenden Frauen bei 25 Prozent. Unter den Empfängerinnen und Empfängern von Hartz IV sind Kinder deutlich überrepräsentiert. Insgesamt sind 13 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger unter 15 Jahre alt. In Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften sind dies 30 Prozent. Von den Hartz IV-Empfängerinnen und Empfängern ab 18 Jahren verfügen 22 Prozent über keinen Schulabschluss, 48 Prozent über Volks- oder Hauptschulabschluss, aber nur 15 Prozent über Hochschulreife oder Fachabitur. Letzteres trifft dagegen auf 67 Prozent aller 18- bis unter 65-Jährigen zu. Knapp ein Viertel der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger sind Nicht-Deutsche. In Büchenbach Nord (Bezirk 77) ist ein Drittel der Kinder und Jugendlichen unter 15 Jahren auf Hartz IV angewiesen. In Büchenbach Dorf (Bezirk 76) liegt dieser Anteil bei 24 Prozent, am Anger (Bezirk 40) bei 22 Prozent und im Bezirk Tal (Bezirk 04) bei 21 Prozent. Von den Erlangerinnen und Erlangern ab 65 Jahren empfangen 2,5 Prozent Leistungen zur Grundsicherung im Alter. Die Zahl der Grundsicherungsfälle im Alter ist in den vergangenen sechs Jahren um 38 Prozent angestiegen. Da zunehmend Menschen mit gebrochenen Erwerbsbiografien in das Rentenalter eintreten und die Zahl der Menschen ab 65 Jahren insgesamt zunimmt, ist hier mit einem weiteren Zuwachs zu rechnen. Es gibt einen Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Teilhabe und Einkommen. Rund ein Drittel der 18- bis 80-jährigen Erlangerinnen und Erlanger in der Hälfte der einkommensschwächeren Haushalte hat wenig oder gar kein Interesse an den politischen Geschehnissen in der Bundesrepublik Deutschland. In den einkommensstärkeren Haushalten liegt dieser Anteil dagegen bei nur 13 Prozent. Bei der Kommunalwahl 2014 lag die Wahlbeteiligung in den zehn einkommensschwächsten Wahlbezirken bei durchschnittlich 24,6 Prozent (Urnenwahl), in den zehn einkommensstärksten Wahlbezirken bei 42,6 Prozent. Erlangerinnen und Erlanger mit Migrationshintergrund haben zwölf Prozent weniger Einkommen als der Durchschnitt. • Menschen mit Migrationshintergrund sind deutlich häufiger auf schlechtere Wohnbedingungen angewiesen. • Das Einkommen von Deutschen mit mittlerem Schulabschluss liegt um drei Prozent, bei NichtDeutschen mit gleichem Schulabschluss um 33 Prozent unter dem Durchschnitt. • Bei Familien sinkt das Einkommen mit der Zahl der Kinder, dafür steigen die sozialen Belastungen: acht Prozent der Familien mit drei Kindern sind Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften. Bei Familien mit vier Kindern beträgt dieser Anteil 17 Prozent, bei größeren Familien 30 Prozent. • 91 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen. • Das Pro-Kopf-Einkommen bei Alleinerziehenden liegt 23 Prozent unter dem Durchschnitt. • Jeder vierte Alleinerziehendenhaushalt lebt in einer Sozialmietwohnung. • 21 Prozent der Alleinerziehenden mit einem Kind sind Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften. Dies trifft auf 32 Prozent der Alleinerziehenden mit zwei Kindern und auf fast die Hälfte der Alleinerziehenden mit mehr als zwei Kindern zu • Kleinräumig betrachtet finden sich die größten sozialen Belastungen in Büchenbach Nord (Bezirk 77), gefolgt vom Anger (Bezirk 40), Büchenbach Dorf (Bezirk 76), Tal (Bezirk 04), Bierlach (Bezirk 45) und Rathenau (Bezirk 41); die geringsten Belastungen finden sich in der Reuth (Bezirk 71), in Kriegenbrunn (Bezirk 62) und in Dechsendorf Ost (Bezirk 81). Abbildung 1 zeigt die prozentualen Abweichungen der Pro-Kopf-Einkommen ausgewählter Bevölkerungsgruppen vom gesamtstädtischen Durchschnittseinkommen. Dargestellt sind die Einkommen nach Geschlecht, Altersgruppen, Migrationshintergrund und Haushaltstyp. Diese wurden zudem weiter ausdifferenziert in Teilgruppen, deren Einkommen besonders starke Abweichungen aufweisen. Es zeigen sich hier verschiedene Achsen, entlang derer sich die Einkommen ausdifferenzieren: So finden sich Männer eher im oberen Bereich, Frauen eher im unteren. Ebenso müssen Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund tendenziell mit unterdurchschnittlichen Einkommen zurechtkommen. Deutliche Unterschiede zeigen sich entlang von Bildungs- und Berufsstatus. Sicherlich gibt es auch innerhalb der dargestellten Teilgruppen weitere Differenzierungen. So gibt es Überschneidungen zwischen den vollerwerbstätigen männlichen Singles, deren Einkommen um mehr als ein Drittel über dem Durchschnitt liegt und der Gruppe der Singlehaushalte im Alter von 18 bis unter 25 Jahren, die am anderen Ende zu finden ist und deren Einkommen 60 Prozent unter dem Durchschnitt liegt. Letztere umfassen allerdings viele Studentinnen und Studenten, deren Einkommen während der Ausbildungsphase in der Regel gering sind. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 leitende Angestellte Vollerwerbstätige männliche Singles Akademiker/innen Männer 35 bis unter 45 Jahre Familien am Burgberg Bevölkerung in der Reuth Männer 45 bis unter 65 Jahre Bevölkerung im Röthelheimpark Bevölkerung in Sieglitzhof Bevölkerung am Burgberg Vollerwerbstätige weibliche Singles Bevölkerung 35 bis unter 45 Jahre Bevölkerung mit (Fach-)Hochschulreife Bevölkerung 45 bis unter 65 Jahre Alleinlebende Männer Männer insgesamt Bevölkerung 25 bis unter 35 Jahre Bevölkerung in Paarhaushalten ohne Kindern Frauen 35 bis unter 45 Jahre Bevölkerung ohne Migrationshintergrund Bevölkerung in Paarhaushalten mit Kindern Frauen 45 bis unter 65 Jahre Männer 65 bis 80 Jahre Männer mit Migrationshintergrund Bevölkerung in Einpersonenhaushalten Frauen insgesamt Bevölkerung 65 bis 80 Jahre Frauen 65 bis 80 Jahre Bevölkerung mit Migrationshintergrund Bevölkerung in der Markgrafenstadt Bevölkerung in der Altstadt 65- bis 80-Jährige mit Migrationshintergrund Alleinlebende Frauen Frauen mit Migrationshintergrund Familien in Büchenbach Dorf Bevölkerung in Alleinerziehendenhaushalten Bevölkerung am Anger Bevölkerung mit Volks-/Hauptschulabschluss einfache Angestellte Familien am Anger Bevölkerung ohne Berufsabschluss Alleinerziehende Frauen Schüler, Azubis, Studenten Bevölkerung 18 bis unter 25 Jahre An- und Ungelernte Singlehaushalte 18 bis unter 25 Jahre -70% -60% -50% -40% -30% -20% -10% 0% +10% +20% +30% +40% +50% Abb. 1: Prozentuale Abweichungen des Pro-Kopf-Einkommens vom gesamtstädtischen Durchschnitt nach ausgewählten Merkmalen Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 33 1.Einleitung Wie der im Jahr 2009 von der Abteilung Statistik und Stadtforschung der Stadt Erlangen vorgelegte Sozialbericht stellt auch die Ausgabe 2015 wieder umfassende Informationen zur sozialen Lage der Erlangerinnen und Erlanger bereit. „Soziale Lage“ bezieht sich dabei auf die unterschiedlichen Chancen und Qualitäten der Lebenswirklichkeit und ist somit ein vielschichtiges Konstrukt, welches sich entlang unzähliger Merkmale ausdifferenziert. Neben Alter, Geschlecht und Migrationshintergrund sind vor allem bildungs- und berufsbezogene Aspekte und letztlich das Einkommen zentrale Kriterien im Hinblick auf die soziale Lage. Es soll ein möglichst differenziertes Bild der sozialen Lagen der Erlangerinnen und Erlanger dargestellt werden. Während die Situation Erlangens und seiner Bevölkerung in Städte-Rankings zumeist mit Superlativen tituliert wird, darf nicht übersehen werden, dass die Kluft zwischen Arm und Reich auch in Erlangen soziale und räumliche Entsprechungen hat. Superlative finden sich auch im Bayerischen Sozialbericht, der zuletzt im Jahr 2013 erschien1 und in erster Linie feststellt, dass in Bayern vieles besser ist als in anderen Bundesländern. Dass sich in Bayern „gut leben und arbeiten“ lässt, mag nicht bestritten werden, trifft aber sicherlich nicht für jeden zu, denn immerhin ist die Zahl armutsgefährdeter Menschen innerhalb von zehn Jahren um 95.000 Personen gestiegen von rund 1,6 Mio. im Jahr 2003 auf 1,7 Mio. im Jahr 2012 (ebd., S. 53). Eine weitere Ausdifferenzierung innerhalb Bayerns wäre hier sicherlich hilfreich. Im vorliegenden Bericht soll es in erster Linie nicht um einen Vergleich mit anderen Städten oder Regionen gehen. Vielmehr interessiert eine differenzierte Darstellung sozialer Lebenslagen innerhalb Erlangens. Um ein umfassendes Bild zu erhalten, ist dazu vor allem eine kleinräumige Betrachtung der Lebenssituationen notwendig. Anhand statistischer Daten und deren Beziehungen untereinander ist es möglich, sich der sozialen Lage der Erlangerinnen und Erlanger anzunähern. 1 „Datenreport: Soziale Lage in Bayern 2013“, Hrsg.: Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration. 34 In diesem Bericht wird zuerst detailliert auf die Erlanger Bevölkerungsstruktur und die Formen des Zusammenlebens der Erlangerinnen und Erlanger eingegangen. Das Wissen über die Struktur von Bevölkerung und Haushalten hilft dabei, Zusammenhänge zu erklären und es gibt Hinweise auf zukünftige Entwicklungen. Der darauf folgende Abschnitt befasst sich mit der ökonomischen Lage der Bevölkerung und behandelt in erster Linie die Frage der Einkommensverteilung bzw. der Ungleichverteilung von Einkommen. Ein weiteres Kapitel widmet sich den Grundlagen des Einkommensbezuges: Der schulischen und beruflichen Bildung. Dabei wird insbesondere die Wechselwirkung zwischen Schulbildung, beruflicher Bildung und Einkommen deutlich. Auch der Bereich des Wohnens spielt eine zentrale Rolle. Da die Kosten für die Wohnung oder ein Haus in der Regel stark ins Gewicht fallen, stehen Qualität von bezahlbarem Wohnraum und Wohnumfeld in direkter Beziehung zum Einkommen. Ein folgender Abschnitt befasst sich mit den sozialstaatlichen Absicherungsmaßnahmen, die vorgesehen sind für den Fall unzureichenden Einkommens. Hier wird auf die sozialstaatlichen Instrumente eingegangen, die am häufigsten in Anspruch genommen werden: Arbeitslosengeld I, Grundsicherung für Arbeitssuchende (Hartz IV) und Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Ein Kapitel zur gesellschaftlichen Partizipation behandelt einen Nebenaspekt, dessen Folgen nicht unterschätzt werden dürfen: Ein Mangel an Einkommen geht oft einher mit einem Mangel an gesellschaftlicher und politischer Teilhabe. Dies kann in einen Kreislauf führen mit dem Ergebnis, dass die Interessen eines Teils der Bevölkerung keine Vertretung mehr finden. Schließlich wird der Fokus auf die soziale Lage ausgewählter Bevölkerungsgruppen gerichtet, die unter bestimmten Voraussetzungen besonderen Problemlagen ausgesetzt sind: Menschen mit Migrationshintergrund, Alleinerziehende, Seniorinnen und Senioren, aber auch vollständige Familien. Da die Schwerpunkte der einzelnen Kapitel unterschiedlich gelagert sind - einmal z.B. die Betrachtung ausgehend von sozialstaatlichen Sicherungsmaßnahmen, ein andermal von Seite betroffener Bevölkerungsgruppen - gibt es aus Gründen der Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Abbildung 2 zeigt das Ausmaß der sozialen HeteVollständigkeit an manchen Stellen inhaltliche rogenität in den Statistischen Bezirken am Beispiel Wiederholungen. der Verteilung der Hartz IV-Empfängerinnen und Die Daten beziehen sich auf den Stichtag 31.12.2014. -Empfänger. So ist zum Beispiel im Röthelheimpark Ausgewertet wurden Daten des Einwohnermel(Bezirk 33) die Bevölkerung sehr heterogen, da es dewesens, die als Grundlage für die Berechnung dort Teilgebiete mit sehr hohen Empfängerinnender Haushaltestruktur dienen. Weiterhin wurden und Empfängerquoten von Leistungen zur GrundsiDaten des Amtes für Soziales, Arbeit und Wohnen cherung gibt, andererseits Gebiete mit sehr geringen genutzt. Die Bundesagentur für Arbeit liefert Daten Quoten. Bei der Interpretation kleinräumiger Daten zum SGB II und Auswertungen nach SGB III. Die sollten solche Sachverhalte immer berücksichtigt im zweijährigen Turnus von der Abteilung Statistik werden. und Stadtforschung durchgeführten repräsentativen Bürgerbefragungen liefern Informationen über die Bildungs- und Einkommensstruktur in Erlangen. Analysen zur Bildung der Erlangerinnen und Erlanger werden ergänzt durch die vom Bayhomogen erischen Landesamt für Statistik gelieferten Daten über Schüler und 80 Schulabsolventen. Die kleinräumige Darstellung erfolgt heterogen auf Basis der Statistischen Bezirke. 81 Die Stadt Erlangen ist räumlich in 40 Bezirke unterteilt, wovon 39 82 bewohnt sind. Eine Karte mit der 10 21 Gebietseinteilung findet sich am 20 Ende dieses Berichts. 11 70 71 01 Hinsichtlich der Einwohnerzahl gibt 22 23 es große Unterschiede zwischen 02 77 04 78 den Bezirken: Während im Bezirk 24 25 12 03 Industriehafen (Bezirk 75) lediglich 42 Personen leben, ist der Anger 73 76 33 30 40 (Bezirk 40) mit 6.752 Bewohnern 41 der bevölkerungsreichste Bezirk. 75 42 32 Für bevölkerungsarme Bezirke kön74 nen bei Erhebungen auf Basis von 43 Stichproben teilweise keine ver44 61 lässlichen Ergebnisse ausgewiesen 60 45 werden; diese sind in den Karten dann grau dargestellt. Viele Daten liegen nur bis zur Ebene 62 der Statistischen Bezirke vor, jedoch 52 in keiner feineren Gliederung. Die 51 50 Einteilung der Statistischen Bezirke ist historisch gewachsen und ori63 entiert sich nicht an sozialen Kriterien der Bevölkerung. Somit gibt es sowohl Bezirke, deren Sozialstruktur sehr heterogen ist als auch Bezirke Abb. 2: Soziale Heterogenität innerhalb der Statistischen Bezirke mit sehr homogener Sozialstruktur. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 35 2. Bevölkerungsstruktur der Erlangerinnen und Erlanger Altersstruktur Migrationshintergrund Definition Relevanz des Migrationshintergrundes Erlangerinnen und Erlangen mir Migrationshintergrund Altersstruktur Herkunft Familienstand 2. Bevölkerungsstruktur der Erlangerinnen und Erlanger Die Zahl der Erlangerinnen und Erlanger ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen: Am 31.12.2014 lebten in Erlangen 108.191 Personen mit Hauptwohnsitz. Die Bevölkerung Erlangens wuchs somit in den vergangenen zehn Jahren um knapp sechs Prozent. Die steigende Bevölkerungszahl ist auf Neubebauung zurückzuführen: Einen Zuwachs um jeweils rund 600 Personen gab es in Bachfeld (Bezirk 44) durch die weitere Bebauung des ehemaligen FAG-Geländes mit Wohnblöcken und durch die weitere Bebauung Büchenbach Wests (Bezirk 78), überwiegend mit Einfamilienhäusern. In Stubenloh (Bezirk 25), wo vor einigen Jahren der Bernhard-Plettner-Ring entstand, wuchs die Bevölkerung um 650 Personen. Fast die Hälfte des Bevölkerungszuwachses der vergangenen zehn Jahre ist auf die intensive weitere Bebauung des Röthelheimparks (Bezirk 33) zurückzuführen: Lebten dort vor zehn Jahren noch 2.900 Erlangerinnen und Erlanger, so sind es heute bereis etwa 5.650. Die Bebauung des Röthelheimparks ist mittlerweile in der Endphase. Nach der letzten Bevölkerungsprognose vom Frühjahr 2014 wird für die kommenden 15 Jahre nach der mittleren Prognosevariante ein moderater Bevölkerungszuwachs auf gut 110.000 Personen erwartet. Ob diese Annahmen in Anbetracht der aktuellen Entwicklungen noch realistisch sind, wird die Neuberechnung der Bevölkerungsprognose im Jahr 2016 zeigen. Aktuell steigt die Bevölkerungszahl stärker als erwartet, insbesondere durch den Zuzug von Flüchtlingen und der weiterhin steigenden Zahl an Studierenden in Erlangen. Während im Wintersemester 2008/2009 in Erlangen noch knapp 20.000 Studentinnen und Studenten immatrikuliert waren, beträgt deren Zahl heute etwa 30.000. Neben der Bevölkerung mit Hauptwohnsitz sind in Erlangen rund 15.200 Personen mit Nebenwohnsitz gemeldet. Sämtliche Daten und Analysen in diesem Bericht beziehen sich jedoch auf die Bevölkerung mit Hauptwohnsitz, denn Aussagen über Personen mit Nebenwohnsitz sind relativ unzuverlässig. Es kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei einem nicht näher bestimmbaren Teil der Nebenwohnsitzbevölkerung um Personen handelt, die nicht mehr in Erlangen leben. Das Meldewesen lässt mehrere Nebenwohnsitze zu, so dass häufig bei einem Wegzug die aufgegebene Nebenwohnung nicht abgemeldet wird. Bei einem Teil der 38 Nebenwohnsitzbevölkerung handelt es sich vermutlich um Studentinnen oder Studenten, die sich nach Beendigung des Studiums nicht abgemeldet haben: Gut die Hälfte der Bevölkerung mit Nebenwohnsitz ist 18 bis 30 Jahre alt. 2.1 Altersstruktur Abbildung 3 zeigt die Altersstruktur der Erlangerinnen und Erlanger in Form einer Bevölkerungspyramide. Bei dieser Darstellungsform wird für jedes Altersjahr getrennt nach Geschlecht ein Balken dargestellt, wobei auf der vertikalen Achse das Alter abzulesen ist und die Länge der linken Balken die Anteile der männlichen Bevölkerung, die Länge der rechten Balken die Anteile der weiblichen Bevölkerung repräsentieren. Anhand des aktuellen Altersaufbaus der Erlanger Bevölkerung ist - beginnend bei den Kindern - folgendes zu erkennen: Der Anteil der Kinder ist relativ gering, so dass die Darstellung eigentlich nicht mehr den Namen „Bevölkerungspyramide“ verdient, sondern „Bevölkerungsbaum“ genannt werden müsste. Die niedrige Geburtenrate ist jedoch keine Besonderheit Erlangens, sondern trifft genauso gut auf das übrige Bayern, die übrige Bundesrepublik und das übrige Europa zu. Lediglich im weltweiten Maßstab hat die „Bevölkerungspyramide“ noch die Form einer Pyramide. Bei den Altersjahren zwischen 20 und 35 zeichnet sich eine starke Ausbuchtung ab, die typisch ist für eine Studentenstadt und von den aktuell etwa 30.000 Studierenden am Standort Erlangen der FriedrichAlexander-Universität verursacht werden. Betrachtet man die etwa 47-Jährigen absteigend bis zu den heute 40-Jährigen, so ist ein Bevölkerungsrückgang zu erkennen, der im Allgemeinen als „Pillenknick“ bezeichnet wird1. Oberhalb davon findet sich die „Babyboom-Generation“, die nach dem Zweiten Weltkrieg in den Jahren 1955 bis 1969 geboren wurden. Bei den 70-Jährigen findet sich eine Einbuchtung, die unmittelbar auf den 1 Der Rückgang der Geburtenrate gegen Ende der 60er Jahre ist nur teilweise auf die Einführung der Anti-Baby-Pille zurückzuführen. Ein Wertewandel und demografische Faktoren spielten hier ebenso eine große Rolle (s.a. Statistik aktuell 8/2014: „Demografischer Wandel in Erlangen - Entwicklungen und Tendenzen: Ein Jahrhundert im Zeitraffer“, S. 7). Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 2.2Migrationshintergrund Männer Frauen Definition 90 Neben den in Deutschland lebenden Ausländerinnen und Ausländern gibt es heute weitere Personengruppen mit Zuwanderungshintergrund. Diese werden unter dem Begriff „Personen mit Migrationshintergrund“ zusammengefasst. Darunter fallen: 80 70 60 50 er n edl ssi rinne u A e edl ssi Au 40 30 Optionsdeutsche 0 5 5 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung r bü 10 Männer Männerüberschuss Frauen Frauenüberschuss mit Migrationserfahrung e ng Ei 10 10 rte ge 20 Auslä Auslän nder derinn en ohne Migrationserfahrung Familienangehörige deutsch nicht-deutsch Abb. 3: Altersaufbau der Erlanger Bevölkerung zum 31.12.2014 Zweiten Weltkrieg zurückzuführen ist. In allen Altersjahren ab Ende 50 zeigt sich ein Frauenüberschuss, der mit zunehmendem Alter wächst. Insgesamt hat die Erlanger Bevölkerungspyramide eine Form, die sich typischerweise dort entwickelt, wo die Geburtenrate vergleichsweise niedrig ist und ein Wanderungsüberschuss vorliegt. Die zukünftige Entwicklung wird so aussehen, dass die Babyboom-Generation in den kommenden Jahren nach und nach in das Rentenalter vorrückt, während im mittleren Altersbereich mit einem Bevölkerungsschwund zu rechnen ist. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 • Nicht-Deutsche mit eigener Migrationserfahrung: Alle im Ausland Geborenen, die nach Deutschland zugewandert sind und nicht über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen. • Deutsche mit eigener Migrationserfahrung: Alle im Ausland Geborenen, die nach Deutschland zugewandert sind, jedoch die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Dazu zählen Aussiedlerinnen, Aussiedler und Eingebürgerte. • Nicht-Deutsche ohne eigene Migrationserfahrung: Alle in Deutschland als Nicht-Deutsche Geborene, also Kinder ausländischer Eltern. Seit dem Jahr 2000 gibt es jedoch das Optionsmodell, nach dem diese Kinder unter bestimmten Voraussetzungen sowohl die deutsche, als auch eine ausländische Staatsangehörigkeit erhalten. Nach Vollendung der Volljährigkeit müssen sie sich dann für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden. 39 Aus diesem Grund umfasst der Personenkreis mit Migrationshintergrund auch Deutsche ohne eigene Migrationserfahrung. Im Dezember 2014 wurde die Optionspflicht für in Deutschland aufgewachsene Kinder ausländischer Eltern jedoch abgeschafft; in diesen Fällen wird die Mehrstaatigkeit akzeptiert. • Deutsche ohne eigene Migrationserfahrung: Alle im Inland Geborenen mit deutscher Staatsangehörigkeit, wenn mindestens ein Elternteil eigene Migrationserfahrung hat. Neben den optionspflichtigen Kindern fallen hierunter auch noch die Kinder unter 18 Jahren, deren Eltern deutsche Staatsangehörige sind, jedoch über Migrationserfahrung verfügen, also Kinder von Eingebürgerten und Ausgesiedelten. Relevanz des Migrationshintergrundes Das Konzept des Migrationshintergrundes entspringt dem Gedanken, dass es neben nicht-deutschen Zuwanderern weitere zugewanderte Personen gibt, die zwar über die deutsche Staatsangehörigkeit verfügen, jedoch mit ähnlichen Problemlagen konfrontiert sind wie Nicht-Deutsche. Hier spielen insbesondere Sprachkenntnisse eine Rolle. Nachdem die Palette an möglichen Migrationsgeschichten kaum überschaubar ist, verwundert es nicht, dass hier Probleme auftreten, den Begriff des Migrationshintergrundes abzugrenzen und eindeutig zu definieren. Aus diesem Grund existieren auch verschiedene Definitionen des Migrationshintergrundes. Letztlich geht es aber um den Migrationshintergrund als sozial relevante Eigenschaft. Im Hinblick auf die soziale Relevanz sind aber auch „harte“ Fakten wie die Staatsangehörigkeit nicht unbedingt aussagekräftig. So ist ein alleinstehender Siemens-Ingenieur mit österreichischer Staatsangehörigkeit ebenso Ausländer wie das Kind einer syrischen Familie, die vor dem Bürgerkrieg geflüchtet ist. Es liegt auf der Hand, dass der Zuwanderungshintergund hier im einen Fall eine ganz andere Relevanz entwickelt als im anderen. Optionsdeutsche 2,7% Eingebürgerte 23,7% Personen ohne Migrationshintergrund 67,7% Personen ohne relevantem Migrationshintergrund 75,6% Personen mit Migrationshintergrund 32,3% Aussiedler/innen 14,8% Nicht-Deutsche 46,8% Familienangehörige 12,1% Eingebürgerte 23,2% Personen mit relevantem Migrationshintergrund 24,4% Nicht-Deutsche 59,6% Aussiedler/innen 16,0% Familienangehörige 1,4% Abb. 4: Bevölkerung mit Migrationshintergrund und Bevölkerung mit relevantem Migrationshintergrund zum 31.12.2014 40 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Das Konzept der „Relevanz des Migrationshintergrundes“2 geht davon aus, dass neben der Staatsangehörigkeit auch Geburtsland, Zuzugsland und die Sprache des Herkunftslandes, aber auch die Wohndauer und die Haushaltszusammensetzung einen Einfluss darauf haben, wie hoch die soziale Relevanz des Migrationshintergrundes ist. Dies sollte immer mit bedacht werden, wenn „Menschen mit Migrationshintergrund“ thematisiert werden. Eine Analyse des Migrationshintergrundes der Erlangerinnen und Erlanger aus dem Jahr 2012 ergab, dass bei rund einem Viertel der Menschen mit Migrationshintergrund dieser eine nur geringe Relevanz haben sollte. Erwartungsgemäß ist der Migrationshintergrund bei den optionspflichtigen Kindern und den Familienangehörigen von Migranten nur bei einer kleinen Minderheit relevant. Männer Frauen 90 80 70 60 50 40 30 20 10 Erlangerinnen und Erlanger mit Migrationshintergrund Abbildung 4 zeigt die Anteile der Erlanger Bevölkerung mit Migrationshintergrund. Knapp ein Drittel der Bevölkerung hat einen Migrationshintergrund, bei fast 47 Prozent von diesen handelt es sich um Nicht-Deutsche. Die Datengrundlagen sind in der Regel nicht ausreichend, um bei Personen mit Migrationshintergrund weitergehende Aussagen unter Berücksichtigung der Relevanz des Migrationshintergrundes zu ermöglichen. Zur besseren Einschätzung der Ergebnisse sind in Abbildung 4 deshalb zusätzlich die Anteile der Personen dargestellt, deren Migrationshintergrund relevant ist. Dies trifft auf gut 24 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger zu. Diese setzten sich zusammen aus 60 Prozent Nicht-Deutschen, 23 Prozent Eingebürgerten und 16 Prozent Aussiedlerinnen und Aussiedlern. Es ist also davon auszugehen, dass unter dem Aspekt der sozialen Relevanz des Migrationshintergrundes Optionsdeutsche und Familienangehörige kaum eine Rolle spielen. Leider ermöglichen die verfügbaren Daten eine solche Differenzierung in der Regel nicht. Insofern beschränken sich Analysen meist auf das Kriterium der Staatsangehörigkeit. Altersstruktur Abbildung 5 zeigt einen Vergleich der Altersstruktur der Erlangerinnen und Erlanger mit Migrationshintergrund - also Nicht-Deutsche, Eingebürgerte, Ausgesiedelte, Optionsdeutsche und Familienangehörige von Migranten - mit der Struktur der Gesamtbevölkerung. Vor allem die Anteile der Kinder und Jugendlichen sind unter den Personen mit Migrationshintergrund deutlich höher als im Bevölkerungsdurchschnitt. In 2 Dieses Konzept wurde vorgestellt in Statistik aktuell 4/2012: „Vielfalt ‚Migrationshintergrund‘ - Erlangerinnen und Erlanger mit Migrationsgeschichte“. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 0 10 5 5 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 10 Personen mit Migrationshintergrund Hauptwohnungsbevölkerung Abb. 5: Altersstruktur von Personen mit Migrationshintergrund im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung zum 31.12.2014 der Altersspanne von etwa 45 bis 70 Jahren sind Menschen mit Migrationshintergrund dagegen unterrepräsentiert. Insgesamt liegt der Altersdurchschnitt von Menschen mit Migrationshintergrund mit 37,5 Jahren unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt von 41,6 Jahren. Betrachtet man den Personenkreis mit Migrationshintergrund differenzierter (Abb. 6), so zeigt sich ein relativ hoher Anteil an Nicht-Deutschen im Alter von 20 Jahren bis Mitte 40. Bei Aussiedlerinnen und Aussiedlern sind die Anteile ab 70 Jahren deutlich überrepräsentiert3. Aus Abbildung 6 geht auch hervor, dass sich der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen an den Personen mit Migrationshintergrund größtenteils aus Personen zusammensetzt, deren Migrationshintergrund kaum relevant ist: Hier dominieren vor allem die Familienangehörigen. Ohne Familienangehörige und Optionsdeutsche liegt der Altersdurchschnitt der Bevölkerung mit 3 In dieser Veröffentlichung wird immer sowohl die weibliche als auch die männliche Form verwendet. Aussagen wie „32,3 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger haben einen Migrationshintergrund“ beziehen sich auf die Gesamtheit der Erlangerinnen und Erlanger und bedeuten nicht, dass sowohl 32,3 Prozent der Erlangerinnen als auch 32,3 Prozent der Erlanger über einen Migrationshintergrund verfügen. Tatsächlich haben 31,8 Prozent der weiblichen und 32,7 Prozent der männlichen Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Geschlechtsspezifische Auswertungen werden nur an den Stellen getätigt, wo sie sachlich gerechtfertigt sind. 41 Migrationshintergrund bei rund 42,7 Jahren und ist somit leicht überdurchschnittlich. Dabei beträgt das Durchschnittsalter unter den Nicht-Deutschen 37,0 Jahre, den Eingebürgerten 43,6 Jahre und den Aussiedlern 59,2 Jahre. Herkunft Die Herkunft von Menschen mit Migrationshintergrund leitet sich ab aus der Staatsangehörigkeit. Bei Menschen mit Migrationshintergrund und deutscher Staatsangehörigkeit wird zur Bestimmung der Herkunft alternativ auf die Zuzugsherkunft oder den Geburtsort zurückgegriffen. Unter allen Erlangerinnen und Erlangern mit Migrationshintergrund sind am häufigsten Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, aus Polen, der Türkei und dem ehemaligen Jugoslawien vertreten (Abb. 7). Bei der Untergruppe der Nicht-Deutschen sind die häufigsten Herkunftsländer das ehemalige Jugoslawien, die Türkei, die ehemalige Sowjetunion, Italien und China. Die Herkunft von Eingebürgerten wurzelt häufig in der ehemaligen Sowjetunion, in Rumänien, der Türkei, dem ehemaligen Jugoslawien und Polen. Aussiedler stammen zu 41 Prozent aus Polen, 27 Prozent aus der ehemaligen Sowjetunion, 19 Prozent aus der Tschechischen Republik und acht Prozent aus Rumänien. Männer Frauen 2.3Familienstand Abbildung 8 zeigt anhand einer Bevölkerungspyramide die Zusammensetzung der Erlanger Bevölkerung im Hinblick auf ihren Familienstand. Etwa 36 Prozent der volljährigen Erlangerinnen und Erlanger sind ledig. Deutlich sind hier die geschlechtsspezifischen Unterschiede: Während der Anteil der Ledigen unter den erwachsenen Frauen knapp 32 Prozent beträgt, sind 41 Prozent der Männer ledig. Knapp die Hälfte der Erlangerinnen und Erlanger ist verheiratet. Dabei ist in 38 Prozent der Ehen der Mann um mehr als drei Jahre älter als die Frau, in weniger als fünf Prozent der Ehen ist es umgekehrt. In der „durchschnittlichen Ehe“ ist der Mann drei Jahre älter als die Frau. Diese Altersdifferenz trägt auch dazu bei, dass unter dem Personenkreis mit verstorbenen Ehe- oder Lebenspartnern die Frauen deutlich überwiegen: Während gut elf Prozent der Frauen verwitwet sind, trifft dies auf nicht einmal drei Prozent der Männer zu. Neben der Altersdifferenz zwischen Ehepartnern spielt hier die höhere Lebenserwartung der Frauen eine Rolle, aber auch die gering besetzten Altersjahre bei den Männern im höheren Alter, was noch eine unmittelbare Folge des Zweiten Weltkrieges ist. Die verwitweten Frauen in Abbildung 8 entsprechen dem Frauenüberschuss in Abbildung 3. Männer Frauen 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10 0 10 5 5 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 10 Nicht-Deutsche Eingebürgerte Aussiedler/innen Optionspflichtige Familienangehörige Abb. 6: Altersstruktur von Personen mit Migrationshintergrund zum 31.12.2014 42 0 10 5 5 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 10 ehemalige Sowjetunion Polen Türkei ehemaliges Jugoslawien Sonstige Abb. 7: Altersstruktur von Personen mit Migrationshintergrund nach Herkunft zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Männer Frauen 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 5 5 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 10 ledig verheiratet/Lebenspartnerschft verwitwet/Lebenspartner/in verstorben geschieden/Lebenspartnerschaft aufgehoben Abb. 8: Altersstruktur nach Familienstand zum 31.12.2014 Welchen Anteil der Zweite Weltkrieg am aktuellen Frauenüberschuss in den höheren Altersjahren hat, lässt sich nicht genau beziffern, aber es kann davon ausgegangen werden, dass der Frauenüberschuss in den kommenden Jahrzehnten abnehmen wird. Wenn sich die aktuelle Entwicklung fortsetzt, wird der Anteil der Witwen sinken und nur noch bestimmt sein von der höheren Lebenserwartung der Frauen und der durchschnittlichen Altersdifferenz bei Ehepartnern. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 43 3. Haushalte, Familien und Formen des Zusammenlebens Haushaltstypen Haushaltestruktur der Erlangerinnen und Erlanger Paarhaushalte Familien 3. Haushalte, Familien und Formen des Zusammenlebens In Erlangen leben rund 4.600 Personen in einem Studentenwohnheim, einem Altenheim oder einem sonstigen Heim. Die verbleibenden rund 103.600 Erlangerinnen und Erlanger bilden 53.900 Haushalte in verschiedensten Variationen. „Familie“ werden die Paarhaushalte mit mindestens einem Kind und die Alleinerziehendenhaushalte zusammengefasst. Als Kinder zählen alle im Haushalt lebenden minderjährigen Nachkommen. Haushaltestruktur der Erlangerinnen und Erlanger Haushaltstypen Folgende Grundtypen von Haushalten werden unterschieden: mit Kind ohne Kind Bei knapp der Hälfte der Erlanger Haushalte handelt es sich um Einpersonenhaushalte. Deren Zahl ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich leicht angestiegen, was sicherlich mit der zunehmenden Zahl an Studierenden zusammenhängt, die - wenn sie nicht in einem Studentenwohnheim leben - häufig einen Einpersonenhaushalt bilden. Deutliche Unterschiede in der Haushaltezusammensetzung werden sichtbar, wenn man die Haushalte mit deutschen Haushaltsangehörigen den Haushalten mit gemischten oder rein nicht-deutschen Staatsangehörigen gegenüberstellt. In solchen „Haushalten mit Migrationshintergrund“ ist der Anteil an Einpersonenhaushalten wesentlich niedriger zugunsten von Paarhaushalten mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren (Abb. 9). Paarhaushalte mit Partner ohne Partner sonstige Mehrpersonenhaushalte • Haushalte mit Partner und Kind: Eheliche und nichteheliche Lebensgemeinschaften mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren. • Haushalte mit Partner ohne Kind: Verheiratete und unverheiratete Paare. • Haushalte ohne Partner mit Kind: Alleinerziehendenhaushalte mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren. • Haushalte ohne Partner ohne Kind: Einpersonenhaushalte. Abgesehen von den Einpersonenhaushalten können diesen Haushaltstypen noch weitere Personen angehören, z.B. erwachsene Nachkommen oder Elternteile. Gibt es in einem Haushalt keine Eltern-Kind-Beziehungen und auch keine Paarbeziehungen, so spricht man von einem „sonstigen Mehrpersonenhaushalt“. Hierunter fallen z.B. Wohngemeinschaften. Unter 46 Gut 43 Prozent aller Haushalte sind Haushalte mit Paaren. Häufigste Form des Zusammenlebens ist hierbei die Ehe: Bei nur zwölf Prozent aller Paarhaushalte handelt es sich um eine nichteheliche Lebensgemeinschaft, bei 88 Prozent um Ehepaare. Der Anteil der nichtehelichen Lebensgemeinschaften an den Paarhaushalten ist in den vergangenen zehn Jahren um rund fünf Prozentpunkte kontinuierlich angestiegen. Von sämtlichen Paarhaushalten sind 65 Prozent kinderlos, in 35 Prozent lebt mindestens ein Kind unter 18 Jahren (Abb. 10). Abbildung 11 zeigt nach Alter, wie sich die Bevölkerung in Paarhaushalten auf Haushalte mit Kindern und auf kinderlose Haushalte verteilt. Hier wird deutlich, dass es sich bei den 65 Prozent kinderlosen Paarhaushalten nur um einen Durchschnittswert handelt, der vor allem durch einen hohen Anteil an Paaren in mittlerem und höherem Alter entsteht, deren Kinder bereits den elterlichen Haushalt verlassen haben. Im Gegensatz dazu findet sich ein Minimum bei den 40-Jährigen: Nur 18 Prozent der 40-jährigen Bewohnerinnen und Bewohner eines Paarhaushaltes leben kinderlos. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 alle Haushalte 48 mit Migrationshintergrund 28 37 28 ohne Migrationshintergrund 26 50 0% 15 28 20% 40% 60% 13 80% 4 5 4 4 4 5 100% Einpersonenhaushalt (Ehe-)Paar ohne Kind (Ehe-)Paar mit mind. einem Kind Alleinerziehendenhaushalt sonstiger Mehrpersonenhaushalt Abb. 9: Haushaltstypen nach Migrationshintergrund zum 31.12.2014 in Prozent Sonstige Haushalte Paarhaushalte 88% Ehepaare 56% ohne Kinder 12% NEL 32% 3% 9% ohne Kinder 35% Paarhaushalte mit Kind Abb. 10: Ehepaare und nichteheliche Lebensgemeinschaften (NEL) zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 47 100% 90% 51 80% 70% 60% 38 50% 40% 9 30% 20% 10% 20 26 32 38 44 50 56 62 68 74 Alter 2 0% 0% 20% 40% 60% Abb. 12: Familien nach Zahl der Kinder zum 31.12.2014 in Prozent Abb. 11: Personen in Paarhaushalten nach Alter und Kindern im Haushalt zum 31.12.2014 (Abb. 13). Mehr als die Hälfte der 20-Jährigen wohnt bereits in einem eigenen Haushalt. Männliche Nachkommen verbleiben etwas länger im elterlichen Haushalt als weibliche Nachkommen. Ein Grund dafür ist sicherlich, dass - wie bereits an anderer Stelle erläutert - die männliche Hälfte von Paaren im Schnitt drei Jahre älter ist als die weibliche. Junge Menschen verlassen häufig das Elternhaus, um zusammen mit einem Partner oder einer Partnerin einen eigenen Haushalt zu gründen; aufgrund der Altersdifferenz verlassen junge Frauen somit früher das elterliche Domizil. Dies wird in Abbildung 14 deutlich, welche die Altersstruktur der Erlanger Bevölkerung nach Haushaltstypen zeigt: Mit Erreichen der Volljährigkeit steigt der Anteil der Paarhaushalte mit zunehmendem Alter deutlich an. Im Alter ab Mitte 20 (Frauen) bzw. Ende 20 (Männer) steigt dann auch der Anteil der Paarhaushalte mit Kindern. Familien Zu den Familien gehören neben den Paarhaushalten mit Kindern auch die Alleinerziehenden. Rund vier Prozent aller Haushalte sind Alleinerziehendenhaushalte. Insgesamt handelt es sich bei 19 Prozent aller Haushalte um einen Familienhaushalt. Unter den Familienhaushalten ist wiederum jeder Fünfte ein Alleinerziehendenhaushalt. In den Erlanger Familien leben im Schnitt 1,62 Kinder. Die Hälfte der Erlanger Familien sind Familien mit Einzelkindern (Abb. 12). In 38 Prozent der Familien leben zwei Kinder. Große Familien mit vier oder mehr Kindern sind hingegen recht selten. Der Auszug der Kinder aus dem elterlichen Haushalt beginnt unmittelbar nach Vollendung der Volljährigkeit: Während noch 97 Prozent der 17-Jährigen im elterlichen Haushalt wohnen, hat ein Viertel der 18-Jährigen das Elternhaus bereits verlassen 100% 90% 80% männlich 70% 60% weiblich 50% 40% 30% 20% 10% 15 Alter 20 25 30 35 40 45 0% Abb. 13: Nachkommen im elterlichen Haushalt nach Alter und Geschlecht zum 31.12.2014 in Prozent 48 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 In der Bevölkerungspyramide zeigt sich zudem, dass es sich bei den Alleinerziehenden fast ausschließlich um Mütter mit Kindern handelt. Weiterhin fällt auf, dass die „Säule“ der Einpersonenhaushalte - etwa ab dem 40. Lebensjahr aufwärts nach rechts geneigt ist. Mit zunehmendem Alter finden sich also immer weniger alleinlebende Männer, dafür aber immer mehr Einpersonenhaushalte mit Frauen. Männer Frauen 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 10 5 5 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 10 Einpersonenhaushalte insgesamt (Ehe-)paar ohne Kind insgesamt (Ehe-)paar mit Kind insgesamt Alleinerziehendenhaushalt insgesamt sonstiger Mehrpersonenhaushalt insgesamt Abb. 14: Altersstruktur nach Haushaltstypen zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 49 4. Ökonomische Lage Nettoäquivalenzeinkommen Verfügbares Einkommen Einkommen nach sozioökonomischen Merkmalen Einkommen nach Geschlecht Einkommen nach Alter Einkommen nach Migrationshintergrund Einkommen nach Haushaltstyp Einkommen nach Kinderzahl Einkommensungleichheit 4. Ökonomische Lage Methodisches Aussagen über die ökonomische Situation von Bevölkerungsgruppen sind in der Regel mit Problemen behaftet, die auf den ersten Blick nicht ersichtlich sind. Während der Einzelne seine eigene ökonomische Lage in den meisten Fällen durchaus einigermaßen realistisch einschätzen kann, steht die Analyse der ökonomischen Situation größerer Bevölkerungsgruppen vor methodischen Schwierigkeiten. Unter „Wirtschaften“ wird jede Handlung subsumiert, die planvoll auf das Erreichen eines bestimmten Zieles mit knappen Mitteln ausgerichtet ist. Ökonomisches Handeln ist somit vielschichtig: Es gibt Ziele, die dem unmittelbaren Lebensunterhalt dienen und Ziele, die darüber hinausgehen. Außerdem ist es ein Unterschied, ob eine Person für sich alleine wirtschaften kann, oder ob dies in einem Familienverband geschieht. Darüber hinaus ist eine Entscheidung darüber erforderlich, welches Handeln der Zielerreichung am besten dient. Zudem müssen die verfügbaren Mittel auf konkurrierende Ziele aufgeteilt werden. Ein Haushalt als wirtschaftliche Einheit steht somit im Spannungsfeld von individuellen Zielen, Bedürfnissen der Haushaltsgemeinschaft und gegebenen materiellen Mitteln. Einer statistischen Erfassung der ökonomischen Situation sind hier Grenzen gesetzt. Erfasst werden können die „harten Fakten“: Welches Einkommen steht einem Haushalt zur Verfügung? Da es hierzu keine amtliche Statistik gibt, muss die Bevölkerung befragt werden. Dazu sind verschiedene Verfahren im Einsatz: So werden z.B. bei der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe Einkommen und Ausgaben detailliert erfasst. Im Mikrozensus hingegen wird das Haushaltseinkommen pauschal abgefragt und nicht nach den einzelnen Einkommensarten differenziert. Bei der pauschalen Frage nach dem Haushaltseinkommen besteht die Gefahr, dass unregelmäßige Einkommensbestandteile vergessen werden, das Einkommen also unterschätzt wird. 52 Ein grundsätzliches Problem ist, dass die Befragten oft nicht ausreichend Kenntnis haben über das gesamte Haushaltseinkommen und es dadurch zu Verzerrungen kommt. Aus Ergebnisvergleichen geht jedoch hervor, dass beide Methoden im Hinblick auf die relative Einkommensverteilung kaum Unterschiede aufweisen. Lediglich das Einkommensniveau wird bei einer pauschalen Selbsteinschätzung etwas niedriger eingeschätzt als bei einer detaillierten Erfassung. Sowohl die in der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe als auch die im Mikrozensus erhobenen Einkommenswerte liegen jedoch nur auf Basis größerer räumlicher Einheiten vor, da die Stichprobe zu klein ist, um für eine Stadt der Größe Erlangens zuverlässige Aussagen machen zu können. Darüber hinaus sind auch Aussagen auf gesamtstädtischer Ebene unzureichend, da innerhalb der Stadt differenziert werden soll, denn es geht in erster Linie darum, Differenzen sichtbar zu machen. Die Einkommensangaben in diesem Bericht wurden von der Abteilung Statistik und Stadtforschung selbst im Rahmen von repräsentativen Bürgerbefragungen erhoben. Bei der Befragung „Leben in Erlangen“, die alle zwei Jahre stattfindet, wird etwa jede 30. Person mit Hauptwohnsitz in Erlangen im Alter zwischen 18 und 80 Jahren schriftlich befragt. Diese Befragung enthält einen Teil mit demografischen Angaben, aus dem auch Informationen über die Haushaltszusammensetzung und das verfügbare Haushaltseinkommen hervorgeht. Die hier dargestellten Einkommenswerte beziehen sich auf die Ergebnisse der Befragungen aus den Jahren 2012 und 2014, die zusammengefasst wurden, um eine breitere Datenbasis zu erhalten. Da das Haushaltsnettoeinkommen jedoch auch nur einen Teil der ökonomischen Realität widerspiegelt, wurde in der Bürgerbefragung 2014 noch zusätzlich die Frage gestellt, wie viel Einkommen dem Haushalt zur freien Verfügung bleibt, also z.B. für Lebensmittel, Bekleidung oder Freizeitaktivitäten. Darüber hinaus wurde gefragt, ob der Haushalt zur Miete wohnt und wie die Belastung durch eventuelle Mietkosten eingeschätzt wird. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Das ökonomische Potenzial, welches ein bestimmFaktoren der weiteren Haushaltsmitglieder: 0,5 für tes Haushaltseinkommen mit sich bringt, ist abhänjede weitere Person ab 14 Jahren, 0,3 für jede Pergig von der Zusammensetzung des Haushalts. Um son unter 14 Jahren. Wird das Haushaltsnettoeindas Durchschnittseinkomkommen durch die Summe men eines Haushaltsmitder Faktoren geteilt, erhält glieds zu ermitteln, genügt man das NettoäquivaBegriffsdefinitionen es nicht, das Haushaltseinlenzeinkommen pro Kopf. • Haushaltsnettoeinkommen: Summe der kommen durch die Zahl der Im Gegensatz zu Hausmonatlichen Nettoeinkünfte aller Personen, Haushaltsmitglieder zu teihaltseinkommen sind die die einen gemeinsamen Haushalt bilden: len, denn es gibt EinsparNettoäquivalenzeinkomLöhne und Gehälter, Einkünfte aus selbeffekte in Abhängigkeit von men für Personen untereiständiger Tätigkeit, Kindergeld, Wohngeld, Größe und Beschaffenheit nander vergleichbar. Einkommen aus Vermietung und Verpachdes Haushalts. Eine FamiFür die vorliegende Veröftung, Transferleistungen. lie mit zwei Erwachsenen fentlichung ist also folgenund zwei Kindern zahlt • Verfügbares Haushaltsnettoeinkommen: des zu beachten: ebenso nur eine Miete wie Teil des Haushaltsnettoeinkommens, der Zur Vereinfachung werein Einpersonenhaushalt. nach Abzug laufender Kosten übrig bleibt. den die Bezeichnungen Auch wenn die Familie mit Laufende Kosten sind z.B. Mietkosten, „Einkommen“ bzw. „Prozwei Kindern mehr WohnNebenkosten der Wohnung, KreditverbindKopf-Einkommen“ verwenraum als ein Single benölichkeiten, Kosten für Kraftfahrzeuge, Versidet. Diese stehen - sofern tigt, wird sie für geeigneten cherungsbeiträge etc. nichts anderes angegeben Wohnraum nicht die vierfa• Nettoäquivalenzeinkommen: In Abhänist - synonym für Nettoäquiche Miete zahlen, sondern gigkeit von der Haushaltszusammensetvalenzeinkommen nach der weniger. Größere Anschafzung gewichtetes Haushaltsnettoeinkomneueren OECD-Skala. fungen, wie ein Kfz oder men. Nach dieser Bedarfsgewichtung Die Einkommensdaten eine Waschmaschine sind sind Nettoäquivalenzeinkommen pro Kopf beruhen auf repräsentatiebenso im Familienhausvergleichbar. ven Bürgerbefragungen, halt nicht für jede Person • Median-Mittelwert der Nettoäquivalenzeinsind deshalb vergleichseinzeln zu tätigen, sondern kommen: Einkommenswert, der die Bevölweise aktuell und größin vielen Fällen eben genau kerung in zwei Hälften teilt. Eine Hälfte hat tenteils auch kleinräumig ein Mal, genauso wie im ein Nettoäquivalenzeinkommen unterhalb auswertbar. Singlehaushalt. des Medians, die andere Hälfte einen EinAuf EinkommensvergleiUm die unterschiedliche kommenswert so groß wie der Median-Wert che mit anderen GebietsHaushaltszusammensetoder größer. körperschaften außerhalb zung zu berücksichtigen, Erlangens wird verzichtet, wird das Haushaltsnettoda dazu eine einheitliche Beispiel: einkommen in AbhängigDatengrundlage existieren Paarhaushalt, 2 Kinder (14 und 6 Jahre) keit von der Haushaltszumüsste, was leider nicht der Haushaltsnettoeinkommen: 2.400 Euro sammensetzung gewichtet. Fall ist. Um zu vermeiden, Die HaushaltsnettoeinkomGewichtungsfaktoren: dass die in diesem Bericht men werden in ein Netverwendeten Einkommenstoäquivalenzeinkommen angaben mit denen anderer transformiert und somit Quellen mit verschiedenem vergleichbar gemacht. Zur methodischen Hintergrund Gewichtung gibt es ver1 + 0,5 + 0,5 + 0,3 = 2,3 verglichen werden, wird schiedene Verfahren. In hier in den allermeisten diesem Bericht wird die Nettoäquivalenzeinkommen: Fällen bewusst auf die neuere OECD-Skala zur 2.400 Euro : 2,3 = 1.044 Euro pro Person Angabe von absoluten EinGewichtung herangezokommenswerten verzichgen, die am häufigsten Vertet. Stattdessen werden wendung findet: Bei dieser relative Differenzen zum Durchschnittseinkommen bekommt die erste erwachsene Person im Haushalt dargestellt. den Gewichtungsfaktor 1. Hinzuaddiert werden die Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 53 4.1Nettoäquivalenzeinkommen Die in den Erlanger Bürgerinnen- und Bürgerbefragungen erhobenen Haushaltsnettoeinkommen werden nach der neueren OECD-Skala gewichtet. Einkommenswerte in diesem Bericht beziehen sich auf die Befragungen der Jahre 2012 und 2014, die im Hinblick auf eine verlässlichere Datenbasis zusammengefasst wurden. Die Zusammenfassung ist insbesondere hinsichtlich kleinräumiger Auswertungen sinnvoll. Für die Stadt Erlangen liegen Nettoäquivalenzeinkommen für die Jahre 2006, 2008, 2012 und 2014 vor. Hier zeigt sich eine jährliche Steigerungsrate von etwa zwei bis vier Prozent. Während das Nettoäquivalenzeinkommen im Jahr 2006 im Schnitt 1.600 Euro betrug, ist es bis 2014 auf etwa 2.000 Euro angestiegen (Abb. 15). Für die vorliegende Veröffentlichung ergibt sich ein durchschnittliches Nettoäquivalenzeinkommen von 1.930 Euro. Dabei handelt es sich um das arithmetische Mittel. In der Regel wird jedoch das sogenannte Medianeinkommen als Mittelwert herangezogen. Der Median ist der Wert, der sämtliche Einkommen in zwei gleich große Hälften aufteilt. Dieser ist niedriger als das arithmetische Mittel und liegt in Erlangen bei 1.830 Euro. Als „armutsgefährdet“ werden im Allgemeinen Menschen bezeichnet, deren Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens beträgt. In Bezug auf das Erlanger Medianeinkommen liegt die Schwelle somit bei 1.100 Euro. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass das Durchschnittseinkommen der Erlangerinnen und Erlanger über dem bayerischen Durchschnitt und über dem bundesweiten Durchschnitt liegt. „Armutsgefährdung“ ist somit relativ, denn eine Person, die nach Erlanger Verhältnissen als armutsgefährdet eingestuft werden könnte, wäre unter Umständen nicht als armutsgefährdet einzustufen, würde 2.500€ 2.000€ 1.500€ 1.000€ 500€ 0€ 2006 2008 2010 2012 2014 Jahr Abb. 15: Entwicklung des Erlanger Nettoäquivalenzeinkommens seit 2006 man als Armutsgefährdungsschwelle zum Beispiel 60 Prozent des bayerischen Medianeinkommens annehmen; dieses lag im Jahr 2013 nach Berechnung des Statistischen Bundesamtes bei 973 Euro. Gemessen an der bundesweiten Einkommensstruktur liegt die Schwelle bei 892 Euro. Abbildung 16 zeigt die Einkommensverteilung der Erlangerinnen und Erlanger. Gut 17 Prozent der Erlanger Bevölkerung verfügen über ein Pro-KopfEinkommen von unter 1.000 Euro. Der mittlere Einkommensbereich von 1.000 bis unter 2.200 Euro ist mit 46 Prozent am stärksten besetzt. Einkommen ab 3.400 Euro sind eher selten: Etwa sechs Prozent der Erlangerinnen und Erlanger fallen in diese Kategorie. Kleinräumig betrachtet zeigen sich beträchtliche Unterschiede. Das höchste Nettoäquivalenzeinkommen findet sich aktuell in der Reuth (Bezirk 71), wo es um gut 19 Prozent über dem städtischen Mittelwert 25% 20% 15% 10% 5% unter 400€ 400€ - u. 1.000€ 1.000€ - u. 1.600€ - u. 2.200€ - u. 2.800€ - u. 3.400€ - u. 4.000€ - u. 4.600€ und 1.600€ 2.200€ 2.800€ 3.400€ 4.000€ 4.600€ mehr 0% Abb. 16: Verteilung der Nettoäquivalenzeinkommen in Erlangen 54 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 liegt. Im Röthelheimpark (Bezirk 33) liegt das Einkommen um 17 Prozent über dem Durchschnitt. Rund 16 Prozent über dem Einkommensdurchschnitt liegen die Erlangerinnen und Erlanger in Sieglitzhof (Bezirk 22) und dem Burgberg (Bezirk 20). Am anderen Ende der Skala sind die durchschnittlichen Einkommen der Bevölkerung am Anger (Bezirk 40) einzuordnen: Deren Nettoäquivalenzeinkommen liegt um mehr als ein Viertel unter dem städtischen Durchschnitt. Das Einkommen der Bewohnerinnen und Bewohner der Altstadt (Bezirk 01) liegt 15 Prozent unter dem Durchschnitt, gefolgt von der Markgrafenstadt (Bezirk 02) mit rund 13 Prozent und den Bezirken Büchenbach Nord (Bezirk 77), Rathenau (Bezirk 41) und Buckenhofer Siedlung (Bezirk 24), wo das Einkommen rund neun Prozent unter dem gesamtstädtischen Durchschnittswert liegt (Abb. 17). Bei diesen Durchschnittswerten sollte immer beachtet werden, dass auch innerhalb der Bezirke in der Regel die Einkommen ungleich verteilt sind. So gehört der Röthelheimpark hinsichtlich des Durchschnittseinkommens zu den Spitzenreitern, doch existieren innerhalb des Röthelheimparks Teilgebiete, deren Bevölkerung über stark unterdurchschnittliche Einkommen verfügt. Ebenso ist im innerstädtischen Bereich von einer großen Heterogenität auszugehen, denn hier wird das Durchschnittseinkommen nach unten gezogen durch die große Anzahl an Studierenden, die in der Regel über unter -15 -15 bis unter -9 -9 bis unter -3 -3 bis unter 3 3 bis unter 9 9 bis unter 15 15 und höher 80 81 gering 80 mittel hoch 81 82 10 70 01 77 78 73 24 25 03 76 22 23 02 04 12 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 45 62 52 51 50 63 Abb. 18: Streuung der Nettoäquivalenzeinkommen innerhalb der Statistischen Bezirke unter 2 2 bis unter 5 5 bis unter 8 8 bis unter 11 11 und höher 80 81 82 82 10 70 77 12 76 70 01 04 73 42 43 62 32 63 Abb. 17: Abweichung des Nettoäquivalenzeinkommens vom gesamtstädtischen Durchschnitt in Prozent nach Statistischen Bezirken 44 45 62 52 50 51 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 42 43 52 50 33 30 41 61 60 45 24 25 03 74 44 61 60 22 23 02 40 75 32 74 04 76 41 75 01 12 33 30 77 78 24 25 40 11 71 21 20 22 23 02 03 10 21 20 11 71 78 73 71 21 20 11 51 63 Abb. 19: Anteil der Bevölkerung mit hohem Nettoäquivalenzeinkommen nach Statistischen Bezirken 55 ein geringes Einkommen verfügen. Auf der anderen Seite gibt es Bezirke, in denen die Streuung relativ gering ist, wo also die Einkommen näher beieinander liegen (Abb. 18). Je geringer die Streuung innerhalb eines Bezirkes ist, desto homogener ist dort auch die Sozialstruktur. Abbildung 19 zeigt den Anteil der Bevölkerung mit besonders hohen Nettoäquivalenzeinkommen; als Schwelle wurde hier das doppelte Medianeinkommen angenommen. Gut sechs Prozent der Erlangerinnen und Erlanger fallen in diese Einkommensklasse. Die Anteile der Bevölkerung mit niedrigen Einkommen sind in Abbildung 20 dargestellt. Als niedriges Einkommen sind hier Einkommen unterhalb der „Armutsgefährungsgrenze“ definiert, also weniger als 60 Prozent des - in diesem Fall Erlanger - Medianeinkommens. Insgesamt betrifft dies 18 Prozent der Erlanger Bevölkerung. unter 8 8 bis unter 16 16 bis unter 24 24 bis unter 32 32 und höher 80 81 82 10 70 11 71 01 77 78 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 45 4.2 Verfügbares Einkommen 62 52 50 Das Haushaltseinkommen setzt sich in der Regel aus verschiedenen Bestandteilen zusammen: Neben den Erwerbseinkommen der Haushaltsmitglieder zählen dazu unter anderem auch Mieteinnahmen, Vermögenszinsen, Renten- bzw. Pensionsbezüge aber auch Sozialleistungen. Dem Einkommen eines Haushaltes stehen laufende Ausgaben gegenüber, die vom vorhandenen Einkommen bestritten werden müssen. So sind Zahlungen für Miete oder auch für die Tilgung von Krediten für den eigenen Wohnraum zu leisten. Vielgestaltig sind oft auch die Zahlungen der Wohnnebenkosten. Darüber hinaus müssen häufig weitere Kredite getilgt werden, z.B. für ein Kraftfahrzeug oder sonstige Anschaffungen. Zieht man die Summe dieser Ausgaben vom gesamten Haushaltseinkommen ab, erhält man das verfügbare Einkommen. Da die Ausgabenseite eines Haushaltes aufgrund ihrer Unübersichtlichkeit ebenso schwer im Detail zu erfassen ist wie die Einnahmeseite, wird auch hier lediglich der Betrag des verfügbaren Haushaltseinkommens abgefragt. Erstmals wurden die Erlangerinnen und Erlanger in der Bürgerbefragung 2014 gefragt, wie viel Einkommen ihr Haushalt monatlich 24 25 03 76 22 23 02 04 12 73 21 20 51 63 Abb. 20: Anteil der Bevölkerung mit geringem Nettoäquivalenzeinkommen nach Statistischen Bezirken ungefähr zur freien Verfügung hat (z.B. für Lebensmittel, Kleidung oder Freizeit). Wie bei der Frage nach dem gesamten Haushaltseinkommen wird hier davon ausgegangen, dass die Befragten dies relativ gut einschätzen können. Aus den Ergebnissen der Befragung, die Ende 2014 durchgeführt wurde, ergibt sich für die Erlangerinnen und Erlanger im Alter von 18 bis 80 Jahren ein verfügbares Nettoäquivalenzeinkommen von rund 900 Euro. Im Schnitt verbleiben somit gut 42 Prozent des Haushaltseinkommens zur Verfügung. Insgesamt gibt knapp ein Drittel der Befragten an, mit ihrem verfügbaren Haushaltseinkommen sehr gut zurecht zu kommen, 21 Prozent kommen damit jedoch eher schlecht oder sehr schlecht zurecht; Vom Haushaltseinkommen verbleiben ... weniger als ein Drittel ein Drittel bis zwei Drittel 29 69 0% Ich komme damit zurecht: 20% sehr gut 15 48 36 mehr als zwei Drittel 5 31 46 17 40% eher gut 60% eher schlecht 80% 3 100% sehr schlecht Abb. 21: Beurteilung des verfügbaren Einkommens nach verfügbarem Einkommensbestandteil 56 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Da die Aufwendungen für den Wohnraum einen großen Anteil der regelmäßigen Ausgaben darstellen, kommen die Erlangerinnen und Erlanger, die über eine Eigentumswohnung oder ein eigenes Haus verfügen, mit ihrem Einkommen deutlich besser zurecht: Knapp 24 Prozent der 18- bis 80-Jährigen, die zur Miete wohnen, kommen mit dem verfügbaren Einkommen sehr gut zurecht; dies trifft auf 43 Prozent der Befragten zu, die Eigentümer ihrer Wohnung bzw. ihres Hauses sind. unter 20 20 bis unter 28 28 bis unter 36 36 bis unter 42 42 und höher 80 81 82 10 70 71 77 78 01 04 12 73 76 21 20 11 22 23 02 24 25 03 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 45 62 4.3 Einkommen nach sozioökonomischen Merkmalen Das Nettoäquivalenzeinkommen unterscheidet sich teilweise stark in Abhängigkeit von sozialstrukturellen Merkmalen. An dieser Stelle sollen grundlegenden Differenzen aufgezeigt werden. Vertiefte Auswertungen dazu finden sich in den folgenden Kapiteln. 52 50 51 63 Abb. 22: Anteil der Befragten, die mit ihrem verfügbaren Haushaltseinkommen sehr gut zurecht kommen das sind auf die Gesamtheit der 18- bis 80-Jährigen hochgerechnet ca. 18.000 Personen. Betrachtet man nur diejenigen, deren verfügbares Einkommen weniger als ein Drittel des gesamten Haushaltsnettoeinkommens beträgt, steigt der Anteil der Unzufriedenen auf 36 Prozent. Völlig anders beurteilen dagegen die Erlangerinnen und Erlanger die Situation, die mehr als zwei Drittel ihres Haushaltsnettoeinkommens zur freien Verfügung haben: Von diesen kommen nur knapp drei Prozent eher schlecht mit den verfügbaren Mitteln zurecht, 69 Prozent jedoch sehr gut (Abb. 21). Auch die Zufriedenheit mit dem verfügbaren Einkommen variiert kleinräumig recht stark (Abb. 22). In Kriegenbrunn (Bezirk 62) geben 52 Prozent an, mit ihrem verfügbaren Einkommen sehr zufrieden zu sein. Am Burgberg (Bezirk 20) sind dies 46 Prozent, in Tennenlohe (Bezirk 52) 41 Prozent. Je rund 40 Prozent sehr Zufriedene finden sich in Bierlach (Bezirk 45), im Röthelheimpark (Bezirk 33) und in Büchenbach West (Bezirk 78). Am anderen Ende der Skala findet sich der Anger (Bezirk 40), wo nur 18 Prozent der Befragten mit ihrem verfügbaren Einkommen sehr zufrieden sind, gefolgt von Sebaldus (Bezirk 32), Rathenau (Bezirk 41), der Altstadt (Bezirk 01), Heiligenloh (Bezirk 10), Dechsendorf Ost (Bezirk 81) und Eltersdorf (Bezirk 50), wo jeweils weniger als ein Viertel sehr gut mit dem verfügbaren Einkommen zurechtkommen. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Einkommen nach Geschlecht Das Pro-Kopf-Einkommen von Frauen liegt gut sechs Prozent unter dem Erlanger Durchschnitt, das der Männer hingegen sechs Prozent über dem Durchschnitt. Einkommen nach Alter Vor allem bei den jüngeren Erlangerinnen und Erlangern liegen die Nettoäquivalenzeinkommen stark unter dem Durchschnitt. Darunter ist ein großer Anteil an Personen, die sich noch in Ausbildung befinden und somit über ein geringes oder gar kein eigenes Einkommen verfügen. Im Alter ab Mitte 20 steigt dann das Durchschnittseinkommen steil an und erreicht seinen Spitzenwert bei den 32-Jährigen (Abb. 23). Etwa ab dem Alter +30% +20% +10% 0% -10% -20% -30% -40% -50% 20 30 40 50 60 70 80 Alter Abb. 23: Abweichung altersspezifischer Durchschnittseinkommen vom gesamtstädtischen Durchschnitt 57 Bei den Einpersonenhaushalten ist zu beachten, dass es in 18 bis unter 25 Jahre -60% Abhängigkeit vom Alter große Unterschiede gibt. Während 25 bis unter 35 Jahre das Durchschnittseinkommen 35 bis unter 45 Jahre +21% alleinlebender Erlangerinnen und Erlanger im Alter von 18 45 bis unter 65 Jahre +11% bis unter 25 Jahren 60 Prozent 65 bis 80 Jahre -11% unter dem Durchschnitt liegt, sind die 35- bis unter 45-Jäh-60% -40% -20% 0% +20% +40% rigen finanziell deutlich besser ausgestattet (Abb. 24). Abb. 24: Abweichung altersspezifischer Durchschnittseinkommen vom Alleinerziehende müssen im gesamtstädtischen Durchschnitt bei Einpersonenhaushalten Schnitt mit spürbar weniger Einkommen zurechtkommen: von 40 Jahren sinkt das Durchschnittseinkommen Ihr Einkommen liegt rund 23 Prozent unter dem wieder etwas. Dies hängt mit Familiengründungen Durchschnitt. zusammen, in deren Verlauf aufgrund von Kindererziehung oft ein Einkommensbestandteil entfällt. Mit dem Ende der Erwerbsphase fällt das durchschnittliche Einkommen ab dem 60. Lebensjahr sukzessive. Im Alter von etwa 76 bis 80 Jahre sinkt das Einkommen zusätzlich. Es ist davon auszugehen, dass dies mit der niedrigeren Lebenserwartung von Männern zusammenhängt; es überwiegen hier alleinlebende Frauen mit geringeren Altersbezügen. Einkommen nach Migrationshintergrund Einkommen nach Kinderzahl Abbildung 25 zeigt, dass mit der Größe einer Familie das Durchschnittseinkommen sinkt. Dagegen liegt bei den kinderlosen 25- bis 45-Jährigen das Nettoäquivalenzeinkommen rund zwölf Prozent über dem Durchschnitt. 4.4Einkommensungleichheit Die Ungleichverteilung der Nettoäquivalenzeinkommen kann anhand einer Lorenz-Kurve verdeutlicht werden. Die Lorenz-Kurve zeigt die Menge des Einkommens in Bezug auf die Menge der Bevölkerung (Abb. 26). Dabei zeigt die blaue Linie die tatsächliche Verteilung, die grüne Linie eine Gleichverteilung. So verfügen bei Gleichverteilung z.B. 20 Prozent der Bevölkerung über 20 Prozent des Einkommens. Je weiter die blaue von der grünen Linie abweicht, umso größer ist die Ungleichheit bei der Einkommensverteilung. Entsprechend der blauen Linie exisEinkommen nach Haushaltstyp tieren also in Erlangen 20 Prozent der Bevölkerung, die lediglich über sieben Prozent des gesamten EinAuch nach Haushaltstyp gibt es Differenzen bei den kommens verfügen. Durchschnittseinkommen. Während die Hälfte der Bevölkerung über 30 ProWährend das Durchschnittseinkommen bei den zent des gesamten Einkommens verfügt, stehen der Paarhaushalten ohne Kinder leicht über dem anderen Hälfte 70 Prozent zur Verfügung. An der gesamtstädtischen Durchschnitt liegt und bei PaarSpitze existieren 20 Prozent Bevölkerung, auf die 35 haushalten mit Kindern genau im Schnitt, liegen EinProzent des gesamten Einkommens entfällt. personenhaushalte gut fünf Prozent darunter. Bezieht man den Einkommensanteil der zehn Prozent der einkommenstärksten Bevölkerungsgruppe auf den Einkommensanteil der zehn Prokein Kind +12% zent der einkommensschwächsten Bevölkerungsgruppe, erhält ein Kind +4% man ein Maß für die Ungleichzwei Kinder -2% verteilung von Einkommen. drei und mehr Kinder -7% Dieser Wert der Einkommensdisparität liegt bezogen auf -10% -5% 0% +5% +10% +15% alle Erlangerinnen und Erlanger bei 8,7, was also bedeuAbb. 25: Abweichung der Durchschnittseinkommen vom gesamtstädtischen tet, dass die zehn Prozent der Durchschnitt bei 25- bis 45-Jährigen nach Zahl der Kinder Das durchschnittliche Einkommen der Erlangerinnen und Erlanger mit Migrationshintergrund liegt gut zwölf Prozent unter dem Durchschnitt. Bei NichtDeutschen - also einer Untergruppe der Personen mit Migrationshintergrund - ist die Differenz mit neun Prozent etwas geringer. Dies liegt daran, weil sich unter den Personen mit Migrationshintergrund Aussiedlerinnen und Aussiedler befinden, deren Einkommen häufig unterdurchschnittlich sind, da die Mehrheit von ihnen bereits im Seniorenalter ist. 58 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 einkommensstärksten Erlangerinnen und Erlanger über fast neun Mal so viel Einkommen verfügen wie die zehn Prozent der einkommensschwächsten Bevölkerung. In Abbildung 27 ist das Maß der Einkommensungleichheit für Teilgruppen der Bevölkerung dargestellt. Die Einkommensdisparität ist unter den Männern etwas höher als unter den Frauen. Ein Vergleich nach Altersgruppen zeigt, dass vor allem unter der jüngeren Bevölkerung die Ungleichheit sehr groß ist, da in dieser Altersklasse sehr unterschiedliche Lebensläufe existieren im Spektrum von Studierenden mit Minimaleinkommen, einkommensstarken Singlehaushalten, jungen Familien usw.. Entsprechend zeigt sich auch bei den Einpersonenhaushalten eine noch größere Einkommensdisparität. Anteil des Einkommens 100% 80% 60% 40% 20% 0% 0% 20% 40% 60% 80% 100% Anteil der Bevölkerung Abb. 26: Verteilung des Einkommens auf die Erlangerinnen und Erlanger Bevölkerung insgesamt 8,7 männliche Bevölkerung 9,0 weibliche Bevölkerung 8,4 Bevölkerung unter 30 Jahre 12,9 Bevölkerung 30 bis unter 45 Jahre 5,5 Bevölkerung 45 bis unter 65 Jahre 6,0 Bevölkerung 65 bis 80 Jahre 5,8 Bevölkerung mit Migrationshintergrund 11,0 Bevölkerung ohne Migrationshintergrund 8,1 Einpersonenhaushalte 14,3 Paarhaushalte ohne Kind 8,3 Paarhaushalte mit Kind 5,1 Alleinerziehendenhaushalte 8,6 Kinderlose Haushalte 10,1 Haushalte mit einem Kind 6,1 Haushalte mit zwei Kindern 3,8 Haushalte mit drei oder mehr Kindern 3,9 0,0 3,0 6,0 9,0 12,0 15,0 Einkommensdisparität Abb. 27: Einkommensungleichheit der Erlangerinnen und Erlanger im Alter von 18 bis 80 Jahre nach Geschlecht, Altersklassen, Migrationshintergrund, Haushaltstypen und Zahl der Kinder im Haushalt Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 59 5. Bildung und Berufstätigkeit Schulische Bildung Schulbildung nach Einkommen Übertritte Einkommen nach Schulabschluss Einkommen nach Geschlecht Entwicklung der Schulabschlüsse Berufliche Bildung Entwicklung der beruflichen Abschlüsse Weitere und tiefergehende Informationen zum Themenfeld „Bildung“ finden Sie im Erlanger Bildungsbericht 2016. Der Erlanger Bildungsbericht stellt die formale Bildung der Erlangerinnen und Erlanger im Lebenslauf dar. Unter formaler Bildung versteht man dabei das Lernen, das üblicherweise in einer Bildungs- oder Ausbildungseinrichtung stattfindet, strukturiert ist und zu einer Zertifizierung führt. Neben den Bereichen der „frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung“, der „allgemeinbildenden Schulen“, der „beruflichen Bildung“ und der „Universität“ setzt er die Schwerpunkte „Ganztagsbildung“ und „Übergang: Schule – Beruf“. In Folgeberichten zum Thema Bildung soll darüber hinaus der Bereich der informellen Bildung (Lernen, das im Alltag, am Arbeitsplatz, im Familienkreis oder in der Freizeit stattfindet, z.B. im Jugendtreff, der Natur, Aktivitäten mit der Familie) und non-formalen Bildung (systematisches Lernen, das nicht in Bildungs- oder Berufsbildungseinrichtungen stattfindet und üblicherweise nicht zur Zertifizierung führt, z.B. Musikschule, Theatergruppe, Sportverein, Nachhilfeunterricht) näher betrachtet werden. Die Bildungsberichterstattung kann dabei durch einzelne Schwerpunktberichte zu speziellen Themen ergänzt werden. Bildungsberichte sollen Diskussionsgrundlage für die politischen Entscheidungsträger und die interessierte Öffentlichkeit sein. Bildungsberichterstattung zielt darauf ab, Diskussionen zum Thema Bildung mit aussagekräftigen Daten und Fakten zu unterstützen und damit gezielt fundierte Entscheidungen zu ermöglichen. Born/Kempf 5. Bildung und Berufstätigkeit 5.1 Schulische Bildung (Abb. 28). In letzteren verfügen fast ein Viertel über einen Volks- oder Hauptschulabschluss; dies trifft auf nur sieben Prozent der Angehörigen einkommensstarker Haushalten zu. Die Anteile der Bevölkerung mit mittlerer Reife sind weniger stark vom Einkommen abhängig. Die 61 Prozent der 18- bis 80-Jährigen mit Abitur oder Fachhochschulreife verteilen sich nicht gleichmäßig über das Stadtgebiet (Abb. 30). In Eltersdorf (Bezirk 50) verfügen rund 35 Prozent über die (Fach-)Hochschulreife, gefolgt von Büchenbach Dorf (Bezirk 76) mit einem Anteil von 41 Prozent und Büchenbach Nord (Bezirk 77) mit 43 Prozent. Spitzenreiter sind Loewenich (Bezirk 23) und der Bezirk Rathausplatz (Bezirk 03) mit je rund 86 Prozent sowie die Markgrafenstadt (Bezirk 02), wo 83 Prozent der Bevölkerung über die Fachhochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife verfügen. Betrachtet man die Bevölkerung, die über einen akademischen Doktorgrad verfügt, bezogen auf die gesamte Bevölkerung ab 25 Jahren, schneidet der Burgberg (Bezirk 20) - hier mit 13 Prozent - besonders gut ab (Abb. 31), gefolgt von Loewenich (Bezirk 23), der Reuth (Bezirk 71) und dem Röthelheimpark (Bezirk 33). Schulbildung, Erwerbstätigkeit und Einkommen bilden den Kernbereich der sozioökonomischen Lage und sind eng miteinander verwoben: Die schulische Bildung bedingt die Chancen im Hinblick auf die Berufstätigkeit, welche wiederum unmittelbar Einfluss auf die ökonomische Situation des Haushalts hat. Da jedoch auf der anderen Seite das soziale Milieu die Bildungschancen beeinflusst, besteht eine Wechselwirkung zwischen Bildung und Einkommen: Eine gute Bildung gewährleistet ein gutes und geregeltes Einkommen, welches wiederum bei den Nachkommen die Chancen auf gute Bildung erhöht. Schulbildung nach Einkommen Abbildung 29 verdeutlicht den Zusammenhang von Schulbildung und Einkommen. Dargestellt ist die Verteilung der Schulabschlüsse auf die Bevölkerung zwischen 18 und 80 Jahren. Je höher das Nettoäquivalenzeinkommen, desto mehr überwiegen Hochschul- und Fachhochschulreife unter den Schulabschlüssen. Dagegen finden sich Volks- und Hauptschulabschlüsse überwiegend im unteren Einkommensbereich. Bei den ganz niedrigen Einkommen sind allerdings auch Personen mit (Fach-)Hochschulreife stark vertreten, was an der Vielzahl an Studentinnen- und Studenten in Erlangen liegt, die während des Studiums in der Regel ein geringes Haushaltseinkommen haben. Insgesamt verfügen 61 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger im Alter von 18 bis 80 Jahren über das Abitur oder die Fachhochschulreife. Dies trifft auf 72 Prozent der Bevölkerung in einkommensstarken Haushalten zu, jedoch nur auf 49 Prozent der Bevölkerung in einkommensschwachen Haushalten Gesamt 16 einkommensstarke Haushalte einkommensschwache Haushalte 7 3 0% kein Schulabschluss Übertritte Beim Besuch der Regel-Grundschule gilt das Sprengelprinzip, nach dem jeder Grundschüler in der Regel die Schule besucht, in deren Sprengel sein Hauptwohnsitz liegt. Es ist somit zu erwarten, dass sich die Ungleichheit der räumlichen Verteilung von Schulabschlüssen und Einkommen ebenso in den Übertritten nach der vierten Jahrgangsstufe widerspiegelt. Im Folgenden richtet sich der Fokus auf die Grundschulen und es werden die Übertritte nach der 22 61 20 24 72 24 20% Volks-/Hauptschule 40% 49 60% Mittlere Reife 80% 100% (Fach-)Hochschulreife Abb. 28: Schulabschlüsse nach Einkommensklassen 62 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 100% 90% 80% 70% (Fach-)Hochschulreife 60% 50% Mittlere Reife 40% 30% Volks-/Hauptschule 20% kein Schulabschluss 10% 0% niedriges Einkommen hohes Einkommen Abb. 29: Zusammenhang von Einkommen und Schulbildung unter 40 40 bis unter 48 48 bis unter 56 56 bis unter 64 64 bis unter 72 72 bis unter 80 80 und höher 80 81 80 81 82 82 10 70 77 12 10 70 01 04 76 21 20 11 71 78 73 unter 1 1 bis unter 3 3 bis unter 5 5 bis unter 7 7 bis unter 9 9 bis unter 11 11 und höher 73 42 43 62 32 63 Abb. 30: Anteil der 18- bis 80-Jährigen mit Hochschul- oder Fachhochschulreife nach Statistischen Bezirken 44 45 62 51 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 42 43 52 50 33 30 41 61 60 45 24 25 03 74 44 61 60 22 23 02 40 75 32 74 04 76 41 75 01 12 33 30 40 77 78 24 25 03 71 22 23 02 21 20 11 52 50 51 63 Abb. 31: Anteil der Bevölkerung ab 25 Jahren mit akademischem Doktorgrad nach Statistischen Bezirken 63 Abb. 32: Übertritte nach der vierten Jahrgangsstufe zum Schuljahr 2013/2014 nach Durchschnittseinkommen in den Grundschulsprengeln (Regressionsgeraden) vierten Jahrgangsstufe schulsprengelweise betrachtet in Zusammenhang mit dem durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommen in den Schulsprengeln. Zwischen den Durchschnittseinkommen der 15 Grundschulsprengel und den jeweiligen Übertritten auf das Gymnasium besteht ein sehr starker und hoch signifikanter Zusammenhang: Je höher das Durchschnittseinkommen, umso höher die Übertrittsrate auf das Gymnasium. Entsprechend umgekehrt ist der Zusammenhang zu den Übertritten auf die Mittelschule - ehemals Hauptschule. Abbildung 32 zeigt die Anteile für die Übertritte auf das Gymnasium, die Übertritte auf die Mittelschule und den Anteil der 30- bis 50-Jährigen mit (Fach-)Abitur nach durchschnittlichem Nettoäquivalenzeinkommen in den Grundschulsprengeln1. Dies soll anhand einiger konkreter Zahlen verdeutlicht werden: • Der Grundschulsprengel mit dem niedrigsten ProKopf-Einkommen - dieses liegt hier knapp ein Fünftel unter dem städtischen Durchschnitt - ist der Schulsprengel mit den niedrigsten Übertrittsraten auf das Gymnasium: Nur 22 Prozent der dortigen Schüler wechseln nach der vierten Jahrgangsstufe auf ein Gymnasium. • Der einkommensschwächste Schulsprengel liegt bei den Übertritten auf die Mittelschule an der Spitze: 59 Prozent besuchen ab der fünften Jahrgangsstufe eine Mittelschule. 1 Dargestellt sind hier die Regressionsgeraden. Jede Grundschule bildet einen Punkt, dessen Lage sich aus Durchschnittseinkommen und einem Anteil (z.B. Übertritte an das Gymnasium) ergibt. Die Regressionsgerade ist - vereinfacht dargestellt - die Linie zwischen diesen Punkten, die so optimiert ist, dass die Abstände von den Punkten zur Linie möglichst gering sind. 64 • Die höchste schulsprengelspezifische Übertrittsrate auf ein Gymnasium beträgt gut 80 Prozent. In diesem Schulsprengel liegt das Durchschnittseinkommen rund 13 Prozent über dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Es handelt sich um den Schulsprengel mit dem höchsten Durchschnittseinkommen. • Der einkommensstärkste Schulsprengel hat den zweithöchsten Anteil an 30- bis 50-Jährigen mit (Fach-)Hochschulreife: Rund 55 Prozent der 30- bis 50-Jährigen verfügen dort über diesen Abschluss. Nur im Schulsprengel mit dem zweithöchsten Einkommen liegt dieser Anteil noch um sieben Prozentpunkte höher. Einkommen nach Schulabschluss Abbildung 33 zeigt das Nettoäquivalenzeinkommen Vollerwerbstätiger und Teilzeitbeschäftigter nach Schulbildung und Geschlecht. Während die Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten insgesamt ein Pro-Kopf-Einkommen von 2.200 Euro haben, gibt es Abweichungen nach unten und nach oben je nach Schulabschluss: So liegt das ProKopf-Einkommen Beschäftigter mit Volks- oder Hauptschulabschluss rund 32 Prozent unter dem Durchschnitt. Während Beschäftigte mit mittlerer Reife zwölf Prozent unter dem Durchschnitt liegen, haben Beschäftigte mit Fachhochschulreife oder Abitur zehn Prozent mehr als der Durchschnitt zur Verfügung. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 3.000 € männlich weiblich Gesamt 2.500 € 2.000 € 1.500 € 1.000 € 500 € Volks-/Hauptschule Mittlere Reife (Fach-)hochschulreife 0€ alle Schulabschlüsse Abb. 33: Pro-Kopf-Einkommen Vollerwerbstätiger und Teilzeitbeschäftigter nach Schulbildung und Geschlecht Einkommen nach Geschlecht Das Nettoäquivalenzeinkommen von vollzeitoder teilzeitbeschäftigten Frauen liegt etwa fünf Prozent unter dem Durchschnitt. Das Einkommen von Männern liegt jedoch zehn Prozent über dem der Frauen. Über alle Schulabschlüsse hinweg verfügen die Männer über ein höheres Einkommen als die Frauen. Da bei der Berechnung der Nettoäquivalenzeinkommen die Zusammensetzung des Haushaltes berücksichtigt ist, handelt es sich hierbei nicht um die tatsächlichen Erwerbseinkommen. Sollen die realen geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede aufgezeigt werden, muss auf den Personenkreis zurückgegriffen werden, bei dem das Nettoäquivalenzeinkommen dem realen männlich weiblich Gesamt 3.000 € 2.500 € 2.000 € 1.500 € 1.000 € 500 € teilzeit beschäftigt voll erwerbstätig zusammen 0€ Abb. 34: Pro-Kopf-Einkommen in Einpersonenhaushalten nach Erwerbstätigkeit und Geschlecht 100% 90% 80% (Fach-)Hochschulreife 70% 60% 50% 40% Mittlere Reife 30% 20% Volks-/Hauptschule 2001 2002 2003 2004 10% 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 0% 2014 Jahr Abb. 35: Entwicklung der Schulabschlüsse der 18- bis 80-Jährigen Erlangerinnen und Erlanger seit 2001 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 65 Einkommen entspricht. Dies trifft auf Einpersonenhaushalte zu. In diesen treten die Einkommensunterschiede deutlicher hervor (Abb. 34). Nimmt man alle alleinlebenden Voll- und Teilzeitbeschäftigten zusammen, so verdienen Männer im Schnitt knapp 29 Prozent mehr als Frauen. Dieser Wert ist jedoch auch deshalb so hoch, weil der Anteil der Teilzeitbeschäftigung unter den Frauen deutlich höher ist als unter den Männern: Unter den alleinlebenden Voll- oder Teilzeitbeschäftigten sind 22 Prozent der Frauen teilzeit beschäftigt, bei den Männern sind es nur knapp zehn Prozent. Vergleicht man jedoch nur die Vollzeiterwerbstätigen, verdienen Männer immer noch 21 Prozent mehr als Frauen. So verfügt fast ein Viertel der Frauen mit Hauptschulabschluss über keinen beruflichen Abschluss; bei den Männern liegt dieser Anteil bei lediglich acht Prozent. Unter den Frauen finden sich hier vor allem ältere Frauen im Rentenalter. Gravierende Unterschiede finden sich auch bei den Fachschulabschlüssen; das sind Meister-, Techniker-, Wirtschafts-, Berufs- oder Fachakademieabschlüsse. Während 23 Prozent der Männer mit Volks- oder Hauptschulabschluss eine berufliche Fachschule absolviert haben, trifft dies auf lediglich drei Prozent der Frauen zu. Nicht ganz so gravierend sind diese Unterschiede zwischen den Männern und Frauen mit mittlerer Reife. Der Anteil der Fachschulabschlüsse bei den Frauen mit (Fach-)Hochschulreife ist höher als bei den Männern mit gleichem Schulabschluss. 82 Prozent der Männer mit (Fach-)Hochschulreife verfügen über einen (Fach-)Hochschulabschluss, was auf nur rund zwei Drittel der Frauen mit gleicher schulischer Vorbildung zutrifft. Abbildung 37 zeigt die prozentualen Abweichungen vom gesamtstädtischen Durchschnittseinkommen in Bezug auf bildungs- und erwerbsrelevante Merkmale. Auch hier zeigen sich bei Männern fast durchgehend höhere Durchschnittseinkommen. Besonders deutlich sind diese Unterschiede bezüglich des Schulabschlusses bei der Bevölkerung mit (Fach-)Hochschulreife. Deutliche Unterschiede finden sich auch bei den Berufsgruppen der mittleren und leitenden Angestellten. In der Berufsgruppe der un- bzw. angelernten Arbeiterinnen und Arbeiter ist das Verhältnis dagegen umgekehrt: Auch wenn das Einkommensniveau hier insgesamt stark unterdurchschnittlich ist, verfügen Frauen über rund elf Prozent mehr Nettoäquivalenzeinkommen als Männer. Bei Personen im Ruhestand liegt das Pro-Kopf-Einkommen bei Frauen im Schnitt um elf Prozent unter Entwicklung der Schulabschlüsse Abbildung 35 zeigt die Verteilung der Schulabschlüsse bei den 18- bis 80-Jährigen mit Schulabschluss seit dem jahr 2001. Hier ist ein deutlicher Trend zu höheren Schulabschlüssen erkennbar. Während im Jahr 2001 noch knapp 30 Prozent der 18- bis 80-Jährigen über einen Volks- oder Hauptschulabschluss verfügten, trifft dies im Jahr 2014 auf nur noch gut 13 Prozent zu. Dagegen verfügten im Jahr 2001 gut 43 Prozent der 18- bis 80-Jährigen mit Schulabschluss über Fachhochschulreife oder das allgemeine Abitur. Dieser Anteil ist auf 65 Prozent angestiegen. Ein besonders großer Anstieg ist in den vergangenen Jahren zu verzeichnen, was mit der starken Zunahme an Studienplätze an der Friedrich-Alexander-Universität zusammenhängt. 5.2 Berufliche Bildung Geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich auch im Übergang von schulischen auf berufliche Bildungsabschlüsse. Trotz gleicher schulischer Vorbildung verfügen Männer deutlich häufiger über höhere berufliche Bildungsabschlüsse als Frauen (Abb. 36). Männer mit Volks-/Hauptschulabschluss Frauen mit Volks-/Hauptschulabschluss Männer mit mittlerer Reife Frauen mit mittlerer Reife kein beruflicher Abschluss 7 20 70 6 0% 37 52 4 3 3 74 23 Männer mit (Fach-)Hochschulreife 2 6 Frauen mit (Fach-)Hochschulreife 23 69 8 10 14 4 82 15 20% berufliche Ausbildung 68 40% 60% Fachschule 80% 100% (Fach-)Hochschulabschluss Abb. 36: Berufliche Abschlüsse nach schulischen Abschlüssen und Geschlecht 66 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 dem der Männer. Hier spiegelt sich die Einkommensverteilung der Erwerbsphase wider: Die Erlanger verfügen insgesamt über rund zehn Prozent mehr Einkommen als die Erlangerinnen. männlich weiblich Schulabschluss Haupt-/Mittelschule -23% -29% -1% -8% (Fach-)Hochschulreife +17% Beruflicher Abschluss +3% Mittlere Reife kein Abschluss -36% -35% Berufsausbildung -12% -13% +6% -0% (Fach-)Hochschulabschluss +27% Berufsgruppe +18% Fachschule un-/angelernte Arbeiter/in -47% -42% einfache/r Angestellte/r -28% -30% Facharbeiter/in -18% -19% mittlere/r Angestellte/r +19% +11% leitende/r Angestellte/r +42% +35% +6% +2% vollzeitbeschäftigt +21% +17% veilzeitbeschäftigt -9% -4% in Berufsausbildung -40% -38% arbeitslos -52% -52% -1% -12% selbständig Entwicklung der beruflichen Abschlüsse Analog zur Entwicklung der schulischen Abschlüsse sind in Erlangen zunehmend höher qualifizierte Berufsgruppen vertreten. Während unter der Bevölkerung zwischen 18 und 80 Jahren mit beruflichem Abschluss im Jahr 2002 rund 42 Prozent eine Berufsausbildung absolviert haben, traf dies im Jahr 2014 auf nur noch 28 Prozent zu (Abb. 38). Der Anteil der Akademiker ist dagegen von einem Drittel auf knapp die Hälfte angestiegen. Der Bevölkerungsanteil ohne Berufsabschluss ist von zehn auf sechs Prozent gesunken. Erwebsstatus im Ruhestand Abb. 37: Abweichung vom durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommen nach Geschlecht und sozioökonomischen Merkmalen 100% 90% 80% (Fach-)Hochschulabschluss 70% 60% Fachschule 50% 40% 30% berufliche Ausbildung 20% 10% kein beruflicher Abschluss 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 0% 2014 Jahr Abb. 38: Entwicklung der beruflichen Abschlüsse der 18- bis 80-Jährigen Erlangerinnen und Erlanger seit 2002 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 67 6.Wohnen Gebäude- und Wohnungsstruktur Baualtersstruktur Gebäudestruktur Segregation Wohnfläche Mieten Belastung der Haushalte durch Mietkosten Sozialmietwohnungen Bevölkerung in Sozialmietwohnungen Aspekte des Wohnumfeldes 6.Wohnen In Erlangen gibt es aktuell ca. 18.800 Wohngebäude. Darunter sind alle Gebäude zu verstehen, in denen sich mindestens eine Wohnung befindet und der Anteil der Wohnfläche an der gesamten nutzbaren Gebäudefläche mehr als 50 Prozent beträgt. In diesen Wohngebäuden befinden sich rund 62.000 Wohnungen. 6.1 Gebäude- und Wohnungsstruktur Baualtersstruktur Gut 12 Prozent der Erlanger Wohngebäude sind neueren Datums und wurde ab dem Jahr 2000 fertiggestellt. 17 Prozent der Wohngebäude stammen aus den 70er Jahren, ein weiteres gutes Drittel aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende der 60er Jahre. Fast jedes fünfte Wohngebäude wurde vor 1950 errichtet. Abbildung 39 zeigt die räumliche Verteilung der Baualtersstruktur. Die Linien entsprechen den Grenzen der Statistischen Bezirke. Blau dargestellt sind die Altbaubestände, rot der neuere Gebäudebestand. Neben dem Altbaubestand in der Altstadt zeichnen sich die Ursprünge der einzelnen Ortsteile blau ab. Die neuere Stadtentwicklung zeigt sich vor allem im Westen Büchenbachs und im Röthelheimpark. Gebäudestruktur Bei 74 Prozent der Wohngebäude handelt es sich um Ein- oder Zweifamilienhäuser; in diesen wohnen 39 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger. Zehn Prozent wohnen in größeren Wohnblocks mit mehr als 20 Wohnungen. Die räumliche Verteilung der Wohnungsstruktur in Erlangen ist in Abbildung 40 dargestellt. Grün hervorgehoben sind die Gebiete, die (fast) ausschließlich mit Einfamilienhäusern bebaut sind, blau die Gebiete mit größeren Wohnblocks. Neben großflächigen Wohngebieten mit reiner Einfamilienhausbebauung gibt es starke Konzentrationen von großen Wohnblocks. Eine derart feingliedrige Darstellungsform ist in Bezug auf die sozialstrukturellen Merkmale, um die es in diesem Bericht geht, nicht möglich, da bei einem großen Teil der verfügbaren Daten der Statistische Bezirk als räumliche Einheit fungiert. Die innerhalb eines Bezirkes lebende Bevölkerung ist jedoch vielschichtig, so dass die Sozialstruktur 70 eines Bezirkes mehr oder weniger heterogen ist. Bei einer Perspektive auf Ebene der Statistischen Bezirke geht diese Heterogenität jedoch verloren. So liegt z.B. das Durchschnittseinkommen eines Bezirkes im Mittelfeld, wenn die eine Hälfte der Bevölkerung des Bezirkes ein extrem niedriges Einkommen hat, die andere Hälfte ein extrem hohes. Bei näherer Betrachtung ist aber zu erkennen, dass soziale Strukturen vor allem innerhalb geschlossener Wohnquartiere relativ homogen sind. Das vorliegende Datenmaterial - z.B. über die Verteilung der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung - lässt den Schluss zu, dass sich soziale Problemlagen innerhalb von Statistischen Bezirken vor allem in den Teilbereichen mit dichter Wohnbebauung und geringer Pro-Kopf-Wohnfläche konzentrieren. Dies kann zwar nicht verallgemeinert werden, sollte aber den Hintergrund bilden bei der Interpretation von Daten auf Ebene der Statistischen Bezirke. Segregation Die ungleiche Verteilung der Haushaltseinkommen führt zu einer räumlichen Ungleichverteilung verschiedener Bevölkerungsschichten. Je geringer die verfügbaren finanziellen Mittel, umso geringer müssen die Ansprüche an den Wohnraum sein. Tendenziell ist es so, dass innerhalb des Stadtgebietes die Mieten dort günstiger sind, wo der Wohnraum geringere Qualität aufweist und das Wohnumfeld unattraktiver ist. Eine einkommensarme Familie kann sich ein Eigenheim nicht leisten, sondern muss auf bezahlbaren Wohnraum zurückgreifen, der eben unter Umständen in einem anonymen Wohnblock mit Ausblick auf die Autobahn zu finden ist. Somit korrespondiert die soziale Distanz von Bevölkerungsgruppen mit einer räumlichen Distanz. Dies bezeichnet man im Allgemeinen als „räumliche Segregation“. Soziale Gruppen sind entlang der ökonomischen Linie räumlich getrennt: Zugespitzt formuliert finden sich auf der einen Seite sozial benachteiligte Milieus, auf der anderen Seite gehobene Bildungsschichten. Wohnfläche Vergleicht man die in Abbildung 41 kleinräumig dargestellten Pro-Kopf-Wohnflächen und die in Abbildung 40 gezeigte Wohnungsstruktur mit der Verteilung von Einkommen oder Bildung, zeigen sich Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 vor 1925 ab 2000 Abb. 39: Gebäudebestand nach Baujahr Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 71 deutliche Zusammenhänge. Wenn man die Statistischen Bezirke in vier gleich große Gruppen anhand des durchschnittlichen Einkommens einteilt, ergibt sich für die Bewohner der einkommensschwächsten Bezirke eine Pro-Kopf-Wohnfläche von 36,6 m², während den Bewohnern der einkommensstärksten Bezirke 42,5 m² zur Verfügung stehen. Gesamtstädtisch liegt der Durchschnitt bei 40,1 m². Auch die Wohnungsstruktur ist deutlich verschieden: Von sämtlichen Wohnblocks in Erlangen mit mehr als 20 Wohnungen liegen 19 Prozent in den einkommensstärksten Bezirken, jedoch 45 Prozent in den einkommensschwächsten Bezirken. 6.2 Mieten Abbildung 42 zeigt für die Statistischen Bezirke die prozentualen Abweichungen der durchschnittlichen Wohnungsmieten von der gesamtstädtischen Durchschnittsmiete. Es handelt sich dabei um Wohnungsmieten auf dem freien Wohnungsmarkt; nicht Einfamilienhäuser große Mehrfamilienhäuser Abb. 40: Anzahl der Wohnungen je Wohngebäude 72 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 berücksichtigt sind hier also unter anderem die Sozialmietwohnungen und die Heime. Aus Mieterperspektive schneidet Bierlach (Bezirk 45) bei den Durchschnittsmieten am besten ab: Vor allem im südlichen Teil von Bierlach liegen die Wohnungsmieten unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Deutlich unterdurchschnittliche Mieten finden sich außerdem in Steinforst (Bezirk 12), Sebaldus (Bezirk 32), Forschungszentrum (Bezirk 43) und Büchenbach Dorf (Bezirk 76). Am anderen Ende des Mietpreisspektrums befindet sich die Markgrafenstadt (Bezirk 02), gefolgt von Loewenich (Bezirk 23), der Altstadt (Bezirk 01), Stubenloh (Bezirk 25) und dem Röthelheimpark (Bezirk 33). Im innerstädtischen Bereich sind die Mieten so hoch, da hier aufgrund der hohen Dichte an Studentinnen und Studenten viele kleine Wohnungen existieren, bei denen der Quadratmeterpreis deutlich über dem Durchschnitt liegt. Auch bei den Mietpreisen zeigt sich innerhalb der Statistischen Bezirke eine gewisse Heterogenität. niedrig hoch Abb. 41: Verteilung der Wohnfläche pro Kopf Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 73 Von den befragten 18- bis 80-Jährigen gaben 54 Prozent an, zur Miete zu wohnen. Von diesen gab nur gut ein Prozent an, dass die Mietkosten eine sehr geringe Belastung für ihren Haushalt darstellen würden. Teilt man die Befragten nach ihrem Nettoäquivalenzeinkommen in drei gleich große Gruppen ein, zeigen sich deutliche, aber moderate Unterschiede (Abb. 43). Während im unteren Einkommensdrittel 82 Prozent die Belastung des Haushaltseinkommens durch Mietzahlungen als „hoch“ oder „sehr hoch“ einschätzen, ist dies im oberen Einkommensdrittel bei „lediglich“ 68 Prozent der Fall. Nur ein Bruchteil der Befragten gibt an, dass die Miete eine nur sehr geringe Belastung darstellt. Befragte, die die Wohnungsmiete als sehr hohe Belastung einschätzen, haben im Schnitt 32 Prozent ihres Haushaltseinkommens zur freien Verfügung. Diejenigen, die die Belastung hingegen als gering oder sehr gering einschätzen, können über durchschnittlich 48 Prozent ihres Einkommens frei verfügen. unter -15 -15 bis unter -9 -9 bis unter -3 -3 bis unter 3 3 bis unter 9 9 bis unter 15 15 und höher 80 81 82 10 70 11 71 77 78 01 04 12 73 76 22 23 02 24 25 03 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 21 20 45 62 52 51 50 63 6.3 Sozialmietwohnungen Abb. 42: Abweichung der durchschnittlichen Wohnungsmieten in den Bezirken vom gesamtstädtischen Durchschnitt in Prozent Sozialwohnungen sind mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohnungen für Mieter mit geringem Einkommen. Voraussetzung für den Anspruch auf eine Sozialmietwohnung ist die Unterschreitung einer Einkommensgrenze. Ein Anspruch auf eine Sozialwohnung besteht damit jedoch trotzdem nicht. Der Bestand an Sozialmietwohnungen ist seit Jahren rückläufig: Während in Erlangen aktuell gut 3.000 Sozialmietwohnungen existieren, waren es zehn Jahre zuvor noch knapp 5.000 (Abb. 44). Die Verteilung der Sozialmietwohnungen über das Stadtgebiet zeigt in manchen Gebieten starke Konzentrationen (Abb. 45). Rund 42 Prozent des gesamten Bestandes an Sozialmietwohnungen in Erlangen befindet sich in Büchenbach, davon wiederum zwei Drittel allein in Büchenbach Nord (Bezirk 77). Damit ist jede dritte Wohnung in Büchenbach Nord eine Sozialmietwohnung. Ein weiteres Fünftel der Sozialmietwohnungen befindet sich am Anger (Bezirk 40), zwölf Prozent Die Statistischen Bezirke sind hierarchisch weiter untergliedert in jeweils mehrere Statistische Distrikte. Betrachtet man die Mietpreise auf Ebene der Statistischen Distrikte - sofern diesbezüglich aufgrund der Datenlage zuverlässige Aussagen möglich sind, ergeben sich die günstigsten Mieten bei den Mietwohnungen in Bierlach, die südlich der Äußeren Tennenloher Straße liegen, die teuersten Mieten im nordwestlichen Teil Stubenlohs. Belastung der Haushalte durch Mietkosten Im Rahmen der Bürgerbefragung 2014 wurden die Erlangerinnen und Erlanger gefragt, ob sie zur Miete wohnen und wie sie die Belastung ihres Haushaltes durch die Mietkosten einschätzen. Einkommensniveau insgesamt 21 unteres Drittel 55 28 mittleres Drittel 54 17 oberes Drittel 16 60 15 0% 22 22 53 20% sehr hohe Belastung 40% hohe Belastung 31 60% geringe Belastung 80% 100% sehr geringe Belastung Abb. 43: Belastung des Haushaltseinkommens durch Wohnungsmieten nach Einkommensniveau 74 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 7.000 6.000 keine Sozialwohnungen unter 5 5 bis unter 10 10 bis unter 15 15 bis unter 20 20 und höher 80 81 5.000 Sozialmietwohnungen 82 4.000 10 70 3.000 11 71 77 78 01 04 12 2.000 wohnungssuchende Haushalte 73 76 33 30 41 42 32 43 44 61 60 45 62 Abb. 44: Anzahl der Sozialmietwohnungen in Erlangen und der wohnungssuchenden Haushalte nach Jahr 24 25 03 74 0 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 22 23 02 40 75 1.000 21 20 52 51 50 63 in Bachfeld (Bezirk 44). In den Bezirken Anger und Bachfeld handelt es sich bei jeweils 18 Prozent des Wohnungsbestandes um Sozialmietwohnungen. Jede zehnte Person mit Hauptwohnsitz in Erlangen bewohnt eine Sozialmietwohnung. Vergleicht man Bevölkerungs- und Haushaltsstruktur zwischen den Bewohnern von Sozialwohnungen und der gesamtstädtischen Bevölkerung, zeichnet sich ein - wenn auch sicher unvollständiges - Bild der Bevölkerung ab, die potenziell besonderen Problembelastungen ausgesetzt ist. Abb. 45: Anteil an Sozialmietwohnungen am Wohnungsbestand nach Statistischen Bezirken Verteilung: Familien, darunter insbesondere Alleinerziehende - sind in Sozialmietwohnungen überrepräsentiert (Abb. 46). Jeder vierte Alleinerziehendenhaushalt lebt in einer Sozialmietwohnung. Abbildung 47 zeigt die Alterszusammensetzung der Bevölkerung in Sozialmietwohnungen im Vergleich zur gesamten Hauptwohnungsbevölkerung. Personen im Alter von 20 bis Mitte 30 sind in Sozialwohnungen unterrepräsentiert, was vermutlich auf den hohen Studentenanteil in dieser Altersklasse zurückzuführen ist; Studenten bewohnen in der Regel keine Bevölkerung in Sozialmietwohnungen Die Verteilung von Haushaltstypen in Sozialmietwohnungen unterscheidet sich von der gesamtstädtischen 50% Haushalte in Sozialmietwohnungen Haushalte insgesamt 40% 30% 20% 10% 0% Einpersonenhaushatle (Ehe-)Paare ohne Kind (Ehe-)Paare mit Kind Alleinerziehendenhaushalte sonstige Mehrpersonenhaushalte Abb. 46: Haushaltstypen in Sozialmietwohnungen im Vergleich zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 75 Sozialmietwohnungen. Deutlich überrepräsentiert in Sozialmietwohnungen sind hingegen Kinder und Jugendliche. Betrachtet man die Altersstruktur innerhalb der verschiedenen Haushaltstypen, zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Bewohnern von Sozialmietwohnungen und der Gesamtbevölkerung. Während gesamtstädtisch betrachtet ein beträchtlicher Teil der Singlehaushalte alleinlebende Erlangerinnen und Erlanger im Studentenalter sind - der Spitzenwert ist hier bei den 26-Jährigen zu finden, sind bei Einpersonenhaushalten in Sozialmietwohnungen Personen ab 45 Jahren überrepräsentiert. Dies trifft vor allem auf alleinstehende Frauen zu (Abb. 48). Unter den Familien sind vor allem die jüngeren Familien häufiger auf eine Sozialmietwohnung angewiesen: Sowohl bei den vollständigen Familien (Abb. 49) als auch bei den Alleinerziehendenhaushalten (Abb. 50) ist die Bevölkerung in Sozialmietwohnungen im Vergleich zur gesamtstädtischen Verteilung in der Alterspyramide um einige Jahre nach unten verschoben und entsprechend jünger. Männer 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 20 15 Männer Frauen 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10 0 0 10 20 15 10 5 5 10 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 15 Bevölkerung in Sozialmietwohnungen (Ehe-)Paare mit Kindern in Sozialmietwohnungen Hauptwohnungsbevölkerung (Ehe-)Paare mit Kindern insgesamt Abb. 47: Altersstruktur der Bewohner von Sozialmietwohnungen im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung zum 31.12.2014 76 20 Abb. 48 Altersstruktur von Einpersonenhaushalten in Sozialmietwohnungen im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung zum 31.12.2014 Frauen 5 5 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 15 Einpersonenhaushalte insgesamt Im Folgenden wird der Wohnungsbestand nach Statistischen Bezirken anhand eines Punktesystems typisiert. Dabei wird jeweils ein Punkt vergeben, wenn die Pro-Kopf-Wohnfläche weniger als 40 m² beträgt, 10 10 5 5 10 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung Einpersonenhaushalte in Sozialmietwohnungen 6.4 Aspekte des Wohnumfeldes Männer Frauen 20 Abb. 49: Altersstruktur von Paarhaushalten mit Kindern in Sozialmietwohnungen im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Männer Frauen Wohnungssituation ist tendenziell... 90 gut durchschnittlich unterdurchschnittlich schlecht 80 80 81 70 82 60 10 70 50 71 77 78 12 73 76 30 42 32 43 44 61 45 0 62 20 33 30 41 10 15 10 5 5 10 15 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 24 25 03 74 60 20 22 23 02 40 75 20 25 01 04 40 21 20 11 25 52 50 51 63 Alleinerziehendenhaushalte in Sozialmietwohnungen Alleinerziehendenhaushalte insgesamt Abb. 50: Altersstruktur von Alleinerziehendenhaushalten Sozialmietwohnungen im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung zum 31.12.2014 der Anteil der Bevölkerung in großen Wohnblocks mehr als zehn Prozent beträgt oder wenn mehr als zehn Prozent der Bevölkerung in Sozialmietwohnungen leben. Heime bleiben hier unberücksichtigt. Somit ergibt sich für jeden Statistischen Bezirk eine Punktzahl, die Werte von „0“ (tendenziell gute Wohnungssituation) bis „3“ (tendenziell schlechte Wohnungssituation) annehmen kann1. Während in einer Vielzahl Statistischer Bezirke kein einziger dieser drei Punkte zutrifft (Abb. 51), sind in den Bezirken Büchenbach Nord (Bezirk 77), Anger (Bezirk 40) und Tal (Bezirk 04) sowohl die Anteile der Bevölkerung in Sozialmietwohnungen und großen Wohnblocks hoch, als auch die durchschnittlichen Wohnflächen gering. Werden im Kontext dieser räumliche Verteilung der Wohnungssituation die Ergebnisse von Bürgerbefragungen analysiert, ergeben sich signifikante Zusammenhänge auch zu anderen „weichen“ Faktoren des Wohnumfeldes. So besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Wohnungssituation und der gefühlten Sicherheit im Wohngebiet in der Nacht. In den Bezirken 1 Die bezirksinterne Heterogenität von Wohnungsbestand und auch Wohnumfeld wird hier nicht betrachtet, da die Datenlage weiterer Auswertungen lediglich Aussagen auf Ebene Statistischer Bezirke zulässt. Es ist davon auszugehen, dass die dargestellten Zusammenhänge sich noch stärker zeigten, wenn die Datengrundlage eine bessere räumliche Differenzierung zulassen würde. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Abb. 51: Typisierung des Wohnungsbestandes nach Statistischen Bezirken mit guter Wohnsituation geben rund zwölf Prozent der Befragten an, sich nachts in ihrer Wohngegend „eher“ oder „sehr“ unsicher zu fühlen, wenn sie alleine unterwegs sind. In den Bezirken mit schlechter Wohnungssituation trifft dies hingegen auf fast ein Drittel der Befragten zu. Die Personen, die nach Einbruch der Dunkelheit alleine in Erlangen unterwegs sind, um Freizeitaktivitäten nachzugehen, wurden gefragt, ob sie dabei Angst haben, Opfer einer Straftat zu werden. Während in den Bezirken mit guter Wohnungssituation nur gut ein Prozent der Befragten sagen, dies sei „häufig“ oder „(fast) immer“ der Fall, trifft dies auf fünf Prozent der Befragten in den Bezirken mit schlechter Wohnungssituation zu. Deutliche Unterschiede zeigen sich auch bei der Belastung durch nächtliche Ruhestörung durch Nachbarn. In Bezirken mit guter Wohnungssituation sehen vier Prozent Lärm aus der Nachbarschaft als ein „ziemliches“ oder „großes“ Problem, in Bezirken mit schlechter Wohnungssituation sind es hingegen 17 Prozent. In einer subjektiven Einschätzung der Zufriedenheit mit den Wohnverhältnissen auf einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden) ergibt sich für das Jahr 2014 ein Durchschnittswert von 7,8 für die Bezirke mit guter Wohnsituation. Die Bevölkerung der Bezirke mit eher schlechter Wohnsituation kommt hier auf einen durchschnittlichen Zufriedenheitswert von 6,7. 77 7. Sozialstaatliche Absicherung Arbeitslosengeld I Kleinräumige Entwicklung Hartz IV Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Haushaltsstruktur Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Schulabschluss Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Staatsangehörigkeit Kleinräumige Verteilung Kleinräumige Entwicklung Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 7. Sozialstaatliche Absicherung Durch das im Grundgesetz verankerte Sozialstaatsprinzip (Art. 20) ist die Bundesrepublik Deutschland dazu verpflichtet, soziale Gesichtspunkte bei der Umsetzung des Verwaltungshandelns zu berücksichtigen. Ein breites Spektrum sozialstaatlicher Regelungen zielt mit präventiven und unterstützenden Maßnahmen darauf ab, soziale Gerechtigkeit zu verbessern. Wesentliche sozialstaatliche Stützen sind im Sozialgesetzbuch (SGB) festgelegt. Dort finden sich neben anderen Leistungen: SGB III: Arbeitsförderung Das dritte Buch des Sozialgesetzbuches regelt die Arbeitslosenversicherung und ist die Arbeitsgrundlage der Bundesanstalt für Arbeit. Ein Anspruch auf das sogenannte „Arbeitslosengeld I“ erwerben sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, wenn sie bestimmte Voraussetzungen wie Mindestbeitragszeiten erfüllen. Der Bezug von Arbeitslosengeld I ist jedoch zeitlich eng begrenzt. Nach Beendigung der Anspruchsberechtigung erfolgt eine Überleitung in den Rechtskreis des SGB II. SGB II: Grundsicherung für Arbeitssuchende Die Grundsicherung für Arbeitssuchende ist auch als „Arbeitslosengeld II“ bzw. „Hartz IV“ bekannt und dient der Absicherung eines definierten Existenzminimums. Der Begriff „Arbeitslosengeld II“ ist dabei etwas irreführend, denn anspruchsberechtigt sind auch Erwerbstätige, wenn deren Einkommen nicht zur Deckung des Existenzminimums reicht. Betrachtet werden dabei immer Bedarfsgemeinschaften. Leistungen an nicht erwerbsfähige Mitglieder von Bedarfsgemeinschaften werden als „Sozialgeld“ bezeichnet. SGB XII: Sozialhilfe Das SGB XII umfasst im Wesentlichten Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter oder bei dauerhafter Erwerbsminderung, Hilfen zur Gesundheit und zur Pflege sowie Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Die Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung hat die Intention, das Existenzminimum bei denjenigen zu sichern, die keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende erhalten. Dies umfasst Menschen ab 65 Jahren und 80 dauerhaft voll Erwerbsgeminderte zwischen 18 und 65 Jahren, sofern ihre Einkünfte unterhalb des Existenzminimums liegen. Auch die Hilfe zum Lebensunterhalt soll das Existenzminimum gewährleisten und richtet sich an Personen, die weder Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitssuchende, noch auf Grundsicherung im Alter und bei dauerhafter Erwerbsminderung haben. Einzelleistungen Neben den Regelungen im Sozialgesetzbuch existiert eine Vielzahl an Einzelleistungen: Wohngeld, Kindergeld, Elterngeld, Ausbildungsförderung etc. Dunkelfeld Das breite Spektrum an Sozialleistungen lässt den Eindruck entstehen, dass jeder Bürger der Bundesrepublik Deutschland mindestens auf dem Niveau des Existenzminimums leben würde. Dies verkennt jedoch Folgendes: Zum Einen ist zwar ein Existenzminimum definiert, doch die Regelsätze repräsentieren lediglich ein statistisch gemitteltes Verbrauchsverhalten. Dieses Existenzminimum deckt somit zwar den Regelfall ab, dieser entspricht aber oft nicht der individuellen Realität. Insbesondere umfasst der Regelsatz auch einen Betrag, der monatlich angespart werden müsste für den Fall größerer Anschaffungen. Dass es die Lebensrealität vieler Menschen nicht zulässt, einen Teil der knapp bemessenen Sozialleistungen für die nächste Waschmaschine anzusparen, liegt auf der Hand. Darüber hinaus ist das Konzept des Existenzminimums dauerhafter Kritik ausgesetzt, denn es gibt durchaus unterschiedliche Ansichten über die Charakteristik eines menschenwürdigen Lebens. Zum Anderen gibt es Menschen, die unterhalb des Existenzminimums leben, jedoch keine sozialstaatliche Unterstützung in Anspruch nehmen: Angst vor Stigmatisierung, Unkenntnis bezüglich der Ansprüche oder Scham spielen oft eine Rolle, wenn zustehende Leistungen nicht beansprucht werden. Daraus resultiert eine „verdeckte Armut“; die in manchen Fällen aber auch sehr offensichtlich ist; sie ist jedoch kaum messbar. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 7.1 Arbeitslosengeld I Abhängig Beschäftigte zahlen in der Regel Beiträge in die Arbeitslosenversicherung. Das Arbeitslosengeld I ist die primäre Leistung im Falle der Arbeitslosigkeit. Das im dritten Sozialgesetzbuch geregelte Arbeitslosengeld I ist jedoch an bestimmte Voraussetzungen geknüpft: Anspruchsberechtigt ist, wer in keinem Beschäftigungsverhältnis mehr steht, der Agentur für Arbeit für Vermittlungsbemühungen zur Verfügung steht und sich selbst um Arbeit bemüht. Um Geldleistungen überhaupt zu erhalten, müssen in den zwei vorhergehenden Jahren mindestens zwölf Beitragsmonate vorhanden sein. Die Höhe des Arbeitslosengeldes beträgt 60 Prozent des durchschnittlichen letzten Einkommens bei kinderlosen Arbeitslosen und 67 Prozent bei Arbeitslosen mit Kindern. Der Leistungsbezug ist zeitlich beschränkt und richtet sich einerseits nach der Dauer der vorhergehenden versicherungspflichtigen Beschäftigung, andererseits nach dem Lebensalter. Wer vor Eintritt der Arbeitslosigkeit maximal zwölf Monate lang Beiträge zur Arbeitslosenversicherung geleistet hat, erhält das Arbeitslosengeld I für lediglich sechs Monate. Bei unter 50-Jährigen kann die Anspruchsdauer auf zwölf Monate erhöht werden bei mindestens 24 Monaten vorausgehender Beitragszahlungen. Bei Arbeitslosen ab 50 Jahren ist auch eine höhere Anspruchsdauer möglich; die geht bis maximal 24 Monate bei Arbeitslosen, die das 58. Lebensjahr vollendet haben und mindestens 64 Beitragsmonate im Zeitraum vor Eintritt der Arbeitslosigkeit aufweisen können. Im Dezember 2014 waren in Erlangen 2.386 Menschen offiziell von Arbeitslosigkeit betroffen, davon 820 Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld I und 1.566 Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld II. Aufgrund der beschränkten Anspruchdauer für Arbeitslosengeld I ist der Anteil der Arbeitslosen mit Arbeitslosengeld II-Bezug - im allgemeinen Sprachgebrauch auch Hartz IV-Empfänger - größer. Unter den Arbeitslosen befinden sich 46 Prozent Frauen und 24 Prozent mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Bei 41 Prozent der Arbeitslosen handelt es sich um Langzeitarbeitslose, also Personen, die länger als ein Jahr arbeitslos gemeldet sind. Die Bundesagentur für Arbeit errechnete für das Jahr 2014 für die Stadt Erlangen eine Arbeitslosenquote Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 von 4,1 Prozent aller zivilen Erwerbspersonen, wobei hier Arbeitslose mit Bezug von Arbeitslosengeld I und Arbeitslose mit Bezug von Arbeitslosengeld II enthalten sind. Die kleinräumige Betrachtung (Abb. 52) zeigt Konzentrationen vor allem in den Bezirken Schönfeld (Bezirk 42), Bachfeld (Bezirk 44), Rathenau (Bezirk 41) und Büchenbach Dorf (Bezirk 76). Die Bezirke am Stadtrand mit ebenfalls hohen Anteilen können vernachlässigt werden, da hier die Fallzahlen gering sind. Kleinräumige Entwicklung Abbildung 53 zeigt die Entwicklung der Anteile der Arbeitslosengeld I-Bezieherinnen und -Bezieher an der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren nach Statistischen Bezirken seit dem Jahr 2008. Kontinuierliche Entwicklungen sind dabei kaum unter 0,6 0,6 bis unter 0,8 0,8 bis unter 1 1 bis unter 1,2 1,2 und höher 80 81 82 10 70 71 77 78 01 04 12 73 76 21 20 11 22 23 02 24 25 03 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 45 62 52 50 51 63 Abb. 52: Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld I an der Bevölkerung von 15 bis unter 65 Jahren zum 31.12.2014 81 •Hartz IV: Zusammenlegung von Sozialhilfe für erwerbsfähige Menschen und Arbeitslosenhilfe zum Arbeitslosengeld II. Vor Einführung von Hartz IV wurde an Arbeitslose, die keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld hatten, Arbeitslosenhilfe ausbezahlt. Die Arbeitslosenhilfe betrug 53 bzw. - bei Kindern im Haushalt - 57 Prozent des letzten Leistungsentgeltes. Die Anspruchsdauer der Arbeitslosenhilfe war im Grund unbegrenzt. Im Gegensatz dazu stellt Hartz IV eine deutliche Verschlechterung dar, denn das Arbeitslosengeld II liegt nur leicht über dem früheren Sozialhilfeniveau und wird vermögens- und einkommensabhängig bewilligt. Die Leistungen richten sich nach einem Regelsatz, dem Mehrbedarf, der z.B. bei werdenden Müttern berücksichtigt wird, sowie den Kosten für Unterkunft und Heizung. Betrachtet werden immer Bedarfsgemeinschaften, zu denen neben der erwerbsfähigen hilfebedürftigen Person noch Lebenspartner oder Lebenspartnerin und die im Haushalt lebenden unverheirateten minderjährigen Kinder zählen, die für die Sicherung ihres Lebensunterhalts selbst nicht aufkommen können. Hartz IV betrifft die Bevölkerungsgruppe, die ihr 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Für ältere, die über unzuAbb. 53: Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Arbeitslosengeld I reichende Mittel zur Bestreitung des an der Bevölkerung von 15 bis unter 65 Jahren seit 2008 nach Statistischen Bezirken Lebensunterhalts verfügen, ist vor allem die Grundsicherung im Alter relevant. feststellbar. Dies hat mit der zeitlichen EinschränZum 31.12.2014 gab es in Erlangen gut 4.600 kung der Bezugsdauer zu tun: Der Personenkreis, Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger. Dies entder Arbeitslosengeld I beansprucht, ist größtenteils spricht einem Anteil von 5,3 Prozent an der Bevölkeim Folgejahr auf Arbeitslosengeld II (Hartz IV) angerung unter 65 Jahren. wiesen, wenn nicht bereits wieder berufstätig. Unter sozialstrukturellen Gesichtspunkten unterscheiden sich Hartz IV-Empfängerinnen und -Emp7.2 Hartz IV fänger deutlich vom Bevölkerungsdurchschnitt. Im Altersaufbau zeigt sich, dass Kinder unter den Ab dem Jahr 2002 brachte die Bundesregierung Hartz IV-Empfängern deutlich überrepräsentiert Gesetze zur Reform der Arbeitsmarktpolitik auf den sind. Auch im Vergleich zum gesamtstädtischen Weg. Diese „Gesetze für moderne Dienstleistungen Altersaufbau liegen die Kinderanteile weit über dem am Arbeitsmarkt“ sind heute eher unter der BezeichDurchschnitt (Abb. 54). Die Altersstruktur lässt darnung „Hartz I“ bis „Hartz IV“ bekannt: auf schließen, dass insbesondere Familien mit klei• Hartz I: Regelungen zur Zeitarbeit, Personalneren Kindern häufiger auf Sozialleistungen angeService-Agenturen, Erleichterung von neuen wiesen sind. Arbeitsformen. • Hartz II: Regelungen zu Mini- und Midijobs, ICHHartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach AG‘s sowie die Einrichtung von Jobcentern. Haushaltsstruktur • Hartz III: Umbau der Bundesanstalt für Arbeit in Abbildung 55 zeigt die Erlanger Hartz IV-Empfängeeine Bundesagentur für Arbeit. rinnen und -Empfänger nach der Haushaltsstruktur. Statistischer Bezirk 01 Altstadt 02 Markgrafenstadt 03 Rathausplatz 04 Tal 10 Heiligenloh 11 Alterlangen 12 Steinforst 20 Burgberg 21 Meilwald 22 Sieglitzhof 23 Loewenich 24 Buckenhofer Siedlung 25 Stubenloh 30 Röthelheim 32 Sebaldus 33 Röthelheimpark 40 Anger 41 Rathenau 42 Schönfeld 43 Forschungszentrum 44 Bachfeld 45 Bierlach 50 Eltersdorf 51 St. Egidien 52 Tennenlohe 60 Neuses 61 Frauenaurach 62 Kriegenbrunn 63 Hüttendorf 70 Kosbach 71 In der Reuth 73 Häusling 74 Steudach 75 Industriehafen 76 Büchenbach Dorf 77 Büchenbach Nord 78 Büchenbach West 80 Dechsendorf West 81 Dechsendorf Ost 82 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 0,7 0,8 1,1 0,8 0,9 1,5 0,6 0,4 1,0 0,8 0,7 0,7 0,8 0,7 0,6 0,8 0,8 0,9 0,7 1,1 1,0 1,0 1,8 1,1 1,3 1,2 2,3 1,1 0,9 1,4 1,0 0,7 1,3 1,5 0,8 0,8 1,3 1,3 0,7 1,1 1,0 1,1 1,1 1,9 1,0 1,1 1,7 1,4 1,1 0,6 0,8 0,8 0,6 0,9 1,1 0,7 0,9 1,4 0,0 0,5 0,0 0,5 1,4 1,1 1,6 1,2 1,2 1,4 1,5 0,9 0,8 0,8 0,6 0,8 1,3 1,4 1,1 1,1 1,2 1,3 1,0 1,5 1,6 0,9 0,6 0,7 0,6 0,8 0,9 1,0 0,8 1,4 1,4 1,7 1,4 1,4 1,6 1,3 0,9 1,0 0,7 0,7 1,0 1,4 1,1 0,7 1,4 0,9 0,9 1,2 1,2 1,1 1,8 2,4 1,6 1,1 1,9 1,7 1,1 1,0 1,6 1,3 1,2 1,9 1,8 1,6 1,6 2,7 1,9 1,4 1,7 1,6 1,9 1,2 1,2 0,4 0,9 1,1 0,9 1,0 1,6 1,8 1,4 1,1 1,6 1,1 1,7 1,6 2,1 1,5 1,3 1,2 1,7 1,4 1,4 2,1 1,2 1,0 1,3 1,0 0,9 0,5 0,5 0,0 1,1 1,7 0,6 1,6 0,9 1,6 1,0 1,1 1,0 1,2 1,0 0,9 0,9 0,0 0,0 0,9 2,5 0,0 1,6 1,8 1,5 1,1 1,3 1,3 1,1 1,0 1,2 0,9 0,5 1,3 1,4 0,8 1,3 2,1 1,2 0,2 1,0 1,0 1,6 1,0 1,3 1,2 0,3 0,3 0,5 0,9 0,9 1,4 0,4 0,9 1,2 1,5 0,4 3,0 3,0 1,4 0,0 0,0 0,7 0,0 1,5 1,0 1,0 0,0 0,5 0,5 1,1 0,0 2,9 5,6 0,0 0,0 0,0 0,0 1,5 1,9 1,2 1,4 1,4 1,7 1,6 1,5 2,1 1,8 1,4 1,7 1,5 1,2 0,7 1,0 1,0 0,4 0,9 0,9 0,8 0,9 1,8 1,1 1,1 1,0 1,6 1,2 0,4 1,5 1,1 1,1 1,5 1,2 1,1 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Männer Frauen 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 15 10 5 5 10 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 15 Hartz IV-Empfänger insgesamt Hauptwohnungsbevölkerung Abb. 54: Altersstruktur der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger im Vergleich zur Gesamtbevölkerung zum 31.12.2014 Männer Frauen Während gesamtstädtisch etwa jede fünfte Familie ein Alleinerziehendenhaushalt ist, dominieren Alleinerziehendenhaushalte bei den Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern stark. Auch das ungleiche Geschlechterverhältnis bei den Eltern wird hier wieder deutlich: Männer gibt es bei den Alleinerziehenden fast gar nicht. Dagegen ist das Geschlechterverhältnis bezüglich der Einpersonenhaushalte umgekehrt: Es gibt rund doppelt so viele männliche Single-Bedarfsgemeinschaften wie weibliche. Bei den Alleinerziehenden sind jüngere Mütter überrepräsentiert (Abb. 56). Auch bei den Paarhaushalten mit Kindern sind vor allem jüngere Familien häufiger auf Hartz IV angewiesen als ältere (Abb. 57). Dagegen sind bei den Einpersonenhaushalten Personen zwischen 40 und 65 Jahren überdurchschnittlich häufig vertreten (Abb. 58). Dies trifft insbesondere auf alleinstehende Männer zu. Junge Frauen im Alter von 20 bis 35 Jahren sind unterrepräsentiert. In Abbildung 59 sind die Anteile der Personen mit Hartz IV-Bezug nach Haushaltstyp und Geschlecht bzw. Nationalität dargestellt. Hier finden sich Extremwerte bei den Alleinerziehenden: 37 Prozent aller Alleinerziehenden mit einer ausländischen ersten Staatsangehörigkeit sind auf Hartz IV angewiesen. Dies trifft auf ein Viertel aller alleinerziehender Frauen unabhängig von ihrer Nationalität zu. Von allen Familien zusammen - das sind sowohl die Paarhaushalte mit mindestens einem Kind und die Männer 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10 0 0 15 10 Frauen 5 5 10 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 15 Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaft Paar-Bedarfsgemeinschaft mit Kind Paar-Bedarfsgemeinschaft ohne Kind Single-Bedarfsgemeinschaft sonstige Bedarfsgemeinschaft Abb. 55: Altersstruktur der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Haushaltstyp zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 25 20 15 10 5 5 10 15 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 20 25 Alleinerziehenden-Bedarfsgemeinschaft Alleinerziehendenhaushalt insgesamt Abb. 56: Altersstruktur der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger in Alleinerziehendenhaushalten im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung in Alleinerziehendenhaushalte zum 31.12.2014 83 Männer Männer Frauen Frauen 90 90 80 80 70 70 60 60 50 50 40 40 30 30 20 20 10 10 0 0 30 25 20 15 10 5 5 10 15 20 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 25 25 30 20 15 10 5 5 10 15 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung Paar-Bedarfsgemeinschaft mit Kind Single-Bedarfsgemeinschaft (Ehe-)paar mit Kind insgesamt Einpersonenhaushalte insgesamt Abb. 57: Altersstruktur der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger in Paarhaushalten mit Kindern im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung in Paarhaushalten mit Kindern zum 31.12.2014 20 25 Abb. 58: Altersstruktur der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger in Einpersonenhaushalten im Vergleich zur Hauptwohnungsbevölkerung in Einpersonenhaushalten zum 31.12.2014 Nicht-Deutsche Alleinerziehende 37 Alleinerziehende Frauen 25 Familien mit vier und mehr Kindern 22 Deutsche Alleinerziehende 20 Familien mit drei Kindern 10 Nicht-Deutsche in Paarhaushalten mit Kind 9 Alleinerziehende Männer 9 Männer in Einpersonenhaushalten 7 Nicht-Deutsche in Einpersonenhaushalten 7 Deutsche in Einpersonenhaushalten 6 18- bis unter 65-Jährige in ... Alleinerziehendenhaushalten mit Kind Familien mit einem Kind 5 Paarhaushalten mit mindestens einem Kind Familien mit zwei Kindern 5 Frauen in Einpersonenhaushalten 5 Familien Frauen in Paarhaushalten mit Kind 4 Männer in Paarehaushalten mit Kind 4 Nicht-Deutsche in Paarhaushalten ohne Kind 3 Deutsche in Paarhaushalten mit Kind 2 Männer in Paarhaushalten ohne Kind 1 Frauen in Paarhaushalten ohne Kind 1 Paarhaushalten ohne Kind Einpersonenhaushalten Deutsche in Paarhaushalten ohne Kind 1 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% Abb. 59: Hartz IV-Betroffenheitsquote der 18 bis unter 65-Jährigen nach Haushaltstyp, Geschlecht und Nationalität 84 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 und Beziehern von Hartz IV 19 Prozent im Alter von 30 bis unter 45 Jahren; von den nicht-deutschen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern fallen 34 Prozent in diese Altersklasse. Bei den deutschen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern finden sich verstärkt jüngere Familien mit kleinen Kindern, während bei den ausländischen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern ältere Familien öfter betroffen sind. Insgesamt sind 4,7 Prozent der Deutschen unter 65 Jahre und 7,8 Prozent der Nicht-Deutschen unter 65 Jahre auf Hartz IV angewiesen. Rund 24 Prozent aller Erlanger Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger haben eine nicht-deutsche erste Staatsangehörigkeit. Somit haben rund 3.400 Alleinerziehendenhaushalte - beziehen vor allem diejenigen mit mehr als zwei Kindern überdurchschnittlich oft Leistungen nach dem SGB II: Während fünf Prozent der Familien mit einem oder mit zwei Kindern auf Hartz IV angewiesen sind, trifft dies auf rund zehn Prozent der Familien mit drei Kindern und auf 22 Prozent der Familien mit mehr als drei Kindern zu. Vollständige Familien, also Paarhaushalte mit Kindern liegen dagegen unter dem Durchschnitt. Dies gilt jedoch nicht für Nicht-Deutsche in Paarhaushalten mit Kindern. Die Paarhaushalte ohne Kind sind eher selten auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen, da in diesen in der Regel mindestens ein Haushaltsmitglied erwerbstätig ist. Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Schulabschluss Männer Frauen 90 Betrachtet man die Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach ihrem Schulabschluss, zeigen sich gravierende Unterschiede zur Verteilung in der Gesamtbevölkerung unter 65 Jahren: 48 Prozent der Leistungsempfängerinnen und -empfänger verfügen über einen Volks- oder Hauptschulabschluss, 22 Prozent haben keinen Schulabschluss. Während zwei Drittel aller Erwachsenen unter 65 Jahren, die sich nicht mehr in schulischer Ausbildung befinden, über die Fachhochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife verfügen, trifft dies auf lediglich 16 Prozent der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger zu (Abb. 60). 80 70 60 50 40 30 20 Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Staatsangehörigkeit 10 Abbildung 61 zeigt die Altersstruktur der Hartz IVEmpfängerinnen und -Empfänger mit deutscher Staatsangehörigkeit im Vergleich zur Struktur der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Hier zeigen sich deutliche Unterschiede vor allem bei den Kindern und in der Altersklasse von ca. 30 bis 45 Jahren. So sind 39 Prozent der deutschen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger unter 18 Jahre alt, was auf „lediglich“ 24 Prozent der nicht-deutschen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger zutrifft. Dagegen sind unter den deutschen Bezieherinnen Hauptwohnungsbevölkerung 18 bis unter 65 Jahre 10 5 5 10 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung Deutsche Hartz IV-Empfänger Abb. 61: Altersstruktur der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Staatsangehörigkeit zum 31.12.2014 21 67 22 0% 15 Nicht-Deutsche Hartz IV-Empfänger 11 Hartz IV-Empfänger ab 18 Jahre kein Schulabschluss 0 15 47 20% Volks-/Hauptschulabschluss 40% 15 60% Mittlere Reife 80% 16 100% (Fach-)Hochschulreife Abb. 60: Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Schulabschlüssen im Vergleich zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 85 unter 2 2 bis unter 5 5 bis unter 8 8 bis unter 11 11 und höher 80 81 80 81 82 82 10 70 77 12 76 70 01 04 10 21 20 11 71 78 73 unter 2 2 bis unter 5 5 bis unter 8 8 bis unter 11 11 und höher 73 42 43 62 42 32 43 44 45 62 52 50 52 51 51 50 63 33 30 41 61 60 45 24 25 03 74 44 61 22 23 02 40 75 32 74 60 76 41 75 04 12 33 30 40 77 78 24 25 03 01 22 23 02 11 71 21 20 63 Abb. 62: Anteil der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger unter 15 Jahre an der Hauptwohnungsbevölkerung unter 15 Jahren zum 31.12.2014 Abb. 63: Anteil der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger von 15 bis unter 65 Jahren an der entsprechenden Hauptwohnungsbevölkerung zum 31.12.2014 Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger die deutsche Staatsangehörigkeit, gefolgt von 173 Erlangerinnen und Erlangern mit türkischer, 101 mit italienischer, 77 mit irakischer, 60 mit griechischer und jeweils gut 50 mit vietnamesischer oder rumänischer Nationalität. Die höchste Betroffenheitsquote haben dabei Menschen mit irakischer Staatsangehörigkeit: Rund 44 Prozent der in Erlangen lebenden Irakerinnen und Iraker erhalten Leistungen zur Grundsicherung. Die Extreme sind jedoch ähnlich verteilt: Zwölf Prozent in Büchenbach Nord, elf Prozent am Anger, zehn Prozent jeweils in Bierlach (Bezirk 45) und in Büchenbach Dorf. Da die Statistischen Bezirke nicht anhand sozialer Merkmalen eingeteilt wurden, sind auch bei der Verteilung der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger innerhalb der einzelnen Bezirke teilweise große Ungleichheiten festzustellen. Kleinräumige Verteilung Die Abbildungen 62 und 63 zeigen die Anteile der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger unter den Kindern und unter der Bevölkerung im „erwerbsfähigen“ Alter von 15 bis unter 65 Jahren nach Statistischen Bezirken. Bei den Kindern unter 15 Jahren finden sich besonders hohe Anteile in den Bezirken Büchenbach Nord (Bezirk 77) mit rund 33 Prozent, Büchenbach Dorf (Bezirk 76) mit 24 Prozent, Anger (Bezirk 40) mit 22 Prozent und Tal (Bezirk 04) mit 21 Prozent. Bei den 15- bis unter 65-Jährigen sind die Anteile insgesamt kleiner. 86 4,0% 2008 3,5% 2014 3,0% 2,5% 2,0% 1,5% 1,0% 0,5% 65 bis unter 70 Jahre 70 bis unter 75 Jahre 75 bis unter 80 Jahre 80 Jahre und älter 0,0% Abb. 64: Anteil der Empfänger und Empfängerinnen von Grundsicherung im Alter nach Altersklassen im Vergleich Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 unter 1 1 bis unter 2 2 bis unter 3 3 bis unter 4 4 und höher 80 81 80 81 82 82 10 70 77 12 76 70 01 04 02 42 43 62 42 32 43 62 52 50 51 63 44 45 52 50 33 30 41 61 60 45 24 25 03 74 44 61 60 22 23 02 40 75 32 74 04 76 41 75 01 12 73 33 30 77 78 24 25 40 11 71 21 20 22 23 03 10 21 20 11 71 78 73 unter -1 -1 bis unter -0,6 -0,6 bis unter -0,2 -0,2 bis unter +0,2 +0,2 bis unter +0,6 +0,6 bis unter +1 +1 und höher 51 63 Abb. 65: Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter an der Hauptwohnungsbevölkerung ab 65 Jahren außerhalb von Heimen zum 31.12.2014 nach Statistischen Bezirken Abb. 66: Entwicklung des Anteils der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter an der Bevölkerung ab 65 Jahren außerhalb von Heimen in den Jahren 2008 bis 2014 in Prozentpunkten nach Statistischen Bezirken So gut wie keine Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger gibt es in den Bezirken Steudach (Bezirk 74), Industriehafen (Bezirk 75), Meilwald (Bezirk 21), Häusling (Bezirk 73) und der Reuth (Bezirk 71). Im Bezirk Bachfeld ist jedoch andererseits der Anteil der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger im Alter von 55 bis unter 65 Jahren in den letzten Jahren leicht gestiegen. Kleinräumige Entwicklung Die in den Abbildungen 67 und 68 dargestellten Anteile der SGB II-Empfängerinnen und -Empfänger nach Altersklassen zeigen in einigen Bezirken deutliche Entwicklungstendenzen seit dem Jahr 2008. Bei den unter 15-Jährigen ist der Anteil im Bezirk Tal (Bezirk 04) von 19 Prozent auf 30 Prozent im Jahr 2013 angestiegen, im Jahr 2014 jedoch wieder auf 21 Prozent gesunken. Auch im Bezirk Schönfeld (Bezirk 42) stieg dieser Anteil an, während er in Bachfeld (Bezirk 44) in den letzten Jahren rückläufig war. Ein gravierender Anstieg des Anteils der unter 15-Jährigen Leistungsempfängerinnen und -empfänger wird in Büchenbach Dorf (Bezirk 76) verzeichnet: Dieser stieg von 12 Prozent im Jahr 2008 auf 24 Prozent im Jahr 2014. Bei den Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern im Alter von 15 bis unter 55 Jahren ist in Büchenbach Dorf ebenfalls ein Anstieg erkennbar, wenn auch auf niedrigerem Niveau. In der Buckenhofer Siedlung (Bezirk 24) nimmt dieser Anteil dagegen ab, ebenso in Bachfeld (Bezirk 44). Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 7.3Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung Im vierten Kapitel des zwölften Sozialgesetzbuches ist die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung geregelt. Zielgruppe sind sowohl bedürftige Menschen, die das Rentenalter erreicht haben, als auch jüngere Menschen, die dauerhaft voll erwerbsgemindert sind. Die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ähnelt der Hilfe zum Lebensunterhalt („Sozialhilfe“) mit dem Unterschied, dass bei der Grundsicherung im Alter auf den Unterhaltsrückgriff gegenüber Kindern (oder auch Eltern) verzichtet wird, es sei denn, diese verfügen über ein besonders hohes Jahreseinkommen von über 100.000 Euro. Mit der Einführung der Grundsicherung im Jahr 2003 sollte der „verschämten Armut“ bei älteren Menschen entgegengewirkt werden. Vor Einführung der Grundsicherung bestand das Problem, dass beim Bezug von Sozialhilfe auf das Vermögen der Kinder zurückgegriffen wurde. Es ist anzunehmen, dass die Dunkelziffer der 87 Nicht-Inanspruchnahme von Leistungen mit Einführung der Grundsicherung zurückgegangen ist, dass aber trotzdem weiterhin ein Dunkelfeld besteht1. Von den außerhalb von Heimen lebenden Erlangerinnen und Erlangern im Alter von 18 bis unter 65 Jahren beziehen 0,4 Prozent Leistungen aufgrund dauerhafter Vollerwerbsminderung. Grundsicherung im Alter beziehen 2,5 Prozent der Bevölkerung ab 65 Jahren außerhalb von Heimen. Die Empfängerinnen- und Empfängerquote ist in den vergangenen sechs Jahren um 0,6 Prozentpunkte angestiegen. Auch wenn die Quote insgesamt relativ niedrig erscheint, entspricht dies insgesamt einem Anstieg von 38 Prozent innerhalb nur weniger Jahre. Der Anteil der Männer unter der auf Grundsicherung im Alter angewiesenen Bevölkerung ist in den vergangenen sechs Jahren von 40 auf 43 Prozent angestiegen. Ein Drittel der Grundsicherungsempfängerinnen und -empfänger haben eine nicht-deutsche erste Staatsangehörigkeit und sind deshalb anteilsmäßig stark überrepräsentiert, weil in der Gesamtbevölkerung ab 65 Jahren der Ausländeranteil bei lediglich rund sieben Prozent liegt. Der Anstieg bei den Empfängerinnen und Empfängern von Grundsicherung im Alter wird sich vermutlich weiter fortsetzten, wenn zunehmend Menschen das Rentenalter erreichen, deren Erwerbsbiografien von prekären Beschäftigungsverhältnissen gekennzeichnet sind. Für diese These spricht die Entwicklung der altersspezifischen Empfängerinnen- und Empfängerquoten. Der Anteil der „Neu-Rentner“ im Alter von 65 bis unter 70 Jahren, die auf Grundsicherung im Alter angewiesen ist, lag im Jahr 2008 bei 1,9 Prozent und ist mittlerweile auf 3,5 Prozent angestiegen (Abb. 64). Es kommt der demografische Umstand hinzu, dass in den kommenden Jahren zunehmend die geburtenstarken Jahrgänge das Rentenalter erreichen unter 15 Jahre 15 bis unter 55 Jahre Statistischer Bezirk 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 01 Altstadt 4,9 4,0 3,9 3,4 2,6 4,2 6,3 2,6 3,4 3,2 2,9 2,8 2,5 2,5 02 Markgrafenstadt 5,0 4,5 5,0 4,4 5,3 5,0 7,5 2,0 1,7 1,6 1,3 1,4 1,4 1,6 03 Rathausplatz 2,4 0,0 3,1 3,8 3,6 2,9 2,0 1,7 1,7 1,6 0,8 1,4 0,4 0,9 04 Tal 19,1 20,7 21,7 25,2 26,0 30,0 20,9 5,9 7,4 7,9 6,8 7,2 7,7 7,2 10 Heiligenloh 1,5 1,0 1,6 1,3 2,1 1,8 1,3 0,9 0,8 0,8 0,5 0,9 0,8 0,9 11 Alterlangen 1,9 1,9 3,5 2,0 1,2 2,5 1,6 2,6 3,3 3,1 2,9 2,2 2,2 1,6 12 Steinforst 6,0 6,7 7,3 6,5 5,7 5,9 9,5 3,2 4,6 4,7 3,8 3,3 3,9 4,4 20 Burgberg 1,4 1,9 1,5 1,5 1,4 3,0 1,7 1,2 1,6 1,4 1,0 1,0 1,6 1,4 21 Meilwald 6,3 0,0 6,7 3,1 0,0 0,0 0,0 0,5 2,0 2,2 1,7 1,0 0,0 0,5 22 Sieglitzhof 3,9 3,9 3,8 4,5 4,9 3,8 3,6 1,6 1,9 1,9 2,0 2,1 2,0 2,1 23 Loewenich 1,6 1,0 0,0 0,0 2,4 3,0 2,6 1,7 2,1 1,6 1,7 1,9 2,8 2,5 24 Buckenhofer Siedlung 4,6 4,5 6,4 5,3 2,8 2,2 2,4 6,1 4,7 5,0 4,5 4,6 3,8 3,9 25 Stubenloh 1,3 0,9 0,3 0,3 0,3 0,3 0,9 1,8 1,4 1,2 0,8 0,8 0,8 0,9 30 Röthelheim 3,3 2,0 2,9 1,2 1,3 1,9 0,9 2,2 2,1 1,9 1,3 1,3 1,6 1,3 32 Sebaldus 4,2 4,9 5,3 3,6 2,4 3,7 3,2 1,7 2,2 2,1 1,6 1,4 1,4 1,6 33 Röthelheimpark 9,6 10,6 12,8 11,8 12,7 12,1 11,8 5,0 5,6 5,8 5,1 5,3 5,4 5,9 40 Anger 24,9 26,8 25,9 22,4 24,8 24,4 22,3 10,8 12,0 11,5 10,2 10,5 10,6 10,5 41 Rathenau 21,8 24,0 20,3 17,4 20,0 18,8 18,8 7,3 7,7 7,0 6,6 7,0 6,9 7,9 42 Schönfeld 12,6 12,4 14,3 14,7 14,4 16,1 16,4 5,2 5,7 6,3 5,4 5,6 6,3 6,3 43 Forschungszentrum 1,1 1,0 1,0 2,0 3,4 2,0 1,0 0,8 1,0 0,8 0,8 1,0 1,8 1,0 44 Bachfeld 14,0 13,8 14,7 13,9 12,2 11,1 12,1 6,6 7,7 7,9 6,9 5,0 4,8 5,3 45 Bierlach 18,4 19,3 18,3 16,3 18,8 19,5 18,9 10,3 12,0 10,4 9,7 10,5 11,5 11,0 50 Eltersdorf 3,7 2,7 2,3 1,7 1,9 2,5 1,7 1,5 1,9 1,7 1,7 1,7 2,0 2,0 51 St. Egidien 0,0 0,0 2,3 0,0 2,3 0,0 2,7 1,3 1,9 2,4 1,3 2,0 2,0 1,9 52 Tennenlohe 2,2 2,5 1,9 1,9 2,1 2,4 2,0 0,9 1,1 1,1 0,9 1,0 1,1 1,0 60 Neuses 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 10,3 8,8 1,2 1,2 1,1 1,1 1,1 3,1 3,1 61 Frauenaurach 5,5 6,2 5,8 5,5 2,1 4,0 4,2 2,8 3,5 3,1 2,6 1,4 2,2 2,0 62 Kriegenbrunn 0,0 0,5 2,4 0,0 0,6 0,7 0,7 0,9 2,1 2,1 1,5 1,2 1,3 1,8 63 Hüttendorf 2,2 1,0 1,1 2,0 2,1 3,4 2,1 0,8 0,9 1,6 1,6 1,6 1,3 1,8 70 Kosbach 0,0 0,7 0,0 0,0 0,9 0,9 3,0 0,2 0,6 0,2 0,2 0,4 0,6 0,9 71 In der Reuth 2,1 0,0 1,9 1,8 1,7 1,8 0,0 1,3 0,7 1,4 0,5 1,5 0,7 0,7 73 Häusling 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,8 0,8 74 Steudach 3,9 2,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 1,2 1,2 1,2 0,6 0,6 0,7 0,0 75 Industriehafen 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 76 Büchenbach Dorf 12,4 11,9 11,7 13,3 19,0 21,9 24,0 7,8 8,5 7,5 9,2 9,4 10,4 10,4 77 Büchenbach Nord 31,2 33,9 31,5 28,8 27,7 32,6 33,5 11,5 13,4 13,0 12,1 11,5 12,0 13,6 78 Büchenbach West 7,1 6,5 5,2 5,0 5,2 5,2 6,6 4,0 4,5 3,6 3,3 3,4 3,1 3,2 80 Dechsendorf West 0,4 0,9 0,4 0,8 2,2 2,8 3,4 1,3 1,3 0,4 0,5 1,0 1,1 0,7 81 Dechsendorf Ost 1,4 1,1 0,7 0,0 0,4 0,0 0,4 0,6 1,2 0,9 0,7 1,1 0,7 1,1 1 siehe z.B. IAB-Forschungsbericht 5/2013: „Simulationsrechnung zum Ausmaß der Nicht-Inanspruchnahme von Abb. 67:der Anteil der Hartz IV-Empfängerinnen im Alter unter 15 Jahren bzw. im Alter von 15 bis unter Leistungen Grundsicherung“. Hier wird die Quoteund der -Empfänger NichtInanspruchnahme auf 34 an bis der 43 Prozent geschätzt. InAltersgruppe der Literatur der Hauptwohnungsbevölkerung seit 2008 nach Statistischen 55 Jahren entsprechenden finden sich Schätzungen Bezirken von 30 bis 70 Prozent, was auf die große Unsicherheit in diesem Bereich hindeutet. 88 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Die kleinräumige Verteilung ist auf den ersten Blick nahezu identisch mit der des Sozialberichtes 2009; lediglich das Gesamtniveau ist gestiegen (Abb. 65). Die größten Anteile mit fünf bis elf Prozent finden sich in den Bezirken Tal (Bezirk 04), Büchenbach Dorf (Bezirk 78), Anger (Bezirk 40), Altstadt (Bezirk 01) und Büchenbach Nord (Bezirk 77). Von allen Erlangerinnen und Erlangern außerhalb von Heimen, die Leistungen zur Grundsicherung im Alter empfangen, leben 45 Prozent alleine in diesen fünf Bezirken. Bei näherer Betrachtung der Verteilungen der Grundsicherungsempfängerinnen und -empfänger der Jahre 2008 und 2014 zeigen sich jedoch auch kleinräumig unterschiedliche Entwicklungen. Während im Sozialbericht 2009 noch festgestellt wurde, dass mehr als zwei Drittel der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter in den Bezirken Büchenbach Nord und Anger leben, ist die Streuung mittlerweile größer geworden: Nur noch ein knappes Drittel der Grundsicherungsempfängerinnen und -empfänger finden sich heute in diesen beiden Bezirken. Der Anteil der Empfängerinnen und 55 bis unter 65 Jahre Empfänger von Grundsicherung im 2009 2010 2011 2012 2013 2014 Alter ist lediglich im innerstädtischen 9,1 8,6 7,3 6,7 7,9 6,7 Bereich leicht zurückgegangen 7,4 4,6 3,4 3,8 4,6 4,8 (Abb. 66). Auch wenn die absoluten 5,4 3,1 2,3 3,4 4,2 3,2 5,7 5,1 6,1 8,8 7,3 5,9 Fallzahlen hier zum Teil relativ gering 0,6 0,9 1,1 0,8 1,1 1,1 sind, gibt es Zunahmen um mehr als 1,3 1,6 2,1 2,5 2,5 2,4 die Hälfte in den Bezirken Bachfeld 2,1 2,3 2,3 2,0 1,3 1,0 (Bezirk 44), Altstadt (Bezirk 01), 0,6 0,3 0,3 0,9 1,5 0,6 Bierlach (Bezirk 45), Büchenbach 0,0 0,0 0,0 6,7 0,0 0,0 1,6 1,8 1,4 1,3 2,0 1,7 Dorf (Bezirk 76), Büchenbach 1,3 0,6 0,6 0,6 0,6 1,1 West (Bezirk 78) und Schönfeld 7,8 6,5 8,2 6,7 7,6 6,4 (Bezirk 42). 4,1 3,0 2,5 2,5 2,8 3,2 Im Röthelheimpark (Bezirk 33) sind 2,3 1,3 1,8 2,9 3,1 3,2 1,3 1,7 1,5 2,5 2,3 2,7 zwar die Absolutzahlen der Senio6,4 7,4 7,5 8,9 8,2 7,7 rinnen und Senioren und der Emp12,8 12,4 12,6 11,4 9,4 10,9 fängerinnen und Empfänger von 6,0 6,6 6,4 4,9 6,5 5,9 Grundsicherung im Alter an sich 6,5 5,6 5,2 5,2 4,4 4,2 relativ gering, letztere hat sich aber 1,6 1,5 0,0 1,4 1,3 0,7 5,5 5,4 6,7 6,2 7,2 7,3 im betrachteten Zeitraum mehr als 6,7 7,2 5,6 6,0 5,4 6,1 verdreifacht. werden und dass somit die Anzahl der Senioren bis Ende der 2030er Jahre ansteigen wird. Dass Altersarmut unter der nicht-deutschen Bevölkerung stärker verbreitet ist, hängt wiederum mit deren Erwerbsbiografie zusammen: Es handelt sich hier zum Teil um ehemalige Gastarbeiter, die vor allem in Bereichen mit unterdurchschnittlicher Entlohnung tätig waren und somit ein niedriges Rentenniveau haben. Hinzu kommt, dass die rentenrelevante Erwerbsbiografie Nicht-Deutscher in der Regel erst dann beginnt, sobald sie eine Tätigkeit in Deutschland aufnehmen; die Beitragszeiten sind entsprechend kürzer. Interessant ist auch hier die Entwicklung: Während von den Erlangerinnen und Erlangern ab 65 Jahren außerhalb von Heimen im Jahr 2008 noch 14,1 Prozent der Nicht-Deutschen auf Grundsicherung angewiesen war, ist deren Anteil auf 11,1 Prozent gesunken. Dagegen ist der Anteil unter den Deutschen von 1,2 auf 1,8 Prozent angestiegen. Statistischer Bezirk 01 Altstadt 02 Markgrafenstadt 03 Rathausplatz 04 Tal 10 Heiligenloh 11 Alterlangen 12 Steinforst 20 Burgberg 21 Meilwald 22 Sieglitzhof 23 Loewenich 24 Buckenhofer Siedlung 25 Stubenloh 30 Röthelheim 32 Sebaldus 33 Röthelheimpark 40 Anger 41 Rathenau 42 Schönfeld 43 Forschungszentrum 44 Bachfeld 45 Bierlach 50 Eltersdorf 51 St. Egidien 52 Tennenlohe 60 Neuses 61 Frauenaurach 62 Kriegenbrunn 63 Hüttendorf 70 Kosbach 71 In der Reuth 73 Häusling 74 Steudach 75 Industriehafen 76 Büchenbach Dorf 77 Büchenbach Nord 78 Büchenbach West 80 Dechsendorf West 81 Dechsendorf Ost 2008 8,5 4,7 1,0 9,2 0,6 0,5 2,6 0,3 0,0 1,3 1,8 6,4 2,5 3,7 1,6 5,5 12,8 5,3 5,3 1,8 5,8 7,1 1,5 0,0 0,2 0,0 1,3 2,6 0,0 0,0 0,6 0,0 0,0 0,0 5,9 7,9 3,6 1,4 1,2 1,4 0,0 0,4 0,0 1,6 1,7 0,0 0,0 1,3 0,0 0,0 0,0 6,8 8,2 4,4 2,0 0,8 1,2 0,0 0,2 0,0 2,1 1,1 1,1 0,0 2,0 0,0 0,0 0,0 7,7 8,1 5,5 1,3 0,4 1,6 0,0 0,2 0,0 2,3 0,5 1,0 0,0 0,8 0,0 0,0 0,0 8,3 6,5 5,4 0,0 0,7 1,3 0,0 0,8 0,0 2,0 0,0 2,1 0,0 0,9 0,0 0,0 0,0 6,8 6,0 4,1 0,0 0,7 1,5 4,6 0,6 0,0 2,3 0,9 2,0 0,0 2,6 0,0 0,0 0,0 6,2 6,1 3,5 1,1 1,1 0,9 7,7 0,6 0,0 2,2 1,8 0,0 0,0 1,0 0,0 0,0 0,0 7,3 6,4 2,8 0,0 0,7 Abb. 68: Anteil der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger im Alter von 55 bis unter 65 Jahren an der Hauptwohnungsbevölkerung im entsprechenden Alter seit 2008 nach Statistischen Bezirken Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 89 8. Gesellschaftliche Partizipation Bürgerbeteiligung Interesse an politischem Geschehen Veranstaltungen zur politischen Bildung Bürgerschaftliches Engagement Wahlbeteiligung 8. Gesellschaftliche Partizipation Gesellschaftliche Partizipation ist Teilhabe am kulturellen, sozialen und politischen Leben. Das Ausmaß „soziokultureller Teilhabe“ oder auch „Inklusion“ ist jedoch in wechselseitiger Abhängigkeit zum sozioökonomischen Umfeld eines Menschen zu sehen: Einkommensschwache Bevölkerungsschichten sind häufiger vom gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben ausgegrenzt als einkommensstarke. Dieser Mangel an Partizipation bei einem Teil der Bevölkerung führt dazu, dass die Interessen dieses Bevölkerungsteils auch politisch nur unzureichend vertreten werden. Das Dilemma dabei ist, dass diejenigen, die sich politisch nicht vertreten fühlen, auch von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machen. Somit entsteht eine Spirale aus unzureichender Interessensvertretung und mangelnder Partizipation. Das beginnt oft bereits in jungen Jahren: Kinder, die sich für die Armut in ihrer Familie schämen, beginnen sich abzukapseln, weil sie mit ihren Mitschülern materiell nicht „mithalten“ können. Dieser Wirkungskomplex gesellschaftlicher Partizipation ist sehr vielschichtig und bräuchte zur weiteren Aufhellung eigenständiger Analysen, die über das aktuell vorhandene Datenmaterial weit hinaus gehen. Aus den regelmäßigen Bürgerbefragungen in der Stadt Erlangen können diesbezüglich aber immerhin einige Teilaspekte entnommen werden. Bürgerbeteiligung Zunehmend von Bedeutung ist das Thema „Bürgerbeteiligung“ bei städtischen Projekten. In der Bürgerbefragung 2012 wurden die 18- bis 80-jährigen Erlangerinnen und Erlanger gefragt, welche einkommensschwache Haushalte Interesse an Politik in Deutschland 23 43 einkommenssstarke Haushalte einkommensschwache Haushalte Beteiligungsmöglichkeiten sie gerne nutzen möchten. Hierbei wurden an Antwortmöglichkeiten vorgegeben: Besuch von Informationsveranstaltungen, Teilnahme an Arbeitsgruppen, Teilnahme an schriftlichen Befragungen und Online-Beteiligungsverfahren. Die Online-Beteiligungsverfahren schnitten hier mit 43 Prozent am besten ab, geringsten Zuspruch fanden mit acht Prozent die Teilnahme an Arbeitsgruppen. Auffällig ist, dass bei allen angegebenen Beteiligungsverfahren das Durchschnittseinkommen der Zustimmenden über dem gesamtstädtischen Durchschnitt liegt. Dagegen liegt das Durchschnittseinkommen der Befragten, die angeben, keine der genannten Möglichkeiten nutzen zu wollen, fast 17 Prozent unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Entweder ist das Interesse an Beteiligungsverfahren bei Menschen mit unterdurchschnittlichen Einkommen grundsätzlich geringer, eine andere Erklärung wäre aber, dass die Beteiligungsverfahren, die zur Auswahl standen, verstärkt Personen mit überdurchschnittlichen Einkommen ansprechen. In diesem Fall würden solche Formen der Bürgerbeteiligung tendenziell die Interessen der einkommensstärkeren Bevölkerungsschichten begünstigen. Bei der Bürgerbefragung 2014 wurde speziell auf die Online-Bürgerbeteiligung Bezug genommen. Die Befragten wurden auf städtische Überlegungen hingewiesen, neben den bisherigen traditionellen Beteiligungsformen wie z.B. Bürgerversammlungen, in Zukunft verstärkt Angebote für Online-Beteiligungen zu machen. Die Hälfte der Erlangerinnen und Erlanger kann sich diesbezüglich eine aktive Beteiligung vorstellen. 26 37 51 Interesse an Erlanger Kommunalpolitik 15 32 einkommenssstarke Haushalte 21 0% sehr hoch 39 42 20% eher hoch 40% eher gering 6 3 11 11 31 60% sehr gering 80% 3 5 100% kein Interesse Abb. 69: Politisches Interesse nach Einkommensniveau 92 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Interesse an politischem Geschehen Befragungsergebnisse zeigen einen Zusammenhang zwischen dem Interesse an politischem Geschehen und dem Einkommen. Die Bevölkerung in den einkommensstärkeren Haushalten äußert hier ein größeres politisches Interesse. Insgesamt ist das Interesse am bundespolitischen Geschehen größer als an Kommunalpolitik, die Differenzen zwischen einkommensschwachen und einkommensstarken Haushalten sind jedoch beim Interesse an der Bundespolitik stärker ausgeprägt als bei der Kommunalpolitik (Abb. 69). Rund 35 Prozent der Befragten aus der Hälfte der einkommensschwächeren Haushalte geben an, ein geringes oder gar kein Interesse an den politischen Geschehnissen in der Bundesrepublik Deutschland zu haben, was auf nur knapp 13 Prozent der Befragten aus einkommensstärkeren Haushalten zutrifft. In letzteren äußern 37 Prozent sogar sehr großes Interesse am bundespolitischen Geschehen. Da ein starker Zusammenhang zwischen Einkommen und Schulbildung besteht, zeigt sich ein unterschiedliches Ausmaß an politischem Interesse auch in Abhängigkeit vom Schulabschluss: Während knapp 22 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger mit Hauptschulabschluss ein sehr hohes Interesse an Bundespolitik äußern, trifft dies auf 30 Prozent der Befragten mit mittlerer Reife und auf 34 Prozent der Befragten mit Abitur oder Fachabitur zu. In Bezug auf die Kommunalpolitik sind die Interessenslagen etwas anders: 20 Prozent der Hauptschulabsolventen und 25 Prozent der Erwachsenen mit mittlerer Reife sind hier sehr interessiert, jedoch lediglich 14 Prozent der Bevölkerung mit (Fach-)Abitur. Das geringe Interesse an Kommunalpolitik bei der Bevölkerung mit hohen Schulabschlüssen ist vermutlich auf die geringe Verwurzelung in der Stadt zurückzuführen: Häufig handelt es sich um Studierende, für die Erlangen lediglich eine „Durchgangsstation“ auf ihrem Bildungsweg ist. Welche Informationsquellen nutzen die Erlangerinnen und Erlanger, um sich über die politischen Geschehnisse in Erlangen zu informieren? Hier wird am häufigsten die Tageszeitung genannt, gefolgt von Gesprächen mit Familienmitgliedern, Bekannten oder Kollegen (Abb 70). Dabei gibt es keine nachweisbaren Unterschiede zwischen Befragten aus einkommensschwachen und Befragten aus einkommensstarken Haushalten. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Signifikante Unterschiede gibt es jedoch bei den Informationsquellen Lokalradio, Lokalfernsehen, dem „Sonntagsblitz“ und bei Lokalnachrichten im Internet. Vor allem Lokalradio und Lokalfernsehen dienen in den einkommensschwächeren Haushalten häufiger als Informationsquelle. Veranstaltungen zur politischen Bildung Vereine, Parteien und Verbände bieten Veranstaltungen zu politischen und gesellschaftlichen Themen aller Art an. Rund ein Viertel der einkommensschwächeren Bevölkerung findet dieses Angebot als unzureichend. Beim einkommensstärkeren Bevölkerungsteil sind lediglich 19 Prozent dieser Ansicht. Offenbar spricht das gegebene Angebot die Interessen der einkommensstärkeren Bevölkerung eher an. Betrachtet man die einkommensstärkere Hälfte und die einkommensschwächere Hälfte der Bevölkerung zusätzlich nach ihrem Schulabschluss, zeigt sich bei den Einkommensschwächeren mit Abitur oder Fachhochschulreife die größte Unzufriedenheit mit dem Angebot an Veranstaltungen zu politischen und gesellschaftlichen Themen: 28 Prozent sind hier unzufrieden. Beim einkommensstärkeren Bevölkerungsteil gibt es die größte Unzufriedenheit bei den Menschen mit Volks- bzw. Hauptschulabschluss: Während von diesen 25 Prozent unzufrieden sind, trifft dies auf je 18 Prozent der Einkommensstärkeren mit mittlerer Reife oder höherem Schulabschluss zu. Welche inhaltlichen Themen wünschen sich die Erlangerinnen und Erlanger, deren Bedarf an politischer Bildung durch die gegebenen Veranstaltungen nicht hinreichend gedeckt werden kann? Die Befragten in der Hälfte der einkommensschwächeren Haushalte nennen hier am häufigsten die Themenbereiche „Gesundheitssystem“ und „Soziales, Arbeitslosigkeit, Rente“: Rund die Hälfte der Befragten aus den einkommensschwächeren Haushalten wünscht sich mehr Veranstaltungen in diesen Bereichen. Die Anteile bei diesen Themen sind bei den Erlangerinnen und Erlangern aus den einkommensstärkeren Haushalten signifikant niedriger (Abb. 71). Bei letzteren werden die Themen „Umwelt, Verkehr, Energie“, „Verbraucherschutz“ und „Bildung, Schulen“ am häufigsten genannt. Bei diesen Themen gibt es aber kaum Unterschiede zu Befragten aus einkommensschwächeren Haushalten. 93 Lokalradio einkommensschwache Haushalte 24 einkommenssstarke Haushalte 44 16 27 36 6 36 11 Lokalfernsehen einkommensschwache Haushalte 20 einkommenssstarke Haushalte 32 9 18 35 12 12 45 Sonntagsblitz einkommensschwache Haushalte 21 einkommenssstarke Haushalte 36 28 32 35 12 38 15 Lokalnachrichten im Internet einkommensschwache Haushalte 19 einkommenssstarke Haushalte 36 13 35 39 11 38 Erlanger Nachrichten alle Befragten 52 10 35 12 andere Zeitungen mit Lokalteil alle Befragten 9 26 47 18 Homepage der Stadt Erlangen alle Befragten 15 45 32 8 Amtsblatt alle Befragten alle Befragten 9 31 46 15 Gespräche mit Familie, Bekannten, Kollegen 35 53 11 Bürgerversammlungen, Stadtratssitzungen, sonstige Veranstaltungen alle Befragten 10 35 0% 47 20% sehr wichtig 40% 60% eher wichtig eher unwichtig 9 80% 100% völlig unwichtig Abb. 70: Informationsquellen über politisches Geschehen nach Einkommensniveau Thema: Soziales, Arbeitslosigkeit, Rente 50 27 Thema: Arbeit, Lohn, Gewerkschaften 38 17 Thema: Gesundheitssystem 52 34 Thema: Ausländer, Integration 34 20 Thema: Umwelt, Verkehr, Energie 44 Thema: Verbraucherschutz 43 Thema: Bildung, Schulen 43 Thema: Öffentliche Haushalte 51 48 47 17 19 Thema: Wirtschaft und Mittelstand einkommensschwache Haushalte einkommensstarke Haushalte 25 26 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Abb. 71: Gewünschte Themen zur politischen Bildung nach Einkommensniveau 94 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 +27 Politik +7 Sport +4 Schule +2 Kultur Menschen mit Behinderungen -2 -5 Umwelt Senioren -7 -7 Kinder und Jugend -8 Freizeit -9 Soziales Rettungsdienste -12 -18 -20% -15% -10% Kirche ausländische Mitbürger -5% 0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% Abb. 72: Pro-Kopf-Einkommen ehrenamtlich engagierter nach Tätigkeitsbereich (Abweichung zum Durchschnittseinkommen) Bürgerschaftliches Engagement Neben politischem Interesse und politischer Bildung ist bürgerschaftliches Engagement das aktive Element gesellschaftlicher Partizipation. Rund 29 Prozent der Erlangerinnen und Erlanger im Alter von 18 bis 80 Jahren sind ehrenamtlich tätig, so das Ergebnis der Bürgerbefragung 2012. Deutliche Unterschiede zeigen sich, wenn man das Durchschnittseinkommen der ehrenamtlich Tätigen nach den Tätigkeitsbereichen vergleicht, auf welche das Engagement gerichtet ist (Abb. 72). Hier zeigt sich, dass es sich bei den Erlangerinnen und Erlangern mit politischen Ehrenämtern um die Bevölkerung mit deutlich überdurchschnittlichen Einkommen handelt. Wahlbeteiligung Politisches Engagement spiegelt sich auch in der Wahlbeteiligung. Da in der Bundesrepublik Deutschland ein Wahlrecht und keine Wahlpflicht besteht, kann davon ausgegangen werden, dass das Ausmaß der Wahlbeteiligung Rückschlüsse zulässt auf das politische Engagement einer Bevölkerung. Nichtwähler finden ihre Interessen von keiner politischen Gruppierung repräsentiert oder sie sind desillusioniert und können sich nicht vorstellen, dass ihre Stimme Einfluss auf politische Entscheidungen hat. In Abbildung 73 sind für sämtliche Wahlbezirke der Stadt Erlangen das Durchschnittseinkommen sowie die Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl 2014 dargestellt. Hier zeigt sich ein starker Zusammenhang: Je höher das Durchschnittseinkommen im Wahlbezirk, desto höher die Wahlbeteiligung. Fasst man die zehn Wahlbezirke mit den niedrigsten Durchschnittseinkommen zusammen, erhält Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 man eine Urnenwahlbeteiligung von lediglich 24,6 Prozent, was deutlich unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt von 38,3 Prozent Urnenwahlbeteiligung liegt. In den zehn einkommensstärksten Wahlbezirken lag die Wahlbeteiligung bei der Kommunalwahl 2014 dagegen bei 42,6 Prozent. 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 500€ 1.000€ 1.500€ 2.000€ 2.500€ Abb. 73: Wahlbeteiligung in den Wahlbezirken zur Kommunalwahl 2014 nach Durchschnittseinkommen im Wahlbezirk 95 9. Ausgewählte Personengruppen Menschen mit Migrationshintergrund Bevölkerung und Haushalte Wohnen Schulbildung Einkommen Sozialleistungen Vollständige Familien Phasen der Familienentwicklung Einkommen Bedarfsgemeinschaften Erwerbstätigkeit Kinderbetreuung Alleinerziehende Struktur Bildung Berufstätigkeit und Einkommen Bedarfsgemeinschaften Ältere Menschen Grundsicherung 9. Ausgewählte Personengruppen Die Datenlage erlaubt eine solche Differenzierung in den meisten Fällen leider nicht, so dass im ungünstigsten Fall wieder auf die herkömmliche Unterscheidung von Deutschen und Nicht-Deutschen zurückgegriffen werden muss. Im Folgenden wird der Fokus auf soziale Lagen aus der Perspektive einzelner Bevölkerungsgruppen gerichtet. 9.1 Menschen mit Migrationshintergrund Bevölkerung und Haushalte An anderer Stelle (siehe 2.2) wurde der Personenkreis mit Migrationshintergrund bereits näher beschrieben. Hier soll nur noch einmal kurz skizziert werden, welche Bevölkerungsgruppen als Menschen mit Migrationshintergrund bezeichnet werden: Das Konzept des „Migrationshintergrundes“ wurde entwickelt, da nicht allein die Staatsangehörigkeit eines menschen sozial relevant ist, sondern die Migrationsgeschichte in ihrer Gesamtheit. Menschen mit Migrationshintergrund sind ein heterogener Personenkreis, zu dem Nicht-Deutsche und Deutsche, jeweils mit und ohne eigener Migrationserfahrung zählen. Das sind neben den „klassischen“ Ausländern: Eingebürgerte, Aussiedler, Optionsdeutsche und Familienangehörige von Migranten. Der Migrationshintergrund eines Menschen kann unterschiedliche soziale Relevanz haben. In Abbildung 74 sind die Anteile der Personen mit und ohne Migrationshintergrund an der gesamten Hauptwohnungsbevölkerung nach Alter dargestellt. Die Optionsdeutschen und die Familienangehörigen von Migranten sind hier wie die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund grau dargestellt, da deren Migrationshintergrund in der Regel eine geringe soziale Relevanz hat. Die verbleibenden Personen mit Migrationshintergrund - Ausländer, Eingebürgerte und Aussiedler, haben ihren größten Bevölkerungsanteil bei den 37- und 38-Jährigen mit 42 Prozent. Bei den 17- bis 69-Jährigen sind unter den Personen mit Migrationshintergrund die Nicht-Deutschen am stärksten vertreten, bei den Älteren ändert sich das Verhältnis zugunsten von Aussiedlern. 100% 90% 80% ohne Migrationshintergrund 70% 60% 50% Optionsdeutsche 40% Familienangehörige 30% 20% 10% 0% Aussiedler Eingebürgerte Nicht-Deutsche 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80 85 90 95 Abb. 74: Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund nach Alter zum 31.12.2014 98 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 50 40 40 35 ohne Migrationshintergrund mit Migrationshintergrund 29 27 26 20 30 20 5 6 6 10 5 0 Einpersonenhaushatle (Ehe-)Paare ohne Kind (Ehe-)Paare mit Kind Alleinerziehendenhaushalte sonstige Mehrpersonenhaushalte Abb. 75: Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund nach Haushaltstypen zum 31.12.2014 Bei Personen mit Migrationshintergrund dominiert die Lebensform der Paargemeinschaft mit mindestens einem Kind: 40 Prozent der Personen mit Migrationshintergrund leben in diesem Haushaltstyp. Dies trifft auf nur 26 Prozent der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund zu. Die Verteilung auf die Haushaltstypen unterscheidet sich zwischen den Personen mit und den Personen ohne Migrationshintergrund teilweise stark (Abb. 75). Hier hat sich seit dem letzten Sozialbericht vor sechs Jahren bei den Erlangerinnen und Erlangern mit Migrationshintergrund ein Wandel vollzogen: Der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund in Einpersonenhaushalten lag damals bei nur 15 Prozent, dafür der Anteil in Paarhaushalten ohne Kinder bei 37 Prozent. Zwischenzeitlich gab es eine Verschiebung von Paarhaushalten zu Einpersonenhaushalten. Dies lässt sich mit dem hohen Durchschnittsalter von Aussiedlern erklären (vgl. Abb 74): Hier sterben zunehmend (Ehe-)Partner und es verbleiben Einpersonenhaushalte. Zudem ist die Zahl der Studierenden in Erlangen stark angestiegen. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Unter diesen befinden sich viele ausländische Studentinnen und Studenten, die in Einpersonenhaushalten leben. Wohnen Betrachtet man die räumliche Verteilung von Personen mit Migrationshintergrund, zeigen sich die bereits im Kapitel „Wohnen“ angesprochenen Segregationstendenzen (Abb. 76). Für die Bezirke, in denen der durchschnittliche Grad an Bildung gering und die Durchschnittseinkommen niedrig sind, sind in der Regel auch hohe Anteile an Menschen mit Migrationshintergrund charakteristisch. Der größten Anteile finden sich am Anger (Bezirk 40) und im Tal (Bezirk 04), wo je die Hälfte der Bevölkerung über einen Migrationshintergrund verfügt. Hohe Anteile finden sich ebenso in Büchenbach Nord (Bezirk 77) mit 45 Prozent, in Schönfeld (Bezirk 42) mit 44 Prozent und Rathenau (Bezirk 41) mit 42 Prozent. Sehr geringe Anteile an Personen mit 99 mit Migrationshintergrund handelt, liegt dieser Anteil in den Bezirken mit tendenziell schlechter Wohnungssituation bei 48 Prozent (Abb. 77). unter 18 18 bis unter 26 26 bis unter 34 34 bis unter 42 42 und höher 80 81 Schulbildung Aufgrund unzureichender Datenlage beziehen sich die folgenden Zusammenhänge nicht mehr auf die Bevölkerung mit Migrationshintergrund, sondern auf die Untergruppe der Ausländer. Kinder und Jugendliche mit ausländischer erster Staatsangehörigkeit unterscheiden sich hinsichtlich der besuchten Schulform von deutschen Kindern und Jugendlichen erheblich. Betrachtet man die 11bis 16-jährigen deutschen Schüler nach den besuchten Schulformen, so zeigt sich über alle Altersjahre eine relative Konstanz beim Anteil der Mittelschule (Abb. 78). Dagegen steigen die Anteile des Besuchs von Realschule und Wirtschaftsschule mit zunehmendem Alter. Zudem gibt es eine Bewegung von Waldorfschule und Montessorischule in die Regelschulen. Insgesamt können die Daten so interpretiert werden, dass es mit zunehmenden Alter eine Verlagerung von Schülern in Richtung Real- und Wirtschaftsschule gibt vom Gymnasium und von den Privatschulen. Ein völlig anderes Bild ergibt sich bei den nichtdeutschen Kindern und Jugendlichen, bei denen die Anteile an der international ausgerichteten Franconian International School deutlich größer sind. Mit zunehmendem Alter sinken aber die Anteile: Während 43 Prozent der 11-Jährigen ausländischen Schülerinnen und Schüler an Erlanger Schulen die Franconian International School besuchen, trifft dies auf nur noch sieben Prozent der 16-Jährigen zu. Auf der anderen Seite steigen bei nicht-deutschen Schülerinnen und Schülern die Anteile an Mittelschulen, Realschulen und Wirtschaftsschule. An Montessorischule und Waldorfschule finden sich kaum ausländische Schüler. Die Schüleranteile am Gymnasium bzw. an der Fachoberschule sind bei den deutschen Schülern rund doppelt so hoch wie bei den nichtdeutschen Schülern im Alter von 11 bis 16 Jahren. 82 10 70 11 71 01 77 78 76 22 23 02 04 12 73 21 20 24 25 03 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 45 62 52 51 50 63 Abb. 76: Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund nach Statistischen Bezirken zum 31.12.2014 Migrationshintergrund gibt es vor allem in den peripheren Bezirken im Stadtwesten. Im Kapitel „Wohnen“ wurde die Wohnungssituation bezirksweise anhand der Merkmale Pro-Kopf-Wohnfläche, Wohndichte und Anteil an Sozialmietwohnungen typisiert. Ein Vergleich zeigt (vgl. Abb. 51), dass in den Bezirken mit hohen Anteilen an Bevölkerung mit Migrationshintergrund die Wohnungssituation weitgehend als „unterdurchschnittlich“ bzw. „schlecht“ eingestuft wurde. Während es sich in den Statistischen Bezirken, deren Wohnungssituation als gut eingestuft wurde, bei rund 23 Prozent der Bevölkerung um Menschen Wohnungssituation im Bezirk ist eher ... … gut 6 10 … durchschnittlich 16 … unterdurchschnittlich 3 9 4 5 11 23 0% 77 4 7 17 … schlecht 4 20% 68 4 63 7 40% Nicht-Deutsche Aussiedler Familienangehörige 5 52 60% 80% 100% Eingebürgerte Optionsdeutsche ohne Migrationshintergrund Abb. 77: Verteilung der Bevölkerung nach Migrationshintergrund und Wohnungssituation zum 31.12.2014 100 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 nicht-deutsche Schüler deutsche Schüler 11 Jahre 6 8 18 12 Jahre 4 9 13 Jahre 3 10 23 14 Jahre 3 9 25 15 Jahre 3 16 Jahre 2 11 13 12 Jahre 8 13 Jahre 5 14 Jahre 6 15 Jahre 21 12 11 Jahre 3 16 Jahre 2 7 56 2 6 56 5 27 52 5 29 52 5 6 19 12 57 15 20 2 6 24 43 31 3 17 22 28 19 21 2 29 20 19 40 24 20% 33 27 37 5 0% 54 40% 60% 19 23 7 80% 100% Förderschule Mittelschule Realschule/Wirtschaftsschule Gymnasium/FOS Waldorfschule/Montessorischule Franconian International School Abb. 78: 11- bis 16-Jährige nach Schulbesuch und Staatsangehörigkeit Die Franconian International School existiert allerdings erst seit dem Jahr 2008 in Erlangen und wurde in den vergangenen Jahren bereits erweitert. Ob die altersspezifischen starken Differenzen beim Besuch der Franconian International School auch darauf zurückzuführen sind, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden, sondern wird die zukünftige Entwicklung zeigen. Die Differenzen bei den Nettoäquivalenzeinkommen zeigen sich über alle Schulabschlüsse (Abb. 79), besonders deutlich bei der Bevölkerung mit mittleren Schulabschlüssen: Während das Einkommen der deutschen Erlangerinnen und Erlanger mit mitllerem Schulabschluss rund drei Prozent unter dem gesamtstädtischen Durchschnittseinkommen liegt, liegt das Einkommen der Bevölkerung mit mittlerem Schulabschluss und ausländischer erster Staatsangehörigkeit um mehr als ein Drittel unter dem Durchschnitt. Das geringere Nettoäquivalenzeinkommen bei NichtDeutschen ist zumindest teilweise darauf zurückzuführen, dass Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit häufiger in Doppelverdienerhaushalten leben. Tatsächlich geben acht Prozent der 18- bis Einkommen Die Einkommenssituation von Deutschen und NichtDeutschen weist deutliche Unterschiede auf. Das Pro-Kopf-Einkommen der deutschen Erlangerinnen und Erlanger ist im Schnitt elf Prozent höher als das der Nicht-Deutschen. Deutsche mit Hauptschulabschluss -26 -39 Nicht-Deutsche mit Hauptschulabschluss -3 -35 Nicht-Deutsche mit mittlerem Schulabschluss +11 Deutsche mit (Fach-)Abitur Nicht-Deutschet mit (Fach-)Abitur -45% -40% -35% -30% -25% -20% -15% -10% -5% Deutsche mit mittlerem Schulabschluss 0% +8 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35% 40% 45% Abb. 79: Pro-Kopf-Einkommen nach Staatsangehörigkeit und Schulbildung (Abweichung zum Durchschnittseinkommen) Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 101 Deutsche mit Hauptschulabschluss Nicht-Deutsche mit Hauptschulabschluss 7 7 25 5 5 5 Deutsche mit mittlerem Schulabschluss 7 24 20 19 10 24 25 8 14 44 20% 40% 13 6 4 22 60% 1 19 53 15 0% 13 33 48 19 Nicht-Deutsche mit (Fach-)Abitur 25 29 10 Nicht-Deutsche mit mittlerem Schulabschluss Deutsche mit (Fach-)Abitur 25 8 80% Selbständige leitende Angestellte/Beamte mittlere Angestellte/Beamte Facharbeiter/innen einfache Angestellte Un-/angelernte Arbeiter/innen 3 100% Abb. 80: Berufsgruppen nach Staatsangehörigkeit und Schulabschluss 80-Jährigen deutschen Erlangerinnen und Erlanger an, Hausmann bzw. Hausfrau zu sein. Dieser Anteil ist unter den Nicht-Deutschen rund doppelt so hoch. Die unterschiedlichen Einkommen zwischen Deutschen und Ausländern legen jedoch auch die Vermutung nahe, dass es hinsichtlich der Beschäftigtenstruktur zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen Unterschiede gibt. Tatsächlich ist die berufliche Stellung von Ausländerinnen und Ausländern bei gleicher schulischer Vorbildung deutlich niedriger. Dies trifft über alle Schulabschlüsse zu (Abb. 80). So finden sich z.B. bei den NichtDeutschen mit Hauptschulabschluss 33 Prozent un- bzw. angelernte Arbeiter und Arbeiterinnen, bei den Deutschen mit gleichem Abschluss nur 13 Prozent. Auch bei den Nicht-Deutschen mit mittleren Schulabschlüssen ist diese Berufsgruppe noch stark überrepräsentiert. Bei den Deutschen mit mittlerem Schulabschluss dominieren die mittleren Angestellten und Beamten mit einem Anteil von 48 Prozent; ihr Anteil ist hier zweieinhalb Mal so hoch wie bei den Nicht-Deutschen. 25% 20% 15% 10% 5% 0% 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Alter Abb. 81: Anteil ausländischer Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger an allen Ausländerinnen und Ausländern nach Alter zum 31.12.2014 30 25 20 Sozialleistungen Nicht-Deutsche sind häufiger auf Sozialleistungen angewiesen als Deutsche. 5,3 Prozent aller Erlangerinnen und Erlanger unter 65 Jahre sind auf den Bezug von Arbeitslosengeld II bzw. Sozialgeld angewiesen - im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich hier der Terminus „Hartz IV-Empfänger“ durchgesetzt. Unter den Nicht-Deutschen liegt dieser Anteil bei 7,7 Prozent, während er unter den Deutschen bei 4,8 Prozent liegt. Diese Anteile unterscheiden sich zwischen den Altersstufen stark (Abb. 81). So liegt der 102 15 10 5 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Alter Abb. 82: Anzahl ausländischer Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger nach Alter zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Anteil der nicht-deutschen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger im Alter von 20 bis etwa 30 Jahren unter fünf Prozent, da es in dieser Altersklasse sehr viele nicht-deutsche Studierende in Erlangen gibt, die in der Regel nicht zu den Empfängern von Sozialleistungen nach SGB II gehören. Dagegen sind die Anteile bei den Kindern stark erhöht. So ist mehr als jedes fünfte ausländische Kind zwischen neun und 15 Jahren auf Hartz IV angewiesen. In Absolutzahlen ausgedrückt finden sich jedoch viele nicht-deutsche Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger bei den 30- bis 45-Jährigen (Abb. 82). Ein Vergleich der Altersstrukturen von nicht-deutschen und deutschen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern zeigt, dass bei den Deutschen Kinder im Alter bis etwa 15 Jahre deutlich überrepräsentiert sind (Abb. 83). Bei den 30- bis 50-Jährigen sind die Anteile unter den Nicht-Deutschen jedoch deutlich erhöht. Bei der Bevölkerung ab 65 Jahren ist im Falle unzureichenden Einkommens die Grundsicherung im Alter relevant. Auch hier zeigen sich zwischen deutschen und nicht-deutschen Hilfeempfängerinnen und -empfängern deutliche Unterschiede: Während 1,7 Prozent der außerhalb von Heimen lebenden Deutschen ab 65 Jahren Leistungen zur Grundsicherung im Alter beziehen, trifft dies auf elf Prozent der nicht-deutschen Seniorinnen und Senioren zu. Knapp die Hälfte der nicht-deutschen Empfängerinnen und -Empfänger von Grundsicherung im Alter Männer wohnen am Anger (Bezirk 40), in Bierlach (Bezirk 45) und in Büchenbach Nord (Bezirk 77). Diese Unterschiede zwischen Deutschen und NichtDeutschen sind auf unterschiedliche Erwerbsbiografien zurückzuführen. Die erste Generation von Gastarbeitern hat das Rentenalter erreicht. Unter diesen gibt es viele, die in Bereichen mit niedriger Entlohnung tätig waren und somit auch nur in geringem Umfang Rentenbeiträge eingezahlt haben. Ein weiteres Problem bei Migranten ist, dass diese erst ab dem Zeitpunkt ihres Zuzuges nach Deutschland Beiträge in das deutsche Rentenversicherungssystem einzahlen und somit unter Umständen mit unzureichenden Altersbezügen rechnen müssen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Dunkelziffer - also die Nichtinanspruchnahme von Leistungen trotz Anspruchsberechtigung, bei den Nicht-Deutschen relativ hoch ist - da § 55 des Aufenthaltsgesetzes nach Ermessen eine Ausweisung von Ausländerinnen und Ausländern ermöglicht, welche die „öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland“ beeinträchtigen. In § 55 sind als Ausweisungsgrund eine Reihe an mehr oder weniger rechtswidriger oder krimineller Handlungsweisen verzeichnet. In dieser Reihe findet sich auch der Ausländer, der „für sich, seine Familienangehörigen oder für sonstige Haushaltsangehörige Sozialhilfe in Anspruch nimmt“. Frauen 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 15 10 5 5 10 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 15 Nicht-Deutsche Hartz IV-Empfänger Deutsche Hartz IV-Empfänger Abb. 83: Altersstruktur von Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern nach Staatsangehörigkeit zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 103 9.2 Vollständige Familien Paarhaushalte mit Kindern unter sechs Jahren. Die Erlangerinnen sind bei Geburt ihres ersten Kindes im Schnitt rund 30,8 Jahre alt, bei Geburt des zweiten Kindes 32,9 Jahre. • Konsolidierungsphase: Hier handelt es sich um Familien, deren jüngstes Familienmitglied mindestens sechs Jahre alt ist. • Schrumpfungsphase: Familien in der Schrumpfungsphase sind Paare mit volljährigen Nachkommen ohne eigene Partner im Haushalt. Statistisch betrachtet handelt es sich dabei nicht mehr um Familien im engeren Sinn, da die Nachkommen bereits erwachsen sind. Es handelt sich um die Paare, deren Nachkommen das Elternhaus noch nicht verlassen haben. Wie an anderer Stelle bereits erläutert, bilden mehr als die Hälfte der 20-Jährigen bereits einen eigenen Haushalt. Familien in der Expansionsphase - also mit Kindern unter sechs Jahren - sind besonderen Belastungen ausgesetzt. Da die klassische, geschlechterspezifische Rollenverteilung von Hausarbeit und Kindererziehung einerseits und Erwerbsarbeit auf der anderen Seite heute nur noch selten zutrifft, fällt in der Regel ein Bestandteil des Haushaltseinkommens weg, wenn ein Elternteil zur Kindererziehung Elternzeit beansprucht. Zwar soll das Elterngeld den Verdienstausfall bei Erziehungszeiten abfedern, allerdings beläuft sich die Anspruchsdauer auf maximal 14 Monate; der Betrag entspricht je nach Höhe des letzten Einkommens ca. zwei Drittel des Einkommens. Zum Elterngeld hinzu kommt noch das Kindergeld von aktuell 184 Euro für das erste und das zweite Kind und etwas mehr für weitere Kinder. Vollständige Familien sind Ehepaare und nichteheliche Lebensgemeinschaften mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren. Rund 15 Prozent aller Erlanger Haushalte sind vollständige Familien. Der überwiegende Teil der Eltern - gut 90 Prozent ist verheiratet. Lediglich acht Prozent sind ledig und zwei Prozent geschieden. Bei den ledigen Elternteilen handelt es sich vor allem um jüngere Eltern, bei denen die Eheschließung oft noch erfolgt: Bei rund 14 Prozent der verheirateten Elternteile liegt das Geburtsjahr des ältesten Kindes vor dem Hochzeitsjahr. Viele davon haben jedoch kurz nach der Geburt des ersten Kindes geheiratet. Weitere 14 Prozent der Eltern sind eine Eheschließung in dem Jahr eingegangen, in dem ihr ältestes Kind geboren wurde. Die Ehe ist also nach wie vor die gängige Familienform. Phasen der Familienentwicklung Familien durchlaufen bestimmte Entwicklungsphasen, in welchen die Eltern mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert werden. Betrachtet man die Erwachsenen in Paarhaushalten, die selbst nicht als Nachkommen von anderen Haushaltsmitgliedern einzustufen sind, nach Alter und Haushaltszusammensetzung, so erhält man ein Bild der Entwicklungsphasen von Familien (Abb. 79): • Gründungsphase: Hier handelt es sich um die Bevölkerung in Paarhaushalten ohne Kinder, in denen der jüngere Partner unter 30 Jahre alt ist, also um potenzielle Familien. • Expansionsphase: Im Alter ab Ende 20 leben zunehmend mehr Erlangerinnen und Erlanger in 900 800 700 600 Konsolidierungsphase 500 400 Expansionsphase 300 200 Schrumpfungsphase Gründungsphase 100 20 25 30 35 40 45 50 55 60 Alter Abb. 84: Bevölkerung in Paarhaushalten nach Familienentwicklungsphasen zum 31.12.2014 104 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Am Beispiel eines Doppelverdienerhaushaltes soll die Entwicklung des Nettoäquivalenzeinkommens (rot) verdeutlicht werden: Insbesondere wenn weitere Kinder hinzukommen und die Betreuung der Kinder im häuslichen Umfeld durch ein Elternteil stattfindet, kommt es temporär zu starken Einkommenseinbußen. Da in diesem Beispiel die Mutter zwischen der Geburt der Kinder kein Erwerbseinkommen hatte, bekommt sie für das zweite Kind nur den Elterngeld-Mindestsatz von 300,- Euro. Das neue „ElterngeldPlus“, welches erstmals für ab dem 1. Juli 2015 geborene Kinder in Anspruch genommen werden kann, zielt auf eine stärkere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das neue Elterngeld ermöglicht Eltern, während der Zeit des Elterngeldbezuges einer Teilzeittätigkeit nachzugehen. Die Anspruchsdauer auf Elterngeld verdoppelt sich dann, allerdings halbiert sich der Betrag des Elterngeldes. Das Elterngeldbudget soll somit flexibler ausgeschöpft werden können. Doppelverdienerhaushalt Einkommen von 1.400 Euro und 1.700 Euro 3.100 Euro : 1,5 = 2.067 Euro Geburt eines Kindes, die Mutter geht in Elternzeit Das Haushaltseinkommen besteht nun aus: 1.940 Euro Gehalt (Steuerklassenwechsel), 1.105 Euro Elterngeld, 184 Euro Kindergeld. Einkommen In Erlangen entspricht das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen der vollständigen Familien etwa dem gesamtstädtischen Durchschnitt, variiert jedoch nach Zahl der Kinder. Während das Einkommen in Familien mit nur einem Kind rund drei Prozent über dem Durchschnitt liegt, verfügen Familien mit drei und mehr Kindern über acht Prozent weniger Einkommen als die Durchschnittsfamilie. Bei kleinräumiger Betrachtung zeigen sich große Disparitäten. So finden sich vor allem in Stubenloh (Bezirk 25), am Burgberg (Bezirk 20), in Loewenich (Bezirk 23), Sieglitzhof (Bezirk 22) und im Röthelheimpark (Bezirk 33) vollständige Familien mit deutlich überdurchschnittlichen Einkommen. Dagegen liegen die Pro-Kopf-Einkommen bei Familien am Anger (Bezirk 40) und in Teilen Büchenbachs stark unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Bedarfsgemeinschaften Ein entsprechendes Bild ergibt sich in Bezug auf die kleinräumige Verteilung von Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften unter den vollständigen Familien (Abb. 85). Während insgesamt gut vier Prozent der vollständigen Familien Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften sind, ist bei kleinräumiger Betrachtungsweise der Anger (Bezirk 40) „Spitzenreiter“ im negativen Sinn: Bei knapp 16 Prozent der Paarhaushalte mit Kindern handelt es sich dort um Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften. Anteile von mehr als zehn Prozent unter 1 1 bis unter 2 2 bis unter 3 3 bis unter 4 4 und höher 80 81 3.229 Euro : 1,8 = 1.794 Euro 82 10 70 77 78 Geburt eines zweiten Kindes nach Ablauf der Elternzeit 1.940 Euro Gehalt, 300 Euro Elterngeld, 75 Euro Geschwisterbonus, 368 Euro Kindergeld 11 71 01 04 12 73 76 2.683 Euro : 2,1 = 1.278 Euro 3.468 Euro : 2,1 = 1.651 Euro Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 24 25 33 30 40 41 75 42 32 43 44 61 60 45 62 Beide Kinder besuchen die Schule, die Mutter arbeitet wieder 1.400 Euro und 1.700 Euro Gehalt, 368 Euro Kindergeld 22 23 02 03 74 21 20 52 50 51 63 Abb. 85: Anteil der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bei Paarhaushalten mit Kindern zum 31.12.2013 nach Statistischen Bezirken 105 1 Kind 4 2 Kinder 4 3 Kinder Bedarfsgemeinschaften steigen mit der Zahl der Kinder (Abb. 86). Während der Anteil bei den Familien mit einem oder zwei Kindern noch leicht unterdurchschnittlich ist, gehören acht Prozent der Familien mit drei Kindern und 17 Prozent der Familien mit vier Kindern zu den Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften. Familien mit Kindern unter sechs Jahren gehören häufiger zu den Empfängern von Sozialleistungen als Familien mit älteren Kindern. 8 4 Kinder 17 5 Kinder u.m. 30 0% 10% Erwerbstätigkeit 20% 30% Abb. 86: Anteil von Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bei Paarhaushalten mit Kindern nach Anzahl der Kinder zum 31.12.2013 finden sich zudem in Büchenbach Nord (Bezirk 77) mit 15 Prozent, in Rathenau (Bezirk 41) mit 13 Prozent, im Bezirk Tal (Bezirk 04) mit elf Prozent und in Büchenbach Dorf (Bezirk 76) mit gut zehn Prozent. Insgesamt leben von den 363 Paaren mit Kindern, die auf Hartz IV angewiesen sind, rund 55 Prozent alleine in den Bezirken Anger, Büchenbach Nord, Röthelheimpark und Rathenau. Der Röthelheimpark taucht in dieser Liste auf, da hier innerhalb des Bezirks große Ungleichheiten bestehen: Die Bedarfsgemeinschaften konzentrieren sich fast ausnahmslos auf den Altbestand im Süden des Röthelheimparks. Allgemein besteht ein starker Zusammenhang zwischen der Pro-Kopf-Wohnfläche und dem Anteil der Bedarfsgemeinschaften: Diese finden sich vor allem in Gebieten mit Blockbebauung und unterdurchschnittlichen Wohnflächen. Zur Orientierung kann dazu auf die Karte mit den durchschnittlichen Wohnflächen im Kapitel „Wohnen“ (Abb. 41) zurückgegriffen werden. Vor allem größere Familien sind verstärkt auf Sozialleistungen angewiesen. Die Anteile der Betrachtet man die Erwerbsquoten von Männern und Frauen mit und ohne Kindern nach Alter (Abb. 87), zeigen sich bei der Bevölkerung ohne Kinder geringe geschlechtsspezifische Unterschiede. Die Erwerbsquote der Frauen liegt insgesamt leicht unter der der Männer, stärker im Alter ab etwa 40 Jahren. Größere Unterschiede finden sich hingegen bei der Bevölkerung mit Kindern im Haushalt: Hier liegt bei den Männern die Erwerbsquote etwas höher als bei den Männern ohne Kinder im Haushalt. Bei den Frauen zeigen sich aber starke Unterschiede: Frauen mit Kindern sind deutlich seltener erwerbstätig als Frauen ohne Kinder. Dies trifft insbesondere auf Frauen unter 40 Jahren zu. Während von den Frauen, deren jüngstes Kind drei bis unter 15 Jahre alt ist, rund 78 Prozent vollerwerbstätig oder teilzeitbeschäftigt sind, trifft dies auf lediglich 53 Prozent der Frauen zu, deren jüngstes Kind das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Da die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit den zeitlichen Rahmen des Familienlebens einschränkt, sind in Abhängigkeit vom Alter des jüngsten Kindes in der Familie auch Unterschiede in der Beschäftigungsstruktur festzustellen (Abb. 88): Während vor allem in den Familien mit kleineren Kindern die meisten Familienväter vollzeit erwerbstätig sind, trifft dies auf nur rund 20 Prozent der Mütter zu, deren jüngstes Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht erreicht hat. 100% 80% 60% 40% 20% 0% Männer ohne Kinder Frauen ohne Kinder Männer mit Kindern Frauen mit Kindern 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 Alter Abb. 87: Erwerbsquoten nach Alter, Kindern im Haushalt und Geschlecht 106 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Alter des jüngsten Kindes 89 6 5 unter 3 Jahre 3 bis unter 6 Jahre 2 6 bis unter 12 Jahre 2 98 61 20 18 76 13 11 26 53 21 15 bis unter 18 Jahre 18 92 59 5 23 12 bis unter 15 Jahre 85 15 28 39 32 0% 23 30 47 20% Männer Frauen 40% 60% nicht erwerbstätig teilzeit erwerbstätig 80% 100% vollzeit erwerbstätig Abb. 88: Erwerbstätigkeit nach Geschlecht und Alter des jüngsten Kindes In Familien mit Kindern unter drei Jahren ist fast die Hälfte der Mütter nicht erwerbstätig, knapp ein Drittel ist teilzeitbeschäftigt. In den Familien, deren jüngstes Familienmitglied zwölf bis unter 15 Jahren alt ist, ist lediglich ein Fünftel der Mütter nicht erwerbstätig. Es sind überwiegend Frauen, die - zumindest temporär - ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Arbeit in der Familie aufgeben. Dabei kommt es zu dem eingangs besprochenen Einkommensverlust: Das Elterngeld ist deutlich geringer als das letzte Erwerbseinkommen und wenn in der „häuslichen Erziehungsphase“, in der die Mutter kein eigenes Einkommen erwirtschaftet, ein weiteres Kind hinzukommt, reduziert sich das Elterngeld auf den Mindestsatz von 300 Euro. Weiterer Familienzuwachs führt hier also zu Einkommenseinbußen, wenn der Elternteil, der im häuslichen Umfeld die Kinder betreut, nicht in der Zwischenzeit wieder ein eigenes Erwerbseinkommen hat. Kinderbetreuung In Zusammenarbeit mit dem Erlanger Jugendamt wurde im Jahr 2012 eine Befragung der Erlanger Eltern zur Kinderbetreuung durchgeführt. Hieraus 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% 0 1 2 3 4 5 Alter Abb. 89: Betreuungsquoten nach Alter des Kindes Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 107 0 Jahre 4 1 Jahr 2 92 12 2 Jahre 31 8 3 Jahre 6 2 54 45 5 14 5 38 69 4 Jahre 5 6 97 5 Jahre 97 0% Tagesmutter 20% Kinderkrippe 40% 60% Kindergarten/Spielstube 80% sonstige Einrichtung 100% keine Einrichtung Abb. 90: Kinderbetreuung nach Art der Betreuungseinrichtung und Alter des Kindes ergibt sich, dass der Anteil der Kinder, die außerhäuslich betreut werden - etwa in einer Kinderkrippe oder durch eine Tagesmutter -, bei Kindern im ersten Lebensjahr noch sehr gering ist: Mehr als 90 Prozent dieser Kinder werden in der Familie betreut. In Bezug auf die außerfamiliäre Betreuung steigt die Betreuungsquote erst im zweiten Quartal des zweiten Lebensjahres auf einen Anteil von etwa 50 Prozent (Abb. 89). Knapp die Hälfte der Zweijährigen besuchen eine Kinderkrippe. Fast alle Kinder ab drei Jahren werden institutionell betreut, überwiegend im Kindergarten (Abb. 90). Dies entspricht weitgehend den Wünschen der Eltern, die auch gefragt wurden, welche Art der Betreuung sie für ein Kleinkind in Abhängigkeit vom Alter als optimal erachten: 92 Prozent der Eltern meinen, dass Kinder im ersten Lebensjahr am besten in der Familie betreut werden. Für Kinder im zweiten Lebensjahr halten 61 Prozent der Eltern die familiäre Betreuung für richtig. Für Kinder im dritten Lebensjahr liegt nach Ansicht der Eltern die Kinderkrippe mit 46 Prozent an erster Stelle. Bei 61 Prozent der Alleinerziehendenhaushalte handelt es sich um eine Mutter mit einem einzelnen Kind, weitere 30 Prozent sind Mütter mit mehreren Kindern. Die übrigen neun Prozent der Alleinerziehendenhaushalte sind alleinerziehende Väter. Das Durchschnittsalter alleinerziehender Mütter liegt in Erlangen im Schnitt bei 40,4 Jahren. Alleinerziehende Männer sind im Schnitt fast sechs Jahre älter. Alleinerziehende Mütter sind bei der Geburt ihres ersten Kindes durchschnittlich 30,2 Jahre alt und somit geringfügig jünger als Mütter von Erstgeborenen in Männer 90 80 70 60 50 9.3Alleinerziehende 40 Bei etwa jeder fünften Familie in Erlangen handelt es sich um einen Alleinerziehendenhaushalt. Die gut 2.000 Alleinerziehendenhaushalte entsprechen einem Anteil von 3,8 Prozent an allen Erlanger Haushalten. 30 20 10 Struktur Betrachtet man die Entwicklung der Alleinerziehendenhaushalte der vergangenen zehn Jahre, ist eine abnehmende Tendenz zu erkennen: Während die Gesamtzahl der Erlanger Familien in diesem Zeitraum immer gut 10.000 betrug, ist die Zahl der Alleinerziehendenhaushalte von rund 2.600 auf etwa 2.000 zurückgegangen. Vor zehn Jahren lag der Anteil der Alleinerziehenden an den Familien noch bei 26 Prozent. 108 Frauen 0 25 20 15 10 5 5 10 15 Auf Tausend der jeweiligen Bevölkerung 20 25 Alleinerziehendenhaushalt insgesamt (Ehe-)paar mit Kind insgesamt Abb. 91: Altersstruktur von Alleinerziehendenhaushalten und Paarhaushalten mit Kindern im Vergleich zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Auch hinsichtlich der Schulabschlüsse gibt es in den Alleinerziehendenhaushalten die größten Abweichungen vom Bevölkerungsdurchschnitt: Während von den Erlangerinnen und Erlangern im Alter von 18 bis 80 Jahren, die keine Schule mehr besuchen, insgesamt 61 Prozent über die Hochschul- oder Fachhochschulreife verfügen, trifft dies in Alleinerziehendenhaushalten auf lediglich 50 Prozent zu (Abb. 93). Dagegen ist der Anteil der Alleinerziehenden mit Volks- oder Hauptschulabschluss überdurchschnittlich hoch. Paarhaushalten, bei denen das Durchschnittsalter 30,8 Jahre beträgt. In Abbildung 91 ist die Altersstruktur der Bevölkerung in Alleinerziehendenhaushalten im Vergleich zur Struktur in Paarhaushalten mit Kindern dargestellt. Bei den Paarhaushalten mit Kindern zeichnet sich deutlich die Eltern- und die Kindergeneration ab. Neben der Dominanz von Müttern im Altersaufbau der Alleinerziehenden fällt auf, dass hier die Anteile jüngerer Mütter etwas höher sind, die zum Teil noch keinen eigenen Haushalt gegründet haben. Bei den Kindern steigen die Anteile mit zunehmendem Alter, was an den Alleinerziehendenhaushalten liegt, die nach Trennung von einem Partner aus einem Paarhaushalt hervorgegangen sind. Berufstätigkeit und Einkommen Das Nettoäquivalenzeinkommen liegt in Alleinerziehendenhaushalten rund 23 Prozent unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Mehrere Faktoren führen zu einem niedrigen Einkommen: Bei Alleinerziehenden fehlt im Vergleich zu Paarhaushalten, in denen häufig beide Elternteile einer Berufstätigkeit nachgehen, ein Einkommensbestandteil. Zudem führen niedrigere schulische und berufliche Abschlüsse zu geringeren Erwerbseinkommen. Hinzu kommt die Frage der Vereinbarkeit von Kindererziehung und Berufstätigkeit. Diese ist bereits in Paarhaushalten oft ein Problem. Drei Viertel der alleinerziehenden Frauen geben an, dass sie berufs- oder ausbildungsbedingt zeitlich gebunden sind. Dies trifft auf 69 Prozent der Frauen in vollständigen Familien zu. Auch der Umfang der zeitlichen Gebundenheit aufgrund von Ausbildung Bildung Im Hinblick auf schulische und berufliche Qualifikationen gibt es im Vergleich zum Bevölkerungsdurchschnitt deutliche Unterschiede bei Alleinerziehenden. Abb. 92 zeigt die Verteilung der beruflichen Abschlüsse der Bevölkerung im Alter von 18 bis 80 Jahren, die sich nicht mehr in Ausbildung befindet, nach Haushaltstyp. Hier zeigt sich, dass Alleinerziehende bei den niedrigen Berufsbildungsabschlüssen deutlich überrepräsentiert sind, während der Akademikeranteil unter den Alleinerziehenden 20 Prozentpunkte unter dem der Gesamtstadt liegt. Einpersonenhaushalt 6 35 15 44 (Ehe-)Paar ohne Kind 8 33 17 42 (Ehe-)Paar mit Kind 4 Alleinerziehendenhaushalt 4 Gesamt 27 11 59 47 6 23 32 0% 15 20% kein Berufsabschluss 26 40% Ausbildung/Lehre 46 60% Fachschule 80% 100% Hochschul-/Fachhochschulabschluss Abb. 92: Beruflicher Bildungsabschluss nach Haushaltstyp Einpersonenhaushalt 16 (Ehe-)Paar ohne Kind 23 19 (Ehe-)Paar mit Kind 23 7 Alleinerziehendenhaushalt 71 29 16 50 22 0% kein Schulabschluss 57 19 21 Gesamt 60 20% Volks-/Hauptschule 61 40% 60% Mittlere Reife 80% 100% (Fach-)Hochschulreife Abb. 93: Schulabschlüsse nach Haushaltstyp Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 109 Einpersonenhaushalt 37 63 (Ehe-)Paar ohne Kind 57 43 (Ehe-)Paar mit Kind 54 46 Alleinerziehendenhaushalt 19 81 0% und Erlanger im Alter von 18- bis unter 65 Jahren zutrifft. Teilt man die Erlangerinnen und Erlanger nach ihrem Einkommen in zwei gleich große Hälften und betrachtet diese Verteilung in den verschiedenen Haushaltstypen, zeigt sich bei den Paarhaushalten eine relativ gleichmäßige Aufteilung in einkommensschwache und einkommensstarke Haushalte. Bei den Alleinerziehenden findet sich die größte Ungleichverteilung: 81 Prozent finden sich hier bei den einkommensschwachen Haushalten (Abb. 94). 20% 40% Einkommensschwache Haushalte 60% 80% 100% Einkommensstarke Haushalte Abb. 94: Haushaltstypen nach Einkommensstruktur oder Berufstätigkeit ist bei alleinerziehenden Frauen höher: Während Frauen in Paarhaushalten mit Kindern an durchschnittlich 2,9 Tagen in der Woche zeitlich gebunden sind, sind dies 3,3 Tage bei Alleinerziehenden. An einem durchschnittlichen Arbeitstag sind Frauen in Paarhaushalten 4,6 Stunden gebunden, Alleinerziehende 5,5 Stunden Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten liegt bei den Alleinerziehenden mit 51 Prozent deutlich über dem Durchschnitt von 28 Prozent bei der Gesamtbevölkerung von 18 bis unter 65 Jahren. Dagegen sind 67 Prozent der Alleinerziehenden Vollerwerbstätig im Vergleich zu 73 Prozent aller Erlangerinnen und Erlanger im erwerbsfähigen Alter. Geringfügig bzw. stundenweise beschäftigt sind 13 Prozent der Alleinerziehenden, was auf 17 Prozent aller Erlangerinnen unter 13 13 bis unter 16 16 bis unter 19 19 bis unter 22 22 und höher 80 81 Bedarfsgemeinschaften Da ein großer Teil der Alleinerziehenden unter wirtschaftlich angespannten Verhältnissen lebt, ist auch die Quote der Bezieher von Sozialleistungen unter den Alleinerziehenden überdurchschnittlich hoch. Unter den rund 2.400 Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften sind die Alleinerziehendenhaushalte stark überrepräsentiert: Während knapp vier Prozent aller Haushalte in Erlangen Alleinerziehendenhaushalte sind, beträgt der Anteil der Alleinerziehendenhaushalte an den Bedarfsgemeinschaften 22 Prozent. Somit ist ein Viertel aller Erlanger Alleinerziehendenhaushalte auf Sozialleistungen nach dem SGB II angewiesen. 80 81 82 82 10 70 77 12 76 70 01 04 10 21 20 11 71 78 73 02 73 42 62 42 32 43 62 51 63 Abb. 95: Anteil der Alleinerziehendenhaushalte an Familien zum 31.12.2014 nach Statistischen Bezirken 44 45 52 50 33 30 41 61 60 45 24 25 03 74 43 22 23 02 40 75 32 44 61 60 04 76 41 75 01 12 33 30 77 78 24 25 40 71 21 20 11 22 23 03 74 110 unter 6 6 bis unter 17 17 bis unter 28 28 bis unter 39 39 und höher 52 50 51 63 Abb. 96: Anteil der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bei Alleinerziehenden zum 31.12.2013 nach Statistischen Bezirken Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Wohnungssituation im Bezirk ist eher ... … gut 15 … durchschnittlich 15 4 … unterdurchschnittlich 14 7 … schlecht 84 1 79 68 15 17 0% 81 20% Alleinerziehendenhaushalte 40% 60% davon Bedarfsgemeinschaften 80% 100% vollständige Familien Abb. 97: Verteilung der Bevölkerung nach Familienform, Bezug von Sozialleistungen nach SGB II und Wohnungssituation Dabei gibt es noch Unterschiede in Abhängigkeit von der Kinderzahl: Während knapp 21 Prozent der Alleinerziehenden mit einem Kind Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bilden, trifft dies auf 32 Prozent der Alleinerziehenden mit zwei Kindern und sogar knapp die Hälfte der Alleinerziehenden mit drei oder mehr Kindern zu. Alleinerziehendenhaushalte gibt es überall in Erlangen, jedoch sind in manchen Bezirken die Alleinerziehendenanteile gemessen an der Zahl der Familien deutlich überdurchschnittlich (Abb. 95). Der höchste Alleinerziehendenanteil an den Familien findet sich mit 36 Prozent im Tal (Bezirk 04), allerdings leben in diesem Bezirk insgesamt weniger als 100 Familien. Stärker ins Gewicht fallen zahlenmäßig der Anger (Bezirk 40) mit einem Alleinerziehendenanteil von 31 Prozent, Büchenbach Nord (Bezirk 77) und Büchenbach Dorf (Bezirk 76) mit je 30 Prozent. Mehr als ein Viertel Alleinerziehende unter den Familien gibt es zudem in Bierlach (Bezirk 45), in Rathenau (Bezirk 41) und in der Altstadt (Bezirk 01). In Abbildung 96 sind die Anteile der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften an den Alleinerziehendenhaushalten in den Bezirken dargestellt. Die größten Anteile finden sich hier im Tal (Bezirk 04) mit 61 Prozent, in Büchenbach Nord (Bezirk 77) mit 58 Prozent, in Büchenbach Dorf (Bezirk 76) mit 43 Prozent und in Schönfeld (Bezirk 42) mit 40 Prozent. Die Anteile der Alleinerziehendenhaushalte an den Familien und die Anteile der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bei Alleinerziehenden zeigen eine ähnliche Verteilung. Das bedeutet, dass in den Gebieten, in denen sich unter den Familien ein großer Anteil Alleinerziehender befindet, in der Regel auch der Anteil der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bei den Alleinerziehenden hoch ist. Vergleicht man die kleinräumigen Anteile der Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften bei Alleinerziehenden nach der Wohnungssituation in den Bezirken (Abb. 97), wie sie im Kapitel „Wohnen“ anhand der Merkmale Pro-Kopf-Wohnfläche, Wohndichte und Anteil an Sozialmietwohnungen typisiert wurde, Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 ergibt sich ein klares Bild: Zwar ist der Anteil der Alleinerziehenden an den Familien sowohl in den Bezirken mit tendenziell guter Wohnungssituation, als auch in Bezirken mit tendenziell schlechter Wohnungssituation annähernd gleich, wenn man nur die Alleinerziehendenhaushalte betrachtet, die keine Leistungen nach SGB II beziehen. Nimmt man aber die Alleinerziehendenhaushalte mit SGB II-Bezug hinzu (in Abb. 97 hellblau dargestellt), erhält man in den Bezirken mit guter Wohnungssituation einen Alleinerziehendenanteil an den Familien von 16 Prozent, während dieser Anteil in den Bezirken mit eher schlechter Wohnungssituation bei knapp einem Drittel liegt. Hier wird wieder ein Segregationseffekt deutlich. 9.4 Ältere Menschen Die Erwerbsphase ist für die meisten Menschen mit Erreichen des 65. Lebensjahres beendet, für manche etwas früher, für andere etwas später. Dass der Eintritt in die Ruhestandsphase in der Regel keineswegs etwas mit Stillstand zu tun hat, belegt die Vielzahl an Begriffen, die mittlerweile ältere Menschen definieren. Trotz der Ausdifferenzierung der Lebensphase älterer Menschen ist die Gemeinsamkeit bei fast allen der Wegfall eines Einkommensbestandteils bei Beendigung der Erwerbsphase. Im Folgenden geht es also um die Bevölkerungsgruppe ab 65 Jahren. Die Altersgruppe der „älteren Menschen“ wird hierbei noch differenziert in die „Seniorinnen und Senioren“ im Alter ab 65 Jahren und die „Hochbetagten“ ab 80 Jahren. Die Bevölkerungsgruppe der älteren Menschen ist einem starken Wandel ausgesetzt: Hatten im Jahr 1950 nur etwa 4.100 Erlangerinnen und Erlanger das 65. Lebensjahr erreicht, was einem Bevölkerungsanteil von acht Prozent entspricht, stieg dieser Anteil kontinuierlich an auf zwölf Prozent im Jahr 1970, und 14 Prozent im Jahr 1990. Aktuell haben gut 20.000 Erlangerinnen und Erlanger das 65. Lebensjahr vollendet, was einem Anteil von rund 19 111 7.000 6.000 1998 2002 2006 2010 2014 5.000 4.000 3.000 2.000 1.000 65 bis unter 70 Jahre 70 bis unter 75 Jahre 75 bis unter 80 Jahre 80 bis unter 85 Jahre 0 85 Jahre und älter Abb. 98: Bevölkerungsentwicklung älterer Menschen nach Altersklassen während des Zweiten Weltkrieges handelt. Die Zahl der älteren Menschen wird noch stärker ansteigen, wenn die „Babyboom-Generation“ der 50er und 60er Jahre das Rentenalter erreicht. Die Formen des Zusammenlebens im Alter unterscheiden sich zwischen Männern und Frauen. Abbildung 99 zeigt Seniorinnen und Senioren nach ihrem Familienstand. Von den 65- bis unter 70-Jährigen Frauen sind 64 Prozent verheiratet, bei den Männern dieser Altersklasse sind dies 78 Prozent. Während dieser Anteil bei den Männern in den höheren Altersklassen kaum sinkt, fällt der Anteil der verheirateten Frauen immer stärker mit zunehmendem Alter. Dies liegt daran, dass in Paarbeziehungen der Mann häufig älter ist als die Frau, die durchschnittliche Lebenserwartung von Männern etwas geringer ist Prozent entspricht. Nach aktuellen Prognoserechnungen wird erwartet, dass die Zahl der Seniorinnen und Senioren in Erlangen in den kommenden 15 Jahren auf rund 23.000 anwachsen wird. Zudem steigt die Lebenserwartung und die Menschen werden immer älter: Die Zahl der Hochbetagten Erlangerinnen und Erlanger hat sich von 1950 bis heute etwa verzehnfacht. In Abbildung 98 ist die Entwicklung der älteren Menschen nach Altersgruppen dargestellt. Vor allem bei den Hochbetagten ist ein starker Zuwachs zu erkennen. Lediglich bei den 65- bis unter 70-Jährigen und zuletzt auch bei den 70- bis unter 75-Jährigen war die Zahl in den vergangenen Jahren rückläufig. Dies ist jedoch nur ein vorübergehender Effekt, da es sich hierbei um die niedrig besetzten Geburtsjahrgänge Frauen 65 bis unter 70 Jahre 5 70 bis unter 75 Jahre 5 75 bis unter 80 Jahre 5 80 bis unter 85 Jahre 4 85 Jahre und älter 13 25 57 9 38 49 6 57 33 8 16 16 64 6 74 13 Männer 65 bis unter 70 Jahre 70 bis unter 75 Jahre 5 75 bis unter 80 Jahre 4 80 bis unter 85 Jahre 3 79 78 20% ledig 8 11 7 36 60 40% verheirat 60% verwitwet 11 8 18 76 85 Jahre und älter 2 0% 4 78 7 80% 4 2 100% geschieden Abb. 99: Familienstand der Bevölkerung ab 65 Jahren nach Geschlecht zum 31.12.2014 112 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 250 200 Frauen 150 100 Männer 50 0 65 70 75 80 85 90 95 Alter Abb. 100:Alleinlebende nach Alter und Geschlecht zum 31.12.2014 und dass somit der Mann in der Regel vor der Ehefrau stirbt. Entsprechend steigt mit zunehmenden Alter der Anteil der Witwen, während der Anteil der Witwer nur moderat anwächst. Somit gibt es deutlich mehr alleinlebende Frauen als Männer (Abb. 100). Es ist davon auszugehen, dass die Situation von Seniorinnen und Senioren in Zukunft weiter in den Fokus rücken wird - dies nicht nur aufgrund der zunehmenden Zahl an älteren Menschen. Im Hinblick auf deren soziale Situation können in Zukunft Verschlechterungen nicht ausgeschlossen werden. Große Teile der Erwerbsbiografien der Menschen, die sich heute im Ruhestand befinden, fallen in die Zeit des „Wirtschaftswunders“, sind also geprägt von Zeiten der Vollbeschäftigung und ununterbrochenen Einzahlungen in die Rentenkasse. Es werden in Zukunft jedoch immer mehr Menschen das Rentenalter erreichen, deren Erwerbsphase überwiegend in die Zeit nach dem Ende des „Wirtschaftswunders“ fällt. Die Gruppe der Seniorinnen und Senioren umfasst also zunehmend Menschen, deren Erwerbsbiografie von prekären oder „atypischen“ Beschäftigungsverhältnissen geprägt ist: Befristete Beschäftigung mit Unterbrechungen und Beschäftigungsverhältnisse mit - von den Beschäftigten unfreiwillig in Kauf genommenen - Einschränkungen wie Teilzeitbeschäftigung oder geringfügige Beschäftigung führen dazu, dass oft bereits durch die Erwerbstätigkeit kein zureichendes Einkommen erzielt wird. Die Gesamtheit der Erwerbsbiografie schlägt sich schließlich wieder in der Höhe des Rentenbetrages nieder. Das Pro-Kopf-Einkommen der Seniorinnen und Senioren im Alter von 65 bis 80 Jahren liegt insgesamt um sieben Prozent unter dem gesamtstädtischen Durchschnitt. Differenziert man die Seniorinnen und Senioren jedoch weiter nach Geschlecht, zeigen sich größere Unterschiede, insbesondere wenn zusätzlich in Betracht gezogen wird, ob die Seniorinnen und Senioren alleine oder zusammen mit einem Partner im Haushalt leben (Abb. 101). Hier zeigt sich, dass Senioren im Allgemeinen besser situiert sind als Seniorinnen. Dies trifft insbesondere auf alleinstehende Seniorinnen und Senioren zu. Frauen sind hier häufiger alleine auf eine Witwenrente angewiesen. Aufgrund der demografischen Entwicklungen, die für die nahe Zukunft zu erwarten sind, erscheint es sinnvoll, die Einkommenssituation von Seniorinnen und Senioren im Auge zu behalten. Grundsicherung Ist die Rente unzureichend, kann auf Grundsicherung im Alter zurückgegriffen werden. Diese Form der Sozialleistung wurde im Jahr 2003 eingeführt, um Sozialleistungen für ältere Menschen von der klassischen Sozialhilfe zu trennen. Sozialhilfe und Grundsicherung sind zwar unterschiedliche Leistungssysteme, unterscheiden sich aber inhaltlich kaum voneinander. Ein großer Unterschied zwischen Sozialhilfe und Grundsicherung ist, dass bei der Grundsicherung die Erben nicht für Kostenersatz aufkommen müssen. Damit sollte verschämte und versteckte Altersarmut zurückgedrängt werden. Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung und die Bevölkerung außerhalb von Einrichtungen. Senioren in Einpersonenhaushalten +1 Senioren -2 Seniorinnen und Senioren in Paarhaushalten -5 Seniorinnen und Senioren insgesamt -7 Seniorinnen -10 Seniorinnen und Senioren in Einpersonenhaushalten -11 Seniorinnen in Einpersonenhaushalten -18% -16 -15% -12% -9% -6% -3% +/ 0 +3% Abb. 101:Einkommen von Seniorinnen und Senioren nach Geschlecht und Haushaltstyp (Abweichung zum gesamtstädtischen Durchschnitt) Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 113 Männer 2 Frauen 2 Männer 9 Frauen 14 0% 5% 10% 15% deutsche Staatsangehörigkeit nicht-deutsche Staatsangehörigkeit Abb. 102:Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht an der Bevölkerung ab 65 Jahren außerhalb von Heimen zum 12.2014 Aktuell beziehen rund 470 Erlangerinnen und Erlanger außerhalb von Heimen Leistungen zur Grundsicherung im Alter. Dies entspricht einem Anteil von 2,5 Prozent an der Bevölkerung ab 65 Jahren. Dieser Anteil ist zwar nicht besonders hoch, lag aber sechs Jahre vorher noch bei 1,9 Prozent. Betrachtet man die Entwicklung der Zahl der Bezieherinnen und Bezieher von Grundsicherung im Alter in Erlangen, ergibt sich ein Zuwachs von 38 Prozent. Insgesamt sind 57 Prozent der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter Frauen. Große Unterschiede zeigen sich zwischen Deutschen und Nicht-Deutschen. Da die für die Höhe der Rentenzahlung ausschlaggebende Erwerbsbiografie von Menschen mit Migrationshintergrund erst nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Deutschland beginnt, sind Nicht-Deutsche besonders häufig auf Grundsicherung im Alter angewiesen, hier insbesondere wieder die Frauen (Abb. 102). Bei kleinräumiger Betrachtung zeichnet sich ein ähnliches Bild ab wie bei anderen Sozialindikatoren. Die größten Anteile an Empfängerinnen und Empfängern von Grundsicherung im Alter finden sich im Tal (Bezirk 04) mit elf Prozent, in Büchenbach West (Bezirk 78) mit gut zehn Prozent sowie am Anger (Bezirk 40) und in der Altstadt (Bezirk 01) mit je sieben Prozent (Abb. 103). Rund 60 Prozent der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter verteilen sich allein auf die Bezirke Anger (Bezirk 40), Bierlach (Bezirk 45), Schönfeld (Bezirk 42) sowie auf Büchenbach (Bezirke 76, 77 und 78). unter 1 1 bis unter 2 2 bis unter 3 3 bis unter 4 4 und höher 80 81 82 10 70 71 77 78 01 04 12 73 76 21 20 11 22 23 02 24 25 03 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 45 62 52 50 51 63 Abb. 103:Anteil der Empfängerinnen und Empfänger von Grundsicherung im Alter an der Bevölkerung ab 65 Jahren außerhalb von Heimen zum 31.12.2014 nach Statistischen Bezirken 114 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 115 10.Zusammenfassung 11.Sozialindex - Kleinräumige Beobachtung sozialer Lagen 10. Zusammenfassung Abschließend soll ein zusammenfassender Überblick über die in diesem Bericht dargestellten Ergebnisse gegeben werden. Wie sich gezeigt hat, gibt es in Erlangen Bevölkerungsgruppen, deren Einkommen und soziale Lage deutlich nach oben bzw. nach unten vom Bevölkerungsdurchschnitt abweichen. Manche Gruppen treten dabei in unterschiedlichen Zusammenhängen immer wieder als „unproblematisch“ in Erscheinung, da sie über ein überdurchschnittliches Einkommen verfügen und kaum auf Sozialleistungen angewiesen sind. Dazu gehören z.B. die vollerwerbstätigen männlichen Singles. Andere Bevölkerungsgruppen treten wiederum in vielen Bereichen als besonders problembehaftet auf mit teilweise stark unterdurchschnittlichen Einkommen und hohen Quoten beim Empfang von Sozialleistungen. Hier sind vor allem alleinerziehende Frauen zu nennen. Bei der Betrachtung von Gruppen ist immer wichtig zu beachten, dass auch eine gruppeninterne Ausdifferenzierung existiert. Sicherlich gibt es auch in Erlangen vollerwerbstätige männliche Singles, deren verbleibendes Haushaltseinkommen nur unzureichend ist, weil „Vollerwerb“ unter prekären Arbeitsbedingungen nicht unbedingt den Lebensunterhalt gewährleistet. Andererseits finden sich alleinerziehende Akademikerinnen, die der Gruppe der Besserverdienenden angehören. Beide sind jedoch innerhalb „ihrer“ Gruppe eher Randerscheinungen. Die gegebene Betrachtungsweise liefert statistische Durchschnittswerte, bei denen einzelne Fälle, die für eine Gruppe eben nicht typisch sind, kaum zur Geltung kommen. Tatsächlich ist es so, dass die Durchschnittswerte bei Gruppen, die besonders stark mit sozialen Problemen belastet sind, durch solche untypischen Fälle eher „beschönigt“ werden. Leider ist der Ausdifferenzierung eine Grenze gesetzt, die insbesondere in der Datenverfügbarkeit begründet ist. Auswertungen können nur so weit differenziert werden, wie das vorhandene Datenmaterial noch zuverlässige Aussagen liefert. Aus diesem Grund ist es wichtig, Aussagen im Kontext von Zusatzinformationen zu interpretieren. Die alleinerziehende Mutter, deren Einkommen unterhalb der Armutsgrenze liegt, lebt eben in den allermeisten Fällen nicht am Burgberg, sondern eher am Anger. Die Abbildung 104 enthält eine ausgewählte Zusammenstellung der Abweichungen der Nettoäquivalenzeinkommen einzelner Bevölkerungsgruppen vom gesamtstädtischen Durchschnitt. Zusätzlich finden sich hier die Vergleichswerte aus dem Jahr 2008. Betrachtet man die Einkommensdifferenzen allein nach Geschlecht, so hat sich seit dem letzten Sozialbericht nichts verändert. Gravierende 118 Veränderungen zeigen sich aber bei den Singles: Während das Pro-Kopf-Einkommen männlicher Singles vor sechs Jahren noch 40 Prozent über dem damaligen Durchschnitt lag, ist die Differenz zum Durchschnitt mittlerweile auf acht Prozent geschrumpft. Bei weiblichen Singles entwickelte sich das Einkommen von drei Prozent über dem Durchschnitt auf 18 Prozent unter dem Durchschnitt. Ein wesentlicher Grund dafür könnte sein, dass sich die Zahl der Studierenden an der Friedrich-AlexanderUniversität seit 2008 von rund 20.000 auf heute etwa 30.000 erhöht hat. Zwar ist davon nur ein nicht näher bestimmbarer Teil in Erlangen mit Hauptwohnsitz gemeldet, die Zahl der 18- bis unter 25-Jährigen mit Hauptwohnsitz in Erlangen ist seit dem Jahr 2008 jedoch um rund 1.000 Personen angewachsen, was einem Zuwachs von zehn Prozent in dieser Altersklasse entspricht. Unter den Einpersonenhaushalten befinden sich also heute deutlich mehr Studentinnen und Studenten als noch sechs Jahre zuvor; damit hat der Anteil der Einkommensschwachen unter den Singles zugenommen. Dies spiegelt sich auch bei der Gesamtbevölkerung im Alter von 18 bis unter 25 Jahren, wo die negative Differenz zum Durchschnittseinkommen heute größer ist als im Jahr 2008. Auch unter der Bevölkerung mit Hochschulreife ist durch den Zuwachs an Studierenden der Anteil Einkommensschwacher gestiegen, so dass bei der Bevölkerung mit Hoch- oder Fachhochschulreife die Einkommensabweichung nach oben heute geringer ausfällt als ein paar Jahre zuvor. Die Situation von Familien hat sich verbessert, zumindest in Bezug auf das Durchschnittseinkommen. Vor allem die negativen Abweichungen bei Familien mit mehr als einem Kind sind deutlich kleiner geworden. Das Einkommen der Alleinerziehenden liegt heute „nur“ noch 23 Prozent unter dem gesamtstädtischen Einkommensdurchschnitt im Gegensatz zu 40 Prozent im Jahr 2008. Allerdings ist zu bedenken, dass die gestiegene Zahl an Studierenden in Erlangen auch dazu beiträgt, dass der Anteil einkommensschwacher Bevölkerungsgruppen insgesamt anwächst. Wenn von den 10.000 zusätzlichen Studentinnen und Studenten nur ein Drittel in Erlangen mit Hauptwohnsitz gemeldet ist bedeutet das, dass Erlangen seit 2008 um geschätzt mindestens 2.000 einkommensschwache Einwohner zugelegt hat, wenn bei diesen auch zum großen Teil die Einkommensarmut vorübergehender Natur und oft bereits unmittelbar nach Abschluss des Studiums beendet ist. Diese tragen aber dazu bei, dass das Erlanger Durchschnittseinkommen insgesamt leicht nach unten gezogen wird. Dies könnte auch erklären, warum außer bei den Einpersonenhaushalten in allen weiteren Haushaltstypen die Abweichungen zum Durchschnitt positiver ausfallen als sechs Jahre zuvor. Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 2014 Männer 2008 Frauen Deutsche Nicht-Deutsche Singles männlich Singles weiblich Paare ohne Kind Paare mit einem Kind Paare mit zwei Kindern Paare mit drei und mehr Kindern Alleinerziehende Bevölkerung 18 bis unter 25 Jahre Bevölkerung 25 bis unter 35 Jahre Bevölkerung 35 bis unter 45 Jahre Bevölkerung 45 bis unter 65 Jahre Bevölkerung 65 bis unter 80 Jahre geringfügig Beschäftigte Teilzeitbeschäftigte Vollerwerbstätige Rentnerinnen unrd Rentner Selbständige Leitende Angestellte Mittlere Angestellte Facharbeiter/innen Einfache Angestellte Un- und Angelernte Bevölkerung mit Volks-/Hauptschulabschluss Bevölkerung mit mittlerer Reife Bevölkerung mit (Fach-)Hochschulreife -60% -50% -40% -30% -20% -10% +/ 0 +10% +20% +30% +40% +50% +60% Abb. 104:Prozentuale Abweichung des Pro-Kopf-Einkommens 2014 und 2008 vom jeweiligen gesamtstädtischen Durchschnitt nach ausgewählten Merkmalen Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 119 11. Sozialindex - Kleinräumige Beobachtung sozialer Lagen Um kleinräumige Entwicklungen überblicken zu können, wird die „soziale Belastung“ auf einen einzigen abstrakten Indexwert reduziert. Da ein Einzelwert sehr kompakt ist, trägt er zur Übersichtlichkeit bei und ermöglicht es, langfristige Veränderungstendenzen leicht zu erkennen. Sind solche Entwicklungen erkannt, muss jedoch die Komplexität der Betrachtungsweise in Form detaillierter Analysen wieder erhöht werden. Der „Sozialindex“ ist ein Wert, der die durchschnittliche sozioökonomische Situation einer bestimmten Bevölkerung abbildet. Im Sozialbericht 20091 wurde bereits ein „sozialer Belastungsindex“ vorgestellt, der Hinweise auf Konzentrationen sozialer Problemlagen lieferte. Dabei handelte es sich allerdings um eine Momentaufnahme für das Jahr 2009. Da zur Bildung dieses Indexwertes auch auf Daten zurückgegriffen wurde, die nicht regelmäßig verfügbar sind, kann dieser Belastungsindex im vorliegenden Sozialbericht nicht identisch reproduziert werden. Stattdessen wird nun ein Sozialindex dargestellt, der diesen Nachteil nicht hat, da in ihn nur Daten einfließen, die jährlich in kleinräumiger Form verfügbar sind2. Folgende Werte sind bei der Bildung des neuen Sozialindex berücksichtigt: • Anteil der Sozialgeldempfängerinnen und Sozialgeldempfängern bei Kindern unter 15 Jahren, • Anteil der Personen in Bedarfsgemeinschaften bei der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 55 Jahren, • Anteil der Personen in Bedarfsgemeinschaften bei der Bevölkerung von 55 bis unter 65 Jahren, • Anteil der Arbeitslosengeld-Empfängerinnen und -Empfänger nach SGB III an der Bevölkerung von 15 bis unter 65 Jahren, • Anteil von Alleinerziehendenhaushalten an Familien, • Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Diese Anteilswerte werden auf Basis der Statistischen Bezirke jeweils anhand der Minimal- und Maximalwerte normiert, so dass der Bezirk mit dem kleinsten Anteil den Wert „0“ erhält, der Bezirk mit dem größten Anteil den Wert „100“. Als Minimal- und Maximalwerte werden jedoch nicht nur die Werte des aktuellen Jahres berücksichtigt, sondern zusätzlich die Werte der vergangenen drei Jahre. So wird gewährleistet, dass sich im Indexwert nicht nur die relativen Unterschiede zwischen den Bezirken abbilden, sondern auch längerfristige Niveauunterschiede. 1 Statistik aktuell 11/2009, S. 56ff. 2 Der Sozialindex orientiert sich am Augsburger Sozialindex, s.a. „Augsburger Sozialindex 2012“, Kurzmitteilungen aus Statistik und Stadtforschung der Stadt Augsburg, ePaper vom 13. November 2013 120 Aus den Einzelwerten wird ein Gesamtwert errechnet, der sich zwischen „0“ (keine sozialen Belastungen) und „100“ (sehr starke Belastung) bewegt. Die Datenlage ermöglicht die Berechnung des kleinräumigen Sozialindex auch für die zurückliegenden Jahre bis zum Jahr 2008. Zudem können die dem Index zugrunde liegenden Einzelindikatoren linear in die Zukunft fortgeschrieben und aus diesen wiederum ein Sozialindex errechnet werden. Somit ist eine - wenn auch vorsichtige - Prognose möglich, die die kleinräumigen Tendenzen unter der Annahme aufzeigt, dass die Entwicklung der Indikatoren in Zukunft ähnlich verläuft, wie in den fünf Jahren zuvor. Für fünf Bezirke werden keine Werte ausgewiesen, da die Bevölkerungszahlen dort für zuverlässige Aussagen zu niedrig sind: St. Egidien (Bezirk 51), Neuses (Bezirk 60), Häusling (Bezirk 73), Steudach (Bezirk 74) und Industriehafen (Bezirk 75). Abbildung 105 zeigt den Sozialindex 2014 nach Statistischen Bezirken. Die geringsten Problembelastungen finden sich in der Reuth (Bezirk 71), in Kriegenbrunn (Bezirk 62), in Dechsendorf Ost (Bezirk 81), dem Meilwald (Bezirk 21), sowie in Hüttendorf (Bezirk 63), Kosbach (Bezirk 70) und am Burgberg (Bezirk 20); in all diesen Bezirken liegt der Indexwert unter 20. Der Meilwald ist hier allerdings ein Sonderfall, denn dieser hat eine durch Alten-, Studenten- und Schwesternwohnheim geprägte Struktur, die nirgendwo sonst in Erlangen in dieser Form zu finden ist. Am anderen Ende der Skala steht der Bezirk Büchenbach Nord (Bezirk 77), gefolgt von Anger niedrig 80 hoch 81 82 10 70 11 71 77 78 01 04 12 73 76 21 20 22 23 02 24 25 03 33 30 40 41 75 42 32 74 43 44 61 60 45 62 52 50 51 63 Abb. 105:Sozialindex nach Statistischen Bezirken zum 31.12.2014 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 (Bezirk 40), Büchenbach Dorf (Bezirk 76) und dem Tal (Bezirk 04). Betrachtet man die Entwicklung des Sozialindex der vergangenen Jahre und die nach aktuellem Kenntnisstand vorhersehbaren zukünftigen Veränderungen, erhält man ein „Sozialbarometer“ (Abb. 106), mit dessen Hilfe kleinräumige Entwicklungstendenzen beurteilt werden können. Auffällig ist hier der Anstieg des Sozialindex im Bezirk Tal (Bezirk 04), der jedoch im Jahr 2014 wieder rückläufig war. Dies liegt vor allem an den unter 15-jährigen Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern. Deren Anteil ist im Tal von 19 Prozent im Jahr 2008 auf 30 Prozent im Jahr 2013 kontinuierlich angestiegen und im Jahr 2014 auf 21 Prozent zurückgegangen. In der Buckenhofer Siedlung (Bezirk 24) deutet der rückläufige Sozialindex auf einen kürzlich erfolgten Rückgang sozialer Belastungssituationen. Am Anger (Bezirk 40) ist der Sozialindex zwar durchgehend hoch, es zeichnen sich jedoch in den vergangenen Jahren tendenziell Verbesserungen ab. Hier sind die Anteile der Empfängerinnen und Empfänger Prognose Statistischer Bezirk 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 01 Altstadt 36,6 43,1 43,9 39,7 39,2 44,8 37,5 37,1 35,8 38,1 38,8 39,4 02 Markgrafenstadt 29,9 37,4 26,5 23,4 27,3 28,8 32,1 31,5 30,1 31,8 32,3 32,9 03 Rathausplatz 20,9 28,6 31,3 29,7 30,9 33,8 32,2 33,1 33,6 37,8 40,2 42,5 04 Tal 64,8 67,4 63,3 64,9 71,9 82,8 66,1 66,1 65,7 69,3 70,3 70,5 10 Heiligenloh 17,7 21,2 20,0 18,7 25,6 27,1 20,7 20,8 20,3 23,5 25,2 27,1 11 Alterlangen 18,8 24,5 24,3 19,8 22,1 24,7 21,9 21,7 20,7 23,1 24,4 26,1 12 Steinforst 31,9 38,2 33,0 30,3 33,0 33,1 33,0 32,0 30,4 32,4 32,8 33,2 20 Burgberg 13,1 17,0 16,9 17,5 21,0 26,1 19,8 20,5 20,8 24,7 27,2 29,8 21 Meilwald 18,7 21,6 15,8 13,4 14,9 10,1 17,8 17,0 15,7 17,6 18,6 20,0 22 Sieglitzhof 22,7 27,4 24,8 24,6 27,3 29,9 25,3 25,1 24,2 27,0 28,3 29,8 23 Loewenich 19,6 20,8 15,5 16,6 24,8 26,7 23,6 24,4 24,6 28,3 30,5 33,0 24 Buckenhofer Siedlung 39,0 41,4 40,2 38,3 37,5 40,8 33,7 32,8 30,9 32,6 32,8 33,3 25 Stubenloh 19,4 21,5 19,5 20,2 22,8 24,3 23,0 23,6 23,6 26,9 29,1 31,4 30 Röthelheim 32,0 30,0 31,2 28,0 30,0 34,2 31,7 32,3 32,3 35,8 37,7 39,9 32 Sebaldus 25,8 28,2 28,0 26,4 28,4 33,6 30,3 31,0 31,2 34,8 36,9 39,2 33 Röthelheimpark 35,2 42,5 40,9 39,5 44,1 45,7 43,7 44,5 44,4 46,8 48,5 50,1 40 Anger 80,7 87,7 81,4 75,5 82,2 80,1 73,6 71,3 68,2 68,4 66,7 64,6 41 Rathenau 58,5 66,0 62,1 58,0 62,4 63,2 61,6 61,1 60,0 62,3 62,5 62,5 42 Schönfeld 50,7 61,1 56,9 51,8 54,6 57,1 57,7 56,8 55,5 57,5 57,6 57,4 43 Forschungszentrum 29,0 28,9 26,0 30,3 31,8 30,5 26,2 25,6 24,7 27,3 28,5 29,8 44 Bachfeld 48,8 54,0 53,0 50,2 49,5 49,0 54,4 55,0 54,9 58,4 59,8 61,0 45 Bierlach 63,5 67,7 62,6 57,6 61,2 66,6 62,0 61,2 59,6 61,7 61,8 61,4 50 Eltersdorf 22,6 29,6 22,3 20,1 23,1 22,0 20,1 18,3 15,7 16,5 16,3 16,5 52 Tennenlohe 14,8 21,0 16,8 17,0 19,0 22,0 20,1 20,0 19,3 22,0 23,5 25,3 61 Frauenaurach 26,8 30,2 27,9 24,0 22,6 27,8 26,1 25,5 24,1 26,6 27,5 28,6 62 Kriegenbrunn 12,6 17,1 15,2 11,9 16,0 20,0 17,0 17,4 16,8 20,0 21,9 24,1 63 Hüttendorf 14,6 18,3 15,8 11,3 15,2 19,4 19,3 19,5 18,8 22,0 23,7 25,6 70 Kosbach 10,6 14,4 14,8 10,0 11,4 14,9 19,4 20,5 20,9 25,8 28,8 31,5 71 In der Reuth 13,4 22,1 16,9 15,8 18,4 22,7 12,3 10,5 8,1 8,3 8,2 8,8 76 Büchenbach Dorf 50,3 54,5 51,7 57,3 60,8 66,2 66,3 69,2 71,1 77,4 80,9 83,1 77 Büchenbach Nord 71,8 81,5 77,7 71,0 72,9 76,0 75,8 74,9 73,4 75,4 75,2 74,1 78 Büchenbach West 28,5 33,0 32,1 27,0 29,2 28,7 27,6 26,9 25,4 27,0 27,7 28,5 80 Dechsendorf West 17,2 24,5 18,5 16,6 16,1 24,6 20,6 19,8 18,3 20,9 21,8 22,8 81 Dechsendorf Ost 10,6 18,6 15,6 15,8 18,7 17,2 17,2 17,1 16,2 18,9 20,4 22,2 Abb. 106:Kleinräumiges Sozialbarometer 2008 bis 2014, Prognose 2015 bis 2019 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 121 von Hartz IV leicht rückläufig. Die weitere Entwicklung wird zeigen, ob dieser Trend anhält. Ein nahezu kontinuierlich ansteigender Sozialindex findet sich dagegen in Büchenbach Dorf (Bezirk 76). Hier sind vor allem die Anteile der Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfänger angestiegen. Deren Anteil hat sich bei den unter 15-Jährigen von zwölf Prozent im Jahr 2008 bis heute verdoppelt. Auch bei den älteren Hartz IV-Empfängerinnen und -Empfängern sind die Anteile angestiegen, wenn auch in deutlich geringerem Ausmaß. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist im gleichen Zeitraum von 39 auf 48 Prozent angestiegen. Wenn sich diese Entwicklungen der vergangenen Jahre in Zukunft fortsetzen, wird der Sozialindex in Büchenbach Dorf stark ansteigen. Sowohl die Bezirke mit negativen als auch die mit positiven Entwicklungen sollten in Zukunft genauer betrachtet werden, um sich den Ursachen solcher Entwicklungstendenzen zu nähern. Daraus können Strategien entwickelt werden, um Konzentrationen sozialer Problemlagen zukünftig zu vermeiden. Dies erfordert die systematische Beobachtung kleinräumiger Entwicklungen. Um dies zu gewährleisten, wird die Abteilung Statistik und Stadtforschung zusätzlich zur jährlichen Veröffentlichung der kleinräumigen Sozialstruktur und zum kleinräumigen Demografiemonitoring in Zukunft auch den kleinräumige Sozialindex jährlich fortschreiben. Damit steht ein weiteres Instrument zur Verfügung, das Anhaltspunkte für die Wirksamkeit lokaler Maßnahmen gibt. Gerhard Plietsch 02/2015 122 Stadt Erlangen, Statistik aktuell 6/2015 Statistische Bezirke der Stadt Erlangen 01 Altstadt 02 Markgrafenstadt 03 Rathausplatz 04 Tal 10 Heiligenloh 11 Alterlangen 12 Steinforst 20 Burgberg 21 Meilwald 22 Sieglitzhof 23 Loewenich 24 Buckenhofer Siedlung 25 Stubenloh 30 Röthelheim 32 Sebaldus 33 Röthelheimpark 40 Anger 41 Rathenau 42 Schönfeld 43 Forschungszentrum 44 Bachfeld 45 Bierlach 50 Eltersdorf 51 St. Egidien 52 Tennenlohe 60 Neuses 61 Frauenaurach 62 Kriegenbrunn 63 Hüttendorf 70 Kosbach 71 In der Reuth 73 Häusling 74 Steudach 75 Industriehafen 76 Büchenbach Dorf 77 Büchenbach Nord 78 Büchenbach West 80 Dechsendorf West 81 Dechsendorf Ost 82 Mönau
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