privé Mittendrin Die traut sich was: Statt rumzusitzen und auf Rollenangebote zu warten, eröffnete die Schauspielerin Sabina Schneebeli in Meilen einen Concept-Store. Interview Daniela Fabian Fotos Suter Caputo Sie hat sie alle gespielt: eine tanzende Katze (Musical «Cats», Hamburg), eine Bündner Tourismus-Chefin (in der TVSerie «Die Direktorin»), eine tapfere Ärztin (in der Soap «Tag und Nacht»), sie war beim «Tatort» engagiert und beim Kinostreifen «Ernstfall in Havanna». Die Zürcher Actrice ist erfolgreich. Und 52. «Aber die hiesige Theater- und Filmbranche hat für Frauen in den mittleren Jahren nicht viel übrig», sagt Schneebeli. «Obwohl die gerade die aufregendste Zeit ihres Lebens auskosten.» Schneebeli beweist, dass die schönste Rolle sowieso nur die ist: sich selbst zu sein. Dazu gehört auch, seine Träume zu verwirklichen. Statt auf der Bühne steht Schneebeli seit Kurzem in ihrer kleinen Boutique und verkauft nebst Rosen alles, womit sie am liebsten auch ihr eigenes Heim schmückt. Salons Boa Hair in Meilen zur Miete anbot, zögerten wir nicht lang und gründeten den Laden Epilog. Und fanden so das Glück. Ich könnte meinen Tag nicht schöner beginnen: Frühmorgens fahre ich zum Händler, suche die Rosen aus, bringe sie in mein Lager, putze sie und binde Sträusse. Wie das geht, hat mir Hugo beigebracht. Manchmal reissen mir die ANGEKOMMEN Sabina Schneebeli scheint mit 52 aufzublühen. Sie packt ein neues Projekt an. Je älter die Frau, desto spärlicher die Rollenangebote. Tut das weh? Natürlich. Ich stehe zwischen zwei Figuren, ich bin nicht mehr jung und noch nicht die Grossmutter. Schade, gibt es hierzulande nicht mehr Engagements für Frauen dieses Alters. Es ist eine spannende Zeit mit Auf- und Umbrüchen, das empfinde ich als eine grosse Bereicherung. Keine Trauer, dass die Jugend vorüber ist? Ich fühle mich heute wohler in meiner Haut als noch vor zehn Jahren. Klar entdecke ich körperliche Veränderungen und denke: «Läck, das sah schon besser aus …» Trotzdem möchte ich die Uhr nicht zurückdrehen. Abschied nehme ich nur von belastenden Dingen. Schweizer Illustrierte Style: Von der gefeierten Schauspielerin zur Lädelibesitzerin – ein interessanter Karriereschritt. Sabina Schneebeli: Ja, nicht wahr? Ich finde es spannend, neue Dinge auszuprobieren. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel Spass mir diese Aufgabe macht. Wie kamen Sie überhaupt auf diese Idee? Seit Jahren kaufe ich Rosen von Hugo Nydegger. Dabei habe ich Hugo erzählt, dass ich neben der Schauspielerei gern einmal etwas ganz anderes machen würde. Eines Tages fragte er mich, ob ich nicht seine Blumen verkaufen wolle. Ich lasse mich schnell für etwas begeistern und sah mich bereits in einem Lädeli stehen, umgeben von duftenden Rosen. Der Gedanke liess mich nicht mehr los, und ich überlegte mit meinem Freund Paul Kurath (ein Gartenbau-Unternehmer, Anm. der Red.), was zu Rosen passen könnte: Karten, Schalen, Vasen, so kam eins zum anderen. Als meine Coiffeuse Manuela Daluz uns einen Teil ihres Im Store geht es nicht um mich, sondern um meine Ware. In den Hintergrund zu treten, entspannt mich. Trotzdem gebe ich meinen Beruf nicht auf. Gerade brüte ich über einem Vierpersonenstück, auch eine Rolle in einem Kurzfilm ist geplant. «DAS DESSERT IST JETZT!» Die Kirschen des Lebens soll man nicht aufsparen, sondern essen. Kundinnen die schon aus den Händen, bevor ich sie einstellen kann. Es gibt aber auch Tage, an denen niemand Rosen möchte. Dann muss ich sie halt nach Hause nehmen (strahlt). Die Schauspielerei stellt ganz andere Anforderungen an Sie. Beim Spielen muss man auf Knopfdruck Leistung erbringen, sein Inneres nach aussen kehren. Die Aufmerksamkeit für meine Person ertrug ich all die Jahre eher schwer. Als zurückhaltender Mensch stehe ich nicht so gern im Rampenlicht. Zum Beispiel? Mich selber so wahnsinnig wichtig zu nehmen. Oder von Ängsten: nicht zu genügen, es immer allen recht machen zu müssen. Das war ein langer, aber befreiender Prozess. Ich spüre viel mehr Ruhe in mir, und ich lasse mich auch nicht mehr so schnell in eine Ecke drängen. Ihre Söhne Tim und Luca sind erwachsen, wie sehr beflügelt das Ihre Freiheit? Natürlich gibt mir das Luft und Raum, Dinge zu tun, die ich zurückstecken musste, solange die Kinder klein waren. Freiheiten gehen aber auch mit Loslassen 59 privé SPIEGLEIN … Eine Trouvaille vom Flohmarkt. Was fällt dort so schwer? Den Überblick nicht mehr zu haben. Wo sind sie? Was machen sie? Essen sie gesund, haben sie eine warme Jacke dabei? Tim besuchte zweieinhalb Jahre in New York die Schauspielschule, das war ein Lehrblätz für mich. Als ich ihn das erste Mal besuchte und sah, wie schäbig er wohnte, habe ich heimlich eine Träne verdrückt. Nicht mal sieben Quadratmeter gross war sein Zimmer, ohne Fenster, in einer düsteren Ecke Brooklyns. Aber es gehört halt dazu. Wenn man Künstler sein will, muss man auch unten durch. Sie selber haben ein bisschen was von Meg Ryan. Ach ja? Aber unoperiert, bitte sehr. Liessen Sie nie etwas machen? Ehrlich, das Thema langweilt mich. Uns nicht. Ich liess ein paar Flecken an den Händen weglasern. Und dieser hier (zeigt auf einen winzigen Schatten unterm Auge) stört mich. Der kommt auch noch weg. Ich habe Botox ausprobiert, aber ich finde es schwierig, wenn man keine Mimik mehr hat. Schauen Sie (verzieht das Gesicht zu Grimassen), das würde alles nicht mehr gehen. Benutzen Sie Anti-Aging-Produkte? Ich habe etwas Neues entdeckt, das übrigens auch bei mir im Epilog erhältlich ist: Schweizer Naturkosmetik von Robert und Josiane. In ihrem Serum Schöne Aussichten verwenden sie unter anderem Amalaki. Es soll verjüngende Wirkung 60 haben. Diese Stachelbeere aus Indien gibt es auch in Pulverform. Ich löse es in Wasser und trinke jeden Tag ein Glas davon. Amalaki ist mein neues Zauberwort. Sie haben immer noch die Figur einer Tänzerin, ernähren Sie sich streng gesund? Früher hat mir Essen nicht viel bedeutet, mit Paul lernte ich es schätzen, er kocht gern und gut. Von mir aus müsste es kein Fleisch geben, ich mag Fisch. Ich liebe auch Smoothies aus Früchten und Gemüse, gönne mir Pasta, aber kaum Brot. Ich esse, worauf ich Lust habe. “Ich habe bei Schwierigkeiten schon so vieles ausprobiert. Zur Stimme meines Herzens fand ich erst in der Stille.” SABINA SCHNEEBELI Wie haben Sie Paul kennengelernt? Beim Coiffeur. Der scheint ein zentrales Thema bei Ihnen zu sein … (Lacht.) Erst habe ich dort seine Mutter getroffen. Eine äusserst attraktive ältere Dame, sie lächelte und strahlte, obwohl sie warten musste. Ich fand sie herzig, so modern, mit roten Haaren, ich musste einfach zu ihr hin und ihr ein Kompliment machen. Dann kam ein wunderschöner Mann herein und grüsste sie, «Hoi, Mami». Er kaufte ein Shampoo und verlangte auch gleich die Rechnung seiner Mutter. Das fand ich rührend. Glauben Sie denn noch an die grosse Liebe? Auf jeden Fall. An Liebe überhaupt. Sie trifft einen ja nicht so oft. Das ist wahr. Wie erklären Sie Ihren Söhnen, wie Liebe funktioniert? Das erkläre ich ihnen nicht, das sollen sie selber herausfinden. Ich glaube auch nicht, dass sie das von mir hören wollen, sie würden sagen: «Ouuh Mama, häsch es ?!» Man kann nur versuchen, die Liebe vorzuleben durch Mitgefühl für Mensch, Tier und Umwelt. Durch Achtung und Respekt. Und Selbstliebe. Wenn man mit sich im Reinen ist, lernt man verzeihen. Liebe ist geben, ohne etwas zu erwarten. SITZLEDER Den romantischen AM TATORT Ihr Büro besteht bloss aus einer Nische im Shop. Dass die Zahlen stimmen, dafür sorgt Paul. epilog-laden.ch Sessel hat Sabina Schneebeli eigenhändig restauriert. EI, EI! Auerhuhn Frieda heisst im Entrée die Gäste willkommen. Wie leben Sie Mutterliebe? Da müsste man meine Söhne fragen. In der Kontinuität vielleicht? Präsent und immer da gewesen zu sein. Zu beschützen. Das war vielleicht auch mein grösster Fehler, dass ich sie zu sehr bewahren wollte vor Schmerz und Schwierigkeiten. Ihr Shop heisst Epilog. Warum? Tim fand diesen Namen. Es bedeutet Nachwort, dass noch etwas anderes kommt. Das Dessert sozusagen. Für die Nachspeise sind Sie noch zu jung. Das sehe ich anders. Wir sollten das Leben immer hier und jetzt feiern, solange wir können und gesund sind. Wozu aufsparen? Paul kauft gern etwas Schönes, und dann hortet er es. Letzthin einen Föhn. Ich: «Wo ist der neue Föhn?» Er: «Den sparen wir.» Auf wann? Wenn wir keine Haare mehr haben? Wie schafften Sie es, sich selbst das Gute zu gönnen? Ich hatte einen Lehrer, einen buddhistischen Mönch. Tenzin Wangyal Rinpoche. In einer schwierigen Phase besuchte ich seine Kurse und lernte seine Meditationspraktiken. Ich hatte vieles ausprobiert, nur manchmal hilft das Zerreden von Problemen nicht weiter. Zur Stimme meines Herzens fand ich in der Stille. HAIR & MAKE-UP: Nicola Fischer / Style Council einher. Das ist nicht immer einfach. Aber ich bin mir bewusst: Loslassen ist der Schlüssel zum Glück. Manchmal gelingt es mir besser, in Bezug auf meine Söhne habe ich allerdings zu beissen. SEHNSUCHT GESTILLT «Unter dem Kirschbaum im Garten – dort ist mein Lieblingsplatz.» ROSIGE AUSSICHT Blumen und Bücher gehören dazu. UNGEKÜNSTELT Zarte Vasen machen auch leer etwas her.
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