02 / 2015 Pensionszusagen Energie-Audit Altersverpflichtungen entwickeln sich zu gewaltigen Risiken. Doch Unternehmen können ihre Zusagen kalkulierbar gestalten. Brüssel verlangt strenge Maßnahmen zur Effizienz steigerung. Für international aufgestellte Konzerne wird es schwierig. Tax Compliance Health Check Schon beim Betriebsausflug können CFOs ihr blaues Wunder erleben, denn die Lohnsteuer steckt voller Tücken. Der Fehler liegt oftmals im System. Göttin Justitia in ihren schönsten Ansichten. Kreml Basilius-Kathedrale „Jesus der Erlöser“-Kathedrale Schokoladenfabrik „Roter Oktober“ EY Moskau Lomonossow-Universität Paveletskaya EY in Moskau • Auf Seite 56 finden Sie einen Rundgang mit Tobias Luepke. Türme aus rotem Gold EY Mitarbeiter in Moskau 2.672 TAX 541 Advisory 675 Assurance Transaction 1.129 327 Hier leben die meisten US-Dollar-Milliardäre Europas (85), weltweit übertroffen nur durch New York (103). Wenige Kilometer vom Kreml entfernt befindet sich Europas größte Baustelle. Mit „Moscow City“ entsteht ein ganzes Viertel auf insgesamt 2,5 Millionen Quadratmetern. Die russische Zentralbank hat seit 2005 ihren Goldbestand auf 1.238 Tonnen verdreifacht und nimmt weltweit Platz fünf ein. Zwei Drittel aller ausländischen Investitionen fließen in die Hauptstadt. Rund 25 Prozent des russischen Bruttoinlandprodukts werden in Moskau und der Region erwirtschaftet. 2 EY TAX & LAW Magazine 01 / 2015 Liebe Leserinnen, liebe Leser, manche Fehler passieren direkt vor unseren Augen. Wir bemerken sie nicht, weil sie schon immer da sind. Solche Fälle betreffen auch die verschiedenen Steuerarten. Ich meine an dieser Stelle konkret die Lohnsteuer. Vielen Unternehmen unterlaufen im Umgang mit der Lohnsteuer Arbeits fehler, wie meine Kollegen Ija Ramirez, Dr. Marcus G euenich und Karl Wirth in der Top Story dieser Ausgabe anschaulich darstellen. Mal werden Scheinselbstständige nicht als solche erkannt, mal hapert es mit der korrekten Versteuerung von Vergütungen oder Betriebsveranstaltungen, und auch im Umgang mit Auslandsaufenthalten ist so manche Hürde zu überwinden. Oft stecken systemtechnische oder prozessuale Versehen dahinter, was auch mit der verbreiteten Tradition zusammenhängt, dass die Personalabteilung die Lohnsteuer abwickelt. Ein Tax Compliance Health Check kann für Ordnung und Sicherheit sorgen. Ein anderes Schwerpunktthema ist die Energie-Audit. Brüssel verschärft einmal mehr die Vorschriften zum Energiemanagement, doch jedes Land kann seine eigenen Akzente setzen. Das sich abzeichnende nationale Gewirr macht es internationalen Konzernen besonders schwer, die Regelungen umzusetzen. Ab Seite 44 geben wir Ihnen einen ersten Überblick über die Herausforderungen. Trocken und kompliziert lauten zwei Adjektive, die der Steuermaterie gemeinhin anhaften. Umso mehr freuen wir uns über eine Auszeichnung, die nun dem Tax & Law Magazine zuteil geworden ist. Das International Institute for Information Design hat uns für die verständliche Darstellung komplizierter Steuersachverhalte ausgezeichnet. Das verstehen wir bei EY als Ansporn, Ihnen weiterhin steuerliche und juristische Entwicklungen näher zu bringen. Ich wünsche Ihnen eine gewinnbringende Lektüre und verbleibe herzlichst © AFP PHOTO / Valery Hache Ihre Ute Benzel Managing Partner Tax / Germany Switzerland Austria EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 3 © Thomas Lohnes/ Getty Images News 20 © istock Pensionszusagen entwickeln sich wegen der extrem niedrigen Zinsen zu gewaltigen Bilanzrisiken. Interne Treuhandmodelle bieten eine Möglichkeit, sich vor bösen Überraschungen zu schützen. 44 Brüssel verschärft die Vorschriften zum Energiemanagement. Für Konzerne mit Standorten in mehreren EU-Staaten wird es besonders schwierig. Worauf müssen Unternehmen jetzt achten? Spots 2 EY in Moskau 6 Global Law: Frauenquoten im europäischen Vergleich 3 Editorial Ute Benzel 8Crowdfunding 4Inhaltsverzeichnis 9 Lufverkehrssteuern und Tax Guides 10 Richter / Twittern / Auszeichnung 11 Interview Christian Freiherr von Stetten Top 12 Tax Compliance Was bei der Lohnsteuer falsch laufen kann und wie sich Unternehmen dagegen schützen. 4 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 52 © iStock © AFP PHOTO / Valery Hache Justitia wacht vor Gerichtsgebäuden in aller Welt – stets streng und nach Gerechtigkeit strebend, aber immer wieder einzigartig. Das Tax & Law Magazine gewährt Ihnen inter nationale Anblicke der römischen Göttin. 12 Den wohl größten Betriebsausflug veranstaltete eine chinesische Firma in diesem Frühjahr. Der Europatrip könnte auch lohnsteuerlich eine Herausforderung gewesen sein. Tax Law 20 Betriebspensionen Risiken beherrschen 44Energiemanagement Verschärfung ab 24Erbschaftsteuer EY-Kompromiss zur Güte Ende 2015 26Informationsaustausch Auf der Zielgeraden 46Kartelle Strafen umgehen 27Abschlussprüfung Berlin entschärft Brüsseler Vorgaben 47Städtebau Verträge zwischen Investoren und Kommunen 28Familienunternehmen Übertragung Schritt für Schritt 49Insolvenz Haftung bei einer Limited 29Fremdvergleich Hilfe beim DBA 50Ticker 30M&A Verrechnungspreise beachten 32Expats Ärger mit dem Kindergeld 33Compliance EEG-Umlagenbegrenzung 34Controversy Schätzen der Besteuerungsgrundlage 35Controversy Untätigkeit des Finanzamtes 36 Tipps für Sie Das Studium und die Steuern 38 Ticker / Termine / Publikationen 360° 52Justitia Göttin aus Stein 56 Mein Moskau Rundgang mit EY-Partner Tobias Luepke 57 Veranstaltungen / Impressum EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 5 Spots Europas Frauen in Führungspositionen Ab nächstem Jahr gilt in Deutschland eine Mindestquote für beide Geschlechter, wenn große Unter nehmen ihre Aufsichtsräte besetzen. Andere Staaten in Europa haben zum Teil schon viel früher gesetzliche Maßnahmen ergriffen, um den Anteil von Frauen in wirtschaftlichen Führungspositionen zu erhöhen. Insgesamt befindet sich das weibliche Spitzenpersonal in Europa noch sehr in der Minderheit, wenn auch in unterschiedlichen Ausprägungen je nach Land. Tax & Law gibt einen Überblick. Geschlechterverteilung in den Entscheidungsgremien * Tschechien Polen Österreich Irland Deutschland Italien Niederlande Luxemburg Portugal Spanien Frankreich Ungarn Dänemark Malta Belgien Griechenland Slowakei Island Bulgarien Zypern Kroatien Finnland Estland Vereinigtes Königreich Norwegen Litauen Lettland Slowenien Schweden Rumänien 6 4 4 4 6 7 8 9 9 9 10 11 11 12 13 13 13 13 15 15 15 16 16 17 17 18 19 20 21 23 23 Europäische Union Deutschland Niederlande Norwegen Einzelstaatliche Maßnahmen gelten in Brüssel als gefährlich für den Binnen markt. 2012 erarbeiteten mehrere Kommissare einen Richtlinienvorschlag, der bis heute keine verbindlichen Folgen nach sich zog. Danach sollen bis 2020 mindestens 40 Prozent der nicht geschäftsführenden Direktoren bzw. nicht geschäftsführenden Aufsichtsratsmitglieder dem unterrepräsentierten Geschlecht angehören müssen. Die Richtlinie soll ab 2020 für börsennotierte europäische Unternehmen gelten, ab 2018 bereits für börsennotierte öffentliche Unternehmen. Die Richtlinie spricht von angemessenen, abschreckenden Sanktionen, ohne konkreter zu werden. Die EU steht vor der Herkulesaufgabe, die verschiedensten Gesellschaftsformen mit teils monistischen, teils dualistischen Verwaltungsorganen unter einen Hut zu bringen. Grundsätzlich soll mit dem Aufsichtsrat begonnen werden, ergänzende Maßnahmen sehen dann auch Regelungen für den Vorstand vor. Über hundert börsennotierte Unternehmen, in denen die Arbeitnehmer voll mitbestimmungspflichtig sind, müssen bei Neubesetzungen des Aufsichtsrats eine Quote von mindestens 30 Prozent weiblicher Mitglieder einhalten. Daneben haben rund 3.500 der übrigen börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen verbindlich festzulegen, wie sie den Frauenanteil in ihren Führungs gremien erhöhen wollen. Eine sogenannte Flexiquote müssen u. a. AG, KGaA oder auch GmbH erfüllen. Seit 2011 gilt eine Quote von 30 Prozent bei allen Gesellschaften für Aufsichtsrat und Vorstand. Die Regelungen zur Implementierung betreffen jedoch nur große Gesellschaften (Unternehmenswert über 17,5 Millionen Euro, Nettoumsatz über 35 Millionen Euro, über 250 Arbeitnehmer). Als Sanktion für die Nichterreichung der Quote müssen diese Unternehmen die Gründe dafür in den jähr lichen Geschäftsberichten darlegen. Das nordische Land gilt international als Vorreiter in Sachen Geschlechtergleichbehandlung. 2008 führte Oslo eine gesetzliche Regelung mit herben Sanktionen ein. Die Quote liegt bei 40 Prozent in Verwaltungs räten, nicht börsennotierte Unternehmen sind jedoch von der Regelung ausgenommen. Eine Nichteinhaltung der Quote kann im schlimmsten Fall zur Auflösung der Gesellschaft führen. Vor Einführung wechselten fast 400 der betroffenen 563 Unternehmen ihre Rechtsform von börsennotierten Gesellschaften zu privaten Gesellschaften mit beschränkter Haftung, um der Quote zu entgehen. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Italien Schweden 8 6 − 8 Malta Global Law Spanien 8 Ungarn 4 Litauen 4 7 Island 4 6 Vereinigtes Königreich 4 Bulgarien − 3 Slowenien − 1 3 Frankreich − 1 3 Belgien − 1 2 Finnland Slowakei − 1 2 Niederlande Portugal − 1 Norwegen Polen − 1 1 Dänemark Luxemburg − 1 1 3 6 7 0 Deutschland Irland − 2 Kroatien Lettland − 2 Österreich Tschechien Estland Rumänien Veränderungen der Anteile weiblicher Führungskräfte von 2012 bis 2014 in Prozentpunkten Zypern Tendenziell weiblicher Griechenland Spots Stand: Oktober 2014, Quelle: Europäische Kommission (2015) 96 96 96 94 93 92 91 91 91 90 89 89 88 87 87 87 87 85 85 85 84 84 83 83 82 81 80 79 77 77 * Information zur Statistik: Die Europäische Kommission untersucht in regelmäßigen Abständen den Anteil von weiblichen und männlichen Mitgliedern in den beiden höchsten Entscheidungsgremien der größten börsennotierten Unternehmen. Hierzu zählen z. B. Aufsichtsrat, Vorstand und Board of Directors. Zuletzt wurden im Oktober 2014 rund 600 Unternehmen untersucht. Island Frankreich Belgien Spanien Seit September 2013 ist eine Quote von 40 Prozent Frauen in Verwaltungsräten in Kraft. Das Gesetz zielt auf staatliche Unternehmen und private Kapitalgesellschaften mit einer Beschäftigtenanzahl ab 50 Arbeitnehmern. Zusätzlich müssen Unternehmen mit 25 oder mehr Beschäftigten das Geschlechterverhältnis der Belegschaft sowie des Verwaltungsrats gegenüber dem Registergericht offenlegen. Das 2011 erlassene Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Verwaltungsund Aufsichtsrat sieht ab 2014 eine weibliche Beteiligung von mindestens 20 Prozent vor. Betroffen sind Unternehmen, deren Aktien zum Handel an einem regulierten Markt zugelassen sind oder die mindestens 500 Mitarbeiter bei einem Umsatz von über 50 Millionen Euro beschäftigen. Ab 2017 erhöht sich der Wert auf 40 Prozent. Diese Quote gilt ab 2020 auch für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern. Im Jahr 2011 führte das Königreich Regelungen zur Geschlechtergleichbehandlung ein. Mindestens 30 Prozent der Vorstandsposten sollen von Frauen besetzt sein. Diese Regelung gilt für staatliche Unternehmen ab 2012, für börsennotierte Unternehmen ab 2017 und für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) ab 2019. Als diese gelten Unternehmen, die bestimmte Schwellenwerte nicht übersteigen (Bilanzsumme 43 Millionen Euro, Nettoumsatz 50 Millionen Euro, 250 Arbeitnehmer) und deren Streubesitz unter 50 Prozent liegt. Nach achtjährigem Vorlauf will das Land ab diesem Jahr eine „ausgewogene“ Besetzung der Verwaltungsräte erreichen. Nicht weniger als 40 und nicht mehr als 60 Prozent eines Geschlechts sollen vertreten sein. Unter den Geltungsbereich dieser Regelung fallen Unternehmen, die zur Aufstellung einer Gewinn- und Verlustrechnung verpflichtet sind und zwei von den drei Kriterien erfüllen: Bilanzsumme mindestens 11,4 Millionen Euro, Jahresumsatz mindestens 20,8 Millionen Euro, durchschnittliche Mitarbeiterzahl 250 Arbeitnehmer. Als Anreiz für eine Quotenerfüllung sollen die vorbildlichen Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen bevorzugt werden. Quellen: Eigene Recherche, diverse Fachveröffentlichungen, Tagesspiegel, Handelsblatt, DIW, Europäische Kommission EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 7 Spots Crowdfunding & Co Alternative Finanzierungen über OnlinePlattformen sind auch in Europa auf dem Vormarsch. Nutzer sind zunehmend Start-ups und Mittelständler. © Brainpool/Willi Weber EY hat in Zusammenarbeit mit dem Cambridge Centre for Alternative Finance den europäischen Markt für alternative Finanzierungen über Online-Plattformen untersucht. Die Studie „Moving Mainstream: The European Alternative Finance Benchmarking Report“ kommt zu dem Ergebnis, dass das Transaktionsvolumen über Plattformen außerhalb des klassischen Bankensektors 2014 gegenüber dem Vorjahr um 144 Prozent auf fast drei Milliarden Euro gewachsen ist. Für 2015 erwarten die Experten einen weiteren rasanten Anstieg auf über sieben Milliarden Euro. „Aber das kriegen wir schon irgendwie hin, der Papa wird’s schon richten“, sagt Stromberg (Christoph-Maria Herbst). Das Crowdfundingprojekt „Stromberg – Der Film“ lohnte sich für die Investoren. Ab einer Million Kinobesuchern erhielten sie 50 Cent je weiterer Kinokarte. Am stärksten verankert sind alternative Finanzierungsformen in Großbritannien, wo zuletzt 2,34 Milliarden Euro und damit 80 Prozent des europäischen Gesamtvolumens eingesammelt wurden. Weit abgeschlagen folgen 998 752 354 275 93 111 80 7 6 Peer-to-peer business lending (Gleich-zu-GleichGeschäftskredit) Schuldbasierte Transaktionen zwischen institutionellen und privaten Investoren mit Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU). Hierbei tritt eine Bank oder häufiger eine Onlineplattform als Vermittler auf. Vorwiegend KMU erhalten so einen direkten Kapitalzugang. Vorteile sind die schnelle Vermittlung von Krediten, flexiblere Finanzierungsbedingungen, Transparenz und die einfache Nutzung. Peer-to-peer consumer lending (Gleich-zu-GleichVerbraucherkredit) Privatpersonen verleihen Geld direkt an andere Privatperso nen, ohne dass ein Finanz institut als Intermediär auftritt. Häufig werden Gelder von mehreren Personen über einen Onlinemarktplatz gebündelt und anschließend (meist unversichert) an den Kreditnehmer ausgegeben. So entstehen vergleichsweise kostengünstige Verbraucherkredite mit konkurrenzfähigen Zinssätzen für die Kreditgeber. 83 n. a. Invoice Trading (Handel von Rechnungen) Verkauf von Rechnungen oder offenen Forderungen durch Unternehmen mit einem Abschlag an einen Pool aus privaten oder institutionellen Investoren. Diese Form der Finanzierung wird häufig dann verwendet, wenn für die Erfüllung des Auftrags liquide Mittel benötigt werden. 120 34 30 Equity-based crowdfunding (Eigenkapitalbasierte Gruppenfinanzierung) Häufig mit dem Begriff „Crowd investing“ abgekürzt. Investoren erwarten eine finanzielle Gegenleistung im Erfolgsfall. Die Kapitalgeber e rwerben mit ihrem Investment meist Beteiligungen an Unternehmen, mit denen sie am jährlichen Gewinn und an der Wertsteigerung partizipieren. 17 Reward-based crowdfunding (Prämienbasierte Gruppen finanzierung) Das Investment der Geldgeber zielt auf einen nichtfinan ziellen Sach- oder sonstigen Gegenwert ab. Sehr beliebt ist reward-based crowdfunding etwa zur Finanzierung von Filmen oder Dokumentationen, bei denen die Investoren zur Premierenvorstellung exklusiv eingeladen werden oder im Abspann ab einem gewissen Betrag Erwähnung finden. Angaben in Millionen Euro für 2014 UK Europa (ohne UK) DE Quelle: EY, University of Cambridge, GreenRocket Überblick nach Ländern (Auswahl) Volumen in Millionen Euro von alternativen Finanzierungsmodellen 2.337 8 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 154 107 62 17 140 78 22 12 8,2 Sonstige 19,8 Spots Frankreich (154 Millionen), D eutschland (140 Millionen), Schweden (107 Millionen) und die Niederlande (78 Millionen). Pro Kopf haben die Briten 2014 durchschnittlich 36 Euro über Online-Plattformen investiert – und damit mehr als das Doppelte der zweitplatzierten Esten (17 Euro), während die Deutschen nicht einmal auf zwei Euro kamen. EY Global Publikationen Jetzt online: Worldwide Corporate Tax Guide & Worldwide VAT, GST and Sales Tax Guide 2015 In Deutschland verhindern Regulierungen eine stärkere Ausweitung von alternativen Finanzierungsformen. Mehr als die Hälfte der untersuchten Online-Plattformen in Deutschland gaben an, dass die Vorschriften unverhältnismäßig streng seien ; europaweit fanden das nur 24 Prozent der Plattformen. Grundsätzlich dürfen in Deutschland Vermögensanlagen nicht ohne einen Prospekt, den die BaFin zuvor gebilligt hat, öffentlich angeboten werden. Plattformen benötigen außerdem eine Erfolgsrechnung von Investoren, wenn mehr als 1.000 Euro in eine Crowdfunding-Plattform investiert werden soll. Werbung ist zudem nur in Printmedien möglich, jedoch nicht in den sozialen Netzwerken. Steuersysteme werden weltweit reformiert und unterliegen einem rapiden Wandel. Für die Unternehmensbesteuerung liefert unser beliebter Worldwide Corporate Tax Guide einen Status quo für mehr als 160 Länder. Mit einem speziellen Blick auf über 110 Länder im Bereich der indirekten Steuern steht Ihnen der Worldwide VAT, GST and Sales Tax Guide 2015 zur Verfügung. Tax & Law stellt die aktuell meist genutzten alternativen Finanzierungsmodelle vor. Umstrittene Luftverkehrssteuer 88 41 7 Sonstige Debt-based securities (Schuldbasierte Wertpapiere) Wertpapiere, bei denen der Kreditgeber eine unbesicherte Schuldverpflichtung meist mit einer Laufzeit zwischen zehn und 25 Jahren erhält. Diese Finanzierungsmethode unterscheidet sich von der Herausgabe von Anleihen durch andere Rechte und Pflichten. Von einem Intermediär können beispielsweise mehrere Unternehmensanleihen kombiniert werden, wobei das Risiko mittels Tranchen in verschiedene Klassen unterteilt wird, so dass Investoren individueller investieren können. Pension-led funding (Finanzierung mit Pensionsforderungen) KMU-Gesellschaften können ihr angesammeltes Pensionsfondskapital für Investitionen in ihr eigenes Unternehmen nutzen. Geistiges Eigentum wird dabei häufig als Sicherheit verwendet. Diese Form ist in Deutschland nicht erlaubt. Donation-based crowd-funding (Spendenfinanzierte Gruppenfinanzierung) Hierbei tragen zahlreiche Personen durch kleine Spenden größere Beträge für gute Zwecke, Projekte und Vereine zusammen. Den Spendern geht es primär darum, bei der Lösung von Problemen zu helfen und anderen Menschen Gutes zu tun. Der Bund hat im vergangenen Jahr durch die Luftverkehrssteuer eine Milliarde Euro eingenommen. Die deutschen Fluggesellschaften fordern indes die Abschaffung der Abgabe. Ihr Argument: Bei der Einführung der Steuer vor vier Jahren habe es geheißen, sie werde gesenkt bzw. ganz gestrichen, sobald die Luftfahrt in den Emissionshandel der EU einbezogen werde. Dies ist seit vergangenem Jahr der Fall. Das Bundesfinanzministerium entgegnet, dass die Steuer jährlich um den Prozentanteil abgesenkt wird, den die Unternehmen im Vorjahr für den Kauf von Emissionszertifikaten im Verhältnis zu einer Milliarde Euro aufgewendet haben. Damit wolle man eine Doppelbelastung der Luftverkehrswirtschaft vermeiden. Einnahmen aus der Luftverkehrsabgabe 838 Auslandsflüge 171 Inlandsflüge 32 Mehrwertsteuer auf Luftverkehrssteuer Inland Community shares and microfinance (Gemeinschaftsanteile und Mikrofinanzierung) Unter Mikrofinanzierung wird eine Kreditvergabe an lokale Kleinstunternehmer, Genossenschaften oder Gemeinschaftsorganisationen verstanden. Lokal gemeinnützige Klein(st)unternehmen erhalten somit Zugang zum Kapitalmarkt, aus dem sie sonst ausgegrenzt sind. Lokal verbundene Investoren unterstützen mit Kleinkrediten. 1041 Insgesamt Quelle: BMF, Statistisches Bundesamt, Angaben in Millionen Euro EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 9 Spots Wann schläft ein Richter ? © Hulton Archive „Ein Gericht ist nicht vorschriftsmäßig besetzt, wenn ein Richter während der mündlichen Verhandlung schläft und deshalb wesentlichen Vorgängen nicht folgt. Dass diese Voraussetzungen vorliegen, kann im Allgemeinen jedoch erst dann angenommen werden, wenn sichere Anzeichen für das Schlafen, wie beispielsweise tiefes, hörbares und gleichmäßiges Atmen oder gar Schnarchen oder eindeutige Anzeichen von fehlender Orientierung, gerügt werden.“ (BFHBeschluss vom 16. Juni 2009 X B 202/08, BFH/NV 2009, 1659) Auch Richter kann der Schlaf immer mal übermannen – wie auf diesem Bild aus dem 18. Jahrhundert. In der Mitte ruht Sir John Willes, damals oberster Richter am Zivilgericht in London. Es zwitschert aus Berlin Als Follower von Regierungssprecher S teffen Seibert erhält man auf Twitter politische Informationen aus erster Hand. Neben der wöchentlichen Videobotschaft der Kanzlerin kommuniziert Seibert zahlreiche Infos aus dem Tagesgeschäft des Bundeskabinetts in maximal 145 Zeichen. Allerdings nutzen die Bundes bürger diese Informationsquelle vergleichs weise wenig. Im Vereinigten Königreich folgen z. B. bereits mehr als sechs Prozent der Bevölkerung den getwitterten Meldungen ihres Premierministers. Auswahl der Twitter-Follower in Prozent der Gesamtbevölkerung # twitter @ BritishMonarchy | Vereinigtes Königreich 2,95 % @ IsraeliPM | Israel 2,80 % @ Kronprinsparet | Norwegen 2,46 % @ MinPres | Niederlande 1,94 % @ PresidenciaMX | Mexiko 1,94 % @ WhiteHouse | Vereinigte Staaten 1,60 % @ PrimeministerGR | Griechenland 1,21 % @ Elysee | Frankreich @ Presidencia | Portugal @ valtioneuvosto | Finnland 0,85 % 0,75 % @ CourGrandDucale | Luxemburg 0,75 % @ Palazzo_Chigi | Italien 0,73 % @ desdelamoncloa | Spanien @ trpresidency | Türkei @ Regsprecher | Deutschland 6,35 % 4,14 % @ GobiernodeChile | Chile 0,70 % 0,54 % 0,45 % Quelle: Twitter (Nennung des größten Twitteraccounts), Weltbank, März 2015 Tax & Law ausgezeichnet 10 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 SILVER aktualisieren 2014 rn ati ona l sig n IIIDaward e Int Das „International Institute for Information Design“ (IIID) hat das Tax & Law Magazine für seine verständliche Darstellung komplizierter Steuersachverhalte ausgezeichnet. Konkret würdigte die IIID-Jury die Info-Grafiken der Rubrik Global Tax mit dem silbernen Award in der Kategorie Financial für das Jahr 2014. e nD atio Instit ute for Inform Spots „Der Fehler muss beseitigt werden“ Christian Freiherr von Stetten über die Auswirkungen des Eckpunktepapiers zur Erbschaftsteuerreform auf Firmenerben und zukünftige Unternehmensübertragungen. Von Stetten: Wenn in Zukunft bei Übertragung von Unternehmensanteilen über einer Freigrenze von 20 Millionen Euro eine Bedürfnisprüfung im Privatvermögen stattfindet, bei der auch der nicht betriebsnotwendige Vermögensanteil eines Unternehmens zum Privatvermögen hinzugerechnet wird, ist das für zahlreiche Erben in Zukunft nicht mehr finanzierbar. Nehmen Sie einen Unternehmensanteil, der mit 100 Millionen Euro bewertet wird, und der sich nach Abzug aller Verrechnungsmöglichkeiten auf 70 Prozent betriebsnotwendiges Vermögen und 30 Prozent nicht betriebsnotwendiges Vermögen verteilt. Dann muss der Erbe für die 30 Millionen nicht betriebsnotwendiges Vermögen sofort 30 Prozent Erbschaftsteuer (also neun Millionen Euro) an das Finanzamt überweisen. Die verbleibenden 21 Millionen Euro nicht betriebsnotweniges Vermögen werden nun zu seinem bereits vorhandenen Privatvermögen hinzugezählt und bei der dann anschließenden Bedürfnisprüfung als vorhandenes Privatvermögen behandelt. Das heißt: Da die 70 Millionen Euro betriebsnotwendiges Vermögen über der Freigrenze von 20 Millionen Euro liegen, wären eigentlich 30 Prozent Erbschaftsteuer (21 Millionen Euro) an das Finanzamt abzuführen. Hierfür muss der Erbe jetzt 50 Prozent seines Privatvermögens (inklusive des verbleibenden nicht betriebsnotwendigen Vermögens von 21 Millionen Euro) einsetzen. Sie plädieren bei der Bedürfsnisprüfungsgrenze für eine höhere Summe als die vorgesehenen 20 Millionen Euro pro Unternehmensübertragung. Hebeln Sie damit nicht den Willen des Bundesverfassungsgerichts aus, da es dann nach Meinung von Kritikern kaum noch eine Bedürf nisprüfung gäbe? Wäre eine moderate Anhebung der erbschaftsteuerlichen Belastung bei Großunternehmen nicht verkraftbar? Von Stetten: In den Koalitionsverhandlungen haben die Parteien Steuererhöhungen für diese Legislaturperiode ausgeschlossen. Diese Vereinbarung gilt auch für die Erbschaft- und Schenkungsteuer. Wenn das Verfassungsgericht nun einzelne Paragrafen des Gesetzes moniert hat, müssen die Fehler zwar beseitigt werden, aber es darf zu keiner generellen Steuererhöhung kommen. Wie beurteilen Sie die Überlegung aus dem Finanzminis terium, das Verschonungsbedürfnis des Erwerbers unter Einbezug seines Privatvermögens zu ermitteln? Von Stetten: Dieser Schritt ist steuersystematisch nicht nachvollziehbar. Maximal sollte das ebenfalls mitübertragene Privatvermögen zu der privaten Bedürfnisprüfung herangezogen werden. Inwieweit sollten gesellschaftsrechtliche Verfügungsbe schränkungen in die Reform der Erbschaft- und Schen kungsteuer einbezogen werden? Ist dies überhaupt prak tikabel? Von Stetten: Natürlich ist das ein zusätzlicher Aufwand, aber für mich die Voraussetzung dafür, dass wir dieses Gesetz überhaupt verabschieden können. Wenn Erben in der Verfügung beschränkt werden, z. B. durch eine klare gesellschaftsvertragliche Regelung zur 80-prozentigen Thesaurierung des erwirtschafteten Gewinns, muss dies Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung des Erben haben. Wenn nur 20 Prozent dem Erben als jährliche Auszahlung zur Verfügung steht, dann können wir nicht von ihm verlangen, dass er die Erbschaftsteuer auf 100 Prozent des zu erwartenden Jahresgewinns zahlt. Zahlreiche Gesellschaftsverträge sehen auch Anteilsverkaufsverbote außerhalb der Familie vor und dann auch nur zu einem sehr geringen Veräußerungsbetrag, der knapp über dem Buchwert liegt. Wenn diese Beschränkungen nicht gesetzlich berücksichtigt werden, haben Erben großer Familienunternehmen keine Chance, dem Standort Deutschland treu zu bleiben. © Rudolf Prell Sie befürchten, dass die Eckpunkte des Bundesfinanz ministeriums zur Erbschaftsteuerreform für viele Firmen erben zu hohen Belastungen führen würden. Können Sie dies anhand von Zahlen verdeutlichen? Zur Person Christian Freiherr von Stetten ist Berichterstatter für das Thema Erbschaftund Schenkungsteuer der CDU/CSU-Bundestags fraktion. Zudem gehört er dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags an. Als Vorsitzender des Parlamentskreis Mittelstand (PKM) der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion führt er den mit 190 Parlamentariern größten fraktionsinternen Zusammenschluss des gesamten Bundestags. Von Stetten: Nein. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach betont, dass der Gesetzgeber sehr großen Spielraum bei der Neufassung des entsprechenden Paragrafen hat. Wenn wir als Gesetzgeber große Familienunternehmen mit Standorttreue und einem Versprechen zum Arbeitsplatzerhalt für besonders schützenswert halten, dann muss dies in der Gesetzesbegründung deutlich herausgearbeitet werden. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 11 Kein Pardon bei Lohnsteuer Verfehlungen bei der Lohnsteuer kosten Unternehmen viel Geld. Meist hapert es an den internen Strukturen und Prozessabläufen. Compliance Health Checks können CFOs vor einem blauen Wunder bewahren. D er wohl größte Betriebsausflug der Welt führte 6.400 Beschäftigte eines chinesischen Unternehmens in diesem Jahr nach Frankreich. Es war eine logistische Leistung, die Mitarbeiter in Paris auf rund 140 Hotels zu verteilen und in Cannes überhaupt ausreichend Zimmer zu organisieren. Doch auch steuerlich dürfte der Trip des Unternehmens eine Herausforderung dargestellt haben. Denn ein reiner Betriebsausflug war es wohl nicht. Die in Firmen-Blau gekleideten Chinesen posierten auf Straßen und an Stränden für ihr Unternehmen und machten daraus eine gewaltige Marketingveranstaltung. Sicherlich war die Europa-Sause auch ein Incentive für die fröhlich winkenden Mitarbeiter. Und wer weiß, ob nicht der ein oder andere Familienangehörige mitreisen durfte. Wie auch immer, die Finanzbehörden in Frankreich und China dürften sich anschließend akribisch über die Lohnabrechnungen, Hotelrechnungen, Bewirtungsbelege und sonstigen Spesen beugen und nachrechnen, ob Unternehmen und Beschäftigte auch überall korrekt die Steuern abgeführt haben. Wenn es um das korrekte Berechnen und Abführen von Steuern beim Personal geht, können auch deutsche Unternehmen ein blaues Wunder erleben – selbst wenn es sich nicht um Mega-Events handelt, sondern lediglich um alltägliche Routinen. Und das auch im Bereich der Lohnsteuer, der unter Steuerexperten bislang als eher langweilig galt. Schließlich sind hier die Möglichkeiten einer aktiven Gestaltung im Gegensatz zu direkten oder 12 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 indirekten Unternehmensteuern sehr begrenzt. Beim Erfassen und Abführen der Lohnsteuer schleichen sich jedoch immer wieder (und häufiger) Fehler ein, die sich zu Nachzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe summieren können. Plus Strafverfahren. Zu spät im Spiel Für viele Steuerabteilungen und ihre CFOs fallen solche Ärgernisse oft aus heiterem Himmel. Der Grund ist simpel: Die Lohnsteuer wird in der Regel von der Personalabteilung gemanagt, die Steuerabteilung kommt lediglich am Rande ins Spiel. Das hat historisch gewachsene Gründe und die Macht der Gewohnheit ist so groß, dass sich kaum jemand bisher darüber Gedanken macht. Würde man die Steuerabteilungen deutscher Unternehmen darüber befragen, ob sie für Steuern in Deutschland umfassend zuständig sind, würde die Antwort in den meisten Fällen „Selbstverständlich!“ lauten. Die Folgefrage, ob dies auch für die Lohnsteuer gilt, dürfte vielfach eher vage beantwortet werden, insbesondere verbunden mit der einschränkenden Bemerkung, dass für das laufende Procedere die Personalabteilung zuständig ist, und nur bestimmte Teilaspekte des Prozesses durch die Steuerabteilung durchgeführt werden, wie z. B. die technische Übermittlung der monatlichen Lohnsteueranmeldung oder die Betreuung von Betriebsprüfungen. Kein Wunder also, dass sich die Lohnsteuer für viele CFOs in einer Black Box befindet. Wurden die Kosten der teilnehmenden Familienmitglieder dem Mitarbeiter zugerechnet ? © AFP PHOTO / Valery Hache Steht die Veranstaltung jedem Mitarbeiter des Unternehmens offen ? Die wievielte Veranstaltung ist es in diesem Kalenderjahr ? che r deuts Gilt de rag von Freibet ie ro für d er 110 Eu ten“ od e d l e m n „ange ienene h c s r e die „ eiter“ ? Mitarb TOP Hunderte Milliarden Euro Ahnungslosigkeit schützt jedoch nicht vor Strafe. Erst recht nicht bei der Lohnsteuer, die für den Fiskus eine äußerst ergiebige und stetige Einnahmequelle darstellt. Allein im vorigen Jahr erbrachte die Lohnsteuer 168 Milliarden Euro, das sind 26 Prozent aller Steuereinnahmen. Da geben Finanzbeamte bei Verfehlungen immer weniger Pardon. Böse Absichten möchte man betroffenen Unternehmen gar nicht unterstellen. Die Lohnsteuer ist grundsätzlich für sie nur ein durchlaufender Posten. Unternehmen erfüllen hier für den Staat eine (nicht entgoltene) Treuhänderfunktion. Gleichwohl haben sie diese korrekt zu erfüllen. Nach bestem Wissen und Gewissen. Für CFOs ist die Lohnsteuer deshalb vor allem eine ComplianceAufgabe. Ein Health Check bzw. ein Compliance-Projekt helfen dabei, effiziente und nachvollziehbare Strukturen und Prozesse aufzubauen, um sich nicht dem Vorwurf des Organisationsverschuldens auszusetzen. Die Herausforderungen bei der Lohnsteuer beginnen damit, dass die operationelle Zuständigkeit meist bei der Personalabteilung liegt, diese auf Ebene der Geschäftsleitung als eigenständiges Ressort organisiert und nicht dem CFO unterstellt ist. Die Lohnsteuer zählt darüber hinaus – neben der Umsatzsteuer – zu den bedeutendsten operationellen Steuern im Unternehmen. Kennzeichnend dafür ist, dass viele operative Abteilungen (Vertrieb, Fuhrparkmanagement etc.) jenseits der Steuer- und der Personalabteilung involviert sind. Die Party mitgestalten Zu den praktischen Herausforderungen einer Steuer abteilung gehört es bei der Lohnsteuer zum Beispiel, so früh wie möglich von einem Kundenevent oder einer internen Mitarbeiterveranstaltung zu erfahren. Nur auf diese Weise lassen sich lohnsteuerliche Konsequenzen rechtzeitig ziehen und formale Aspekte berücksichtigen. Übersteigen die Aufwendungen des Arbeitgebers das ü bliche Maß, so geht die Finanzverwaltung davon aus, dass dem Arbeitnehmer ein geldwerter Vorteil zuzurechnen ist, der Lohnsteuer auslöst und sozialversicherungspflichtig ist. Hinzu kommen Querverwicklungen: Bestimmte lohn steuerlich relevante Sachverhalte haben auch unmittelbar umsatzsteuerliche Konsequenzen. Umso mehr muss ein Unternehmen einen effektiven und zeitnahen Informa tionsaustausch zwischen seinen verschiedenen Abteilungen sicherstellen. Genau daran mangelt es aber, wenn die Verantwortlichkeit für die Lohnsteuer beim Personal- und nicht beim Finanzvorstand angesiedelt ist. Angesichts der gesetz EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 lichen Verpflichtung, für die Lohn- und Umsatzsteuer monatliche Steueranmeldungen abzugeben, kann schon eine verzögerte Deklaration kostspiele Konsequenzen nach sich ziehen. Ein beliebtes Prüfungsgebiet von Betriebsprüfern besteht im Bereich der Umsatzsteuer darin, die vorsteuerrelevanten Rechnungen aus dem Januar des ersten Prüfungsjahres daraufhin zu kontrollieren, ob die Rechnung nicht bereits im Dezember des Vorjahres eingegangen ist. Falls ja, versagen sie den Vorsteuerabzug im Januar – das Unternehmen aber kann den vorangehenden Dezember wegen erhöhter Bestandskraft durch die Vorprüfung nicht mehr ändern. Richtige Reisevorbereitung Ohne klare Prozesse für die Abwicklung der Lohnsteuer schleichen sich Fehler ein, die zu einem Dauerproblem werden können. Wenn im Unternehmen zum Beispiel kein Bewusstsein dafür besteht, dass etwaige Zuwendungen oder Kostenerstattungen an Mitarbeiter meistens eine lohnsteuerliche Konsequenz haben, dann findet auch eine entsprechende Kommunikation zwischen Personal-, Finanz- und Entgeltabrechnungsabteilung gar nicht erst statt. Das passiert häufig im (lohnsteuerlich) sorglosen Umgang mit Auslandsaufenthalten von Mitarbeitern. Vor Entsendungen oder auch nur Dienstreisen ist jedoch darauf zu achten, dass die Vergütungen der Mitarbeiter im In- und Ausland richtig und vollständig abgegrenzt werden. Sehr oft werden Vergütungsbestandteile entweder gar nicht oder nur unvollständig nach Deutschland gemeldet und im Rahmen der Lohnabrechnung nicht erfasst. Die Folge kann eine unzureichende Lohnversteuerung in Deutschland sein, während im Ausland unerwartete Steuermehrbelastungen bei sogenannten Expats für Ärger sorgen. Bei Entsendungen ist auch auf bestehende Pensionspläne oder Stock-Options-Programme zu achten. In Staaten bestehen unterschiedliche steuerliche Anreize und arbeitsrechtliche Vorgaben von betrieblichen Pensionen. Böse Folgen können auch einfache Auslandsreisen von Mitarbeitern haben, die in Unternehmen mit einer SingleEntity-Struktur beschäftigt sind. Ist das Stammhaus in Deutschland und operiert das Unternehmen im Ausland nur mit Hilfe von Betriebsstätten, lösen auch einfache Dienstreisen von Mitarbeitern zum Stammhaus grundsätzlich eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung für das deutsche Unternehmen aus. Und zwar völlig unabhängig von der magischen Grenze von 183 Tagen und ob diese nun überschritten wird oder nicht. Dieses Problem kann man nur mit stringenten und gut geplanten Prozessen unter Leitung der Steuerabteilung in den Griff bekommen. TOP Teure Scheinselbstständige Richtig teuer kann die Beschäftigung von Scheinselbstständigen werden. Regelmäßig engagieren Unternehmen Fremdkräfte für die Erbringung bestimmter Leistungen. Flexibilität, Zugriff auf spezielles Know-how, die Abdeckung von projektbedingten Spitzen sowie ein gewisses Potenzial zur Senkung der Lohnnebenkosten zählen zu den Vorzügen von Fremdkräften. Im Unternehmen werden sie als selbstständig tätige Personen betrachtet und nicht durch die Lohnsteuerabrechnung erfasst. Es besteht jedoch ein hohes Risiko, dass sich eine selbstständig tätige Person später als ein sogenannter Scheinselbstständiger entpuppt. Etwa, wenn jemand eine selbstständige Erwerbstätigkeit beim Gewerbeamt und/oder Finanzamt angemeldet hat, obwohl die Voraussetzungen für eine unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegen, er also tatsächlich abhängig beschäftigt ist. Es gibt eine Reihe von Merkmalen, die auf eine Scheinselbstständigkeit hindeuten können ; letztlich ist jedoch immer eine Einzelfallbetrachtung und Gesamtwürdigung der Umstände erforderlich. Die Entscheidung über den Einsatz von Fremdkräften trifft stets die jeweilige operative Unternehmenseinheit. Eine Einbindung der Steuerabteilung bzw. der Entgeltabrechnung erfolgt in der Regel nicht. Somit findet auch keine Analyse der Beschäftigung von Fremdkräften aus steuerlicher oder sozialversicherungsrechtlicher Sicht statt. Entpuppt sich eine Fremdkraft allerdings als Scheinselbstständiger, ist diese Person aus lohnsteuerlicher, umsatzsteuerlicher und sozialversicherungsrechtlicher Sicht falsch behandelt worden. Bei gutverdienenden Fachkräften kommen schnell Nachzahlungen von 30.000 Euro pro Jahr allein an Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträgen auf die Unternehmen zu. Damit nicht genug. Haben Fremdkräfte in ihren eigenen Einkommensteuererklärungen Betriebsausgaben geltend gemacht, Umsatzsteuer in Rechnung gestellt und Vorsteuern abgezogen, wird es richtig kompliziert. Denn der Fiskus kann bei Scheinselbstständigkeit die Rückabwicklung all dieser Steueraktivitäten einfordern, was die betroffenen Unternehmen vor fast unlösbare Aufgaben stellt. Es gibt Unternehmen, die das Missgeschick mit scheinselbstständigen Fremdkräften mehrere Millionen Euro gekostet hat. Kritischer Umgang mit Fehlern Die genannten Fälle stehen stellvertretend für mögliche Fehler, die sich im Bereich der Lohnsteuer einschleichen können. Die Zahl der steuerstrafrechtlichen Aufgriffe nimmt spürbar zu, auch wenn die Beamten häufig betonen, dass eine Einschaltung der Bußgeld- und Strafsachenstelle des Finanzamts nur aus formalen Gründen erfolge und der einzelne Sachverhalt eigentlich nicht für strafrechtlich relevant gehalten werde. Neben einer kontinuierlichen Verkomplizierung des Steuerrechts und einer deutlichen Verringerung der Halbwertszeit von steuerlichen Regelungen liegt eine wesentliche Ursache in der gesetzlichen Verschärfung der Selbstanzeige zum 1. Januar 2015 sowie einer unverändert restriktiven Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Steuerstrafsachen. Auch wenn steuerliche Fehler in der Unternehmenspraxis bereits vom Sachverhalt her nicht mit einem verschwiegenen Auslandskonto im privaten Bereich vergleichbar sind, erhöht der Gesetzgeber mit der jüngsten Verschärfung der Selbstanzeigeregeln den Druck auch auf die Unternehmen – und die Finanzbeamten. Sorgen und Nöte der Beamten So muss sich der Finanzbeamte bei einer steuerlichen Korrektur von mehr als 25.000 Euro fragen, ob diese nicht als strafbefreiende Selbstanzeige gemäß § 371 AO zu werten ist und ein Selbstanzeige-Zuschlag zwischen zehn und 20 Prozent oder Hinterziehungszinsen von sechs Prozent p. a. festzusetzen sind. Kein Beamter möchte sich dem Vorwurf der Strafvereitelung im Amt aussetzen. Im Zweifel meldet er folglich jede Nachmeldung eines Unternehmens über 25.000 Euro an die Straf- und Bußgeldstelle, die sogenannte „kleine“ Staatsanwaltschaft im Finanzamt, die dann eine strafrechtliche Prüfung einleitet. Ärger und Kosten sind damit programmiert. Organisationsmodell der Entgeltabrechnung Ein klares Bild über Struktur und Anbindung schafft Fehlerquellen ab. 1 Strategie Die Strategie für die Entgeltabrechnung basiert auf der Antwort auf die Frage wie die Entgeltabrechnung zum Erreichen der Geschäftsziele beitragen soll. Typische Ziele sind eine rechtzeitige, fehlerfreie Bezahlung der Mitarbeiter, Kosteneffizienz und Compliance. 2 Aufbau organisation Die Aufbauorganisation der Entgeltabrechnung besteht aus unterschiedlichen Rollen, Verantwortlichkeiten und Berichtslinien, die häufig in der Funktion der Entgeltabrechnung zusammengefasst sind. 3 Ablauf organisation Die Ablauforganisation umfasst die Prozesse vom Input eines einzelnen Geschäftsvorfalls, über die Brutto-Netto-Rechnung bis zum Output in Gestalt von Auszahlung oder Meldewesen. Wichtig ist eine ganzheitliche Betrachtung aller Prozesse über die eigene Funktion oder das Unternehmen hinaus. 4 IT System Überwiegend werden Softwarelösungen für Entgeltabrechnung, Zeitmanagement und Finanzbuchhaltung eingesetzt. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 15 TOP Hinzu kommt eine Besonderheit bei der Lohnsteuer. Sie unterliegt nicht der Verzugsverzinsung bei verspäteter Abgabe. Deshalb fragen sich fragen Finanzbehörden häufig, wie der Zinsvorteil aus einer verspäteten Zahlung abgeschöpft werden kann. Da sich hier die Festsetzung von Hinterziehungszinsen oder eine im Bußgeldverfahren angesiedelte Verfallsanordnung (§ 29a OWiG) anbieten, werden die Überlegung häufig in Richtung Steuerstrafverfahren gelenkt. © iStock Vor zehn Jahren war es noch unvorstellbar, dass CFOs für lohnsteuerliche Verfehlungen strafrechtlich belangt wurden. Damals einigte man sich ohne viel Aufhebens auf rein steuerlicher Ebene. Heute befinden sich die Unternehmen Tax Compliance Health Check Nur durch eine systematische Bestandsaufnahme und Überprüfung der (Steuer-)Prozesse kann ein Unternehmen konkret feststellen, ob in seiner Steuerorganisation signifikante Prozessrisiken schlummern. Dem Health Check kann je nach Bedarf ein Compliance-Projekt folgen. Bei einem solchen Projekt kann es aber nicht um eine filigrane Einzelfallprüfung gehen, die im Ergebnis einer simulierten steuerlichen Außenprüfung gleichkommt. Selbst eine nahezu perfekt organisierte Steuerorganisation kann nicht verhindern, dass individuelle Arbeitsfehler und bedauerliche Ausreißer passieren. Sind im Vorfeld einer präventiven Überprüfung der (Steuer-)Prozesse keine konkreten Fehler bekannt – die gemäß § 153 AO ohnehin zu einer unverzüglichen Korrektur verpflichten – sollte eine Überprüfung sinnvollerweise eine Analyse der gesamten (Steuer-)Prozesse umfassen (siehe Seite 17). Projektvarianten Eine systematische Überprüfung der (Steuer-)Prozesse eines Unternehmens kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Einige Unternehmen entscheiden sich, mit der Steuerart zu beginnen, die nach einer ersten kursorischen Überprüfung das höchste Risiko aufweist. Häufig ist es die Lohn- oder Umsatzsteuer. Anhand der so gewonne nen Blaupause nehmen sie dann weitere Steuerarten ins Visier. Andere Unternehmen starten Projekte für sämtliche Steuerarten verteilt auf parallele Workstreams, was nur mit Hilfe einer stärker ausgebildeten Projektorganisation realisiert werden kann. Selbst bei Piloten sind inzwischen so genannte atypische Beschäftigungs verhältnisse verbreitet, ermittelte die Universität Ghent in einer Befragung von 6.000 Piloten in Europa. Im Fall von Scheinselbständigkeiten drohen den betroffenen Fluggesellschaften hohe Nachzahlungen von Steuern und Sozialabgaben. in einer unbequemen Verteidigungssituation. Viele CFOs und Steuerabteilungsleiter schlafen unruhiger und fragen sich, ob ihre Steuerorganisation im Ernstfall den hohen Anforderungen der Finanzbehörden genügt. Auch wenn (korrigierte) Lohnsteuer- und Umsatzsteuervoranmeldungen von einem Selbstanzeige-Zuschlag gemäß § 398a AO ausdrücklich ausgenommen sind, stellt sich für jeden Steuerverantwortlichen im Unternehmen die Frage, wie er sich trotzdem gegen nicht auszuschließende steuerstrafrechtliche Vorwürfe verteidigen kann. Denn für eine strafrechtliche Würdigung ist mitentscheidend, was ein Unternehmen im Vorfeld unternommen hat, um steuerliche Verfehlungen organisatorisch und personell zu minimieren. 16 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Den Projektvarianten ist gemeinsam, dass eine strukturierte Bestandsaufnahme des Ist-Zustands der Steuerprozesse stattfindet und die so gewonnenen Erkenntnisse mit dem anzustrebenden Soll-Standard verglichen werden. Daraus ergibt sich ein konkreter Handlungsbedarf, um den Mindeststandard des § 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) und darüber hinaus eine Qualitäts- und Effizienzsteigerung der Steuerorganisation zu erreichen. Mündet die präventive Überprüfung in ein kontinuierliches Monitoring der Steuerprozesse, sollte es um den Schlaf der Steuerverantwortlichen wesentlich besser bestellt sein. Im Falle des Falls können sich Geschäftsleitung und Steuermanagement wesentlich erfolgversprechender gegen strafrechtliche Vorwürfe der Finanzbehörden verteidigen. Schließlich bietet selbst eine optimal strukturierte Steuerorganisation zwar keine Garantie dafür, dass individuelle Fehler oder Ausreißer mit absoluter Sicherheit vermieden werden. Viel entscheidender ist in diesem Zusammenhang jedoch die Frage, ob alles Notwendige getan wurde, um einen solchen Fehler von vornherein zu vermeiden. Dieser Nachweis lässt sich mit einem dokumentierten Tax Compliance Health Check Projekt viel leichter und für die individuell Betroffenen wesentlich entspannter führen. TOP Tax Compliance Health Check und Tax Compliance Projekt: Mindeststandard und mehr Eine systematische Überprüfung der Steuerprozesse sollte mindestens die gesetzlichen Anforderungen des § 130 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) berücksichtigen. Dabei handelt es sich um den Bußgeldtatbestand („Verletzung der Aufsichtspflicht in Betrieben und Unternehmen“), der mit dem zentralen Kriterium der „gehörigen Aufsicht“ an die Steuerorganisation von Unternehmen anknüpft. Wichtig ist für ein Unternehmen, die Einhaltung der gehörigen Aufsicht durch eine angemessene und vollständige Dokumentation der Steuerprozesse nachzuweisen. Ausgehend vom Zentralbegriff der „gehörigen Aufsicht“ in § 130 OWiG konzentrieren wir uns bei der Prüfung auf vier maßgebliche Kriterien: • Aufgabenverteilung und Verantwortlichkeit Eine Geschäftsführung kann die Erfüllung von steuerlichen Aufgaben zwar delegieren, nicht jedoch die (persönliche) Verantwortung für die ordnungsgemäße Durchführung dieser Aufgaben. Daher müssen die Zuständigkeiten von der Ebene der Geschäftsleitung bis in die operativ zuständigen Fachbereiche klar geregelt und in umgekehrter Richtung die Berichtswege eindeutig festgelegt sein. Konkurrierende (Doppel-)Zuständigkeiten sind ebenso wie eine organisierte Unzuständigkeit zu vermeiden. Hat das Unternehmen eine Steuerrichtlinie und daran anknüpfend dokumentierte Steuerprozesse? Sind bestimmte Abteilungen, bei denen steuerrelevante Tatbestände stattfinden, z. B. Fuhrparkmanagement, Procurement, überhaupt auf dem steuerlichen Radar? Findet ein ggf. notwendiger Austausch zwischen HR und Tax statt, soweit lohnsteuerlich relevante Sachverhalte auch umsatzsteuerliche Konsequenzen haben? Mitarbeitern keine Prüfung der Gehaltsdaten auf Vollständigkeit. • Auswahl und Instruktion Steuerverantwortliche können nur dann Aufgaben mit enthaftender Wirkung delegieren, wenn die beauftragten Mitarbeiter die notwendige Kompetenz zur Erfüllung der Aufgaben besitzen, sorgfältig ausgewählt und instruiert wurden. Dies erfordert einen strukturierten Auswahlprozess und wirksame Schulungskonzepte. • Reaktions- und Eskalationsmechanismen Ein Steuerprozess ist nur dann hinreichend robust, wenn aufgetretene Fehler und Versäumnisse aufgrund wirksamer Kontrollen erkannt und durch Prozessveränderungen für die Zukunft wirksam vermieden werden. Dies bedeutet insbesondere, dass die Steuerprozesse Routinen für den Umgang mit Fehlern und einen wirksamen und angemessenen Sanktionsmechanismus für Regelverstöße enthalten müssen. Sind für alle Schlüsselpositionen Stellenbeschreibungen vorhanden? Werden Mitarbeiter regelmäßig geschult – und kann dies nachgewiesen werden? Sollte die Finanzverwaltung einen bestimmten Sachverhalt für strafrechtlich relevant halten, ist es wichtig zu dokumentieren, dass kompetente Mitarbeiter an den Schlüsselpositionen sitzen. Dann lassen sich Fehler als Ausreißer erklären. • Kontrolle Mit der Delegation von Aufgaben und Pflichten muss stets eine angemessene Überwachung der jeweiligen Steuerprozesse verbunden sein. Notwendigkeit und Umfang der Kontrollen (die aus Gründen der Beweisvorsorge dokumentiert werden müssen) orientieren sich am individuellen Risiko der betreffenden Steuerart. In der Praxis sind häufig zwei kritische Spielarten zu beobachten: Entweder werden durchaus sinnvolle Kontrollen durchgeführt, wie z. B. das Vieraugen-Prinzip vor Abgabe der Lohnsteueranmeldung, diese jedoch nicht dokumentiert. Oder es finden keine oder nur unzureichende Kontrollen statt, z. B. eine unkritische Übernahme der Daten von Shared Service Centern oder bei entsendeten Haben massive Beanstandungen z. B. bei der Lohnsteueraußenprüfung hinsichtlich Kundenveranstaltungen dazu geführt, dass die Prozesse angepasst und Fehler für die Zukunft wirksam vermieden werden? Wurde bei der Einführung eines neuen IT-Systems die Steuerabteilung ausreichend in das Design und Testing involviert? Gibt es Mechanismen, um auf gesetzliche Änderungen, z. B. ein neues Reisekostenrecht ab 2014, frühzeitig reagieren zu können? Tax Performance Advisory Über den Mindeststandard für eine Enthaftung gemäß § 130 OWiG hinaus ist es sinnvoll, beim Tax Compliance Health Check weitergehende Optimierungspotenziale aufzuzeigen. Diese ermöglichen im Idealfall ein tonangebendes Tax Compliance System („leading practise“). Zu den maßgeblichen Untersuchungsfeldern zählen Personal und Organisation, Technologie, Datenqualität und Schnittstellen, Prozesse und Arbeitsanweisungen, Steuerstrategie sowie Erfolgs- und Effizienzmessung (siehe auch Tax & Law Magazine 2014 Q3). Ihre Autoren Ija Ramirez Partner / Steuerberater [email protected] Dr. Marcus Geuenich Executive Director / Rechtsanwalt / Steuerberater Karl Wirth Partner / Diplom-Volkswirt [email protected] marcus.geuenich @de.ey.com EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 17 TOP Tax Dashboard: Tax Compliance im internationalen Konzern Den Finanzverwaltungen werden immer mehr rechtliche und technische Möglichkeiten an die Hand gegeben, international steuerliche Daten auszutauschen und automatisierte Verfahren zur steuerlichen Datenanalyse zu nutzen. Dementsprechend müssen sich auch internationale Konzerne wappnen, um Waffengleichheit durch steuerliche Prävention und Kommunikation potenzieller steuerlicher Risiken zu schaffen. Proaktives Compliance-Management und die Anforderung nach einem adressatengerechten Management-Reporting passen da gut zusammen. In einem internationalen Konzernverbund sind die jeweils einschlägigen lokalen steuerlichen Vorschriften einzuhalten. Das Steuerrecht ist häufig komplex und ein Regelverstoß kann schnell zu strafrechtlichen Maßnahmen und Reputationsschäden führen. Um dies zu vermeiden, werden bei der Erfüllung der steuerlichen Aufgaben regelmäßig unternehmensinterne lokale Spezialisten und unternehmensexterne Berater tätig. Liegt die Durchführung der steuerlichen Aufgabenstellungen teilweise oder gänzlich in Verantwortung des jeweiligen Unternehmens (dezentralisierte Organisation), verbleiben bei der Konzernsteuerabteilung häufig beratende, prozesssteuernde und überwachende Aufgaben. Mit anderen Worten: die Konzernsteuerabteilung setzt den Rahmen (Tax Governance) für die eigenverantwortliche Erfüllung lokaler steuerlicher Pflichten durch die Konzernunternehmen und achtet auf die Einhaltung der Vorgaben. Die Konzernsteuerabteilung benötigt zur Durchsetzung der erforderlichen Maßnahmen im Konzern die Unterstützung des Managements, klare Kompetenzregelungen sowie geeignete Softwarelösungen. Das Management wiederum, hat die berechtigte Erwartung, über den steuerlichen Compliance-Status, bestehende steuerliche Risiken, die aktuellen und geplanten steuerlichen KPI sowie die steuerlichen Auswirkungen von Projekten der Konzernunternehmen schnell und in verständlicher Form informiert zu werden. Mit der Konzeption eines Tax Dashboards lassen sich hierfür die notwendigen Grundlagen schaffen. Die benötigten steuerlichen Informationen werden für das Management-Reporting und die Überwachungsaufgaben der Konzernsteuerabteilung zentral verfügbar gemacht, mit eindeutigen Signalen versehen und grafisch ansprechend aufbereitet. Neue Dashboard-Technologien ermöglichen aber auch die automatisierte steuerliche Analyse von Rechnungslegungsdaten für ein steuerliches Frühwarnsystem. Auffälligkeiten können so identifiziert und genauer beleuchtet sowie Gegenmaßnahmen und Einzelprüfungen bereits frühzeitig eingeleitet werden, bevor der Betriebsprüfer detektivisch fündig wird. Interne Einflüsse • Strategie • Business / Operations • Governance Konzernsteuerabteilung und Tax Governance Gruppe Einzelgesellschaft Externe Einflüsse • Rechtlicher Rahmen • Wirtschaftlicher Rahmen • Branchenentwicklungen 18 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 • Vorgaben zur Auswahl des lokalen Steuerberaters • Systemgeber für Tax-Software • Überprüfung und Aktualisierung der Konzernsteuerrichtlinie • Überwachung der Umsetzung der Konzernrichtlinie (ggf. Interne Revision) • Überwachung steuerlicher Änderungen im Sitzstaat der Konzernholding • Koordination übergreifender Projekte • Koordination des steuerlichen Berichtsprozesses im KA • Projektmanagement • Koordination des steuerlichen Risikoreportings • Durchführung von Controlling gesprächen TOP Im Konzernverbund müssen unternehmensinterne lokale Steuer spezialisten und unternehmensexterne Berater in eine sachgerechte Compliance-Organisation eingebunden werden, welche verbindliche Regeln für die durchzuführenden Kontrollmaßnahmen, die Kommunikation in einem steuerlichen Frühwarnsystem und das Risikomanagement vorsieht. Mit dem Tax Dashboard hat die Konzernsteuerabteilung ein wirksames Instrument um ihren Überwachungsaufgaben nachzukommen und das Management mit wichtigen steuerlichen Informationen zu versorgen. Für ein funktionierendes steuerliches Frühwarnsystem gleichermaßen wichtig sind klare Vorgaben zur Kommunikation steuerlicher Sachverhalte an die Konzernsteuerabteilung. Unverzüglich sind steuerstrafrechtliche Vorkommnisse und das Erscheinen der Steuerfahndung an die gesetzlichen Vertreter und an die Konzernsteuerabteilung zu berichten. Zu berichten sind auch: • Betriebsprüfungsanordnungen und -feststellungen, • Betriebsprüfungshandlungen, die Konzernumlagen und Verrechnungspreise betreffen, • Akquisitions- und Umwandlungsvorgänge, • Änderungen des Geschäftsmodells und Steuerrechtsänderungen, die wesentliche Steuerrisiken auslösen können, • Ausgestaltung von grenzüberschreitenden Verträgen (mit einem entsprechenden Volumen), • identifizierte steuerliche Risiken im Einzelfall mit einem wesent lichen rechnerischen Steuereffekt einschließlich möglicher Bußgelder, Säumniszuschläge und Zinsen. Ihr Autor Jürgen Dahlke Partner / Wirtschaftsprüfer / Steuerberater [email protected] Darüber hinaus sollten regelmäßig (z. B. halbjährlich) ControllingGespräche mit den Steuerverantwortlichen der Konzernunternehmen stattfinden, damit die Konzernsteuerabteilung über die notwendigen Kenntnisse zum aktuellen Stand der wesentlichen Sachverhalte verfügt. EY Tax Dashboard Ausgangsumsätze Geographische Abgrenzung Steuerkennzeichen Weißrussland Polen 2014 Q1 Management Reporting C-Level Deutschland Buchungsdatum 2014 Q4 Land Frankreich (Alle) Italien Deutschland Frankreich Großbritannien Verwendung Steuerkennzeichen Österreich Entwicklung Steuerschuld Schweiz DE-A-Inland 0% DE-A-Lieferung Inland … DE-A-Lieferung Inland … DE-A-Lieferung Inland … 4M 4M Wert CH-A-Lieferung … Steuerbasisbetrag Beschreibung 2M Tax controlling Steuerabteilung 2M DE-A-Lieferung nonEU … Kennzahlnamen Bruttobetrag Steuerbetrag 0M 0M Januar April Juli Oktober Monat von Buchungsdatum [2014] Januar April Juli Oktober Monat von Buchungsdatum [2014] EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 19 Teure Versprechen Pensionszusagen entwickeln sich in den Unternehmensbilanzen zu gewaltigen Risiken. Dabei lassen sich die Verpflichtungen kalkulierbar gestalten. N iedrige Zinsen sind gut für Schuldner, schlecht für Sparer und brandgefährlich für Unternehmen mit Pensionsverpflichtungen. Diese können jede noch so glänzende Bilanz verhageln und Gewinnausschüttungen vermasseln. Von Jahr zu Jahr wird es schwieriger, mit dem reservierten Vermögen am Kapitalmarkt die versprochenen Renten zu erwirtschaften. Gleichzeitig zwingen die niedrigen Zinsen zu einem kräftigen Aufstocken der Pensionsrückstellungen. Trotzdem sind die Risiken – insbesondere die Auswirkungen auf den Gewinn – beherrschbar, sofern die Unternehmen bestimmte strategische und Abzinsungszinssätze gemäß § 253 Abs. 2 HGB Quelle: Bundesbank, Daten zum Ende des jeweiligen Monats, ab Juni 2015 Prognose EY 6 % 5 % Prognose EY 4 % 3 % 2 % 1 % 0 % Mai 2010 20 Mai 2011 Mai 2012 Mai 2013 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Mai 2014 Mai 2015 Mai 2016 Mai 2017 für alle Beteiligten tragbare Entscheidungen treffen. Dazu zählen zuallererst eine zeitgemäße Ausgestaltung der Pensionszusagen selbst und das Minimieren unerwarteter Effekte wie z. B. längere Lebenserwartungen. HGB hinkt hinterher Nach den allgemeinen Bilanzierungsvorschriften müssen Unternehmen langlaufende Verpflichtungen mit dem Marktzins diskontieren. Folglich steigen die ergebnismindernden Zuschreibungen des Gegenwartswerts von Pensionsverpflichtungen – und das derzeit in bisher ungeahntem Ausmaß. Für eine Bilanzierung nach IFRS bzw. US-GAAP liegt der EY-Referenzzinssatz für die Eurozone im Mai 2015 am unteren Ende bei gerade noch 1,37 Prozent, während der Diskontierungssatz nach deutschem Handelsrecht derzeit noch 4,26 Prozent zum Stichtag beträgt. Der Unterschied der Zinssätze begründet sich darin, dass für Zwecke des deutschen HGB zur Bestimmung des Rechnungszinses der durchschnittliche Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre heranzuziehen ist. Bei der HGB-Bilanzierung sorgt dieser Glättungseffekt nach § 253 Abs. 2 HGB i. V. m. der RückAbzinsV dafür, dass der HGB-Zins weniger volatil ist, als der Rechnungszins nach IAS 19, und sich der Zinsverfall langsamer in der Bilanz bemerkbar macht, weshalb entsprechend über die nächsten Jahre weiterhin mit steigenden Pensionsrückstellungen zu rechnen ist. © Thomas Lohnes/ Getty Images News Unter Leitung des Präsidenten Mario Draghi hat die Europäische Zentralbank am 4. September 2014 den Leitzins auf 0,05 Prozent gesenkt. Im Jahr 2008 lag er noch bei 4,25 Prozent. Ausfinanzierungsgrad von Pensions verpflichtungen im freien Fall Durch den massiven Anstieg der Pensionsrückstellungen, nicht nur bei Dax-Konzernen, sind die Verpflichtungen zur betrieblichen Altersversorgung, die Unternehmen ausgeschiedenen und aktiven Mitarbeitern zugesagt haben, allerdings auch immer weniger durch Vermögen gedeckt. Dabei bezeichnet man die Quote mit der die Pensionsverpflichtungen durch Vermögenswerte gedeckt sind als sogenannten Ausfinanzierungsgrad oder auch Deckungsgrad. Dieser ist in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich gesunken. Dies belastet vor allem Unternehmen, die sich kein aktives Management der Kapitalanlage leisten können oder wollen. Achtung bei Kreditverträgen Auf Basis der aktuellen Zinserwartungen lassen sich bereits heute die Auswirkungen auf kommende Jahresabschlüsse prognostizieren. Die Ergebnisse sollten Unternehmen zum Anlass nehmen, bestimmte Maßnahmen mit Blick auf die Ergebnisplanung, auf Ausschüttungsziele oder insbesondere auf Covenants zu erwägen. Schließlich verpflichten sich Unternehmen in Kreditverträgen in vielen Fällen, bestimmte Eigenkapitalquoten, Bilanzrelationsquoten oder andere finanzwirtschaftliche Kennzahlen einzuhalten. Höhere Pensionsrückstellungen infolge der extrem niedrigen Zinsen könnten daher zur Auflösung von Kreditverträgen führen. Spielraum bei den Bewertungsparametern Rasanter Anstieg Pensionsverpflichtungen der DAX 30-Unternehmen 2009 2010 2011 2012 2013 2014 222,4 249,3 257,4 310,9 301,8 372 Quelle: Geschäftsberichte, eigene Recherche, Angaben in Milliarden Euro Was sollen betroffene Unternehmen tun? Zunächst sollten sie die Bewertungsparameter für ihre Pensionsrückstellungen überprüfen. Entsprechen die Annahmen zu Inflationserwartung oder Gehaltssteigerungstrends noch den heutigen Gegebenheiten? Selbst scheinbar geringfügige Anpassungen haben durch die langen Laufzeiten und den Zinseszinseffekt erhebliche Auswirkungen auf die Verpflichtungshöhe. Diese Anpassungen schlagen allerdings nicht auf die Steuerbilanz und damit die tatsäch lichen Steuerzahlungen durch, denn künftige Pensionsleistungen sind gemäß § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 2, 2. Halbsatz EStG mit dem Betrag anzusetzen, der sich nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag ergibt. Allen falls in der Handelsbilanz ist ein gewinnmindernder steuerlicher Gegeneffekt aus einer korrespondierenden Verringerung aktiver latenter Steuern zu erwarten. Covenants ist ein Sammelbegriff für Nebenvereinbarungen und Zusatz klauseln in Kredit verträgen nach denen sich z. B. ein kreditnehmendes Unternehmen verpflichtet, bestimmte Eigenkapitalquoten, Bilanzrelationsklauseln oder sonstige finanzwirtschaft liche Kennzahlen einzuhalten oder andernfalls z. B. den Zins oder andere Kreditbedingungen an die geänderte Risikosituation anzupassen. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 21 TAX Biometrische Parameter Flankierend können Unternehmen die biometrischen Parameter zur Sterbe- oder Invaliditätswahrscheinlichkeit anpassen. Soweit handels- und steuerrechtlich bislang die Richttafeln von Heubeck für die Bewertung der Pensionsrückstellung zu Grunde gelegt wurden, könnte eine Änderung bei manchen Unternehmen den Rückstellungsbedarf reduzieren. Die Berücksichtigung anderer oder modifizierter biometrischer Rechnungsgrundlagen als den sogenannten Heubeck-Richttafeln ist nicht nur im Handels-, sondern auch im Steuerrecht grundsätzlich zulässig, kommt jedoch nach Verwaltungsauffassung nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht. Falls sich dadurch die Rückstellungen reduzieren, erhöhen sich der handelsrechtliche Gewinn, das steuerliche Einkommen und damit auch die tatsächlichen Steuerzahlungen. Ob in Fällen der gewinnerhöhenden Rückstellungsreduzierung eine Verteilung des Anpassungsbetrags auf mindestens drei Wirtschaftsjahre nach § 6a Abs. 4 Satz 3 EStG zur Anwendung kommen darf, ist indes fraglich. Hier besteht Auch wenn das Gewicht der Pensionseine steuerliche Unsicherheit, welche rückstellungen in den Handelsbilanzen Rechtsauffassung die Finanzverwalstark zugenommen hat, können die tung vertritt. Dem handelsrechtliUnternehmen steuerlich daraus keine chen Ertrag steht also grundsätzlich Reduzierung der laufenden Steuerzahein steuerlicher Gegeneffekt bei den lungen erwarten. Durch den in § 6a EStG laufenden Steuern gegenüber. gesetzlich festgeschriebenen Zinssatz von sechs Prozent bleibt nämlich die steuerliche Bewertung einer PensionsAlternative Gestaltungsrückstellung unberührt. Zu hoffen wäre, möglichkeiten dass die Bundesregierung dem aktuellen Die handelsrechtlichen Folgen der Niedrigzinsumfeld durch Absenken des Minizinsen sollten Unternehmen steuerlich anzuwendenden § 6a-Zins auch zum Anlass nehmen, sich über satzes Rechnung trägt, wenn sich das mögliche und zulässige Gestaltungsderzeitige Zinsniveau weiter verfestigt. alternativen der Altersversorgung an sich Gedanken zu machen. Hat Durch die zunehmenden Bewertungsder Arbeitgeber seinem Arbeitnehunterschiede gewinnen allerdings mer erst einmal eine Pensionszulatente Steuern an Bedeutung, denn die sage erteilt, kann er sich zwar aus handelsrechtliche Ergebnisbelastung dieser Versorgungsverpflichtung aus den Niedrigzinsen wird durch die Beaufgrund strenger arbeitsrechtlicher rücksichtigung aktiver latenter Steuern Vorschriften nicht mehr ohne weizumindest teilweise kompensiert. Dabei teres befreien. Er kann diese aber ist jedoch zu beachten, dass in der Bilanz durchaus im Sinne aller Beteiligten ausgewiesene aktive latente Steuern gestalten. Dabei unterliegen bereits nach § 268 Abs. 8 Satz 2 HGB grunderdiente Anwartschaften einem besätzlich zu Ausschüttungssperren führen sonders strengen arbeitsrechtlichen soweit sie die passiven latenten Steuern Besitzstandsschutz. Dies schränkt übersteigen. den Gestaltungsspielraum des Arbeit- 22 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 gebers zusätzlich ein, sich von unliebsamen bilanziellen Auswirkungen bestehender Pensionszusagen zu befreien. Es verbleibt ihm jedoch die Möglichkeit, die Art der Durchführung der betrieblichen Altersversorgung zu ändern und die Versorgungsverpflichtung teilweise oder vollständig auf einen nicht bilanzberührenden Durchführungsweg zu übertragen. Raus aus der Bilanz Zur Verfügung stehen dem Arbeitgeber insbesondere der neu überarbeitete Durchführungsweg des Pensionsfonds und die (rückgedeckte) Unterstützungskasse. Die Finanzierung erfolgt grundsätzlich nach dem Kapitaldeckungsverfahren. Der steuerliche Betriebsausgabenabzug ist zwar für Pensionsfonds nach § 4e EStG und für Unterstützungskassen nach § 4d EStG beschränkt, stellt aber selten die Übertragung insgesamt in Frage. Entsprechend kommt es bei der Übertragung zunächst nicht zu einer Lohnversteuerung, später aber zu einer nachgelagerten Besteuerung bei Rentenbezug. Der gewählte Versorgungsträger übernimmt im vereinbarten Umfang die Erfüllung der Pensionszusage und erhält dafür finanzielle Zuwendungen. Kommt es zur Übertragung einer Pensionszusage auf einen der genannten Durchführungswege, ist die Pensionsrückstellung in der Handelsbilanz soweit aufzulösen, wie der externe Versorgungsträger die Verpflichtung übernimmt. Liegt eine mittelbare Zusage vor, so braucht keine handelsrechtliche Rückstellung gebildet werden, wenn aufgrund eines nicht ausreichenden Vermögens der Versorgungseinrichtung eine Unterdeckung verbleibt (Passivierungswahlrecht). In der Steuerbilanz führt die Übertragung einer Pensionszusage auf einen Pensionsfonds oder eine rückgedeckte Unterstützungskasse gegen Einmalbeitrag oder laufenden Beitrag grundsätzlich zur Ausbuchung der Rückstellungen nach § 6a EStG. Aufgrund steuerlicher Einschränkungen des Betriebsausgabenabzugs sowie der engen lohnsteuerfreien Dotierungsgrenzen ist besonders auf die erfolgsneutrale Gestaltung der Übertragung zu achten. Vorteilhaftes Treuhandmodell Eine besondere Form der Absicherung von zukünftigen Pensionszahlungen ist die interne Liquiditätsvorsorge mittels einer Treuhandlösung, dem sogenannten Contractual Trust Arrangement (CTA). Ein solcher CTA, auch Pensionstreuhand oder Treuhand-Modell bezeichnet, dient der Finanzierung von Pensionen und kann darüber hinaus zur gesetzlich geforderten Insolvenzsicherung von Alters- TAX teilzeitguthaben und sogar von Zeitwertkontenmodellen eingesetzt werden. Beim CTA geht es vor allem darum, die Bilanzkennziffern zu verbessern, die bestehenden Versorgungsverpflichtungen zu finanzieren und einen verbesserten Insolvenzschutz zu ermöglichen. Ein CTA bietet flexible Dotierungsmöglichkeiten. Es bestehen kaum Kapitalanlagebeschränkungen noch gibt es Vorgaben, in welcher Höhe oder in welchen Zeiträumen die Dotierung des CTA zu erfolgen hat. Vereinfacht stellt sich die Struktur eines CTA im Wege einer doppelseitigen Treuhand wie folgt dar. Versorgungsansprüche Arbeitgeber Versorgungszusage Vermögens übertragung Treuhandvertrag Verwaltungs treuhand Echter Vertrag zu Gunsten Dritter Treuhänder Pension Trust e. V. Kapitalanlage Vermögensgegenstände als Deckungsvermögen bzw. Planvermögen gemäß IFRS oder US-GAAP zu qualifizieren sind, ist eine Saldierung nicht nur möglich, sondern zwingend erforderlich. Dies führt regelmäßig zur Verkürzung der Handelsbilanz und damit zur Verbesserung verschiedener betriebswirtschaftlicher Kennzahlen. Fazit Im Ergebnis wird deutlich, dass trotz des aktuellen Niedrigzinsumfeldes die Risiken und Gewinnbelastungen der traditionellen Pensionszusage beherrschbar sind, sofern die Unternehmen strategisch langfristige und für alle Beteiligten tragbare Entscheidungen bei der betrieblichen AltersversorAktive / ehemalige gung treffen. Dazu zählt zuallerArbeitnehmer erst die zeitgemäße Ausgestaltung der Pensionszusagen selbst, wodurch der Aufwand für das Unternehmen planbarer wird und gleichzeitig unerwartete Effekte, Sicherungstreuhand z. B. aus Langlebigkeit, minimiert werden können. Gleichzeitig kann durch eine einzelfallangemessene Auswahl der Bewertungsparameter einschließlich der Erstellung von Langzeitprognosen die zuz. B. Kapital künftige Entwicklung und damit anlagegesellschaft die Auswirkung auf die Unternehmensbilanz vorhersehbarer gestaltet werden. Durch Einrichtung eines CTA und Übertragung von Assets auf den Treuhänder hält dieser grundsätzlich das rechtliche Eigentum an den Vermögensgegenständen. Gleichzeitig verbleibt aber das wirtschaftliche Eigentum beim Unternehmen als Treugeber und ist entsprechend den allgemeinen Bilanzvorschriften zu bilanzieren. Sofern Diese Maßnahmen, ergänzt durch eine maßgeschneiderte und flexible Finanzierung der Pensionen, z. B. durch eine interne Treuhandlösung oder durch Übertragung auf einen externen Versorgungsträger, zeigen den Weg einer zukunftsfähigen betrieblichen Altersversorgung, auf die künftig immer mehr Menschen angewiesen sein werden. Ihre Autoren Janis Leckschas Senior Manager / LL.M. Dr. Andreas S. Bolik Senior Manager / Steuerberater [email protected] [email protected] EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 23 TAX Kompromiss zur Güte Im Zuge der heftigen Diskussion um die Novelle des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes legt EY einen eigenen Reformplan vor. Dr. Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, auf dem Gipfelgespräch Familienunternehmen am 14. April 2015 von EY. 24 B ei den großen Familienunternehmen kreist der Fokus im Wesentlichen um das Verschonungsbedürfnis: Wann gilt der Erbe von Betriebsvermögen als bedürftig, um von der Steuer verschont zu werden? Auf welcher Ebene soll die Prüfung ansetzen – auf Seiten des Unternehmens oder des Erwerbers? Und inwieweit kann und muss auch das Privatvermögen des Erben bzw. Beschenkten in die Prüfung einbezogen werden? Eine klare Aussage hierzu trifft ein Rechtsgutachten des ehemaligen Verfassungsrichters Hans-Jürgen Papier, das der Wirtschaftsrat der CDU in Auftrag gegeben hatte. Danach gehe es beim vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Erfordernis einer Bedürfnisprüfung in erster Linie um die Begünstigung der Unternehmensstrukturen und nicht um die individuelle Zahlungsfähigkeit des Erwerbers. Grundsätzlich sei der Gesetzgeber von Verfassung wegen nicht gehindert, das mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übertragene nicht-privilegierte Privatvermögen in eine Bedürfnisprüfung einzubeziehen. Verfassungsrechtlich bedenklich sei jedoch der Ansatz an bereits vorhandenem nicht-betrieblichen Vermögen des Erwerbers. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Grundzüge des EY-Vorschlags In Verbindung mit einer Online-Befragung unter mehr als tausend Familienunternehmern, die zwar nicht repräsentativ, aber durchaus statistisch belastbar ist, haben die EY-Experten nun folgende steuerpolitischen Empfehlungen formuliert: Typisierende Bedürfnisprüfung auf der Unternehmens ebene in Verbindung mit einer degressiven Verschonung nur des begünstigten Betriebsvermögens. Das Kriterium für die Grenzziehung sollte ein Unternehmenswert von 150 Millionen Euro sein. Der Verschonungsumfang von 100 bzw. 85 Prozent könnte je nach Größe des Unternehmens um jeweils fünf Prozentpunkte auf mindestens 65 Prozent des Verschonungsumfangs (100 Prozent) abschmelzen. Dann ergäbe sich eine Schenkung- bzw. Erbschaftsteuer auf das begünstigte Betriebsvermögen von knapp zehn Prozent in der Spitze. Bei einer zinslosen Stundung über zehn Jahre als Normalfall käme es zu einer maximalen Belastung von einem Prozent des produktiven Unternehmenswertes pro Jahr (siehe nächster Punkt). TAX • Zinslose Stundung der Erbschaftsteuer über zehn Jahre (als Normalfall) und zusätzlich individuelle Bedürfnisprüfung auf Ebene des Erwerbers von Anteilen an „Groß unternehmen“ (falls überhaupt nötig). • Konzernbetrachtung und Versteuerung nur des NettoVerwaltungsvermögens, also nach Abzug sämtlicher Schulden. Entfall der jetzigen Differenzierung von „jungem“ und sonstigem „normalen“ Verwaltungsvermögen. Stichtagsbezogenen Liquiditätsüberhängen ist mit einer Reinvestitionsklausel zu begegnen. • Lohnsummenkontrolle ab dem fünften Arbeitnehmer, es sei denn, die Ausgangslohnsumme unterschreitet eine Bagatellgrenze von 100.000 Euro. • Berücksichtigung gesellschaftsrechtlicher Verfügungs beschränkungen in der Unternehmensbewertung. Be schränkung des Kapitalisierungsfaktors beim vereinfachten Ertragswertverfahren auf maximal 14, da die derzeit extrem niedrigen Zinsen zu unrealistisch hohen Unternehmensbewertungen führen. Familienunternehmen stimmen ErbSt-Konzept von EY zu Welches Kriterium ist maßgebend, ein Bedürfnis für die Privilegierung von Betriebsvermögen anzuzeigen? Auf welcher Ebene soll es ansetzen – auf Seiten des Unternehmens oder des Erwerbers? Und inwieweit kann und muss auch das Privatvermögen des Erben bzw. Beschenkten in die Prüfung einbezogen werden? Die Ergebnisse unserer Studie „Erbschaftsteuer nach dem Urteil des BVerfG – Ergebnisse einer Online-Befragung und Empfehlungen für Neuregelungen“ liefern wichtige Antworten für zukünftige Regelungen des Gesetzgebers. Der von EY erarbeitete Vorschlag geht auf alle w esentlichen „Baustellen“ der erbschaftsteuerlichen Verschonungsregelungen ein (Bedürfnisprüfung, Verwaltungsvermögen und Lohnsummenregelung). Meistgenannte Kriterien für eine Bedürfnisprüfung 24 Unternehmenswert 19 Arbeitnehmer-Anzahl Bündel an Befindlichkeiten Wie der weitere Zeitplan zur Reform des ErbStG ausschaut, ist auch gut ein halbes Jahr nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts nicht ganz klar. Die politische Debatte ist immer noch in vollem Gange. Das Bundesfinanzministerium ist bei der Reform zwar federführend, es muss aber ein Bündel von Vorgaben und Befindlichkeiten beachten. Staatssekretär Meister erläuterte beim jüngsten EY-Gipfel der Familienunternehmen die Anforderungen des Gesetzgebers an ein Eckpunktepapier: Es müsse politische Mehrheiten finden, sich aus den grundsätzlichen Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts ableiten lassen und – vielleicht der wichtigste Punkt – man möchte für den Fall einer erneuten Vorlage beim Bundesverfassungsgericht ein verfassungskonformes Gesetz verteidigen. 17 Liquide Mittel 15 Investitions-/Thesaurierungsquote 13 Mangelnde Kreditwürdigkeit 13 Privatvermögen 5 Jahresumsatz 4 Jahresbilanzsumme 10 Sonstige Ja 57 % Pauschalierter Wertansatz Nein 43 % Übertragungen vorziehen Hinzu kommt, dass die Positionen von Bund, Ländern und Wirtschaft bislang auseinanderklaffen und noch keine wirkliche Einigung zu erkennen ist. Dies liegt natürlich auch daran, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 17. Dezember 2014 zwar detailliert die verfassungswidrigen Kritikpunkte aufschlüsselt, jedoch keine Lösungen für eine Neuregelung der Verschonung unternehmerischen Vermögens konkretisiert. Damit wird immer wahrscheinlicher, dass sich das Gesetzgebungsverfahren bis in das Jahr 2016 hineinziehen wird. Im Juni wurde vom BMF ein Referentenentwurf für ein Gesetz zur Anpassung der Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetze an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht. Ziel ist ein Beginn des Gesetzgebungsverfahrens noch vor der Sommerpause. Da mit einer rückwirkenden Verschärfung eher nicht zu rechnen ist, erscheint es für betroffene Familienunternehmen ratsam, de lege lata über vorgezogene Schenkungen nachzudenken. Allerdings natürlich nur dann, wenn sie ohnehin geplant und persönlich und unternehmerisch sinnvoll sind. Ja 64 % Abschmelzmodell Nein 36 % Die Gesamtstudie „Erbschaftsteuer nach dem Urteil des BVerfG – Ergebnisse einer Online-Befragung und Empfehlungen für Neuregelungen“ steht Ihnen auf unserer Internet-Seite zur Verfügung. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 25 TAX Die lange Leitung des Informationsaustausches Das internationale Amtshilfeübereinkommen biegt nach drei Jahrzehnten auf die Zielgerade ein. I m Jahr 1988 zündete ein gewisser Gerhard Stoltenberg als Bundesfinanzminister die zweite Stufe seiner großen Steuerreform, ein Autotelefon wog gut sieben Kilogramm – und die OECD legte zusammen mit dem Europarat die erste Version eines internationalen Übereinkommens zur gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen vor. Während Autotelefone und Steuerreformen lange gefragt waren und inzwischen aus der Mode gekommen sind, startet das internationale Amtshilfeübereinkommen jetzt erst richtig durch. © Sean Gallup/ Getty Images News Das damals zwischen Dänemark, Finnland, Norwegen, Schweden und den Vereinigten Staaten ausgehandelte Übereinkommen trat 1995 in Kraft und fristete lange ein Schattendasein. Dies änderte sich erst mit der weltweiten Finanzkrise. Auf der Suche nach Geld erklärten die Staatsund Regierungschefs der führenden 20 Industrie- und Schwellenländer (G20) im Jahr 2009 die Ära des Bankgeheimnisses für beendet. Es ging darum, auf unerschlossene Anlegergelder zuzugreifen. Erster Schritt in diese Richtung war die inhaltliche Überarbeitung und Öffnung des Amtshilfeübereinkommens auch für Nichtmitgliedstaaten der OECD und des Europarates in einem Ergänzungsprotokoll im Jahr 2010. Deutschland holte flugs die Unterschrift unter dem Übereinkommen nach. Doch erst im März dieses Jahres legte die Bundesregierung einen Referentenentwurf für ein deutsches Umsetzungsgesetz vor, das notwendig ist, um das Abkommen völkerrechtlich verbindlich zu ratifizieren. Der internationale Informationsaustausch ist aber nicht nur ein langwieriger Vorgang, sondern auch ein komplexer. Der automatisierte Zugriff auf umfassende Finanzdaten gilt schon immer als Wunderwaffe gegen internationale Steuerhinterziehung, ist aber organisatorisch und politisch schwer durchsetzbar. Weitere Varianten sind der Informationsaustausch auf Ersuchen eines anderen Staates und die spontane Weitergabe interessanter Daten an einen anderen Staat. 26 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Drei Varianten Alle drei Möglichkeiten – automatisch, auf Ersuchen und spontan – waren bereits in der 1988er-Fassung grundsätzlich vorgesehen. Allerdings leiteten sich aus dem Amtshilfeübereinkommen weder eine Verpflichtung, noch ein genauer Standard zum automatischen Informationsaustausch ab. Dafür waren erst weitere internationale Verhandlungen nötig. Mit Vorlage des OECD Common Reporting Standards (CRS) im Juli 2014 und der Unterzeichnung eines zusätzlichen multilateralen Abkommens (MCAA) zwischen Deutschland und 50 weiteren Staaten im Oktober 2014 in Berlin wurden auf diesem Weg weitere Meilensteine erreicht. Nach Abschluss der in Deutschland bereits angelaufenen Ratifikationsverfahren von Amtshilfeübereinkommen und MCAA kann ab 2017 (für 2016) mit dem weltweiten automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten begonnen werden. Einen Schritt voraus sind die USAmerikaner. Ihr FATCA-System sichert ihnen bereits seit Sommer 2014 einen umfassenden weltweiten Zugriff auf die Daten ihrer Steuerbürger. Innerhalb der EU stellten die Finanzminister den automatischen Informationsaustausch über eine Erweiterung der EU-Amtshilferichtlinie Ende 2014 sicher, die derzeit in deutsches Recht umgesetzt wird. Und es geht weiter: Derzeit bereitet die EU im Windschatten der LuxemburgLeaks-Affäre eine erneute Ergänzung der EU-Amtshilferichtlinie vor. Ziel ist eine zusätzliche Auskunftspflicht für sogenannte Tax Rulings mit grenzüberschreitendem Bezug, worunter nach Verwaltungsauffassung auch verbindliche Auskünfte zu fassen sind. Ob die Finanzverwaltung die möglicherweise hohen Datenmengen überhaupt verarbeiten kann, muss sich noch zeigen. Was bei Kontodaten vielleicht noch gelingt, dürfte im Fall von Rulings (verbindlichen Auskünften) Probleme aufwerfen. Gerade Rulings sind inhaltlich kompliziert und können nicht nach Schema F ausgewertet werden. Dem Vernehmen nach brüten deutsche Finanzbeamte immer noch über den knapp 150 Luxemburger Rulings mit Bezug zu deutschen Unternehmen, die Ende 2014 durch „Lux-Leaks“ veröffentlicht wurden. TAX Berlin entschärft Brüsseler Vorlage Die EU-Reform der Abschlussprüfung befindet sich im nationalen Umsetzungsprozess. Wechsel nach zehn Jahren Ein Kernpunkt des Referentenentwurfs von Justizminister Heiko Maas (SPD) ist die Einführung einer maximalen Prüfungsmandatsdauer von 20 bzw. 24 Jahren (externe Rotation) bei Unternehmen des öffentlichen Interesses. Dazu gehören kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen. Nach einem Ausschreibungsverfahren kann somit die Grundrotationsdauer von zehn Jahren um weitere zehn bzw. 14 Jahre verlängert werden. Bisher gibt es eine solche Wechselrestriktion nicht. Damit bleibt Berlin unter den strengen Empfehlungen der Brüsseler Kommission, die grundsätzlich nach zehn Jahren eine Rotation der Abschlussprüfer vorsieht. Tatsächlich ermöglicht die EU-Abschlussprüferverordnung (EU-APVO) es den Mitgliedstaaten, bestimmte Verbote oder Fristen zu verschärfen, aber auch zu entschärfen. Noch ein Jahr Zeit Das Bundesjustizministerium macht von letzterer Möglichkeit auch bei dem umfangreichen Verbotskatalog von sogenannten Nichtprüfungsleistungen Gebrauch. Unter anderem sieht der Referentenentwurf vor, dass der Prüfer neben der Abschlussprüfung weiterhin bestimmte Steuerberatungs- und Bewertungsleistungen – wie das Erstellen von Steuererklärungen – erbringen darf, soweit © Bundesregierung/Steffen Kugler D ie Finanzmarktkrise 2008/2009 hat nach Auffassung der Europäischen Kommission einen erheblichen Änderungsbedarf im Bereich der Abschlussprüfung offengelegt. Eine EU-weite Reform soll Qualität und Unabhängigkeit der Abschlussprüfer verbessern, um die finanzielle Stabilität größerer Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt zu sichern. Nachdem die EU-Kommission entsprechende Vorgaben vor einem Jahr machte, hat das Bundesjustizministerium im Frühjahr 2015 einen ersten Referentenentwurf zur nationalen Umsetzung ausgearbeitet. Dabei geht es um Anpassungen im deutschen Handels- und Gesellschaftsrecht. Daneben hat das Bundeswirtschaftsministerium einen Referentenentwurf über die notwendigen Änderungen im Bereich des Berufsrechts und der Berufsaufsicht der Wirtschaftsprüfer veröffentlicht. diese seine Unabhängigkeit nicht gefährden, d. h. soweit sich die Leistungen nicht unmittelbar und wesentlich auf den zu prüfenden Jahresabschluss auswirken. Dieses ist im Prüfungsbericht darzustellen und zu erläutern. Die Abstimmung innerhalb der Bundesregierung ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Auch haben Kammern und Wirtschaftsverbände die Möglichkeit, eine Stellungnahme zum Referentenentwurf abzugeben. Das Gesetzgebungsverfahren muss bis spätestens zum 17. Juni 2016 abgeschlossen werden. Zur EU-Rechtsetzung Grundlage für die nationale Gesetzgebung sind zwei Rechtsakte der EU-Kommission vom 16. Juni 2014: • Eine für die Prüfung von Unternehmen des öffentlichen Interesses unmittelbar geltende Verordnung, die sogenannte EU-Abschlussprüferverordnung (EU Nr. 537/2014, kurz: EU-APVO). • Eine in nationales Recht umzusetzende Richtlinie, die durch EG-RL 2014/56/EU modifizierte „Achte EGRichtlinie 2006/43/EG“ (EU-Abschlussprüferrichtlinie oder kurz: EU-APRL). EU-Verordnungen wie die EU-APVO stellen die schärfste Form der europäischen Gesetzgebung dar und beruhen auf dem Prinzip der Rechtsvereinheitlichung. Sie gelten sofort und unmittelbar in allen EU-Mitgliedstaaten. Eine Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber ist, anders als bei EU-Richtlinien, nicht erforderlich. Sie werden ohne Zustimmung der nationalen Parlamente rechtlich wirksam. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 27 TAX Familienunternehmen Schrittweise richtig Die Übertragung eines verkleinerten Betriebs muss kein steuerlicher Missbrauch sein, urteilt der BFH. E © imageBROKER/F1online in Unternehmer (Kommanditist) veräußerte vorab ein Grundstück aus seinem Sonderbetriebsvermögen an einen fremden Dritten, bevor er wenige Tage später seinen gesamten Mitunternehmeranteil unentgeltlich an seinen Sohn übertrug, ebenfalls Kommanditist der KG. Für das Finanzamt war damit klar, dass der dem vorangegangenen Verkauf folgende Übertragungsvorgang des gesamten Mitunternehmeranteils nicht zum Buchwert erfolgen könne, sondern eine Aufdeckung stiller Reserven mit entsprechender Versteuerung auslöste. Es kam zum Prozess. Am Ende stellte der Bundesfinanzhof fest, dass die vorab veräußerten oder entnommenen Wirtschaftsgüter keine Bestandteile des übertragenen Betriebsvermögens mehr darstellten, da die einschlägige Steuervorschrift ausdrücklich auf eine „funktionsfähige betriebliche Einheit“ im Zeitpunkt der Übertragung abstellt. Eine zeitliche Nähe beider Transaktionen – die vorherige Veräußerung und die anschließende unentgeltliche Übertragung des Mitunternehmeranteils – sei unerheblich für die Anwendung der Missbrauchsnorm nach § 42 AO (Urteil vom 9. Dezember 2014, IV R 29/14). Die einzelnen Transaktionen fassten die Richter deshalb nicht in einem einzigen Übertragungsvorgang (Gesamtplan) zusammen, sondern werteten sie als eigenständige Teilschritte. Die Transaktionen in Teilschritten stehen demnach nicht der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG für die Übertragung des Mitunternehmeranteils entgegen, da weder die Veränderung des Betriebsvermögens durch Zu- oder Abgang noch dessen tatsächliche Nutzung bzw. Nichtnutzung in der betrieblichen Einheit im Zeitpunkt der Übertragung für die Anwendung des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG eine Rolle spielen. 28 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Klarere Unterscheidung Durch die Nichtberücksichtigung zeitlich vorgelagerter Übertragungen in der jüngsten BFH-Rechtsprechung eröffnen sich bei der Unternehmensnachfolge neue Gestaltungsspielräume, sowohl was die Zuführung als auch die Abstockung betrifft. Für die Abgrenzung zwischen einem Gesamtplan und einem Plan von Einzelakten ist dabei entscheidend, ob den Teilschritten eine eigenständige Funktion zukommt und ob wirtschaftliche Gründe für die einzelnen Teilschritte vorliegen. Demzufolge ist nicht sofort jede mehrstufige Umgestaltung als Gesamtplan mit der steuerlichen Folge eines Gestaltungsmissbrauchs nach § 42 AO anzusehen. Für einen Gesamtplan spricht dagegen laut BFH, wenn ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines vorherigen zielgerichteten Plans „künstlich“ zerlegt wird und den einzelnen Teilschritten nur für die Erreichung des Gesamtziels Bedeutung zukommt. Gestaltungsmissbrauch als Abwehrinstrument Ob nun eine unangemessene Gestaltung vorliegt, die zu einem Steuervorteil führt, muss zunächst die Finanzverwaltung nachweisen. Gestaltungen gelten als missbräuchlich, wenn diese beim Steuerpflichtigen oder bei einem Dritten zu einem nicht gesetzlich vorgesehenen Steuervorteil führen. Laut BFH (Urteil vom 25. November 2011, I R 72/08) greift die Missbrauchsabwehr nur bei vorgeschobenen, bald rückgängig gemachten Transaktionen oder bei nicht eigenständig wirtschaftlich begründeten Teilschritten. Für tarifbegünstigte Veräußerungsvorgänge (§§ 16, 34 EStG) leitet sich die Gesamtplanrechtsprechung nach der aktuellen BFH Rechtsprechung (Urteil vom 9. Dezember 2014, IV R 36/13 und Urteil vom 17. Dezember 2014, IV R 57/11) aus einer zweckgerichteten Auslegung des § 34 EStG ab und stellt damit kein Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO dar. Gleiches gilt für § 6 Abs. 3 EStG, wo den Verkauf vorbereitende Anpassungen weder zu einem Gesamtplan noch zu einem Gestaltungsmissbrauch führen. Der BFH wendet die Gesamtplanrechtsprechung also klar normspezifisch an und trennt sie in der jüngeren Rechtsprechung deutlich vom Gestaltungsmissbrauch des § 42 AO. TAX Abschirmende Wirkung Enthält ein DBA einen Fremdvergleichsgrundsatz, hat der Fiskus keine anderen Korrekturmöglichkeiten. © Ullstein Bild gemessener Höhe steuerlich nicht zulassen wollen, da die Kostenumlage gegenüber dem beherrschenden Gesellschafter ohne eine klare, im Voraus getroffene Vereinbarung erbracht wurde und deshalb nach deutschem Recht eine verdeckte Gewinnausschüttung ausgelöst hätte (BFH-Urteil vom 11. Oktober 2012, I R 75/11). A uf der Suche nach steuererhöhenden Fremdvergleichskorrekturen nehmen Betriebsprüfer oft die konzerninternen Darlehen und andere grenzüberschreitende Geschäftsbeziehungen ins Visier. Zu Korrekturen kommt es nicht nur, wenn der Darlehenszins nicht der fremdüblichen Höhe entspricht, sondern auch bei einer fehlenden Besicherung des Darlehens. Seit 2008 werden Wertberichtigungen auf Gesellschafterdarlehen im Grundsatz steuerlich nicht mehr anerkannt (§ 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG). Dagegen können sich die betroffenen Unternehmen jedoch wehren, wenn es um grenzüberschreitende Sachverhalte geht. Die meisten von Deutschland abgeschlossenen DBA enthalten nämlich einen eigenen Fremdvergleichsgrundsatz zur Gewinnabgrenzung zwischen verbundenen Unternehmen analog zu Art. 9 OECD-MA. Als Kriterium für die Fremdüblichkeit gilt dabei nur die Höhe der vereinbarten Gegenleistungen – hier des Darlehenszinses –, während andere Punkte außen vorbleiben. Der Bundesfinanzhof hat unlängst die Abschirmwirkung dieser DBA-Regelung bekräftigt (BFH-Urteil vom 17. Dezember 2014, I R 23/13). Ist der DBA-Fremdvergleichsgrundsatz anwendbar, so sind innerstaatlich zulässige Korrekturmöglichkeiten (im konkreten Fall § 1 AStG a. F.) gesperrt, sofern sie nicht auf einer fehlenden Fremdüblichkeit des Preises (z. B. eines Zinssatzes) beruhen. Bereits 2012 bejahte der BFH die Sperrwirkung des abkommensrechtlichen Fremdvergleichsgrundsatzes vor nationalen Korrekturregelungen. Damals hatte die Finanzverwaltung den Betriebsausgabenabzug trotz an- Konzernrückhalt als Sicherheit Die zwischen den Konzerngesellschaften vereinbarten Bedingungen können Betriebsprüfer laut BFH nur korrigieren, wenn sie preisrelevant sind, also tatsächlichen Einfluss auf die Höhe der Leistungsbedingungen nehmen. Dazu gehören im Einzelfall auch mögliche Zinsaufschläge, die aus einer fehlenden Darlehensbesicherung resultieren. An dieser Stelle weist der Bundesfinanzhof – der Finanzverwaltung folgend – darauf hin, dass der Konzernrückhalt an die Stelle einer fremdüblichen Kreditsicherheit tritt. Folglich muss eine fehlende (andere) Sicherheit nicht zur Erhöhung des Zinssatzes führen. Die Sichtweise des BFH wird auch für Personen gesellschaften relevant. Hier hat der Gesetzgeber erst kürzlich eine der für Kapitalgesellschaften vergleichbare Regelung zur steuerlichen Nichtanerken nung von Wertminderun gen auf fremdunübliche Gesellschafterdarlehen eingeführt (Erweiterung des § 3c Abs. 2 Sätze 2ff EStG i. d. F. des Zollkodex anpassungsgesetzes). Alle von der Finanzverwaltung vorgenommenen Korrekturen von grenzüberschreitenden Leistungsbeziehungen im Konzern gilt es vor dem Hintergrund der BFH-Rechtsprechung genau unter die Lupe zu nehmen und entsprechend anzugreifen. Das gilt u. a. auch für die seit 2008 geltende steuerliche Nichtberücksichtigung von Wertminderungen auf fremdunübliche Gesellschafterdarlehen (§ 8b Abs. 3 Sätze 4 ff. KStG) selbst und die Funktionsverlagerungsbesteuerung. Dauernde Wertminderung bei Rückhalt im Konzern ? Die Finanzverwaltung lässt bereits die Abschreibung in der Steuerbilanz nicht zu, solange im Außenverhältnis den wirtschaftlichen Verpflichtungen nachgekommen wird (Rückhalt im Konzern, BMF-Schreiben vom 29. März 2011). Dem widerspricht auch der BFH in seinem aktuellen Urteil nicht und weist die Prüfung der dauernden Wertminderung an die Vorinstanz zurück. Die Klärung ist laut BFH u. a. auch davon abhängig, ob ein Konzernrückhalt bei Darlehensbegebung zunächst bestanden, ein solcher später – im Zeitpunkt der Wertberichtigung – jedoch entfallen wäre und das Darlehen in Anbetracht der anhaltenden Verluste der kreditnehmenden Tochtergesellschaft evtl. als Einlage hätte erfasst werden müssen. Ein Punkt, der die Praxis weiter beschäftigen wird. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 29 TAX Vorsicht beim Verrechnen Bei M&A-Verhandlungen finden Verrechnungspreise oft zu wenig Beachtung. Das kann für Käufer und Verkäufer teuer werden. D ie Globalisierung hat zu einer drastischen Zunahme der grenzüberschreitenden Handelsströme geführt. Rund 60 Prozent der Volumina entfallen dabei auf Transaktionen zwischen Konzernunternehmen. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass sich die konzerninternen Verrechnungspreise zu einem der bedeutendsten steuerlichen Themen entwickelt haben. Zwar hat der Fiskus die Fremdüblichkeit der Verrechnungspreise bereits im Fokus, doch die Finanzminister wollen diese Thematik im Zuge der BEPS-Initiative gegen „aggressive Steuergestaltung“ noch intensiver verfolgen. Hinzu kommt, dass die Konzerne selbst immer internationaler werden. Umfragen von EY im Rahmen des Capital Confidence Barometers lassen einen weiteren Anstieg des weltweiten M&A-Volumen erwarten. Dennoch werden konzerninterne Verrechnungspreise bei M&A-Transaktionen oft vernachlässigt. Risikopositionen Tatsächlich können Risikopositionen im Bereich der Verrechnungspreise die Kaufpreisverhandlungen oder den Abschluss etwaiger Steuerklauseln maßgeblich beeinflussen. Dazu zählen etwa Risiken aus Funktionsverlagerungen oder Zinsen auf konzerninterne Darlehen. Für den Käufer können sich ferner Konsequenzen hinsichtlich der künftigen Finanzierungsstruktur oder der Kaufpreisallokation ergeben. So besteht die Gefahr einer Überbewertung einzelner Anteile, wenn das Verrechnungspreissystem geändert wird und außerordentliche Abschreibungen handelsrechtlich erforderlich werden. Im Blickfeld muss man in diesen Fällen auch Effekte auf die Zinsschranke haben, die die Abzugsfähigkeit von Finanzierungskosten zu beeinträchtigen droht. Tax Fact Book Für den Verkäufer spielen Verrechnungspreise insbesondere in der Vorbereitungsphase eine große Rolle. Steuerliche Unsicherheiten sollte er frühestmöglich ausräumen. Wichtig ist das Erstellen von steuerlichen Verrechnungspreisdokumentationen. Oft empfiehlt sich eine ausführliche Darstellung des Verrechnungspreissystems und etwaiger Sondereffekte im Rahmen eines „Tax Fact Books“. Das erhöht die Transparenz bei der steuerlichen Due Diligence. Bei mangelhafter Vor- und Aufbereitung sieht sich der Verkäufer ansonsten aufgrund der Komplexität bei den Verrechnungspreisen mit einer Vielzahl von Nachfragen des Kaufinteressenten konfrontiert. Im Rahmen einer Vendor Due Diligence lassen sich Verrechnungspreisrisiken vorab identifizieren, die der Verkäufer erläutern und quantifizieren kann. So vermeidet man böse Überraschungen und Diskussionen im Rahmen der Kaufverhandlungen. © AFP PHOTO/William West Preisabschläge Die Verrechnungspreise sind immer dabei. Unter der Leitung des australischen Finanzministers Joe Hockey tagten die G20 Finanzminister im September 2014 in Cairns (Australien). 30 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Verrechnungspreisrisiken, die im Rahmen der steuerlichen Due Diligence identifiziert werden oder nicht ausreichend dokumentiert sind, führen bei Kaufverhandlungen zu Preisabschlägen. Oder der Käufer fordert die Vereinbarung entsprechender Steuerklauseln wie z. B. Haftungsoder Kostenübernahmen. Schätzt der Interessent die Risiken zu hoch ein und müsste er mehrere Millionen Euro für potenzielle Verrechnungspreisrisiken einpreisen, können die Kaufverhandlungen letztlich auch scheitern. Umso wichtiger ist eine realistische Einschätzung im Rahmen der Due Diligence. Die Analyse hilft dem Käufer auch bei der Einschätzung, ob er unter Fremdvergleichsgesichtspunkten oder im Hinblick auf etwaige Integrationsmaßnahmen das derzeitige Verrechnungspreissystem ändern muss. Das wirkt sich auf den M&A-Prozess aus. TAX Die größten M&A Deals mit deutscher Beteiligung 2014 Steuerklauseln Oft beeinflusst das Verrechnungspreissystem die Steuerquote eines Unternehmens. Ändert sich die Steuerquote aufgrund von Anpassungen im Verrechnungspreissystem, hat dies Folgen für die Unternehmensbewertung und die Kaufpreisfindung. Änderungen am Verrechnungspreissystem nach Kaufabschluss können zudem Risiken für die Vergangenheit transparent machen. Mögliche Änderungen für die Zukunft sind bei der Formulierung vertraglicher Steuerklauseln zu berücksichtigen, da sonst die Haftungsverpflichtungen des Verkäufers beschränkt sein können. Finanzierungsstruktur Ein klares Bild über das künftige Verrechnungspreissystem ist auch für die Strukturierung des Erwerbs wichtig. Denn es bestimmt maßgeblich die Einkommensverteilung zwischen den Konzerngesellschaften und setzt damit den Rahmen für die Finanzierungsstruktur, die u. a. aufgrund von Zinsabzugsbeschränkungen das künftige Ertrags potenzial einzelner Konzerngesellschaften zu berücksichtigen hat. Daneben gilt es, fremdübliche Verrechnungspreise für konzerninterne Finanzbeziehungen (Darlehen, Garantien etc.) zu bestimmen. Das betrifft insbesondere den Debt-Push-Down beim Leveraged-Buy-out im PrivateEquity-Umfeld, bei dem Konzerngesellschaften in starkem Maße fremdkapitalisiert werden und entsprechend hohe konzerninterne Zinszahlungen anfallen. Kaufpreisallokation Daneben hat die Einkommensverteilung im Rahmen des künftigen Verrechnungspreissystems Auswirkungen auf eine etwaige Kaufpreisallokation. So ist das vom Verrechnungspreissystem beeinflusste Ertragspotenzial einzelner Gesellschaften maßgeblich für den Wert der im Rahmen eines Share Deals erworbenen Anteile. Auch sollten Werte von im Asset Deal erworbenen Vermögensgegenständen (z. B. Patente, Markenrechte) mit potenziellen konzerninternen Lizenzerträgen im Einklang stehen. Eine mangelhafte Abstimmung kann zu außerordentlichen Abschreibungen führen und steuerliche Fragen aufwerfen, wenn die im Wege der Kaufpreisallokation festgelegten Werte und die korrespondierenden Erträge aus dem künftigen Verrechnungspreissystem auseinanderfallen. Insbesondere im Rahmen von Asset Deals kommen weitere Planungsaspekte während der Strukturierung der Transaktion hinzu. Mit Blick auf das künftige Verrechnungspreissystem gilt es, den Erwerb der einzelnen Vermögensgegenstände durch eine oder mehrere Konzerngesellschaften steuereffizient zu gestalten. Objekt / Industrie Käufer Sigma-Aldrich Corp. Chemie / Pharma Merck KGaA Merck & Co. Inc. (OTC-Sparte) Chemie / Pharma Bayer AG TRW Automotive Corp. Automobil ZF Friedrichshafen AG Scania AB Automobil Volkswagen AG 6.700 Concur Technologies, Inc. Computerindustrie SAP AG 6.500 Celesio AG Chemie / Pharma McKesson 6.200 British Sky Broadcasting PLC (BSkyB) 5.500 Sky Deutschland AG Medien / Verlage Transaktionswert 13.000 10.400 9.600 4.400 Hypothekenbank Frankfurt AG Finanzdienstleistungen Lone Star TUI Travel PLC Transport und Verkehr TUI AG 3.500 Grohe AG & Co KG Bau-/ Baustoffindustrie LIXIL Corp 3.000 Quelle: M&A Review, Angaben in Millionen Euro Anschlussarbeiten Nach dem Unternehmenserwerb liegt es im Interesse des Käufers, die im Rahmen der Due Diligence identifizierten Verrechnungspreisrisiken für die Zukunft (z. B. für künftige Betriebsprüfungen) zu beseitigen. Daneben ist ggf. das Verrechnungspreissystem des Verkäufers in das des Käufers zu integrieren. Ferner sind Transaktionskosten unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes zu allokieren und fremdübliche Verrechnungspreise für neu auftretende Transaktionen zu bestimmen. Hieran schließen sich eine Vielzahl von Implementierungsaspekte an, wie z. B. das Erstellen von konzerninternen Verträgen und von Verrechnungspreisdokumentationen. Ihr Autor Jan-Ole Kuers Partner / Steuerberater [email protected] EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 31 TAX … und raus bist Du ! Familienkassen verweigern Expats das Kindergeld, auch wenn ihnen der Fiskus einen deutschen Wohnsitz bescheinigt. I © Getty Images News n Einzelfällen summieren sich die Außenstände auf über 20.000 Euro. So hoch ist das nicht gezahlte Kindergeld bei manchen Beschäftigten, die von ihrem deutschen Arbeitgeber für einen Einsatz ins Ausland entsendet und von ihrer Familie begleitet werden. Obwohl sie ihren Familienwohnsitz in Deutschland nicht aufgeben und die Finanzämter einen inländischen Wohnsitz bejahen, versagen die Familienkassen eine Auszahlung des Kindergeldes. Warum? Die Familienkassen, die dem BZSt und damit dem BMF unterstehen, verneinen einen inländischen Wohnsitz. Neben dem direkten Schaden für die betroffenen Familien ergibt sich damit die ungewöhnliche Situation, dass zwei deutsche Behörden den Wohnsitz begriff vollkommen gegensätzlich beurteilen. Dabei reichen das Beibehalten der alten Wohnung und gelegentliche Heimatbesuche offenbar nicht mehr aus. Dazu schreibt das Bundesfinanzministerium auf Nachfrage: „Für das Innehaben einer Wohnung wird zwar eine Mindestanzahl von Tagen oder Wochen an Aufenthalt, in denen die Wohnung tatsächlich genutzt wird, nicht gefordert. Jedoch kommt es auf eine regelmäßige Nutzung an, und zwar durch Aufenthalte, die Wohncharakter haben.“ Aufenthalte lediglich zu Urlaubszwecken stellten keinen Wohncharakter dar, so das Ministerium. Trotzdem steuerpflichtig Das steht im Gegensatz zur Praxis der Finanzämter, Expats als unbeschränkt Steuerpflichtige zu behandeln und deshalb ihr weltweites Einkommen grundsätzlich der deutschen Steuer zu unterwerfen. Der Kinderfreibetrag wird vom Einkommen abgezogen und das Kindergeld zur tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet, sofern dies die Günstigerprüfung ergibt. Hierbei setzt das Finanzamt das Kindergeld unabhängig davon an, ob es tatsächlich ausgezahlt wurde. Die Familienkasse hingegen verneint den Anspruch, so dass es faktisch zu einer Hinzurechnung des Kindergeldes zur Einkommensteuer kommt, die nicht gerechtfertigt ist, weil das Kindergeld tatsächlich nie ausgezahlt wurde. Wie bei Franz Kafka Deutsche Schule in der chinesische Hauptstadt, in die auch Kinder von Expats gehen. Finanzministerium schwenkt um Das Problem hat sich für Expats in den vergangenen Jahren verschärft. Inzwischen schwenkt selbst das Bundesfinanzministerium um und erklärt, dass ein Kindergeldanspruch für in Drittländer entsendete Arbeitnehmer (samt Familie) grundsätzlich „nicht in Betracht kommt“. Es sei denn, die betroffenen Familien hätten ungeachtet der Entsendung in Drittländer noch einen Wohnsitz im Inland. 32 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Nach § 31 EStG soll aber die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes entweder durch den Kinderfreibetrag oder das Kindergeld bewirkt werden. Die sich hieraus ergebende Günstigerprüfung kann jedoch nicht durchgeführt werden, wenn die eine Behörde den Anspruch bejaht, die andere den Anspruch verneint und insofern kein Kindergeld gezahlt wird. Warum nun die Familienkassen mit Unterstützung des Bundesfinanzministeriums auf eine regelmäßige Nutzung des inländischen Wohnsitzes mit Wohncharakter abstellen, bleibt ungeklärt und führt zu großer Rechtsunsicherheit. Compliance TAX Vorsicht Strom Die EEG-Umlagenbegrenzung verdient bei Umstrukturierungen besondere Beachtung. Was ist geregelt ? Die Umlagenbegrenzung nach der Besonderen Ausgleichsregelung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) für stromkostenintensive Unternehmen wird grundsätzlich auf der Datenbasis vergangener Jahre ermittelt. Unternehmen haben nach einer Umstrukturierung diese Zahlenbasis oft nicht zur Verfügung bzw. ist es unklar, auf welche Daten zurückgegriffen werden muss. Seit der Novellierung des EEG 2014 gibt es erstmals gesetzliche Vorgaben, die Umstrukturierungen erleichtern bzw. überhaupt erst ermöglichen sollen. Das Gesetz unterscheidet dabei zwischen neu gegründeten (§ 64 Abs. 4 EEG) und umgewandelten Unternehmen (§ 67 EEG). Das am 17. April 2015 veröffentlichte BAFA-Merkblatt für stromkostenintensive Unternehmen konkretisiert diese Vorgaben. Neu gegründete Unternehmen, die nach dem 30. Juni des Vorjahres der Antragsstellung erstmals Strom zu Produktionszwecken verbrauchen, sind danach berechtigt, Daten eines (gewillkürten) Rumpfgeschäftsjahres bis zum 30. September eines Kalenderjahres zu übermitteln. Der Begrenzungsbescheid wird im Grundsatz nur unter Widerrufsvorbehalt erlassen. Etwas anderes sieht das Gesetz bei Umwandlungen vor. Es unterscheidet dabei zwei Konstellationen: die identitätswahrende und die nicht-identitätswahrende Umwandlung. Als identitätswahrend gilt, wenn die wirtschaftliche und organisatorische Einheit eines Unternehmens zu höchstens zehn Prozent verändert wird. Solch ein Unternehmen kann auf die Daten vor der Umstrukturierung zurückgreifen und so einen vorbehaltslosen Begrenzungsbescheid erhalten. Für das aufnehmende Unternehmen ist hier ausdrücklich die Möglichkeit vorgesehen, bestehende Begrenzungsbescheide auf Antrag zu übernehmen. Bei einer Änderung des Unternehmens um mehr als zehn Prozent (nicht-identitätswahrende Umwandlung) sind die Regelungen für die Neugründung entsprechend anwendbar. Ein Begrenzungsbescheid kann nur unter Widerruf erwirkt werden. Was bleibt offen ? Trotz der erstmals im EEG geregelten Umstrukturierungen bleiben zahlreiche Fragestellungen offen. Problematisch sind insbesondere die Ermittlung der 10-Prozent-Schwelle und die dafür erforderliche Wertung der verschiedenen Kriterien, wie z. B. Mitarbeiter und Betriebsmittel. Zudem stellt sich die Frage, ob im Falle einer Neugründung eine EEG-Begrenzung für das erste Jahr immer nur mit Widerrufsvorbehalt möglich ist — selbst wenn aufgrund einer handelsrechtlichen und steuerlichen Rückwirkung bereits Daten eines ordentlichen Geschäftsjahres vorliegen. © iStock B ei Umstrukturierungen von Unternehmen sind verschiedene Faktoren wie gesellschaftsrechtliche, arbeitsrechtliche und steuerliche Implikationen zu berücksichtigen. Für stromkostenintensive Unternehmen kommen zusätzlich Implikationen bei der EEG-Umlage hinzu. Insbesondere dann, wenn an der Umstrukturierung beteiligte Unternehmen oder Unternehmensbereiche partiell von der EEG-Umlage befreit waren. Dieser Aspekt kann wegen seiner hohen finanziellen Bedeutung einen entscheidenden Faktor der Umstrukturierung ausmachen und erfordert daher eine genaue Betrachtung. Vor dem Hintergrund der Komplexität und der finanziellen Bedeutung für stromkostenintensive Unternehmen empfiehlt es sich, Umstrukturierungsmaßnahmen mit Blick auf die Besondere Ausgleichsregelung im Vorfeld genau zu analysieren. Diese sollten insbesondere in die gesetzliche Systematik eingeordnet, mithilfe von Simulationen die Implikationen auf die Stromkostenintensität des Unternehmens bewertet und rechtliche und praktische Zweifelsfragen identifiziert werden. In jedem Fall empfiehlt sich eine Abstimmung mit dem BAFA, um eine erfolgreiche Umstrukturierung sicherzustellen. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 33 TAX Controversy Pi mal Daumen * Betriebsprüfer sind oft voreilig, wenn es ums Schätzen der Besteuerungsgrundlage geht. D as Schätzen von Besteuerungsgrundlagen ist eine Keule, mit der manche Betriebsprüfer schon unmittelbar zu Beginn einer Prüfung drohen. Viele Steuerpflichtige nehmen die ungefähre Festlegung a la Pi mal Daumen leider zu oft als gegeben hin. Denn nach § 162 AO ist eine Schätzung nur dann erlaubt, wenn eine Verletzung der Mitwirkungs- und/oder Dokumentationspflichten seitens des Steuerpflichtigen vorliegt. Zudem muss die Finanzverwaltung zuvor alle ihr zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten zur Erkenntnisgewinnung ausschöpfen. Die Schätzung ist erst danach als äußerstes Mittel der Finanzbehörde zulässig, um die Besteuerungsgrundlagen mit Hilfe von Wahrscheinlichkeitserwägungen (möglichst) zutreffend festzustellen. Wo beginnt eine ordnungswidrige Buchführung ? In Bezug auf die Gewinnermittlung ist dem Gesetzeswortlaut nach grundsätzlich die Buchführung des Steuerpflichtigen der Besteuerung zu Grunde zu legen (§ 158 AO). * Warum Pi mal Daumen? Der Daumen diente früher zur Entfernungsmessung. In unserem Beispiel ist der Abstand des ausgetreckten Arms zwischen Daumen und Nase 60 cm. Zwischen den Augen beträgt der Abstand sechs cm, also ein Zehntel. Nun wird geschätzt: rechtes Auge schließen, mit dem linken Auge den Turm bei ausgestrecktem Arm anpeilen. Dann das Auge wechseln und mit dem Daumen den Baumgipfel in der Nähe anpeilen. Geschätzt wird der Abstand zwischen Baum und Turm auf circa 50 Meter. Das ganze muss mit 10 multipliziert werden wegen der Relation AugeDaumen zu Auge-Auge. Folglich steht der Turm ungefähr 500 m weit weg. Und was soll Pi dabei? Die Zahl gaukelt im Volksmund die scheinbare Präzision vor. 34 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 50 m 500 m Nur im Falle einer unrichtigen bzw. ordnungswidrigen Buchführung darf die Finanzverwaltung eine Schätzung der fehlenden oder fehlerhaften Daten vornehmen. Aber ab wann gilt eine Buchführung als ordnungswidrig? Die Buchführung muss schwere Mängel aufweisen, entweder materieller oder formeller Art. Materielle Fehler Zum Nachweis einer ordnungswidrigen Buchführung ist von der Betriebsprüfung in der Regel ein innerer Betriebsvergleich oder eine Vermögenszuwachs- bzw. Geldverkehrsrechnung heranzuziehen. Bei materiellen Mängeln kann es sich z. B. um eine unvollständige Erfassung der Einnahmen oder um manipulierte Belege über Betriebsausgaben handeln. Formelle Fehler Formell kann die Buchführung unter anderem bei Bleistiftaufzeichnungen oder Überschreibungen verworfen werden. Hierbei ist es zunächst unerheblich, ob diese Fehler bewusst gemacht wurden oder versehentlich entstanden sind. Diesbezüglich handelt es sich um die sogenannte Beweisrisikosphäre des Steuerpflichtigen. Bei einer menschlichen Unzulänglichkeit – wie etwa bei kleineren Fehlbeträgen – liegt in der Regel allerdings ein nur unwesentlicher Mangel vor, der die Finanzbehörde nicht zur Schätzung befugt. Folglich müssen die Pflichtverletzungen des Steuerpflichtigen einen beträchtlichen Umfang annehmen, um eine Schätzung zu rechtfertigen. Zudem müssen die Mängel Anlass geben, die sachliche Richtigkeit zu bezweifeln. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Prüfer die Mängel nicht durch anderweitige Ermittlungsmaßnahmen ausgleichen können. Fazit: Bis Buchführungen verworfen und die Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden dürfen, muss der Prüfer nachweisen, dass schwere formelle oder materielle Mängel vorliegen. Da eben jene Mängel laut Definition schwerwiegender Natur sein müssen, ist die Betriebsprüfung keinesfalls zum Schätzen befugt, wenn sie den zugrunde liegenden Sachverhalt nicht auf den ersten Blick versteht. Controversy TAX Wenn der Fiskus nichts tut Die Untätigkeit des Finanzamtes kann teuer werden. Steuerpflichtige können dagegen wenig unternehmen. M Auch beim Antrag auf Erteilung einer Steuernummer sind Verzögerungen kostspielig: Obwohl der steuerpflichtige Unternehmer möglicherweise schon seine Leistung erbracht hat, wird der Auftraggeber üblicherweise die Bezahlung verweigern bis eine ordnungsgemäße Rechnung einschließlich Steuernummer vorliegt. Besonders ärgerlich ist es, wenn das Finanzamt eine Steuererklärung vorab anfordert und der Steuerpflichtige diese mit erhöhtem Aufwand innerhalb der verkürzten Frist erstellen muss. Danach passiert monatelang nichts, weil sich beim Veranlagungsbeamten die Steuererklärungen stapeln. Die Finanzverwaltung begründet diese Verzögerungen mit Personalmangel, Rechtsänderungen oder EDV- Umstellungen – eine Besserung der Situation ist leider nicht in Sicht. Was aber kann der Steuerpflichtige tun, um das Finanzamt zum Handeln zu bewegen? Untätigkeitseinspruch einlegen Hat der Steuerpflichtige einen Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes gestellt und reagiert das Finanzamt ohne Nennung eines plausiblen Grundes nicht innerhalb einer angemessenen Frist, so kann der Steuerpflichtige dagegen einen Untätigkeitseinspruch einlegen. Von der angemessenen Frist haben Steuerpflichtige und Finanzverwaltung allerdings durchaus unterschiedliche Auffassungen. Nach sechs Monaten ist sogar die Untätigkeitsklage zulässig ; eine angemessene Frist zur Bearbeitung der Steuererklärung sollte zwischen vier bis sechs © iStock anch ein Steuerpflichtiger freut sich, wenn er nichts vom Finanzamt hört. Andere warten dagegen dringend auf die Rückmeldung des Sachbearbeiters. Nicht zuletzt hängt der wirtschaftliche Erfolg einer Entscheidung oft davon ab, wie das Finanzamt die steuerlichen Folgen bewertet. Zum Beispiel kann die Nichtbearbeitung eines Antrags auf verbindliche Auskunft dazu führen, dass ein Unternehmen betriebswirtschaftlich notwendige und kostensparende Umstrukturierungen wieder und wieder aufschieben muss. Wochen liegen. Aus der Rechtsprechung lässt sich leider keine eindeutige Frist ableiten, denn die Angemessenheit hängt vom konkreten Einzelfall ab. Bei besonders schutzwürdigem Interesse muss das Finanzamt in der Regel weitere Beschleunigungsmaßnahmen treffen. Reagiert das Finanzamt auch auf den Untätigkeitseinspruch nicht oder weigert sich, eine Einspruchsentscheidung zu treffen, eröffnet sich für den Steuerpflichtigen die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage beim Finanzgericht. Laut Gesetz ist für die Klage ein offenes Einspruchsverfahren Voraussetzung und sie kann frühestens sechs Monate nach Einlegung des Einspruchs erhoben werden. Grundsätzlich ist zu beachten, dass man mit einem Untätigkeitseinspruch zu oft nicht allzu viel gewinnt. Schließlich verbleibt die Entscheidungskompetenz über das Tätigwerden im jeweiligen Steuerfall in derselben Steuerbehörde. Mit einer Klage bei Gericht wird jedoch die Entscheidungsbefugnis dem Finanzamt entzogen. In der Praxis lautet das frustrierende Fazit: Die Anforderungen, die an die Mitwirkung von Steuerpflichtigen gestellt werden, müssen diese in aller Regel unter Einhaltung gesetzlicher oder behördlicher Fristen – von in der Regel einem Monat – erfüllen. Auf Gegenseitigkeit beruht das definitiv nicht. Bei Fristüberschreitung droht der Fiskus mit Verzögerungsgeld und sonstigen Zwangsmaßnahmen ; ein gleichwertiges Repertoire steht den Steuerpflichtigen allerdings noch nicht zur Verfügung. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 35 von Martina Ortmann-Babel Leiterin National Office Tax Das Studium und die Steuern Ein Studium ist eine kostspielige Angelegenheit. Neben den Studiengebühren müssen Fachliteratur, oft auch eine auswärtige Unterkunft und Fahrtkosten finanziert werden. Nicht selten tragen Eltern die Hauptlast. Doch auch der Fiskus beteiligt sich. Zum einen bei dem Studierenden selbst, aber auch die Eltern können Kosten für ihren akademischen Nachwuchs steuerlich berücksichtigen. Was der Studierende abziehen kann Der Fiskus unterscheidet bei der steuerlichen Berücksichtigung zwischen der sogenannten Erstausbildung und einer Zweitausbildung. Für die Erstausbildung, wie z. B. einen Bachelor gewährt Vater Staat einen Sonderausgabenabzug von maximal 6.000 Euro jährlich. Der macht sich jedoch nur bemerkbar, wenn der Studierende bereits eigene Einkünfte, etwa aus einem Job als Werkstudent hat. Sonst läuft der Sonderausgabenabzug ins Leere. Der nicht genutzte Teil kann auch nicht zwecks Verrechnung in das nächste Jahr vorgetragen werden, um spätere Einkünfte zu mindern. Der Gesetzgeber hat jüngst den Begriff der Erstausbildung definiert. Er versteht darunter eine von einem ordentlichen Bildungsträger durchgeführte, mindestens zwölf Monate andauernde Berufsausbildung (oder ein Studium), welche in der Regel mit einer Abschlussprüfung endet. Kürzere Ausbildungen werden daher nicht mehr als Erstausbildung anerkannt, mit der Folge, dass für die Folgeausbildung nur der beschränkte Sonderausgabenabzug greift. Anders noch bis zum Veranlagungszeitraum 2014: Hier können noch Kosten für ein Zweitstudium in vollem Umfang als Werbungskosten abgezogen werden, wenn dem eine kurze Erstausbildung voranging. So hat der BFH u. a. den vollen Werbungskostenabzug für ein Medizinstudium nach einer erfolgten Ausbildung zum Rettungssanitäter zugelassen (BFH vom 27. Oktober 2011, VI R 52/10). 36 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Anders sieht es bei einer Ausbildung aus, die der Erstausbildung folgt (Zweitstudium/Master/ Studium nach abgeschlossener Lehre) oder im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. Hier kann der Studiosus die Aufwendungen als voll abzugsfähige und als Verlust vortragsfähige (vorweggenommene) Werbungskos- ten in der Einkommensteuererklärung eintragen. Hat er dann seinen ersten gut bezahlten Job, kann er die vorgetragenen Werbungskosten aus der Studienzeit bei seinen Einkünften abziehen. Ob die Ungleichbehandlung von Erst- und Zweitstudium verfassungswidrig ist, prüft derzeit das Bundesverfassungsgericht. Studierende sollten daher alle entsprechenden Belege während der Studienzeit sammeln und stets eine Einkommensteuererklärung abgeben – auch wenn sie keine oder nur geringe Einkünfte erzielen. In dieser Steuererklärung sollten die Studienkosten – egal, ob es sich um eine Erst- oder Zweitausbildung handelt – als vorweggenommene Werbungskosten angegeben werden. Übersteigen die Werbungskosten den Gesamtbetrag der Einkünfte, ist auch ein Bescheid über die gesonderte Verlustfeststellung zu beantragen. Für Steuerpflichtige, die normalerweise keine Einkommensteuererklärung abgeben müssen, gilt eine vierjährige Frist für die Einreichung. Bis Ende 2015 ist also noch die Möglichkeit einer Steuerfestsetzung bzw. Verlustfeststellung für die Jahre ab einschließlich 2011 gegeben. Das Finanzamt versieht hier seine Bescheide wegen der grundsätzlichen Klärung der Abziehbarkeit als Werbungskosten regelmäßig mit einem Vorläufigkeitsvermerk. Enthalten die Bescheide diesen nicht oder entsprechen die Bescheide sonst nicht der Erklärung, sollte Einspruch mit Bezug auf die anhängigen Verfahren (VI R 2/12, VI R 8/12, 2 BvL 22/14 bis 2 BvL 27/14) eingelegt werden. Neben unmittelbaren Studienkosten wie Aufwendungen für Fachliteratur, Kosten für Repetitorien oder die Kosten für den Druck einer Masterarbeit, können auch der studentische Laptop oder der vorbereitende Sprachkurs für einen Auslandsaufenthalt abgezogen werden. Lukrativ kann es für Studierende werden, die ein Auslandssemester absolvieren. Hier ist neben den tatsächlich angefallenen Kosten für die Ausbildung im Gastland auch für die ersten drei Monate die tägliche Pauschale für Verpflegungsmehraufwand abziehbar. Das können – je nach Gastland – auch 50 Euro pro Tag sein. Hinweis: Hat der Studierende keine Einkommensteuer erklärung abgegeben oder hat das Finanzamt die Veranlagung wegen Ablauf der Festsetzungsverjährung wieder aufgehoben, ist laut BFH der Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids dennoch möglich. Eine Verlustfeststellung kann sogar bis zu sieben Jahre nachgeholt werden (vgl. BFH-Urteil vom 13.01.2015 (IX R 22/14). Was die Eltern berücksichtigen können Eltern, die Aufwendungen für das Studium ihrer volljährigen Kinder (bis maximal zur Vollendung des 25. Lebensjahres) tragen, können bei ihrer Einkommensteuererklärung neben Kindergeld oder Kinderfreibetrag auch den besonderen Ausbildungsfreibetrag (1.320 Euro je Kind und Elternteil) und ggf. den Freibetrag für die auswärtige Unterbringung während der Berufsausbildung (924 Euro pro Kind und Elternpaar) berücksichtigen. Besteht kein Anspruch mehr auf Kindergeld bzw. die entsprechenden Freibeträge, können Eltern Aufwendungen bei entsprechender Bedürftigkeit des unterhaltsberechtigten Kindes auf Antrag bis zu einem Höchstbetrag von 8.354 Euro geltend machen. Der Höchstbetrag kann sich noch um gezahlte Kranken- oder Pflegeversicherungsbeiträge erhöhen. Die Bedürftigkeit muss gegenüber dem Fiskus nachgewiesen werden. Das Vermögen des Studierenden (Verkehrswert abzüglich Verbindlichkeiten) darf hierfür 15.500 Euro nicht überschreiten. Vermögen, das die unterhaltene Person für ihren Unterhalt braucht, etwa ein eigengenutztes angemessenes Haus, bleibt außer Ansatz. Etwaige eigene Einkünfte des Kindes, die über 624 Euro hinausgehen, werden allerdings angerechnet. Der Empfänger muss den Unterhalt grundsätzlich nicht versteuern. Einen Werbungskostenabzug kann grundsätzlich nur derjenige vornehmen, der selbst Aufwendungen zur Erzielung von Einnahmen tätigt. Soll das Kind die Aufwendungen als Werbungskosten geltend machen, muss es die Aufwendungen auch selbst getragen haben, so z. B. selbst die angemietete Wohnung bezahlen. Was wegen Schenkungsteuer zu beachten ist Bei den Zuwendungen, die ein Kind für die Bestreitung seiner Ausbildungskosten von den Eltern bekommt, ist die schenkungsteuerliche Seite im Auge zu behalten. Zuwendungen, die auf der gesetzlichen Unterhaltspflicht beruhen, sind per se keine Schenkungen und fallen damit nicht unter die Schenkungsteuer. Auch darüber hinausgehende laufende Unterhaltszahlungen zum Zweck der Ausbildung bleiben schenkungsteuerfrei, vorausgesetzt das unterstützte Kind ist entsprechend bedürftig und kann die Ausbildung nicht aus eigenen Mitteln bestreiten. Eine Angemessenheitsprüfung gibt es hier nicht. Der Begünstigung unterliegen auch hohe Studiengebühren an einer Uni im Ausland und die dadurch bedingten zusätzlichen Lebenshaltungskosten. Vorsicht ist allerdings bei hohen einmaligen, insbesondere nachträglichen Kapitalzahlungen geboten, die in der Regel nicht schenkungsteuerfrei sind. Ansprechpartnerin [email protected] EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 37 TAX +++ Ticker +++ Bilanzsteuer 1 EuGH: Inlandsbezug der § 6b-Reinvestitionsrücklage europarechtswidrig Die Nutzung der Steuervorschrift des § 6b EStG zur Übertragung stiller Reserven bei der Veräußerung bestimmter Wirtschaftsgüter setzt nach § 6b Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG voraus, dass die stillen Reserven auf ein angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut übertragen werden, das zum Anlagevermögen einer inländischen Betriebsstätte gehört. Laut EuGH-Urteil vom 16.04.2015 (C-591/13) ist der Inlandsbezug europarechtswidrig. Hinweis: Steuerpflichtige mit geplanten oder bereits verwirklichten § 6b-Ersatzinvestitionen im EU-Ausland sollten ggf. ihre Veranlagungen unter Verweis auf die aktuelle EuGH-Entscheidung offen halten. Der Gesetzgeber muss nun die Europarechtswidrigkeit beseitigen. 2 BMF: Vorratsbewertung nach der IFO-Methode L Die Finanzverwaltung hat ihre Auffassung zu den Anwendungsvoraussetzungen des LIFOVerbrauchsfolgeverfahrens für Zwecke der Bewertung des Vorratsvermögens veröffentlicht (BMF-Schreiben vom 12.05.2015). Für bestimmte Arten von Vorräten schränkt das BMF die Anwendung der LIFO-Methode ein. So ist die Methode bei Handelswaren unzulässig, wenn die tatsächlichen Anschaffungskosten ohne weitere Rechen- oder Ermittlungsschritte zu ermitteln sind. Bei verderblichen Waren mit einer Haltbarkeit von unter einem Jahr ist die LIFO-Methode laut BMF nicht zulässig. Hinweis: Das Schreiben stellt klar, dass es sich bei der LIFO-Methode um ein eigenständiges steuerliches Wahlrecht handelt, dass unabhängig von der Handelsbilanz oder einer Einzelbewertung in einem IFRS-Abschluss ausgeübt werden kann. 3 BFH: Zugriffsrechte auf Kassendaten im Rahmen einer Außenprüfung Auch für über die Kasse bar vereinnahmte Umsätze gilt die Verpflichtung für Kaufleute, nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) im Rahmen der Zumutbarkeit sämtliche Geschäftsvorfälle einzeln aufzuzeichnen. 38 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Zwar ist der Einzelhändler frei in seiner Entscheidung, ob er seine Warenverkäufe manuell oder beispielsweise über eine Registrierkasse oder ein PC-gestütztes System erfasst. Entscheidet er sich jedoch für die detaillierte Aufzeichnung der einzelnen Barverkäufe, die eine dauerhafte Speicherung ermöglicht (z. B. PC-Kasse), ist die Offenlegung der Einzelaufzeichnungen gegenüber der Finanzverwaltung auch zumutbar. Der Steuerpflichtige kann der Finanzverwaltung den Datenzugriff auf die Einzelaufzeichnungen nicht mit Hinweis auf die Unzumutbarkeit der Aufzeichnungspflicht verweigern (BFH-Urteil vom 16.12.2014, X R 42/13). Ertragsteuer 4 BFH: Zufluss einer Gewinnausschüttung beim beherrschenden Gesellschafter Bei beherrschenden Gesellschaftern fließt eine Gewinnausschüttung bereits im Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Gewinnausschüttung zu, wenn der Anspruch auf die Gewinnausschüttung eindeutig, unbestritten und fällig ist und die ausschüttende Gesellschaft zahlungsfähig ist. Das gilt laut BFH auch bei einer Vorabdividende, auch wenn diese von vornherein zu einem festgelegten späteren Zeitpunkt ausgezahlt werden soll. Lediglich Fälligkeitsregeln in der Satzung einer GmbH können die Zuflussfiktion verdrängen (BFH-Urteil vom 02.12.2014, VIII R 2/12). Hinweis: Als zahlungsfähig gilt eine ausschüttende Gesellschaft auch dann, wenn sie zwar selbst nicht über die ausreichende Liquidität verfügt, um die beschlossene Ausschüttung auszuzahlen, sie sich aber jederzeit als beherrschende Gesellschafterin einer Tochtergesellschaft die notwendigen Geldmittel besorgen kann. Hier hatte die GmbH als beherrschende Gesellschafterin einer Tochtergesellschaft ihrerseits Anspruch auf eine Vorabausschüttung. 5 FG Düsseldorf: Keine Rückwirkung der Mindestlaufzeit eines Gewinnabführungs vertrags Der BFH sieht die Ausgliederung einer Mehrheitsbeteiligung mit nachfolgender erstmaliger Begründung einer ertragsteuerlichen Organschaft als möglich an, wenn seit dem Beginn des Wirtschaftsjahrs eine finanzielle Eingliederung zunächst zum übertragenden Rechtsträger und anschließend zum übernehmenden Rechtsträger besteht und bis zum Ende des Wirtschaftsjahres bestehen bleibt. Nach Auffassung des BFH gilt das auch für den Übergang eines Teilbetriebs der Überträgerin auf eine neu gegründete Tochterkapitalgesellschaft durch Ausgliederung (BFH-Urteil vom 28.07.2010, I R 89/09). Diese Rückwirkungsfiktion greift nach Auffassung des FG Düsseldorf allerdings nicht für die Berechnung der Mindestdauer des Gewinnabführungsvertrags (Urteil vom 03.03.2015, 6 K 4332/12). Laut der FGRichter ist die fünfjährige Mindestdauer ein auf tatsächliche Umstände abstellendes Erfordernis und daher einer fiktiven Rückbeziehung nicht zugänglich. 6 FG Düsseldorf: Vermeidung der Mindestbesteuerung bei Buchgewinnen aus Billigkeitsgründen Erfolgt nach einer steuerwirksam erfolgten Teilwertabschreibung eine steuerwirksame Teilwertaufholung, können die dadurch ausgelösten Folgen der Mindestbesteuerung nach Auffassung des FG Düsseldorf durch Billigkeitsmaßnahmen vermieden werden. Das FG sah in dem Buchgewinn aus der Wertaufholung keinen Zuwachs an besteuerungswürdiger Leistungsfähigkeit und gewährte daher eine vollständige Verrechnung des auf der vorhergehenden Teilwertabschreibung beruhenden Verlustvortrags mit dem aus der Teilwertzuschreibung folgenden Ertrag (Urteil vom 02.09.2014, 6 K 3370/09). Hinweis: Gegen das Urteil ist Revision beim BFH anhängig (I R 65/14). 7 BFH: Ausschüttungsunabhängige Nachbelastung des EK 02 im Grunde verfassungsgemäß Der BFH sieht die mit dem JStG 2008 rückwirkend eingeführte ausschüttungsunabhängige Nachbesteuerung des aus dem alten Anrechnungsverfahren resultierenden EK 02-Bestandes als dem Grunde nach verfassungsgemäß an. Dabei hat er weder verfassungsrechtliche Zweifel an der Rückwirkung noch an der nur für steuerbefreite Körperschaften und bestimmte TAX Wohnungsunternehmen geltenden Option zur alten ausschüttungsabhängigen Nachversteuerung (Urteil vom 10.12.2014, I R 76/12). Zweifel hat der BFH jedoch wegen der vom Gesetzgeber an die Wohnungsunternehmen gestellten besonderen persönlichen (Beteiligungs-)Voraussetzungen (Beschluss vom 10.12.2014, I R 65/13). Hinweis: Um prüfen zu können, ob es für die unterschiedliche Behandlung innerhalb der Gruppe der Wohnungsunternehmen einen sachlichen Grund gibt, hat der BFH das BMF zum Beitritt des Verfahrens aufgefordert. nach § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG (Kürzung um die auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallenden Gewerbeerträge) zu kürzen (BFHUrteil vom 11.03.2015, I R 10/14). Hinweis: Anders als die Vorinstanz (FG Düsseldorf vom 28.11.2013, 16 K 2513/12) meint, hängen die betreffenden Einkünfte nicht als betriebsstättenlose Auslandseinkünfte in der Luft. Da das Gesetz die Einkünfte der Zwischengesellschaft in solche der an ihr qualifiziert beteiligten Inlandsgesellschaft umformt, sind die Einkünfte auch einer Auslandsbetriebsstätte i. S. v. § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG zuzuordnen. 8 BFH: Aufnahme neuer Gesellschafter in eine Personengesellschaft gegen Zuzahlung an Altgesellschafter Laut BFH kann der Eintritt eines neuen Gesellschafters in eine Personengesellschaft für die Altgesellschafter nicht steuerneutral nach § 24 UmwStG erfolgen, wenn eine Zuzahlung geleistet wird und diese Zuzahlung nicht als Einlage in das Betriebsvermögen der Personengesellschaft, sondern in ein anderes der deutschen Besteuerung unterliegendes Betriebsvermögen der Altgesellschafter gelangt. Im Urteilsfall hatten die Altgesellschafter von den eintretenden Neugesellschaftern als Gegenleistung Anteile an einer anderen Personengesellschaft erhalten (BFH-Urteil vom 17.09.2014, IV R 33/11). Hinweis: Für die Frage, ob eine Zuzahlung an die Altgesellschafter vorliegt und die Einbringung der Mitunternehmeranteile somit auch auf Rechnung der Neugesellschafter erfolgt, ist es ohne Belang, ob die Gegenleistung in das Privatvermögen oder in ein Betriebsvermögen der Altgesellschafter gelangt. In beiden Fällen kommt nach Ansicht des BFH eine Anwendung des § 24 UmwStG nicht in Betracht. 10 OFD NRW: Zuständigkeit der Gemeinden für Billigkeitsmaßnahmen bei der Gewerbesteuer Bei Unternehmen in der Krise entsteht durch Forderungsverzichte der Gläubiger regelmäßig ein nicht liquiditätswirksamer Sanierungsgewinn, der nach dem sogenannten Sanierungserlass des BMF aus Billigkeitsgründen herabgesetzt und erlassen werden kann. Laut BFH-Rechtsprechung aus dem April 2012 sind hinsichtlich der Gewerbesteuer die Gemeinden für die Billigkeitsmaßnahmen zuständig. Ende 2014 wurde die Befugnis zur abweichenden Festsetzung von Gewerbesteuermessbeträgen nach § 163 Satz 1 AO den Finanzämtern übertragen, soweit hierzu BMF-Schreiben allgemein gültige Richtlinien aufgestellt haben (§ 184 Abs. 2 Satz 1 AO in der Fassung des Zollkodex AnpG). Darunter fällt laut der OFD NordrheinWestfalen jedoch nicht der o. g. Sanierungserlass, so dass trotz der neu geschaffenen Ermächtigung die Gemeinden laut OFD NRW weiterhin für Billigkeitsmaßnahmen zur Gewerbesteuer bei Sanierungsgewinnen zuständig sind (Verfügung vom 06.02.2015). Gewerbesteuer Umsatzsteuer 9 BFH: Gewerbesteuerliche Kürzung um den AStG-Hinzurechnungsbetrag In den Gewerbeertrag eines inländischen Unternehmens gehören auch die passiven Einkünfte, die dem Unternehmen als Gesellschafter einer ausländischen Zwischengesellschaft nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AStG hinzuzurechnen sind. Laut BFH sind diese hinzugerechneten Einkünfte 11 BFH: Grundsatzurteile zum Abholfall bei Reihengeschäften Laut BFH setzt bei einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft mit drei Beteiligten (A, B und C) und Transportveranlassung durch B (mittlerer Unternehmer) die für die Umsatzsteuerfreiheit erforderliche Zuordnung der innergemeinschaftlichen Beförderung oder ersendung des Gegenstands zu einer der beiV den Lieferungen eine umfassende Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und insbesondere die Feststellung voraus, ob der Ersterwerber (B) dem Zweiterwerber (C) bereits die Verfügungsmacht an der Ware verschafft hat, bevor diese das Inland verlassen hat. Dies ist anhand aller objektiven Umstände des Einzelfalls und nicht lediglich – entgegen der Auffassung der Vorinstanz – anhand der Erklärungen des Ersterwerbers zu prüfen. Lässt sich das nicht zweifelsfrei klären, soll die in § 3 Abs. 6 Satz 6 Halbsatz 1 UStG enthaltene Vermutung gelten, dass die erste Lieferung von A an B umsatzsteuerfrei ist (BFH-Urteil vom 25.02.2015, XI R 15/14). In dem Urteil zeigt der BFH eine Absicherungsmöglichkeit für die Unternehmer auf. Hinweis: Auch wenn der zweite Erwerber (C) eine Spedition mit der Abholung von Waren beim Unternehmer (A) beauftragt, ist eine Steuerbefreiung der Lieferung des A an B möglich, wenn C die Verfügungsmacht an den Waren erst erhalten hat, nachdem diese das Inland verlassen haben (BFH-Urteil vom 25.02.2015, XI R 30/13). In diesem zweiten Grundsatzurteil widerspricht der BFH der Finanzverwaltung (Abschnitt 3.14 Abs. 8 Satz 2 UStAE), deren Reaktion abzuwarten bleibt. 12 Generalanwalt am EuGH sieht Personengesellschaft als (umsatzsteuerliche) Organgesellschaft Nach bisheriger Auffassung der deutschen Rechtsprechung und Finanzverwaltung kann eine Personengesellschaft zwar Organträgerin, nicht aber Organgesellschaft in einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein. Der Generalanwalt am EuGH Paolo Mengozzi ist der Auffassung, dass eine Personengesellschaft Organgesellschaft in einer umsatzsteuerlichen Organschaft sein kann. Es seien allerdings Einschränkungen zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken möglich (Schlussantrag vom 26.03.2015, C-108/14). Hinweis: Nun bleibt das Urteil des EuGH abzuwarten. Obwohl der EuGH den Schlussanträgen und der Rechtsauffassung des Generalanwalts nicht folgen muss, stimmen häufig die Entscheidungen des EuGH mit den Schlussanträgen überein. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 39 TAX +++ Ticker +++ 13 BMF: Preisnachlässe durch Verkaufsagenten/Vermittler Die Finanzverwaltung ändert ihre Auffassung zur umsatzsteuerlichen Behandlung der Gewährung eines Preisnachlasses durch einen Vermittler/Verkaufsagenten (BMF-Schreiben vom 27.02.2015). Sie reagiert auf Urteile, wonach es nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage für die Vermittlungsleistung nach § 17 UStG kommt, wenn ein Vermittler dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Preisnachlass gewährt (EuGHUrteil vom 16.01.2014, C-300/12 und BFHUrteile vom 27.02.2014, V R 18/11 sowie vom 03.07.2014, V R 3/12). Der Preisnachlass führt dann nicht zu einer Vorsteuerberichtigung beim Kunden. Für Zentralregulierungskonstellationen behält sich das BMF in Einzelfällen eine abweichende Einordnung vor. Hinweis: Das BMF-Schreiben ist in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Es wird jedoch nicht beanstandet, wenn die Vermittler/ Verkaufsagenten für Preisnachlässe, die bis zur Veröffentlichung der o. g. BFH-Urteile im BStBl. II vom 27.03.2015 gewährt wurden, von einer Entgeltminderung ausgegangen sind. Die neue Auffassung hat u. a. erhebliche Auswirkungen für Reisevermittler, den Telekommunikationssektor, den Automobilhandel und alle Branchen, die mit Zentralregulierern zusammenarbeiten. 14 BFH: Innergemeinschaftliche Lieferung verbrauchssteuerpflichtiger Waren Für die Anerkennung einer steuerfreien innergemeinschaftlichen Lieferung muss der Verkäufer u. a. nachweisen, dass der Abnehmer der Ware im Zielland der Umsatzsteuer unterliegt (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 UStG). Dafür ist regelmäßig die USt-IdNr. des Empfängers nötig. Laut BFH kann eine Lieferung verbrauchsteuerpflichtiger Waren durch einen im Inland ansässigen Unternehmer an einen im Ausland ansässigen Unternehmer, der keine USt-IdNr. verwendet, trotzdem als innergemeinschaftliche Lieferung steuerfrei sein. Voraussetzung ist, dass der Lieferer redlicherweise, und nachdem er alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, diese USt-IdNr. nicht mitteilen kann. Ferner muss er Angaben machen, die hinreichend belegen 40 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 können, dass der Erwerber ein Steuerpflichtiger ist, der bei dem betreffenden Vorgang als solcher gehandelt hat (BFH-Urteil vom 21.01.2015,XI R 5/13). Hinweis: Das FG München hat dem EuGH eine Vorlagefrage zu dem Erfordernis und der Bedeutung der USt-IdNr. für die Umsatzsteuerfreiheit zur Vorabentscheidung vorgelegt (FG München vom 04.12.2014, 14 K 1511/14 ; EuGH, C-24/15). 15 BMF: Lieferungen von Metallen Lieferungen bestimmter Edelmetalle, unedler Metalle und Cermets unterliegen gemäß § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG i. V. m. Anlage 4 der umgekehrten Steuerschuldnerschaft, bei der der Leistungsempfänger anstelle des leistenden Unternehmers die Umsatzsteuer abzuführen hat. Durch das ZollkodexAnpG wurde § 13b Abs. 2 Nr. 11 UStG sowie die dazugehörige Anlage 4 zum 01.01.2015 neu gefasst. Dabei wurden auch manche Metalle und Erzeugnisse aus der Anlage gestrichen. Für die Lieferung der in Anlage 4 genannten Metalle wurde eine Bagatellgrenze i. H. v. 5.000 Euro pro wirtschaftlichem Vorgang eingeführt. Zu diesen Änderungen nimmt nun das BMF ausführlich Stellung (Schreiben vom 13.03.2015). Hinweis: Die Regelungen des Schreibens sind grundsätzlich auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.12.2014 ausgeführt werden, wobei weiterführende Regelungen zur zeitlichen Abgrenzung und Übergangsregelungen bestehen. Die bestehenden Übergangsregelungen der BMF-Schreiben vom 05.12.2014 und 22.01.2015 sind im aktuellen Schreiben zusammengefasst. 16 BMF: Entstehung der Steuer bei unrichtigem Steuerausweis Die Finanzverwaltung ändert ihren Abschnitt 13.7 UStAE zur Entstehung der Steuer bei Ausstellung einer Rechnung mit unrichtigem Steuerausweis nach § 14c Abs. 1 UStG (BMFSchreiben vom 02.04.2015). Danach entsteht die nach § 14c Abs. 1 UStG geschuldete Mehrsteuer nicht vor Ablauf des Voranmeldungszeitraumes, in dem die Rechnung mit ausgewiesenem überhöhtem Steuerbetrag erteilt worden ist. Da ein Unternehmer aber den als § 14c Abs. 1 UStG geschuldeten Mehrbetrag regelmäßig nicht als solchen erkennen wird, beanstandet es die Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen nicht, wenn der Unternehmer den Mehrbetrag zusammen mit der für die Leistung geschuldeten Steuer anmeldet, selbst wenn die Rechnung erst in einem späteren Voranmeldungszeitraum erteilt wird. Hinweis: Kommt es im Berichtigungsdokument erstmalig zu einem unrichtigen Ausweis der Umsatzsteuer, erscheint es dem BMF nicht praktikabel, für die Steuerentstehung auf den Zeitpunkt der Leistungserbringung abzustellen. 17 BFH: Keine Geschäftsveräußerung im Ganzen bei zwei Veräußerern Die Voraussetzungen einer nicht steuerbaren Geschäftsveräußerung im Ganzen (§ 1 Abs. 1a UStG) liegen laut BFH nicht vor, wenn ein Erwerber Vermögensgegenstände von zwei verschiedenen Unternehmern erhält und diese erst zusammen(gesetzt) dem Erwerber eine unternehmerische Tätigkeit ermöglichen, nicht aber die Vermögensgegenstände des einen oder des anderen Veräußerers für sich betrachtet (Urteil vom 04.02.2015, XI R 42/13). Hinweis: In dem beim BFH anhängigen Verfahren XI R 14/14 hat der BFH genau den umgekehrten Fall zu entscheiden, nämlich ob die Veräußerung(en) wesentlicher Betriebsgrundlagen an zwei unterschiedliche Erwerber (verbundene Unternehmen) eine Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellt. Die Vorinstanz hält dies für möglich (FG Rheinland-Pfalz vom 13.03.2014, 6 K 1396/10). Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Auffassung halten dürfte, ist durch das aktuelle BFH-Urteil jedoch gesunken. Grunderwerbsteuer 18 BFH: Änderung des Gesellschafterbestands nach Grundstückserwerb Erwirbt eine Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter ein Grundstück, wird die Grunderwerbsteuer in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Die Steuer ist jedoch insoweit nachzuerheben, als sich der Anteil des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen innerhalb von fünf Jahren nach dem Übergang des Grundstücks vermindert (§ 5 Abs. 3 EY Tax & Law DE News Ap Lesen Sie p das Tax & Law Mag unsere w azine od öchentlic er hen New unterweg s bequem s und ble iben Sie Entwicklu über aktu ngen des elle Steuerre chts info rmiert. TAX Verfügba r für iOS und A ndroid GrEStG). In Fällen einer mindestens 95 %igen Übertragung von Gesellschaftsanteilen, die als sogenannter fiktiver Grundstückserwerb innerhalb von fünf Jahren ebenfalls grunderwerbsteuerbar ist (§ 1 Abs. 2a GrEStG), sieht das Gesetz eine Anrechnung der Bemessungsgrundlage für den Grundstückserwerb auf die spätere anteilsbezogene Bemessungsgrundlage vor. Die Steueranrechnung hat laut BFH unabhängig davon zu erfolgen, ob die Steuer für den Grundstückserwerb der Gesellschaft von ihrem Gesellschafter tatsächlich festgesetzt und erhoben wurde. Entscheidend ist vielmehr, dass für den Grundstückserwerb der Personengesellschaft – wie im Urteilsfall – bei zutreffender materiellrechtlicher Würdigung gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG die Vergünstigungsvoraussetzungen entfallen sind (BFH-Urteil vom 17.12.2014, II R 2/13). Energiesteuer 19 BFH: Energieerzeugnisse mit zweierlei Verwendungszweck („dual use“) Der BFH modifiziert seine bisherige Rechtsprechung zum Begriff des „zweierlei Verwendungszwecks“ im Rahmen der Entlastung von der Energiesteuer nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG (Gewährung der Entlastung bei gleichzeitiger Verwendung der Energieerzeugnisse zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken als Heiz- oder Kraftstoff). Der BFH folgt damit der Auffassung des EuGH (Urteil vom 02.10.2014, C-426/12). Der BFH stellt nun darauf ab, dass der Produktionsprozess ohne den Einsatz der Verbrennungsprodukte des Energieerzeugnisses nicht zu Ende geführt werden kann. Eine Rangfolge bzw. Wertigkeit der Verwendungszwecke lasse sich dabei weder aus der Energiesteuerricht linie noch aus den nationalen Vorschriften zum Energiesteuerrecht ableiten. Der BFH stellt klar, dass unter „zweierlei Verwendungszweck“ keine streng zeitgleiche Verwendung zu verstehen ist. Ausreichend sei die räumliche und zeitliche Nähe der Verwendung in einer Anlage im Rahmen eines „einheitlichen industriellen Prozesses oder Verfahrens“ sowohl als Heizstoff als auch für andere Zwecke. Der Einsatz des Energieerzeugnisses als Roh-, Grund- oder Hilfsstoff zur Bearbeitung oder Herstellung eines anderen Produkts ist laut BFH kein entscheidungserhebliches Kriterium. Der Begriff „andere Zwecke“ zielt demnach nicht auf eine stoffliche Verbindung zwischen dem Energieerzeugnis und dem Endprodukt ab, d. h. das Energieerzeugnis muss nicht Bestandteil des Endproduktes sein. In den Fällen, in denen es um die Nutzung von Verbrennungsgasen geht, muss das eingesetzte Energieerzeugnis (oder dessen Verbrennungsprodukt) lediglich für den Abschluss des Produktionsprozesses erforderlich sein (Urteil vom 13.01.2015, VII R 35/12). Lohnsteuer 20 BMF: BFH-Urteile zu Betriebsveran staltungen veröffentlicht Die für den Steuerpflichtigen günstigen BFHUrteile zur Prüfung der 110-Euro-Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen (Urteile vom 16.05.2013, VI R 94/10 und VI R 7/11) wurden im Bundessteuerblatt veröffentlicht (BStBl. II 2015, S. 186 ff.), so dass diese nunmehr von der Finanzverwaltung bis Ende 2014 allgemein angewendet werden. Hinweis: Ab dem 01.01.2015 gelten hingegen die neuen gesetzlichen Regelungen zur Besteuerung von Betriebsveranstaltungen, die mit dem ZollkodexAnpG eingeführt wurden (Jetzt Freibetrag bis 110 Euro). Mit den Änderungen wurde die günstige BFH-Rechtsprechung ab dem Veranlagungszeitraum 2015 wieder ausgehebelt. Siehe auch unsere Top Story ab Seite 12. Sonstiges 21 BMF: Vorläufige Festsetzung der rbschaftsteuer E Sämtliche Festsetzungen von nach dem 31.12.2008 entstandener Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) sind (weiter) in vollem Umfang vorläufig durchzuführen (Gleichlautender Ländererlass vom 12.03.2015). Die Rechtsgrundlage für die Vorläufigkeit basiert jetzt nicht mehr auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO, sondern mit Blick auf die durch das Urteil des BVerfG vom 17.12.2014 (1 BvL 21/12) angeordnete Verpflichtung zur gesetzlichen Neuregelung auf § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO. Die durch die gesetzliche Neuregelung begründeten Aufhebungen oder Änderungen von Steuerbescheiden werden von Amts wegen vorgenommen. Hinweis: Ausdrücklich weist das Schreiben vom 12.03.2015 darauf hin, dass das bisherige Erbschaftsteuerrecht bis zur gesetzlichen Neuregelung weiter anwendbar bleibt. Am 02.06.2015 hat das BMF seinen Referentenwurf zur Anpassung des Erbschaftsteuergesetztes veröffentlicht (siehe auch Seite 24). 22 BFH: Darlehen unter Angehörigen Der BFH verneint die Anwendung der Abgeltungsteuer von 25 % auf ein Darlehen unter nahen Angehörigen bei finanzieller Beherrschung des Darlehensnehmers durch den Darlehensgeber (Urteil vom 28.01.2015, VIII R 8/14). Ein Steuerpflichtiger hatte seinem Ehepartner, der weder über regelmäßiges (Arbeits-)Einkommen noch größeres Vermögen verfügte, ein vollfinanzierendes Darlehen zur Anschaffung und Renovierung einer fremdvermieteten Immobilie gewährt. Grund für die Nichtanwendung der Abgeltungsteuer ist laut BFH hier nicht das persönliche Näheverhältnis der Ehegatten, sondern der beherrschende Einfluss des Steuerpflichtigen auf den von ihm finanziell abhängigen Ehepartner. Da der Darlehensnehmer weder über (Arbeits-)Einkommen noch über nennenswertes Vermögen verfügte, wäre eine alternative Finanzierung z. B. über eine Bank nicht möglich gewesen. Hinweis: Das Urteil zeigt Grenzen der Gestaltung bei Darlehensverträgen unter Angehörigen unter Nutzung der Abgeltungsteuer auf. Weiterhin weist der BFH auf die für die steuerliche Anerkennung von Darlehensgewährungen unter nahen Angehörigen erforderliche Fremdüblichkeit hin. 23 BMF: Behandlung von negativen Einlagezinsen Die Finanzverwaltung stuft negative Einlagezinsen nicht als Zinsen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ein, sondern als eine Art Verwahr- oder Einlagegebühr, die bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als Werbungskosten vom Sparer-Pauschbetrag gemäß § 20 Absatz 9 Satz 1 EStG erfasst sind (BMF-Schreiben vom 27. Mai 2015). EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 41 TAX Wichtige Steuertermine 01.07.2015 Grundsteuer Fälligkeit bei jährlicher Zahlungsweise 10.07.2015 Lohnsteuer Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im Monat Juni 2015 einbehaltenen Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Juni 2015 und Entrichtung der Umsatzsteuer Steuerabzugsbeträge bei beschränkt Steuerpflichtigen Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im zweiten Kalendervierteljahr 2015 einbehaltenen Aufsichtsratsteuer und der sonstigen Steuerabzugsbeträge bei beschränkt Steuerpflichtigen 20.07.2015 Mini-One-Stop-Shop Elektronische Übermittlung der Steuererklärung für das zweite Kalendervierteljahr 2015 27.07.2015 Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für den Monat Juni 2015 10.08.2015 Lohnsteuer Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im Monat Juli 2015 einbehal tenen Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat Juli 2015 und Entrichtung der Umsatzsteuer 17.08.2015 Gewerbesteuer Vierteljahresrate Grundsteuer Vierteljahresrate 25.08.2015 Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für den Monat Juli 2015 10.09.2015 Lohnsteuer Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im Monat August 2015 einbehaltenen Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat August 2015 und Entrichtung der Umsatzsteuer Einkommen-, Kirchen- und Körperschaftsteuer sowie Solidaritätszuschlag Vierteljährliche Vorauszahlung 25.09.2015 Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für den Monat August 2015 30.09.2015 Umsatzsteuer Fristablauf für Anträge auf Vergütung von Vorsteuern, die 2014 bei in der EU ansässigen Unternehmen angefallen sind (Ausschlussfrist) Energie- und Stromsteuer Fristablauf für die verlängerte Antragsfrist für die Begrenzung der EEG-Umlage für neu gegründete Unternehmen 12.10.2015 Lohnsteuer Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im Monat September 2015 einbehaltenen Lohnsteuer und Kirchenlohnsteuer Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Voranmeldung für den Monat September 2015 und Entrichtung der Umsatzsteuer Steuerabzugsbeträge bei beschränkt Steuerpflichtigen Elektronische Übermittlung der Anmeldung und Abführung der im dritten Kalendervierteljahr 2015 einbehaltenen Aufsichtsratsteuer und der sonstigen Steuerabzugsbeträge bei beschränkt Steuerpflichtigen 20.10.2015 Mini-One-Stop-Shop Elektronische Übermittlung der Steuererklärung für das dritte Kalendervierteljahr 2015 26.10.2015 Umsatzsteuer Elektronische Übermittlung der Zusammenfassenden Meldung (ZM) für den Monat September 2015 Publikationen Bolik, Andreas S. / Kindler, Cornelia / Griesfeller, Anne C. / Gesetzentwurf für ein ProtokollerklärungsG – Relevanz und Anwendungsbereich für Unternehmen / StuB 2015, S. 261 Bosse, Christian / Referenten entwurf zur Umsetzung der EU-Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie: Änderungen bei periodischer Finanzberichterstattung und Beteiligungstransparenz / BB 2015, S. 746 Dahlke, Jürgen / Auswirkungen regu latorischer Entwicklungen auf das Tax Accounting / BB 2015, S. 939 Domorakova, Dominika / Slowakei: Änderung der Regelungen zur Verlustverrechnung nicht verfassungswidrig / IStR-LB 2015, S. 56 Ebert, Konrad / Portugal: Haushalt, Umwelt, Investitionsförderung, Einkommensteuer / IStR-LB 2015, S. 22 42 Ebert, Konrad / Portugal: Investi tionsförderung / IStR-LB 2015, S. 33 Hiller, Matthias / Die Facet-Falle im deutschen Umsatzsteuerrecht – eine Farce / DStR 2015, S. 621 Königer, Stefan / Mühlhaus, Günter / Nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2015 – Mögliche Neuregelungen durch den Gesetzgeber und Folgen für die Beratungspraxis / ErbStB 2015, S. 71 Königer, Stefan / Mühlhaus, Gunter / Nach der Entscheidung des BVerfG vom 17.12.2014 – Folgen für Übertragungen bis zu einer gesetzlichen Neuregelung / ErbStB 2015, S. 100 Kröner, Ilse / Körperschaftsteuer erklärung 2014 – Gesetzliche Neu regelungen, wichtige Entscheidungen und Verwaltungsanweisungen / NWB 2015, S. 1152 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Mühlhausen, Moritz / Anwendbarkeit des § 8c KStG auf verrechenbare Verluste gemäß § 15a EStG / Ubg 2015, S. 207 Riegel, Martin / Amler, Falk / Zu lässig bei der Zulässigkeit? Zulässigkeitsprobleme bei AdV-Anträgen im FG-Verfahren / BB 2015, S. 796 Neuling, Christian-Alexander / Tax Compliance im Unternehmen: schlichte Anzeige (§ 153 AO) vs. Selbst anzeige / DStR 2015, S. 558 Robisch, Martin / Greif, Stefan / Umsatzsteuererklärung 2014 – Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltung: Neuerungen 2014, die Sie kennen sollten / NWB 2015, S. 1182 Nolte, Dirk / Die neue „Diverted Profits Tax“ – eine unilaterale britische Antwort auf BEPS / DStZ 2015, S. 364 Normann, Christian / Rechtsformwechsel von der Personen- in die Kapitalgesellschaft – Möglichkeiten des Wechsels von der GmbH & Co. KG in die GmbH / GmbH-StB 2015, S. 110 Rengier, Christian / Gewerbesteuer erklärung 2014 – Aktuelle Entwicklungen und Hilfestellungen zum Ausfüllen des amtlichen Formulars / NWB 2015, S. 1163 Wissenschaftlicher Beirat Steuern EY / Rechtsprechungsreport zur Umsatzsteuer: Praxisrelevante Entscheidungen des EuGH im Zeitraum 01.01.2004 – 31.12.2014 und zurzeit anhängige Verfahren / DB 2015, Beilage 3 zu Heft 12 Wissenschaftlicher Beirat Steuern EY / Fragen zur künftigen Entwicklung der BVerfG-Rechtsprechung zur Rückwirkung von Nichtanwendungsgesetzen – Dargestellt an drei BFH-Vorlagebeschlüssen / DB 2015, S. 513 29. – 30. September 2015, Grandhotel Schloss Bensberg [email protected] © Althoff Grandhotel Schloss Bensberg Sie. Steuern. Unternehmen. NSK 2015 – Nationale Steuerkonferenz Achtung Audits Unternehmen müssen ihr Energiemanagement ab Ende 2015 optimieren. Für Konzerne mit Standorten in mehreren Mitgliedstaaten eine schwierige Aufgabe. B is zum 5. Dezember 2015 müssen große Unternehmen in allen EU-Mitgliedstaaten verpflichtende Energieaudits einführen. Dies stellt die betroffenen Unternehmen vor enorme Herausforderungen, insbesondere wenn sie in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten Gesellschaften oder Standorte haben. Grundlage der Auditpflicht ist die EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED, Richtlinie vom 25. Oktober 2012, 2012/27/EU). Die EED sieht darüber hinaus eine Vielzahl von Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz vor. Für die Unternehmen geht es dabei nicht nur um finanzielle Aspekte und Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz, sondern auch um Fragen der Compliance. © iStock Eigentlich hätten die EU-Mitgliedstaaten die EED schon vor einem Jahr in das jeweilige nationale Recht umsetzen müssen, doch einige Länder hinken noch immer hinterher. In Deutschland trat das Gesetz zur Teilumsetzung der Energieeffizienzrichtlinie (EDL-G) erst am 21. April diesen Jahres in Kraft. Es gilt für alle Gesellschaften, die ihren Sitz oder Standorte in Deutschland haben. Im Folgenden werden wir darstellen, welche Unternehmen konkret von der Energieauditpflicht betroffen sind, welche Maßnahmen durchzuführen sind und welche Folgen sich für die Praxis ergeben. 44 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Wer ist betroffen ? Die Auditpflicht gilt nicht nur für Unternehmen des produzierenden Gewerbes, sondern unabhängig vom Gesamtenergieverbrauch für alle großen Unternehmen. Die jeweilige Branche des Unternehmens spielt keine Rolle. Wer konkret verpflichtet ist, bestimmt sich nach den Regelungen des Landes, in dem eine Gesellschaft ihren Sitz bzw. Standort hat. Zahlreiche EU-Mitgliedstaaten – darunter auch Deutschland – haben dabei die Vorgaben der EED übernommen. Danach gilt die Energieauditpflicht für alle Unternehmen, die nicht unter die EU-Schwellenwerte für Kleinstunternehmen, Kleine sowie Mittlere Unternehmen (KMU) fallen. Nicht betroffen sind danach grundsätzlich Unternehmen, die weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigten und einen Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro oder eine Jahresbilanzsumme bis zu einer Höhe von 43 Millionen Euro vorweisen. Unternehmen, die einem Konzern angehören und die für sich allein unterhalb der KMU-Schwellenwerte liegen, können aufgrund der Konzernklausel trotzdem zu Energieaudits verpflichtet sein. Denn Umsatzwerte und Mitarbeiterzahlen der mit ihnen verbundenen Unternehmen und der Partnerunternehmen (Beteiligung von 25 Prozent oder mehr) sind hinzuzuzählen. Hält folglich ein Unternehmen an einem KMU die Mehrheit der Stimmrechte oder übt es einen beherrschenden Einfluss aus, werden dessen Werte und Zahlen hinzugezählt. Die Werte und Zahlen von Partnerunternehmen, die dem betreffenden KMU unmittelbar vor- oder nachgeschaltet sind, müssen proportional zum Anteil der Beteiligung des Partnerunternehmens hinzugerechnet werden. In der Konsequenz werden viele Konzerngesellschaften eines großen Unternehmens, insbesondere auch nicht-operative Gesellschaften oder Zwischenholdings, von der Energieauditpflicht betroffen sein. Zu beachten ist, dass Unternehmen mit einer Beteiligung der öffentlichen Hand (Bund, Länder, Kommunen mit mehr als 5.000 Einwohnern) im Grundsatz stets energieaudit verpflichtet sind, sofern 25 Prozent oder mehr des Kapitals oder der Stimmrechte direkt oder indirekt von einer öffentlichen Stelle oder Körperschaft kontrolliert werden. Unternehmen wird die Umsetzung der EED auch dadurch erschwert, dass einzelne Mitgliedstaaten von der KMU-Definition der EU-Kommission abweichen. Zum Beispiel gibt es nach österreichischem Gesetz lediglich eine k onzernweise Zusammenrechnung bei Mehrheitsbeteiligungen, nicht hingegen bei Partnerunternehmen. LAW Entsprechend sollten europäische Unternehmen die einzelnen nationalen Vorgaben zur Verifizierung der Energieauditpflicht genau analysieren. Was muss geschehen ? Die Energieaudits sind erstmals bis zum 5. Dezember 2015 und dann spätestens alle vier Jahre erneut durchzuführen. Nach den Vorgaben des EDL-G sollen die Energieaudits die Mindestvorgaben der EED erfüllen und nach den einschlägigen internationalen und europäischen Standards erfolgen. Als adäquaten Standard nennt die EED explizit die Vorgaben der EN ISO 50001 oder EN 16247-1. Ebenso kommt der Standard der EN ISO 14000 in Betracht, sofern hierbei auch ein Energieaudit eingeschlossen ist. Die konkrete Ausgestaltung und Durchführung der Energieaudits bleibt den einzelnen EU-Mitgliedstaaten vorbehalten, die zu den Mindestvorgaben der EED zusätzliche Anforderungen an das Energieaudit implementieren können. Deutschland hat davon jedoch keinen Gebrauch gemacht. Welche Ausnahmen und Erleichterungen gibt es ? Nach den Vorgaben des EDL-G sind Unternehmen von der Energieauditpflicht ausgenommen, wenn sie ein zertifiziertes Energie- oder Umweltmanagementsystem vorweisen. Dies entspricht den Vorgaben der EED, wobei die Mitgliedstaaten abweichende Regelungen treffen können. Nach dem aktuellen Informationsstand wird das Energiemanagementsystem nach EN ISO 50001 in vielen Mitgliedstaaten als Energiemanagementsystem akzeptiert. Die weitere Gesetzgebung in den Mitgliedstaaten bleibt allerdings abzuwarten. Die deutschen Regelungen des EDL-G sehen in Abweichung zur EED Erleichterungen für Unternehmen mit mehreren Unternehmensteilen oder Standorten vor, wenn diese zwischen dem 5. Dezember 2015 und dem 31. Dezember 2016 bei einer Überprüfung nachweisen, dass sie mit der Errichtung der Energiemanagement- oder Umweltmanagementsysteme bereits begonnen haben. Dabei müssen die Unternehmen folgende Maßnahmen bereits umgesetzt haben: • für ein Energiemanagementsystem: Schritt 4.4.3 Buchstabe a) der DIN EN ISO 50001 oder • für ein Umweltmanagementsystem: Mindestens die Erfassung und Analyse eingesetzter Energieträger mit einer Bestandsaufnahme der Energieströme und Energieträger und der Ermittlung wichtiger Kenngrößen. Umsetzung der EED in den Mitgliedstaaten Umgesetzt In Bearbeitung Keine Information Welche Folgen hat die Energieauditpflicht für die Praxis ? Die Pflicht zur Durchführung von Energieaudits stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Konzernunternehmen sollten zunächst überprüfen, welche ihrer Gesellschaften von der Energieauditpflicht betroffen sind. Insbesondere solche mit Gesellschaften oder Standorten in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten müssen vor der Implementierung von Energie- oder Umweltmanagementsystemen verifizieren, welche Modifikationen in den einzelnen Nationalstaaten gelten. Wenn Gesellschaften bereits zertifizierte Energie- oder Umweltmanagementsysteme implementiert haben oder noch rechtzeitig einführen, reduziert sich die Auditpflicht auf die anderen Konzernunternehmen. Um rechtzeitig, d. h. im Grundsatz vor dem 5. Dezember 2015 die erforderlichen Maßnahmen umzusetzen, müssen sich die Unternehmen schnellstmöglich auf ein Energieaudit vorbereiten. Sollte sich ein Unternehmen für die Möglichkeit der Einführung von Energiemanagement- oder Umweltmanagementsystemen entscheiden, ist eine rechtzeitige konzernweite Steuerung erforderlich. Bei unterlassener oder nicht rechtzeitiger Umsetzung drohen den einzelnen Gesellschaften der Konzernunternehmen neben Reputationsschäden auch nicht unerhebliche Geldbußen in Höhe von max. 50.000 Euro. Ihre Autoren Dr. Christian Hampel Director / Rechtsanwalt / Attorney at Law N. Y. christian.hampel @de.ey.com Dr. Nils Graßmann Senior Manager / Rechtsanwalt [email protected] EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 45 LAW Adressat gelöscht Mittels gesellschaftsrechtlicher Gestaltungen lassen sich Kartellgeldbußen wegen Wettbewerbsverstößen vermeiden. G Zwar hat der Gesetzgeber in Berlin 2013 reagiert und das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) novelliert. Der § 30 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) wurde dabei um Absatz 2a ergänzt. Danach kann im Falle der Gesamtrechtsnachfolge (insbesondere Verschmelzung) sowie der partiellen Gesamtrechtsnachfolge (Aufspaltung) die Geldbuße stets auch gegen den oder die Rechtsnachfolger festgesetzt werden. Die Höhe der Geldbuße ist dabei auf den Wert des übernommenen Vermögens begrenzt und darf auch nicht die dem Rechtsvorgänger gegenüber angemessene Geldbuße übersteigen. Die Novelle konnte aber nicht alle Schlupflöcher schließen. Von der Rechtsnachfolgerhaftung nicht erfasst werden Übertragungen einzelner Vermögensgegenstände im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Lückenhafte Novelle Automatische Löschung Nach deutschem Recht ist ein Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts ausschließlich an diejenige juristische Person zu adressieren, deren leitende Mitarbeiter gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben. Eine Konzernbußgeldhaftung kennt das deutsche Recht – im Unterschied zu kartellrechtlichen Geldbußen der Europäischen Kommission – nicht. Das eröffnet gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten bei Kartellgeldbußen. Diese Möglichkeit haben nun offenbar zwei Fleischwarenproduzenten genutzt. Nach dem Einspruch der beiden Unternehmen gegen die Bußgeldbescheide über 120 Millionen Euro kam es zu umfangreichen internen Umstrukturierungen. Der Fokus lag auf der Übertragung sämtlicher Vermögensgegenstände auf andere Konzerngesellschaften im Wege der Einzelrechtsnachfolge – also Gesamtrechtsnachfolge – Einzelrechtsnachfolge Während bei der Gesamtrechtsnachfolge das Vermögen, d. h. sämtliche Aktiva und Passiva, automatisch und einheitlich auf den Erwerber übergeht (z. B. Erbschaft, Verschmelzung), muss bei der Einzelrechtsnachfolge jeder Gegenstand einzeln in der gesetzlich vorgeschriebenen Form (z. B. Übereignung, Abtretung) übertragen werden. 46 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 So konnte in der Vergangenheit etwa ein kartellrechtswidrig handelndes Unternehmen auf Konzerngesellschaften verschmolzen oder aufgespalten und die ursprüngliche juristische Person gelöscht werden. Nach der Rechtsprechung des BGH war in solchen Fällen der Rechtsnachfolger für die Kartellverstöße nur unter äußerst engen Voraussetzungen haftbar zu machen. © iStock egen zahlreiche Wurst- und Fleischfabrikanten verhängte das Bundeskartellamt wegen angeblicher Preisabsprachen Geldbußen von 338 Millionen Euro. Rund 120 Millionen Euro entfielen auf zwei Unternehmen eines der größten deutschen Fleischwarenkonzerne. Das war vor rund einem Jahr. Kurz darauf legten die beiden Unternehmen, wie auch die Hälfte der übrigen betroffenen Unternehmen des „Wurstkartells“, Einspruch gegen die Bußgeldbescheide ein. Noch bevor das Oberlandesgericht Düsseldorf darüber entscheiden konnte, nutzte der Konzern die Zeit zur Umstrukturierung und ließ die beiden betroffenen Unternehmen aus dem Handelsregister löschen. Damit sind unseres Erachtens die Geldbußen von 120 Millionen Euro wohl nicht mehr einzutreiben. LAW Auswahl der höchsten Kartellgeldbußen des B undeskartellamtes 700,8 251,5 Zement (2003) Investoren und Kommunen können kooperativ Wohnquartiere und Gewerbeparks entwickeln. 280 195,5 Zucker (2014) 248,95 67,2 Flüssiggas (2007) 188,081 66,28 Städtebauliche Verträge Tondachziegel (2008) 159 83 Kaffee (2009) 151,4 33,85 Industrieversicherungen (2005) 134,5 103 Schienen-DB (2013) I 115 31,33 Brillengläser (2010) 97,64 88 Schienen-Privatmarkt (2013) 25 61 Dekorpapier (2008) 30 50,5 Feuerwehr (2012) Angaben in Millionen Euro Gesamtbußgelder Höchstes Einzelbußgeld als Asset Deal. Ergänzend wurden die Gesellschafterstrukturen der Unternehmen derart verändert, dass letztlich deren automatische Löschung ohne vorherige Liquidation erfolgte und jeweils nur ein ehemaliger Gesellschafter als natürliche Person zurückblieb. Der Zweck war klar: Wenn ein als juristische Person geführtes Unternehmen durch eine natürliche Person fortgeführt wird, greift die Haftungsnachfolgeregelung des OWiG nicht. Da § 30 Abs. 2a OWiG in seiner heutigen Fassung auch nicht auf Fälle der Einzelrechtsnachfolge anwendbar ist, erlischt in der hier beschriebenen Konstellation die Bußgeldhaftung mit der Löschung der tatbeteiligten Gesellschaft aus dem Handelsregister mangels tauglichen Bußgeldadressaten. Denn: Der Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid beseitigt diesen vollständig. Erst eine gerichtliche Entscheidung kann eine neue Geldbuße begründen. Zwar ist davon auszugehen, dass das Bundeskartellamt versuchen wird, doch noch eine Sanktion gegen diesen Wurst- und Fleischhersteller zu verhängen. Die Erfolgsaussichten sind jedoch eher gering. Um seine Kompetenzen zu erhalten und eine effektive Durchsetzung der Wettbewerbsregeln künftig zu gewährleisten, wird das Bundeskartellamt jedenfalls aber den Gesetzgeber verstärkt auffordern, die Rechtsnachfolgerhaftung umfangreicher zu gestalten. Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber dem im Interesse einer effektiven Rechtsdurchsetzung nachkommen wird. n Ballungsgebieten besteht derzeit eine hohe Nachfrage nach Flächen mit Entwicklungspotenzial. Insbesondere die Umnutzung von Alt- und Brachflächen zu Gewerbeparks oder Wohnquartieren kann zu einer erheblichen Wertsteigerung führen, die über die aufzuwendenden Entwicklungskosten weit hinausgeht. Die Entwicklung größerer Grundstücke zu Wohn- oder Gewerbezwecken ist allerdings nicht nur für den Investor, sondern auch für die jeweilige Kommune mit erheblichem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Das beginnt im Regelfall mit der Aufstellung oder Änderung eines Bebauungsplans, was zumeist ein mehrjähriges Verfahren erfordert. Zudem ist die Gemeinde grundsätzlich verpflichtet, für die notwendige öffentliche Erschließung des Grundstücks zu sorgen und die mit dem Vorhaben verbundenen sozialen Folgekosten zu tragen, z. B. bei Wohnungsprojekten den erhöhten Bedarf an Schulen und Kindergärten zu decken. Angesichts der angespannten finanziellen Situation und mangels personeller Kapazitäten bei zahlreichen Kommunen laufen viele Projekte Gefahr zu scheitern, auch wenn sie städtebaulich gewünscht sind. Angemessene Lastenteilung Eine Lösung bietet hier eine städtebauliche Kooperation zwischen Investor und Kommune, wozu das Baugesetzbuch explizite Regelungen enthält. Im Rahmen einer solchen Vereinbarung kann der Investor bestimmte Pflichten oder Leistungen der Gemeinde auf eigene Kosten übernehmen, um die rechtlichen Voraussetzungen für sein Bauprojekt zu schaffen. § 11 BauGB zählt exemplarisch Vertragstypen auf. Dazu gehören Verträge zur Vorbereitung oder Durchführung städtebaulicher Maßnahmen auf Kosten des Investors (wie z. B. die Ausarbeitung des notwendigen Bebauungsplans) oder Förderungs- und Sicherungsverträge, mit denen die Verpflichtung zur Nutzung der Grundstücke entsprechend den Festsetzungen des Bebauungsplans geregelt wird. Auch können Kommunen einem Investor in einem Kostenübernahmevertrag die Folgekosten seines Projekts auferlegen – etwa für EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 47 © iStock die verkehrliche Anbindung des Areals und für Schulen, indergärten oder Kitas. K Die vereinbarten Leistungen müssen den gesamten Umständen nach angemessen sein. Im Übrigen sind die Vertragsparteien frei, den Inhalt des Vertrags nach ihren Interessen auszuhandeln. Dabei muss der Investor auf der Grundlage seiner wirtschaftlichen Kalkulation entscheiden, in welchem Umfang er zusätzliche Kosten zugunsten der Gemeinde zu übernehmen bereit ist. Diese Kosten sollten vertraglich fest umrissen und nach Möglichkeit begrenzt werden. Sicherungsklauseln einbauen Sofern der Investor für sein Vorhaben einen neuen oder geänderten Bebauungsplan benötigt, ist zu beachten, dass die Aufstellung eines Bebauungsplanes im Ermessen der jeweiligen Gemeinde liegt. Ein Anspruch hierauf ist gesetzlich ausgeschlossen und kann auch nicht durch Vertrag begründet werden. Der Investor kann somit durch den Abschluss eines städtebaulichen Vertrages nicht rechtsverbindlich sicherstellen, dass das erforderliche Planungsrecht für sein Vorhaben geschaffen wird. Investoren sollten sich daher vertraglich für den Fall schützen, dass der erforderliche Bebauungsplan bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht in Kraft tritt. In Frage kommen insbesondere Kostenerstattungspflichten der Gemeinde gegenüber dem Investor. 48 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Sorgfältige Planung Auch wenn der Investor oftmals recht einseitig Vertragspflichten übernehmen muss, ist der kooperative Ansatz mittels städtebaulicher Verträge grundsätzlich für beide Seiten vorteilhaft. Schließlich erhält der Investor das für sein Vorhaben erforderliche Baurecht. Die Gemeinde kann ihren eigenen Kostenaufwand minimieren und im Falle eines Wohnbauvorhabens ihre städtebaulichen Ziele erfüllen oder im Falle einer Gewerbeansiedlung Gewerbesteuereinnahmen realisieren und ihre Bedeutung als Wirtschaftsstandort steigern. Gleichwohl sollte ein städtebaulicher Vertrag angesichts seiner oft erheblichen Handlungs- und Kostenpflichten nicht leichtfertig geschlossen werden. Vielmehr müssen eine sorgfältige Planung des Projekts und eine umfassende Analyse der Rechtslage vorausgehen. Insbesondere sind die bau- und planungsrechtlichen sowie die umweltund grundstücksrechtlichen Voraussetzungen zu prüfen. Im weiteren Verlauf erfordert die Vertragsgestaltung besondere Aufmerksamkeit, um die jeweiligen Interessen der Vertragsparteien angemessen zu berücksichtigen und bestehende rechtliche Risiken zu minimieren. LAW Insolvenz- oder Gesellschaftsrecht ? Diese Frage stellt sich im Fall der Insolvenzhaftung des Directors einer englischen Limited in Deutschland. Der Sachverhalt Über das Vermögen einer überwiegend in Deutschland tätigen englischen Limited wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter nahm den Geschäftsführer („Director“) der Limited auf Ersatz von Zahlungen in Höhe von über 100.000 Euro in Anspruch, die die Gesellschaft nach Eintritt der Insolvenzreife noch veranlasst hatte. Der Director verweigerte jedoch die Zahlung mit dem Argument, dass die Insolvenzhaftung eines deutschen Geschäftsführers gemäß § 64 Satz 2 GmbHG nicht auf den Director einer englischen Limited übertragbar sei. Tatsächlich unterliegen ausländische Gesellschaften grundsätzlich dem Gesellschaftsrecht des Staates, in dem sie gegründet worden sind. Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des EuGH. Mittelpunkt der Interessen Der Insolvenzverwalter argumentiert hingegen, dass die Haftungsnorm des § 64 Satz 2 GmbHG eine Regelung des deutschen Insolvenzrechts sei. Gemäß dem europäischen Insolvenzrecht ist das Recht des Landes anwendbar, in dem der Insolvenzschuldner den „Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen“ hat. Da die betreffende Limited überwiegend in Deutschland tätig war, wäre demnach deutsches Insolvenzrecht anwendbar und der Director zur Zahlung verpflichtet. Diese Position, die auch die derzeit herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur vertritt, wird insbesondere mit dem Zweck der Vorschrift begründet: Die Haftung gemäß § 64 GmbHG soll Massekürzungen vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens verhindern. Und für den Fall, dass der Geschäftsführer dieser Pflicht zur Sicherung der Insolvenzmasse nicht nachkommt, soll das Gesellschaftsvermögen wieder aufgefüllt werden, damit die Gläubiger im Rahmen des Insolvenzverfahrens gleichmäßig und ihrem Rang entsprechend befriedigt werden können. Dieser Zweck soll ausdrücklich auch gegenüber ausländischen Gesellschaften mit Tätigkeitsschwerpunkt in Deutschland durchsetzbar sein, da es für die Gläubiger keine Rolle spielt, ob ihre Vermögensinteressen von einer deutschen oder von einer ausländischen Gesellschaft beeinträchtigt werden. © iStock D ie Gesellschaftsform der englischen Limited erfreut sich in Deutschland großer Beliebtheit. Sie ermöglicht eine Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen, und das nahezu ohne Stammkapital. Allerdings gibt es immer wieder Rechtsunsicherheiten für Gesellschaft, Angestellte und Gläubiger. Etwa darüber, ob und wie der Director einer englischen Limited in Deutschland für Zahlungen nach Insolvenzreife haftet. Nicht einmal der Bundesgerichtshof ist sich hier sicher. Der BGH legte einen solchen Fall zur Vorabentscheidung dem Europäischen Gerichtshof vor (BGH-Beschluss vom 2. Dezember 2014, II ZR 119/14). Vorlagebeschluss Da sich der BGH-Senat nicht sicher ist, ob die Inanspruchnahme des Geschäftsführers einer ausländischen Gesellschaft dem Insolvenzrecht oder dem Gesellschaftsrecht unterliegt, hat er die Frage dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt. Die Entscheidung wird mit Spannung erwartet. Nicht nur, weil von ihr die konkrete Anwendbarkeit der Geschäftsführerhaftung abhängt. Sondern auch, weil sich aus der EuGH-Entscheidung möglicherweise ablesen lässt, inwiefern der nationale Gesetzgeber bereits bei Einführung nationaler Regelungen deren Anwendbarkeit auf internationale Sachverhalte beeinflussen kann. Denn der Gesetzgeber wollte die in Frage stehende Haftungsnorm im Rahmen der GmbH-Reform 2008 ausdrücklich dem Insolvenzrecht unterstellen, damit sie auch ausländische Gesellschaften in Deutschland erfasst. Eröffnete Insolvenzverfahren gegen Private Company Limited by Shares (Ltd) in Deutschland 2008 2009 240 310 2010 236 2011 195 2012 165 2013 135 2014 97 Quelle: Destatis EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 49 LAW +++ Ticker +++ 1 Gesetzgeber plant Änderung des I nsolvenzanfechtungsrechts Das Bundesjustizministerium hat am 16.03.2015 einen Referentenentwurf zur Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts veröffentlicht. Damit entspricht der Gesetzgeber vielfachen Forderungen nach einer Entlastung des Wirtschaftsverkehrs sowie der Arbeitnehmer von Rechtsunsicherheiten, die das geltende Insolvenzanfechtungsrecht und die dazu ergangene Rechtsprechung mit sich bringen. Der Entwurf sieht im Wesentlichen Änderungen bei den §§ 131 und 133 InsO vor. So sollen künftig etwa die Voraussetzungen für eine Anfechtbarkeit von Vollstreckungshandlungen erhöht werden. Bei der Vorsatzanfechtung soll die Anfechtungsfrist für Deckungsgeschäfte auf vier Jahre verkürzt werden. Im Übrigen geben die geplanten Änderungen lediglich die bereits von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze wieder. Ob die geplanten Änderungen geeignet sind, tatsächlich zu einer wesentlichen Entlastung gerade des Wirtschaftsverkehrs beizutragen, muss allerdings bezweifelt werden. Die Problemfälle in der Praxis betreffen einen Zeitraum von kaum mehr als vier Jahren vor dem Insolvenzantrag. Dass die Übernahme der hierzu entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze ins Gesetz zu wesentlich mehr Rechtssicherheit führen wird, ist ebenfalls nicht zu erwarten. 2 Anforderungen an Fristsetzung zur Nacherfüllung bei mangelhafter Kaufsache BGH, Urteil vom 18.03.2015 – VIII ZR 176/14 Zur wirksamen Fristsetzung zur Nacherfüllung reicht es aus, wenn der Käufer deutlich macht, dass er „sofortige, unverzügliche oder umgehende (Ersatz-)Leistung“ verlangt oder durch eine vergleichbare Formulierung deutlich macht, dass dem Verkäufer für die Nacherfüllung nur ein begrenzter Zeitraum zur Verfügung steht. Einer Frist- oder sogar Datums angabe für einen Endtermin bedarf es nicht. Im vorliegenden Fall, in dem ein krankes Pferd verkauft wurde, wertete der BGH entgegen dem Instanzgericht die Aussage des Käufers gegenüber dem Verkäufer „Entweder das Pferd wird ausgetauscht oder wir gehen rechtlich gegen Euch vor“ als ausreichende Fristsetzung 50 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 zur Nacherfüllung i. S. d. § 281 Abs. 1 Satz 1, § 323 Abs. 1 BGB. Dieser Formulierung ist bei verständiger Würdigung die unmissverständliche Aufforderung zum sofortigen Austausch des Pferdes zu entnehmen, deren Ernsthaftigkeit durch die Warnung vor rechtlichen Schritten noch zusätzlich verdeutlich wird. 3 Keine Schutzwirkung durch die esetzliche Muster-Widerrufsbelehrung bei g inhaltlicher Bearbeitung BGH, Beschluss vom 10.02.2015 – II ZR 163/14 In seiner Begründung des Beschlusses vom 10.02.2015 bestätigt der BGH einmal mehr, dass sich der Verwender des Musters nicht auf dessen Schutzwirkung berufen kann, wenn er dieses inhaltlich bearbeitet und dies dazu führt, dass die Belehrung nicht mehr den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Im vorliegenden Fall hatte der Verwender insbesondere eine unklare Formulierung zu Beginn der Widerrufsfrist aufgenommen. Seit Jahren (zuletzt im Juni 2014) versucht der Gesetzgeber durch Bereitstellung von Muster-Widerrufsbelehrungen z. B. für Haustürgeschäfte oder außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers geschlossene (früher „Fernabsatz“-) Verträge die ordnungsgemäße Umsetzung der hohen gesetzlichen Anforderungen zu erleichtern. Da das Muster jedoch auf eine Vielzahl von Fällen anwendbar sein soll, muss es auf den jeweiligen Vertragstyp angepasst werden. Hierzu hat der Gesetzgeber eine Fülle von Gestaltungshinweisen beigefügt, die an sich schon kaum überschaubar sind. Ist der angestrebte Vertragszweck darüber hinaus etwas spezieller, besteht die erhebliche Gefahr, dass auch gutgemeinte Anpassungen des Musters zur Unwirksamkeit der Belehrung und damit zur Verlängerung der Widerrufsfrist von zwei Wochen auf ein Jahr und zwei Wochen führen. Um dieses Risiko zu vermeiden, ist bei der Formulierung der Belehrung höchste Sorgfalt geboten, damit die gesetzlichen Anforderungen vollumfänglich erfüllt werden. 4 Unwirksamer Verzicht auf Erhebung iner Kündigungsschutzklage in vorformue liertem Formular BAG, Urteil vom 25.9.2014 – 2 AZR 788/13 Dem Arbeitnehmer war ordentlich gekündigt worden. Noch innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist nach dem Kündigungsschutzgesetz erhielt der Arbeitnehmer ein mit der Überschrift „Arbeitspapiere“ versehenes Formular, in dem er zum einen bestätigen sollte, diverse Arbeitspapiere wie z. B. Lohnsteuerkarte etc. zurückerhalten zu haben. Darüber hinaus enthielt das Formular einen Verzicht auf weitergehende Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Kündigung sowie auf Erhebung der Kündigungsschutzklage. Mit seinem Urteil gibt das BAG dem Arbeitnehmer Recht. Der Klageverzicht ist ebenso wie die Kündigung unwirksam. Zum einen ist der Klageverzicht in dem mit „Arbeitspapiere“ überschriebenen Formular eine überraschende Klausel i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB. Unter dieser Überschrift muss der Unterzeichner nur mit Regelungen hinsichtlich seiner Arbeitspapiere rechnen ; der Verzicht auf weitere Ansprüche und Klageerhebung war nicht einmal durch eine eigene Überschrift oder einen eigenen Abschnitt deutlich hervorgehoben. Zum anderen ist die Regelung auch gemäß § 307 Abs. 1 Satz. 1 BGB unwirksam, weil sie den Arbeitnehmer entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Der Arbeitnehmer soll auf die ihm gesetzlich zustehende dreiwöchige Überlegungsfrist ohne jegliche Gegenleistung des Arbeitgebers verzichten. Dies geht allein zu Lasten des Arbeitnehmers, wohingegen der Arbeitgeber im Falle eines wirksamen Klageverzichts bereits frühzeitiger anderweitig planen kann und durch den Verzicht einseitig bevorzugt wird. Zwar ist grundsätzlich anerkannt, dass ein Arbeitnehmer nach Ausspruch der Kündigung durch den Arbeitgeber (nicht bereits im Vorfeld) auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichten kann. Die Anforderungen an die Wirksamkeit dieses Verzichts werden von der neueren Rechtsprechung jedoch weiter erschwert. Inhaltlich ist insbesondere fraglich, welche Gegenleistung des Arbeitgebers als angemessen angesehen wird. Kann beispielsweise bereits die Zusage eines vorteilhaften Zeugnisses ausreichend sein? Aus formeller Sicht muss geklärt werden, inwiefern ein einseitiger Verzicht wirksam gestaltet werden kann oder ob LAW möglicherweise ein zweiseitiger Abwicklungsbzw. sogar Aufhebungsvertrag geschlossen werden muss. 5 Erhöhung der Pfändungsfreigrenzen für Arbeitseinkommen ab 1. Juli 2015 Angepasst an die Entwicklung der steuerlichen Grundfreibeträge werden zum 1. Juli 2015 auch die unpfändbaren Grundbeträge für Arbeitseinkommen erhöht. Die Anpassung erfolgt alle zwei Jahre jeweils zum 1. Juli. Seit der letzten Erhöhung 2013 ergibt sich ein Plus von 2,76 %, so dass der monatliche unpfändbare Grundbetrag von 1.045,04 Euro auf 1.073,88 Euro steigt. Dieser Betrag erhöht sich, wenn gesetzliche Unterhaltspflichten zu erfüllen sind, um monatlich 404,16 Euro (bisher: 393,30 Euro) für die erste und um monatlich jeweils weitere 225,17 Euro (bisher: 219,12 Euro) für die zweite bis fünfte unterhaltsberechtigte Person. Zudem verbleibt dem Schuldner von einem über den so ermittelten pfändungsfreien Grundbetrag hinausgehenden Arbeitseinkommen noch ein gewisser Betrag, der durch Unterhaltspflichten nochmals steigt. Diese Regelung soll dem Schuldner Anreiz bieten, sich trotz der Pfändung um ein möglichst hohes Arbeitseinkommen zu bemühen, was wiederum den Gläubigern zu Gute kommt. Ein verheirateter Alleinverdiener mit zwei Kindern (drei unterhaltspflichtige Personen) muss demnach einen sogenannten bereinigten Nettolohn in Höhe von mindestens 1.928,38 Euro erhalten, bevor der Gläubiger überhaupt Gehalt pfänden kann. 6 Auskunftspflicht des Geschäftsführers einer GmbH im Insolvenzverfahren betrifft nicht persönliche Vermögensverhältnisse BGH, Beschluss vom 05.03.2015 – IX ZB 62/14 Über das Vermögen einer GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Zur Sachverhaltsermittlung ordnete das Insolvenzgericht an, dass die ehemalige Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin über die inneren Verhältnisse der insolventen GmbH Auskunft erteilen sollte, nachdem die Alleingesellschafterin die GmbH erst kurz vor der Insolvenz veräußert hatte. Dieser Auskunftsverpflichtung kam die ehemalige Alleingesellschafterin nach. Darüber hinaus wurde sie aufgefordert, Auskunft über ihre eigenen Vermögensverhältnisse zu erteilen, um die Werthaltigkeit etwaiger Erstattungsansprüche – insbesondere aus § 64 GmbHG als ehemalige Geschäftsführerin – gegen sie prüfen zu können. Diese Auskunft verweigerte sie, woraufhin das Insolvenzgericht Erzwingungshaft anordnete. Gegen diese Haftanordnung legte die ehemalige Alleingesellschafterin erfolgreich Beschwerde ein. Der BGH hat klargestellt, dass die ehemalige Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin in Bezug auf die Vermögensverhältnisse der GmbH vollumfänglich auskunftspflichtig ist und diese Auskunft gegebenenfalls auch durch Haftanordnung erzwungen werden kann. Inhaltlich bezieht sich die Auskunftspflicht auf sämtliche rechtlichen, wirtschaftlichen und tatsächlichen Verhältnisse der GmbH und in diesem Rahmen auch auf Tatsachen, die Forderungen der insolventen GmbH gegen die Geschäftsführerin selbst – etwa aus § 64 GmbHG – nahelegen könnten. Zeitlich besteht die Auskunftspflicht bis zu zwei Jahre nach Ausscheiden aus der Geschäftsführung fort, wenn das Insolvenzverfahren innerhalb dieser Zeit eröffnet wird. Dieser Auskunftspflicht ist die ehemalige Alleingesellschafterin ordnungsgemäß nachgekommen. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Auskunft über persönliche Vermögensverhältnisse der (ehemaligen) organschaftlichen Vertreterin besteht nicht. Denn die Insolvenzordnung knüpft die Auskunftspflicht an die Stellung des Geschäftsführers als Vertreter der GmbH, so dass dieser nur über die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft auskunftspflichtig ist, nicht aber über seine eigenen. 7 Bußgeld bei fehlenden Energiekenn zahlen in Immobilienanzeigen Bereits seit dem 01.05.2014 muss im Rahmen eines beabsichtigten Verkaufs oder der Vermietung einer Immobilie spätestens zum Besichtigungstermin gemäß § 16 Abs. 2 Energieeinsparverordnung (EnEV) ein sogenannter Energieausweis vorliegen, um potenzielle Käufer oder Mieter über den energetischen Zustand eines Gebäudes aufzuklären. Grundsätzlich müssen auch bereits Immobilienan- zeigen Kennwerte zum Energieverbrauch des Gebäudes aufweisen. Seit dem 01.05.2015 droht dem Vermieter oder Verkäufer nun bei Nichteinhaltung ein Ordnungsgeld von bis zu 15.000 Euro – und zwar selbst dann, wenn sie einen Makler beauftragt hatte, das Inserat zu schalten. Der Verkäufer bzw. Vermieter selbst hat sicherzustellen, dass die Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis), der Wert des Endenergiebedarfs bzw. des Endenergieverbrauchs, die im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträger für die Heizung sowie bei Wohngebäuden zusätzlich noch das im Energieausweis genannte Baujahr und ggf. eine Energieeffizienzklasse (sofern der Energieausweis ab dem 01.04.2014 ausgestellt wurde) angegeben sind. 8 Schwiegereltern können schenkungs weise übertragenes Miteigentum an Immobilie nach Scheidung zurückverlangen BGH, Beschluss vom 03.12.2014 – XII ZB 181/13 Dass Eltern ihren Kindern, aber auch deren Ehepartnern, Immobilien im Wege der Schenkung zukommen lassen, wird häufig praktiziert. Der BGH entschied nun, dass die Schwiegereltern das geschenkte Grundeigentum, das sie dem Ehepartner des Kindes geschenkt haben, unter Umständen zurückfordern können, wenn die Ehe in die Brüche geht. Der BGH führt aus, dies könne der Fall sein, wenn die Schwiegereltern die Schenkung der Immobilie erkennbar unter der Vorstellung vorgenommen hatten, dass die Ehe fortbestehen würde und ein Festhalten an der Schenkung für die Schwiegereltern nicht zumutbar sei. In diesem Fall entfällt die „Geschäftsgrundlage“ für die Schenkung und berechtigt zur Vertragsanpassung. Bei Hausgrundstücken und Miteigentumsanteilen kommt ein Rückgewähranspruch anstelle eines bloßen Ausgleichs in Geld vor allem dann in Betracht, wenn sich die Schwiegereltern ein Wohnrecht vorbehalten haben, das durch das Scheitern der Ehe gefährdet wird. EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 51 Die Gerechtigkeit in Person Als römische Göttin für Gerechtigkeit und Recht ist Justitia weltbekannt und wacht vor Gerichtsgebäuden, Rathäusern und Schlössern. Sie symbolisiert die staatliche Ordnung und gesellschaftliche Moral. Oft wägt sie mit verbunden Augen ab, um sich nicht beeinflussen und höchstmög liche Objektivität walten zu lassen. Das Schwert symbolisiert die Durchsetzungskraft des Rechts. Im Kontrast dazu steht die empfindliche Waage. Sie stellt feinste Differenzen fest, sie wägt Schuld und Bestrafung ab. Selten ist die Waage ganz ausgeglichen, meist neigt sie sich zu einer Seite getreu dem Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“. Justitia lacht nie, ihre Gesichtszüge sind geprägt von Ernsthaftigkeit, Würde und Anmut. Tax & Law möchte Ihnen an dieser Stelle einmal ganz besondere juristische Ein- und Anblicke vermitteln. Ottawa Oberster Gerichtshof Kanadas Diese Justitia ist anders. Das Werk des kanadischen Bildhauers Walter Seymour Allward war ursprünglich für ein Denkmal für König Edward VII gedacht. Es wurde im Jahr 1969 vergraben gefunden und steht seit 1970 vor dem Obersten Gerichtshof. Die Statue fast völlig verhüllt, das Schwert lässt sich unter dem Umhang nur erahnen. 52 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 © iStock © D. Gordon E. Robertson Walter Seymour Allward (1914) 360° Frankfurt am Main Gerechtigkeitsbrunnen Diese Justitia hatte in der Vergangenheit ein eher hartes Leben. Mit dem Niedergang der Altstadt ab dem frühen 19. Jahrhundert verwitterte der Brunnen, vor allem aber die Figur der Justitia zunehmend, Frost und Witterungseinflüsse setzten dem Stein zu. 1863 wurde die Justitia zum Frankfurter Fürstentag zwar notdürftig renoviert, jedoch unter Blumen versteckt. Johann Hocheisen (1611) London Central Criminal Court Heroisch wacht diese vergoldete 3,50 Meter große Dame auf der Spitze der 67 Meter hohen Kuppel des Zentralen Gerichtshof. Die siebenstrahlige Krone symbolisiert wie bei der New Yorker Freiheitsstatue die Zahl der Weltmeere und ist der Gloriole antiker Sonnendarstellungen entlehnt. © iStock F. W. Pomeroy (1902) EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 53 360° Birmingham Samford University Der Engel der Gnade versucht Justitia zu beeinflussen. Das Schwert möge nicht voreilig benutzt werden, die Strafe nicht zu hart ausfallen. © imageBROKER / Alamy © Samford University Glynn Acree (um 1970) München Justizpalast An Justitia und ihren Gehilfen musste Uli Hoeneß im März 2014 vorbei, als das Landgericht München II wegen des großen öffentlichen Interesses in den Justizpalast auswich. Das neobarocke Gebäude steht am Stachus. © iStock Balthasar Schmitt (1897) Bern Gerechtigkeitsbrunnen Die lebensgroße Statue ist antik gestaltet mit Sandalen, einer dekorativen goldenen Rüstung mit Arabesken und einem blauen Gewand. Am Fuße der Statue sind vier kleinere Büsten: ein Papst, ein Kaiser, ein Sultan und ein Schultheiß. Die irdischen Mächte haben ihre Augen als Zeichen der Unterordnung unter Justitia geschlossen. Brügge Palais de Justice © iStock Hans Gieng (1543) 54 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 Der in prachtvoller Renaissance gehaltene Justizpalast wurde im 14. Jahrhundert erbaut. Auf ihm triumphiert Justitia. Zu dieser Zeit galt Brügge als Weltfinanzzentrum und war somit auch eine der wohlhabendsten Städte weltweit. 360° Memphis Shelby County Courthouse Die Dame des Gerichtsgebäudes (engl. Courthouse) in Shelby ounty verzichtet auf die Waage der Gerechtigkeit. Stattdessen C hält sie zwei Schalen in ihren Händen, um Schuld und Bestrafung auszubalancieren. © Einar Einarsson Kvaran John Massey Rhind (1909) Dublin Finanzamt © iStock Diese Justitia blickt auf die Erde herab. Ende des 15. Jahrhunderts verstand man die Augenbinde zwischenzeitlich als Spott für die Blindheit der Justitia. Oder ist diese Justitia parteiisch? Dafür spricht die Ausrichtung zum Finanzamt und nicht wie üblich zum Volke. John Van Nost (1751) Argentinien San Salvador de Jujuy Lola Mora (1921) Brasilia © Morio © papapol Diese freizügige Göttin stammt von der Künstlerin Lola Mora, einer Pionierin auf dem Gebiet der Bildhauerei. Interpreten sprechen von der nackten Wahrheit ohne Gewand, das etwas verbergen könnte. Sie wacht vor dem Palacio de Gobierno de Jujuy. Supremo Tribunal Federal Seit 1961 wacht die moderne Interpretation von Alfredo Ceschiatti vor dem obersten Gerichtshof Brasiliens über Recht und Ordnung. Mit einer Höhe von ungefähr drei Metern bestimmt sie den beeindruckenden Freiplatz. Alfredo Ceschiatti (1961) 55 360° Добро пожаловать в Москве * 7 1 2 5 6 W Tobias Luepke Partner / Rechtsanwalt Fachanwalt für Steuerrecht EY Sadovnicheskaya Nab. 77, bld.1, Moskau 115035 Russland [email protected] • Tobias Luepke ist Trans action M&A Law Leader und Leiter des German Business Center in der GUS-Region (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) ie rund 6 Millionen andere Moskauer nehme ich morgens die Metro zur Arbeit. Diese ist nicht nur angesichts der chronischen Verkehrsstaus auf Moskaus Strassen das mit Abstand effizienteste Verkehrsmittel, sondern steht mit ihren teils prunkvoll verzierten Stationen oft auch auf der Liste vieler Touristen. Die Moskauer Metro genießt zu Recht den Ruf der schönsten U-Bahn der Welt: für den Bau wurden die besten Architekten, Maler und Ingenieure beauftragt und etwa 100 Sorten Marmor und Granit, Kalkstein, Rhodonit, Serpentinit und viele andere hochwertige Materialien verwendet. Die Metrofahrt dauert rund 30 Minuten und führt uns vorbei am 1 Kreml. Der Amtssitz von Präsident Wladimir Putin geht zurück auf eine mittelalterliche Festungsanlage und ist der älteste Teil der russischen Hauptstadt. Die dunkelrote backsteinerne Kremlmauer ist gut zwei Kilometer lang. Ein Besuch des Kremls mit englischem oder deutschem Tour-Guide verrät viel über die Geschichte Russlands. Mit etwas Glück werden Sie Zeuge des Wachwechsels am Grabmal des unbekannten Soldaten im Alexandergarten am Kreml. Hier wird der sowjetischen Gefallenen des Zweiten Weltkrieges gedacht. Es ist Tradition frisch verheirateter Paare, am Grabmal einen Blumenstrauß niederzulegen und der Ahnen zu gedenken. Vergessen Sie nicht, bei einem Gang über den Roten Platz ein Selfie von den farbenfrohen 2 Zwiebeltürmen der Basilius-Kathedrale zu machen oder einen Blick in das Lenin-Mausoleum zu werfen. Noch zu Zeiten der Sowjetunion war es eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten des Landes und Ausdruck einer tiefen Verehrung des Theoretikers des Kommunismus. Meine Endstation heißt 3 „Paveletskaya“ und bezieht sich auf den Bahnhof nebenan. Er ist einer von neun Fernbahnhöfen in Moskau, die ringförmig als Kopfbahnhöfe 56 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 3 4 alle Himmelsrichtungen bedienen. Vom Paveletskaya fährt auch der Aeroexpress zum Flughafen Domodedovo, dem größten der insgesamt drei internationalen Flughäfen. Nach zehn Minuten zu Fuß erreichen wir das 4 EY Büro an einem Seitenkanal der Moskwa. In der Nähe gibt es diverse Lokalitäten für ein Mittagessen oder einen Nachmittagskaffee. Besonders beliebt ist bei ausländischen Gästen die „Sky Bar“ in der 34. Etage im Swissotel gegenüber von EY. Hier genießt man einen wunderbaren Panoramablick über die ganze Stadt bis hin zur 5 LomonossowUniversität auf den Sperlingshügeln ; von dort blickte einst Napoleon auf das brennende Moskau. Vor allem in den warmen Sommermonaten lockt in der Nähe des Büros auf einer Insel liegend die ehemalige 6 Schokoladenfabrik „Roter Oktober“ – heute eine Ansammlung von Bars, Restaurants und Lounges – zum entspannten Feierabendbier. Von hier hat man einen tollen Blick auf die eindrucksvolle 7 „Jesus der Erlöser“- Kathedrale, an deren Stelle unter Stalin ein bombastischer Kulturpalast entstehen sollte. Als das Fundament jedoch aufgrund der Nähe zum Wasser immer wieder abrutschte, begnügte man sich mit einem großen Freibad, bis Boris Jelzin die Kathedrale nach den Originalbauplänen (ohne Probleme mit dem Grund) wieder aufbauen ließ. Moskau ist nicht nur das politische und kulturelle Zentrum des Riesenlandes. Auch das Nachtleben beeindruckt. Dazu empfehle ich einen Besuch in ein paar der verrücktesten Diskotheken, die ich je gesehen habe. Schicke Restaurants an der Moskwa oder die Bars in der Arbat-Straße stimmen zuvor in den Abend ein. Für Liebhaber großer russischer Kunst lohnt sich (Karten vorbestellen !) ein Besuch des Bolschoi-Theaters, dem bekanntesten Opern- und Balletthaus Russlands und einem der besten der Welt. * Herzlich Willkommen in Moskau Veranstaltungen Exportkontrolle 2.0 – Aktuelle Entwicklungen und Tendenzen in der Unternehmenspraxis 07.07.2015 Berlin 09.07.2015Hamburg 13.07.2015Eschborn 20.07.2015Stuttgart 22.07.2015München 26.08.2015Düsseldorf IHK-Sicherheitskongress (in Kooperation mit EY) 08.07.2015Stuttgart Arbeitsrechtsfrühstück 02.07.2015Eschborn 09.07.2015 Berlin 25.08.2015Düsseldorf 17.09.2015Mannheim 22.09.2015Hamburg Tax Dashboard 02.07.2015Stuttgart EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory © 2015 Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft All Rights Reserved. FWE 0615 015 ED 30.06.2017 EY ist bestrebt, die Umwelt so wenig wie möglich zu belasten. Diese Publikation wurde CO2-neutral und auf FSC®-zertifiziertem Papier gedruckt, das zu 60 % aus Recycling-Fasern besteht. www.de.ey.com 10. Jahresfachkonferenz „EU Beihilfen in deutscher Praxis“ 14.–16.09.2015 Berlin Weitergehende Informationen können per Mail an [email protected] angefordert werden. Diese Publikation ist lediglich als allgemeine, unverbindliche Information gedacht und kann daher nicht als Ersatz für eine detaillierte Recherche oder eine fachkundige Beratung oder Auskunft dienen. Obwohl sie mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, besteht kein Anspruch auf sachliche Richtigkeit, Vollständigkeit und/oder Aktualität ; insbesondere kann diese Publikation nicht den besonderen U mständen des Einzelfalls Rechnung tragen. Eine Verwendung liegt damit in der eigenen Verantwortung des Lesers. Jegliche Haftung seitens der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und/ oder anderer Mitgliedsunternehmen der globalen EY-Organisation wird ausgeschlossen. Bei jedem spezifischen Anliegen sollte ein geeigneter Berater zurate gezogen werden. Impressum Herausgeber Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young Law GmbH Rechtsanwalts gesellschaft Steuerberatungsgesellschaft Mittlerer Pfad 15 / 70499 Stuttgart T +49 711 9881 15572 [email protected] Redaktion Ute Benzel, Martina Ortmann-Babel, Hermann Ottmar Gauß Gestaltung Fuenfwerken Design AG, Wiesbaden / Berlin Mitwirkende dieser Ausgabe Jörg Leißner, Nico Schönberg Druck Druck- und Verlagshaus Zarbock GmbH & Co. KG, Frankfurt (Main) Ija Ramirez, Jürgen Dahlke, Jan-Ole Kuers, Tobias Luepke, Karl Wirth, Dr. Marcus Geuenich, Dr. Christian Hampel, Stefan Neubauer, Dr. Andreas S. Bolik, Verona Franke, Dr. Nils Graßmann, Janis Leckschas, Marcus Mayer, Alexander Vetten, Dr. Cornelia Kindler, Johanna Wolter, Katharina Groth, Anja Lohmeier, Roland Nonnenmacher, Carolin Selig, Lisa Stenkamp Das nächste Tax & Law Magazine erscheint Ende September 2015 EY TAX & LAW Magazine 02 / 2015 57 Find out how our Digital Law Practices* help innovators around the world navigate legal complexity. #BetterQuestions www.de.ey.com/tax www.de.ey.com/law The better the question. The better the answer. The better the world works. *Where permitted by law. “EY” and “we” refer to all German member firms of Ernst & Young Global Limited, a UK company limited by guarantee. ED 0617. Source U.S. DOT. When cars speak to each other, will our data remain private?
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