Sektion Bundesratsgeschäfte Bundeskanzlei Bundeshaus West 3003 Bern Zürich, 23. November 2015 Offener Brief: Tibet auf der Agenda an der Klimakonferenz in Paris Sehr geehrte Frau Bundesrätin Leuthard, sehr geehrte Frau Bundespräsidentin Sommaruga, sehr geehrte Frauen und Herren Bundesräte Mit diesem Schreiben anlässlich der bevorstehenden Weltklimakonferenz in Paris wollen wir Sie auf die fortschreitende Umweltzerstörung in Tibet aufmerksam machen und unsere schwere Besorgnis darüber kundtun. Wir bitten Sie ausdrücklich die Vertreter der chinesischen Regierung direkt mit dieser Problematik zu konfrontieren und sich dafür einzusetzen, dass Tibet mit seinem einzigartigen und für den globalen Klimawandel signifikanten Ökosystem bei den Klimaverhandlungen auf die Agenda kommt. Das tibetische Hochplateau wird aufgrund des größten Eisvorkommens neben der Arktis und Antarktis zurecht als dritter Pol bezeichnet. Das glaziale System Tibets hat eine wichtige klimatische und meteorologische Funktion. Die Gletscher sind zudem Wasserspeicher für die in Tibet entspringenden Flüsse, welche für eine stabile Wasserversorgung in ganz Asien von grosser Bedeutung sind. Doch der Dritte Pol ist aufgrund der Klimaerwärmung in großer Gefahr. Das tibetische Plateau erwärmt sich derzeit zwei- bis dreimal so schnell wie der Rest der Erde. Dies bedeutet gravierende Konsequenzen für ungefähr 1.3 Milliarden Menschen in Asien, vor allem in den flussabwärts liegenden Ländern. Die Verantwortung, das fragile Ökosystem und die Lebensquelle all dieser Menschen zu schützen, liegt bei der Volksrepublik China. Doch mit der verfehlten Politik wird die Umweltkrise zusätzlich verschärft und vorangetrieben: Urbanisierung, riesige Infrastruktur- und Staudammprojekte, die Vertreibung der Nomaden sowie massiver Raubbau zerstören zunehmend Tibets fragiles Ökosystem. Die Gletscher schmelzen rapide, die Permafrost Schicht wird immer dünner, das Grasland weicht zurück und verwandelt sich in Wüste. Die bisherigen punktuellen Bemühungen der Schweiz die Situation auf dem tibetischen Hochplateau zu verbessern, sind aus unserer Sicht leider bei weitem nicht ausreichend um die gravierenden Folgen einzudämmen. Laut dem Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der Volksrepublik China sind die Parteien dazu verpflichtet, die eigenen Umweltgesetze und die multilateralen Abkommen wirksam umzusetzen. Zudem wurde am diesjährigen Weltwasserforum von der Schweizer Regierung Geschäftsstelle VTJE Binzstrasse 15 +41 (0)78 811 84 47 CH-8045 Zürich [email protected] www.vtje.org betont, dass es das Ziel der Schweiz sei als “Wasserschloss Europas” mit gutem Beispiel voranzugehen und sich für einen weltweit nachhaltigen Umgang mit Süsswasserressourcen einzusetzen. Der Schutz von Tibet ─ das „Wasserschloss Asiens“ ─ sollte daher prioritär sein. Die beschlossene verstärkte Zusammenarbeit mit China gerade im Wasserbereich ist erklärungsbedürftig, da dieser heute bereits für gravierende Eingriffe in die Ökologie verantwortlich ist. Das Entwickeln von Frühwarnsystemen beispielsweise dient lediglich dem Umgang mit Symptomen. Stattdessen sollte der Fokus vermehrt auf die Bekämpfung der Ursachen gesetzt werden. Wir möchten deshalb vom Bundesrat wissen, welche konkreten Massnahmen bisher zum Schutz des tibetischen Hochplateaus ergriffen wurden und welche in Zukunft geplant werden. China ist für die erfolgreiche Umsetzung eines globalen Klimaschutzes essentiell und der Umgang mit Tibet darum ein entscheidender Indikator für den Willen und die Fähigkeit Chinas, sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe zu stellen. Bitte unterstützen Sie gegenüber der chinesischen Regierung folgende Forderungen: - Eine verantwortungsbewusste nachhaltige Umweltpolitik, damit die Umweltzerstörung durch unverantwortliche Bergbau- und Dammbauprojekte aufhört. - Den sofortigen Stop der Zwangsansiedlung der tibetischen Nomaden sowie die Rückkehr der bereits vertriebenen Nomaden. - Transparente Entscheidungsprozesse, bei denen die Tibeter über Tibets natürliche Ressourcen mitbestimmen und ihr traditionelles Wissen zur Stabilisierung des Ökosystems einbringen können. - Eine unabhängige, wissenschaftliche Erforschung der Auswirkungen des Klimawandels auf dem Tibetischen Hochplateau. Die Internationale Gemeinschaft und die Schweizer Regierung müssen die geschilderten Entwicklungen berücksichtigen, wenn es darum geht, einen nachhaltigen Klimaschutz zu vereinbaren. Freundliche Grüsse Tenzin Dechen Yundung Präsidentin VTJE Palmo Brunner Vize-Präsidentin VTJE Wangpo Tethong Tib. Exilparlamentarier Nyingbu Tenzin Präsident TGSL Ulrich Soltermann Präsident GSTF Yangkyi Nelung Präsidentin TFOS * Gesellschaft Schweizerisch-Tibetische Freundschaft (GSTF), Verein Tibeter Jugend in Europa (VTJE), Tibetische FrauenOrganisation in der Schweiz (TFOS), Tibetergemeinschaft in der Schweiz und Liechtenstein (TGSL) Kopien an: Mitglieder der Parlamentarische Gruppe Tibet. Geschäftsstelle VTJE Binzstrasse 15 +41 (0)78 811 84 47 CH-8045 Zürich [email protected] www.vtje.org
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