ZEITARBEIT Digitales Recruiting Tops und Flops Digital Recruiting ist in aller Munde, doch gibt es den Königsweg auf der Suche nach den passenden Kandidaten in der digitalen Welt? Wie stellt sich die Online-Suche nach Mitarbeitern für einen Personaldienstleister dar? Welche Kanäle bewähren sich und welche nicht? as Internet hat diverse Bereiche unseres Lebens verändert – zum größten Teil bereichert, erleichtert, aber auch neue Herausforderungen mit sich gebracht, mit denen viele Unternehmen zu kämpfen haben. Die Personalsuche hat das digitale Zeitalter schon längst erreicht und bringt Ratlosigkeit für so manchen Personalverantwortlichen mit sich. „Wie soll ich bitte WhatsApp für mein Employer Branding einsetzen?“ „Macht es für uns Sinn, jetzt auch noch eine App programmieren zu lassen?“ „Können wir mit Facebook wirklich passende Kandidaten für unser Unternehmen finden?“ Um nur einige Fragen zu nennen. Eins steht fest: Die meisten Kandidaten suchen heute aktiv online nach D 26 Sonderheft 10 | 2015 www.personalwirtschaft.de Stellenanzeigen, ob zu Hause vor dem Desktop oder mobil über Smartphone und Tablet – und kaum ein Unternehmen verzichtet mittlerweile auf die Veröffentlichung seiner Stellenanzeigen im Internet. Mit dem Voranschreiten des Web 2.0 zum Mobile Web erleben wir einen weiteren Medienwechsel bei der Jobsuche. Das mobile Internet bietet nicht nur neue Möglichkeiten für die Suche nach passenden Kandidaten, sondern auch für das Employer Branding von Unternehmen. Personalverantwortliche müssen umdenken, sich Know-how über neue Recruiting-Wege aneignen, ausprobieren, Erfahrungen sammeln und über den Tellerrand hinausdenken, wenn sie weiterhin als attraktiver und vor allem moderner Arbeitgeber in Erscheinung treten möchten. Bei Trenkwalder setzen wir einige digitale Recruiting-Instrumente für die Personalsuche erfolgreich ein, mit anderen sammeln wir noch Erfahrungen und wieder andere haben sich in der Praxis nicht bewährt. Mobiloptimiert ist Pflicht Neben der Kandidatensuche ist eine moderne Unternehmenswebsite ein digitales Aushängeschild, über das sich ein Unternehmen auch als attraktiver Arbeitgeber positionieren kann. Die Bewerber sollen einen Einblick in die Werte und die Kultur des Unternehmens erhalten. Da aber auch die Ergebnisse in Suchmaschinen wie Google für die Suche nach dem Wunscharbeit- geber von hoher Relevanz sind, ist es unerlässlich als Arbeitgeber auch an einem guten Google-Ranking zu arbeiten. Und die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft Kienbaum zum Absolventenjahrgang 2015 bestätigen, dass 94 Prozent der Studierenden die Internetseite eines Unternehmen besuchen, um sich über aktuelle Stellenangebote und Karriereaussichten zu informieren. Dies stimmt mit den Ergebnissen der Recruiting Trends 2015 von Monster überein, wonach 90,4 Prozent der Top-100-Unternehmen in Deutschland den größten Teil ihrer offenen Stellen auf ihrer eigenen Unternehmenswebsite veröffentlichen. Recruiting-Apps spielen dagegen praktisch keine Rolle. Nur drei Prozent nutzen laut einer diesjährigen Studie von Kienbaum zu Karriere- und Berufswünschen von Absolventen diesen Kanal. Ähnliche Erfahrungen haben wir auch gemacht. „Der anfängliche Hype um die Recruiting-Apps erreicht unsere Kandidaten praktisch nicht, hingegen ist eine moderne mobiloptimierte Karriere-Website für uns das A und O im Hinblick auf einen erfolgreichen Arbeitgeberauftritt“, sagt Kathrin Kutscher, Marketingleiterin bei Trenkwalder Deutschland. Aufgrund dieser Erkenntnisse habe man den Internetauftritt einem kompletten Relaunch unterzogen. Da sich der Großteil der Kandidaten direkt über die Website des Personaldienstleisters bewirbt, standen die Optimierung der Jobsuche und die Vereinfachung des OnlineBewerbungsprozesses im Zentrum des neuen Internetauftritts. Die Kandidaten bewerben sich außerdem zunehmend mobil über ihr Smartphone auf offene Positionen, worauf wir uns eingestellt haben. Mobiles Bewerben ermöglichen Eine Vereinfachung des Bewerbungsprozesses kann zu einem Mehraufwand für Personalverantwortliche führen, da es womöglich einen Zuwachs an weni- „ Personaldienstleister konkurrieren mit den Job-Apps der großen Stellenportale, die im App-Store die kleineren Unternehmen verdrängen. ger ernst gemeinten Bewerbungen geben wird. Warum? Mit nur einem Klick werden bei uns die Daten über das jeweilige Xing- oder LinkedIn-Profil des Kandidaten automatisch weitergegeben. Die Programmierung der Website im Responsive Design ermöglicht eine optimale Darstellung auf mobilen Endgeräten und macht das Bewerben auch von unterwegs möglich. Denn je mehr Aufwand eine Bewerbung bedeutet und je mehr Zeit es den Bewerber kostet, desto unwahrscheinlicher wird eine solche. Doch eine Entscheidung für oder gegen die „One-Klick-Bewerbung“ hängt letztlich davon ab, in welchem Bereich Kandidaten gesucht werden und ob Unternehmen einen Mehraufwand im operativen Handling in Kauf nehmen möchten oder nicht. Job-App – Pflicht oder Kür? Es gibt Unternehmen, die als Ergänzung oder als Ersatz ihrer mobilen Website eine Karriere-App zur Installation auf dem mobilen Endgerät anbieten. Eine solche Karriere-App zu entwickeln, bedeutet für Unternehmen eine besondere technische, finanzielle und konzeptionelle Herausforderung. Lohnt es sich überhaupt? Wir haben diesen Schritt gewagt und bieten seit 2012 eine JobApp an. Doch damit eine App überhaupt installiert und im nächsten Schritt auch regelmäßig genutzt wird, muss sie einen echten Mehrwert bieten. Und gerade im Bereich Karriere lässt sich dies nicht allzu einfach in die Tat umsetzen. Denn nur den Inhalt der Web-Version einer Karriereseite samt Jobs in eine App zu hebeln oder einen Job-Alert anzubieten, reicht dabei nicht aus. Außerdem konkurrieren Personaldienstleister mit den Job-Apps der großen Stellenportale, die im App-Store die kleineren Unternehmen verdrängen. Neben der inhaltlichen Ausgestaltung, die für den Mehrwert einer App sorgen sollte, müssen Unternehmen außerdem ein beträchtliches Marketingbudget in die Hand nehmen, um Kandidaten auf die Existenz ihrer App überhaupt erst aufmerksam zu machen. Laut einer Mobile-Recruiting-Studie der Wollmilchsau GmbH aus dem vergangenen Jahr hat sich die App als Recruiting-Instrument nicht durchgesetzt, lediglich sechs Prozent der befragten Unternehmen boten 2014 eine mobile Karriere-App an. Für uns ist die Karriere-App derzeit in den Hintergrund getreten, stattdessen setzen wir auf eine mobiloptimierte Karrierewebsite und auf einen deutlich vereinfachten mobilen Bewerbungsprozess. „Trotzdem sind wir froh, eigene Erfahrungen mit der App gesammelt zu haben, die wir komplett Inhouse umgesetzt haben. Vielleicht werden wir irgendwann wieder auf diesen Zug aufspringen und mit einer neu konzeptionierten Karriere-App, den direkten Zugang zur Zielgruppe nutzen“, so Kathrin Kutscher. Social Media Recruiting nutzen Doch wie verhält es sich mit der Suche nach geeigneten Kandidaten, dem Active Sourcing und Employer Branding über Social-Media-Kanäle? Der SocialMedia Recruiting-Studie 2015 des Beratungsunternehmens Online-Recruiting.net zufolge, die innovative Recruiting-Methoden in Deutschland bei mehr als 15 000 Personalern abfragte, konnten immerhin 43 Prozent der Befragten, die Social Media für ihre Bewerbersuche nutzen, Stellen auch erfolgreich besetzen. Dabei sei Xing das am intensivsten eingesetzte Netzwerk. Spitzenreiter, was die Nutzung der verschiedenen Medien betrifft, sind Sonderheft 10 | 2015 www.personalwirtschaft.de 27 ZEITARBEIT Digitales Recruiting nach wie vor die Jobportale mit 92 Prozent und die eigene Karriereseite mit 87 Prozent. Die Suche nach Kandidaten über Facebook fällt mit 69 Prozent der Befragten verhältnismäßig hoch aus. Seit Ende vergangenen Jahres nutzen wir verstärkt Facebook als RecruitingKanal für die Personalgewinnung. Besonders interessant sind dabei die Targeting-Möglichkeiten, die Facebook bietet und durch die wir Kandidaten ganz gezielt nach Regionen oder Interessen suchen können. Daneben treten wir in aktiven Dialog mit unserer Zielgruppe, indem wir Fragen von Kandidaten zu den ausgeschrieben Stellen direkt beantworten können. Die eigene Facebook Fan Page setzen wir vor allem ein, um mit „Fans“ in direkten Dialog zu treten und durch MitmachAktionen einen direkten Zugang zur Zielgruppe zu erhalten. Gibt es einen Königsweg für digitales Recruiting? Diese Frage lässt sich klar mit einem „Nein“ beantworten. Jedes Unternehmen muss seinen individuellen Weg finden und seine eigenen Erfahrungen mit den neuen und bewährten digitalen Recruiting-Kanälen sammeln. Nur wer eine gewisse Neugier und Offenheit gegenüber neuen Möglichkeiten für die Personalsuche und das Employer Branding mitbringt, wird am Ende seinen eigenen Königsweg finden und sich auf eine erfolgreiche Suche nach passenden Kandidaten in der digitalen Welt begeben. Das bedeutet aber nicht, dass man auf jeden digitalen Trend aufspringen muss. Auf die richtige Mischung kommt es letztendlich an. Nicht alle Kandidaten verlassen sich nur auf eine einzige Quelle, bevor sie sich für ein Unternehmen als neu- en Arbeitgeber entscheiden. Sie sammeln Informationen, tauschen Meinungen über Social-Media-Kanäle wie Kununu, Facebook, Linkedin oder Xing aus, sprechen mit Freunden und Bekannten über ihre individuellen Erfahrungen als Bewerber oder Mitarbeiter bei Unternehmen, suchen in Online-Stellenportalen oder auf Unternehmenswebsites nach offenen Stellen, besuchen Karrieremessen oder stolpern vielleicht noch zufällig in einer Zeitung über eine Print-Stellenanzeige. Autorin Verena Hlousek, Marketing, Trenkwalder Personaldienste, [email protected]
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