DIE WELT: Kampf gegen Desig

28. Nov. 2015, 14:24
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20.11.15
"Legal Highs"
Regierung verschärft Kampf gegen Designerdrogen
Der Vormarsch sogenannter Legal Highs ist schwer zu stoppen. Pro
Woche werden etwa zwei neue psychoaktive Substanzen entdeckt. Jetzt
droht die Regierung allen, die daran verdienen, mit harten Strafen. Von
Claudia Kade
Foto: dpa
Beschlagnahmte Mephedron-Tabletten. Pro Woche tauchen in Europa etwa zwei neue Substanzen auf
Die Regierung will ihren Kampf gegen Designerdrogen deutlich verschärfen. Ein neues
Gesetz soll den rasanten Vormarsch sogenannter Legal Highs in Zukunft stoppen. Im
Entwurf des eigens geschaffenen Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG) werden
Herstellung, Handel, Einfuhr, Lagerung und Weitergabe verboten und unter Strafe gestellt.
Für die Täter sind Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren vorgesehen, wie aus dem
Gesetzentwurf des Gesundheitsministeriums hervorgeht, der der "Welt" vorliegt.
Wer als Einzeltäter gegen das neue Gesetz verstößt, muss demnach mit einer Haftstrafe von
bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen. Wesentlich härter will die Regierung gegen
Banden vorgehen, die Designerdrogen geschäftsmäßig in Umlauf bringen. Die
Bandenmitglieder müssen mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren rechnen.
Das Gleiche gilt für Fälle, in denen die Drogen (Link: http://www.welt.de/themen/drogen/) an
Minderjährige abgegeben werden, die Gesundheit einer großen Zahl von Menschen
gefährdet wird oder schwere körperliche Schäden bis hin zum Todesfall verursacht werden.
"Damit soll die Gesundheit der Bevölkerung und des Einzelnen, insbesondere von
Jugendlichen und jungen Erwachsenen, vor den von neuen psychoaktiven Stoffen (NPS)
ausgehenden Gefahren geschützt werden", heißt es im Entwurf. Als neue psychoaktive
Stoffe gelten meist synthetische Stoffe.
Pro Woche tauchen zwei neue Substanzen auf
"Die Drogen werden häufig als Kräutermischungen, Badesalze, Lufterfrischer oder
Pflanzendünger verpackt und verkauft, ohne die wirklichen Inhaltsstoffe anzugeben", wird im
aktuellen Drogen- und Suchtbericht (Link: http://www.welt.de/141298283) erklärt. Dabei werde
fälschlicherweise der Eindruck vermittelt, sie seien ungefährlich und gesundheitlich
unbedenklich. Tatsächlich aber seien mitunter schwere Folgen zu beobachten.
"Die Symptome reichen von Übelkeit, heftigem Erbrechen, Herzrasen und
Orientierungsverlust über Kreislaufversagen, Ohnmacht, Lähmungserscheinungen und
Wahnvorstellungen bis hin zum Versagen der Vitalfunktionen", heißt es im Gesetzentwurf.
Betroffene mussten demnach bereits künstlich beatmet oder sogar reanimiert werden. "In
Deutschland und dem übrigen Europa sind auch Todesfälle aufgetreten, bei denen der
Konsum einer oder mehrerer dieser Stoffe nachgewiesen werden konnte." Je nach Variante
können Legal Highs geraucht, geschluckt oder geschnupft werden.
Die Entwicklung immer neuer Suchtstoffe ist in den vergangenen Jahren in hohem Tempo
von den Herstellern vorangetrieben worden: Nach Angaben der Bundesdrogenbeauftragten
Marlene Mortler (CSU) (Link: http://www.welt.de/themen/marlene-mortler/) wurden im vorigen Jahr im
Schnitt pro Woche etwa zwei erstmalig entdeckte Substanzen im Frühwarnsystem der
Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht gemeldet. Dabei handelt es
sich um Stoffe, die weder vom Betäubungsmittelgesetz noch vom Arzneimittelgesetz erfasst
werden – sie gelten deshalb unter den Konsumenten als legal. Diese Regelungslücke will
Mortler nun schließen.
Erst der Rausch liefert Erkenntnisse über die Wirkung
Nach Erkenntnissen von Drogenexperten werden diese psychoaktiven Substanzen vor allem
in Asien produziert und von dort gezielt auf die westlichen Märkte gebracht. Händler in
Europa verkaufen sie dann häufig in kleineren Mengen über den Internethandel weiter.
In der Regel ist bei diesen Stoffen die chemische Struktur so verändert worden, dass die
neue Substanz den bisherigen Drogengesetzen nicht mehr unterliegt. Und da die meisten
dieser Stoffe vorher noch nicht wissenschaftlich untersucht wurden, liefert erst der Konsum
zu Rauschzwecken erste Erkenntnisse über Wirkungen und Nebenwirkungen.
Die Drogenbehörden geraten im Wettlauf mit den Herstellern bisher ins Hintertreffen. Sie
hinken mit ihren Verbotsregelungen hinterher. Zugleich ist auch den Konsumenten
vollkommen unklar, welche Wirkstoffe in welcher Dosierung enthalten sind.
Um in diesem Wettrennen endlich aufzuholen, sollen in das neue Verbotsgesetz nicht mehr
einzelne Stoffe aufgenommen werden, sondern gleich ganze Stoffgruppen. "Durch diese
Regelung soll der Wettlauf zwischen dem Auftreten immer neuer chemischer Varianten
bekannter Stoffe und den anzupassenden Verbotsregelungen im Betäubungsmittelrecht
durchbrochen und ein klares Signal an Händler und Konsumenten gegeben werden, dass es
sich um verbotene und gesundheitsgefährdende Stoffe handelt", heißt es im Begründungsteil
des Gesetzestextes. "Anerkannte Verwendungen zu legitimen Zwecken sind von dem Verbot
ausgenommen."
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