CO2-Bilanz & Food Waste Management Laura Germann Massnahmen zur Verbesserung der CO2-Bilanz und des Food Waste Management in der Bäckerei-Conditorei Fleischli AG Management Summary Weltweit wird ein Drittel aller Nahrungsmittel entsorgt, während 840 Millionen Menschen auf der Welt an Hunger leiden. Dies zeigt sich auch bei Bäckereien, so wird jedes vierte Brot nicht vollständig konsumiert. Gleichzeitig stehen Bäckereien unter Druck bis zum Ladenschluss eine frische und vielseitige Produktpalette anzubieten. Die Bäckerei-Conditorei Fleischli AG hat sich zum Ziel gesetzt, gegen diese Situation mit ökologisch verträglichen Strategien anzutreten. So widmet sie sich 2015 ganzheitlich dem Thema Nachhaltigkeit, insbesondere dem Food Waste. Im ersten Schritt analysiert die vorliegende Arbeit mithilfe einer detaillierten Ökobilanz die Umweltauswirkungen der Backwaren der Bäckerei-Conditorei Fleischli. Diese Analyse dient in einem zweiten Schritt als Grundlage für Massnahmen zur Verbesserung der CO2-Bilanz und des Food Waste Management. Ergebnisse der Analysen Vergleich der Umweltschäden mit der Methode der Ökologischen Knappheit Umweltschaden in mega Points 1150 950 750 550 350 150 i G ur ke n Sa la m la t Sa at en e K äs To m tte r Zu ck er Bu M ilc h H ef e Vo llr ah m M eh l se r ül l W as PE T Bi om or t sp H ol z G as Tr an St ro m -50 Die Analyse der in der Bäckerei verwendeten Zutaten ergab, dass die Bäckerei die Umwelt so stark belastet wie etwa 100 Schweizer Bürger. Dabei wurde die Produktion des Mehls sowie der tierischen Produkte als die Faktoren mit den stärksten Umweltauswirkungen identifiziert. Vergleich der Umweltschäden der Produktkategorien und des Food Waste 8 Umweltschaden in kilo Points pro kg Backware 7 Dunkle Balken: Umweltschaden unter Verminderung des Food Waste 6 5 4 Helle Balken: Totaler Umweltschaden 3 2 1 0 Konventionelles Brot Holzofenbrot Pâtisserie Vegetarisches Sandwich Fleischsandwich 1 CO2-Bilanz & Food Waste Management Laura Germann Auf der Ebene der Backwaren stellte sich heraus, dass die Produktion eines Holzofenbrotes signifikant weniger Umweltschäden als konventionelles Brot verursacht. Dieser Unterschied zeigt sich im Vergleich mit den anderen Produktkategorien noch viel deutlicher. So sind die Umweltbelastungen der Pâtisserie und der Sandwiches mehr als doppelt beziehungsweise dreimal so hoch wie beim konventionellen Brot. Ein Vergleich mit dem Holzofenbrot fällt entsprechend noch grösser aus. Produktkategorie Soll-Wert Angegebene Retourmenge Konventionelles Brot Holzofenbrot Pâtisserie Vegetarisches Sandwich Fleischsandwich 31 t 2t 6t 1.5 t 3t Ist-Wert Gewogene Retourmenge 6% 7% 6% 5% 6% 57 t 0.3 t 18 t 6t 6t 10% 1% 17% 17% 12% Die jährlichen Lebensmittelreste der Bäckerei-Conditorei Fleischli belaufen sich auf 92 Tonnen. Davon sind 78 Tonnen essbare Lebensmittelabfälle, mit denen man knapp fünf Lastwagen füllen könnte. Die Hälfte der Lebensmittelabfälle wird zu Tierfutter verarbeitet. Die Mehrheit der retournierten Pâtisserieprodukte und Sandwiches, die 40% aller Produkte ausmachen, werden in der ÄssBar, einer Bäckerei mit Produkten vom Vortag zu Tiefpreisen, weiterverkauft. 10% der retournierten Produkte finden als Schraps oder Paniermehl Verwendung. Unter dem Strich entstehen bei der Bäckerei-Conditorei Fleischli mit den nicht verkauften Backwaren 16% der gesamthaft verursachten Umweltschäden. Relativer Food Waste pro Jahr nach Produktart Food Waste in % der Gesamtproduktionsmenge 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Konventionelles Brot Holzofenbrot Pâtisserie Vegetarisches Sandwich Fleischsandwich Bei den Lebensmittelabfällen gibt es je nach Produktart erhebliche quantitative Unterschiede. So wird das Holzofenbrot mit einer Retourenquote von nur 1% zehnmal besser verkauft als das konventionelle Brot. Bei Letzterem bleibt täglich jedes zehnte Brot übrig und muss retourniert werden. Fast doppelt so stark schlagen jedoch die Patisserie und vegetarischen Sandwich Produkte zu Buche. Massnahmen Die Bäckerei stösst jährlich 931 Tonnen CO2-Äquivalente aus. Dies entspricht den Treibhausgasemissionen, die 133 Schweizer Bürger in einem Jahr verursachen. Um klimaneutrale Produkte anbieten zu können, empfiehlt sich eine Kombination aus der Anschaffung von CO2-Zertifikaten und Massnahmen, die den CO2-Ausstoss senken. 2 CO2-Bilanz & Food Waste Management Laura Germann Die Analysen zeigen auf, dass die Anteil am Umweltschaden Lebensmittelverschwendung mit einem Anteil von 16% an den totalen Treibhausgasemissionen, acht- respektive viermal mehr zum Treibhauspotential beiträgt als der Strom- beziehungsweise Gasverbrauch. Weiter stammen die grössten Anteile der Umweltschäden aus der Produktion der Zutaten wie z.B. des Mehls, der 100% Food Waste 80% 60% Produktion 40% 20% Zutaten 0% Milch oder des Fleisches. Eine Verringerung der Lebensmittelreste hätte somit einen signifikanten Einfluss auf die Umweltbilanz. Zumal die Verringerung des Food Waste eine zentrale Rolle spielt, wurden mehrere Massnahmen in diesem Gebiet erarbeitet. Dabei spielt die systematische Erfassung der Retouren, um qualifizierte Entscheide über Produktionssteigerung oder –senkung zu fällen sowie die Ursachen der hohen Retourmengen zu ergründen, eine bedeutende Rolle. Des Weiteren empfehlen sich innovative Verkaufskonzepte um sich optimal zu positionieren und die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Eine Möglichkeit bietet sich in einem schlankeren Angebot ab 17 Uhr. Dabei liegt beim Personal die Verantwortung Alternativen zu empfehlen, falls das gewünschte Produkt nicht mehr im Regal vorhanden ist. Die Reduktion der Produktepalette muss allerdings mit einer Sensibilisierung der Kunden einhergehen. Um dem gefühlten Abstrich entgegen zu wirken, wurde eine Strategie entwickelt, mit der man dem Kunden das Gefühl vermittelt, seine Bedürfnisse besonders zu berücksichtigen. Dazu könnte vor Ladenschluss zu jedem verkauften Produkt eine andere Backware mitgegeben werden, die sich am nächsten Tag nicht mehr verkaufen lässt. Eine Alternative dazu wäre die Einführung einer „Happy Hour“. Dabei werden die Backwaren ab 18 Uhr vergünstigt angeboten. Damit könnte die Bäckerei neue Kundensegmente erreichen wie z.B. Studenten und sozioökonomisch tiefere Schichten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das kontinuierliche Training der Mitarbeitenden in Bezug auf Lebensmittelabfälle. So wurde das Personal der BäckereiConditorei Fleischli bereits durch die Datenerhebungen in den Filialen, sowie durch die Präsentation jener Ergebnisse sensibilisiert. Daraus erhofft wird ein in Zukunft bedachterer Umgang mit Lebensmitteln. Wie in den Analysen gezeigt wurde, weisen die Pâtisserie und die vegetarischen Sandwiches mit einer Retourenquote von 17% sehr hohe Retouren auf. Aus diesem Grund wird der BäckereiConditorei Fleischli eine reduzierte Vorbestellung der Sandwiches und Pâtisserieprodukte nahe gelegt. Somit steht ihr die Möglichkeit offen, nach Bedarf spontan mehr in der eigenen Produktionsstätte zu produzieren. Die Bäckerei handelt bereits innovativ, in dem sie die Mehrheit der übrig gebliebenen Pâtisserieund salzigen Produkte bei der Äss-Bar wieder verkauft. Nur die Filiale Bülach Post muss ihre Backware entsorgen, da sie eine zu geringe Grösse aufweist um die Äss-Bar zu beliefern. Nun könnten die Backwaren jedoch zusammen mit dem Altbrot, das bereits nach Niederglatt transportiert wird, abgeholt werden. Dadurch lassen sich pro Jahr über 2.4 Tonnen Nahrungsmittel einsparen. Ausserdem müssen alle Filialen ihre Pâtisserie- und salzigen Produkte jeden Samstag entsorgen, da die 3 CO2-Bilanz & Food Waste Management Laura Germann Äss-Bar die Produkte am Sonntag nicht abholt. Somit empfiehlt es sich, Alternativen zur Äss-Bar in Betracht zu ziehen. Als sinnvoll wird das Spenden der Lebensmittelüberschüsse an die karitative Einrichtung „Tischlein deck dich“ erachtet. Sie verteilt die Nahrungsmittel an armutsbetroffene Menschen in der ganzen Schweiz und erreicht damit 15'200 Menschen in Not. Das jährliche Einsparpotential der Nahrungsmittelmengen beläuft sich dabei auf 23 Tonnen. Eine weitere vielversprechende Massnahme liegt in der Erweiterung des Sortiments durch ein Bioholzofenbrot. So weist das Holzofenbrot nicht nur die geringsten Umweltauswirkungen aller fünf Kategorien auf, sondern verzeichnet mit nur 1% Retourenmenge auch eine äusserst grosse Nachfrage der Kunden. Des Weiteren verursacht ein mit biologischen Zutaten produziertes Brot 17 bis 45% weniger Treibhausgasemissionen als konventionell hergestelltes Brot, was es für eine nachhaltigere Strategie besonders attraktiv macht. In den Analysen hat sich gezeigt, dass die Produktion des Mehls die grösste Umweltbeeinträchtigung aller Prozesse aufweist. Wenn die Bäckerei-Conditorei Fleischli nur noch biologisch hergestelltes Mehl für ihre Brote verwenden würde, könnte sie jährlich ungefähr 115 bis 306 Tonnen CO2Äquivalente einsparen. Dies entspricht 12 bis 32% ihrer gesamten Treibhausgasemissionen. Mit Hilfe der Ökobilanz, die für die Bäckerei-Conditorei Fleischli durchgeführt wurde, konnten pragmatische und vielversprechende Massnahmen vorgeschlagen werden, welche das Potenzial haben die CO2-Bilanz und das Food Waste Management deutlich zu verbessern. Durch die Umsetzung der empfohlenen Handlungsweisen wird der ökologische Pfeiler des Unternehmens gestärkt. Zudem optimieren viele Massnahmen auch den ökonomischen und sozialen Aspekt, wodurch ein grosser Schritt hin zu einer ganzheitlich nachhaltigen Entwicklung gegangen werden kann. Immer mehr Kunden wissen dies zu wertschätzen, wodurch die Bäckerei auch langfristig Mehrwert schöpfen kann. Eine Konsumentenbefragung der Bäckerei-Conditorei Fleischli ergab, dass ihre Kundschaft bei Backwaren nicht besonders preissensitiv ist. Somit würden die höheren Kosten des biologischen Holzofenbrots die Kundschaft wahrscheinlich nicht vom Kauf jenes Produktes abhalten. Ferner könnte die Bäckerei mit den erarbeiteten Strategien ihren Beitrag gegen die Hungerproblematik leisten. Die Handlungsstränge zur Reduzierung der Nahrungsmittelabfälle wirken sich zusammen mit der Umstellung auf biologisch hergestelltes Mehl auch am effektivsten auf die Abschwächung des Klimawandels aus. Food Waste Management ist mehr als nur eine Optimierung von Lebensmittelabfällen. Die möglichen Auswirkungen haben grosses Potenzial, auf ökologische, gesellschaftliche und ökonomische Bedürfnisse zu reagieren, die sehr oft miteinander einhergehen. 4
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