Gesünder dank impfen und scheren

Das Scheren der Remonten beim Einstallen in die Vormast steht bei Christoph Brütsch an der Tagesordnung.
Bis zu vierma\ wird ein Tier vom Tränkeka\b bis ans Ende der Vormast geschoren.
Gesünder dank
impfen und scheren
Auf dem Munimastbetrieb von Christoph Brütsch in Barzheim SH
werden die Tiere konsequent geimpft und über den Rücken
geschoren. Diese und noch weitere Massnahmen machen sich
mit einer besseren Tiergesundheit bezah lt.
hristoph Brütsch schert den
rade im Offenfrontstall, in welchem
Muni den Rücken. Einen um
die Tiere den Klimaschwankungen
den anderen. Gruppenweise
ausgesetzt sind. Am Tag schwitzen
sperrt er immer ein paar Tiere mit
sie in ihrem dicken Fell, in der Nacht
dem Absperrgitter an die Stallwand.
frieren sie und erkälten sich, Mit
dem Scheren kann ich das erfolgDie Tiere - es handelt sich dabei um
Fl-Remonten in der Vormast - sind
reich verhindern.1I
so gut fixiert, dass e r in aller Ruhe
scheren kann. «A uf unserem Betrieb
Bis z u vi e rm a l über
findet man keine Tiere mehr mit . d e n Rücken scheren
langen Haaren auf dem Rücken», erMastmuni erbringen eine hohe Verklärt der Mäster aus Barzheim SB.
dauungsleistung. Entsprechend entfl Die Temperaturschwank'ungen, besteht aus den Verdauungsvorgängen
sonders im Frühjahr und im Herbst,
viel Wärme, die über das Fell nach
sind für die Tiere nicht gesund. Ge aussen transpor tiert werden muss.
C
Das geht den Tieren ringer, wenn sie
über den Rücken geschoren sind. Das
Scheren über den Rücken ist bei den
Mastkälbern üblich, bei Remonten
in der Vormast aber eher ungewöh 11lieh. Auf dem Betrieb Brütsch werden die Muni bis zu viermal übe r
den Rücken geschoren, inklusive
Hinterpartie und Schwanz. Mindestens sind es aber zweimal - einmal
beim Einstallen als Tränker, ein
z,veites Mal beim Einstallen als
Fresser. Um das Scheren konsequent
und effizient durchzuführen , hat
Christoph ßrütsch das Schermaterial
auf zwei Maschinen mit j e acht
Schersätzen aufgestockt.
Wenn möglich ganze
Serien eins.t~ l1 e n
Das Scheren stellt auf dem Betrieb
Brütsch ein wichtiger Teil im Ge-
Nr. 12/201 5 I die grüne
24 TI ERHALTUN G I Grossviehmast
Beim Einstallen in die Vormast impft Christoph Brütsch die Tiere
Wenn nötig behandelt er sie gleichzeitig gegen Ektoparasiten .
mittels Injektion gegen Rindergrippe.
Die häufigsten Probleme stellen Flechten dar.
s undheitsm anageme nt dar. Es ist aber
nur ein Faktor unter vielen anderen ,
die gesamth a ft zu e iner besseren
Tiergesundheit ge führt haben. Denn
diese hat auf dem Betrieb imme r
wieder zu Proble m en geführt. Insb esondere Lungenentzünd ungen führ te n
zu Abgäng(m und verursachten hohe
Kosten . Das g in g e inmal so weit,
dass eine Gruppe frisch eingestallter
Remonten e inen Grossteil der Muni
in der Vormast ansteckte . «Die Infektion ging wie ein Lauffeue r durch die
Buchten. Für so viele Tiere waren
schlich t zu wenig Medikamente verfügbar», schild ert ßrütsch. Rund
16000 Franken h at ihn der Vorfall
gekostet. Er hat ihn aber auch dazu
b ewogen, das Gesundheitsmanagement zu überdenken und zusammen
mit seinem Bestandestierarzt zu verb essern. In der Vor mast sind es drei
Punkte, die heute konsequent umgese tzt "\Nerden:
Erstens achtet der Munimäster
darauf, dass er ganze Serien a 22 Tie re wenn möglich vo n einem, höchstens aber von zwei Be trieben in die
Vormast einstallen kann. We nn
m ögli ch sind es Tiere aus Flcischrassek reuzungen.
Zweitens we rden alle Tiere sofort
nach de m Einstallen da s e rste Mal
über den Rücken geschoren.
Und drittens werden alle Mun i
gege n Rindergrippe ge impft. Fans
nötig, werde n die Tiere im gleichen
Arbe itsgang mit einem Pour-on-Präpa rat gegen Ektoparasiten über den
Rü cken behandelt.
Christoph Br ütsch stallt Tiere sowohl aus der eigenen Aufzucht, als
Checkliste Brütsch: Behandlungen beim Einstallen
Behandelte Kälber werden mit einem Stift
Einstallen von Tränkekälbern
aus dem Handel (75 Kilo, wenn
mit einer anderen Farbe verwendet. Für alle
möglich Fleischrassekreuz ungen):
-+ Impfung gegen
Rindergrippe
-. Rücken scheren.
-+ Wenn
nach Absetzen des
Antibiotikums trotzdem Durchfall
auftritt, Einsatz einer Arzneimittel-
(intranasal). Geimpft wi rd gegen
vormischung wä hrend sieben
die Virenstämme BRSV (Bovine
Tagen mit Teilwirkung auf
Respiratory Syncytial Virus) und
Kokzidien.
Pi3 (Parainfluenza Typ 3). Wiederholung nach drei Wochen.
-+ Antibiotikum
mit Depotwirkung
unter die Haut spritzen .
-+ wenn
nötig Behandlung gegen
Ektoparasiten.
-+ Ab dem
zweiten Tag während
-+ Parallel zu
Gruppenbehandlungen
Einzeltie rbehand lungen gegen
Fieber und Lungenentzün dung.
Einstallen von eigenen und
zugekauften Remonten in die
Vorma st (180 bis 200 Kilo) :
-. Rücken scheren.
acht Tag en Antibiotikum über
-+ Impfung gegen Rindergrippe.
die Milchträhke, Vorbeuge gegen
-; Wenn nötig Behandlung gegen
Durchfall.
die grüne I Nr. 12/2015
Ektoparasiten .
markiert. Dabei wird für jeden Tag ein Stift
Mitarbeitenden ist auf den ersten Blick
erkennbar, wann ein Kalb behandelt wurde.
Betriebsspiegel
der Familie Brütsch
Für das Impfen der Tränkekälber kommt
anstelle der Nadel eine Düse auf die Spritze.
Christoph und Rahel Brütsch,
auch Remonten wenn möglich von
max i mal zv,rei Fresservormastbetrieben in die Vormast e in. Die eige nen
Kälberbuchten sind heute mit den
Vor- und Ausmastbuchten so aufeinander abgestimmt, dass bis Ende
Ausmast immer die gleichen Tiere
zusammen in einer Gruppe bleiben.
M ehr Milch und Heu
in der Kälberaufzucht
Aber nicht nur in der Vormast, auch
in der Kälberaufzucht hat Christop h
Brütsch das Gesundheitsmanagement
Barzheim SH
LN: 60 ha Ackerbau
Ku lturen: Kartoffeln, Zuckerrüben, Mais, Weizen, Ölkürbis
Der Impfstoff gegen Rindergrippe wird
den Kälbern in die Nase gesprüht.
Tierbestand: 200 Kälber/Jahr,
400 Fresser/Jahr
Weitere Betriebszweige:
verbesse r t. «Die grössten Probleme
bestehen in der Kälberaufzucht. In
der Vormast sind die Tiere bereits
recht robust, Erkrankungen dadurch
seltener. In der Ausmast sind Erkrankungen höchst selten. Am ehesten sind Probleme unfallbedingh,
erk lärt er.
Die Kälberaufzllcht ist vergleichbar
mit der Kälbermast, mit dem Unterschied, dass die Kälber bald einmal
von der Milcht ränke auf Festfutter
umgestellt werden. Gerade elie Umstellungsphase stellt für das Kalb
eine ganz grosse Herausforderung
dar. Der Stress über die Absetzphase
belastet das Immunsys tem. Geringere
Tageszunahmen und Verdauungsprobleme wie zum Beispiel Durchfall s in d die Folge. Dabei geht oft vergessen, dass es sich nicht um einen
durch Erreger herbeigeführten Durchfall handelt, sondern dass die Verdauungsphysiologie dafür verantwortlich ist.
Die 75 Kilo schweren Tränkekälher
werden nach dem Einstallen gegen
Rindergrippe grundimmun isiert und
nach drei Wochen nachgeimpft. Der
Impfstoff verabreicht er dabei in die
Feldrandkompostierung,
Kürbiskernöl und Knabberkerne
Arbeitskräfte: Betriebsleiterehepaar, Mitarbeiter, Lehrling
... ...
~
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....
~' ~ .
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Alle Einzeltierbehandlungen werden
auf diesem Wochenplaner vermerkt.
Nr. 1212015 I die grüne
26 TIERHALTUNG I Grossviehmast
Die Kälberaufzuchtphase birgt mit der Umstellung von Milchtränke auf Festfutter das grösste
In der Vormast sind die Tiere bereits
Risiko. Christoph Brütsch streut täglich frisch ein und sorgt so für eine trockene Liegefläche.
robuster und erkranken sel tener.
Impfschutz führt zu
besseren Reaktionen
Die gesamte Lungenoberfläche
ist mit einer Bakterienflora
besiedelt. Virale Krankheitserreger
wandern beim Einatmen in die
Lunge ein und vermehren sich
in den Schleimhautzellen stark.
Dabei entstehen kleine Wunden,
in denen sich Bakterien einnisten
und die dadurch weiter geschädigt
werden.
Mit der Impfung gegen Rinde rgrippe bildet das Tier Antikörper
gegen die beiden Virenstämme
BRSV (Bovine Respiratory Syncytial
Vi rus) und Pi3 (Parainfluenza
Typ 3). Diese stellen die gefährlichsten vi ralen Erreger beim Rind
dar. Treten diese Viren dann in die
Lunge ein, kann das Immunsystem
sofort reag ieren und die Erreger
attackieren. Erkrankungen sind
zwar nicht ganz ausgeschlossen,
verlaufen aber milder und si nd in
der Regel nur noch auf bakterielle
Erreger zurückzuführen. Im
Gegensatz zu Viren können
Bakterien mit Antibiotika behandelt werden.
die grGne I Nr. 12/2015
Nase, mit einer Spritze, welche einen
Düsenaufsatz hat. Wichtig dabei: Für
jedes Kalb verwendet er eine neue
Düse. Die Kälber erhalten ein Antibiotikum mit Depotwirkung unter
die Haut, e in we iteres während acht
Tage n über die Milch. Und zu guter
Letzt werden sie über den Rücken
geschoren und wenn nötig gegen
Ektoparasite n behandelt.
Auch erhalten die Kälber heute
während 60 Tagen Milchpulvert ränke.
Das ist länger als vorher lind in anderen Mastbetrieben üblich. «Vor allem
di e Abtränkephase gestalten ,vir
heute länger als frühen" erklärt
Brütsch . Ergänzend zu Milch und
Kraftfutter erhalten die Kälber nicht
mehr vo n der Mischration der Muni,
sonde rn nu r noch Heu. ~ Mit dieser
Massnahme haben wi r auch den
Durchfa ll b esse r im Griff», so
ßrütsch. Die HeufüUerung hat einen
weiteren positiven Effekt: Oie Kälber
holen ihr Kraftfutter an der Station
besser ab.
Brütschs Ziel ist es, dass die eigenen
Aufzuchtkälbe r beim Einstallen in
die Vormast gleich schwer sind wie
die zugekauften Remonten. Dieses
Ziel erreicht er heute. «Die f~igen e n
Kälber sind heute robust~!r und gesünderij, freut er sich. Er kauft weniger Tränkekälber ein, lässt ihnen da-
für mehr Zeit im Kälberstall. «Das
hat die Konsequenz, dass wir fas t
hundert Fresser pro Jahr mehr 7.Ukaufen müssen. Das ist natürlich
teurer, als wenn wir Tränkekälber
auf dem Markt einkaufen und selber
aufziehen.)!
Regelmässig misten und
genügend frische Luft
Gerade bei den Kälbern und in der
Vormast leg t Brütsch grossen Wert
auf einen sauberen und trockenen
Liegebereich. Täglich wird maschinell
Stroh eingestreut, und einmal pro
Monat werden die Buchten ausge mistet. Er hat festgestellt, dass mit
dieser Massnahme die Luft im T ierbereich viel besser ist. Während im
Offenfrontstall der Vormast zwei
Ventilatoren für zusätzliche Frischluft sorgen, überlegt sich der Munimäster eine Schlauchlüftung zu installieren.
Es handelt al so nicht nur um Verbesserungen im Gesundheitsmanagement, sondern auch um Verbesserungen in der Fütterung und
Haltung. «Seit wir alle diese Massnahmen konsequent umsetzen, ist
die Tiergesundheit deutlich bessen),
st~l1t Christoph Brütsch fest. «Die
Tiere sind ausgegl ichener, wir haben
weniger Kümmerer und Abgänge
Grossviehmast I TIER HALTUNG 27
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In der Ausmast gibt es in der Regel keine Erkrankungen mehr. Die grässte Herausforderung
stellt das Gewicht dar: Die Muni sollten möglichst gleichzeitig schlachtreif sein .
und müssen in der Regel nur noch
Einzeltiere behandeln. Gruppcnbehandlungen in der Vormast sind heute kaum mehr notwendig. » Der Unterschied zu vorher besteht einzig
darin, dass die Massnahmen vorher
nicht mit System durchgeführt wurden. Zum Beispiel ''''luden z,var die
Kälber geimpft, die Fresser aber nicht.
Die Tiere wurden hie und da auch
geschoren , jedoch nicht konsequent
und nur als Kalb.
Ohne Antibiotika geht es aber
nicht, diese Erfahrung hat Christoph
Brütsch auch gemacht. «Obwohl wir
uns für eine optimale Fütterung und
Haltung einsetzen, werden '''lir nie
Bedingungen einer naturnahen Aufzucht bieten können», erklärt er. "Mit
all den Verbesserung können wir
aber den Medikamenteneinsatz auf
einem tiefen und konstanten Niveau
halten. » Dass sich ßrütsch mit seinem
Konzept auf dem richtigen Weg befindet, zeigt sich auch darin, dass
kranke Tiere heute wieder gut auf
die Einzeltierbehandlungen ansprechen, was zuvor oft nicht der Fall
war.
IAline Kiienzi
Absetzphase belastet
Immunsystem
Die grössten Probleme in der
Grossviehmast entstehen ganz
am Anfang, in der Kälberaufzucht.
In der Vormast, im Bereich
zwischen 180 und 200 Kilo
Lebendgewicht, sind die Tiere
bereits robuster, Erkrankungen
dadurch seltener.
In der Ausmast sind Erkrankungen
In der Vormast erhalten die Remonten in den ersten Tagen gar kein Kraftfutter, dann
höchst selten. Am ehesten treten
dort unfallbedingte Probleme auf.
Kälberaufzuchtfutter. Dieses ist besser verdaulich als das anschliessende Vormastfutter.
Nr. 12/2015Idiegrüne