Politisch-weltanschauliche Extremismen im Jugendalter

Call for Papers
Politisch-weltanschauliche Extremismen im Jugendalter –
Hinwendungs- und Radikalisierungsdynamiken als Öffnungsund Schließungsprozesse
Ad-hoc-Gruppe · 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie 2016 · Bamberg
Organisatorinnen: Carmen Figlestahler, Anja Frank, Michaela Glaser (Deutsches Jugendinstitut Halle, Arbeits- und Forschungsstelle Rechtsextremismus und Radikalisierungsprävention)
Hinwendungs- und Radikalisierungsdynamiken im Jugendalter werden oft als geradlinige Prozesse in eine Richtung betrachtet, während derer Jugendliche bestimmte
ideologische Inhalte und damit verbundene Verhaltensweisen übernehmen und an
deren Ende beispielsweise überzeugte gewaltbereite Rechtsextreme oder ausreisebereite IS-Kämpfer stehen. Aus dieser Perspektive erscheint der Radikalisierungsprozess als Sozialisation in geschlossene Lebenswelten und Gruppen hinein, in deren
Verlauf Jugendliche zunehmend Bezüge zu ihrem sozialen Umfeld (wie Freunden und
Familie) verlieren und sich sozial isolieren.
Auf den Ebenen von Biografien, von sozialräumlichen Dynamiken und von pädagogischen Interventionen aber lassen sich ebenso ineinandergreifende Prozesse von Öffnung und Schließung beobachten. So sind Radikalisierungsprozesse zum einen von
abwechselnden Phasen der Hinwendung und Distanzierung geprägt. Zum anderen
sind mit der Hinwendung zu extremistischen Inhalten und dem Anschluss an extremistische Gruppen auch Öffnungen verbunden, sowohl auf der kognitiven als auch
der sozialen Ebene. Aus Sicht der Jugendlichen können diese neuen Deutungsangebote und sozialen Zugehörigkeiten zunächst helfen, sich biografisch neu zu orientieren, sich selbst und die Welt neu zu definieren und sich sozial zu positionieren. Dieser Lesart von „Radikalisierung“ folgen nicht zuletzt auch pädagogische Interventionslogiken, die jugendliche Annäherungen an diese Ideologien und Gruppierungen
als subjektiv funktionale Bewältigungsversuche biografischer wie gesellschaftlicher
Umbruchsphasen betrachten. Gleichzeitig ergeben sich durch diese Prozesse sowie
darauf bezogene Interventionen aber auch neue sozialräumliche Differenzierungen
und Mechanismen der sozialen Kontrolle. Diese Dynamiken auf den Ebenen der Biografie, des Sozialraumes und der pädagogischen Intervention betrachtend, fragt die
Ad-hoc-Gruppe u. a.:

Wie gestaltet sich der Prozess der Hinwendung aber auch der Distanzierung im Lebensverlauf und wie zeigt er sich in einer biografischen Erzählung? Welche Erfahrungen machen junge Menschen offen für geschlosse-
ne Weltbilder? Wie werden neue Deutungsangebote orientierungswirksam
und handlungsleitend?

Wie sind geschlossene Milieus im Sozialraum eingebettet? Wie und wodurch werden Schließungsprozesse sozialräumlich oder biografisch institutionalisiert?

Unter welchen Perspektiven der Öffnung und Schließung greifen pädagogische Intervention diese Prozesse auf? Welche Verschränkungen von
sicherheitspolitischen und hilfeorientierten Herangehensweisen und Interessen zeigen sich hier?
Wir laden dazu ein, theoretische und empirische Beiträge zu den skizzierten Fr agestellungen einzureichen. Bitte senden Sie Ihre Vortragsbewerbung mit max.
2.400 Zeichen bis zum 24.4.2016 an die Organisatorinnen ([email protected],
[email protected] und [email protected]).