Der schriftliche Entwurf

Helga Widmann SSR’in
Seminar RS Reutlingen
Bereichsleitung
D
eutsch
Der schriftliche Entwurf
Unterrichtsplanung ist ein Such- und Denkprozess, der sich zunächst im Kopf des Planenden und/oder im kollegialen Gespräch abspielt. Der in der Ausbildung und für die Prüfungslehrprobe geforderte ausführliche schriftliche Entwurf soll diesen Such- und Denkprozess darlegen und die getroffenen Entscheidungen begründen.
Im Sinne einer fach-/didaktischen Expertise hat er die Funktion, in der Untersuchung und
Begutachtung des geplanten Unterrichts Zeugnis vom pädagogischen, fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Sachverstand abzulegen. Zusammen mit der Unterrichtspraxis eröffnet der Unterrichtsentwurf die Ausgangsfelder für weiterführende fachdidaktische Fragestellungen.
Die Verarbeitung des pädagogischen, fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Wissens durch schriftliche Fixierung schafft Distanz zur Gedankenvielfalt und Vorgehensweise, ermöglicht Selbstreflexion und Auseinandersetzung mit den Inhalten aus der Ausbildung.
Deshalb ist der schriftliche Entwurf das Ergebnis eines problemorientierten Schreibprozesses, in dessen argumentativen und begründenden Teilen sich Fach-, Sozial-, Methoden- und Personale Kompetenz zeigen.
Wenn der Entwurf als reflektierende Durchdringung und Erläuterung des geplanten Unterrichts gesehen wird, kann keine allgemeingültig schematisierte Form gefordert werden.
Jedoch gibt es Strukturierungshilfen wie zum Beispiel:
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Die didaktische Analyse1
Fünf Fragen dienen dazu, den Bildungsw e rt eines Unterrichtsgegenstandes im Hinblick auf
bestimmte Schülerinnen und Schüler und deren besondere Unterrichtssituation festzustellen.
Sie sollten Kern jeder Unterrichtsvorbereitung sein.
Im Unterrichtsalltag führen sie – in Form einer persönlichen, innerlichen Reflexion oder auch
im klassenübergreifenden kollegialen Planungsgespräch – zu raschen und begründbaren
Planungsentscheidungen.
Wo für steht dieser Inhalt?
Welche S truktur besitzt der Inhalt?
Welchen übergeordneten Zusammenhang
erschließt er?
Was sind seine einzelnen Sachelemente?
In welchem Zusammenhang stehen diese?
Was erschließt er uns be is pielhaft [e xe mplaris ch, s ymbo lis ch ]?
(linear, systemisch-wechselwirkend, logisch zwingend, variabel ergänzend ....?)
Welche Ebenen sind vorhanden?
(vordergründig erkennbar, erschließungsbedürftig,
kontextgebunden,...?)
Wo befinden sich mögliche Verständnisschwierigkeiten?
Was muss gesichert werden?
Welche Bedeutung besitzt der Unterrichtsinhalt
Womit kann die Bedeutung des Unterrichtsinhaltes für die
im g e g e nwärtig e n geistigen Leben
Zukunft begründet werden?
der Schülerinnen und Schüler?
(entwicklungspsychologisch, nach dem
Schulcurriculum, aus gesellschaftskultureller
Welche pädagogische und fachdidaktische
Verantwortung muss vom Lehrenden übernommen werden?
Sicht, .........)
1
Vgl. Klafki
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Diese ersten vier Fragen müssen nicht in einer bestimmten Reihenfolge beantwortet werden,
ihre Relevanz ergibt sich aus der jeweiligen Lage der Dinge.
Ihre Beantwortung erfolgt mit Begründungen aus:
Fachwissenschaft
Fachdidaktik
Pädagogik
Aus den gewonnenen Antworten ergeben sich die grundlegenden
Zie ls e tzung e n
(evtl. einzelne operationalisierbare Lernziele)
-
Was sollen die Schülerinnen und Schüler aus der Behandlung dieses Unterrichtsinhaltes e rke nnen ?
Was können sie dabei e rfahren ?
Was soll mit der Behandlung dieses Unterrichtsinhaltes be w irkt werden?
-
Was muss g e s iche rt werden?
-
Die
me tho dis c he Besinnung
ist der letzte Schritt der Vorbereitung! Alle methodischen Überlegungen sind abhängig vom
Ergebnis der vorangegangenen didaktisch-pädagogischen Prüfung des Unterrichtsvorhabens (didaktische Analyse).
Die hierfür vorgesehene fünfte Frage lautet:
Wie kann der Unterricht interessant, erreichbar, erlebbar, begreiflich,
anschaulich, etc. werden?
Mit den Antworten aus der didaktischen Analyse können nun
-
Artikulation des Unterrichts
-
Unterrichts-, Arbeits- und Sozialformen,
Medien,
fachdidaktische Modelle/Ansätze
Anwendungs- und Übungsmöglichkeiten
überlegt, ausgewählt und begründet werden.
Mit Hilfe der didaktischen Analyse kann auch die gesamte Einheit geplant werden.
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Die schriftliche Darlegung erfolgt nun adre s s atenbe zo gen . Sie soll
-
die Beobachter des Unterrichts über den Planungsprozess info rmie ren
die Denkschritte e rläute rn
Sinn, Bedeutung und Ziel(e) darle g en
-
Überlegungen und Entscheidungen be g ründen und
in der Argumentation übe rze ug en
Dabei benutzt sie die allgemein gültigen Kriterien einer Glie de rung . Zur Erstellung einer
solchen Gliederung (und natürlich zur Stoffsammlung) können die fünf Fragen der didaktischen Analyse im Sinne von Sc hlüs s elfragen dienen.
Einleitung:
•
holt den Leser in das geplante Unterrichtsgeschehen herein und führt
ihn zur Übernahme der dargestellten Planungsperspektive
Hauptteil:
•
wählt eine geordnete Reihenfolge der verschiedenen Aspekte, die abhängig ist vom jeweiligen Stundenthema
•
setzt dabei Schwerpunkte und/oder Problematisierungen
•
verwendet den richtigen Aufbau von Argumenten (Aussage, Begründung, Beispiel für den Unterricht)
•
erörtert Alternativen
•
führt die Einbettung der Stunde in die gesamte Einheit auf
•
verweist auf Hintergrundwissen (Zitate, Fußnoten, Literaturverweise,....)
•
erwägt weitere, über das Thema hinaus gehende Aspekte
•
führt zur Zielsetzung
•
über die daraus resultierende methodische Umsetzung
•
und damit zur Verlaufsplanung
•
kann Bewertung/ Ausblick u.ä.m. enthalten
•
aber auch einen Punkt besonders herausheben, der einem wichtig ist
•
oder auf eine besonders problematische Stelle hinweisen, deren Lö-
Schluss:
sung man mit Spannung erwartet
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