Datenschutz bei Videoüberwachungen

DATENSCHUTZ BEI
VIDEOÜBERWACHUNGEN
Handreichung für die Praxis
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland
2. Auflage
Stand: September 2015
Datenschutz bei
Videoüberwachungen
Handreichung für die Praxis
2. Auflage
Saarbrücken, im September 2015
Herausgeber:
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland
Fritz-Dobisch-Straße 12 . 66111 Saarbrücken
Postfach 102631 . 66026 Saarbrücken
Tel.: 0681/94781-0
Fax: 0681/94781-29
E-Mail: [email protected]
Internet: https://datenschutz.saarland.de
Auflage: 2. Auflage, September 2015
Vorwort
In dieser überarbeiteten zweiten Auflage der Handreichung zur Videoüberwachung haben wir erstmals praktische Fälle zum Thema Videoüberwachung
und Datenschutz im Saarland aus den vergangenen Jahren zusammengestellt. Sie soll einen verständlichen Einstieg in die rechtliche Bewertung von
Videoüberwachungsmaßnahmen bieten und eine Orientierung bei der praktischen Umsetzung sein.
Der erste Teil umfasst Fallbeispiele aus dem privaten Bereich und der freien
Wirtschaft (nicht-öffentlicher Bereich), im zweiten Teil finden Sie einige Beispiele aus dem Bereich betreffend Behörden und Kommunen (öffentlicher
Bereich) und im dritten Teil wird die Videoüberwachung am Arbeitsplatz thematisiert.
Die „Orientierungshilfe zur Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen“ mit einer Checkliste und Beschlüssen des Düsseldorfer Kreises - als gemeinsames Beratungsgremium der Datenschutzbeauftragten im nicht-öffentlichen Bereich - sowie eine Orientierungshilfe zur Videoüberwachung für
öffentliche Stellen ergänzen die Fallsammlung,
Diese Zusammenstellung von Fällen und Hinweisen ersetzt keine Prüfung im
Einzelfall, kann aber der besseren Einschätzung der Zulässigkeit des Betreibens von Videokameras im öffentlichen und privaten Bereich dienen.
Unser vorrangiges Ziel ist es aber, dass viele unzulässige Überwachungsmaßnahmen von vorneherein unterbleiben.
Saarbrücken, im September 2015
Judith Thieser
Die Landesbeauftragte
für Datenschutz und Informationsfreiheit
im Saarland
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
3
4
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Inhaltsverzeichnis
Vorwort ............................................................................................................ 3
1
Videoüberwachung im nicht-öffentlichen Bereich ............ 7
1.1
1.2
1.7
1.8
1.9
Einführung in die Thematik ....................................................................................... 7
Datenschutzrechtliche Bedingungen für den Einsatz mobiler
Videokameras ................................................................................................................. 7
Voraussetzungen für die Herausgabe von Aufzeichnungen durch
den Betreiber einer Videoüberwachungsmaßnahme.................................... 15
Videoüberwachung durch den Inhaber eines Gastronomiebetriebs ...... 17
Datenschutzrechtliche Bewertung von Kameras in einer Apotheke ....... 19
Anlasslose Prüfung von Videoüberwachungsmaßnahmen in Clubs
und Diskotheken ......................................................................................................... 21
Kameraeinsatz bei der Bewirtschaftung von Parkflächen............................ 24
Videoüberwachung eines Wohnhauses durch Private ................................. 26
Wildkameras ................................................................................................................. 28
2
Videoüberwachung im öffentlichen Bereich ..................... 30
2.1
2.2
2.3
2.4
2.5
2.6
2.7
2.8
2.9
2.10
Einführung in die Thematik ..................................................................................... 30
Videoüberwachung während einer Prüfung in der Universität des
Saarlandes...................................................................................................................... 31
Videoüberwachung an Schulen ............................................................................. 32
Videoüberwachung in Schwimmbädern ............................................................ 33
Videoüberwachung von Außenfassaden ........................................................... 33
Einsatz von Webcams................................................................................................ 34
Verdeckte Videoüberwachung .............................................................................. 35
Videoüberwachung auf Wertstoffhöfen............................................................. 36
Videoüberwachung im Museum ........................................................................... 36
Videoüberwachung von Kriegsgräberstätten .................................................. 37
3
Videoüberwachung am Arbeitsplatz .................................... 39
3.1
3.2
3.3
3.4
Einführung in die Thematik ..................................................................................... 39
Videoüberwachung im Beschäftigungsverhältnis .......................................... 39
Videoüberwachung in der industriellen Produktion ..................................... 40
Arbeitnehmerüberwachung in einem Gastronomiebetrieb........................ 41
4
Beschlüsse des Düsseldorfer Kreises .................................... 42
4.1
4.2
Videoüberwachung in und an Taxis..................................................................... 42
Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen
(sog. Dashcams)........................................................................................................... 43
5
Orientierungshilfen ...................................................................... 45
5.1
Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises „Videoüberwachung
durch nicht-öffentliche Stellen“............................................................................. 45
Merkblatt zum datenschutzkonformen Einsatz von
Tierbeobachtungskameras in saarländischen Wäldern ................................ 57
Orientierungshilfe – Videoüberwachung durch Landesbehörden
und Kommunen gem. SDSG ................................................................................... 61
1.3
1.4
1.5
1.6
5.2
5.3
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
5
6
Anhang.............................................................................................. 63
6.1
6.2
Auszug aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) ..................................... 63
Auszug aus dem Saarländischen Datenschutzgesetz (SDSG) .................... 80
7
Stichwortverzeichnis .................................................................... 84
6
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
1
Videoüberwachung im nicht-öffentlichen Bereich
1.1
Einführung in die Thematik
Ob Videoüberwachung unter Nachbarn, der Umgang mit Bilddaten von Kunden durch Gewerbetreibende, die Überwachung von Mitarbeitern oder der
Einsatz von Drohnen und Dashcams, der thematische Bogen der Videoüberwachung ist weit gespannt und sowohl in technischer als auch rechtlicher
Hinsicht durch eine große Dynamik geprägt.
Im Berichtszeitraum des 25. Tätigkeitsberichts für die Jahre 2013/2014 sind
verschiedene gerichtliche Entscheidungen mit teils richtungsweisendem
Charakter ergangen. So wurde durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Dezember 2014 - C-212/13 - die Anwendbarkeit der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG auf die zweckgerichtete Videoüberwachung öffentlichen Raums durch Privatpersonen festgestellt, was mit der bisherigen Auslegungspraxis der deutschen Aufsichtsbehörden korrespondiert. Darüber
hinaus ist unter anderem das Dashcam-Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. August 2014 - AN 4 K 13.01634 – (s. hierzu Ziffer 1.4.2) zu nennen.
Der Düsseldorfer Kreis1 hat aufgrund der vermehrten Eingaben zur Thematik
am 26. Februar 2014 eine Orientierungshilfe zur Videoüberwachung durch
nicht-öffentliche Stellen veröffentlicht. Diese Orientierungshilfe ist im Anhang zu finden und gibt eine umfassende Hilfestellung zur Zulässigkeitsprüfung von Videoüberwachungsmaßnahmen.
Neben der aufsichtsbehördlichen Sanktionierung unzulässiger Videoüberwachungsmaßnahmen wird von dem Unabhängigen Datenschutzzentrum Saarland vor allem ein Schwerpunkt auf Aufklärung und präventive Beratung gelegt. Durch Informationsveranstaltungen und der Erstellung von themenspezifischen Publikationen soll erreicht werden, dass von vornherein der Einsatz
von unzulässigen Überwachungsmaßnahmen vermieden wird.
1.2
Datenschutzrechtliche Bedingungen für den Einsatz mobiler
Videokameras
Für die Frage der Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) im
Zusammenhang mit Videoüberwachungsmaßnahmen ist es grundsätzlich
1
Der Düsseldorfer Kreis ist ein Beratungsgremium der Landesaufsichtsbehörden im nichtöffentlichen Bereich des Datenschutzes. Ziel des Düsseldorfer Kreises ist die bundesweit
einheitliche Auslegung des geltenden Rechts in wesentlichen Fragen des Datenschutzes
sowie die Verständigung zwischen den Aufsichtsbehörden über ein aufsichtsbehördliches
Vorgehen, um zu einem verlässlichen, bundesweit möglichst einheitlich angewandten Datenschutzniveau im nicht-öffentlichen Bereich zu gelangen.
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7
unerheblich, ob stationäre Kameras oder mobile Geräte (Smartphone, portable Kameras, Drohnen2 etc.) eingesetzt werden. Wie nachfolgend am Beispiel von Drohnen sowie Dash- und sog. Action-Cams3 aufgezeigt wird, kann
jedoch mit dem Einsatz von mobilen Kameras bzw. mit Kameras bestückten
mobilen Geräten hinsichtlich der Tiefe des damit verbundenen Eingriffs in das
allgemeine Persönlichkeitsrecht und der Anzahl der davon potentiell Betroffenen ein weitaus größeres Bedrohungsszenario verbunden sein, als dies
bei stationären Kameras der Fall ist.
1.2.1
Fliegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht: Gesetzliche Rahmenbedingungen für den Einsatz von mit Kameras ausgerüsteten Drohnen
In zunehmendem Maße werden Eingaben Betroffener und Anfragen von
Ortspolizeibehörden an die Aufsichtsbehörde herangetragen, die den Einsatz
von mit Videokameras ausgestatteten Drohnen zum Gegenstand haben.
Aufgrund einer nahezu selbstverständlichen Verfügbarkeit im Einzelhandel
und zusehends fallender Preise für immer leistungsfähigere Geräte erfolgt
ein Einsatz von Drohnen längst nicht mehr bloß in einem polizeilichen oder
militärischen Verwendungszusammenhang. Neben gewerblichen Akteuren,
die Drohnen für verschiedene Zwecke4 einsetzen, sind es immer häufiger Privatpersonen, die solche Geräte im Rahmen ihrer Freizeitgestaltung nutzen,
ohne sich oftmals über die rechtlichen Implikationen deren Einsatzes im Klaren zu sein.
Im Vergleich zum Einsatz stationärer Videoüberwachungsmaßnahmen kann
der Einsatz von Drohnen mit einem ungleich größeren Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen verbunden sein, da der
potentiell überwachbare Bereich nur von den technischen Gegebenheiten
des eingesetzten Geräts begrenzt wird. Mauern, Zäune oder sonstige Abtrennungen, die Dritten das Betreten des so geschützten Bereichs oder den Einblick in diesen gerade erschweren oder unmöglich machen sollen, stellen im
Rahmen des Drohneneinsatzes kein Hindernis dar. Darüber hinaus ist es für
Betroffene auch regelmäßig nicht ohne Weiteres möglich, den für den Drohneneinsatz Verantwortlichen zu erkennen.
An dieser Stelle sollen die Anforderungen an einen gesetzeskonformen
Drohneneinsatz und die rechtlichen Handlungs- und Abwehrmöglichkeiten
für Betroffene näher dargestellt werden.
2
3
4
8
Begrifflich ist dem Grunde nach, abhängig von dem Zweck der Nutzung, zwischen unbemannten Luftfahrtsystemen (UAS) und Flugmodellen zu unterscheiden. Bei gewerblicher
Nutzung handelt es sich um UAS, bei der Nutzung für Zwecke des Sports und der Freizeitgestaltung kommen sog. Flugmodelle zum Einsatz. Der Begriff Drohne ist eigentlich einem
militärischen Kontext vorbehalten, jedoch mittlerweile umgangssprachlich so weit verbreitet, dass im weiteren Text der Einfachheit halber nur noch von Drohne die Rede sein wird.
Dashcams oder On-Board-Cams sind Kameras, die auf dem Armaturenbrett oder an der
Windschutzscheibe von Autos angebracht sind und mit deren Hilfe das Verkehrsgeschehen im unmittelbaren Umfeld des Fahrzeugs aufgezeichnet wird. Sog. Action-Cams werden vereinzelt von Rad- oder Motorradfahrern eingesetzt und sind zumeist an Helmen
angebracht.
Beispielsweise ist der Einsatz von Drohnen zur Objektüberwachung, im Rahmen von bautechnischen Arbeiten, im Veranstaltungsmanagement oder in der Tourismuswerbung mittlerweile üblich. Perspektivisch sei in diesem Zusammenhang auch auf den beabsichtigten
Einsatz von Drohnen zur Auslieferung von Paketen durch Online-Händler und Postdienstleister hingewiesen.
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Luftverkehrsrechtliche Regelungen
Während für Drohnen, die privat im Rahmen der Freizeitgestaltung eingesetzt werden (Flugmodelle i.S.d. § 1 Abs. 2 Nr. 9 Luftverkehrsgesetz (LuftVG)),
nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO) nur dann eine Aufstiegsgenehmigung von der zuständigen Landesluftfahrtbehörde einzuholen
ist, wenn diese

eine Gesamtmasse mit mehr als 5 Kilogramm aufweisen,

mit Raketenantrieb, sofern der Treibsatz mehr als 20 Gramm beträgt,
ausgestattet sind,

mit Verbrennungsmotor in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometern von Wohngebieten eingesetzt werden oder

in einer Entfernung von weniger als 1,5 Kilometern von der Begrenzung von Flugplätzen betrieben werden,
sind Drohnen in einem gewerblichen Zusammenhang als unbemannte Luftfahrzeuge im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 3 LuftVG nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 LuftVO
grundsätzlich genehmigungspflichtig.
Die handelsübliche Drohne kann somit von Privatpersonen in einem freizeitlichen Rahmen ohne Beteiligung der Luftfahrtbehörde und ohne weitere Anforderungen an Eignung oder Zuverlässigkeit der Person des Nutzers eingesetzt werden.
Bei Inanspruchnahme von kontrolliertem Luftraum5 ist seit 1. Juni 2015 zudem § 16a LuftVO zu beachten. Danach gilt sowohl für privat als auch gewerblich eingesetzte Drohnen, dass eine Flugverkehrskontrollfreigabe einzuholen ist, wenn eine Flughöhe von 30 Metern (Flugmodell) bzw. 50 Meter
(UAS) überschritten wird.6 Zudem ist die Drohne während der gesamten Flugdauer vom Steuerer zu beobachten.
Im Rahmen des gewerblichen Drohneneinsatzes erteilt die zuständige Luftfahrtbehörde7, sofern kein Ausschlussgrund nach § 15a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1
oder 2 LuftVO (der Betrieb der Drohne erfolgt außerhalb der Sichtweite des
Steuerers oder die Gesamtmasse des Geräts beträgt mehr als 25 Kilogramm)
gegeben ist, nach erfolgter Antragstellung des Nutzers und Feststellung der
Unbedenklichkeit des Einsatzes nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 und Abs. 4 LuftVO die
Aufstiegsgenehmigung.
§ 16 Absatz 4 LuftVO
Die Erlaubnis wird erteilt, wenn die beabsichtigten Nutzungen nicht zu einer
Gefahr für die Sicherheit des Luftverkehrs oder die öffentliche Sicherheit oder
Ordnung führen können, insbesondere im Fall von Absatz 1 Nummer 7
die Vorschriften über den Datenschutz nicht verletzen. […]
5
6
7
Siehe dazu § 10 Abs. 2 LuftVO in Verbindung mit Anlage 4 zur LuftVO.
Siehe dazu im Weiteren Nachrichten für Luftfahrer (NfL) vom 22. April 2015, 1-437-15.
Im Saarland ist die zuständige Luftfahrtbehörde beim Ministerium für Wirtschaft, Arbeit,
Energie und Verkehr, Referat D/6, Franz-Josef-Röder-Straße 17, 66119 Saarbrücken angesiedelt.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
9
Nach § 16 Abs. 4 Satz 1 LuftVO sind mithin von der Luftfahrtbehörde vor der
Erteilung der Aufstiegsgenehmigung auch ausdrücklich datenschutzrechtliche Belange zu prüfen.
Punkt 2.3 der „Gemeinsamen Grundsätze des Bundes und der Länder für die
Erteilung der Erlaubnis zum Aufstieg von unbemannten Luftfahrtsystemen
gemäß § 16 Abs. 1 Nummer 7 Luftverkehrs-Ordnung (LuftVO)“ führt dazu aus,
dass die im Rahmen der Antragsprüfung erfolgende Feststellung der Verletzung von Datenschutzvorschriften durch die beabsichtigte Nutzung immer
die Erlaubnisversagung zum Ergebnis hat.
Die Konzeption des von der saarländischen Luftverkehrsbehörde genutzten
Antragsformulars auf Erteilung einer allgemeinen Aufstiegserlaubnis für unbemannte Luftfahrtsysteme legt nahe, dass sich die datenschutzrechtliche
Prüfung lediglich in der Selbstverpflichtung des Antragsstellers erschöpft, datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht zu verletzen (dort Punkt 6. im Antragsformular). Inwiefern der Nutzer bei Antragstellung jedoch überhaupt die
materiell- und formalrechtlichen Voraussetzungen für einen datenschutzkonformen Drohneneinsatz kennen kann, muss dahingestellt bleiben.
Ziel der Aufsichtsbehörde ist es daher in Zusammenarbeit mit der Luftfahrtbehörde eine gemeinsame Infobroschüre zu erstellen.
Datenschutzrechtliche Regelungen
Erfolgt der Einsatz der Drohne in einem gewerblichen Kontext, gelten die
Regelungen des BDSG uneingeschränkt.
Maßgebliche Vorschrift für die datenschutzrechtliche Zulässigkeitsprüfung
des Einsatzes einer mit Videokamera ausgestatteten Drohne, sofern nicht lediglich Einzelbildaufnahmen angefertigt werden, ist § 6b BDSG, welche die
Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen Räumen durch nicht-öffentliche Stellen regelt.
Für die Anwendbarkeit des § 6b BDSG kommt es darauf an, dass ein Personenbezug der von der Drohnenkamera erhobenen Bilddaten hergestellt werden kann. Da sich nach § 3 Abs. 1 BDSG der Personenbezug auf persönliche
oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person erstreckt, können ggf. auch Aufnahmen von Grundstücken und Gebäuden als personenbezogene Informationen angesehen werden, soweit eine
Zuordnung zu natürlichen Personen möglich ist. Bei Aufnahmen von Personen ist ein Personenbezug dann zu verneinen, wenn bei Einsatz von Kameras
zwar Personen erkennbar sind, deren Identifizierung jedoch ausgeschlossen
ist, da klare Zuordnungsmerkmale (Aussehen, Erscheinungsbild etc.) nicht oder nur sehr begrenzt wahrnehmbar sind.8
Die Anwendbarkeit von § 6b BDSG ist darüber hinaus nur dann gegeben,
wenn beim Einsatz einer mit Kamera ausgerüsteten Drohne öffentlich zugängliche Bereiche wie Straßen und Gehwege (mit-)überwacht werden.
Eine Beobachtung könnte dann zulässig sein, soweit sie zur Wahrnehmung
des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret
festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass
schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen (§ 6b Abs. 1 Nr. 2 und
3 BDSG).
8
10
Dies kann z.B. beim Einsatz von Infrarotkameras oder Kameras, die so angebracht sind,
dass aufgrund der großen Distanz zwischen Objekt und Objektiv eine Unterscheidung von
einzelnen Personen ausgeschlossen ist, der Fall sein.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Ein Drohneneinsatz zur Wahrnehmung des Hausrechts wäre allenfalls im Zusammenhang mit Maßnahmen des Objektschutzes denkbar, jedoch endet
dann die Überwachungsbefugnis grundsätzlich an der Grenze des vom Hausrecht umfassten Bereichs.
Zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
sind zwar verschiedene Einsatzszenarios vorstellbar, jedoch sind durch den
Betreiber eben auch die schutzwürdigen Interessen Betroffener zu berücksichtigen.
Das Erstellen und Speichern von Bildaufnahmen stellt grundsätzlich einen
Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen dar.
Bei der gezielten Beobachtung einzelner Personen oder der Überwachung
von Bereichen, die über Betroffene zusätzlich sensible Informationen preisgeben, wie beispielsweise bei der Überwachung von religiösen, gewerkschaftlichen oder medizinischen Einrichtungen, überwiegen grundsätzlich die
schutzwürdigen Interessen Betroffener.
Bei einem Überflug über ein Festivalgelände oder bei der Aufnahme einer
touristischen Attraktion dürfte ein Überwiegen schutzwürdiger Interessen
Betroffener regelmäßig nicht der Fall sein, jedoch gilt es dann für den Drohnenbetreiber verschiedene weitere Erfordernisse zu beachten. So ist u.a. nach
§ 6b Abs. 2 BDSG auf den Umstand der Beobachtung und die dafür verantwortliche Stelle hinzuweisen. Dies ist beim Drohneneinsatz innerhalb eines
von vorherein begrenzten Bereichs ggf. noch umsetzbar; wie dieser gesetzlichen Hinweispflicht aber bei einem Einsatz in nicht begrenzten Bereichen beispielsweise im Rahmen der Drohnennutzung zur Paketzustellung - nachgekommen werden kann, bleibt unklar.
Da eine Überwachung, die eine Speicherung von Aufnahmen umfasst, nach
der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Dezember 2014
zudem eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten darstellt,9 ist ein Verfahrensverzeichnis nach § 4e in Verbindung mit § 4g Abs. 2
oder 2a BDSG zu erstellen und, sofern von der verantwortlichen Stelle kein
Beauftragter für den Datenschutz bestellt ist, das Verfahren nach § 4d Abs. 1
BDSG der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde vor Inbetriebnahme zu
melden.
Erfolgt der Einsatz der Drohne dagegen in einem privaten Kontext, findet
das BDSG nur unter bestimmten Voraussetzungen Anwendung.
§ 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG
Dieses Gesetz gilt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten durch […] nicht-öffentliche Stellen, soweit sie die Daten unter
Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeiten, nutzen oder dafür erheben oder die Daten in oder aus nicht automatisierten Dateien verarbeiten,
nutzen oder dafür erheben, es sei denn, die Erhebung, Verarbeitung oder
Nutzung der Daten erfolgt ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten.
Ein Drohneneinsatz im Rahmen der Ausübung eines Hobbys oder zur Freizeitgestaltung stellt somit nach dem Willen des Gesetzgebers einen Bereich
persönlicher Lebensführung dar, der außerhalb des datenschutzrechtlichen
Regelungsregimes anzusiedeln ist. Jedoch ist diese Ausnahmeregelung restriktiv auszulegen.
9
Urteil des EuGH vom 11. Dezember 2014 - C-212/13 - Rdnr. 25.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
11
Sobald z.B. eine Veröffentlichung von Aufzeichnungen im Internet stattfindet
oder ein zielgerichteter Drohneneinsatz zur Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume erfolgt, ist diese Privilegierung im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 3
BDSG ausgeschlossen und das BDSG vollumfänglich anwendbar.
Handlungs- und Abwehrmöglichkeiten Betroffener
Den mit dem Drohneneinsatz verbundenen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht10 Betroffener kann neben der Anrufung der Datenschutzaufsichtsbehörde auch zivilrechtlich begegnet werden. Vorrangig dann, wenn
die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in einem Eindringen in
geschützte Bereiche, wie beispielsweise das befriedete und blickgeschützte
Grundstück, besteht oder eine zielgerichtete Beobachtung erkennbar stattfindet, ist die Geltendmachung eines Abwehranspruchs aus § 823 i.V.m. §
1004 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog möglich. In diesem Zusammenhang kann auch das Recht am eigenen Bild, als besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, im Sinne des Kunsturhebergesetzes (KUG) tangiert sein (§§ 22, 23 KUG), sofern eine Verbreitung oder Veröffentlichung der Aufzeichnungen erfolgt.
Damit Betroffene überhaupt in die Lage versetzt werden, ihre Rechte wahrnehmen zu können, muss die Person des Drohnenführers ausfindig gemacht
werden. Gestützt auf § 1 Abs. 3 Saarländisches Polizeigesetz kann eine zeitnahe Kontaktaufnahme mit dem örtlichen Ordnungsamt oder der örtlichen
Polizeidienststelle mit dem Ziel der Identitätsfeststellung des Drohnenführers
durch Mitarbeiter eben dieser Stellen zielführend sein.
Das Einschalten der Strafverfolgungsbehörden ist vor allem dann angezeigt,
wenn durch den Drohneneinsatz die Verwirklichung von Straftatbeständen
droht, wie beispielsweise bei der Anfertigung von Bildaufnahmen höchstpersönlicher Lebensbereiche (§ 201a Strafgesetzbuch (StGB)), mithin Bereiche
der Intimsphäre11, oder der Aufzeichnung des nichtöffentlich gesprochenen
Worts (§ 201 StGB).
Fazit

Private Drohnennutzer sollten Drohnen nur auf Freiflächen einsetzen und
geschützte oder befriedete Bereiche der persönlichen Lebensgestaltung
nicht oder allenfalls nach Rücksprache mit den potentiell Betroffenen
überfliegen.

Gewerbliche Drohnenführer treffen neben der luftverkehrsrechtlichen
Pflicht zur Beantragung einer Aufstiegsgenehmigung bei der Luftfahrbehörde weitreichende formale Verpflichtungen nach dem BDSG. Eine Kontaktaufnahme mit der Datenschutzaufsichtsbehörde ist somit vor einem
Drohneneinsatz ratsam.

Wenn mit einer Drohne zielgerichtet in geschützte Bereiche eingedrungen wird oder gar die Verwirklichung eines Straftatbestandes droht, sollten Betroffene zur Identifikation des Drohnenführers die Ortspolizeibehörde oder die örtliche Polizeidienststelle einschalten.

Erfolgt der Drohneneinsatz erkennbar in einem gewerblichen Kontext,
kann, sofern dem Betroffenen die datenschutzrechtlich verantwortliche
10
11
12
Abgeleitet aus Artikel 2 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz.
Siehe dazu im Einzelnen auch die Bundestagsdrucksache 15/2466, S. 5.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Stelle bekannt ist, die Luftverkehrsbehörde sowie die Datenschutzaufsichtsbehörde involviert und gegenüber der verantwortlichen Stelle ein
Auskunftsanspruch nach § 34 Abs. 1 BDSG geltend gemacht werden.

1.2.2
Die Möglichkeit der Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche bleibt
Betroffenen jederzeit unbenommen.
Videoüberwachung durch Teilnehmer am Straßenverkehr
Bisher wurde an das Datenschutzschutzzentrum eine vergleichsweise überschaubare Anzahl an Anfragen und Eingaben im Zusammenhang mit dem
Einsatz von Dash- und Action-Cams herangetragen.
Aufgrund der freien Verfügbarkeit solcher Kameras im Handel wird jedoch
künftig mit einem Anstieg der Anzahl der Eingaben zu rechnen sein.
Datenschutzrechtliche Bewertung
Bereits mit Beschluss vom 26./27. Februar 201312 verlautbarte der Düsseldorfer Kreis die datenschutzrechtliche Unzulässigkeit des Einsatzes von Außenkameras an Taxis.
Aufgrund der gestiegenen Brisanz des Themas Videoüberwachung aus Fahrzeugen sah sich der Düsseldorfer Kreis auf Initiative seiner Ad-hoc-Arbeitsgruppe Videoüberwachung veranlasst, dazu eigens den Beschluss vom
25./26. Februar 2014 zu veröffentlichen.
Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen (sog. Dashcams)
Mittlerweile nimmt der Einsatz sog. Dashcams auch in Deutschland immer
mehr zu, um, so die standardmäßige Begründung, im Falle eines Unfalls den
Hergang nachvollziehen und das Video gegebenenfalls als Nachweis bei der
Regulierung von Schadensfällen und der Klärung von Haftungsfragen heranziehen zu können.
Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder für den Datenschutz im
nichtöffentlichen Bereich machen darauf aufmerksam, dass der Einsatz solcher Kameras - jedenfalls sofern dieser nicht ausschließlich für persönliche
oder familiäre Tätigkeiten erfolgt - datenschutzrechtlich unzulässig ist.
Soweit mit den Dashcams in öffentlich zugänglichen Bereichen gefilmt wird
und als Hauptzweck der Aufnahmen die Weitergabe von Filmaufnahmen zur
Dokumentation eines Unfallhergangs angegeben wird, ist der Einsatz – auch
wenn die Kameras von Privatpersonen eingesetzt werden – an den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu messen. Gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 und
Abs. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist eine Beobachtung und
Aufzeichnung mittels Videokameras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist
und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
12
Siehe hierzu auch den 24. Tätigkeitsbericht des Unabhängigen Datenschutzzentrums Saarland, S. 100.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
13
Diese Voraussetzungen sind in aller Regel nicht erfüllt, da die schutzwürdigen
Interessen der Verkehrsteilnehmer überwiegen. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht umfasst das Recht des Einzelnen, sich in der Öffentlichkeit
frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum
Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden. Dashcams zeichnen
den Verkehr sowie Personen, die sich in der Nähe einer Straße aufhalten,
ohne Anlass und permanent auf, so dass eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betroffen ist, die sämtlich unter einen Generalverdacht gestellt werden,
ohne dass sie von der Überwachung Kenntnis erlangen oder sich dieser entziehen können. Das Interesse des Autofahrers, für den eher theoretischen Fall
eines Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als Beweismittel zur Hand zu haben,
kann diesen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen.
Da selbst die Polizei Videokameras zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten nur auf der Grundlage spezifischer Regelungen und ausschließlich dann einsetzen darf, wenn gegen die betroffene Person ein entsprechender Anfangsverdacht besteht, können erst recht sonstige Stellen
nicht für sich beanspruchen, den öffentlichen Verkehrsraum anlass- und
schrankenlos mittels Kameras zu überwachen.
Das Fazit dieses Beschlusses, dass das schutzwürdige Interesse der übrigen
Verkehrsteilnehmer überwiegt, erfuhr auch unlängst Bestätigung in der Entscheidung des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 12. August 2014 - AN 4 K
13.01634. Der Entscheidung lag die Klage eines Rechtsanwalts, welcher eine
Dashcam für Beweissicherungszwecke einsetzte, gegen einen Bescheid des
bayerischen Landesamts für Datenschutzaufsicht (LDA) zugrunde. Das LDA
verfügte in diesem Bescheid nach § 38 Abs. 5 BDSG gegenüber dem Rechtsanwalt die Einstellung der Videoüberwachung wegen entgegenstehender
schutzwürdiger Interessen der übrigen Verkehrsteilnehmer und Passanten.
Das Verwaltungsgericht gab der Klage zwar wegen eines Formfehlers statt,
schloss sich jedoch in der Sache der datenschutzrechtlichen Bewertung der
bayerischen Kollegen an.
Beweisverwertung von Aufnahmen in zivilgerichtlichen Verfahren
Die essentielle Frage, ob mithilfe von Dashcams gewonnene Aufnahmen in
einem zivilgerichtlichen Verfahren überhaupt verwertbar sind, wurde wiederum zuerst von einem bayerischen Gericht beantwortet. Jedoch wurden vom
Amtsgericht München dazu zwei gegensätzliche Ansichten vertreten.
Mit Urteil vom 6. Juni 2013 - 343 C 4445/13 - entschied das Gericht, dass die
Aufnahmen in dem Verfahren verwertet werden dürfen, da die Abwägung
der Interessen der beteiligten Parteien zugunsten der Partei ausfiel, die das
Video für ihre Beweiszwecke in das Verfahren einbrachte.
Dieses Urteil des Amtsgerichts München wurden durch die Entscheidung
vom 13. August 2014 - 345 C 5551/14 - relativiert. Wohl in Kenntnis des oben
angeführten Dashcam-Beschlusses des Düsseldorfer Kreises kam dort das
Gericht zum Ergebnis, dass eine Verwertung der Aufnahmen ausgeschlossen
sei, da ihre Erstellung zwangsläufig mit einem unzulässigen Eingriff in das
informationelle Selbstbestimmungsrecht der übrigen Verkehrsteilnehmer
verbunden ist. Das Interesse des Überwachenden im Bedarfsfall die Aufnahmen zur Beweisführung einzusetzen wiege nicht schwerer als der permanente und anlasslose Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Verkehrsteilnehmer.
14
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Auch das Landgericht Heilbronn hat in seinem Urteil vom 17. Februar 2015 I 3 S 19/14 - aus den gleichen Gründen eine Beweisverwertung von DashcamAufnahmen ausgeschlossen.
Fazit
1.3

Der Einsatz von Dash- und Actioncams im Rahmen der Ausübung eines Hobbys oder zur Freizeitgestaltung außerhalb des öffentlichen
Verkehrsraums stößt im Hinblick auf § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG regelmäßig
nicht auf datenschutzrechtliche Bedenken. Sofern Dritte aufgenommen werden gilt dies jedoch nur, insoweit die Aufzeichnungen nicht
im Internet oder auf sonstigem Wege veröffentlicht werden.

Der Einsatz von Dash- und Actioncams im öffentlichen Verkehrsraum
ist regelmäßig wegen überwiegender schutzwürdiger Interessen Betroffener unzulässig. Anderes gilt allenfalls dann, wenn schlüssig und
objektiv nachvollziehbar dargelegt werden kann, dass der Cam-Einsatz im Rahmen einer persönlichen oder familiären Tätigkeit im Sinne
des § 1 Abs. 2 Nr. 3 BDSG erfolgt.

Die saarländische Datenschutzaufsichtsbehörde wird - dem oben genannten Beschluss der Düsseldorfer Kreise entsprechend - erforderlichenfalls die Einstellung einer unzulässigen Videoüberwachung durch
Verkehrsteilnehmer mit Bescheid nach § 38 Abs. 5 BDSG anordnen
und sich die Einleitung eines Bußgeldverfahrens nach § 43 Abs. 2 Nr.
1 BDSG vorbehalten.

Für datenschutzrechtlich unzulässig erhobene Bildsequenzen scheidet eine prozessuale Beweisverwertung regelmäßig aus.
Voraussetzungen für die Herausgabe von Aufzeichnungen
durch den Betreiber einer Videoüberwachungsmaßnahme
Ein Petent brachte der Aufsichtsbehörde zur Kenntnis, dass von einem Handelsunternehmen Aufzeichnungen der Videoüberwachungsanlage, auf denen er abgebildet sei, seiner früheren Ehefrau zur Verfügung gestellt wurden.
Vor dem Hintergrund eines bereits gerichtlich auf Grundlage des Gewaltschutzgesetzes (GewSchG) verfügten Annäherungsverbots habe diese den
Kaufhausdetektiv um Zurverfügungstellung dieser Aufnahmen gebeten, um
weitere Maßnahmen gegen ihren früheren Ehemann ergreifen zu können.
Das Handelsunternehmen bestätigte in seiner Stellungnahme die Herausgabe der Videoaufzeichnungen an die frühere Ehefrau des Petenten und
führte weiter aus, dass diese Übermittlung von Aufzeichnungen durch den
Kaufhausdetektiv nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 a) Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
zulässig sei.
§ 28 Abs. 2 BDSG
Die Übermittlung oder Nutzung für einen anderen Zweck ist zulässig
1. unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 oder
Nummer 3,
2. soweit es erforderlich ist
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15
a) zur Wahrung berechtigter Interessen eines Dritten oder
b) zur Abwehr von Gefahren für die staatliche oder öffentliche Sicherheit oder zur Verfolgung von Straftaten
und kein Grund zu der Annahme besteht, dass der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung oder Nutzung hat.
Zudem habe sich der Kaufhausdetektiv bei der örtlichen Polizeidienststelle
erkundigt, ob die Herausgabe der Aufnahmen erfolgen könne, was von einem Mitarbeiter der Polizei bestätigt worden sei.
Diese datenschutzrechtliche Bewertung des Sachverhalts hielt einer näheren
rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Da der Bereich des Verkaufsraums, in dem die Videoaufnahmen des Petenten
erstellt worden sind, während der Öffnungszeiten des Einkaufsmarktes von
Kunden jederzeit betreten werden konnte, war das Erheben und Verarbeiten
von personenbezogenen Daten im Rahmen der Videoüberwachungsmaßnahme nach § 6b BDSG zu beurteilen.
§ 6b BDSG, als spezielle Norm für Videoüberwachungsmaßnahmen im öffentlich zugänglichen Raum verdrängt § 28 BDSG, so dass die Übermittlung
- als Unterfall der Verarbeitung - von Aufnahmen nicht nach § 28 Abs. 2 Nr.
2 a) BDSG sondern allenfalls nach § 6b Abs. 3 Satz 2 BDSG zulässig sein
könnte. Ein hilfsweiser Rückgriff auf § 28 BDSG zur Legitimation einer Übermittlung ist somit ausgeschlossen.
§ 6b Abs. 3 BDSG
Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und
keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für einen anderen Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder
genutzt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und
öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
Durch § 6b Abs. 3 Satz 2 BDSG wird jedoch ausschließlich die Herausgabe
von Videodaten an die Strafverfolgungsbehörden legitimiert; eine Übermittlung von Daten unmittelbar an Privatpersonen zur Verfolgung eigener Interessen ist davon nicht erfasst.
Die Herausgabe der Aufnahmen des Petenten an dessen frühere Ehefrau
durch den Kaufhausdetektiv erfolgte somit datenschutzrechtlich unzulässig.
Dem Handelsunternehmen wurde aufgegeben, Richtlinien hinsichtlich eines
datenschutzkonformen Umgangs mit Videodaten zu erstellen und die Mitarbeiter dahingehend zu informieren.
§ 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt oder verarbeitet.
Da vor dem Hintergrund des gerichtlich verfügten Annäherungsverbots das
Verhalten des Petenten einen Straftatbestand nach § 4 GewSchG erfüllen
könnte, hätte die frühere Ehefrau des Petenten mittelbar über die Strafverfolgungsbehörden die Herausgabe der Videodaten nach § 6b Abs. 3 Nr. 2
BDSG datenschutzrechtlich zulässig erwirken können.
16
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Fazit
Eine unmittelbare Herausgabe von mithilfe einer Videoüberwachungsmaßnahme gewonnenen Aufzeichnungen an private Dritte (Kunden, Passanten
etc.) zur Verfolgung ihnen gegenüber verübter Straftaten oder um diesen die
Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche zu ermöglichen, ist datenschutzrechtlich nicht zulässig und stellt als unzulässige Übermittlung an Dritte einen
Bußgeldtatbestand nach § 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG dar.
1.4
Videoüberwachung durch den Inhaber eines Gastronomiebetriebs
Videoüberwachungsmaßnahmen in Gastronomiebetrieben sind im Prüfungsalltag der Aufsichtsbehörde ein altbekanntes Phänomen. Erfreulicherweise
wird in der Mehrzahl der Fälle eine Stellungnahme der Aufsichtsbehörde zur
(Un-)Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen von den Betreibern angenommen und umgesetzt, ohne dass es weiterer Maßnahmen bedarf. Der
Gastronom in diesem Fall zeigte sich jedoch von seiner beratungsresistenten
Seite.
Die Videoüberwachung des gesamten Gehweges und Straßenzuges vor dem
Gastronomiebetrieb und das Fehlen von Hinweisschildern wurden unserer
Dienststelle durch einen Petenten, der sich als Passant einer ungerechtfertigten Videoüberwachung ausgesetzt sah, zur Kenntnis gebracht. Der Inhaber
des Gastronomiebetriebes bestätigte die Überwachung des öffentlichen Verkehrsraums und führte in seiner Stellungnahme an, dass diese Überwachungsmaßnahme zum Schutz der Türsteher notwendig sei. Zudem würden
die vor dem Gastronomiebetrieb geparkten Fahrzeuge der Gäste regelmäßig
beschädigt. Des Weiteren wurde angeführt, dass Beeinträchtigungen der Fassade durch Graffiti, wie sie auch häufig in der Nachbarschaft zu finden seien,
drohten. Bestätigungen über gestellte Strafanzeigen, Schadensmeldungen
an Versicherungen o. ä., die ein berechtigtes Interesse für konkret festgelegte
Zwecke im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) objektiv nachvollziehbar zu Tage treten lassen, wurden vom Gastronomen nicht
vorgelegt.
Dem Betriebsinhaber, der auch Eigentümer des Gebäudes ist, wurde von unserer Dienststelle mitgeteilt, dass die Überwachung des nahezu gesamten öffentlichen Verkehrsraums im Umfeld des Gastronomiebetriebs datenschutzrechtlich unzulässig ist. Auch ist der Schutz von Rechtsgütern Dritter, somit
die Überwachung zum Schutz der an der Straße geparkten Kundenfahrzeuge,
kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG. Die Überwachung eines Toleranzbereichs von einem Meter ab der Hausfassade wäre
jedoch als zulässig zu erachten, da Beschädigungen an der Hausfassade und
das Anbringen von Graffiti im Umfeld des Betriebes regelmäßig anzutreffen
sind; insoweit war eine abstrakte Gefährdungslage zu Lasten des Eigentums
des Überwachenden anzuerkennen.
Der Betriebsinhaber zeigte sich mit dem datenschutzrechtlichen Votum der
Aufsichtsbehörde nicht einverstanden und beharrte darauf, dass die bisher
im Einsatz befindliche Videoüberwachung unabdingbar sei. Dementsprechend erhielt der Gastronom nach erfolgter Anhörung eine Anordnung auf
Grundlage des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG, mit welcher dem Inhaber die Beschränkung der Videoüberwachung auf einen Toleranzbereich von einem
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17
Meter ab der Gebäudefassade sowie die Anbringung von aussagekräftigen
Hinweisschildern unter Androhung eines Zwangsgeldes13 auferlegt wurde.
§ 38 Abs. 5 Satz 1 und 2 BDSG
Zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Gesetzes und anderer Vorschriften
über den Datenschutz kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
personenbezogener Daten oder technischer oder organisatorischer Mängel
anordnen. Bei schwerwiegenden Verstößen oder Mängeln, insbesondere solchen, die mit einer besonderen Gefährdung des Persönlichkeitsrechts verbunden sind, kann sie die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung oder den
Einsatz einzelner Verfahren untersagen, wenn die Verstöße oder Mängel entgegen der Anordnung nach Satz 1 und trotz der Verhängung eines Zwangsgeldes nicht in angemessener Zeit beseitigt werden. […]
Der Gastronom legte gegen den Bescheid der Aufsichtsbehörde keinen
Rechtsbehelf ein, so dass dieser bestandskräftig wurde. Da laut Überprüfung
der um Amtshilfe gebetenen Polizei die Videoüberwachung durch den Betriebsinhaber nach wie vor in dem unzulässigen Umfang betrieben wurde
und auch keine Hinweisschilder angebracht waren, wurde das angedrohte
Zwangsgeld fällig gestellt und ein Verfahren über eine Ordnungswidrigkeit
auf Grundlage des § 43 Abs. 1 Nr. 11 BDSG eingeleitet.
§ 43 Abs. 1 Nr. 11 BDSG
Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig […] einer vollziehbaren Anordnung nach § 38 Abs. 5 Satz 1 zuwiderhandelt.
Da nach dem Ergebnis einer weiteren Überprüfung durch den Betreiber immer noch keine datenschutzkonformen Zustände hergestellt wurden, wurde
erneut ein Zwangsgeld fällig gestellt und von der in § 38 Abs. 1 Satz 6 BDSG
normierten Möglichkeit der Unterrichtung der Gewerbeaufsicht Gebrauch
gemacht.
§ 38 Abs. 1 Satz 6 BDSG
Stellt die Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen dieses Gesetz oder andere
Vorschriften über den Datenschutz fest, so ist sie befugt, die Betroffenen
hierüber zu unterrichten, den Verstoß bei den für die Verfolgung oder Ahndung zuständigen Stellen anzuzeigen sowie bei schwerwiegenden Verstößen
die Gewerbeaufsichtsbehörde zur Durchführung gewerberechtlicher Maßnahmen zu unterrichten.
Erst nachdem Vollstreckungsbeamte des zuständigen Finanzamts dem Gastronomen die Beitreibung der Zwangsgeldforderungen ankündigten, teilte
dieser mit, dass die Videoüberwachungsmaßnahme nunmehr entsprechend
den Vorgaben des Bescheids der Aufsichtsbehörde ausgestaltet sei. Mitarbeiter des Datenschutzzentrums konnten sich im Rahmen eines Vororttermins davon überzeugen.
13
18
Das saarländische Verwaltungsvollstreckungsrecht räumt die Möglichkeit ein, die Zwangsgeldandrohung bereits mit dem zugrundeliegenden Bescheid zu verbinden und das
Zwangsgeld aufschiebend bedingt festzusetzen (§ 20 Abs. 2 Saarländisches Verwaltungsvollstreckungsgesetz).
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1.5
Datenschutzrechtliche Bewertung von Kameras in einer Apotheke
Mit einem übermäßigen Einsatz von Kameras in einer in räumlicher Hinsicht
vergleichsweise überschaubaren Apotheke und einem in besonderem Maße
um das „Wohl“ seiner Mitarbeiter besorgten Apotheker, hatte sich das Datenschutzzentrum ebenfalls auseinanderzusetzen.
Ein Petent, der ausdrücklich darum bat, im Verwaltungsverfahren nicht namentlich in Erscheinung zu treten, machte unsere Dienststelle auf die Videoüberwachung in einer Apotheke aufmerksam. Der Aufforderung des Datenschutzzentrums zur schriftlichen Stellungnahme entsprechend teilte der Bevollmächtigte des Apothekers mit, dass eine permanente Videoüberwachung
im Verkaufsraum und des Betäubungsmittelschrankes im nicht öffentlich zugänglichen Vorratsraum erforderlich sei, da in den vergangenen Jahren erhebliche Inventurdifferenzen zu Tage getreten seien. Ein vor allem drogenabhängiger Personenkreis habe nach Ansicht des Apothekers verschreibungspflichtige Medikamente entwendet. Da somit ein in besonderem Maße
„kriminalitätsgefährdeter Personenkreis“ für das Abhandenkommen von Medikamenten verantwortlich sei, sei die Videoüberwachung somit nicht zuletzt
zum Schutz der Mitarbeiter notwendig. Seit deren Anbringung sei keine nennenswerte Inventurdifferenz mehr aufgetreten. Der Apothekenleiter ließ
durch seinen Bevollmächtigten noch ergänzend eine von allen Mitarbeitern
unterzeichnete Erklärung übersenden, wonach alle Apothekenbeschäftigten
sich mit der Videoüberwachungsmaßnahme einverstanden zeigten.
In Anbetracht dieser Schilderung war es für die Mitarbeiter des Datenschutzzentrums umso erstaunlicher, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht eingeschaltet wurden oder konkret belegt werden konnte, welche Arten von
Medikamente im Einzelnen, wie z.B. Betäubungsmittel, zu welchem Zeitpunkt
abhandengekommen sind. Im Rahmen eines Vororttermins wurde von dem
Apotheker entgegen seinem früheren Vorbringen nunmehr dargestellt, dass
er seine Mitarbeiter für den Medikamentenschwund verantwortlich mache
und diese mit der Videoüberwachung abschrecken und kontrollieren möchte.
Konkrete Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten einzelner Mitarbeiter seien jedoch nicht gegeben.
Da die angeführten Inventurdifferenzen zu einem Zeitraum festgestellt wurden, zu dem die Videoüberwachungsmaßnahme bereits im Einsatz war, ohne
dass mit ihrer Hilfe die Umstände des Medikamentenschwunds geklärt, geschweige denn eine Täteridentifikation erfolgen konnte, war festzustellen,
dass offensichtlich keine Abschreckungswirkung von den Kameras ausging
und diese Überwachung mithin nicht geeignet war, die mit ihr verfolgten
Zwecke zu erreichen.
Das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit im Sinne des § 6b Abs. 1 BDSG
ist nur dann zu bejahen, wenn das festgelegte Ziel mit der Überwachung tatsächlich erreicht werden kann (Geeignetheit) und es dafür kein anderes,
gleich wirksames aber mit Blick auf die informationelle Selbstbestimmung
des betroffenen Personenkreises weniger einschneidende Mittel gibt (Verhältnismäßigkeit).
In Anbetracht der Inventurdifferenzen wäre insoweit eine Verkürzung der Inventurzyklen in Verbindung mit der Einführung eines elektronischen Warenwirtschaftssystem zielführender und vor allem weniger eingriffsintensiv. Bei
der Bewertung der Geeignetheit der Überwachungsmaßnahme war auch der
Hinweis des Apothekers von Belang, dass ihm die Zeit fehle, die Aufzeich-
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
19
nungen regelmäßig auszuwerten. Insoweit war fraglich, inwiefern das Abhandenkommen von Medikamenten mithilfe der Überwachungsmaßnahme
überhaupt festgestellt werden kann.
Auch für die Videoüberwachung des Betäubungsmittelschranks im nicht öffentlich zugänglichen Vorratsraum, von welcher nur Beschäftigte betroffen
waren und die somit nach § 32 Abs. 1 BDSG zu beurteilen war, war das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit nicht gegeben.
§ 32 Abs. 1 BDSG
Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn
dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen
Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse
des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.
Das Verschließen des offenstehenden Schranks sowie die Verwahrung des
Schlüssels und die Herausgabe von Betäubungsmitteln durch einen einzigen
Mitarbeiter stellt eine geeignetere und im Hinblick auf die geltenden betäubungsmittelrechtlichen Aufbewahrungs- und Dokumentationsvorschriften14
notwendige Maßnahme dar, um den Betäubungsmittelbestand vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Begründete Verdachtsmomente gegen Beschäftigte,
die eine Videoüberwachung nach § 32 Abs. 1 Satz 2 BDSG legitimiert hätten,
konnten von dem Apotheker nicht dargelegt werden.
Darüber hinaus waren nach der datenschutzrechtlichen Bewertung schutzwürdige Interessen der betroffenen Kunden und Mitarbeiter schwerwiegender als das Interesse des Überwachenden an dem weiteren Betrieb der Kameras.
Im Verkaufsraum wurden im Rahmen der Videoüberwachung auch besondere personenbezogene Daten im Sinne des § 3 Abs. 9 BDSG dahingehend
erhoben und verarbeitet, als aufgrund der Ausrichtung der Kameras die
Übergabe der Medikamente an den Apothekenkunden aufgezeichnet wurde.
§ 3 Abs. 9 BDSG
Besondere Arten personenbezogener Daten sind Angaben über die rassische
und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische
Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.
Mittels der klar erkennbaren Umverpackungen der Arzneien konnte regelmäßig auf gesundheitliche Beeinträchtigungen von Betroffenen geschlossen
werden. Zwar wird im Rahmen des Betriebs einer Apotheke zwangsläufig mit
14
20
§ 1 Abs. 3 und §§ 13 ff Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) sowie § 15
Betäubungsmittelgesetz (BtMG) und die dazu ergangenen Richtlinien des Bundesinstituts
für Arzneimittel und Medizinprodukte über Maßnahmen zur Sicherung von Betäubungsmittelvorräten im Krankenhausbereich, in öffentlichen Apotheken, Arztpraxen sowie Altenund Pflegeheimen.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
besonderen personenbezogenen Daten von Kunden, mithin Daten über deren Gesundheit, umgegangen; ein Erheben und Speichern dieser Daten mithilfe von Videokameras stellt jedoch eine neben der eigentlichen Apothekertätigkeit erfolgende automatisierte Verarbeitung von sensiblen Daten dar.
Schutzwürdige Interessen der betroffenen Kunden überwogen grundsätzlich
das Interesse des Apothekers an der Überwachung dieser Bereiche.
Auch standen schutzwürdige Interessen der betroffenen Mitarbeiter der
Überwachung entgegen, soweit deren Arbeitsplätze permanent im Aufnahmebereich der Videokameras gelegen sind. Aufgrund der nahezu lückenlosen Überwachung des vergleichsweise überschaubaren Verkaufsraums konnten sich die Beschäftigten der Überwachung durch ihren Arbeitgeber nicht
ohne Weiteres entziehen.
Die nachgereichte und von allen Mitarbeitern unterzeichnete Einwilligungserklärung stellte ebenfalls keine Legitimationsgrundlage für die Überwachung der Mitarbeiter dar. Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung im
Sinne des § 4a Abs. 1 BDSG ist u.a., dass diese auf der freien Entscheidung
des Betroffenen beruht.
§ 4a Abs. 1 BDSG
Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des
Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles
erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie
besonders hervorzuheben.
Da das Merkmal Freiwilligkeit nur dann zu bejahen ist, wenn die Einwilligung
nicht in einer Zwangslage oder unter Druck erteilt wurde, ist bei Einwilligungserklärungen im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kritisch zu hinterfragen, inwiefern der Betroffene die Verarbeitung seiner Daten
sanktionslos verweigern oder ein einmal erteiltes Einverständnis folgenlos widerrufen kann. Gerade vor dem Hintergrund der im Rahmen des Verfahrens
vom Apotheker angeführten Zwecke der Videoüberwachungsmaßnahme
und des anscheinend belasteten Verhältnisses zwischen den Arbeitsvertragsparteien, konnte hier mithin nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitnehmer vollkommen frei in ihrer Entscheidung waren.
Insgesamt war somit von einer datenschutzrechtlichen Unzulässigkeit der im
Einsatz befindlichen Videoüberwachungsmaßnahme auszugehen. Der Apotheker wollte sich der Bewertung des Datenschutzzentrums jedoch nicht anschließen. Nach erfolgter Anhörung wurde die Einstellung der Videoüberwachung während der Öffnungszeiten der Apotheke auf Grundlage des § 38
Abs. 5 BDSG verfügt. Gegen den Bescheid wurde Klage eingelegt; das Klageverfahren ist bis dato nicht abgeschlossen.
1.6
Anlasslose Prüfung von Videoüberwachungsmaßnahmen in
Clubs und Diskotheken
Das Datenschutzzentrum hat im Berichtszeitraum für die Jahre 2013/2014
anlasslos eine Anzahl von Clubs und Diskotheken hinsichtlich dort eingesetzter Videoüberwachungsmaßnahmen geprüft.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
21
Zur Vorbereitung der Prüfungen wurden die ausgewählten Stellen mithilfe
eines Fragenkatalogs um Auskunft hinsichtlich der Zwecke und Ausgestaltung der Videoüberwachungsmaßnahme gebeten. Einige der angeschriebenen Betreiber waren sich nicht über das Vorhandensein einer saarländischen
Datenschutzaufsichtsbehörde bewusst, denn teilweise wurden die erforderlichen Auskünfte erst nach mehrfacher Erinnerung und entsprechender Androhung, dass ein Bußgeldverfahren wegen nicht erteilter Auskunft eingeleitet wird, gegeben.
Überraschend war, dass nahezu alle angeschriebenen Stellen eine Vielzahl
von Videokameras einsetzten. Von den Betreibern wurden verschiedenste
Zwecksetzungen für die Überwachung der öffentlich zugänglichen Räume im
Sinne des § 6b Abs. 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) kommuniziert, wie
beispielsweise der Schutz der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, die Beweissicherung im Schadensfall oder bei Straftaten zu Lasten des Betreibers,
als Abschreckung zur Vermeidung von Straftaten, die Wahrnehmung von
Verkehrssicherungspflichten oder der Schutz der Gäste im Fall von Straftaten.
Mitunter wurde von manchen Clubbetreibern angeführt, dass sie sich als verlängerten Arm der Strafverfolgungsbehörden wähnten und befürchteten,
dass ein Weniger an Videoüberwachung sich sogar nachteilig auf das Verhältnis zu Polizei und Staatsanwaltschaft auswirken könnte.
Teilweise wurde zudem versucht, die Videoüberwachung rechtlich über die
Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu legitimieren. Durch das Betreten des Clubs oder der Diskothek und der Zahlung des Eintrittsgeldes würde
der Besucher die AGBs und somit die dort geregelte Videoüberwachung akzeptieren. Unabhängig davon, dass derartige Klauseln der Geschäftsbedingungen eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellen können,15 stellen diese zudem keinesfalls eine datenschutzrechtliche Legitimationsgrundlage dar.
Nach § 4 Abs. 1 BDSG kann die Videoüberwachung nur mit Einwilligung des
Betroffenen oder auf gesetzlicher Grundlage erfolgen. Da das Einholen einer
informierten Einwilligung im Sinne des § 4a Abs. 1 BDSG in diesem Zusammenhang ausscheidet, kann somit die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Bereiche nur auf § 6b BDSG gestützt werden.
In der Mehrzahl der Fälle erfolgte eine Inaugenscheinnahme der eingesetzten
Videoüberwachung vor Ort. Dabei wurde von den Mitarbeitern der Aufsichtsbehörde festgestellt, dass neben Eingangs-, Kassen- und sonstigen Durchgangsbereichen teilweise auch Garderoben, Tanzflächen, Theken sowie Ruhebereiche und Lounges im Fokus der Kameras standen. Teilweise wurden
zudem Parkplätze und ganze Straßenzüge überwacht.
Keine einzige der festgestellten Überwachungsmaßnahmen war datenschutzrechtlich ohne Beanstandung. In keinem einzigen Fall war ein Verfahrensverzeichnis erstellt worden oder lagen sonstige schriftliche Festlegungen
vor.
Hinweisschilder waren zwar zumeist angebracht, erfüllten aber nicht die Vorgaben des § 6b Abs. 2 BDSG. Die Schilder waren entweder kaum erkennbar,
ließen nicht auf die für die Überwachung verantwortliche Stelle schließen oder waren so angebracht, dass der Betroffene bei Kenntnisnahme des Schildes längst den überwachten Bereich betreten hatte.
In einigen Fällen wurden von den Betreibern technische Dienstleister beauftragt, um Aufzeichnungen im Bedarfsfall auswerten zu lassen, ohne dass mit
15
LG Koblenz, Urteil vom 19.12.2013, 3 O 205/13.
22
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
diesen ein Vertrag über eine Auftragsdatenverarbeitung im Sinne des § 11
BDSG geschlossen wurde.
Technische und organisatorische Maßnahmen im Sinne des § 9 BDSG und
der dazugehörigen Anlage waren allenfalls kursorisch und nicht revisionssicher ergriffen worden.
Hinsichtlich der im Einzelnen überwachten Bereiche ist festzuhalten, dass
eine Überwachung von Parkplätzen und öffentlichem Verkehrsraum durch
Club- und Diskothekenbetreiber regelmäßig datenschutzrechtlich nicht zulässig ist.
Der Einsatz von Kameras in Eingangs-, Kassen- und Durchgangsbereichen
sowie im Umfeld von Garderoben kann gerade bei großen oder stark frequentierten Diskotheken und Clubs als datenschutzrechtlich zulässig erachtet werden, sofern sichergestellt ist, dass keine Mitarbeiter oder Sicherheitskräfte permanent von der Videoüberwachung betroffen sind. Gäste durchqueren diese Bereiche in aller Regel ohne längere Verweildauer, so dass
schutzwürdige Interessen Betroffener der Videoüberwachung regelmäßig
nicht entgegenstehen.
Anders verhält es sich mit der Überwachung von Tanzflächen, Theken sowie
Ruhebereichen und Lounges. Hier überwiegt das schutzwürdige Interesse der
Betroffenen, sich frei und unbeobachtet in ihrer Persönlichkeit entfalten zu
können. Von den Betreibern, welche diese Bereiche überwachen, konnte auch
nicht dargelegt werden, aus welchem Grund die Überwachung gerade dieser
Bereiche unabdingbar sein soll. Oftmals wurde in diesem Zusammenhang
angeführt, dass es in diesen Bereichen zu Tätlichkeiten oder zu Diebstahlsdelikten zu Lasten der Kunden käme. Auf Nachfrage wie häufig Fälle von Tätlichkeiten bzw. Körperverletzungen mithilfe der Kameras dokumentiert werden konnten, wurde von allen Betreibern eingestanden, dass dies bisher noch
nicht eingetreten ist. Da die Ausrichtung der Videokameras zudem wegen
der Nutzung von Dome-Kameras für die Betroffenen nicht erkennbar war,
kann dieser Effekt auch nicht auf eine besondere Abschreckungswirkung der
Kameras zurückgeführt werden.
Der Schutz von Rechtsgütern Dritter, mithin der häufig als Zweck angeführte
Schutz des Eigentums der Gäste, stellt im Übrigen kein berechtigtes Interesse
im Sinne des § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG dar, das eine Videoüberwachung legitimieren könnte.
Oftmals war auch das Tatbestandsmerkmal der Erforderlichkeit der Überwachungsmaßnahme im Sinne des § 6b Abs. 1 BDSG zu verneinen. Wenn aufgrund des Einsatzes von Lichteffekten (Blitzlicht-Stroboskop, Lasershows etc.)
und Nebelmaschinen die Aufzeichnungen gar nicht dazu geeignet sind,
überhaupt einzelne Personen erkennen zu können oder durch einfachste
bauliche Maßnahmen Diebstahldelikte zu Lasten des Betreibers künftig vermieden werden können, wird die Videoüberwachung in diesen Bereichen obsolet.
Einige der Diskothekenbetreiber deaktivierten die Videoüberwachung, nachdem ihnen durch das Datenschutzzentrum im Nachgang zur Prüfung die erforderlichen Maßnahmen mitgeteilt worden sind, die im Zusammenhang mit
einem datenschutzkonformen Betrieb einer Videoüberwachungsmaßnahme
zu ergreifen sind. So waren von einigen Diskotheken aufgrund des großflächigen Einsatzes zahlreicher Kameras nach § 4d Abs. 5 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. § 4f
Abs. 1 Satz 6 BDSG betriebliche Beauftragte für den Datenschutz zu bestellen
gewesen, da vor der Etablierung einer Videoüberwachungsmaßnahme eine
Vorabkontrolle notwendigerweise durchzuführen war.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
23
§ 4d Abs. 5 BDSG
Soweit automatisierte Verarbeitungen besondere Risiken für die Rechte und
Freiheiten der Betroffenen aufweisen, unterliegen sie der Prüfung vor Beginn
der Verarbeitung (Vorabkontrolle). Eine Vorabkontrolle ist insbesondere
durchzuführen, wenn
1. besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9) verarbeitet
werden oder
2. die Verarbeitung personenbezogener Daten dazu bestimmt ist, die
Persönlichkeit des Betroffenen zu bewerten einschließlich seiner Fähigkeiten, seiner Leistung oder seines Verhaltens,
es sei denn, dass eine gesetzliche Verpflichtung oder eine Einwilligung des
Betroffenen vorliegt oder die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung für die
Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist.
In einigen Fällen war es ausreichend, dass die Ausrichtung einzelner Kameras
geändert und die vom BDSG vorgegebenen formalen sowie technischen und
organisatorischen Maßnahmen umgesetzt wurden.
1.7
Kameraeinsatz bei der Bewirtschaftung von Parkflächen
Aufgrund eines fehlenden Hinweisschilds wurde die Aufsichtsbehörde auf die
Videoüberwachungsmaßnahme an einer Schrankenanlage aufmerksam gemacht.
Die verantwortliche Stelle teilte in ihrer Stellungnahme zu dem Sachverhalt
mit, dass die Überwachung der Schrankenanlage notwendig sei, um eine reibungslose Abfertigung der zufahrtsberechtigten Personen zu gewährleisten.
Mit der Schranke werde der Zugang zu einem aufgrund der innenstädtischen
Lage stark frequentierten Bereich kontrolliert, der sowohl der Anlieferung von
Gütern für Einzelhändler diene als auch Zufahrtsstraße für Anwohner sei. Zudem sei die Schrankenanlage häufiges Ziel teils mutwilliger Beschädigungen,
welche von dem Unternehmen durch Vorlage von Videosequenzen und Bilddokumentationen umfangreich belegt werden konnte.
Die Zufahrtskontrolle betraf lediglich Kraftfahrzeuge; der überwachte Bereich
war ansonsten jederzeit für Fußgänger und Radfahrer frei betret- bzw. befahrbar, so dass ein öffentlich zugänglicher Raum im Sinne des § 6b Abs. 1
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gegeben war.
Aufgrund der dokumentierten Schadensereignisse und einer hinreichenden
Wahrscheinlichkeit, dass auch zukünftig Beschädigungen der Schrankenanlage drohen, war eine konkrete Gefährdungslage zu bejahen. Schutzwürdige
Interessen Betroffener standen der Videoüberwachung auch nicht entgegen,
da es sich bei dem überwachten Bereich um einen stark frequentierten
Durchgangsbereich handelte, in welchem sich Betroffene allenfalls für einen
kurzen Zeitraum aufhalten.
Der verantwortlichen Stelle wurde die Anbringung von Schildern aufgegeben, die sowohl auf den Umstand der Videoüberwachung als auch auf die
dafür verantwortliche Stelle hinweisen. Im Hinblick auf das Datensparsamkeitsgebot wurde zudem die Neuausrichtung der Kameras veranlasst, so dass
24
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
der von den Kameras erfasste Bereich nunmehr auf das notwendige Minimum beschränkt ist.
Im weiteren Verfahren bat das Unternehmen die Aufsichtsbehörde um Mitteilung, unter welchen Voraussetzungen die Videoüberwachung von Parkflächen zulässig ist.
Eine Videoüberwachung von Zufahrtsschranken und Kassenautomaten kann,
sofern eine Gefährdungslage durch Nachweis bereits eingetretener Schadensereignisse belegt oder das Drohen einer solchen objektiv nachvollziehbar
begründet werden kann, datenschutzrechtlich zulässig sein. Eine anlasslose
und permanente Überwachung der Parkflächen ist dahingegen regelmäßig
als datenschutzrechtlich unzulässig zu bewerten. Laut den Ausführungen des
Betreibers solle die Überwachung vorrangig dem Schutz der Fahrzeuge der
Kunden vor Beeinträchtigungen dienen. Jedoch ist der Schutz von Rechtsgütern Dritter regelmäßig kein berechtigtes Interesse im Sinne des § 6b Abs. 1
Nr. 3 BDSG.
Allenfalls denkbar wäre beispielsweise die Einrichtung bestimmter videoüberwachter Bereiche für Dauerparker, unter der Voraussetzung, dass diese
ihr Einverständnis in die Überwachung der Stellplätze erklären.
Nach bisherigem Kenntnisstand verfolgte das Unternehmen die projektierte
Videoüberwachung der Stellflächen nicht weiter.
Automatisierte Kennzeichenerfassung
Ende Oktober 2014 wurde das Thema automatisierte Kennzeichenerfassung
durch Parkhaus- und Campingplatzbetreiber von den Medien aufgegriffen.
Unter automatisierter Kennzeichenerfassung sind Systeme der kameragestützten Erfassung von Kfz-Kennzeichen zu verstehen. Dabei wird das erfasste Kfz-Kennzeichen mit Datum und Uhrzeit der Ein- und Ausfahrt verknüpft, um für die Dauer des Parkvorgangs gespeichert zu werden. Ziel ist es,
eine sekundengenaue Abrechnung der Park- oder Aufenthaltsdauer zu ermöglichen und Betrugsversuche zu Lasten des Betreibers zu vermeiden oder
Betrugsfällen beweissicher begegnen zu können. Fahrzeuginsassen oder
sonstige Personen werden dabei regelmäßig nicht erfasst.
Im Nachgang zu den Presseveröffentlichungen wurden Parkhaus- und Campingplatzbetreiber im Saarland um Auskunft gebeten, ob Verfahren der automatisierten Kennzeichenerfassung eingesetzt werden. Bis dato ist noch
kein solches Unternehmen in Erscheinung getreten, welches ein derartiges
Verfahren im Saarland betreibt. Im Rahmen dieser Überprüfung wurden auch
Unternehmen befragt, die Parkraum im Saarland bewirtschaften ohne ihren
Sitz im Saarland zu haben.
Eine einzelfallbezogene datenschutzrechtliche Bewertung dieses Sachverhalts ist daher durch das Datenschutzzentrum bisher nicht erfolgt. Abhängig
von der Ausgestaltung des Verfahrens - Aufzeichnen einer Videosequenz oder einer Einzelbildaufnahme - kann rechtliche Grundlage für den Umgang
mit Kundendaten von Kurzzeitparkenden § 6b BDSG oder § 28 BDSG sein. Für
Dauerparkendende wiederum ist als Legitimationsgrundlage allenfalls eine
informierte Einwilligung des betroffenen Fahrzeughalters im Sinne des § 4
Abs. 1 in Verbindung mit § 4a BDSG heranzuziehen.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
25
Fazit
1.8

Eine Videoüberwachung von Parkflächen ist ohne Einwilligung der Betroffenen regelmäßig datenschutzrechtlich unzulässig. Die Videoüberwachung von Schrankenanlagen und Kassenautomaten kann beim Vorliegen einer Gefährdungslage datenschutzrechtlich zulässig erfolgen. Jedoch sind dabei durch die überwachende Stelle alle im Zusammenhang
mit der Videoüberwachung notwendigen Maßnahmen und rechtlichen
Erfordernisse - wie beispielsweise die Anbringung eines Hinweisschilds
im Sinne des § 6b Abs. 2 BDSG – umzusetzen.

Eine automatisierte Kennzeichenerfassung kann unter Berücksichtigung
der spezifischen Gegebenheiten des Einzelfalls als datenschutzrechtlich
zulässig erachtet werden.
Videoüberwachung eines Wohnhauses durch Private
Im Rahmen einer Eingabe wurde die Aufsichtsbehörde auf eine Videoüberwachungsmaßnahme an einem Wohnhaus aufmerksam gemacht. Hierbei bestand aufgrund der Ausrichtung der Kamera der Verdacht, dass große Teile
der Straße und des öffentlichen Gehweges vor dem Anwesen überwacht wurden.
Das Erstellen und Speichern von Bildaufnahmen ist regelmäßig mit einem
Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen verbunden. Öffentliche Wege, Straßen und Plätze, die nach erfolgter Widmung
aufgrund eines öffentlich-rechtlichen Rechtsaktes allein dieser Sphäre zuzuordnen sind, sind als solche der Verfügung privater Stellen weitestgehend
entzogen, weshalb eine Videoüberwachung dieser Bereiche daher regelmäßig nicht zulässig ist.
Vor diesem Hintergrund wurde der Anlagenbetreiber von Seiten der Aufsichtsbehörde unter Zugrundelegung eines standardisierten Fragekataloges
zur Stellungnahme aufgefordert. Wie sich im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zeigte, war neben der auf das Vorfeld des Anwesens ausgerichteten
Kamera eine weitere Kamera im Einsatz, die so ausgerichtet war, dass die private Zufahrt, die gleichzeitig als Zugang zum gewerblich genutzten Ladenlokal im Erdgeschoss des Anwesens diente, überwacht wurde.
Wie auch in diesem Fall wird oftmals von Betreibern solcher Videoüberwachungsmaßnahmen argumentiert, dass eine private Videoüberwachung zum
Eigentumsschutz nicht unter das Regelungsregime des Bundesdatenschutzgesetzes falle. Durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 11. Dezember 2014 - C-212/13 - wurde nunmehr dahingehend Rechtsklarheit geschaffen, dass die Datenschutzrichtlinie 95/46/EG auch auf die Videoüberwachung von öffentlichem Raum durch Privatpersonen Anwendung findet. Dies
korrespondiert mit der bisherigen Praxis der deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden, welche die Regelungen des BDSG - als Umsetzung der Datenschutzrichtlinie in nationales Recht - in derartigen Fallgestaltungen auch
auf Private Anwendung finden ließen.
Die Zulässigkeit der im Einsatz befindlichen Kameras war folglich nach § 6b
BDSG zu beurteilen, der die Videoüberwachung von öffentlich zugänglichen
Bereichen durch nicht-öffentliche Stellen regelt. Lediglich für den Bereich der
Zufahrt musste hinsichtlich der Öffnungszeiten des Ladenlokals unterschieden werden, da dieser lediglich während der Öffnungszeiten des Ladenlokals
26
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als öffentlich zugänglich im Sinne des § 6b BDSG einzustufen war. Gegen die
Videoüberwachung dieses Bereichs außerhalb der Öffnungszeiten wurden
keine datenschutzrechtlichen Bedenken geäußert.
Nach § 6b BDSG ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur zulässig, soweit Sie
1. zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
2. zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte
Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Von der im Einsatz befindlichen Videoüberwachung des öffentlichen Raumes
waren regelmäßig Passanten, Autofahrer sowie hier zusätzlich die Kunden
des Ladenlokals während der Öffnungszeiten betroffen.
Von Seiten des Anlagenbetreibers wurde argumentiert, dass die Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts und zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolge, da es in der Vergangenheit wiederholt zu Sachbeschädigungen an der Gebäudefront sowie am Kraftfahrzeug, welches in der
Regel im öffentlichen Verkehrsraum abgestellt wurde, gekommen sei.
Um das berechtigte Interesse im Sinne des § 6b Abs. 1 BDSG gegenüber der
Aufsichtsbehörde objektiv nachvollziehbar begründen zu können, ist eine
sorgfältige Dokumentation von Schadensereignissen und Vorkommnissen,
die eine spezifische Gefährdungslage deutlich werden lassen, unabdingbar.
Unbelegte Behauptungen stellen hierfür keine ausreichende Grundlage dar.
Zudem sind die mit der Videoüberwachung verbundenen Zwecksetzungen
vor Beginn der Überwachungsmaßnahme festzulegen, was regelmäßig mit
der Erstellung des nach § 4e BDSG notwendigen Verfahrensverzeichnisses erfolgt.
Da der Aufsichtsbehörde verschiedene Schadensanzeigen vorgelegt wurden,
konnte grundsätzlich von einem berechtigten Interesse an der Videoüberwachung im Sinne der Vorschrift ausgegangen werden.
Für die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer Videoüberwachung nach §
6b BDSG ist es jedoch nicht ausreichend, dass ein berechtigtes Interesse an
der Überwachung zu bejahen ist. Vielmehr muss die Videoüberwachung für
die Erreichung der genannten Zwecke auch erforderlich sein. Die Erforderlichkeit kann in diesem Sinne nur dann bejaht werden, wenn das festgelegte
Ziel mit der Videoüberwachung tatsächlich erreicht werden kann (Geeignetheit) und es dafür kein anderes, gleich wirksames, aber mit Blick auf die informationelle Selbstbestimmung des betroffenen Personenkreises weniger
einschneidendes Mittel gibt (Verhältnismäßigkeit).
An der Geeignetheit einer Videoüberwachung bestehen insbesondere in solchen Fällen Zweifel, in denen es trotz des Einsatzes von Überwachungskameras zu weiteren Schadensereignissen gekommen ist und Täter nicht identifiziert werden konnten. Laut dem zugrundeliegenden Sachverhalt kam es auch
nach Inbetriebnahme der Kameras zu Beeinträchtigungen im Umfeld des
Hauses, ohne dass Schadensverursacher identifiziert werden konnten.
Darüber hinaus musste hinterfragt werden, aus welchem Grund das Abstellen
eines Kraftfahrzeuges im öffentlichen Verkehrsraum trotz wiederholter Sachbeschädigung der Verbringung in einer privaten und zudem abschließbaren
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
27
Zufahrt vorgezogen wird, was hier als milderes Mittel zur Videoüberwachung
in Betracht zu ziehen gewesen wäre.
Nichtsdestotrotz hätte auch die vorzunehmende Abwägung der schutzwürdigen Interessen der von der Videoüberwachung Betroffenen gegenüber
dem berechtigten Überwachungsinteresse des Anlagenbetreibers zu dem Ergebnis geführt, dass die derartig großflächige Überwachung des öffentlichen
Verkehrsraumes datenschutzrechtlich unzulässig war. Schließlich war mit dieser permanenten und lückenlosen Überwachung des öffentlichen Verkehrsraums vor dem Anwesen eine schwerwiegende und anlasslose Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts einer Vielzahl von Passanten und Verkehrsteilnehmern verbunden, die im Hinblick auf die mit der Videoüberwachung
verbundenen Zwecke als unverhältnismäßig einzustufen war. Lediglich die
Überwachung der privaten Zufahrt konnte als datenschutzkonform angesehen werden.
Erst nachdem der Betreiber der Überwachungsmaßnahme in Vorbereitung
einer behördlichen Verfügung im Sinne des § 38 Abs. 5 BDSG zu dem Sachverhalt angehört wurde, konnte sich dieser der aufsichtsbehördlichen Bewertung der Videoüberwachungsmaßnahme anschließen, mit dem Ergebnis,
dass die Überwachung des öffentlichen Verkehrsraums eingestellt wurde.
1.9
Wildkameras
Der Wald ist ein Bereich, welcher der Erholung der Menschen dient und einen
unersetzbaren Lebensraum für Pflanzen und Tiere bietet. Diesen gilt es, von
äußeren Einflüssen möglichst frei zu halten. Die moderne Überwachungstechnik hat nunmehr auch Einzug in diesen Bereich gehalten. Jäger setzen –
gerade auch im Bereich von Kirrungen - vermehrt auf den Einsatz von Tierbeobachtungskameras, was einerseits auf den eklatanten Preisverfall entsprechender Geräte zurückzuführen ist, andererseits im Gegensatz zur Beobachtung vor Ort eine enorme Zeitersparnis mit sich bringt.
Grundsätzlich geregelt ist die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume
mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) und die Verarbeitung und Nutzung der durch eine solche Videoüberwachung erhobenen
Daten in § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).
Bei Waldgebieten handelt es sich um einen öffentlich zugänglichen Raum i.
S. d. Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), da gemäß § 25 des Waldgesetzes
für das Saarland (LWaldG) das Betreten des Waldes zum Zweck der naturverträglichen Erholung jedermann gestattet ist.
Von Seiten der Jägerschaft wird in Bezug auf Kirrungen unter Verweis auf das
Saarländische Jagdgesetz (SJG)16 hingegen die Ansicht vertreten, dass diese
keine öffentlich zugänglichen Bereiche im Sinne des BDSG seien, da es sich
hierbei um mit einem Betretungsverbot behaftete besondere jagdliche Einrichtungen handele. Kirrungen als nicht öffentlich zugängliche Bereiche zu
qualifizieren, vermag indes nicht zu überzeugen, da es regelmäßig an der
Erkennbarkeit des Betretungsverbotes für den Waldbesucher fehlt. Sollen
Teile des öffentlich zugänglichen Waldgebietes nicht öffentlich zugänglich
sein, so ist erforderlich, dass die Ausdehnung dieses Bereichs in Breite, Länge
und Höhe für den Waldbesucher erkennbar wird. Nicht die Kontrollbefugnis
16
28
Insbesondere § 23 Abs. 3 SJG, wonach das Betreten besonderer jagdlicher Einrichtungen
nur mit Erlaubnis des Grundeigentümers oder des Jagdausübungsberechtigten zulässig ist.
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des Berechtigten ist maßgeblich, sondern vielmehr dessen nach außen sichtbar gemachter Wille, den Zutritt zu beschränken und diesen Bereich klar als
nicht öffentlich zugänglich zu kennzeichnen, etwa durch bauliche Abgrenzungen oder durch Beschilderungen; hieran fehlt es bei Kirrungen regelmäßig.
Eine Videoüberwachung nach § 6b Absatz 1 BDSG kann zulässig sein zur
Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke. Der
Zweck der Videoüberwachung muss vor Inbetriebnahme bei der verantwortlichen Stelle dokumentiert werden und diese Dokumentation der Aufsichtsbehörde nachgewiesen werden können. Voraussetzung hierbei ist, dass die
Videoüberwachung erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass
schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen, z. B. eines Spaziergängers oder Wanderers, der von
der Kamera erfasst wird, ist in diesem Zusammenhang ein hoher Stellenwert
einzuräumen. Da der Wald ein Bereich ist, der der Erholung des Menschen
dient und in dem man sich unbeobachtet bewegen können sollte, sind Wildkameras daher in der Regel unzulässig.
Der Einsatz einer Wildkamera kann lediglich dann erforderlich sein, wenn es,
um das berechtigte Interesse verfolgen zu können, keine objektiv zumutbare
Alternative gibt. Da dieses Erforderlichkeitsgebot sowohl in räumlicher als
auch in zeitlicher Hinsicht gilt, ist die Überwachung auf einen für den Beobachtungszusammenhang erforderlichen Zeitraum zu beschränken.
Im Rahmen der Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass die Intensität des Eingriffs in das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen auch davon abhängt, wie wahrscheinlich es ist, dass diese überhaupt zum
Objekt der Überwachung werden. In diesem Zusammenhang spielt u. a. eine
entscheidende Rolle, in welcher Entfernung eine Kamera zu einem Waldweg
angebracht ist und ob die Kamera beispielsweise durch eine schräge Anbringung nur den Nahbereich erfasst.
Auch ist auf den Umstand der Videoüberwachung im Sinne des § 6b Abs. 2
BDSG durch geeignete Maßnahmen hinzuweisen. Dazu gehört, dass Anlagenbetreiber unter Angabe von Namen und Anschrift darüber informieren
müssen, durch wen und in welchen Waldstücken (z.B. Reviernummer und
-bezeichnung) Tierbeobachtungskameras eingesetzt werden. Dies ist zweimal jährlich ortsüblich (Amts- oder Gemeindeblatt) bekanntzugeben und zusätzlich durch entsprechende Piktogramme an den Wanderkarten in den betroffenen Waldarealen kenntlich zu machen. Alternativ besteht die Möglichkeit, durch gut sichtbare Hinweisschilder in der unmittelbaren Umgebung
von Tierbeobachtungskameras auf diese hinzuweisen.
Da Videoüberwachungen mittels Digitaltechnik gemäß § 4d BDSG der Meldepflicht unterliegen, hat das Unabhängige Datenschutzzentrum ein Formular für die Meldung von Tierbeobachtungskameras erstellt, das auf der Internetseite der Aufsichtsbehörde zum Abruf bereit steht.
Das Unabhängige Datenschutzzentrum behält sich vor, bei Zuwiderhandlungen aufsichtsbehördliche Maßnahmen einzuleiten.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
29
2
Videoüberwachung im öffentlichen
Bereich
2.1
Einführung in die Thematik
Bei einer Videoüberwachungsmaßnahme handelt es sich um ein automatisiertes Verfahren, weshalb nach § 7 Abs. 2 Saarländisches Datenschutzgesetz
(SDSG) die Landesbeauftragte für Datenschutz vor der beabsichtigten Installation einer Videoüberwachungsanlage durch Behörden oder sonstige öffentliche Stellen des Landes zu beteiligen ist. Für öffentlich rechtliche Wettbewerbsunternehmen des Landes besteht ebenso eine Meldepflicht nach § 2
Abs. 2 SDSG i.V.m. § 4d BDSG und § 9 SDSG. Durch die verantwortliche Stelle
ist hierfür eine entsprechende Verfahrensbeschreibung mit den nach § 9 Abs.
1 SDSG festzulegenden Angaben zu erstellen. Eine von unserer Dienststelle
erarbeitete Musterverfahrensbeschreibung finden Sie auf unserer Internetseite zum Download.
Die Videoüberwachung öffentlich zugänglicher Räume durch öffentliche
Stellen des Landes erfolgt – sofern im konkreten Fall keine spezielleren Vorschriften gegeben sind – auf der Grundlage des § 34 SDSG.
§ 34 SDSG Videoüberwachung
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Bereiche mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1. in Wahrnehmung des Hausrechts der verantwortlichen Stelle zum
Zweck des Schutzes von Personen, des Eigentums oder des Besitzes
oder der Kontrolle von Zugangsberechtigungen, oder
2. zur Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle
erforderlich ist. Für die Gefährdung der in Nummer 1 genannten Rechtsgüter
müssen konkrete Anhaltspunkte bestehen. Die Videoüberwachung nach
Nummer 2 ist nur zulässig, wenn Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung von Gesundheit, Leib oder Leben, Eigentum oder sonstigen hochrangigen Rechtsgütern vorliegen. Es dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen,
dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Die Videoüberwachung darf nur durch die Leitung der verantwortlichen Stelle angeordnet
werden. Dabei sind der Zweck, die räumliche Ausdehnung und die Dauer der
Videoüberwachung zu dokumentieren.
(2) Die Möglichkeit der Beobachtung und die verantwortliche Stelle müssen
für Betroffene erkennbar sein.
(3) Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben oder gespeichert werden,
wenn dies zum Erreichen der in Absatz 1 genannten Zwecke erforderlich oder
unvermeidlich ist. Die Daten dürfen für einen anderen Zweck nur verarbeitet
werden, wenn dies zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit
oder zur Abwehr von Nachteilen für das Wohl des Bundes oder eines Landes
oder zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten
Person zugeordnet, ist diese über die Erhebung entsprechend § 12 Abs. 5
Satz 1 zu benachrichtigen. § 12 Abs. 5 Satz 4 gilt entsprechend.
30
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(5) Die Daten sind unverzüglich, spätestens jedoch nach 24 Stunden zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder
schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
Fußt die beabsichtigte Videoüberwachung auf der Rechtsgrundlage von § 34
Abs. 1 Nr. 1 SDSG so sind die „konkreten Anhaltspunkte“ für den erforderlichen Schutz von Personen, Eigentum oder Besitz zu benennen. In der Praxis
ist daher der Verfahrensbeschreibung ein gesonderter Vermerk über Vorkommnisse der Vergangenheit, wie beispielsweise Einbruchsdiebstähle, Vandalismusschäden, Beschädigungen an bestimmten Objekten und Ähnliches
sowie sich hieraus ergebenden Anzeigen bei der Polizei oder Kostenaufwendungen, beizufügen.
Soll die Videoüberwachung nach § 34 Abs. 1 Nr. 2 SDSG durchgeführt werden, so sind unter der „Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen“ alle gesetzlich
festgeschriebenen Verwaltungsaufgaben zu verstehen und in der Verfahrensbeschreibung explizit zu benennen.
Darüber hinaus ist durch die verantwortliche Stelle das Interesse an der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch elektronischen Einrichtungen gegenüber den „schutzwürdigen Interessen der Betroffenen“ abzuwägen. Schutzwürdige Interessen von Betroffenen überwiegen beispielsweise dort, wo deren Intimsphäre berührt wird. Ebenso ist zu prüfen, ob für
den „angestrebten Zweck“ tatsächlich eine tägliche Überwachungsdauer von
24 Stunden erforderlich ist, oder nicht vielmehr eine Begrenzung beispielsweise außerhalb der Öffnungszeiten ausreichend ist.
Gemäß § 34 Abs. 2 SDSG müssen die Möglichkeit der Beobachtung und die
verantwortliche Stelle für Betroffene erkennbar sein. Dies kann durch entsprechende Hinweisschilder mit mindestens Name und Anschrift der verantwortlichen Stelle sichergestellt werden, die im Blickfeld des Betroffenen, jedoch räumlich so angebracht werden, dass dem Betroffenen, bevor er das
Erfassungsfeld der Kameras betritt, die Möglichkeit gegeben wird sich der
Erfassung zu entziehen. Auch hierfür steht Ihnen ein Muster zum Download
zur Verfügung.
Werden Daten aufgezeichnet, so sind diese spätestens nach „24 Stunden zu
löschen“, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind.
Darüber hinaus ist uns regelmäßig eine technische Beschreibung zur Systemarchitektur der geplanten Kameras und Aufzeichnungsgeräte (Zoom, fest,
schwenkbar...) und ein Lageplan, aus welchem die Standorte der Kameras und
deren Erfassungsbereich sowie auch die Positionierung der erforderlichen
Hinweisschilder ersichtlich sind, vorzulegen.
2.2
Videoüberwachung während einer Prüfung in der Universität
des Saarlandes
Im Frühjahr 2013 erhielten wir den Anruf eines Studenten. Er informierte uns
darüber, dass er gerade aus einer Prüfung an der Universität des Saarlandes
komme und die Prüflinge per Videosequenz auf zwei Leinwänden im Frontbereich des Hörsaals projiziert und überwacht wurden.
Ursprünglich wurde die Videoanlage installiert, um im Rahmen von E-Learning-Veranstaltungen beispielsweise einen Vortrag direkt ins Netz zu streamen oder die Aufzeichnung zu Nacharbeitszwecken zur Verfügung zu stellen.
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31
Die Anlage zu Überwachungszwecken während einer Prüfung zu benutzen,
war hingegen nicht Sinn und Zweck der Anlage. Gerade in Prüfungssituationen sind Studenten bereits einer besonderen Drucksituation ausgesetzt.
Diese Situation zu verschärfen, indem die Studenten per Livestreaming an
eine Leinwand im Frontbereich des Hörsaals projiziert werden, stellt einen
unverhältnismäßigen Eingriff in das informationelle Selbstbestimmungsrecht
der Studenten dar. Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung muss festgestellt werden, dass die Überwachung der Studenten während der Prüfung
mit milderen Mittel, sprich mehr Personal, durchgeführt werden kann.
In Zusammenarbeit mit der Universität wurden folgende Voraussetzungen
für eine Nutzung der Videoanlage im Hörsaal festgelegt und durch die Universität umgesetzt:
1. Es findet keine Videoüberwachung während einer Prüfung statt.
2. An die Eingangstüren des Hörsaals werden Schilder angebracht, die
darüber informieren, dass die Videoanlage nur bei E-Learning-Veranstaltungen eingeschaltet wird.
3. Wann eine E-Learning-Veranstaltung stattfindet wird den Studenten
im Vorfeld frühzeitig mitgeteilt.
4. Die Universitätsleitung wird alle Professoren und Dozenten in einem
Schreiben darauf hinweisen, dass eine Videoüberwachung während
einer Prüfung unzulässig ist.
5. Die Zugriffsrechte auf die Videoanlage werden derart beschränkt,
dass nur der zuständige Techniker die Anlage freischalten kann.
2.3
Videoüberwachung an Schulen
Eine Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts auf der Grundlage des § 34 SDSG ist nur für öffentlich zugängliche Bereiche zulässig, was
bedeutet, dass einer unbestimmten Vielzahl von Personen der Zutritt grundsätzlich möglich sein muss. In Bezug auf Schulgebäude ist daher eine einzelfallbezogene Prüfung dieser Voraussetzung unumgänglich. Die öffentliche
Zugänglichkeit eines Unterrichtsraumes wird daher in der Regel zu verneinen
sein.
Im Gegensatz zu anderen Einsatzbereichen von Videotechnik ist darüber hinaus der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule in die Erwägungen einzubeziehen. Dabei verträgt sich eine Videoüberwachung grundsätzlich nicht
mit dem Auftrag der Schulen, die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler
zu selbstbestimmten mündigen Persönlichkeiten zu fördern. Hinsichtlich der
durchzuführenden Erforderlichkeitsprüfung in Korrelation mit der Interessensabwägung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen wird eine Videoüberwachungsmaßnahme auf Zeiten außerhalb des Schulbetriebs zu beschränken sein, da während des Schulbetriebes die Sicherstellung des Hausrechts den hierfür verantwortlichen Personen zugemutet werden kann und
als wesentlich milderes Mittel zur Zielerreichung zu bewerten ist.
32
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2.4
Videoüberwachung in Schwimmbädern
Die Überwachung eines Kassenautomaten kann dann nach § 34 Abs. 1 Nr. 1
SDSG zulässig sein, wenn z.B. in der Vergangenheit Kassenautomaten beschädigt wurden und das Eigentum des Hausherrn nunmehr geschützt werden soll. Die Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufes, also beispielsweise die ordnungsgemäße Zahlung durch die Badbesucher, dient jedoch nicht dem Schutz des zuvor erwähnten Rechtsgutes. Ist die Maßnahme
unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen zulässig, so ist
der Fokus der Kamera auf den Kassenautomaten so auszurichten, dass keine
weiteren Bereiche, zu nennen wären hier, Durchgänge und Informationsschalter sowie insbesondere solche Bereiche, die zum Verweilen der Badbesucher gedacht sind, wie Wartebänke oder Caféterien, erfasst werden. Von
einer Überwachung gänzlich auszuschließen sind in jedem Fall solche Bereiche, die die Intimsphäre der Badegäste berühren (z.B. Umkleiden, Dusch- und
Saunabereiche), da hier die berechtigten Interessen der Betroffenen zweifelsfrei überwiegen. Zu berücksichtigen ist ebenso, dass durch Videoüberwachungsmaßnahmen in Bädern auch das dort beschäftige Personal erfasst
wird, hier ist § 31 Abs. 5 SDSG zu beachten, wonach diese Daten nicht zur
Verhaltens- und Leistungskontrolle der Mitarbeiter herangezogen werden
dürfen. Sind Mitarbeiter demnach von einer Videoüberwachungsmaßnahme
betroffen, ist ausdrücklich die Einbindung des Personalrates anzuraten.
2.5
Videoüberwachung von Außenfassaden
Sehr oft wurde unsere Dienststelle bereits zur Frage der Zulässigkeit der Videoüberwachung von Außenfassaden kontaktiert. In vielen Fällen handelte
es sich um historische Gebäude, deren Außenwände durch Farbbomben,
Graffiti oder Gewalteinwirkung beschädigt wurden, was in der Regel umfassende und kostenintensive Renovierungsmaßnahmen zur Folge hatte. Sicherlich stellt § 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG im Rahmen des Eigentumsschutzes hier eine
mögliche Rechtsgrundlage dar. Grenzen die Außenfassaden jedoch unmittelbar an öffentliche Bereiche, wie Parkanlagen, Fußwege, Fahrradwege oder
Straßen, so ist durch den Betreiber sicherzustellen, dass gemessen ab der
Hauswand lediglich ein 1 Meter breiter Streifen von der Kamera erfasst wird.
Nach der maßgeblichen Rechtsprechung darf von einem Passanten lediglich
ein Arm, eine Schulter oder eine Tasche auf den Aufzeichnungen erfasst werden, nicht jedoch das Gesicht des Betroffenen. Dem Eigentümer wird im Gegenzug durch eine derartige Kameraeinstellung hinreichend ermöglicht, Beschädigungen an der Hauswand festzustellen und den Tatvorgang aufzuzeichnen. Hinsichtlich der erforderlichen täglichen Aufzeichnungsdauer ist zu
prüfen, ob eine 24-stündige Überwachung tatsächlich notwendig ist oder
vielmehr eine nur auf die Abendstunden begrenzte Überwachung, da die in
Rede stehenden Vandalismusschäden in der Regel von den Tätern im vermeintlichen Schutz der Dunkelheit herbeigeführt werden.
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33
2.6
Einsatz von Webcams
Geben die Bilder einer Webcam lediglich Landschaftseindrücke einer Kommune wieder, ohne die Möglichkeit eine Person oder ein Kraftfahrzeugkennzeichen, selbst nur teilweise, erkennen zu können oder eine entsprechende
Verbindung herzustellen, so handelt es sich nicht um die Verarbeitung personenbezogener Daten i.S.d. SDSG. Eine Zoomfunktion einer Kamera hingegen, die die Erkennbarkeit einer Person oder aber ihre Bestimmbarkeit herstellen kann, würde die zuvor gegebene datenschutzrechtliche Bewertung
aushebeln.
2.6.1
Webcam an einer Abfall-Verwertungs-Anlage
Einen besonderen Service bieten vereinzelt Abfall-Verwertungs-Anlagen im
Saarland ihren Kunden an: Es werden Bilder von der Zufahrt zur Verwertungsanlage ins Internet übertragen; potentielle Kunden können sich so einen Eindruck von dem Andrang an den Anlagen verschaffen.
Gegen den Einsatz von Netzwerkkameras zu diesem Zweck bestehen aus datenschutzrechtlicher Sicht grundsätzlich keine Bedenken. Es muss nur sichergestellt sein, dass auf den übertragenen Bildern weder Personen noch Autokennzeichen zu erkennen sind.
In einem uns geschilderten Fall war man sich dieser Problematik bewusst und
hatte deshalb eine Verpixelung der Bilder vorgenommen. Allerdings war
diese Verpixelung nicht ausreichend, wie uns durch den zuständigen Betriebsrat mitgeteilt wurde.
Der Betriebsrat hat uns Bilder vorgelegt, auf denen eindeutig Personen, in
diesem Fall Mitarbeiter der Abfallverwertungsanlage, erkennbar waren.
Die von uns daraufhin angeschriebene Geschäftsleitung meinte, die Veröffentlichung von Daten von Mitarbeitern im Internet sei in diesem speziellen
Fall zulässig und berief sich zur Begründung auf die Vorschrift des § 23 des
Kunsturhebergesetzes, wonach Bilder veröffentlicht werden dürfen, auf denen Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen.
Dieser Rechtsauffassung konnte mit Blick auf die Vorschrift des § 31 SDSG,
der die Verarbeitung personenbezogener Daten bei Dienst- und Arbeitsverhältnissen regelt, nicht gefolgt werden. Nach dieser Vorschrift dürfen Daten
von Beschäftigten nur verarbeitet werden, wenn dies zur Eingehung, Durchführung, Beendigung oder Abwicklung des Dienst- oder Arbeitsverhältnisses
oder zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere auch zu Zwecken der Personalplanung und des Personaleinsatzes, erforderlich ist oder eine Rechtsvorschrift, ein Tarifvertrag oder
eine Dienstvereinbarung dies vorsieht. Da offensichtlich keine dieser Voraussetzungen für eine Veröffentlichung von Bildern von Mitarbeitern im Internet
vorlag, insbesondere die Durchführung des Arbeitsverhältnisses eine solche
Übertragung nicht erfordert, wurde die Geschäftsführung der Abfallverwertungsanlage aufgefordert, durch technische Maßnahmen sicherzustellen,
dass die Mitarbeiter im Internet nicht erkennbar sind. Dieser Forderung ist
die Geschäftsleitung dann auch nachgekommen.
34
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2.7
Verdeckte Videoüberwachung
Eine verdeckte, also heimliche Videoüberwachung kann nur unter besonderen Voraussetzungen zulässig sein.
Gemäß § 28 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 Saarländisches Polizeigesetz (SPolG) kann
die Vollzugspolizei durch den verdeckten Einsatz technischer Mittel, insbesondere zur Anfertigung von Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen, Anordnung personenbezogene Informationen über die in § 26 Abs. 2 Nr. 1 und Nr.
2 SPolG genannten Personen erheben, soweit das zur vorbeugenden Bekämpfung
1.
von Verbrechen, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass eine solche Straftat begangen werden soll,
2.
anderer Straftaten, wenn auf Grund tatsächlicher Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass die Straftat gewerbsmäßig, gewohnheitsmäßig,
von Banden oder von Organisationen begangen werden soll,
erforderlich ist.
In oder aus Wohnungen kann die Vollzugspolizei nach § 28a SPolG personenbezogene Informationen durch den Einsatz verdeckter Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen nur auf richterliche Anordnung erheben, wenn dies zur
Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben einer Person unerlässlich ist.
§ 34 SDSG eröffnet den öffentlichen Stellen des Landes unter Beachtung weiterer Zulässigkeitsvoraussetzungen grundsätzlich die Möglichkeit der Beobachtung öffentlich zugänglicher Bereiche mit optisch-elektronischen Einrichtungen. Die Möglichkeit der Beobachtung und die verantwortliche Stelle
müssen aber für Betroffene erkennbar sein.
Eine verdeckte Maßnahme auf der Grundlage des § 34 SDSG ist mithin ausgeschlossen.
In einem Fall hatte eine Kommune wiederholt auf frei zugänglichem Gelände
erhebliche Schadenshöhen aufgrund von Diebstählen hinzunehmen. Sie entschied daher, zu Strafverfolgungszwecken eine verdeckte Videoüberwachungsmaßnahme durchzuführen. Sie selbst zeigte dies meiner Dienststelle
- allerdings erst nach erfolgter Umsetzung der Maßnahme - an. Da weder das
SPolG, welches ausschließlich die Vollzugspolizei des Saarlandes unter besonderen gesetzlich normierten Voraussetzungen zu verdeckten Videoüberwachungsmaßnahmen berechtigt, noch § 34 SDSG für die Kommune, als verantwortliche Stelle, eine verdeckte Überwachungsmaßnahme gestatten,
wurde die Kommune umgehend aufgefordert, den rechtswidrigen Zustand
zu beenden und die Videoüberwachungsanlage zu demontieren.
Die Kommune wurde darüber hinaus ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit vor der
Durchführung einer Videoüberwachungsmaßnahme durch eine Kommune zu
beteiligen und eine entsprechende Verfahrensbeschreibung für das beabsichtigte Verfahren durch die Kommune zu erstellen ist. § 34 SDSG eröffnet
lediglich die Möglichkeit einer offenen Videoüberwachung im Rahmen des
Hausrechts zum Schutz von Eigentum. Durch geeignete Hinweisschilder ist
der Betroffene vor Betreten des Erfassungsbereiches der Kamera auf die
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35
Maßnahme hinzuweisen. Zuvor jedoch ist die Erforderlichkeit unter Einbeziehung der Interessensabwägung, auch mit Blick auf möglicherweise mildere,
geeignete Mittel, zu prüfen.
2.8
Videoüberwachung auf Wertstoffhöfen
Unsere Dienststelle erhielt von mehreren saarländischen Kommunen Verfahrensbeschreibungen für beabsichtigte Videoüberwachungsmaßnahmen auf
Wertstoffhöfen. Sich wiederholende Einbruchsdiebstähle, sei es die Entwendung von Bargeld, Wertstoffen wie beispielsweise Kupfer oder neuwertigen
Werkzeugen und Maschinen, veranlassten die jeweiligen Kommunen zu diesem Schritt. Die den Verfahrensbeschreibungen auf Anforderung beigefügten gesonderten Vermerke über die Vorkommnisse der Vergangenheit, hier
Einbruchsdiebstähle, zeigten auf, dass konkrete Anhaltspunkte für die Gefährdung der Rechtsgüter Eigentum oder Besitz vorlagen. Mithin war eine
Videoüberwachungsmaßnahme auf Grundlage von § 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG in
Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der Betroffenen grundsätzlich
möglich.
Ebenso war jedoch zu prüfen, ob für den „angestrebten Zweck“ tatsächlich
eine tägliche Überwachungsdauer von 24 Stunden erforderlich ist, oder ob
nicht vielmehr eine Begrenzung, beispielsweise außerhalb der
Öffnungszeiten, ausreichend ist. Da die geschilderten Vorkommnisse überwiegend nachts auftraten, war die Überwachungsdauer daher außerhalb der
Öffnungszeiten der Wertstoffhöfe zu begrenzen.
In einem Fall wurde zur Durchführung der laufenden Videoüberwachung ein
Dienstleistungsvertrag über die Aufschaltung einer Alarmanlage mit einer
privaten Werk- und Industrieschutzfirma geschlossen. Es handelt sich hierbei
um eine Auftragsdatenverarbeitung nach § 5 SDSG. Die auftraggebende, öffentliche Stelle bleibt dafür verantwortlich, dass die Aufgaben nach Maßgabe
der gesetzlichen Vorschriften erledigt werden und das Datenschutzrecht eingehalten wird. Da das SDSG auf private Firmen keine Anwendung findet, hat
der Auftraggeber im Rahmen einer vertraglichen Regelung dafür Sorge zu
tragen, dass sich der Auftragnehmer verpflichtet, das SDSG zu befolgen und
sich insoweit der Kontrolle der Landesbeauftragten für Datenschutz zu unterwerfen.
Auch hierfür wurden entsprechende Musterverträge auf der Internetseite unserer Dienststelle zum Download eingestellt.
2.9
Videoüberwachung im Museum
Mehrere Anfragen öffentlicher Stellen erreichten uns zur Zulässigkeit von Videoüberwachungsmaßnahmen in Museen. Gründe hierfür lagen zum Einen
in der Realisierung einer Zugangskontrolle, zum Anderen darin, Besitz oder
Eigentum zu schützen.
§ 34 Abs. 1 Nr. 1 SDSG eröffnet den öffentlichen Stellen grundsätzlich die
Möglichkeit zur Durchführung einer Videoüberwachung aus den zuvor erwähnten Gründen. Zwar fordert § 34 Abs. 1 Satz 2 SDSG für die Gefährdung
der dort genannten Rechtsgüter das Bestehen konkreter Anhaltspunkte, unter Berücksichtigung der als besonders wertvoll einzustufenden Ausstellungsobjekte sowie den besonderen Anforderungen an Museen im Umgang
36
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mit ihnen anvertrauten Exponaten, kann jedoch auch das Bestehen einer abstrakten Gefahr für das zu schützende Gut als ausreichend angesehen werden.
Die weltweit geltenden „Ethischen Richtlinien des International Council of
Museums (ICOM)“ geben den Museumsbetreibern vor, für eine sichere Aufbewahrung der Sammlungen zu sorgen und adäquate Vorkehrungen zum
Schutz gegen Gefahren wie Diebstahl und Vandalismus zu treffen. Gleichzeitig haben Museen aber als Bewahrer authentischer Zeugnisse eine besondere
Verantwortung, ihre Sammlungen der Öffentlichkeit so frei wie möglich zugänglich zu machen.
Mit Blick auf die Realisierung einer Zugangskontrolle wird jedoch ein reines
Kamera-Monitoring-Prinzip, also lediglich eine Beobachtung ohne Aufzeichnung, für den angestrebten Zweck ausreichend sein.
Für den angestrebten Zweck, den Besitz oder das Eigentum an den ausgestellten Objekten zu schützen, kann eine Videoüberwachung mit Aufzeichnung, welche mit einem Alarmsicherungssystem verbunden ist, außerhalb
der Öffnungszeiten als datenschutzrechtlich unbedenklich eingestuft werden. Eine flächendeckende Videoüberwachung der Museumsräume während
der Öffnungszeiten wird jedoch wegen entgegen stehender schutzwürdiger
Interessen der Betroffenen als unzulässig zu bewerten sein.
Zu berücksichtigen ist ebenso, dass durch Videoüberwachungsmaßnahmen
in Museen auch das dort beschäftige Personal erfasst werden kann. Hier ist §
31 Abs. 5 SDSG zu beachten, wonach diese Daten nicht zur Verhaltens- und
Leistungskontrolle der Mitarbeiter herangezogen werden dürfen. Sind Mitarbeiter demnach von einer Videoüberwachungsmaßnahme betroffen, ist ausdrücklich die Einbindung des Personalrates anzuraten.
§ 31 Abs. 5 SDSG
(5) Soweit Daten der Beschäftigten im Rahmen der Durchführung der technischen und organisatorischen Maßnahmen nach § 11 Abs. 2 gespeichert
werden, dürfen sie nicht zu Zwecken der Verhaltens- oder Leistungskontrolle
genutzt werden.
2.10
Videoüberwachung von Kriegsgräberstätten
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie ist für sechs
Ehrenfriedhöfe, auf denen ausschließlich Kriegstote bestattet sind, zuständig.
Da es sich um Kriegstote verschiedenster Nationalitäten handelt und ausweislich der Besucherbücher Angehörige aus dem Ausland diese Stätten
auch weiterhin aufsuchen, sollen alle Ehrenfriedhöfe zu jeder Zeit zugänglich
sein. Neben Pflegearbeiten zählen die Renovierung beschädigter Gegenstände sowie auch die Wiederbeschaffung gestohlener Grabkreuze, Gedenktafeln und Skulpturen zum Aufgabenbereich des Ministeriums.
Das zuständige Ministerium teilte unserer Dienststelle mit, dass im Rahmen
einer landesweiten Serie von Metalldiebstählen auch auf zwei Ehrenfriedhöfen erhebliche Schäden zu verzeichnen waren. Beispielsweise wurden auf einem dieser Friedhöfe 40 bronzene Grabkreuze entwendet. Da auf diesem
Friedhof noch 280 Metallkreuze und eine 2,50 Meter hohe Bronzestatue von
sehr hohem Wert stehen, bat das Ministerium meine Dienststelle um Prüfung,
ob der Einsatz von Kameradummies oder Videoüberwachungsanlagen als Sicherungsmaßnahme zulässig sei.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
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Sinn und Zweck einer Videoattrappe ist es, bei dem Betroffenen die Vorstellung einer funktionsfähigen Videoüberwachungsanlage zu erzeugen, um auf
diese Weise unerwünschte Verhaltensweisen zu unterbinden. Insoweit ist der
Betroffene dem gleichen Überwachungsdruck wie durch eine Echtanlage
ausgesetzt. Aus diesem Grund sind nach hiesiger Auffassung auch an die Errichtung von Kameradummies die gleichen rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen wie bei der Errichtung von Echtanlagen zu stellen.
Aufgrund der Sachdarstellung des Ministeriums ist der Einsatz einer Videoüberwachungsechtanlage im konkreten Fall auf der Grundlage von § 34 Abs.
1 Nr. 1 SDSG zum Schutz des Eigentums oder Besitzes möglich. In der Vergangenheit gab es durch die belegten Diebstähle "konkrete Anhaltspunkte"
für eine Gefährdung der Rechtsgüter i.S.d § 34 Abs. 1 S. 2 SDSG, die eine
solche Maßnahme rechtfertigen. Zudem hat das Ministerium dargelegt, weshalb eine Begrenzung der Öffnungszeiten bei Ehrenfriedhöfen nicht opportun ist.
Eine wenn auch vermeintliche Beobachtung ist ebenso durch geeignete Hinweisschilder anzuzeigen.
Bei einer echten Videoüberwachungsmaßnahme handelt es sich um ein automatisiertes Verfahren, weshalb nach § 7 Abs. 2 SDSG die Landesbeauftragte
für Datenschutz vor der beabsichtigten Installation einer Videoüberwachungsanlage durch Behörden oder sonstige öffentliche Stellen des Landes
zu beteiligen ist. Durch die verantwortliche Stelle ist hierfür eine entsprechende Verfahrensbeschreibung „Videoüberwachung“ mit den nach § 9 Abs.
1 SDSG festzulegenden Angaben zu erstellen. Eine entsprechende Musterverfahrensbeschreibung ist auf unserer Internetseite zum Download eingestellt.
Darüber hinaus ist durch die verantwortliche Stelle das Interesse an der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen gegenüber den „schutzwürdigen Interessen der Betroffenen“ abzuwägen. Schutzwürdige Interessen von Betroffenen überwiegen beispielsweise dort, wo deren Intimsphäre berührt wird. Auf Friedhöfen gilt dies sicher
dort, wo Trauernde zum Verweilen in stillem Gedenken oder zum Gebet eingeladen werden.
Ebenso ist zu prüfen, ob für den „angestrebten Zweck“ tatsächlich eine tägliche Überwachungsdauer von 24 Stunden erforderlich ist, oder nicht vielmehr
eine Begrenzung beispielsweise auf die Nacht und den Frühmorgen, eben zu
jener Zeit, zu welcher die Diebstähle stattfanden, ausreichend ist.
Gemäß § 34 Abs. 2 SDSG müssen die Möglichkeit der Beobachtung und die
verantwortliche Stelle für Betroffene erkennbar sein. Dies kann durch entsprechende Hinweisschilder mit mindestens Name und Anschrift der verantwortlichen Stelle sichergestellt werden.
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3
Videoüberwachung am Arbeitsplatz
3.1
Einführung in die Thematik
Aufgrund einer stetig steigenden Anzahl von Eingaben im Bereich der kameragestützten Überwachung von Bereichen, in denen sich ausschließlich oder
überwiegend Arbeitnehmer aufhalten, und der besonderen Intensität des damit verbundenen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Beschäftigten, wurde diesem Thema hier ein eigenes Kapitel gewidmet. Losgelöst von der Frage, ob es sich bei der für die kameragestützte Arbeitnehmerüberwachung verantwortlichen Stelle um eine Behörde oder einen privatrechtlich-organisierten Arbeitgeber handelt, soll an dieser Stelle ein
exemplarischer Überblick zu diesem Themenkomplex gegeben werden.
3.2
Videoüberwachung im Beschäftigungsverhältnis
Videoüberwachung am Arbeitsplatz ist allgegenwärtig. Dieser Eindruck korreliert mit der großen Anzahl an Eingaben, die wir zu dieser Thematik erhalten
haben. Ob im Baugewerbe, im produzierenden Gewerbe oder der Gastronomie, überall werden Videokameras eingesetzt, die auch zur Überwachung der
Beschäftigten genutzt werden können.
Zu unterscheiden ist die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen
Räumlichkeiten sowie die Videoüberwachung am Arbeitsplatz, der einen
nicht öffentlich zugänglichen Raum darstellt. Sind bei der ersten Variante
durch privatrechtlich organisierte Arbeitgeber die Voraussetzungen des § 6b
Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) neben den Vorschriften zu Beschäftigtendaten aus § 32 BDSG zu berücksichtigen, gelten für die zweite Variante lediglich die Vorgaben aus § 32 BDSG.
Eine Prüfung, ob eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz aus datenschutzrechtlicher Sicht als zulässig erachtet werden kann, kann immer erst nach Betrachtung des Einzelfalls entschieden werden. Dabei sind die Kriterien der Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit zu beachten. Die Videoüberwachung am Arbeitsplatz stellt grundsätzlich einen tiefen Eingriff in
die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen dar, da durch diese Maßnahmen
ein permanenter Überwachungsdruck auf die Belegschaft ausgeübt werden
kann und man Rückschlüsse auf Leistung und Verhalten der Belegschaft dokumentieren kann.
Generell ist dazu anzumerken, dass bereits im Jahr 2004 das Bundesarbeitsgericht festgestellt hat, dass eine permanente Videoüberwachung am Arbeitsplatz und der damit einhergehende permanente Überwachungsdruck in
schwerwiegender Weise in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingreift. Eine „Rund-um-die-Uhr-Überwachung“ von Mitarbeitern
ist aufgrund dieses schwerwiegenden Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte
der Beschäftigten unzulässig (BAG Beschluss vom 14. Dezember 2004 - 1 ARB
34/03 -).
Nur in ganz besonderen Ausnahmefällen kann eine solche Maßnahme gerechtfertigt sein. Eine permanente Videoüberwachung der Beschäftigten ist
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39
beispielsweise denkbar, wenn der Beschäftigte in einem besonders gefahrträchtigen Arbeitsbereich tätig ist und der Arbeitgeber seiner dem Beschäftigten gegenüber bestehenden Schutzpflicht nachkommen muss. In der Regel fällt die Abwägung zwischen den Interessen eines Arbeitgebers an einer
Videoüberwachung und den schutzwürdigen Belangen der Beschäftigten jedoch zugunsten der Beschäftigten aus. Die Zulässigkeit ist im Einzelfall zu
überprüfen.
In der Abwägung zwischen den berechtigten Interessen der Arbeitgeber an
der Durchführung einer Videoüberwachung mit entgegenstehenden Interessen der Beschäftigten ist insbesondere zu gewichten, ob dem Beschäftigten
überhaupt ein kontrollfreier und damit unbeobachteter Arbeitsbereich zur
Verfügung steht. Generell unzulässig ist eine Videoüberwachung in sensiblen
Bereichen wie Umkleidekabinen, sanitäre Einrichtungen und Aufenthaltsräume.
Auch eine Videoüberwachung zur reinen Leistungs- und Verhaltenskontrolle
der Beschäftigten ist unzulässig. Da eine Videoüberwachung aber grundsätzlich dazu geeignet ist, das Verhalten und die Leistung der Beschäftigten zu
dokumentieren, ist die Installation einer Videoüberwachung im Betrieb mitbestimmungspflichtig, soweit ein Betriebsrat im Unternehmen existiert. Bei
der Installation einer Videoüberwachung im Betrieb empfehlen wir daher den
Abschluss einer Betriebsvereinbarung, die eine Auswertung der Videosequenzen zur Verhaltens- und Leistungskontrolle der Belegschaft ausschließt.
3.3
Videoüberwachung in der industriellen Produktion
Das Unabhängige Datenschutzzentrum wurde von einem Mitarbeiter eines
industriellen Produktionsbetriebes darüber informiert, dass der Eigentümer
der Firma eine Videokamera zur Überwachung seiner Mitarbeiter angebracht
habe. Der Bitte um Stellungnahme zur Erforderlichkeit der Videoüberwachungsmaßnahme kam der Eigentümer nicht in ausreichendem Maße nach,
so dass sich zwei Mitarbeiter des Datenschutzzentrums vor Ort ein Bild der
Videoüberwachungsmaßnahme machten.
Die angebrachte Netzwerkkamera war so ausgerichtet, dass sie die in der
Produktionshalle tätigen Mitarbeiter überwachen konnte. Die Kamera war
geeignet, sowohl Ton- als auch Bildaufzeichnungen anzufertigen. Der Zugriff
auf die Kamera konnte über jeden Browser erfolgen. Bei der Überprüfung vor
Ort wurde festgestellt, dass keine Videosequenzen gespeichert wurden. Es
wurde bei erfolgtem Zugriff auf die Kamera lediglich ein Livebild aus der Produktionshalle wiedergegeben, auf dem Mitarbeiter zu sehen waren. Die Mitarbeiter waren somit einem ständigen Überwachungsdruck ausgesetzt.
Als Begründung für die Installation der Kamera gab der Betreiber mehrere
Szenarien an. So sollte beispielsweise der Produktionsablauf in der Halle kontrolliert werden, damit bei Komplikationen direkt eingegriffen werden
könnte. Dieses Argument war jedoch dadurch zu widerlegen, dass ständig
Mitarbeiter vor Ort waren, die bei Komplikationen einschreiten konnten. Ein
weiterer Grund war die Überwachung eines explosionsgefährdeten Bereichs.
Allerdings war die Kamera so ausgerichtet, dass der explosionsgefährdete
Bereich nicht erfasst wurde. Darüber hinaus sollte die Kamera auch der Diebstahlprävention dienen. Dass es bereits einmal zu einem Diebstahl gekommen ist, der zur Anzeige gebracht wurde, konnte uns allerdings nicht belegt
werden. Als entscheidender Anlass zur Installation der Kamera wurde uns jedoch mitgeteilt, dass der Firmeninhaber während eines Kontrollganges kurz
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vor Schichtende festgestellt hatte, dass einige seiner Mitarbeiter bereits
umgezogen auf den Feierabend gewartet haben. Aus diesem Grund eine Kamera zu installieren, die permanent alle Mitarbeiter überwacht, steht jedoch
nicht im Verhältnis zum Vergehen der Mitarbeiter. Als milderes Mittel der
Kontrolle hätten hier häufigere Kontrollgänge durch den Inhaber der Firma,
der auch auf dem Firmengelände eine Wohnung bewohnt, völlig ausgereicht.
Die eingesetzte Kamera unterstützte das 2-Wege-Audio-System. Sie hatte
ein Mikrofon und einen Audioausgang für einen Lautsprecheranschluss. Die
Möglichkeit der Tonaufzeichnung war allerdings deaktiviert. Wir haben in
diesem Zusammenhang allerdings darauf hingewiesen, dass es § 201 Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafandrohung verbietet, das nicht-öffentlich gesprochene Wort aufzuzeichnen oder abzuhören. Sofern eine Videokamera
über eine solche Audiofunktion verfügt, ist sie irreversibel zu deaktivieren.
Im Rahmen der Anhörung war der Inhaber des Betriebes schließlich bereit,
die Kamera zu deinstallieren und einen datenschutzkonformen Zustand herzustellen.
3.4
Arbeitnehmerüberwachung in einem Gastronomiebetrieb
Ein Mitarbeiter eines Gastronomiebetriebes hatte sich an die Dienststelle gewandt und angeführt, dass die Mitarbeiter in der Küche durch den Betriebsinhaber videografiert und ständig überwacht würden. Die sich anschließende
Vorortkontrolle hatte zum Ergebnis, dass die eingesetzte Dome-Kamera tatsächlich den nicht-öffentlich zugänglichen Arbeitsbereich der Mitarbeiter
permanent überwachte. Der Zugriff zur Kamera erfolgte über einen passwortgeschützten Remotezugang, der jederzeit vom Arbeitgeber abgerufen werden konnte.
Der Vorgesetzte wurde im Gespräch ausführlich über die Voraussetzungen
für den datenschutzkonformen Betrieb einer Videoüberwachungsmaßnahme
informiert. Auch wurde in die Zusammenhang auf die Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts hingewiesen. Demnach dürfen Beschäftigte, außer in
speziellen Einzelfällen, nicht permanent von einer Videoüberwachung erfasst
werden. Da der Fokus der Kamera auf der Überwachung der Leistung und
des Verhaltens der Mitarbeiter lag, die somit einem permanenten Überwachungsdruck durch ihren Arbeitgeber ausgesetzt waren, wurde die Kameraeinstellung für unzulässig erklärt.
Der Verantwortliche zeigte sich zunächst einsichtig und teilte der Aufsichtsbehörde mit, dass die Videokamera vom Netz genommen wurde und dementsprechend keine Zugriffsmöglichkeit auf das Überwachungssystem mehr
bestehe.
In einer unangekündigten Nachkontrolle wurde von Mitarbeitern des Datenschutzzentrums festgestellt, dass die Kamera nach wie vor an die Stromversorgung angeschlossen und somit eine Überwachung der Mitarbeiter jederzeit möglich war. Im Nachgang zur Kontrolle wurde sodann ein Verfahren
nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz eingeleitet wurde. Das in diesem Zusammenhang verhängte Bußgeld wurde von dem Betriebsinhaber anstandslos gezahlt und die Videoüberwachung der Mitarbeiter nun tatsächlich eingestellt.
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4
Beschlüsse des Düsseldorfer Kreises
4.1
Videoüberwachung in und an Taxis
Beschluss der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen
Bereich (Düsseldorfer Kreis am 26./27. Februar 2013)
Leben, Gesundheit und Freiheit der Taxifahrer sind hohe Rechtsgüter, die es
nachhaltig zu schützen gilt. Zu diesem Zweck kann auch der Einsatz von Videokameras in Betracht kommen. Allerdings müssen die Persönlichkeitsrechte der Fahrgäste, der angestellten Taxifahrer sowie anderer Verkehrsteilnehmer gewahrt bleiben. Der Einsatz von Videokameras muss daher unter
Würdigung der berechtigten Sicherheitsinteressen und schutzwürdigen Belange aller Betroffenen auf das erforderliche Mindestmaß beschränkt bleiben.
Die Zulässigkeit einer Videoüberwachung durch Taxi-Unternehmen bestimmt sich nach § 6b Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Gemäß § 6 b Abs. 1
Nr. 3, Abs. 3 BDSG ist eine Beobachtung und Aufzeichnung mittels Videokameras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für
konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
1. Innenkameras
Das betroffene Taxi-Unternehmen muss als verantwortliche Stelle vorrangig
alternative und weniger einschneidende Schutzmaßnahmen berücksichtigen,
bevor eine Videoüberwachung erwogen werden kann. In Betracht zu ziehen
sind beispielsweise die Möglichkeit der anlassbezogenen Auslösung eines
„stillen Alarms“ oder eines GPS-gestützten Notrufsignals.
Taxifahrern kann die Möglichkeit eröffnet werden, die Videoaufzeichnung
selbsttätig (z.B. über einen Schalter) zu aktivieren, wenn nach ihrer eigenen
Einschätzung eine bedrohliche Situation gegeben ist und es mithin einen Anlass für die Aufzeichnung gibt.
Eine anlasslose Videoüberwachung, die ohne Einflussnahmemöglichkeit des
Fahrers generell und automatisch einsetzt und bei der sowohl die Fahrgäste
als auch das gesamte Geschehen im Fahrgastbereich permanent aufgezeichnet werden, ist weder erforderlich noch verhältnismäßig. Unter Berücksichtigung sowohl der Sicherheitsinteressen des Fahrpersonals als auch der Persönlichkeitsrechte der betroffenen Fahrgäste ist die Videoaufzeichnung vielmehr in der Regel auf das Anfertigen einzelner Standbilder der Fahrgäste
beim Einsteigen zu beschränken.
Soweit Bilder zulässigerweise aufgezeichnet wurden, sind diese gemäß § 6b
Abs. 5 BDSG unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks
nicht mehr erforderlich sind. Gab es kein Schadensereignis, sind die Bildaufnahmen der Innenkameras im Regelfall innerhalb von 24 Stunden, spätestens
aber nach 48 Stunden zu löschen.
Dem Transparenzgebot des § 6b Abs. 2 BDSG folgend müssen durch deutlich
sichtbare Beschilderungen an den Fahrgasttüren potentielle Fahrgäste vor
dem Einsteigen auf den Umstand der Videoüberwachung und die hierfür verantwortliche Stelle hingewiesen werden.
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Schließlich haben die Taxi-Unternehmen durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen zu gewährleisten, dass nur berechtigten Personen ein Zugriff auf die Bildaufzeichnungen möglich und ein unbefugtes Auslesen der Daten ausgeschlossen ist.
2. Außenkameras
Die Voraussetzungen des § 6b Abs. 1, Abs. 3 BDSG sind bei Außenkameras,
mit denen der öffentliche Verkehrsraum – etwa zwecks vorsorglicher Beweis
sichernder Dokumentation für den Fall eines Schadensereignisses – einer
Überwachung unterzogen werden soll, nicht erfüllt. Unerheblich ist dabei, ob
die Kameras mobil sind und eventuell nur die nähere Umgebung des Taxis
erfassen. Mit derartigen Kameras sollen gezielt personenbezogene Daten
(Bilder, auf denen Personen, Kfz-Kennzeichen, Aufschriften auf Fahrzeugen
etc. erkennbar sind) erhoben werden, um später anhand der Aufnahmen beispielsweise Verantwortlichkeiten von Verkehrsteilnehmern und Haftungsfragen klären zu können. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst jedoch die Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit frei und ungezwungen
zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden. Eine Rechtsgrundlage für
diese Datenerhebung gibt es nicht. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch
nicht, wenn § 28 BDSG zugrunde gelegt wird.
Die Ausstattung von Taxis mit "Unfallkameras", wie sie von Versicherungsunternehmen vorgeschlagen wird, ist daher unzulässig. Die Taxiunternehmen
müssen sich darüber im Klaren sein, dass nicht das Versicherungsunternehmen, sondern sie selbst in der datenschutzrechtlichen Verantwortlichkeit stehen.
4.2
Unzulässigkeit von Videoüberwachung aus Fahrzeugen (sog.
Dashcams)
Beschluss der Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen
Bereich (Düsseldorfer Kreis am 25./26. Februar 2014)
Mittlerweile nimmt der Einsatz sog. Dashcams auch in Deutschland immer
mehr zu, um, so die standardmäßige Begründung, im Falle eines Unfalls den
Hergang nachvollziehen und das Video gegebenenfalls als Nachweis bei der
Regulierung von Schadensfällen und der Klärung von Haftungsfragen heranziehen zu können.
Die Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder für den Datenschutz im
nicht-öffentlichen Bereich machen darauf aufmerksam, dass der Einsatz solcher Kameras - jedenfalls sofern dieser nicht ausschließlich für persönliche
oder familiäre Tätigkeiten erfolgt - datenschutzrechtlich unzulässig ist.
Soweit mit den Dashcams in öffentlich zugänglichen Bereichen gefilmt wird
und als Hauptzweck der Aufnahmen die Weitergabe von Filmaufnahmen zur
Dokumentation eines Unfallhergangs angegeben wird, ist der Einsatz – auch
wenn die Kameras von Privatpersonen eingesetzt werden – an den Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes zu messen. Gemäß § 6b Abs. 1 Nr. 3 und
Abs. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) ist eine Beobachtung und
Aufzeichnung mittels Videokameras nur zulässig, soweit dies zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist
und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
43
Diese Voraussetzungen sind in aller Regel nicht erfüllt, da die schutzwürdigen
Interessen der Verkehrsteilnehmer überwiegen. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht umfasst das Recht des Einzelnen, sich in der Öffentlichkeit
frei zu bewegen, ohne befürchten zu müssen, ungewollt und anlasslos zum
Objekt einer Videoüberwachung gemacht zu werden. Dashcams zeichnen
den Verkehr sowie Personen, die sich in der Nähe einer Straße aufhalten,
ohne Anlass und permanent auf, so dass eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern betroffen ist, die sämtlich unter einen Generalverdacht gestellt werden,
ohne dass sie von der Überwachung Kenntnis erlangen oder sich dieser entziehen können. Das Interesse des Autofahrers, für den eher theoretischen Fall
eines Verkehrsunfalls Videoaufnahmen als Beweismittel zur Hand zu haben,
kann diesen gravierenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Verkehrsteilnehmer nicht rechtfertigen.
44
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5
Orientierungshilfen
5.1
Orientierungshilfe des Düsseldorfer Kreises „Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen“
Chancen und Risiken einer Videoüberwachung
Videoüberwachung ist vermeintlich in der Lage, bei gewissen Sicherheitsproblemen eine einfache Lösung zu bieten. So können etwa unübersichtliche
Gebäudekomplexe zu verschiedensten Tages- und Nachtzeiten leicht überwacht werden. Die Aufsicht über das System kann zentral und mit wenig Personalaufwand erfolgen. Die Technik ist erschwinglich und regelmäßig ohne
besondere Kenntnisse zu installieren.
Die datenschutzrechtliche Relevanz der Videoüberwachung wird von den Betreibern einer Videoüberwachungsanlage jedoch häufig falsch eingeschätzt.
Jeder Mensch hat grundsätzlich das Recht, sich in der Öffentlichkeit frei zu
bewegen, ohne dass sein Verhalten permanent mit Hilfe von Kameras beobachtet oder aufgezeichnet wird. Die Tatsache beobachtet zu werden, kann
bei vielen Personen eine Änderung ihres Auftretens bewirken, weil die Gefahr
besteht, dass das eigene Verhalten überprüft und nicht autorisiert z.B. im Internet veröffentlicht wird. Bei einer ununterbrochenen Überwachung kann
das Wissen, dass jede Bewegung und jede Geste von einer Kamera überwacht
wird, mit weitreichenden psychologischen Auswirkungen verbunden sein.
Der Einzelne fühlt sich ständig beobachtet und ist dadurch einem permanenten Überwachungsdruck ausgesetzt.
Mit dem Einsatz von Videoüberwachungsanlagen sind weitere Risiken verbunden. Es besteht die Gefahr, dass Aufzeichnungen missbraucht oder für
fremde Zwecke genutzt werden. Elektronische Bilder können ohne Weiteres
gespeichert, kopiert und unbegrenzt an eine Vielzahl von Empfängern in kürzester Zeit und ohne finanziellen Aufwand weitergeleitet werden. Umfassende räumliche und zeitliche Überwachungen ermöglichen die Erstellung
von Bewegungs- und Verhaltensprofilen. Hinzu kommt, dass „intelligente“
Videoüberwachungssysteme keine reine Zukunftsmusik mehr sind. Technisch
ist es beispielsweise möglich, gezielt einzelne Personen automatisiert über
eine große räumliche Distanz zu verfolgen und mittels Bilderabgleich in Datenbanken eindeutig zu identifizieren. Machbar ist es auch, „auffällige“ oder
vermeintlich nicht normale Bewegungen und Verhaltensmuster herauszufiltern, anzuzeigen und gegebenenfalls Alarm auszulösen.
Diese Orientierungshilfe soll darüber informieren, unter welchen Voraussetzungen eine Videoüberwachung zulässig ist und welche gesetzlichen Vorgaben dabei einzuhalten sind. Sofern mit einer Kamera personenbezogene Daten erhoben werden, also z.B. Personen oder Kfz-Kennzeichen erkennbar
sind, bedarf es nach dem sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt einer rechtlichen
Grundlage für die Datenverarbeitung. Zu unterscheiden ist dabei zwischen
der Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen in öffentlich zugänglichen Räumen (§ 6b des Bundesdatenschutzgesetzes [BDSG]), der Videoüberwachung von Beschäftigten (§ 32 Abs. 1 BDSG) und einer sonstigen Videoüberwachung in nicht öffentlich zugänglichen Räumen (§ 28 BDSG). Am
Ende finden Sie einen Fragenkatalog, der Verantwortlichen und Datenschutzbeauftragten als Checkliste dienen kann.
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45
Zulässigkeit einer Videoüberwachung durch nicht-öffentliche
Stellen in öffentlich zugänglichen Räumen
Maßgebliche Vorschrift für die Zulässigkeitsprüfung einer Videoüberwachungsanlage ist § 6b BDSG, welche die Videoüberwachung von öffentlich
zugänglichen Räumen durch nicht-öffentliche Stellen regelt. Nicht-öffentliche Stellen sind private Betreiber von Videotechnik, z. B. Unternehmen oder
Privatpersonen.
Anwendungsbereich und Voraussetzungen des § 6b Absatz 1
BDSG
Im Folgenden wird beschrieben, wann diese Vorschrift Anwendung findet
und welche Anforderungen sie an eine Videoüberwachungsanlage stellt.
Wann liegt eine Videoüberwachung vor?
§ 6b Absatz 1 BDSG definiert die Videoüberwachung als Beobachtung mit
„optisch-elektronischen Einrichtungen“. Von diesem Begriff werden nicht nur
handelsübliche Videokameras, sondern jegliche Geräte, die sich zur Beobachtung eignen, erfasst. Dabei ist irrelevant, ob sie über eine Zoomfunktion oder
eine Schwenkvorrichtung verfügen, ob die Kamera stabil montiert oder frei
beweglich ist. Auch der Einsatz von Webcams, Wildkameras, digitalen Fotoapparaten oder Mobiltelefonen mit integrierter Kamera ist grundsätzlich als
Videoüberwachung anzusehen. Voraussetzung ist dabei jeweils die Erhebung
personenbezogener Daten, das heißt, dass Personen auf den Aufnahmen erkennbar sein müssen oder sonst Rückschlüsse auf die Identität einer Person
möglich sind.
Der Begriff der Videoüberwachung umfasst sowohl die Videobeobachtung,
bei der eine Live-Übertragung der Bilder auf einen Monitor erfolgt, als auch
die Videoaufzeichnung, bei der die Aufnahmen gespeichert werden. Eine Videoüberwachung liegt bereits vor, sobald die Möglichkeit der Beobachtung
gegeben ist, das bedeutet, dass unabhängig von einer möglichen Speicherung oder Aufzeichnung der Bilder schon bei bloßer Live-Beobachtung mittels optisch-elektronischer Einrichtung die Vorgaben des § 6b BDSG einzuhalten sind. Der Begriff der Beobachtung erfasst auch die digitale Fotografie,
sofern eine gewisse zeitliche Dauer zugrunde liegt. Damit unterfällt beispielsweise das Anfertigen von Fotos in kurzen Zeitintervallen ebenfalls der Vorschrift. Die gezielte Beobachtung einzelner Personen wird nicht vorausgesetzt. Die Überwachungsmaßnahme setzt selbst dann bereits mit der Inbetriebnahme der Kameras ein, wenn die Geräte erst im Bedarfs- oder Alarmfall
aufzeichnen.
Bei bloßen Kameraattrappen oder unzutreffenden Hinweisen auf eine Videoüberwachung gehen die Datenschutzaufsichtsbehörden der meisten Bundesländer davon aus, dass das Bundesdatenschutzgesetz nicht zur Anwendung kommt, da es sich bei Attrappen um keine optisch-elektronische Einrichtungen handelt und deshalb keine personenbezogenen Daten erhoben
werden. Allerdings erweckt auch das Anbringen von Kameraattrappen und
unzutreffenden Hinweisen bei Personen, die diese zur Kenntnis nehmen, regelmäßig den Eindruck, dass sie tatsächlich videoüberwacht werden. Da die
fehlende Funktionsfähigkeit der Kamera von außen nicht erkennbar ist, kann
ein Überwachungsdruck hervorgerufen werden, der eine Beeinträchtigung
des Persönlichkeitsrechts darstellen und damit zivilrechtliche Abwehransprüche auslösen kann. Diese müssen notfalls im Klageweg durchgesetzt werden.
Ob darüber hinaus ein aufsichtsbehördliches Einschreiten gegen eine At-
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Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
trappe in Betracht kommt, differiert danach, ob die örtlich zuständige Aufsichtsbehörde hierfür auch eine sachliche Zuständigkeit anerkennt. Dies erfahren Betroffene ggf. auf Nachfrage.
Was ist ein öffentlich zugänglicher Raum?
Die Anwendung des § 6b BDSG setzt voraus, dass ein öffentlich zugänglicher
Raum beobachtet wird. Hierbei handelt es sich um Bereiche innerhalb oder
außerhalb von Gebäuden, die nach dem erkennbaren Willen des Berechtigten (z.B. des Grundstückseigentümers) von Jedermann genutzt oder betreten
werden dürfen. Ein öffentlicher Raum liegt auch dann vor, wenn für den Zugang besondere allgemeine Voraussetzungen, wie etwa ein bestimmtes Mindestalter, erfüllt sein müssen, ein Eintrittspreis zu errichten ist oder die Öffnung nur zu bestimmten Zeiten erfolgt. Darauf, ob der überwachte Bereich
Privateigentum ist oder nicht, kommt es nicht an.
Zu den öffentlich zugänglichen Räumen gehören neben öffentlichen Verkehrsflächen beispielsweise Ausstellungsräume eines Museums, Verkaufsräume, Schalterhallen, Tankstellen, Biergärten, öffentliche Parkhäuser, Gasträume von Gaststätten oder Hotelfoyers.
Nicht öffentlich zugänglich sind demgegenüber Räume, die nur von einem
bestimmten und abschließend definierten Personenkreis betreten werden
können oder dürfen. Hierzu gehören etwa Büros oder Produktionsbereiche
ohne Publikumsverkehr. Entscheidend ist hierbei, dass die Nicht-Öffentlichkeit durch Verbotsschilder oder den Kontext der Umgebung erkennbar ist.
Die eigene private Wohnung zählt z.B. zu den nicht öffentlich zugänglichen
Räumen. Zu beachten ist allerdings, dass die Einordnung als nicht öffentlich
zugänglicher Raum vom Einzelfall abhängig ist. Das Treppenhaus eines
Wohnhauses ist beispielsweise grundsätzlich ein nicht öffentlich zugänglicher Raum. Befindet sich im Haus allerdings eine Arztpraxis oder eine Anwaltskanzlei mit offenem Publikumsverkehr, dann ist dies bereits ausreichend, um das Treppenhaus während der Geschäftszeiten als öffentlich zugänglich einzuordnen. Eine Videoüberwachung nicht-öffentlich zugänglicher
Räume kann unter Umständen nach § 28 BDSG zu beurteilen.
Eine Überwachung öffentlich zugänglicher Räume liegt auch dann vor, wenn
außer einem privaten Grundstück auch der öffentliche Verkehrsraum in der
Umgebung und die sich dort befindlichen Personen erfasst werden. Bei einem Nachbargrundstück handelt es sich nicht um einen öffentlichen Raum;
dessen Beobachtung ist daher nicht von § 6b BDSG erfasst. Allerdings greift
eine Überwachung von Nachbargrundstücken in die Persönlichkeitsrechte
des Nachbarn ein. Dieser kann sich daher auf zivilrechtlichem Weg mittels
Abwehr- und Unterlassungsansprüchen gegen die Videoüberwachung zur
Wehr setzen (zur Videoüberwachung im Nachbarschaftsverhältnis vgl. unten
Nr. 5).
Zulässigkeit einer Videoüberwachung öffentlich zugänglicher
Räume
Nach § 6b Absatz 1 BDSG ist das Beobachten öffentlich zugänglicher Räume
per Videoüberwachung nur zulässig, soweit es zur Wahrnehmung des Hausrechts oder zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte für das Vorliegen
überwiegender schutzwürdiger Interessen der betroffenen Personen bestehen.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
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Zweck der Videoüberwachung
Bevor eine Videoüberwachung installiert wird, ist zu konkretisieren, welches
Ziel damit erreicht werden soll. Ein berechtigtes Interesse für den Betrieb einer Videoüberwachungsanlage kann ideeller, wirtschaftlicher oder rechtlicher
Natur sein. Soll die Videoüberwachung dazu eingesetzt werden, vor Einbrüchen, Diebstählen oder Vandalismus zu schützen, ist darin grundsätzlich ein
berechtigtes Interesse zu sehen, wenn eine tatsächliche Gefahrenlage nachgewiesen werden kann. Zu fordern sind konkrete Tatsachen, aus denen sich
eine Gefährdung ergibt, beispielsweise Beschädigungen oder besondere
Vorkommnisse in der Vergangenheit. Ratsam ist es daher, entsprechende Ereignisse sorgfältig zu dokumentieren (Datum, Art des Vorfalls, Schadenshöhe) oder etwaige Strafanzeigen aufzubewahren. Auch die Beweissicherung
durch die Aufzeichnung kann ein solches berechtigtes Interesse darstellen.
In bestimmten Fällen kann auch eine abstrakte Gefährdungslage ausreichend
sein, wenn eine Situation vorliegt, die nach der Lebenserfahrung typischerweise gefährlich ist, z.B. in Geschäften, die wertvolle Ware verkaufen (z.B. Juweliere) oder die im Hinblick auf Vermögens- und Eigentumsdelikte potentiell besonders gefährdet sind (z.B. Tankstellen).
Darüber hinaus ist im Vorhinein konkret festzulegen und schriftlich zu dokumentieren, welchem Zweck die Videoüberwachung im Einzelfall dienen soll.
Dabei ist der Überwachungszweck jeder einzelnen Kamera gesondert und
konkret anzugeben.
Geeignetheit und Erforderlichkeit der Videoüberwachung
Vor dem Einsatz eines Videoüberwachungssystems ist zu überprüfen, ob es
tatsächlich für den festgelegten Zweck geeignet und erforderlich ist. Die Erforderlichkeit einer Videoüberwachung kann nur dann bejaht werden, wenn
der beabsichtigte Zweck nicht genauso gut mit einem anderen (wirtschaftlich
und organisatorisch) zumutbaren, in die Rechte des Betroffenen weniger eingreifenden, Mittel erreicht werden kann.
Vor der Installation einer Videoüberwachungsanlage muss man sich deshalb
mit zumutbaren alternativen Methoden auseinandersetzen, die in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen weniger eingreifen. Eine Umzäunung, regelmäßige Kontrollgänge von Bewachungspersonal, der Einsatz eines Pförtners,
der Einbau von Sicherheitsschlössern oder von einbruchssicheren Fenstern
und Türen können beispielsweise ebenfalls einen wirksamen Schutz gegen
Einbruch und Diebstahl bieten. Das Auftragen von spezieller Oberflächenbeschichtung kann Schutz vor Be-schädigungen durch Graffiti bieten.
Des Weiteren muss vor Inbetriebnahme einer Kameraanlage eine Überprüfung dahingehend erfolgen, an welchen Orten und zu welchen Zeiten eine
Überwachung unbedingt notwendig erscheint. Häufig kann eine Überwachung in den Nachtstunden oder außerhalb der Geschäftszeiten ausreichend
sein.
Im Rahmen der Erforderlichkeit ist ferner zu untersuchen, ob eine reine Beobachtung im Wege des Live-Monitorings ausreichend ist, oder ob es zum
Erreichen des Überwachungszwecks einer (regelmäßig eingriffsintensiveren)
Aufzeichnung bedarf. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass eine
reine Aufzeichnung (blackbox) für präventive Zwecke nicht geeignet ist, da
keine direkte Interventionsmöglichkeit besteht. Diese ist nur bei einem Monitoring gegeben, da dann z.B. Sicherheitspersonal unmittelbar eingreifen
48
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
kann. Das bedeutet, dass eine Videoaufzeichnung zur Verhinderung von Unfällen oder Straftaten nicht geeignet ist.
Unter dem Aspekt der Datenvermeidung und Datensparsamkeit ist weiterhin
zu prüfen, ob durch den Einsatz spezieller Technik bestimmte Bereiche des
Aufnahmefeldes ausgeblendet oder die Gesichter der sich in diesen Bereichen aufhaltenden Personen „verschleiert“ werden können.
Beachtung der schutzwürdigen Interessen des Betroffenen
Auch wenn eine Videoüberwachung zur Wahrung des Hausrechts oder zur
Wahrnehmung eines berechtigten Interesses erforderlich ist, darf sie nur in
Betrieb genommen werden, wenn schutzwürdige Interessen der Betroffenen
nicht überwiegen. An dieser Stelle ist eine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Überwachenden und dem von der Überwachung Betroffenen vorzunehmen. Maßstab der Bewertung ist das informationelle
Selbstbestimmungsrecht als besondere Ausprägung des Persönlichkeitsrechts auf der einen und der Schutz des Eigentums oder der körperlichen
Unversehrtheit auf der anderen Seite. Bei der Abwägung sind die Gesamtumstände jedes Einzelfalls maßgeblich. Entscheidend ist häufig die Eingriffsintensität der jeweiligen Maßnahme. Diese wird durch Art der erfassten Informationen (Informationsgehalt), Umfang der erfassten Informationen (Informationsdichte, zeitliches und räumliches Ausmaß), den betroffenen Personenkreis, die Interessenlage der betroffenen Personengruppen, das Vorhandensein von Ausweichmöglichkeiten sowie Art und Umfang der Verwertung
der erhobenen Daten bestimmt. In den Fällen, in denen die Videoaufnahmen
nicht nur auf einen Monitor übertragen, sondern auch aufgezeichnet werden
sollen, ist eine diesbezügliche Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen
der Betroffenen erneut vorzunehmen.
Grundsätzlich unzulässig sind Beobachtungen, die die Intimsphäre der Menschen verletzen, etwa die Überwachung von Toiletten, Saunas, Duschen oder
Umkleidekabinen. Die schutzwürdigen Interessen überwiegen außerdem
häufig dort, wo die Entfaltung der Persönlichkeit im Vordergrund steht, beispielsweise in Restaurants, Erlebnis- und Erholungsparks, wo Leute kommunizieren, essen und trinken oder sich erholen.
Auch eine permanente Überwachung, der eine betroffene Person nicht ausweichen kann, stellt einen gravierenderen Eingriff dar als eine Beobachtung,
die lediglich zeit-weise erfolgt und nur Teilbereiche des Raumes erfasst. Dies
ist zum Beispiel bei der dauerhaften Überwachung von öffentlichen Zufahrten und Eingängen zu Mehrfamilienhäusern relevant, da die Bewohner auf
die Nutzung des überwachten Bereichs angewiesen sind.
Grundsätzlich gilt, je mehr persönliche Informationen aufgrund der Überwachung erhoben werden, desto intensiver ist der Eingriff in die Grundrechte
und in die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen.
Ermöglicht die Qualität der Aufnahme keine Personenbeziehbarkeit, sind
schutzwürdige Interessen Betroffener schon deshalb nicht verletzt, weil es an
einer Datenerhebung im Sinne des § 3 Absatz 3 BDSG fehlt.
Einzelne Maßnahmen vor Einrichtung einer Videoüberwachung
Vor dem Einsatz einer Videoüberwachungsanlage gilt es im Vorhinein einige
Maß-nahmen und Voraussetzungen nach dem Bundesdatenschutzgesetz
durchzuführen und einzuhalten.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
49
Verfahrensverzeichnis, Vorabkontrolle, Sicherungspflichten
Vor Beginn der Videoüberwachung ist seitens der verantwortlichen Stelle der
konkrete Zweck der Überwachungsmaßnahme schriftlich festzulegen. Zudem
sind technische und organisatorische Maßnahmen zu treffen (§ 9 BDSG), um
die Sicherheit der Daten zu gewährleisten.
Vor der Inbetriebnahme einer Videoüberwachung ist eine Vorabkontrolle
nach § 4d Absatz 5 BDSG erforderlich, wenn bei dem Einsatz der Videotechnik
von besonderen Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen auszugehen ist. Nach der Gesetzesbegründung bestehen besondere Risiken,
wenn Überwachungskameras „in größerer Zahl und zentral kontrolliert eingesetzt werden“ (BT-Drs. 14/5793, S. 62). Der betriebliche Datenschutzbeauftragte hat gemäß § 4d Absatz 6 BDSG die Vorabkontrolle durchzuführen und
das Ergebnis sowie die Begründung schriftlich zu dokumentieren.
Unabhängig von der Durchführung einer Vorabkontrolle ergibt sich das Erfordernis der vorherigen Zweckbestimmung aus § 6b Absatz 1 Nr. 3 BDSG,
wenn die Videoüberwachung zur Wahrnehmung berechtigter Interessen erfolgt. Darüber hinaus ist für Verfahren, die automatisiert Daten verarbeiten,
eine Verfahrensübersicht zu erstellen (vgl. § 4g Absatz 2 und 2a BDSG). Eine
Videoüberwachung ist jedenfalls dann, wenn sie mittels digitaler Technik erfolgt, als automatisierte Verarbeitung zu qualifizieren. Welche Angaben in
diese Übersicht aufgenommen werden müssen, zählt § 4e Satz 1 BDSG verbindlich und abschließend auf. Der dort geforderten allgemeinen Beschreibung der technisch-organisatorischen Maßnahmen zum Schutz der Daten
kommt bei der Videoüberwachung besondere Bedeutung zu. Die Videobilddaten unterliegen wegen der sich aus einer unsachgemäßen Handhabung
möglicherweise für den Betroffenen ergebenen Beeinträchtigungen entsprechend hohen Schutzkontrollen sowohl hinsichtlich des Zutritts, Zugangs und
Zugriffs, aber auch der Weitergabe an Strafverfolgungsbehörden im Deliktfall. In der Verfahrensübersicht sind darüber hinaus die zugriffsberechtigten
Personen zu benennen.
Die Verfahrensübersicht ist von der verantwortlichen Stelle zu erstellen und
dem betrieblichen Datenschutzbeauftragten zur Verfügung zu stellen. Dieser
muss die Inhalte der Verfahrensübersicht bis auf die Angaben zu dem Bereich
des Datensicherheitsmanagements auf Antrag jedermann zugänglich machen. Dieses öffentlich zugängliche Papier nennt man Verfahrens- oder auch
„Jedermannverzeichnis“. Sofern keine Pflicht zur Bestellung eines betrieblichen Datenschutzbeauftragten besteht, fällt dem Leiter der nicht-öffentlichen Stelle die Pflicht zu, die Erfüllung dieser Aufgaben des betrieblichen Datenschutzbeauftragten in anderer Weise sicherzustellen.
Hinweispflicht
Nach § 6b Absatz 2 BDSG sind der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle durch geeignete Maßnahmen erkennbar zu machen. Der
Hinweis kann mit Hilfe entsprechender Schilder oder graphischer Symbole
(z.B. Piktogramm nach DIN 33450) erfolgen. Er ist so (etwa in Augenhöhe)
anzubringen, dass der Betroffene vor dem Betreten des überwachten Bereichs den Umstand der Beobachtung erkennen kann. Der Betroffene muss
einschätzen können, welcher Bereich von einer Kamera erfasst wird, damit er
in die Lage versetzt wird, gegebenenfalls der Überwachung auszuweichen oder sein Verhalten anzupassen. Außerdem muss die für die Datenverarbeitung verantwortliche Stelle erkennbar sein, das heißt, wer genau die Videodaten erhebt, verarbeitet oder nutzt. Entscheidend ist dabei, dass für den Betroffenen problemlos feststellbar ist, an wen er sich bezüglich der Wahrung
50
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
seiner Rechte ggf. wenden kann. Daher ist die verantwortliche Stelle grundsätzlich mit ihren Kontaktdaten explizit auf dem Hinweisschild zu nennen.
Durchführung einer zulässigen Videoüberwachung
Speicherdauer
Gemäß § 6b Absatz 5 BDSG sind die Daten der Videoüberwachung unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich
sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen. Das ist der Fall, wenn eine Gefahr nicht weiter abgewendet werden muss oder eine Beweissicherung nicht notwendig ist. Ist es
beispielsweise an einer Tankstelle zu keinem Überfall oder Diebstahl gekommen, werden Videoaufzeichnungen für Beweiszwecke nicht mehr benötigt
und sind daher zu löschen. Ob eine Sicherung des Materials notwendig ist,
dürfte grundsätzlich innerhalb von ein bis zwei Tagen geklärt werden können.
Das bedeutet, dass Videoaufzeichnungen grundsätzlich nach 48 Stunden zu
löschen sind. In begründeten Einzelfällen kann eine längere Speicherfrist angenommen werden, etwa wenn an Wochenenden und Feiertagen kein Geschäftsbetrieb erfolgt. Da sich die gesetzliche Speicherdauer am Aufzeichnungszweck orientiert, kann der Zeitpunkt der Löschpflicht je nach Einzelfall
variieren.
Dem Löschungsgebot wird am wirksamsten durch eine automatisierte periodische Löschung, z.B. durch Selbstüberschreiben zurück liegender Aufnahmen, entsprochen.
Unterrichtungspflicht
Werden die Kameraaufnahmen einer bestimmten Person zugeordnet, ist
diese Person darüber zu unterrichten (§ 6b Absatz 4 BDSG). Zweck dieser Regelung ist es, Transparenz zu schaffen und der identifizierten Person die
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung und die Verfolgung
ihrer Rechte zu ermöglichen. Inhaltlich geht die Unterrichtungspflicht über
die Hinweispflicht hinaus. Eine Unterrichtung hat über die Art der Daten, die
Zweckbestimmung der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und die Identität der verarbeitenden Stelle zu erfolgen. Die Notwendigkeit einer Benachrichtigung besteht erst bei einer tatsächlichen Zuordnung, allein die Möglichkeit dazu macht eine Benachrichtigung noch nicht erforderlich. Die Benachrichtigung hat bei der erstmaligen Zuordnung zu erfolgen.
Tonaufzeichnungen
Für solche Überwachungsmaßnahmen ist im Strafgesetzbuch (StGB) mit §
201 (Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes) eine Regelung enthalten, die
es unter Strafandrohung verbietet, das nichtöffentlich gesprochene Wort
aufzuzeichnen oder abzuhören. Sofern eine Videoüberwachungskamera daher über eine Audiofunktion verfügt, ist diese irreversibel zu deaktivieren.
Überprüfung der Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen
Der Betreiber einer Videoüberwachungsanlage ist verpflichtet, die rechtlichen Voraussetzungen für den Betrieb in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Insbesondere die Frage der Geeignetheit und Erforderlichkeit der
Maßnahme ist zu evaluieren. Lassen sich zum Beispiel nach Ablauf eines Jahres, in dem die Kamera in Betrieb war, keine Tatsachen (mehr) feststellen,
welche die Annahme rechtfertigen, dass das überwachte Objekt gefährdet
ist, oder wurde der mit der Überwachung angestrebte Zweck nicht erreicht,
darf die Videoüberwachung nicht weiter betrieben werden. Dies kann auch
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
51
Teilbereiche einer Überwachung betreffen. Das Ergebnis der Überprüfung
sollte schriftlich dokumentiert werden.
Besondere Fallkonstellationen
Webcams
Webcams ermöglichen es, Live-Aufnahmen ins Internet einzustellen und damit einer unbestimmten Zahl von Personen weltweit zugänglich zu machen.
Problematisch ist dabei, dass Persönlichkeitsrechtsverletzungen bei einer
Live-Übertragung nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Für zufällig von der Kamera erfasste Personen besteht daher ein großes Risiko, das
durch die steigende Qualität und die einfache Möglichkeit der technischen
Vervielfältigung und Bearbeitung der Aufnahmen noch erhöht wird. Der Einsatz einer Webcam ist nur dann datenschutzrechtlich unbedenklich, sofern
auf den aufgenommenen Bildern – etwa aufgrund der Kamerapositionierung,
fehlender Zoom-Möglichkeiten oder niedriger Auflösung – Personen oder
Kfz-Kennzeichen nicht erkannt werden können.
Videoüberwachung in der Gastronomie
Die Videoüberwachung des Gastraumes einer Gaststätte ist nach § 6b BDSG
im Regelfall datenschutzrechtlich unzulässig. Jedenfalls die mit Tischen und
Sitzgelegenheiten ausgestatteten Gastronomiebereiche sind Kundenbereiche, die zum längeren Verweilen, Entspannen und Kommunizieren einladen
und damit nicht mit Videokameras überwacht werden dürfen. Das dem Freizeitbereich zuzurechnende Verhalten als Gast einer Gaststätte geht mit einem besonders hohen Schutzbedarf des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen einher. Eine Videoüberwachung stört die unbeeinträchtigte Kommunikation und den unbeobachteten Aufenthalt der Gaststättenbesucher und
greift damit besonders intensiv in das Persönlichkeitsrecht des Gastes ein.
Das schutzwürdige Interesse des Besuchers überwiegt im Normalfall das berechtigte Interesse des Gastronomieinhabers an einer Überwachung, weshalb
sich dessen Interesse nur in seltenen Ausnahmefällen durchsetzen kann.
Gleiches gilt für Café- und Gastrobereiche in Bäckereien, Tankstellen, Hotels
etc.
Videoüberwachung von Beschäftigten
Besonders hohe Anforderungen an die Erforderlichkeit der Überwachung
nach § 6b BDSG gelten, wenn in öffentlich zugänglichen Räumen mit Publikumsverkehr gleichzeitig Arbeitsplätze überwacht werden, zum Beispiel in
Verkaufsräumen im Einzelhandel. In solchen Fällen ist nicht nur die Persönlichkeitssphäre der Kunden betroffen, sondern es kommt auch zu einer Überwachung der dort tätigen Beschäftigten. Für solche Bereiche, in denen die
Wahrscheinlichkeit von Straftaten zu einem geschäftstypischen Risiko gehört
und die Erfassung der Beschäftigten lediglich eine Nebenfolge der zulässigen
Überwachung des Publikumsverkehrs darstellt, überwiegt in Einzelfällen das
berechtigte Interesse des Arbeitgebers Straftaten vorzubeugen. Dennoch ist
bei der Installation der Videoüberwachung das Einrichten von sog. Privatzonen, d.h. das dauerhafte Ausblenden von Bereichen, in denen sich Beschäftigte länger aufhalten, erforderlich. Je weniger Rückzugsmöglichkeiten den
Beschäftigten in nicht überwachten Bereichen zur Verfügung stehen, desto
eher überwiegen deren schutzwürdige Interessen.
Das Erheben, Verarbeiten oder Nutzen von personenbezogenen Daten der
Beschäftigten durch eine Videoanlage kann in der Regel nicht auf § 32 Absatz
52
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1 Satz 1 BDSG gestützt werden. Denkbar sind offene Überwachungsmaßnahmen danach jedoch insbesondere zur Erfüllung der Schutzpflicht des Arbeitgebers gegenüber den Beschäftigten, wenn eine Videoüberwachung in besonders gefahrträchtigen Arbeitsbereichen erforderlich ist. Jedoch ist in diesem Zusammenhang der Erfassungsbereich auf den sicherheitsrelevanten
Bereich zu beschränken und der Beschäftigte soweit wie möglich auszublenden. Eine Überwachung allein zu dem Zweck, einen ordnungsgemäßen
Dienstablauf zu gewährleisten, ist nicht gerechtfertigt.
Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nach § 32 Absatz 1 Satz 2 BDSG nur dann erhoben, verarbeitet
oder genutzt werden, wenn vorab zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht
überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht
unverhältnismäßig sind.
Eine Videoüberwachung, die in nicht öffentlich zugänglichen Räumen stattfindet und nicht in Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis steht,
ist an den Voraussetzungen des § 28 Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG zu messen.
Der Einsatz von Videotechnik muss zur Wahrung berechtigter Interessen des
Arbeitgebers erforderlich sein und schutzwürdige Interessen des Beschäftigten dürfen nicht überwiegen. So können ausnahmsweise auch Eigentumsinteressen des Arbeitgebers eine Videoüberwachung rechtfertigen, wenn der
Beschäftigte nicht im Fokus der Überwachung steht und nicht permanent erfasst wird, z.B. der nächtliche Wachmann, der die zum Zweck der Verhinderung und Aufklärung von Diebstählen videoüberwachten Lagerräume kontrolliert, in denen wertvolle Ware aufbewahrt wird. Aber auch hier ist zuvor
zu prüfen, ob weniger einschneidende Mittel in Betracht kommen.
Für die Bewertung der Zulässigkeit einer solchen Maßnahme ist ergänzend
die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde zu legen. In wenigen Ausnahmefällen kann danach die Überwachung von Beschäftigten mittels Kameras durch den Arbeitgeber dann zulässig sein, wenn sie offen erfolgt, die Beschäftigten also wissen, dass ihr Arbeitsplatz videoüberwacht
wird. Entscheidend ist, ob der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an den
Kameraaufnahmen hat, etwa um Diebstählen oder Vandalismus durch sein
Personal vorzubeugen. Hat er ein solches, berechtigt ihn dieses jedoch nicht
ohne Weiteres zur Überwachung. Vielmehr muss sein Interesse mit den
schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten, nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt zu werden, abgewogen werden. Das Persönlichkeitsrecht
schützt den Beschäftigten vor einer lückenlosen Überwachung am Arbeitsplatz durch Videoaufnahmen, die ihn einem ständigen Überwachungsdruck
aussetzen, dem er sich nicht entziehen kann. Deswegen überwiegt das Beschäftigteninteresse, von einer derartigen Dauerüberwachung verschont zu
bleiben, wenn der Arbeitgeber mit der Überwachung nur befürchteten Verfehlungen seiner Beschäftigten präventiv begegnen will, ohne dass hierfür
konkrete Anhaltspunkte bestehen.
In der Abwägung wird auch gewichtet, ob den Beschäftigten überhaupt ein
kontrollfreier und damit unbeobachteter Arbeitsbereich verbleibt. Zur Kontrolle von Arbeitsleistungen, Sorgfalt und Effizienz sind Kameras keinesfalls
erlaubt. Sensible Bereiche wie Umkleidekabinen, sanitäre Räumlichkeiten oder Pausen- und Aufenthaltsräume sind ebenfalls von der Überwachung auszunehmen.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
53
Eine heimliche Videoüberwachung ist nur in absoluten Ausnahmefällen zulässig, wenn weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts
ausgeschöpft sind, die Videoüberwachung praktisch die einzig verbleibende
Möglichkeit zur Aufklärung oder zur Verhinderung des Missstandes darstellt
und insbesondere im Hinblick auf den angerichteten oder zu verhindernden
Schaden nicht unverhältnismäßig ist.
Kann die Datenerhebung und -verarbeitung im Beschäftigungsverhältnis
nicht auf eine Rechtsgrundlage gestützt werden, ist die Videoüberwachung
wegen § 4 Absatz 1 BDSG (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt) unzulässig. Eine
etwaige arbeitgeberseitig eingeholte Einwilligung des Beschäftigten ist irrelevant, da es im Beschäftigungsverhältnis in der Regel an der Freiwilligkeitsvoraussetzung des § 4a Absatz 1 Satz 1 BDSG mangelt.
Soweit die Videoüberwachung den gesetzlichen Vorgaben entspricht, kann
sie durch eine datenschutzrechtskonforme Betriebsvereinbarung näher geregelt werden. Die Verfahren zur Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten sollten näher beschrieben werden. Dazu gehören insbesondere

Gegenstand der Datenerhebung, -verarbeitung oder –nutzung

Zweckbindung

Datenvermeidung- und Datensparsamkeit

Art und Umfang der erhobenen, verarbeiteten oder genutzten Daten

Empfänger der Daten

Rechte der Betroffenen

Löschfristen

Technische und organisatorische Maßnahmen wie beispielsweise das
Berechtigungskonzept
Soweit ein Betriebsrat nicht existiert, sollte der Arbeitgeber entsprechende
Dienstanweisungen erstellen.
Zulässige Verfahren zur Videoüberwachung ermöglichen in der Regel eine
Bewertung der Persönlichkeit der betroffenen Beschäftigten einschließlich ihrer Fähigkeiten, ihrer Leistungen und ihres Verhaltens. Daher ist nach § 4d
Absatz 5 Satz 2 Nr. 2 BDSG regelmäßig eine Vorabkontrolle durchzuführen.
Sonstige Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen, insbes. Videoüberwachung durch Nachbarn oder Vermieter
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Videokameras, die an oder in Wohnhäusern angebracht sind, ist nach dem Erfassungsbereich der Kameras zu
unterscheiden. Die Videoüberwachung des eigenen, allein genutzten Grundstücks ist zulässig. Allerdings ist zu betonen, dass die Beobachtungsbefugnis
des Hausrechtsinhabers grundsätzlich an den Grundstücksgrenzen endet.
Wer außer seinem Grundstück auch öffentlichen Raum wie Straßen, Gehwege
oder Parkplätze überwacht, kann sich nicht auf sein Hausrecht stützen, da
sich dieses Recht nur auf den privaten Grund und Boden erstreckt. Berechtigte Interessen, beispielsweise der Schutz des Eigentums, stehen in diesen
54
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Fällen hinter den schutzwürdigen Interessen der Personen, die in den Erfassungsbereich der Kamera geraten, wie Nachbarn, Passanten und sonstige
Verkehrsteilnehmer, in der Regel zurück. Die zur Überwachung und zum
Schutz des eigenen Grundstücks zulässig eingesetzte Videoüberwachungstechnik darf daher nicht zur Folge haben, dass – quasi nebenbei – auch anliegende öffentliche Wege und die sich dort aufhaltenden Personen mitüberwacht werden.
Sofern sich die Videoüberwachung auf das Grundstück des Nachbarn erstreckt, ohne dass eine öffentlich zugängliche Fläche betroffen ist, ist die Anwendbarkeit des Bundesdatenschutzgesetzes zumeist deshalb zu verneinen,
da es sich um eine persönliche bzw. familiäre Tätigkeit im Sinne des § 1 Absatz 2 Nr. 3 BDSG handelt, welche vom Regelungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes ausgenommen ist. Dies hat zur Folge, dass die Anlage nicht
der Kontrolle der Datenschutzaufsichtsbehörden unterliegt. Videoüberwachten Nachbarn stehen jedoch unabhängig davon unter Umständen zivilrechtliche Unterlassungs- und Abwehransprüche zu. Diese müssten auf dem Zivilrechtsweg gegebenenfalls unter Einschaltung eines Rechtsanwalts geltend
gemacht werden. Darüber hinaus kann das Beobachten fremder Grundstücke
mit einer Videoanlage strafrechtliche Konsequenzen haben, wenn damit der
höchst persönliche Lebensbereich der beobachteten Person verletzt wird
(vgl. § 201a des Strafgesetzbuchs).
Bei einer Videoüberwachung im Innenbereich eines Mehrfamilienhauses
handelt es sich in der Regel um nicht-öffentlich zugängliche Räume, weshalb
sich die Zulässigkeit nicht nach § 6b BDSG richtet. In diesen Fällen greift § 28
BDSG, wonach ähnliche Voraussetzungen für eine Videoüberwachung gelten
wie in den Fällen des § 6b BDSG. Außerdem besteht in diesen Fällen ebenfalls
die Möglichkeit, mit zivilrechtlichen Unterlassungs- und Abwehransprüchen
gegen einen etwaigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorzugehen. So
stellt eine dauerhafte Überwachung im Innenbereich eines Mehrfamilienhauses, zum Beispiel in Treppenaufgängen, im Fahrstuhlvorraum und im Fahrstuhl selbst, einen schweren Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht
der Betroffenen dar. In der hierzu ergangenen zivilrechtlichen Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass eine Rundumüberwachung des sozialen Lebens nicht dadurch gerechtfertigt werden kann, dass der Vermieter mit
der Überwachung Schmierereien, Verschmutzungen oder einmaligen Vandalismus verhindern möchte. In der Regel überwiegen daher die schutzwürdigen Interessen der Mieter und Besucher als Betroffene.
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Checkliste für den Betreiber einer Videoüberwachung öffentlich
zugänglicher Räume
Planen Sie die Installation von Videokameras oder betreiben Sie bereits eine
Videoüberwachungsanlage? Folgende Fragen sollten Sie für eine zulässige
Überwachungsmaßnahme beantworten können:
1. Welche Bereiche sollen überwacht werden?
 öffentlich zugänglicher Raum (z.B. Kundenbereiche);
 Mitarbeiterräume;
 öffentliche Flächen (z.B. Gehwege)
2. Dient die Videoüberwachung der
 Wahrung des Hausrechts
oder

Wahrung eines anderen berechtigten Interesses (Zweck)?
Wenn ja, welchem?
Besteht eine Gefährdungslage und auf welche Tatsachen, z.B. Vorkommnisse in der Vergangenheit, gründet sich diese?
3. Wurde der Zweck der Videoüberwachung schriftlich festgelegt?
4. Warum ist die Videoüberwachung geeignet, den festgelegten Zweck
zu erreichen?
5. Warum ist die Videoüberwachung erforderlich und warum gibt es
keine milderen Mittel, die für das Persönlichkeitsrecht der Betroffenen
weniger einschneidend sind?
6. Welche schutzwürdigen Interessen der Betroffenen haben Sie mit
welchem Ergebnis in die Interessenabwägung einbezogen?
7. Ist eine Beobachtung der Bilder auf einem Monitor ohne Aufzeichnung der Bild-daten ausreichend? Wenn nein, warum nicht?
8. Sofern aufgezeichnet wird, wann werden die Aufnahmen gelöscht?
Wenn das Löschen nicht innerhalb von 48 Stunden erfolgt, begründen Sie bitte das spätere Löschen.
9. Zu welchen Zeiten erfolgt die Videoüberwachung und wer hält sich
üblicherweise zu dieser Zeit im überwachten Bereich auf?
10. Wenn eine Videoüberwachung rund um die Uhr erfolgt, warum halten Sie sie für erforderlich bzw. warum kann sie nicht zeitlich eingeschränkt werden, z.B. auf außerhalb der Geschäftszeiten oder die
Nachtstunden?
11. Werden bestimmte Bereiche der Überwachung ausgeblendet oder
verpixelt? Wenn nein, warum nicht?
12. Über welche Möglichkeiten verfügt die Videokamera und welche
hiervon sind für die Überwachung nicht erforderlich und ggfs. zu deaktivieren?
- hinsichtlich der Ausrichtung, z.B. schwenkbar oder variabel,
Dome-Kamera
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Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
-
bezüglich der Funktionalität, z.B. Zoomobjektive, Funkkameras, Audiofunktion
13. Wurde geprüft, ob eine Vorabkontrolle erforderlich ist und wurde sie
ggf. durch die bzw. den betrieblichen Datenschutzbeauftragten
durchgeführt? Wenn nein, warum ist eine Vorabkontrolle nicht erforderlich?
14. Wird auf die Videoüberwachung so hingewiesen, dass der Betroffene
vor Betreten des überwachten Bereichs den Umstand der Beobachtung erkennen kann?
15. Wird in dem Hinweis die verantwortliche Stelle genannt?
16. Unter welchen Voraussetzungen wird Einsicht in die Aufnahmen genommen? Durch wen?
Ist die Protokollierung der Einsichtnahme sichergestellt?
Wurden die zugriffsberechtigten Personen auf das Datengeheimnis
verpflichtet?
17. Wurden die technisch-organisatorischen Maßnahmen zum Schutz
der Daten nach § 9 BDSG (und der Anlage hierzu) getroffen?
18. Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat und wurde mit diesem eine
Betriebs-vereinbarung zur Videoüberwachung getroffen?
Rein vorsorglich weisen wir darauf hin, dass eine Beschäftigung mit diesen
Fragen nicht automatisch zur Zulässigkeit der Videoüberwachungsmaßnahme führt.
Haben Sie zu dem Betrieb der Videoüberwachungsanlage konkrete Fragen,
können Sie sich gerne an die für Sie zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde
wenden. Maßgeblich ist grundsätzlich der Sitz des Betreibers. Eine Übersicht
über die Kontaktdaten erhalten Sie beispielsweise unter:
https://datenschutz.saarland.de
5.2
Merkblatt zum datenschutzkonformen Einsatz von Tierbeobachtungskameras in saarländischen Wäldern
Der Betrieb von Tierbeobachtungskameras in saarländischen Wäldern, also
allen Geräten und Einrichtungen, die dazu dienen Bilder und/oder Filme aufzuzeichnen, unterfällt dem Anwendungsbereich des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), denn die Betreiber solcher Einrichtungen nehmen zumindest
billigend in Kauf, dass Personen aufgezeichnet werden. Dies hat zur Folge,
dass der Einsatz von Tierbeobachtungskameras grundsätzlich unzulässig und
damit verboten ist (§ 4 Abs. 1 BDSG).
Eine Ausnahme von diesem Verbot kann nur dort angenommen werden, wo
sowohl in öffentlich zugänglichen Bereichen (§ 6b BDSG) als auch in nichtöffentlich zugänglichen Bereichen (§ 28 Abs. 1 Nr. 2 BDSG) eine Abwägung
der Interessen zwischen den Betreibern solcher Geräte und den Waldbesuchern keine Anhaltspunkte dafür liefert, dass die Interessen der Waldbesucher überwiegen.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
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Zu den besonders geschützten Interessen der Waldbesucher gehört deren
Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1
GG) und deren Recht auf Achtung ihres Privat –und Familienlebens (Art. 8
Abs. 1 EMRK). Diese Rechte umfassen die Befugnis des Einzelnen, selbst über
die Preisgabe und Verwendung von persönlichen Informationen zu bestimmen. Dies setzt voraus, dass der Bürger wissen können muss, wer was wann
und bei welcher Gelegenheit über ihn weiß.
Gerade im Falle von Tierbeobachtungskameras ist zu berücksichtigen, dass
Spaziergänger sich regelmäßig zum Zwecke der Entspannung und Erholung
im Wald aufhalten und dort nicht damit rechnen müssen, zum Gegenstand
einer Videoüberwachung zu werden.
Tierbeobachtungskameras können daher in saarländischen Wäldern überhaupt nur dann in zulässiger Weise zum Einsatz kommen wenn zumindest
die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
58
•
Tierbeobachtungskameras müssen eine hinreichende Entfernung zu
den Waldwegen einhalten. Der Kamerastandort ist in Form der entsprechenden GPS-Koordinaten anzugeben (Beispiel: N 49.238972, E
6.987111).
•
Ihr Einsatz ist grundsätzlich nur an jagdlichen / jagdwirtschaftlichen
Einrichtungen zulässig.
•
An Kirrungen ist der Einsatz von Tierbeobachtungskameras ausnahmsweise zulässig, wenn die Kameras in Hüfthöhe angebracht werden und mit Neigung zum Boden ausgerichtet werden. Aufnahmen
sind nur im Nahbereich zulässig. Die Ausrichtung des Kameraobjektivs in die Totale ist nicht zulässig.
•
Die Videoüberwachung ist auf den für die Zweckerreichung zeitlich
erforderlichen Umfang zu beschränken. So ist z.B. bei der Beobachtung einer Kirrung die Erforderlichkeit einer ganztätigen Überwachung grundsätzlich zu hinterfragen.
•
Der Betreiber der Tierbeobachtungskamera hat die nötige Transparenz herzustellen. Hierzu gehört vor allem, dass er in seiner Eigenschaft als verantwortlicher Stelle unter Angabe von Name und Anschrift darüber informieren muss, durch wen und in welchem Waldstück (z.B. Reviernummer und –bezeichnung) Tierbeobachtungskameras betrieben werden. Dies hat er zweimal jährlich ortsüblich
(Amts- oder Gemeindeblatt) bekanntzugeben und zusätzlich durch
entsprechende Piktogramme an den Wanderkarten im betroffenen
Waldareal kenntlich zu machen. Alternativ besteht die Möglichkeit,
durch gut sichtbare Hinweisschilder in der unmittelbaren Umgebung
von Tierbeobachtungskameras auf diese hinzuweisen.
•
Der Betrieb von Tierbeobachtungskameras ist der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit vor Inbetriebnahme anzuzeigen. Ein entsprechendes Meldeformular zum Verfahrensregister
nach § 38 Abs. 2 BDSG ist diesem Merkblatt beigefügt.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
5.2.1
Meldebogen nach §§ 4d, 4e BDSG Tierbeobachtungskameras
Angaben zur verantwortlichen Stelle
Name, Vorname
Straße,
Hausnummer
PLZ
Ort
Angaben zur eingesetzten Tierbeobachtungskamera
Hersteller
Produktbezeichnung
Beschreibung des
Funktionsumfangs
Angaben zum Einsatzszenario
Zweckbestimmung
Beobachtung einer Kirrung
Wissenschaftliches Vorhaben (bitte auf separatem Blatt näher erläutern)
Sonstiges:
Überwachungs- und
Aufnahmezeiten
Rund um die Uhr
Tagsüber
Nachts
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
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Sonstiges:
GPS-Koordinate der
Kamera
Technische / organisatorische Maßnahmen
Wie oft wird die Kamera kontrolliert?
Speicherdauer der
Aufnahmen?
Zugriffsberechtigte
Personen
Maßnahmen zur
Transparenz der
Videobeobachtung
Veröffentlichung im gemeindlichen Nachrichtenblatt & Hinweisschilder an den Wanderkarten
Hinweisschilder in unmittelbarer Umgebung
der Kamera
Weitere
Maßnahmen:
Bemerkungen /
Sonstiges
60
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
Hinweis: Wenn eine verantwortliche Stelle vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 4d Abs. 1 BDSG, auch in Verbindung mit § 4e Satz 2 BDSG, eine Meldung
nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht, begeht sie
gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 BDSG eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße
bis zu 50.000,- Euro geahndet werden kann.
Ich habe das Merkblatt zum datenschutzkonformen Einsatz von Tierbeobachtungskameras
in saarländischen Wäldern zur Kenntnis genommen.
Ich versichere, dass die vorstehenden Angaben
richtig und vollständig sind.
Datum
Unterschrift
5.3
Orientierungshilfe – Videoüberwachung durch Landesbehörden und Kommunen gem. SDSG
Bei einer Videoüberwachungsmaßnahme handelt es ich um ein automatisiertes Verfahren, weshalb nach § 7 Abs. 2 SDSG die Landesbeauftragte für Datenschutz vor der beabsichtigten Installation einer Videoüberwachungsanlage durch Behörden oder sonstige öffentliche Stellen des Landes zu beteiligen ist. Für den öffentlichen Stellen des Landes gleichgestellte Stellen besteht
ebenso Meldepflicht nach § 2 Abs. 2 SDSG i.V.m. § 4d BDSG und § 9 SDSG.
Durch die verantwortliche Stelle ist hierfür eine entsprechende Verfahrensbeschreibung Videoüberwachung mit den nach § 9 Abs. 1 SDSG festzulegenden Angaben zu erstellen. Eine von unserer Dienststelle erarbeitete Musterverfahrensbeschreibung finden Sie auf unserer Internetseite zum Download.
Anwendungsbereich
Fußt die beabsichtigte Videoüberwachung auf der Rechtsgrundlage von § 34
Abs. 1 Nr. 1 SDSG so sind die „konkreten Anhaltspunkte“ für den erforderlichen Schutz von Personen, Eigentum oder Besitz zu benennen. In der Praxis
ist daher der Verfahrensbeschreibung ein gesonderter Vermerk über Vorkommnisse der Vergangenheit, wie beispielsweise Einbruchsdiebstähle, Vandalismusschäden, Beschädigungen an bestimmten Objekten und ähnliches
sowie sich hieraus ergebenden Anzeigen bei der Polizei oder Kostenaufwendungen, beizufügen.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
61
Soll die Videoüberwachung nach § 34 Abs.1 Nr. 2 SDSG oder § 6b Abs. 1 Nr.
1 BDSG durchgeführt werden, so sind unter der „Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen“ alle gesetzlich festgeschriebenen Verwaltungsaufgaben zu verstehen und in der Verfahrensbeschreibung explizit zu benennen.
Darüber hinaus ist durch die verantwortliche Stelle das Interesse an der Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen gegenüber den „schutzwürdigen Interessen der Betroffenen“ abzuwägen. Schutzwürdige Interessen von Betroffenen überwiegen beispielsweise dort, wo deren Intimsphäre berührt wird.
Ebenso ist zu prüfen, ob für den „angestrebten Zweck“ tatsächlich eine tägliche Überwachungsdauer von 24h erforderlich ist, oder nicht vielmehr eine
Begrenzung beispielsweise außerhalb der Öffnungszeiten ausreichend ist.
Gemäß § 34 Abs. 2 SDSG oder 6b Abs. 2 BDSG müssen die Möglichkeit der
Beobachtung und die verantwortliche Stelle für Betroffene erkennbar sein.
Dies kann durch entsprechende Hinweisschilder mit mindestens Name und
Anschrift der verantwortlichen Stelle sichergestellt werden, die im Blickfeld
des Betroffenen, jedoch räumlich so angebracht werden, dass dem Betroffenen, bevor er das Erfassungsfeld der Kameras betritt, die Möglichkeit gegeben wird sich der Erfassung zu entziehen. Auch hierfür steht Ihnen ein Muster
zum Download zur Verfügung.
Werden Daten aufgezeichnet, so sind diese spätestens nach „24 Stunden zu
löschen“, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind.
Darüber hinaus benötigen wir eine technische Beschreibung zur Systemarchitektur der geplanten Kameras und Aufzeichnungsgeräte (Zoom, fest,
schwenkbar...), einen Lageplan aus welchem die Standorte der Kameras und
deren Erfassungsbereich ersichtlich sind sowie auch die Positionierung der
erforderlichen Hinweisschilder.
62
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
6
Anhang
6.1
Auszug aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
Erster Abschnitt
Allgemeine und gemeinsame Bestimmungen
§1
§2
§3
§ 3a
§4
§ 4a
§ 4b
§ 4c
§ 4d
§ 4e
§ 4f
§ 4g
§5
§6
§ 6a
§ 6b
§ 6c
§7
§8
§9
§ 9a
§ 10
§ 11
Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes
Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen
Weitere Begriffsbestimmungen
Datenvermeidung und Datensparsamkeit
Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und –nutzung
Einwilligung
Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland sowie an über- und
zwischenstaatliche Stellen
Ausnahmen
Meldepflicht
Inhalt der Meldepflicht
Beauftragter für den Datenschutz
Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz
Datengeheimnis
Rechte des Betroffenen
Automatisierte Einzelentscheidung
Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen
Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien
Schadensersatz
Schadensersatz bei automatisierter Datenverarbeitung durch öffentliche
Stellen
Technische und organisatorische Maßnahmen
Datenschutzaudit
Einrichtung automatisierter Abrufverfahren
Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten im Auftrag
Dritter Abschnitt
Datenverarbeitung nicht-öffentlicher Stellen und öffentlich-rechtlicher Wettbewerbsunternehmen
Dritter Unterabschnitt
Aufsichtsbehörde
§38
Aufsichtsbehörde
Fünfter Abschnitt
Schlussvorschriften
§ 43
§ 44
Bußgeldvorschriften
Strafvorschriften
Anlage (zu § 9 BDSG Satz 1)
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Erster Abschnitt
Allgemeine und gemeinsame Bestimmungen
§ 1 Zweck und Anwendungsbereich des Gesetzes
(1) Zweck dieses Gesetzes ist es, den Einzelnen davor zu schützen, dass er durch den
Umgang mit seinen personenbezogenen Daten in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird.
(2) Dieses Gesetz gilt für die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener
Daten durch
1.
öffentliche Stellen des Bundes,
2.
öffentliche Stellen der Länder, soweit der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist und soweit sie
3.
a)
Bundesrecht ausführen oder
b)
als Organe der Rechtspflege tätig werden und es sich nicht um Verwaltungsangelegenheiten handelt,
nicht-öffentliche Stellen, soweit sie die Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen verarbeiten, nutzen oder dafür erheben oder die Daten in oder
aus nicht automatisierten Dateien verarbeiten, nutzen oder dafür erheben, es
sei denn, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung der Daten erfolgt ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten.
(3) Soweit andere Rechtsvorschriften des Bundes auf personenbezogene Daten einschließlich deren Veröffentlichung anzuwenden sind, gehen sie den Vorschriften dieses
Gesetzes vor. Die Verpflichtung zur Wahrung gesetzlicher Geheimhaltungspflichten oder
von Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnissen, die nicht auf gesetzlichen Vorschriften
beruhen, bleibt unberührt.
(4) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes
vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet
werden.
(5) Dieses Gesetz findet keine Anwendung, sofern eine in einem anderen Mitgliedstaat
der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den
Europäischen Wirtschaftsraum gelegene verantwortliche Stelle personenbezogene Daten
im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt, es sei denn, dies erfolgt durch eine Niederlassung im Inland. Dieses Gesetz findet Anwendung, sofern eine verantwortliche Stelle, die
nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat
des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum belegen ist, personenbezogene
Daten im Inland erhebt, verarbeitet oder nutzt. Soweit die verantwortliche Stelle nach
diesem Gesetz zu nennen ist, sind auch Angaben über im Inland ansässige Vertreter zu
machen. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, sofern Datenträger nur zum Zweck des Transits
durch das Inland eingesetzt werden. § 38 Abs. 1 Satz 1 bleibt unberührt.
§ 2 Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen
(1) Öffentliche Stellen des Bundes sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und
andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen des Bundes, der bundesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer Rechtsform. Als öffentliche Stellen gelten die aus dem Sondervermögen Deutsche Bundespost durch Gesetz hervorgegangenen Unternehmen, solange ihnen ein ausschließliches Recht nach dem Postgesetz zusteht.
(2) Öffentliche Stellen der Länder sind die Behörden, die Organe der Rechtspflege und
andere öffentlich-rechtlich organisierte Einrichtungen eines Landes, einer Gemeinde, ei-
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nes Gemeindeverbandes und sonstiger der Aufsicht des Landes unterstehender juristischer Personen des öffentlichen Rechts sowie deren Vereinigungen ungeachtet ihrer
Rechtsform.
(3) Vereinigungen des privaten Rechts von öffentlichen Stellen des Bundes und der Länder, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen, gelten ungeachtet der Beteiligung nicht-öffentlicher Stellen als öffentliche Stellen des Bundes, wenn
1.
sie über den Bereich eines Landes hinaus tätig werden oder
2.
dem Bund die absolute Mehrheit der Anteile gehört oder die absolute Mehrheit der Stimmen zusteht.
Andernfalls gelten sie als öffentliche Stellen der Länder.
(4) Nicht-öffentliche Stellen sind natürliche und juristische Personen, Gesellschaften und
andere Personenvereinigungen des privaten Rechts, soweit sie nicht unter die Absätze 1
bis 3 fallen. Nimmt eine nicht-öffentliche Stelle hoheitliche Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung wahr, ist sie insoweit öffentliche Stelle im Sinne dieses Gesetzes.
§ 3 Weitere Begriffsbestimmungen
(1) Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffener).
(2) Automatisierte Verarbeitung ist die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten unter Einsatz von Datenverarbeitungsanlagen. Eine nicht automatisierte
Datei ist jede nicht automatisierte Sammlung personenbezogener Daten, die gleichartig
aufgebaut ist und nach bestimmten Merkmalen zugänglich ist und ausgewertet werden
kann.
(3) Erheben ist das Beschaffen von Daten über den Betroffenen.
(4) Verarbeiten ist das Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren und Löschen personenbezogener Daten. Im Einzelnen ist, ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren:
1.
Speichern das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren personenbezogener Daten auf einem Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung oder Nutzung,
2.
Verändern das inhaltliche Umgestalten gespeicherter personenbezogener Daten,
3.
Übermitteln das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener personenbezogener Daten an einen Dritten in der Weise, dass
a)
die Daten an den Dritten weitergegeben werden oder
b)
der Dritte zur Einsicht oder zum Abruf bereitgehaltene Daten einsieht
oder abruft,
4.
Sperren das Kennzeichnen gespeicherter personenbezogener Daten, um ihre weitere Verarbeitung oder Nutzung einzuschränken,
5.
Löschen das Unkenntlichmachen gespeicherter personenbezogener Daten.
(5) Nutzen ist jede Verwendung personenbezogener Daten, soweit es sich nicht um Verarbeitung handelt.
(6) Anonymisieren ist das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem
unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten
oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können.
(6a) Pseudonymisieren ist das Ersetzen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale
durch ein Kennzeichen zu dem Zweck, die Bestimmung des Betroffenen auszuschließen
oder wesentlich zu erschweren.
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(7) Verantwortliche Stelle ist jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten für
sich selbst erhebt, verarbeitet oder nutzt oder dies durch andere im Auftrag vornehmen
lässt.
(8) Empfänger ist jede Person oder Stelle, die Daten erhält. Dritter ist jede Person oder
Stelle außerhalb der verantwortlichen Stelle. Dritte sind nicht der Betroffene sowie Personen und Stellen, die im Inland, in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union
oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum personenbezogene Daten im Auftrag erheben, verarbeiten oder nutzen.
(9) Besondere Arten personenbezogener Daten sind Angaben über die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen,
Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben.
(10) Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien sind Datenträger,
1.
die an den Betroffenen ausgegeben werden,
2.
auf denen personenbezogene Daten über die Speicherung hinaus durch die ausgebende oder eine andere Stelle automatisiert verarbeitet werden können und
3.
bei denen der Betroffene diese Verarbeitung nur durch den Gebrauch des Mediums beeinflussen kann.
(11) Beschäftigte sind:
1.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
2.
zu ihrer Berufsbildung Beschäftigte,
3.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie an Abklärungen der beruflichen Eignung oder Arbeitserprobung
(Rehabilitandinnen und Rehabilitanden),
4.
in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigte,
5.
nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz Beschäftigte,
6.
Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten,
7.
Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie Personen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist,
8.
Beamtinnen, Beamte, Richterinnen und Richter des Bundes, Soldatinnen und
Soldaten sowie Zivildienstleistende.
§ 3a Datenvermeidung und Datensparsamkeit
Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten und die Auswahl
und Gestaltung von Datenverarbeitungssystemen sind an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen.
Insbesondere sind personenbezogene Daten zu anonymisieren oder zu pseudonymisieren, soweit dies nach dem Verwendungszweck möglich ist und keinen im Verhältnis zu
dem angestrebten Schutzzweck unverhältnismäßigen Aufwand erfordert.
§ 4 Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung
(1) Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten sind nur zulässig, soweit dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet
oder der Betroffene eingewilligt hat.
(2) Personenbezogene Daten sind beim Betroffenen zu erheben. Ohne seine Mitwirkung
dürfen sie nur erhoben werden, wenn
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1.
eine Rechtsvorschrift dies vorsieht oder zwingend voraussetzt oder
2.
a) die zu erfüllende Verwaltungsaufgabe ihrer Art nach oder der Geschäftszweck eine Erhebung bei anderen Personen oder Stellen erforderlich macht
oder
b) die Erhebung beim Betroffenen einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde
und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige
Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.
(3) Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen erhoben, so ist er, sofern er nicht
bereits auf andere Weise Kenntnis erlangt hat, von der verantwortlichen Stelle über
1.
die Identität der verantwortlichen Stelle,
2.
die Zweckbestimmungen der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung und
3.
die Kategorien von Empfängern nur, soweit der Betroffene nach den Umständen
des Einzelfalles nicht mit der Übermittlung an diese rechnen muss,
zu unterrichten. Werden personenbezogene Daten beim Betroffenen aufgrund einer
Rechtsvorschrift erhoben, die zur Auskunft verpflichtet, oder ist die Erteilung der Auskunft
Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsvorteilen, so ist der Betroffene hierauf, sonst
auf die Freiwilligkeit seiner Angaben hinzuweisen. Soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, ist er über die Rechtsvorschrift und über die
Folgen der Verweigerung von Angaben aufzuklären.
§ 4a Einwilligung
(1) Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen
beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung
sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf
die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen. Die Einwilligung bedarf der
Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine andere Form angemessen ist.
Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden, ist sie
besonders hervorzuheben.
(2) Im Bereich der wissenschaftlichen Forschung liegt ein besonderer Umstand im Sinne
von Absatz 1 Satz 3 auch dann vor, wenn durch die Schriftform der bestimmte Forschungszweck erheblich beeinträchtigt würde. In diesem Fall sind der Hinweis nach Absatz 1 Satz 2 und die Gründe, aus denen sich die erhebliche Beeinträchtigung des bestimmten Forschungszwecks ergibt, schriftlich festzuhalten.
(3) Soweit besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9) erhoben, verarbeitet
oder genutzt werden, muss sich die Einwilligung darüber hinaus ausdrücklich auf diese
Daten beziehen.
§ 4b Übermittlung personenbezogener Daten ins Ausland sowie an über- oder
zwischenstaatliche Stellen
(1) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen
1.
in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union,
2.
in anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder
3.
der Organe und Einrichtungen der Europäischen Gemeinschaften
gelten § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1 und §§ 28 bis 30a nach Maßgabe der für diese Übermittlung
geltenden Gesetze und Vereinbarungen, soweit die Übermittlung im Rahmen von Tätigkeiten erfolgt, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Gemeinschaften fallen.
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(2) Für die Übermittlung personenbezogener Daten an Stellen nach Absatz 1, die nicht
im Rahmen von Tätigkeiten erfolgt, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich
des Rechts der Europäischen Gemeinschaften fallen, sowie an sonstige ausländische oder
über- oder zwischenstaatliche Stellen gilt Absatz 1 entsprechend. Die Übermittlung unterbleibt, soweit der Betroffene ein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der
Übermittlung hat, insbesondere wenn bei den in Satz 1 genannten Stellen ein angemessenes Datenschutzniveau nicht gewährleistet ist. Satz 2 gilt nicht, wenn die Übermittlung
zur Erfüllung eigener Aufgaben einer öffentlichen Stelle des Bundes aus zwingenden
Gründen der Verteidigung oder der Erfüllung über- oder zwischenstaatlicher Verpflichtungen auf dem Gebiet der Krisenbewältigung oder Konfliktverhinderung oder für humanitäre Maßnahmen erforderlich ist.
(3) Die Angemessenheit des Schutzniveaus wird unter Berücksichtigung aller Umstände
beurteilt, die bei einer Datenübermittlung oder einer Kategorie von Datenübermittlungen
von Bedeutung sind; insbesondere können die Art der Daten, die Zweckbestimmung, die
Dauer der geplanten Verarbeitung, das Herkunfts- und das Endbestimmungsland, die für
den betreffenden Empfänger geltenden Rechtsnormen sowie die für ihn geltenden Standesregeln und Sicherheitsmaßnahmen herangezogen werden.
(4) In den Fällen des § 16 Abs. 1 Nr. 2 unterrichtet die übermittelnde Stelle den Betroffenen von der Übermittlung seiner Daten. Dies gilt nicht, wenn damit zu rechnen ist, dass
er davon auf andere Weise Kenntnis erlangt, oder wenn die Unterrichtung die öffentliche
Sicherheit gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde.
(5) Die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung trägt die übermittelnde
Stelle.
(6) Die Stelle, an die die Daten übermittelt werden, ist auf den Zweck hinzuweisen, zu
dessen Erfüllung die Daten übermittelt werden.
§ 4c Ausnahmen
(1) Im Rahmen von Tätigkeiten, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich des
Rechts der Europäischen Gemeinschaften fallen, ist eine Übermittlung personenbezogener Daten an andere als die in § 4b Abs. 1 genannten Stellen, auch wenn bei ihnen ein
angemessenes Datenschutzniveau nicht gewährleistet ist, zulässig, sofern
1.
der Betroffene seine Einwilligung gegeben hat,
2.
die Übermittlung für die Erfüllung eines Vertrags zwischen dem Betroffenen und
der verantwortlichen Stelle oder zur Durchführung von vorvertraglichen Maßnahmen, die auf Veranlassung des Betroffenen getroffen worden sind, erforderlich ist,
3.
die Übermittlung zum Abschluss oder zur Erfüllung eines Vertrags erforderlich
ist, der im Interesse des Betroffenen von der verantwortlichen Stelle mit einem
Dritten geschlossen wurde oder geschlossen werden soll,
4.
die Übermittlung für die Wahrung eines wichtigen öffentlichen Interesses oder
zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen vor
Gericht erforderlich ist,
5.
die Übermittlung für die Wahrung lebenswichtiger Interessen des Betroffenen
erforderlich ist oder
6.
die Übermittlung aus einem Register erfolgt, das zur Information der Öffentlichkeit bestimmt ist und entweder der gesamten Öffentlichkeit oder allen Personen, die ein berechtigtes Interesse nachweisen können, zur Einsichtnahme offen
steht, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen im Einzelfall gegeben sind.
Die Stelle, an die die Daten übermittelt werden, ist darauf hinzuweisen, dass die übermittelten Daten nur zu dem Zweck verarbeitet oder genutzt werden dürfen, zu dessen Erfüllung sie übermittelt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 Satz 1 kann die zuständige Aufsichtsbehörde einzelne
Übermittlungen oder bestimmte Arten von Übermittlungen personenbezogener Daten
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an andere als die in § 4b Abs. 1 genannten Stellen genehmigen, wenn die verantwortliche
Stelle ausreichende Garantien hinsichtlich des Schutzes des Persönlichkeitsrechts und der
Ausübung der damit verbundenen Rechte vorweist; die Garantien können sich insbesondere aus Vertragsklauseln oder verbindlichen Unternehmensregelungen ergeben. Bei
den Post- und Telekommunikationsunternehmen ist der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zuständig. Sofern die Übermittlung durch öffentliche Stellen erfolgen soll, nehmen diese die Prüfung nach Satz 1 vor.
(3) Die Länder teilen dem Bund die nach Absatz 2 Satz 1 ergangenen Entscheidungen mit.
§ 4d Meldepflicht
(1) Verfahren automatisierter Verarbeitungen sind vor ihrer Inbetriebnahme von nichtöffentlichen verantwortlichen Stellen der zuständigen Aufsichtsbehörde und von öffentlichen verantwortlichen Stellen des Bundes sowie von den Post- und Telekommunikationsunternehmen dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit nach Maßgabe von § 4e zu melden.
(2) Die Meldepflicht entfällt, wenn die verantwortliche Stelle einen Beauftragten für den
Datenschutz bestellt hat.
(3) Die Meldepflicht entfällt ferner, wenn die verantwortliche Stelle personenbezogene
Daten für eigene Zwecke erhebt, verarbeitet oder nutzt, hierbei in der Regel höchstens
neun Personen ständig mit der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten beschäftigt und entweder eine Einwilligung des Betroffenen vorliegt oder die
Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit
dem Betroffenen erforderlich ist.
(4) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht, wenn es sich um automatisierte Verarbeitungen
handelt, in denen geschäftsmäßig personenbezogene Daten von der jeweiligen Stelle
1.
zum Zweck der Übermittlung,
2.
zum Zweck der anonymisierten Übermittlung oder
3.
für Zwecke der Markt- oder Meinungsforschung
gespeichert werden.
(5) Soweit automatisierte Verarbeitungen besondere Risiken für die Rechte und Freiheiten der Betroffenen aufweisen, unterliegen sie der Prüfung vor Beginn der Verarbeitung
(Vorabkontrolle). Eine Vorabkontrolle ist insbesondere durchzuführen, wenn
1.
besondere Arten personenbezogener Daten (§ 3 Abs. 9) verarbeitet werden oder
2.
die Verarbeitung personenbezogener Daten dazu bestimmt ist, die Persönlichkeit des Betroffenen zu bewerten einschließlich seiner Fähigkeiten, seiner Leistung oder seines Verhaltens,
es sei denn, dass eine gesetzliche Verpflichtung oder eine Einwilligung des Betroffenen
vorliegt oder die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung für die Begründung, Durchführung oder Beendigung eines rechtsgeschäftlichen oder rechtsgeschäftsähnlichen Schuldverhältnisses mit dem Betroffenen erforderlich ist.
(6) Zuständig für die Vorabkontrolle ist der Beauftragte für den Datenschutz. 2Dieser
nimmt die Vorabkontrolle nach Empfang der Übersicht nach § 4g Abs. 2 Satz 1 vor. Er hat
sich in Zweifelsfällen an die Aufsichtsbehörde oder bei den Post- und Telekommunikationsunternehmen an den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zu wenden.
§ 4e Inhalt der Meldepflicht
Sofern Verfahren automatisierter Verarbeitungen meldepflichtig sind, sind folgende Angaben zu machen:
1.
Name oder Firma der verantwortlichen Stelle,
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2.
Inhaber, Vorstände, Geschäftsführer oder sonstige gesetzliche oder nach der
Verfassung des Unternehmens berufene Leiter und die mit der Leitung der Datenverarbeitung beauftragten Personen,
3.
Anschrift der verantwortlichen Stelle,
4.
Zweckbestimmungen der Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung,
5.
eine Beschreibung der betroffenen Personengruppen und der diesbezüglichen
Daten oder Datenkategorien,
6.
Empfänger oder Kategorien von Empfängern, denen die Daten mitgeteilt werden können,
7.
Regelfristen für die Löschung der Daten,
8.
eine geplante Datenübermittlung in Drittstaaten,
9.
eine allgemeine Beschreibung, die es ermöglicht, vorläufig zu beurteilen, ob die
Maßnahmen nach § 9 zur Gewährleistung der Sicherheit der Verarbeitung angemessen sind.
§ 4d Abs. 1 und 4 gilt für die Änderung der nach Satz 1 mitgeteilten Angaben sowie für
den Zeitpunkt der Aufnahme und der Beendigung der meldepflichtigen Tätigkeit entsprechend.
§ 4f Beauftragter für den Datenschutz
(1) Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, die personenbezogene Daten automatisiert
verarbeiten, haben einen Beauftragten für den Datenschutz schriftlich zu bestellen. Nichtöffentliche Stellen sind hierzu spätestens innerhalb eines Monats nach Aufnahme ihrer
Tätigkeit verpflichtet. Das Gleiche gilt, wenn personenbezogene Daten auf andere Weise
erhoben, verarbeitet oder genutzt werden und damit in der Regel mindestens 20 Personen beschäftigt sind. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für die nichtöffentlichen Stellen, die
in der Regel höchstens neun Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigen. Soweit aufgrund der Struktur einer öffentlichen
Stelle erforderlich, genügt die Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz für
mehrere Bereiche. Soweit nicht-öffentliche Stellen automatisierte Verarbeitungen vornehmen, die einer Vorabkontrolle unterliegen, oder personenbezogene Daten geschäftsmäßig zum Zweck der Übermittlung, der anonymisierten Übermittlung oder für Zwecke
der Markt- oder Meinungsforschung automatisiert verarbeiten, haben sie unabhängig
von der Anzahl der mit der automatisierten Verarbeitung beschäftigten Personen einen
Beauftragten für den Datenschutz zu bestellen.
(2) Zum Beauftragten für den Datenschutz darf nur bestellt werden, wer die zur Erfüllung
seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit besitzt. Das Maß der erforderlichen Fachkunde bestimmt sich insbesondere nach dem Umfang der Datenverarbeitung der verantwortlichen Stelle und dem Schutzbedarf der personenbezogenen Daten,
die die verantwortliche Stelle erhebt oder verwendet. Zum Beauftragten für den Datenschutz kann auch eine Person außerhalb der verantwortlichen Stelle bestellt werden; die
Kontrolle erstreckt sich auch auf personenbezogene Daten, die einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis, insbesondere dem Steuergeheimnis nach § 30 der Abgabenordnung, unterliegen. Öffentliche Stellen können mit Zustimmung ihrer Aufsichtsbehörde
einen Bediensteten aus einer anderen öffentlichen Stelle zum Beauftragten für den Datenschutz bestellen.
(3) Der Beauftragte für den Datenschutz ist dem Leiter der öffentlichen oder nicht-öffentlichen Stelle unmittelbar zu unterstellen. Er ist in Ausübung seiner Fachkunde auf dem
Gebiet des Datenschutzes weisungsfrei. Er darf wegen der Erfüllung seiner Aufgaben
nicht benachteiligt werden. Die Bestellung zum Beauftragten für den Datenschutz kann
in entsprechender Anwendung von § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuches, bei nicht-öffentlichen Stellen auch auf Verlangen der Aufsichtsbehörde, widerrufen werden. Ist nach
Absatz 1 ein Beauftragter für den Datenschutz zu bestellen, so ist die Kündigung des
Arbeitsverhältnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, welche die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungs-
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frist berechtigen. Nach der Abberufung als Beauftragter für den Datenschutz ist die Kündigung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung der Bestellung unzulässig, es sei
denn, dass die verantwortliche Stelle zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt ist. Zur Erhaltung der zur Erfüllung seiner Aufgaben
erforderlichen Fachkunde hat die verantwortliche Stelle dem Beauftragten für den Datenschutz die Teilnahme an Fort- und Weiterbildungsveranstaltungen zu ermöglichen und
deren Kosten zu übernehmen.
(4) Der Beauftragte für den Datenschutz ist zur Verschwiegenheit über die Identität des
Betroffenen sowie über Umstände, die Rückschlüsse auf den Betroffenen zulassen, verpflichtet, soweit er nicht davon durch den Betroffenen befreit wird.
(4a) Soweit der Beauftragte für den Datenschutz bei seiner Tätigkeit Kenntnis von Daten
erhält, für die dem Leiter oder einer bei der öffentlichen oder nichtöffentlichen Stelle
beschäftigten Person aus beruflichen Gründen ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht,
steht dieses Recht auch dem Beauftragten für den Datenschutz und dessen Hilfspersonal
zu. Über die Ausübung dieses Rechts entscheidet die Person, der das Zeugnisverweigerungsrecht aus beruflichen Gründen zusteht, es sei denn, dass diese Entscheidung in absehbarer Zeit nicht herbeigeführt werden kann. Soweit das Zeugnisverweigerungsrecht
des Beauftragten für den Datenschutz reicht, unterliegen seine Akten und andere Schriftstücke einem Beschlagnahmeverbot.
(5) Die öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen haben den Beauftragten für den Datenschutz bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen und ihm insbesondere, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist, Hilfspersonal sowie Räume, Einrichtungen, Geräte und Mittel zur Verfügung zu stellen. Betroffene können sich jederzeit
an den Beauftragten für den Datenschutz wenden.
§ 4g Aufgaben des Beauftragten für den Datenschutz
(1) Der Beauftragte für den Datenschutz wirkt auf die Einhaltung dieses Gesetzes und
anderer Vorschriften über den Datenschutz hin. Zu diesem Zweck kann sich der Beauftragte für den Datenschutz in Zweifelsfällen an die für die Datenschutzkontrolle bei der
verantwortlichen Stelle zuständige Behörde wenden. Er kann die Beratung nach § 38 Abs.
1 Satz 2 in Anspruch nehmen. Er hat insbesondere
1.
die ordnungsgemäße Anwendung der Datenverarbeitungsprogramme, mit deren Hilfe personenbezogene Daten verarbeitet werden sollen, zu überwachen;
zu diesem Zweck ist er über Vorhaben der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten rechtzeitig zu unterrichten,
2.
die bei der Verarbeitung personenbezogener Daten tätigen Personen durch geeignete Maßnahmen mit den Vorschriften dieses Gesetzes sowie anderen Vorschriften über den Datenschutz und mit den jeweiligen besonderen Erfordernissen des Datenschutzes vertraut zu machen.
(2) Dem Beauftragten für den Datenschutz ist von der verantwortlichen Stelle eine Übersicht über die in § 4e Satz 1 genannten Angaben sowie über zugriffsberechtigte Personen
zur Verfügung zu stellen. Der Beauftragte für den Datenschutz macht die Angaben nach
§ 4e Satz 1 Nr. 1 bis 8 auf Antrag jedermann in geeigneter Weise verfügbar.
(2a) Soweit bei einer nichtöffentlichen Stelle keine Verpflichtung zur Bestellung eines Beauftragten für den Datenschutz besteht, hat der Leiter der nichtöffentlichen Stelle die
Erfüllung der Aufgaben nach den Absätzen 1 und 2 in anderer Weise sicherzustellen.
(3) Auf die in § 6 Abs. 2 Satz 4 genannten Behörden findet Absatz 2 Satz 2 keine Anwendung. Absatz 1 Satz 2 findet mit der Maßgabe Anwendung, dass der behördliche Beauftragte für den Datenschutz das Benehmen mit dem Behördenleiter herstellt; bei Unstimmigkeiten zwischen dem behördlichen Beauftragten für den Datenschutz und dem Behördenleiter entscheidet die oberste Bundesbehörde.
§ 5 Datengeheimnis
Den bei der Datenverarbeitung beschäftigten Personen ist untersagt, personenbezogene
Daten unbefugt zu erheben, zu verarbeiten oder zu nutzen (Datengeheimnis). Diese Per-
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71
sonen sind, soweit sie bei nicht-öffentlichen Stellen beschäftigt werden, bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Das Datengeheimnis besteht auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit fort.
§ 6 Rechte des Betroffenen
(1) Die Rechte des Betroffenen auf Auskunft (§§ 19, 34) und auf Berichtigung, Löschung
oder Sperrung (§§ 20, 35) können nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.
(2) Sind die Daten des Betroffenen automatisiert in der Weise gespeichert, dass mehrere
Stellen speicherungsberechtigt sind, und ist der Betroffene nicht in der Lage festzustellen,
welche Stelle die Daten gespeichert hat, so kann er sich an jede dieser Stellen wenden.
Diese ist verpflichtet, das Vorbringen des Betroffenen an die Stelle, die die Daten gespeichert hat, weiterzuleiten. Der Betroffene ist über die Weiterleitung und jene Stelle zu unterrichten. Die in § 19 Abs. 3 genannten Stellen, die Behörden der Staatsanwaltschaft und
der Polizei sowie öffentliche Stellen der Finanzverwaltung, soweit sie personenbezogene
Daten in Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben im Anwendungsbereich der Abgabenordnung zur Überwachung und Prüfung speichern, können statt des Betroffenen den Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit unterrichten. In diesem Fall richtet sich das weitere Verfahren nach § 19 Abs. 6.
(3) Personenbezogene Daten über die Ausübung eines Rechts des Betroffenen, das sich
aus diesem Gesetz oder aus einer anderen Vorschrift über den Datenschutz ergibt, dürfen
nur zur Erfüllung der sich aus der Ausübung des Rechts ergebenden Pflichten der verantwortlichen Stelle verwendet werden.
§ 6a Automatisierte Einzelentscheidung
(1) Entscheidungen, die für den Betroffenen eine rechtliche Folge nach sich ziehen oder
ihn erheblich beeinträchtigen, dürfen nicht ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten gestützt werden, die der Bewertung einzelner Persönlichkeitsmerkmale dienen. Eine ausschließlich auf eine automatisierte Verarbeitung
gestützte Entscheidung liegt insbesondere dann vor, wenn keine inhaltliche Bewertung
und darauf gestützte Entscheidung durch eine natürliche Person stattgefunden hat.
(2) Dies gilt nicht, wenn
1.
die Entscheidung im Rahmen des Abschlusses oder der Erfüllung eines Vertragsverhältnisses oder eines sonstigen Rechtsverhältnisses ergeht und dem
Begehren des Betroffenen stattgegeben wurde oder
2.
die Wahrung der berechtigten Interessen des Betroffenen durch geeignete
Maßnahmen gewährleistet ist und die verantwortliche Stelle dem Betroffenen
die Tatsache des Vorliegens einer Entscheidung im Sinne des Absatzes 1 mitteilt
sowie auf Verlangen die wesentlichen Gründe dieser Entscheidung mitteilt und
erläutert.
(3) Das Recht des Betroffenen auf Auskunft nach den §§ 19 und 34 erstreckt sich auch auf
den logischen Aufbau der automatisierten Verarbeitung der ihn betreffenden Daten.
§ 6b Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit
optisch-elektronischen Einrichtungen
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1.
zur Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen,
2.
zur Wahrnehmung des Hausrechts oder
3.
zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke
erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der
Betroffenen überwiegen.
72
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(2) Der Umstand der Beobachtung und die verantwortliche Stelle sind durch geeignete
Maßnahmen erkennbar zu machen.
(3) Die Verarbeitung oder Nutzung von nach Absatz 1 erhobenen Daten ist zulässig, wenn
sie zum Erreichen des verfolgten Zwecks erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Für einen anderen
Zweck dürfen sie nur verarbeitet oder genutzt werden, soweit dies zur Abwehr von Gefahren für die staatliche und öffentliche Sicherheit sowie zur Verfolgung von Straftaten
erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über eine Verarbeitung oder Nutzung entsprechend den §§ 19a und 33
zu benachrichtigen.
(5) Die Daten sind unverzüglich zu löschen, wenn sie zur Erreichung des Zwecks nicht
mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen der Betroffenen einer weiteren
Speicherung entgegenstehen.
§ 6c Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien
(1) Die Stelle, die ein mobiles personenbezogenes Speicher- und Verarbeitungsmedium
ausgibt oder ein Verfahren zur automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten,
das ganz oder teilweise auf einem solchen Medium abläuft, auf das Medium aufbringt,
ändert oder hierzu bereithält, muss den Betroffenen
1.
über ihre Identität und Anschrift,
2.
in allgemein verständlicher Form über die Funktionsweise des Mediums einschließlich der Art der zu verarbeitenden personenbezogenen Daten,
3.
darüber, wie er seine Rechte nach den §§ 19, 20, 34 und 35 ausüben kann, und
4.
über die bei Verlust oder Zerstörung des Mediums zu treffenden Maßnahmen
unterrichten, soweit der Betroffene nicht bereits Kenntnis erlangt hat.
(2) Die nach Absatz 1 verpflichtete Stelle hat dafür Sorge zu tragen, dass die zur Wahrnehmung des Auskunftsrechts erforderlichen Geräte oder Einrichtungen in angemessenem Umfang zum unentgeltlichen Gebrauch zur Verfügung stehen.
(3) Kommunikationsvorgänge, die auf dem Medium eine Datenverarbeitung auslösen,
müssen für den Betroffenen eindeutig erkennbar sein.
§ 7 Schadensersatz
Fügt eine verantwortliche Stelle dem Betroffenen durch eine nach diesem Gesetz oder
nach anderen Vorschriften über den Datenschutz unzulässige oder unrichtige Erhebung,
Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen Daten einen Schaden zu, ist sie
oder ihr Träger dem Betroffenen zum Schadensersatz verpflichtet. Die Ersatzpflicht entfällt, soweit die verantwortliche Stelle die nach den Umständen des Falles gebotene Sorgfalt beachtet hat.
§ 8 Schadensersatz bei automatisierter Datenverarbeitung
durch öffentliche Stellen
(1) Fügt eine verantwortliche öffentliche Stelle dem Betroffenen durch eine nach diesem
Gesetz oder nach anderen Vorschriften über den Datenschutz unzulässige oder unrichtige automatisierte Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen
Daten einen Schaden zu, ist ihr Träger dem Betroffenen unabhängig von einem Verschulden zum Schadensersatz verpflichtet.
(2) Bei einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts ist dem Betroffenen der Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, angemessen in Geld zu ersetzen.
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(3) Die Ansprüche nach den Absätzen 1 und 2 sind insgesamt auf einen Betrag von
130.000 Euro begrenzt. Ist aufgrund desselben Ereignisses an mehrere Personen Schadensersatz zu leisten, der insgesamt den Höchstbetrag von 130.000 Euro übersteigt, so
verringern sich die einzelnen Schadensersatzleistungen in dem Verhältnis, in dem ihr Gesamtbetrag zu dem Höchstbetrag steht.
(4) Sind bei einer automatisierten Verarbeitung mehrere Stellen speicherungsberechtigt
und ist der Geschädigte nicht in der Lage, die speichernde Stelle festzustellen, so haftet
jede dieser Stellen.
(5) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Betroffenen mitgewirkt, gilt
§ 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.
(6) Auf die Verjährung finden die für unerlaubte Handlungen geltenden Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechende Anwendung.
§ 9 Technische und organisatorische Maßnahmen
Öffentliche und nicht-öffentliche Stellen, die selbst oder im Auftrag personenbezogene
Daten erheben, verarbeiten oder nutzen, haben die technischen und organisatorischen
Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Ausführung der Vorschriften dieses
Gesetzes, insbesondere die in der Anlage zu diesem Gesetz genannten Anforderungen,
zu gewährleisten. Erforderlich sind Maßnahmen nur, wenn ihr Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck steht.
§ 9a Datenschutzaudit
Zur Verbesserung des Datenschutzes und der Datensicherheit können Anbieter von Datenverarbeitungssystemen und -programmen und datenverarbeitende Stellen ihr Datenschutzkonzept sowie ihre technischen Einrichtungen durch unabhängige und zugelassene Gutachter prüfen und bewerten lassen sowie das Ergebnis der Prüfung veröffentlichen. Die näheren Anforderungen an die Prüfung und Bewertung, das Verfahren sowie
die Auswahl und Zulassung der Gutachter werden durch besonderes Gesetz geregelt.
§ 10 Einrichtung automatisierter Abrufverfahren
(1) Die Einrichtung eines automatisierten Verfahrens, das die Übermittlung personenbezogener Daten durch Abruf ermöglicht, ist zulässig, soweit dieses Verfahren unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen und der Aufgaben oder
Geschäftszwecke der beteiligten Stellen angemessen ist. Die Vorschriften über die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs bleiben unberührt.
(2) Die beteiligten Stellen haben zu gewährleisten, dass die Zulässigkeit des Abrufverfahrens kontrolliert werden kann. Hierzu haben sie schriftlich festzulegen:
1.
Anlass und Zweck des Abrufverfahrens,
2.
Dritte, an die übermittelt wird,
3.
Art der zu übermittelnden Daten,
4.
nach § 9 erforderliche technische und organisatorische Maßnahmen.
Im öffentlichen Bereich können die erforderlichen Festlegungen auch durch die Fachaufsichtsbehörden getroffen werden.
(3) Über die Einrichtung von Abrufverfahren ist in Fällen, in denen die in § 12 Abs. 1 genannten Stellen beteiligt sind, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit unter Mitteilung der Festlegungen nach Absatz 2 zu unterrichten. Die Einrichtung von Abrufverfahren, bei denen die in § 6 Abs. 2 und in § 19 Abs. 3 genannten
Stellen beteiligt sind, ist nur zulässig, wenn das für die speichernde und die abrufende
Stelle jeweils zuständige Bundes- oder Landesministerium zugestimmt hat.
(4) Die Verantwortung für die Zulässigkeit des einzelnen Abrufs trägt der Dritte, an den
übermittelt wird. Die speichernde Stelle prüft die Zulässigkeit der Abrufe nur, wenn dazu
74
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Anlass besteht. Die speichernde Stelle hat zu gewährleisten, dass die Übermittlung personenbezogener Daten zumindest durch geeignete Stichprobenverfahren festgestellt
und überprüft werden kann. Wird ein Gesamtbestand personenbezogener Daten abgerufen oder übermittelt (Stapelverarbeitung), so bezieht sich die Gewährleistung der Feststellung und Überprüfung nur auf die Zulässigkeit des Abrufes oder der Übermittlung
des Gesamtbestandes.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten nicht für den Abruf allgemein zugänglicher Daten. Allgemein zugänglich sind Daten, die jedermann, sei es ohne oder nach vorheriger Anmeldung, Zulassung oder Entrichtung eines Entgelts, nutzen kann.
§ 11 Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener
Daten im Auftrag
(1) Werden personenbezogene Daten im Auftrag durch andere Stellen erhoben, verarbeitet oder genutzt, ist der Auftraggeber für die Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den Datenschutz verantwortlich. Die in den §§ 6, 7
und 8 genannten Rechte sind ihm gegenüber geltend zu machen.
(2) Der Auftragnehmer ist unter besonderer Berücksichtigung der Eignung der von ihm
getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen sorgfältig auszuwählen. Der
Auftrag ist schriftlich zu erteilen, wobei insbesondere im Einzelnen festzulegen sind:
1.
der Gegenstand und die Dauer des Auftrags,
2.
der Umfang, die Art und der Zweck der vorgesehenen Erhebung, Verarbeitung
oder Nutzung von Daten, die Art der Daten und der Kreis der Betroffenen,
3.
die nach § 9 zu treffenden technischen und organisatorischen Maßnahmen,
4.
die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten,
5.
die nach Absatz 4 bestehenden Pflichten des Auftragnehmers, insbesondere
die von ihm vorzunehmenden Kontrollen,
6.
die etwaige Berechtigung zur Begründung von Unterauftragsverhältnissen,
7.
die Kontrollrechte des Auftraggebers und die entsprechenden Duldungs- und
Mitwirkungspflichten des Auftragnehmers,
8.
mitzuteilende Verstöße des Auftragnehmers oder der bei ihm beschäftigten
Personen gegen Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten oder gegen die im Auftrag getroffenen Festlegungen,
9.
der Umfang der Weisungsbefugnisse, die sich der Auftraggeber gegenüber
dem Auftragnehmer vorbehält,
10.
die Rückgabe überlassener Datenträger und die Löschung beim Auftragnehmer
gespeicherter Daten nach Beendigung des Auftrags.
Er kann bei öffentlichen Stellen auch durch die Fachaufsichtsbehörde erteilt werden. Der
Auftraggeber hat sich vor Beginn der Datenverarbeitung und sodann regelmäßig von der
Einhaltung der beim Auftragnehmer getroffenen technischen und organisatorischen
Maßnahmen zu überzeugen. Das Ergebnis ist zu dokumentieren.
(3) Der Auftragnehmer darf die Daten nur im Rahmen der Weisungen des Auftraggebers
erheben, verarbeiten oder nutzen. Ist er der Ansicht, dass eine Weisung des Auftraggebers gegen dieses Gesetz oder andere Vorschriften über den Datenschutz verstößt, hat
er den Auftraggeber unverzüglich darauf hinzuweisen.
(4) Für den Auftragnehmer gelten neben den §§ 5, 9, 43 Abs. 1 Nr. 2, 10 und 11, Abs. 2
Nr. 1 bis 3 und Abs. 3 sowie § 44 nur die Vorschriften über die Datenschutzkontrolle oder
die Aufsicht, und zwar für
1.
a) öffentliche Stellen,
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75
b) nicht-öffentliche Stellen, bei denen der öffentlichen Hand die Mehrheit der
Anteile gehört oder die Mehrheit der Stimmen zusteht und der Auftraggeber eine öffentliche Stelle ist,
die §§ 18, 24 bis 26 oder die entsprechenden Vorschriften der Datenschutzgesetze der Länder,
2.
die übrigen nicht-öffentlichen Stellen, soweit sie personenbezogene Daten im
Auftrag als Dienstleistungsunternehmen geschäftsmäßig erheben, verarbeiten
oder nutzen, die §§ 4f, 4g und 38.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend, wenn die Prüfung oder Wartung automatisierter Verfahren oder von Datenverarbeitungsanlagen durch andere Stellen im Auftrag
vorgenommen wird und dabei ein Zugriff auf personenbezogene Daten nicht ausgeschlossen werden kann.
[…]
Dritter Abschnitt
Datenverarbeitung nicht-öffentlicher Stellen und
öffentlich-rechtlicher Wettbewerbsunternehmen
Dritter Unterabschnitt
Aufsichtsbehörde
§ 38 Aufsichtsbehörde
(1) Die Aufsichtsbehörde kontrolliert die Ausführung dieses Gesetzes sowie anderer Vorschriften über den Datenschutz, soweit diese die automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten oder die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten in oder
aus nicht automatisierten Dateien regeln einschließlich des Rechts der Mitgliedstaaten in
den Fällen des § 1 Abs. 5. Sie berät und unterstützt die Beauftragten für den Datenschutz
und die verantwortlichen Stellen mit Rücksicht auf deren typische Bedürfnisse. Die Aufsichtsbehörde darf die von ihr gespeicherten Daten nur für Zwecke der Aufsicht verarbeiten und nutzen; § 14 Abs. 2 Nr. 1 bis 3, 6 und 7 gilt entsprechend. Insbesondere darf die
Aufsichtsbehörde zum Zweck der Aufsicht Daten an andere Aufsichtsbehörden übermitteln. Sie leistet den Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union
auf Ersuchen ergänzende Hilfe (Amtshilfe). Stellt die Aufsichtsbehörde einen Verstoß gegen dieses Gesetz oder andere Vorschriften über den Datenschutz fest, so ist sie befugt,
die Betroffenen hierüber zu unterrichten, den Verstoß bei den für die Verfolgung oder
Ahndung zuständigen Stellen anzuzeigen sowie bei schwerwiegenden Verstößen die Gewerbeaufsichtsbehörde zur Durchführung gewerberechtlicher Maßnahmen zu unterrichten. Sie veröffentlicht regelmäßig, spätestens alle zwei Jahre, einen Tätigkeitsbericht. § 21
Satz 1 und § 23 Abs. 5 Satz 4 bis 7 gelten entsprechend.
(2) Die Aufsichtsbehörde führt ein Register der nach § 4d meldepflichtigen automatisierten Verarbeitungen mit den Angaben nach § 4e Satz 1. Das Register kann von jedem
eingesehen werden. Das Einsichtsrecht erstreckt sich nicht auf die Angaben nach § 4e
Satz 1 Nr. 9 sowie auf die Angabe der zugriffsberechtigten Personen.
(3) Die der Kontrolle unterliegenden Stellen sowie die mit deren Leitung beauftragten
Personen haben der Aufsichtsbehörde auf Verlangen die für die Erfüllung ihrer Aufgaben
erforderlichen Auskünfte unverzüglich zu erteilen. Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in §
383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr
strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Der Auskunftspflichtige ist darauf hinzuweisen.
(4) Die von der Aufsichtsbehörde mit der Kontrolle beauftragten Personen sind befugt,
soweit es zur Erfüllung der der Aufsichtsbehörde übertragenen Aufgaben erforderlich ist,
während der Betriebs- und Geschäftszeiten Grundstücke und Geschäftsräume der Stelle
zu betreten und dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen. Sie können geschäftliche Unterlagen, insbesondere die Übersicht nach § 4g Abs. 2 Satz 1 sowie die gespeicherten personenbezogenen Daten und die Datenverarbeitungsprogramme, einsehen. §
24 Abs. 6 gilt entsprechend. Der Auskunftspflichtige hat diese Maßnahmen zu dulden.
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(5) Zur Gewährleistung der Einhaltung dieses Gesetzes und anderer Vorschriften über den
Datenschutz kann die Aufsichtsbehörde Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten oder
technischer oder organisatorischer Mängel anordnen. Bei schwerwiegenden Verstößen
oder Mängeln, insbesondere solchen, die mit einer besonderen Gefährdung des Persönlichkeitsrechts verbunden sind, kann sie die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung oder
den Einsatz einzelner Verfahren untersagen, wenn die Verstöße oder Mängel entgegen
der Anordnung nach Satz 1 und trotz der Verhängung eines Zwangsgeldes nicht in angemessener Zeit beseitigt werden. Sie kann die Abberufung des Beauftragten für den
Datenschutz verlangen, wenn er die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderliche Fachkunde und Zuverlässigkeit nicht besitzt.
(6) Die Landesregierungen oder die von ihnen ermächtigten Stellen bestimmen die für
die Kontrolle der Durchführung des Datenschutzes im Anwendungsbereich dieses Abschnittes zuständigen Aufsichtsbehörden.
(7) Die Anwendung der Gewerbeordnung auf die den Vorschriften dieses Abschnittes
unterliegenden Gewerbebetriebe bleibt unberührt.
[…]
Fünfter Abschnitt
Schlussvorschriften
§ 43 Bußgeldvorschriften
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
2.
entgegen § 4d Abs. 1, auch in Verbindung mit § 4e Satz 2, eine Meldung nicht,
nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
entgegen § 4f Abs. 1 Satz 1 oder 2, jeweils auch in Verbindung mit Satz 3 und
6, einen Beauftragten für den Datenschutz nicht, nicht in der vorgeschriebenen
Weise oder nicht rechtzeitig bestellt,
2a.
entgegen § 10 Absatz 4 Satz 3 nicht gewährleistet, dass die Datenübermittlung
festgestellt und überprüft werden kann,
2b.
entgegen § 11 Absatz 2 Satz 2 einen Auftrag nicht richtig, nicht vollständig oder
nicht in der vorgeschriebenen Weise erteilt oder entgegen § 11 Absatz 2 Satz
4 sich nicht vor Beginn der Datenverarbeitung von der Einhaltung der beim
Auftragnehmer getroffenen technischen und organisatorischen Maßnahmen
überzeugt,
3.
entgegen § 28 Abs. 4 Satz 2 den Betroffenen nicht, nicht richtig oder nicht
rechtzeitig unterrichtet oder nicht sicherstellt, dass der Betroffene Kenntnis erhalten kann,
3a.
entgegen § 28 Absatz 4 Satz 4 eine strengere Form verlangt,
4.
entgegen § 28 Abs. 5 Satz 2 personenbezogene Daten übermittelt oder nutzt,
4a.
entgegen § 28a Abs. 3 Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig macht,
5.
entgegen § 29 Abs. 2 Satz 3 oder 4 die dort bezeichneten Gründe oder die Art
und Weise ihrer glaubhaften Darlegung nicht aufzeichnet,
6.
entgegen § 29 Abs. 3 Satz 1 personenbezogene Daten in elektronische oder
gedruckte Adress-, Rufnummern-, Branchen- oder vergleichbare Verzeichnisse
aufnimmt,
7.
entgegen § 29 Abs. 3 Satz 2 die Übernahme von Kennzeichnungen nicht sicherstellt,
7a.
entgegen § 29 Abs. 6 ein Auskunftsverlangen nicht richtig behandelt,
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7b.
entgegen § 29 Abs. 7 Satz 1 einen Verbraucher nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig unterrichtet,
8.
entgegen § 33 Abs. 1 den Betroffenen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig
benachrichtigt,
8a.
entgegen § 34 Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 3, entgegen § 34
Absatz 1a, entgegen § 34 Absatz 2 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder
entgegen § 34 Absatz 2 Satz 5, Absatz 3 Satz 1 oder Satz 2 oder Absatz 4 Satz
1, auch in Verbindung mit Satz 2, eine Auskunft nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder entgegen § 34 Absatz 1a Daten nicht
speichert,
8b.
entgegen § 34 Abs. 2 Satz 3 Angaben nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder
nicht rechtzeitig übermittelt,
8c.
entgegen § 34 Abs. 2 Satz 4 den Betroffenen nicht oder nicht rechtzeitig an die
andere Stelle verweist,
9.
entgegen § 35 Abs. 6 Satz 3 Daten ohne Gegendarstellung übermittelt,
10.
entgegen § 38 Abs. 3 Satz 1 oder Abs. 4 Satz 1 eine Auskunft nicht, nicht richtig,
nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erteilt oder eine Maßnahme nicht duldet oder
11.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 38 Abs. 5 Satz 1 zuwiderhandelt.
(2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1.
unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, erhebt
oder verarbeitet,
2.
unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, zum
Abruf mittels automatisierten Verfahrens bereithält,
3.
unbefugt personenbezogene Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, abruft
oder sich oder einem anderen aus automatisierten Verarbeitungen oder nicht
automatisierten Dateien verschafft,
4.
die Übermittlung von personenbezogenen Daten, die nicht allgemein zugänglich sind, durch unrichtige Angaben erschleicht,
5.
entgegen § 16 Abs. 4 Satz 1, § 28 Abs. 5 Satz 1, auch in Verbindung mit § 29
Abs. 4, § 39 Abs. 1 Satz 1 oder § 40 Abs. 1, die übermittelten Daten für andere
Zwecke nutzt,
5a.
entgegen § 28 Absatz 3b den Abschluss eines Vertrages von der Einwilligung
des Betroffenen abhängig macht,
5b.
entgegen § 28 Absatz 4 Satz 1 Daten für Zwecke der Werbung oder der Marktoder Meinungsforschung verarbeitet oder nutzt,
6.
entgegen § 30 Absatz 1 Satz 2, § 30a Absatz 3 Satz 3 oder § 40 Absatz 2 Satz 3
ein dort genanntes Merkmal mit einer Einzelangabe zusammenführt oder
7.
entgegen § 42a Satz 1 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder
nicht rechtzeitig macht.
(3) Die Ordnungswidrigkeit kann im Fall des Absatzes 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 mit einer Geldbuße bis zu dreihunderttausend Euro geahndet werden. Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, den der Täter
aus der Ordnungswidrigkeit gezogen hat, übersteigen. Reichen die in Satz 1 genannten
Beträge hierfür nicht aus, so können sie überschritten werden.
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§ 44 Strafvorschriften
(1) Wer eine in § 43 Abs. 2 bezeichnete vorsätzliche Handlung gegen Entgelt oder in der
Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, begeht,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt sind der Betroffene, die verantwortliche Stelle, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und die Aufsichtsbehörde.
Anlage (zu § 9 Satz 1)
Werden personenbezogene Daten automatisiert verarbeitet oder genutzt, ist die innerbehördliche oder innerbetriebliche Organisation so zu gestalten, dass sie den besonderen Anforderungen des Datenschutzes gerecht wird. Dabei sind insbesondere Maßnahmen zu treffen, die je nach der Art der zu schützenden personenbezogenen Daten oder
Datenkategorien geeignet sind,
1.
Unbefugten den Zutritt zu Datenverarbeitungsanlagen, mit denen personenbezogene Daten verarbeitet oder genutzt werden, zu verwehren (Zutrittskontrolle),
2.
zu verhindern, dass Datenverarbeitungssysteme von Unbefugten genutzt werden können (Zugangskontrolle),
3.
zu gewährleisten, dass die zur Benutzung eines Datenverarbeitungssystems Berechtigten ausschließlich auf die ihrer Zugriffsberechtigung unterliegenden Daten zugreifen können, und dass personenbezogene Daten bei der Verarbeitung,
Nutzung und nach der Speicherung nicht unbefugt gelesen, kopiert, verändert
oder entfernt werden können (Zugriffskontrolle),
4.
zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten bei der elektronischen Übertragung oder während ihres Transports oder ihrer Speicherung auf Datenträger
nicht unbefugt gelesen, kopiert, verändert oder entfernt werden können, und
dass überprüft und festgestellt werden kann, an welche Stellen eine Übermittlung personenbezogener Daten durch Einrichtungen zur Datenübertragung vorgesehen ist (Weitergabekontrolle),
5.
zu gewährleisten, dass nachträglich überprüft und festgestellt werden kann, ob
und von wem personenbezogene Daten in Datenverarbeitungssysteme eingegeben, verändert oder entfernt worden sind (Eingabekontrolle),
6.
zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten, die im Auftrag verarbeitet werden, nur entsprechend den Weisungen des Auftraggebers verarbeitet werden
können (Auftragskontrolle),
7.
zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten gegen zufällige Zerstörung oder Verlust geschützt sind (Verfügbarkeitskontrolle),
8.
zu gewährleisten, dass zu unterschiedlichen Zwecken erhobene Daten getrennt
verarbeitet werden können.
Eine Maßnahme nach Satz 2 Nummer 2 bis 4 ist insbesondere die Verwendung von dem
Stand der Technik entsprechenden Verschlüsselungsverfahren.
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79
6.2
Auszug aus dem Saarländischen Datenschutzgesetz (SDSG)
Erster Teil
Allgemeiner Datenschutz
Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§1
§2
§3
§4
Aufgabe
Anwendungsbereich
Begriffsbestimmungen
Zulässigkeit der Datenverarbeitung; Datenvermeidung und Datensparsamkeit
Dritter Teil
Besonderer Datenschutz
§ 34
Videoüberwachung
Erster Teil
Allgemeiner Datenschutz
Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Aufgabe
Aufgabe dieses Gesetzes ist es, die Einzelne oder den Einzelnen davor zu schützen, dass
sie oder er durch die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen
in unzulässiger Weise in ihrem oder seinem Recht beeinträchtigt wird, selbst über die
Preisgabe und Verwendung ihrer oder seiner Daten zu bestimmen (informationelles
Selbstbestimmungsrecht).
§ 2 Anwendungsbereich
(1) Dieses Gesetz gilt für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Behörden
und sonstigen öffentlichen Stellen des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände
sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des
öffentlichen Rechts (öffentliche Stellen). Als öffentliche Stellen gelten auch Vereinigungen
ungeachtet ihrer Rechtsform, die Aufgaben öffentlicher Verwaltung wahrnehmen und an
denen eine oder mehrere der in Satz 1 genannten Stellen mit absoluter Mehrheit der
Anteile oder absoluter Mehrheit der Stimmen beteiligt sind; Gleiches gilt für weitere Beteiligungen dieser Vereinigungen. Nehmen nicht-öffentliche Stellen hoheitliche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr, sind sie insoweit öffentliche Stellen im Sinne dieses Gesetzes. Für den Landtag und für die Gerichte, den Rechnungshof sowie für die Behörden der Staatsanwaltschaft gilt dieses Gesetz nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben
wahrnehmen; darüber hinaus gelten für die Behörden der Staatsanwaltschaft, soweit sie
keine Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, nur die Vorschriften des Zweiten Teils.
(2) Soweit öffentlich-rechtliche Unternehmen am Wettbewerb teilnehmen, gelten für sie
nur der Zweite Teil sowie der § 7 Abs. 1 und die §§ 9, 30 bis 32. Mit Ausnahme der Vorschriften über die Aufsichtsbehörde sind im Übrigen die für nicht öffentliche Stellen geltenden Vorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes einschließlich der Straf- und Bußgeldvorschriften anwendbar.
(3) Die Vorschriften dieses Gesetzes gehen denen des Verwaltungsverfahrensgesetzes
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vor, soweit bei der Ermittlung des Sachverhalts personenbezogene Daten verarbeitet
werden. Im Übrigen gehen besondere Rechtsvorschriften, soweit sie auf die Verarbeitung
personenbezogener Daten anzuwenden sind, den Vorschriften dieses Gesetzes vor.
(4) Amts- und Funktionsbezeichnungen dieses Gesetzes werden in weiblicher oder männlicher Form geführt.
§ 3 Begriffsbestimmungen
(1) Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (Betroffene oder Betroffener).
(2) Datenverarbeitung ist das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren, Löschen sowie Nutzen personenbezogener Daten.
Im Einzelnen ist
1.
Erheben das Beschaffen von Daten über die Betroffene oder den Betroffenen,
2.
Speichern das Erfassen, Aufnehmen oder Aufbewahren von Daten auf einem
Datenträger zum Zweck ihrer weiteren Verarbeitung,
3.
Verändern das inhaltliche Umgestalten gespeicherter Daten,
4.
Übermitteln das Bekanntgeben gespeicherter oder durch Datenverarbeitung
gewonnener Daten an eine Dritte oder einen Dritten in der Weise, dass die
Daten durch die verantwortliche Stelle weitergegeben oder zur Einsichtnahme bereitgehalten werden oder dass die oder der Dritte zum Abruf in einem automatisierten Verfahren bereitgehaltene Daten abruft,
5.
Sperren das Kennzeichnen gespeicherter Daten, um ihre weitere Verarbeitung
einzuschränken,
6.
Löschen das Unkenntlichmachen gespeicherter Daten,
7.
Nutzen jede sonstige Verwendung von Daten,
ungeachtet der dabei angewendeten Verfahren.
(3) Verantwortliche Stelle ist jede der in § 2 Abs. 1 genannten Stellen, die personenbezogene Daten für sich selbst verarbeitet oder durch andere verarbeiten lässt.
(4) Empfängerin oder Empfänger ist jede Person oder Stelle, die personenbezogene Daten erhält.
(5) Dritte oder Dritter ist jede Person oder Stelle außerhalb der verantwortlichen Stelle, es
sei denn, es handelt sich hierbei um die Betroffene oder den Betroffenen oder Stellen, die
im Geltungsbereich der Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten der
Mitgliedstaaten der Europäischen Union personenbezogene Daten im Auftrag verarbeiten (§ 5).
(6) Automatisiert ist eine Datenverarbeitung, wenn sie durch Einsatz eines gesteuerten
technischen Verfahrens selbsttätig abläuft.
(7) Eine Akte ist jede amtlichen oder dienstlichen Zwecken dienende Unterlage.
(8) Anonymisieren ist das Verändern personenbezogener Daten derart, dass die Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse nicht mehr oder nur mit einem
unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft einer bestimmten
oder bestimmbaren natürlichen Person zugeordnet werden können. Pseudonymisieren
ist das Ersetzen des Namens und anderer Identifikationsmerkmale durch ein Kennzeichen
zu dem Zweck, die Bestimmung der oder des Betroffenen auszuschließen oder wesentlich
zu erschweren.
Unabhängiges Datenschutzzentrum Saarland, Datenschutz bei Videoüberwachungen
81
(9) Mobile personenbezogene Speicher- und Verarbeitungsmedien sind Datenträger,
1.
die an die Betroffene oder den Betroffenen ausgegeben werden,
2.
auf denen personenbezogene Daten über die Speicherung hinaus durch die
ausgebende oder eine andere Stelle automatisiert verarbeitet werden können
und
3.
bei denen die oder der Betroffene diese Verarbeitung nur durch den Gebrauch des Mediums beeinflussen kann.
§ 4 Zulässigkeit der Datenverarbeitung; Datenvermeidung und
Datensparsamkeit
(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten ist nur zulässig, wenn
a)
dieses Gesetz oder eine andere Rechtsvorschrift sie erlaubt oder
b)
die oder der Betroffene eingewilligt hat.
Die Einwilligung bedarf der Schriftform, soweit nicht wegen besonderer Umstände eine
andere Form angemessen ist. Soll die Einwilligung zusammen mit anderen Erklärungen
schriftlich erteilt werden, ist die oder der Betroffene auf die Einwilligungserklärung schriftlich besonders hinzuweisen. Die oder der Betroffene ist in geeigneter Weise über die Bedeutung der Einwilligung, insbesondere über den Verwendungszweck der Daten, bei einer beabsichtigten Übermittlung an Dritte über diese aufzuklären; sie oder er ist unter
Darlegung der Rechtsfolgen darauf hinzuweisen, dass sie oder er die Einwilligung verweigern und mit Wirkung für die Zukunft widerrufen kann.
(2) Die Verarbeitung personenbezogener Daten über die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit oder Sexualleben ist nur auf Grund einer besonderen
Rechtsvorschrift zulässig. Dies gilt nicht, wenn
1.
die oder der Betroffene eingewilligt hat,
2.
die Datenverarbeitung ausschließlich in ihrem oder seinem lebenswichtigen
Interesse liegt und eine Einwilligung nicht oder nicht rechtzeitig eingeholt
werden konnte,
3.
die Angaben aus allgemein zugänglichen Quellen stammen und von der oder
dem Betroffenen selbst offenbart wurden,
4.
die Datenverarbeitung im Rahmen der Vorschriften der §§ 30, 31, 32 oder 33
erforderlich ist,
5.
ein rechtliches Interesse an der Verarbeitung der Daten besteht oder
6.
die Datenverarbeitung zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit
oder zur Strafverfolgung erforderlich ist.
(3) Entscheidungen, die für die Betroffene oder den Betroffenen eine rechtliche Folge
nach sich ziehen oder sie oder ihn erheblich beeinträchtigen, dürfen nicht ausschließlich
auf eine automatisierte Verarbeitung ihrer oder seiner personenbezogenen Daten gestützt werden, die der Bewertung einzelner Persönlichkeitsmerkmale dienen. Dies gilt
nicht, wenn
82
1.
eine Rechtsvorschrift dies ausdrücklich vorsieht,
2.
damit dem Begehren der oder des Betroffenen stattgegeben wird oder
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3.
der oder dem Betroffenen die Tatsache einer Entscheidung nach Satz 1 mitgeteilt und ihr oder ihm Gelegenheit gegeben wird, hierzu Stellung zu nehmen. Die verantwortliche Stelle ist verpflichtet, nach Eingang der Stellungnahme ihre Entscheidung erneut zu prüfen.
(4) Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten haben sich die Art der Datenverarbeitung sowie die Auswahl und Gestattung hierzu bestimmter technischer Einrichtungen
an dem Ziel auszurichten, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu verarbeiten.
[…]
Dritter Teil
Besonderer Datenschutz
§ 34 Videoüberwachung
(1) Die Beobachtung öffentlich zugänglicher Bereiche mit optisch-elektronischen Einrichtungen (Videoüberwachung) ist nur zulässig, soweit sie
1.
in Wahrnehmung des Hausrechts der verantwortlichen Stelle zum Zweck des
Schutzes von Personen, des Eigentums oder des Besitzes oder der Kontrolle
von Zugangsberechtigungen, oder
2.
zur Aufgabenerfüllung der verantwortlichen Stelle
erforderlich ist. Für die Gefährdung der in Nummer 1 genannten Rechtsgüter müssen
konkrete Anhaltspunkte bestehen. Die Videoüberwachung nach Nummer 2 ist nur zulässig, wenn Anhaltspunkte für eine konkrete Gefährdung von Gesundheit, Leib oder Leben,
Eigentum oder sonstigen hochrangigen Rechtsgütern vorliegen. Es dürfen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Die
Videoüberwachung darf nur durch die Leitung der verantwortlichen Stelle angeordnet
werden. Dabei sind der Zweck, die räumliche Ausdehnung und die Dauer der Videoüberwachung zu dokumentieren.
(2) Die Möglichkeit der Beobachtung und die verantwortliche Stelle müssen für Betroffene erkennbar sein.
(3) Personenbezogene Daten dürfen nur erhoben oder gespeichert werden, wenn dies
zum Erreichen der in Absatz 1 genannten Zwecke erforderlich oder unvermeidlich ist. Die
Daten dürfen für einen anderen Zweck nur verarbeitet werden, wenn dies zur Abwehr von
Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder zur Abwehr von Nachteilen für das Wohl des
Bundes oder eines Landes oder zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist.
(4) Werden durch Videoüberwachung erhobene Daten einer bestimmten Person zugeordnet, ist diese über die Erhebung entsprechend § 12 Abs. 5 Satz 1 zu benachrichtigen.
§ 12 Abs. 5 Satz 4 gilt entsprechend.
(5) Die Daten sind unverzüglich, spätestens jedoch nach 24 Stunden zu löschen, wenn sie
zur Erreichung des Zwecks nicht mehr erforderlich sind oder schutzwürdige Interessen
der Betroffenen einer weiteren Speicherung entgegenstehen.
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83
7
Stichwortverzeichnis
Abwehranspruch ............................. 12
Action-Cams ....................................... 8
AGB....................................................... 22
allgemeines Persönlichkeitsrecht .............................................. 12, 14
Allgemeinen Geschäftsbedingungen ......................................... 22
Anordnung ........................................ 17
Apotheke ............................................ 19
Arbeitsplätze ..................................... 52
Aufgabenerfüllung ......................... 30
Aufstiegsgenehmigung .................. 9
Auftragsdatenverarbeitung .. 23, 36
Aufzeichnung.................................... 48
Außenfassade ................................... 33
Außenkamera ................................... 13
berechtigte Interessen .................. 47
berechtigtes Interesse ................... 25
Beschäftigungsverhältnis ............. 39
Betäubungsmittel............................ 20
betriebliche Datenschutzbeauftragte........................................ 50
Betriebsrat .................................. 34, 40
Betriebsvereinbarung .................... 40
Beweisverwertung........................... 14
Bußgeldverfahren............................ 22
Campingplatz ................................... 25
Checkliste ........................................... 56
Club ...................................................... 21
Dashcams ............................................. 8
Diskotheken ...................................... 21
Drohnen................................................ 8
Düsseldorfer Kreis ............................. 7
Ehrenfriedhöfe ................................. 37
Einwilligung .........................21, 22, 25
Erforderlichkeit .......................... 19, 48
Freiwilligkeit ...................................... 21
Garderobe .......................................... 23
Gastronomie ..................................... 52
Gastronomiebetrieb ....................... 17
Geeignetheit ..................................... 19
Gewerbeaufsicht.............................. 18
Graffiti.................................................. 33
Hausrecht........................................... 47
Hausrechts......................................... 30
heimliche Videoüberwachung ... 35
Herausgabe ................................ 15, 17
Hinweispflicht ................................... 50
Hinweisschild ............................. 17, 22
höchstpersönlicher Lebensbereich ..................................................... 12
industrielle Produktion ................. 40
informationelles Selbstbestimmungsrecht ....................... 11, 29
Kassenautomat ................................ 25
Kaufhausdetektiv ............................ 15
Kennzeichenerfassung .................. 25
Kfz-Kennzeichen.............................. 25
Kommune .......................................... 35
Kunsturhebergesetz ....................... 12
Live-Monitoring............................... 48
Löschfristen ....................................... 54
Luftfahrtbehörde ................................9
Mehrfamilienhaus ........................... 55
Meldebogen ..................................... 59
Meldepflicht ...................................... 29
Merkblatt ........................................... 57
mitbestimmungspflichtig............. 40
mobile Videokameras ......................7
Museum ............................................. 36
Netzwerkkamera ............................. 40
öffentlich zugänglichen ................ 28
öffentlich zugänglicher Raum .... 47
Offizin .................................................. 19
optisch-elektronische
Einrichtungen ................................... 46
Ordnungswidrigkeit ....................... 18
Orientierungshilfe ............... 7, 45, 61
Parkfläche .......................................... 24
Parkhaus ............................................. 25
persönliche oder familiäre
Tätigkeit.............................................. 15
Restaurant ......................................... 49
Schrankenanlage............................. 24
Schulen ............................................... 32
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Schwimmbäder ................................ 33
Speicherdauer .................................. 51
Strafverfolgungsbehörden .......... 16
Tanzfläche .......................................... 23
Taxi ....................................................... 42
Technische und organisatorische Maßnahmen..................... 23
Theke ................................................... 23
Tierbeobachtungskamera ............ 57
Tonaufzeichnung ............................ 41
Tonaufzeichnungen ....................... 51
Treppenaufgänge ........................... 55
Überwachung ................................... 40
Umkleidekabine ............................... 49
unbemannte Luftfahrtsysteme ..... 8
Universität des Saarlandes .......... 31
Unterrichtungspflicht..................... 51
Verfahrensbeschreibung .............. 30
Verfahrensübersich ........................ 50
Verhältnismäßigkeit ....................... 19
Verkaufsraum ............................ 16, 19
Videoaufzeichnung ........................ 15
Videoüberwachung ........................ 17
Videoüberwachungsmaßnahme 19
Vorabkontrolle ................................. 23
Wald..................................................... 28
Webcam ............................................. 34
Wertstoffhöfe ................................... 36
Wildkamera ....................................... 28
Wohnhäuser ..................................... 54
Zufahrtskontrolle ............................ 24
Zwangsgeld....................................... 18
Zweck .................................................. 29
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