Übungsblatt 4

Univ.-Prof. Dr. Stefan Josten
Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre,
insbesondere Finanzwissenschaft und soziale Sicherungssysteme
Übung zur Wirtschaftspolitik
Übungsblatt 4
Aufgabe 1
Neben dem Möbelhaus IDEO hat sich in Ahausen der riesige Technologiekonzern BIRNE angesiedelt.
Um die schwierigen technischen Probleme zu lösen, braucht das Unternehmen hoch qualifizierte
Mitarbeiter. Diese müssen erst in die ländliche Region gelockt werden und so verspricht das
Unternehmen neben vielen Zusatzleistungen, wie einer kostenfreien Verpflegung und umfangreiche
Zusatzversicherungen, auch Löhne, die deutlich über dem ortsüblichen Durchschnitt liegen.
Die Mitarbeiter von IDEO müssen jedoch die Sparambitionen ihres Geschäftsführers hinnehmen, weil
sie leider nicht qualifiziert genug für BIRNE sind. Diese Unzufriedenheit über die unterschiedlichen
Verhältnisse macht sich auch bald im Stadtrat von Ahausen bemerkbar und so holt sich der
Oberbürgermeister Rat, welche Maßnahme nun geeignet sei, um dieser Unzufriedenheit
entgegenzuwirken. Von der Beratungsagentur SOZI erhält er die Vorschläge einen Mindestlohn zu
bestimmen oder eine progressive Einkommenssteuer einzuführen. Der überzeugte Landwirt versteht
allerdings nur Bahnhof und ist mit den Vorschlägen völlig überfordert.
a) Zeigen Sie dem Oberbürgermeister grafisch und verbal, welche Auswirkungen die Einführung
dieser Maßnahmen hat!
b) Wenn Sie an das Thema soziale Gerechtigkeit denken, welche Aspekte fallen Ihnen dabei
ein? Kennen Sie passende Maßnahmen und würden sogar andere Maßnahmen als die beiden
oben genannten für Ahausen in Frage kommen? Denken Sie an die verschiedenen Ebenen
des Themas „Gerechtigkeit“!
c) Stellen Sie sich vor, der Staat hat einen festen Betrag für Gerechtigkeitsaspekte zu verteilen.
Diskutieren Sie, welche Bereiche stärker gefördert werden sollten, oder welche weniger
wichtig sind? Versetzen Sie sich hierzu in verschiedene Rollen und beziehen Sie dabei wieder
die unterschiedlichen Aspekte der Gerechtigkeit mit ein.
d) Welche Probleme erkennen Sie bei der Beurteilung von Gerechtigkeitsaspekten
und -theorien?
Aufgabe 2
Der Oberbürgermeister schlägt nun 3 Varianten dem Stadtrat, der aus den drei Parteien gelb, grün
und lila besteht, vor und lässt über die Durchführung der Maßnahme abstimmen. Zur Wahl stehen:
A) die Schaffung einer Ganztageskita,
B) einer Fachhochschule und
C) die Errichtung eines Stadtparks zur Erholung vom stressigen Arbeitsleben
Die gelbe Partei bevorzugt ganz klar den Bau einer FH. Bildung ist das A und O! Den Stadtpark finden
sie hingegen völlig unnütz. Ihre Wähler gehen so viel arbeiten, da ist keine Zeit für einen
Mittagsschlaf im Park. Wichtiger ist da schon die Kita.
Die grüne Partei ist ganz klar für den Stadtpark. Das Leben ist zum Leben dar und nicht nur zum
Arbeiten – von einem öffentlichen Stadtpark haben schließlich alle etwas, nicht nur Eltern. An
zweiter Stelle steht bei den Grünen eindeutig die Kita. Was soll denn eine Fachhochschule auf dem
Land?
Die lila Partei schließt den Bau eines Stadtparks kategorisch aus. Es gibt wichtigere Dinge als solchen
Luxus und Natur gibt es schließlich auch kostenlos. Besonders wichtig findet sie den Bau einer Kita,
damit beide Elternteile arbeiten gehen können. Das müssen sie schließlich auch, bei den geringen
Einkommen ihrer Wähler. Eine FH könnte evtl. auch die Aufstiegschancen erhöhen, sodass diese
Option an zweiter Stelle steht.
a) Der Oberbürgermeister weiß nach all den Diskussionen nicht mehr, wo ihm der Kopf steht.
Helfen Sie ihm die Alternativen zu sortieren! Gibt es bei den Optionen einen klaren
Gewinner?
Rangfolge
1
2
3
Gelb
Partei
Grün
Lila
A versus B:
B versus C:
A versus C:
b) Beschreiben Sie die Präferenzordnungen der Parteien grafisch. Was fällt dabei auf?
c) Die Parteien beschließen nun ihre Wähler zu befragen und können somit auch den Nutzen
der jeweiligen Projekte besser einschätzen. Dabei erhalten sie folgende Werte:
Projekt
Kita
FH
Park
Gelb
-20
1000
-10
Partei
Grün
-10
-20
500
Lila
200
-20
-150
Nettovorteil
Anschließend wird einzeln darüber abgestimmt, ob ein Projekt realisiert werden soll, oder
nicht. Wie werden die Wahlen ausgehen? Gibt es Möglichkeiten, den Wahlausgang zu
verändern?
Wahr - Falsch – Fragen
Geben Sie bei den folgenden Aussagen an, ob sie wahr (w) oder falsch (f) sind.
1
Die Möglichkeiten eines Staates, Einnahmen zur Umverteilung zu generieren, sind Steuern,
Gebühren/ Beiträge und Subventionen.
2 Die Zunahme der Ungleichheit nach der primären Einkommensverteilung ist in den letzten
25 Jahren stärker ausgeprägt als die Zunahme nach der sekundären
Einkommensverteilung.
3 Technischer Fortschritt und Globalisierung führen zu einer erhöhten Nachfrage an gering
qualifizierten Arbeitskräften, wodurch der gleichgewichtige Lohnsatz für höher qualifizierte
Arbeiter steigt. Dadurch nimmt die Lohnspreizung in einem Land weiter zu.
4 Ein Mindestlohn führt dazu, dass die Arbeitsnachfrage steigt, das Arbeitsangebot jedoch
sinkt, sodass es zu Arbeitslosigkeit kommt.
5 In Abschwungphasen eines Konjunkturzyklus kommt es regelmäßig zu struktureller
Arbeitslosigkeit, die mit Konjunkturprogrammen leicht bekämpft werden kann.
6 Die Keynesianische Nachfragepolitik verbietet Staatsverschuldung (sog. deficit spending),
da hierdurch langfristig die Nachfrage verringert wird.
7 Eine expansive Gelpolitik kann zu einem Zielkonflikt führen da sie eine Rezession
abschwächen soll, jedoch zu erhöhten Preissteigerungen führt.
8 Staatliche Konjunkturpolitik ist ein anerkanntes Mittel zur Bekämpfung einer Rezession
und wurde in der Vergangenheit viel und erfolgreich angewendet.
9 Angebotspolitik setzt auf freie und flexible Lohngestaltung und wenig Staatseingriffe.
10 Nur große Interessengruppen, die auch einen großen Teil der Bevölkerung ansprechen,
schaffen es, erfolgreiche und stabile Interessensgruppen zu bilden.
Multiple Choice Aufgaben
Kreuzen sie im Folgenden die richtigen Aussagen an:
1. Mindestlohn
Die obige Grafik zeigt die Folgen einer Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.
A
B
C
D
Durch den Mindestlohn entsteht Arbeitslosigkeit in Höhe der Strecke IH
Durch den Mindestlohn entsteht Arbeitslosigkeit in Höhe der Strecke KI
Durch den Mindestlohn entsteht Arbeitslosigkeit in Höhe der Strecke KG
Durch den Mindestlohn entsteht Arbeitslosigkeit in Höhe der Strecke LI
2. Gerechtigkeit
A
B
C
D
Zu den Aspekten sozialer Gerechtigkeit gehören Individualgerechtigkeit,
Leistungsgerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit.
Zu den Aspekten sozialer Gerechtigkeit gehören Chancengerechtigkeit, monetäre
Gerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit.
Zu den Aspekten sozialer Gerechtigkeit gehören Chancengerechtigkeit,
Konsumgerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit.
Zu den Aspekten sozialer Gerechtigkeit gehören Chancengerechtigkeit,
Leistungsgerechtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit.
3. Libertarismus
A
B
C
D
Staatliche Umverteilung ist von den Libertaristen auf jeden Fall ausgeschlossen.
Die Libertaristen verteidigen privaten Besitz als Naturrecht.
Die Liberatisten verteidigen die in einer Gesellschaft am schlechtesten gestellte
Person, daher ist Gleichheit wichtiger als Besitz.
Staatliche Umverteilung ist von den Liberatisten gewünscht.
4. Egalitärer Liberalismus
A
Der Schleier des Nichtwissens von John Rawls beschreibt ein Gedankenexperiment,
bei dem man sich eine Gesellschaft vorstellt ohne zu wissen, wo man sich innerhalb
dieser Gesellschaft befindet. Im Ergebnis dieses Experiment orientiert man sich an
dem durchschnittlichen Einkommen der Gesellschaft.
Der Schleier des Nichtwissens von John Rawls beschreibt eine empirische Analyse der
Vergangenheit, bei der Herrscher unterschiedlicher Epochen nichts über ihre
Untertanen wussten und trotzdem über eine soziale Umverteilung entscheiden
mussten. Im Ergebnis wurde das durchschnittliche Einkommen maximiert.
Der Schleier des Nichtwissens von John Rawls beschreibt ein Gedankenexperiment,
bei dem man sich eine Gesellschaft vorstellt ohne zu wissen, wo man sich innerhalb
dieser Gesellschaft befindet. Im Ergebnis dieses Experiment orientiert man sich an
dem am schlechtesten gestellten Individuum der Gesellschaft.
Der Schleier des Nichtwissens von John Rawls beschreibt ein Gedankenexperiment,
bei dem man sich am obersten Rand der Gesellschaft befindet, aber nichts über alle
anderen Individuen weiß. Im Ergebnis wird das durchschnittliche Einkommen
maximiert.
B
C
D
5. Medianwählertheorem
A
Nach dem Medianwählermodell nähern sich die Parteien mit ihrem Programm den
Präferenzen des Medianwählers an.
Nach dem Medianwählermodell entfernen sich die Parteien mit ihrem Programm von
den Präferenzen des Medianwählers, um sich möglichst voneinander differenzieren
und abheben zu können.
Im Rahmen des Medianwählertheorems wollen Parteien möglichst Nischen für sich
entdecken, um mit neuen Ideen den Medianwähler zu überzeugen.
Im Rahmen des Medianwählermodells beeinflussen politische Parteien insbesondere
die Präferenzen des Medianwählers, um möglichst viele Stimmen zu erzielen.
B
C
D
Literaturhinweise
-
http://www.deutsche-sozialversicherung.de/
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/gerechtigkeit.html
Klump Kapitel 10.5, Kapitel 16
Donges/ Freytag: Kapitel IV.1-4.
Streit: Kapitel 5, Kapitel 9.2.1
Wigger: Kapitel 8, 9 und 13