Migration per MPLS-TP

NETZE
Migration per MPLS-TP
Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit haben Vorrang
Axel Föry
In Kommunikationsnetzen von
Bahnen und Versorgungsunternehmen spielt die sichere
Übertragung und Verfügbarkeit
anwendungskritischer Daten eine
entscheidende Rolle. MPLS-TP bietet
den Betreibern anwendungskritischer
Netze eine attraktive Option zur
Migration in eine paketorientierte
Welt.
Axel Föry ist Chief Executive Officer bei Keymile
in Hannover
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IP/MPLS
MPLS-TP
Mission-Critical-Sys- Attribute
Verbindungsart
verbindungslos
verbindungsorientiert
teme stellen NetzLabel Switch Path
unidirektional
uni/bidirektional
lösungen für an(Co-Routed)
wendungskritische Control Plane
obligatorisch
optional (NMSProvisioning bevorzugt)
Applikationen bei
Out-of-Band-OAM
In-Band-OAM
Eisenbahnen,
in Operations,
and
Hoch- und Mittel- Administration
Management (OAM)
spannungsnetzen Protection Switching abhängig von der
Data Plane Switching
von StromversorControl Plane (bidirek- (weniger als 50 ms)
tional mehr als 50 ms)
gern, bei Gas- und
Komplexität
hoch
niedrig
Ölpipelines, bei Behörden oder der Vergleich von IP/MPLS und MPLS-TP
Flugsicherung bedungskritischer Netze Systeme wie die
reit. Ausfälle in diesen Anwendunhybride Multiserviceplattform XMC20
gen als Folge von Unfällen können
von Keymile, die MPLS-TP (Multiproschwerwiegende Folgen haben.
tocol Label Switching – Transport ProDa die Verfügbarkeit einer der wichfile) unterstützen. Dabei handelt es
tigsten Aspekte einer Mission-Criticalsich um eine Weiterentwicklung von
Applikation ist, werden nur dann ErIP/MPLS, das seit gut zehn Jahren von
weiterungen oder Änderungen des
TK-Anbietern in verschiedenen BereiNetzes vorgenommen, wenn ein drinchen ihrer Netze Verwendung findet.
gender Bedarf vorliegt. Dafür gibt es
Dessen Stärke ist der schnelle und
historische Gründe: Die bei Eisenbahweitgehend automatische Aufbau
nen und Versorgern seit vielen Jahren
von Label Switched Paths (LSPs). Als
– und manchmal gar seit Jahrzehnten
verbindungsorientierte Technik stellt
– eingesetzten TDM-basierten TransIP/MPLS auf Layer 2 eine entsprechenportnetze (Time Division Multiplexing)
de Infrastruktur bereit.
wie SDH/Sonet haben hohe MaßstäMPLS-TP arbeitet verbindungsorienbe für künftige Techniken etabliert.
tiert. Die Steuerung und Kontrolle der
Gleichzeitig erwarten viele NetzbetreiTransportwege erfolgt nicht in den
ber einen möglichst kosteneffizienten
einzelnen Netzknoten, sondern über
und flexiblen Betrieb wie ihn beispielsein Netzmanagementsystem (NMS).
weise lokale Netze (LANs) mit unterschiedlichen Applikationen ermögliMit dessen Hilfe ist es möglich, innerchen. Paketbasierte Netzlösungen
halb eines Transportnetzes SLA-basind betriebswirtschaftlich attraktiv,
sierte Ende-zu-Ende-Dienste (SLA –
unterstützen neue, paketbasierte SerService Level Agreement) einzurichvices wie die Videoüberwachung von
ten. Als verbindungsorientierte TechVersorgungsleitungen und lassen sich
nik bietet MPLS-TP die geeignete paflexibler und effizienter als die rigiden
ketbasierte Infrastruktur für anwenSDH/Sonet-Techniken an geänderte
dungskritische Netze.
Bedingungen anpassen.
Wichtige Ziele von MPLS-TP sind:
• Implementierung und Einsatz von
MPLS in einem paketorientierten
Paketbasierte Netze für neue
Netz, um vergleichbare Funktionen
Applikationsszenarien
wie TDM-basierte Techniken bereitstellen zu können;
Für neue Applikationsszenarien in pa• Unterstützung von Point-to-Pointketorientierten Übertragungsnetzen
und Any-to-Any-Verbindungen mit
(PTN – Packet-Based Transport Neteinem ähnlich hohen Grad an Berework) nutzen die Betreiber anwen-
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Migration per MPLS-TP
chenbarkeit, Zuverlässigkeit und
OAM-Funktionalität
(Operations,
Administration, Management), wie
sie TDM-Netze bieten.
MPLS-TP ermöglicht eine granulare
Steuerung des Datenverkehrs und
schafft so das Fundament für eine hohe Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit.
Netzbetreiber können damit virtuelle
private Netze (VPNs) und LSPs statisch
konfigurieren – direkt auf einem Netzelement oder über das NMS.
Statisch konfigurierte Verbindungen
spielen in Mission-Critical-Netzen eine wichtige Rolle. Wenn die Management Plane, mit der die Transportpfade konfiguriert wurden, ausfällt, kann
die Data Plane, zuständig für Forwarding, OAM und Protection, normal
weiterarbeiten. Da die Konfiguration
permanent in jedem Netzelement gespeichert ist, müssen die Transportpfade, z.B. während eines Neustarts des
Netzes nach einem Stromausfall, nicht
jedes Mal neu über Control-PlaneMechanismen konfiguriert werden.
MPLS-TP unterstützt eine umfangreiche Liste von OAM-Features, die für
Fehlererkennung und -lokalisierung
sowie Performance Monitoring (z.B.
Packet Delay und Loss Measurement)
eingesetzt werden können. Sie bieten
eine vergleichbare Funktionalität wie
Fault-Management-Features von SDH.
Darüber hinaus sorgt MPLS-TP für eine logische und physische Trennung
der Control Plane und der Management Plane von der Data Plane, die
für die Übertragung der Daten verantwortlich ist. Der Vorteil der Trennung:
Das Disaster Recovery kann unabhängig von Control und Management
Plane erfolgen.
Stufenweise Ausfallsicherheit
Um die Zuverlässigkeit der Services sicherzustellen, verfügt MPLS-TP über
ähnliche Protection-Switching-Funktionen wie sie SDH/Sonet-Netze bieten. Abhängig von den eingesetzten
Topologien und Anwendungsszenarien können Netzbetreiber verschiedene Ausfallsicherheitsstufen umsetzen:
• zwei parallele Traffic-Pfade (1+1);
• einen aktiven und einen StandbyPfad mit einer garantierten Bandbreite für beide Pfade (1:1);
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• einen aktiven und einen StandbyPfad mit gemeinsam genutzten Ressourcen durch einen oder mehrere
aktive Pfade (Shared Protection).
Die Linear Protection (1:1) bietet eine
schnelle und einfache Möglichkeit,
um Co-Routed-Ende-zu-Ende-LSPs zu
Für ein sicheres Funktionieren der
Kryptografie ist es u.a. wichtig, dass
die Schlüssel selbst möglichst häufig
gewechselt werden, d.h., es werden
kontinuierlich neue Schlüssel erzeugt.
Das lässt sich mit aktuellen QuantumKey-Distribution-Methoden in einer
MPLS-TP ist eine Untermenge von IP/MPLS und arbeitet transportorientiert. Die Definition und Steuerung der Transportwege erfolgt nicht in den einzelnen Netzknoten, sondern über ein Netzmanagementsystem
schützen. Dazu wird der Traffic auf einen vorkonfigurierten, Co-Routed-bidirektionalen LSP umgeleitet. Bei einem Netzausfall ermöglichen die InBand-OAM-Mechanismen eine schnelle Fehlerermittlung in den Netzverbindungen. PSC-Protokolle (Protection
State Coordination) stellen Umschaltzeiten <50 ms sicher.
Verschlüsselte Datenübertragung
Um eine zusätzliche Sicherheit der
Mission-Critical-Netze vor Hackerangriffen zu erzielen, sollten Netzbetreiber sich heute schon mit den Möglichkeiten der Verschlüsselung des paketbasierten Netzverkehrs befassen. Verschlüsselungsverfahren wie AES sind
etabliert, benötigen aber einen sicheren Transport der Schlüssel durch eine
sog. Public-Key-Infrastruktur. Sowohl
die Berechnung der Zufallszahlen auf
mathematischer Basis als auch die Distribution sind potenzielle Schwachpunkte. Da die Entwicklung von
Quantencomputing schnell voranschreitet, können als sicher geltende
mathematische Verschlüsselungsverfahren in Zukunft leichter geknackt
werden. Eine mögliche Lösung zur
Verbesserung der Verschlüsselung
bieten Quantenverfahren, genauer
die Quantum Key Distribution.
hohen Geschwindigkeit realisieren.
Wenn darüber hinaus die Quantum
Key Distribution eingesetzt wird, um
die Kommunikation abzuhören, ist es
notwendig, den Quantenzustand zu
messen. Da sich dieser jedoch durch
das Messen ändert, fallen Manipulationsversuche sofort auf. Für hochkritische Anwendungen sind Systeme, die
auf der Quantum Key Distribution beruhen, ausgereift und im kommerziellen Einsatz. Keymile z.B. arbeitet bereits an einer künftigen Integration in
seine MPLS-TP-Lösung.
Netzlösungen für anwendungskritische Systeme müssen sehr hohe Anforderungen bezüglich Zuverlässigkeit, Verfügbarkeit, Sicherheit und einer langen Lebensdauer erfüllen. Sie
sollten darüber hinaus genügend Flexibilität für den Einsatz in unterschiedlichen Anwendungsszenarien bieten
und sowohl die leitungsvermittelte als
auch die paketorientierte Datenübertragung wie SDH und MPLS-TP unterstützen.
Keymile z.B. stellt mit der XMC20Plattform auch in Ethernet-basierten
Transportnetzen Datenpfade bereit,
die ein deterministisches Übertragungsverhalten sicherstellen. Damit
lässt sich in Ethernet-Transportnetzen
eine Verfügbarkeit erzielen, wie sie
von SDH-Netzen bekannt ist.
(bk)
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