Präsentation, Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016 4.2 MB

Symposium Spital Männedorf
«Geriatrie: Bedeutung und Herausforderungen der
Teamarbeit im Spital, Heim und Zuhause.»
17. März 2016
Programm
16.30 Uhr Offizielle Begrüssung und Vorstellung Akutgeriatrie Spital Männedorf
Dr. med. Stefan Metzker, CEO Spital Männedorf
16.40 Uhr 1. Fall mit Fachreferat zu «Mangelernährung beim geriatrischen Patienten»
Dr. med. (A) Christian Kandler, Leiter Akutgeriatrie, Spital Männedorf
Judith Nold, Ernährungstherapeutin, Spital Männedorf
17.20 Uhr 2. Fall mit Fachreferat zu «Depression bei älteren Menschen»
Dr. med. Christian Kandler, Leiter Akutgeriatrie, Spital Männedorf
Dr. Bernadette Ruhwinkel, Leiterin Alterspsychotherapie, Privatklinik Hohenegg, Meilen
18.00 Uhr «Umsorgt, nicht versorgt – wie ich mir mein Leben im hohen Alter vorstelle.»
Dr. phil. Klara Obermüller, Publizistin
18.15 Uhr Podiumsdiskussion
18.45 Uhr Diskussionsrunde und Fragen mit Publikum
ab 19 Uhr Flying Dinner im neuen Restaurant Spital Männedorf
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Herzlich Willkommen
Dr. Stefan Metzker
CEO
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Cornelia Kazis
SRF 2 Kultur für die Sendung Kontext,
Redaktorin für Gesellschaftsfragen mit den Fachgebieten Erziehung, Bildung und Alter
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1. Fallbesprechung
«Unser erster Akutgeriatriepatient: Warum verlor er
in so kurzer Zeit im Pflegeheim so viel Gewicht?»
Dr. med. (A) Christian Kandler, Leitender Arzt Akutgeriatrie,
Innere Medizin, Spital Männedorf
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Herr R.H.M., 1928 (87 Jahre, seit 3 Monaten im PH)
1.Fall/erster Akutgeriatrie - Patient bei uns
Eintritt via Notfall (mit Sohn) am 3. Juli 2015 vormittags, zuvor noch beim HA.
Proc.:
Geriatrie-Konsil und direkter Eintritt gleichentags auf Akutgeriatrie
Status:
Red. EAZ, massiv kachektisch (BMI=14,2 kg/m2), Muskelschwund, sonst
grob , unauffällig. Zeitlich, örtlich und situativ desorientiert. Nonverbal
ablehnend.
Vitalparameter:
BD 130/70; P 70 rh., SpO2 96%; Gew. 40.6kg (am 4.7.)
Anamnese:
in einer Pflegeinstitution lebend, dort dokumentierter Gewichtsverlust nach
SMA (23.03.-08.04.2015, zuletzt 51kg) von etwas mehr als 10kg.
Austrittsbericht: Akutes Nierenversagen (AKIN 3: Krea>500; K=5.5) bei Liegetrauma,
Druckgeschwüre, Fieber, keine Demenz erwähnt (trotz
Quetiapin/Dipiperon).
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SARKOPENIE
(= Muskelschwund)
Medikation b. Eintritt 3.7.2015:
Aspirin cardio, Bilol, Pradif, Vit.D3,
Dipiperon (2x20mg), Novalgin, Ensure
3x/Tag (pausiert /nicht eingenommen).
Eintrittslabor: Na 126, Hb 91g/l;
Hämatokrit 26 %, Ery. 2.9, Lc. 3500,
Albumin 33g/l, Lymphopenie=1000,
Rest inkl. TSH, INR, Transaminasen,
Urinstatus, Niere und Kalium normal.
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Erhebliche Mangelernährung (Malnutrition)
- Kondrup-Score=6
- BMI=14.2kg/m2
- 10kg Gewichtsverlust in 3 Monaten
entspricht etwas mehr als 20% des
Körpergewichtes
 Wie gehen wir nun pragmatisch weiter vor ?
 Welche Diagnostik ?
 Welche Therapie ?
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Ablauf erste Massnahmen, Diagnostik und
geriatrisches Basis-Assessment (GBA)
- Stoppen des sedierenden Neuroleptikums,
kurz weiter in Reserve
- Infusionsende nach 2 Tagen (Mobilität)
- Klinisch im Affekt verbal/nonverbale Zeichen
einer Depression (trotz GDS 1/15)
- Beginn mit Mirtazepin 7.5mg ab 6.7.
- GBA: FIM 61/126 (49/91+12/35),
MMS 18/30, Uhr 3/5 (10.07.),
DEMMI 74/100, SPPB 4/12 (0.4m/s)
Handkraft re 10, li 7.5kg
NRS= Kondrup 6
Gehör und Visus unauffällig
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Funktionale Selbständigkeitsmessung (FIM)
Kognitive Items
5-35 Punkte
Motorische Items
13 - 91 Punkte
Datum
A. Essen Trinken
B. Körperpflege
C. Baden / Duschen /Waschen
Selbstversorgung
D. Ankleiden oben
E. Ankleiden unten
F. Intimhygiene
G. Blasenkontrolle
Kontinenz
H. Darmkontrolle
I. Bett / Stuhl / Rollstuhl
Transfers
J. Toilettensitz
K. Dusche
L. Gehen / Rollstuhl
Fortbewegung
M. Treppensteigen
N. Verstehen akustisch / Visuell
Kommunikation
O. Ausdruck verbal / nonverbal
P. Soziales Verhalten
Kongitive Fähigkeiten Q. Problemlösung
R. Gedächtnis
Gesamtpunktzahl
Motorisch
13 - 91
Kognitiv
5 - 35
Eintritt Austritt
07.07. 15.07.15
5
5
5
4
3
4
3
5
2
4
3
4
3
3
1
3
5
5
7
5
6
5
5
5
1
5
3
3
3
3
2
3
2
2
2
2
61
70
49
57
12
13
Erläuterung Funktionsstufen
1 Völlige Unselbständigkeit
2 Ausgeprägte Hilfestellung
3 Mässige Hilfestellung
4 Kontakthilfe
5 Beaufsichtigung / Vorbereitung
6 Eingeschränkte Selbständigkeit
7 Völlige Selbständigkeit
%
0%
-14%
14%
29%
29%
14%
0%
29%
0%
-29%
-14%
0%
57%
0%
0%
14%
0%
0%
7%
9%
3%
R. Gedächtnis
A. Essen Trinken
7
B. Körperpflege
C. Baden / Duschen
/Waschen
6
Q. Problemlösung
5
P. Soziales Verhalten
D. Ankleiden oben
4
3
O. Ausdruck verbal /
nonverbal
E. Ankleiden unten
2
1
N. Verstehen akustisch /
Visuell
F. Intimhygiene
M. Treppensteigen
G. Blasenkontrolle
L. Gehen / Rollstuhl
H. Darmkontrolle
K. Dusche
I. Bett / Stuhl / Rollstuhl
J. Toilettensitz
07.07.
15.07.15
7
6
5
4
3
Pflegeanamnese
erforderliche
Fragenbereiche
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Basisassessment
Bewältigen
Schmerzerfassung
Ernährung
Schlafen
Haut + Nortonskala
Soziales Umfeld (ohne Pat.verfügung)
Erwartungen an die Pflege
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07.07.
15.07.15
1
Therapien durch frührehabilitative akutgeriatrische
Komplexbehandlung kombiniert mit medizinischen Massnahmen
14 Tage mit 21 Therapieeinheiten:
• Aktivierende Pflege
• Physiotherapie 8E
• Ergotherapie 2E
• Ernährungstherapie 10E
• Neuropsychologie 1E
Untersuchungen:
• Abdomensonografie
• Rektal-Digitale Untersuchung
• Hämokult
• Gastroskopie
• Anämieabklärung
• Ergänzendes Labor (Zink)
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Befunde/Ergebnisse
Massnahmen/Erfolge
1.) Sono o.B. , aber 1x pos. Hämokkult
→ GASTROSKOPIE
2.) Hämorrhagische Gastritis mit
→ Aspirin gestoppt(keine Indikation)
→ Keine Eradikation vorerst
Helicobacter positivem Befund
3.) Anamnese: Hb=138g/l (März 2015),
→ DK gezogen im Mai 2015
nach 1. Hosp. 99g/l multifaktoriell
(u.a. DK-Einlage mit Makrohämaturie)
4.) Klinisch depressiv bei Demenz
→ Beginn mit Mirtazepin
5.) Schwere Mangelernährung
→ Wiederbeginn Essen , Proteindrinks 2-3x/d
6.) Substitution Vit.D3, optional Zn
→ Gewichtszunahme +2.5kg (43),
Anf. 2016 +10kg auf 52.5kg (ident April 2015)
7.) Demenz, stabil u. affektiv gebessert
- gute Lebensqualität (Sohn/Pflege)
8.) Bis März 2015 moderater C2-Konsum
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Info v. Sohn: 3-4dl Wein/d, teils 1 Whiskey.
Take Home Messages
 Medikation auf Indikation prüfen/Reduktion:
Med. b. A.: Ensure, Pradif, Remeron, ViDe3
 Achtung beim angeblichen Pflegenotfall!
 Kommunikation zwischen Arzt,
Angehörigen und Pflege in der Institution ist
WICHTIG!
 Regelmässige Arzt-Besuche/Visiten sind
auch im Heim unerlässlich
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1. Fachreferat
«Mangelernährung beim geriatrischen Patienten.»
Judith Nold, Ernährungstherapeutin, Spital Männedorf
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Definition der Mangelernährung
Mangelernährung umschreibt eine Störung des Ernährungszustandes, die aus verminderter
Nahrungsaufnahme oder beeinträchtigtem Stoffwechsel hervorgeht.
• Mangelernährung im geriatrischen Verständnis bedeutet eine Situation mit defizitärer
Energie- und/oder Nährstoffversorgung und sich daraus entwickelnde klinische Folgen.
Es gibt keine allgemein anerkannte Definition von Mangelernährung.
• Verschiedene anthropometrische und biochemische Methoden dienen zur Erfassung
 Das Fehlen allgemein akzeptierter Methoden und Grenzwerte zur Feststellung einer
Mangelernährung hat zur Folge, dass es praktisch keine zwei Studien mit denselben Kriterien
für die Definition der Mangelernährung gibt.
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Prävalenz der Mangelernährung
Zunahme mit Alter und Hilfsbedürftigkeit
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Prävalenz der Mangelernährung
Bei Spitaleinweisung mangelernährt oder hohes Risiko Mangelernährung zu entwickeln:
22 % der 65- bis 84-Jährigen
28 % der ≥ 85-Jährigen
Imoberdorf R, Meier R, Krebs P et al. Prevalence of undernutrition on admission to Swiss hospitals. Clin Nutr. 2010; 29:38-41
6 % im häuslichen Umfeld
14 % im Pflegeheim
39 % im Spital
30–50 % haben Risikofaktoren
Kaiser MJ, Bauer JM, Rämsch C et al. Frequency of Malnutrition in older adults: A multinational perspective using the Mini Nutritional Assessment.
J Am Geriatr Soc 2010; 58:1734-1738
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Risikofaktoren, Ursachen und Folgen im Alter
Appetit 
Krankheitsbedingte
Faktoren
Ernährungszustand 
Gewicht, Muskelmasse 
Lebensqualität 
Morbidität, Mortalität 
Immunkompetenz 
Wundheilung 
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Soziale
Faktoren
Psychosoziale
Faktoren
Nahrungs- und
Flüssigkeitszufuhr 
Altersbedingte
körperliche Faktoren
Geistige
Verfassung
Defizit an
Nährstoffen
und
Flüssigkeit 
Finanzielle
Probleme
Nutritional risk screening (NRS) nach Kondrup J.
häufigste Screeningmethode
Ermittlung des Ernährungszustands
Schweregrad der Erkrankung
(metabolische Stresssituation)
Alter
Ein Score von ≥ 3 Punkte definiert
eine Mangelernährung.
 Ernährungstherapie indiziert
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Screening in die ärztlichen Praxis
Die drei kritischen Fragen bei Verdacht auf Mangelernährung
2 ≥ Scorepunkten = Risikosituation
Ernährungsanamnese:
- Appetit
- Geschmacksempfinden
- Fähigkeit zum Essen
Behandlung
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Dunkelziffer
Problem
• Trotz einfacher Handhabung vernachlässigt und ungenügend bewusst
• Mangelernährte können sowohl Personen mit Unter-, Normal- und Übergewicht sein
• Versorgungsdefizite manifestieren sich oft schleichend, «verborgener Prozess»
• Fehlende oder lückenhaft routinemässige Gewichtskontrolle:
Der Gewichtsverlauf bei älteren Menschen ist der wichtigere Indikator für ein
Ernährungsrisiko als nur eine isolierte Gewichtsmessung.
Lösung
• Sensibilisierung
• Erfassung mit einfachen Screening-Instrumenten
• Behandeln
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Makronährstoffempfehlung
Was ist anders im Alter?
Energie
- Energiebedarf im Alter ist bis zu 25% vermindert
- Stabiles Körpergewicht im BMI-Bereich von 22 bis 30 kg/m2
Protein
- Proteinbedarf im Alter ist deutlich erhöht = 1.0 bis 2g/kg KG/Tag
- HMB (β-Hydroxy-β-Methylbutyrat) ist ein Metabolit der essentiellen Aminosäure Leucin
und gehört zur Familie der verzweigtkettigen Aminosäuren. HMB unterstützt gezielt die
Proteinsynthese und hilft den Abbau körpereigener Proteine zu verlangsamen/verhindern.
 weniger Kalorien müssen mit mehr Proteinen «angereichert» werden
 Proteingabe in Kombination von Training: am wirksamsten!
 Supplementierung mit Leucin-reichem Molkeprotein:
Effekt auf Muskelmasse und Muskelkraft in Kombination mit Krafttraining
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Muskelproteinsynthese
Proteinzufuhr pro Mahlzeit
Patient 75 kg, 1.2 g/kg Körpergewicht = 90 g Protein pro Tag
Tagesbeispiel für 90 g Protein
Patient 75 kg, 1.2 g/kg Körpergewicht = 90 g Protein pro Tag
200 g Hüttenkäse
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80 g Hartkäse
3 Stück Eier
1 Portion entspricht 20 g Proteinanteil
= 80 g
+ Proteinanteil aus Stärkebeilagen
= 10 g
Total
= 90 g
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100 g Fleisch
Proteinpulver
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Mikronährstoffzufuhr
Was ist anders im Alter?
Mikronährstoffversorgung gewährleisten erhöhten Bedarf an:
Vitamin D hat anabolen Effekt auf die Muskulatur und scheint vor allem die schnellen
Muskelfasern zu stimulieren, antiflammatorischer Effekt, Reduktion von Knochenabbau
 keine Kalziumsupplementation ohne Vitamin D
 Prävention: 800 IE ab 60. Lebensjahr
 Therapie: 2000 IE
Kalzium, Vitamin B6, B12, C, Eisen
 Essen mit erhöhter Nährstoffdichte
 Supplementierung bei Mangel, unzureichender Ernährung, erhöhtem Bedarf
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Ernährungstherapeutischer Prozess (ETP)
Situationsanalyse & Ernährungsdiagnose
▼
Therapieziel & Auftrag
▼
Ernährungstherapie
Essensbestellung
Trinknahrung: Ensure plus, (Enlive), Abound
EN: Isosource protein fibre (IPS: Novasource GI forte)
PEN: SmofKabiven (1 + ½ lt), Addamel, Soluvit, Vitalipid
Mikronährstoff-Supplemente: Jemalt, Supradyn (Kapsel, Brause)
▼
Monitoring
▼
Abschluss / Nachbetreuung
Künstliche Ernährung Daheim > Kostengutsprachegesuch
Ernährungstherapeutischer Prozess (ETP)
Fallbeispiel: Situationsanalyse & Ernährungsdiagnose / Therapieziel & Auftrag
Ist-Zustand beim Assessment
BMI 14.2 kg/m2, NRS: 6, Hyponatriämie, Vitamin D Mangel, Zinkmangel, Anämie
isst praktisch nichts, ungenügende Zufuhr aufgrund Inappetenz mit fehlendem Hungergefühl
Soll-Zustand als Ziel
Energiebedarf nach Harris-Benedict, bett/mobil, Krankheitsfaktor 1.2:
Proteinbedarf akut 1.5 g/kg KG Ist-Gewicht:
Vitamin- und Mineralstoffabdeckung:




29
1500 kcal
63 g
ja
Bedarfsdeckung, Gewichtszunahme, Stimulierung der Muskelproteinsynthese
Erhaltung der Mobilität, Bettlägrigkeit verkürzen/verhindern, Sturzprävention
Vorbeugung von Hautveränderungen (Dekubitus-Entstehung)
Steigerung der Immunabwehr, Lebensqualität
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Ernährungstherapeutischer Prozess (ETP)
Fallbeispiel: Ernährungstherapie
Ernährungsinterventionen: Modifikation von Mahlzeiten und Lebensmitteln
 Berücksichtigung persönlicher Vorlieben / Anfrage bei Angehörigen / Heimmitarbeitern

Hauptmahlzeit mittags, abends Fingerfood / kalte Teller, gerne Clausthaler
 Nahrungskonsistenz und Portionengrösse

Kauen und Schlucken ohne Einschränkungen, 1/3 Portion
 Energie- und Proteinanreicherung

Rahm, Butter, Öl, Maltodextrin, Proteinpulver
 Mikronährstoffsupplementierung

Jemalt 13+13 (malzextrakthaltige Ergänzungsnahrung), D und Zink
 Trinknahrung

☐ Enterale / Parenterale Ernährung
Ensure, hausgemachtes Frappee
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Ernährungstherapeutischer Prozess (ETP)
Fallbeispiel: Abschluss / Nachbetreuung
• Evaluation Trinknahrung: Bedarf, Einverständnis, Produkt und Menge
• Kostengutsprachegesuch (Arzt, ERB, Patientenunterschrift)
• Erste Lieferung über Home Care Service
• Übertrittsbericht für Pflegeheim
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Trinknahrung als wichtiger Erfolgsfaktor
Empfehlungen DGEM / ESPEN
Evidenzstufe: Hoch
Geriatrische Patienten mit Mangelernährung sollten Trinknahrung erhalten, um die
Nahrungsaufnahme und den Ernährungszustand zu verbessern und das Komplikations- und
Mortalitätsrisiko zu reduzieren.
Bei geriatrischen Patienten mit Dekubitusrisiko und Mangelernährung oder Risiko für
Mangelernährung soll Trinknahrung, insbesondere proteinreiche Trinknahrung gegeben
werden, um das Dekubitusrisiko zu reduzieren.
Bei geriatrischen Patienten mit Hüftfrakturen bzw. orthopädisch chirurgischen Operationen
wird Trinknahrung empfohlen, um Komplikationen zu verringern.
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Kostengutsprache
Indikation für künstliche Ernährung
Richtlinie der GESKES über Home Care, künstliche Ernährung zu Hause
Ermittlung des Ernährungszustandes
- Der Patient ist aufgrund seiner Erkrankung unfähig, genügend Nahrung aufzunehmen oder
der Verbrauch an Nährstoffen kann durch die normale Nahrungsaufnahme nicht gedeckt
werden.
Mangelernährung / Unterernährung
- Mangelernährung/Unterernährung falls:
- Unbeabsichtigter Gewichtsverlust innerhalb des letzten Monates* .......... %
- Unbeabsichtigter Gewichtsverlust innerhalb der letzten 6 Monate* .......... %
- Aktueller Body Mass Index*: .............................................. kg/m2
>5%
> 10 %
< 18.5
*Ist die Limite mindestens eines Parameters über- bzw. unterschritten, liegt eine
Mangelernährung/Unterernährung vor.
- In Zweifelsfällen bezüglich der medizinischen Indikation für eine künstliche Ernährung muss der NRS (Nutrition Risk Score nach Kondrup)
angewendet werden. Liegt ein hohes Risiko für Mangel- /Unterernährung vor (entspricht einem NRS von ≥ 3) ist dies ebenfalls eine
Indikation für künstliche Ernährung.
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Welche Krankenkasse – welches Kostengutsprachegesuch?
Indikationen zur künstlichen Ernährung zu Hause:
Die parenterale und enterale Ernährung sowie
die Zusatztrinknahrung sind in der Grundversicherung des Krankenversicherungsgesetzes
verankert.
www.bichsel.ch/svk-kostengutsprache.html
PDF Kostengutsprachegesuche
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Broschüre für Patienten
Sensibilisierung, Information
Ratgeber zur Problematik der Mangelernährung mit Hinweisen zur frühzeitigen Erkennung
und Behandlung von Versorgungsdefiziten insbesondere bei älteren Menschen.
Herausgegeben durch die „Vereinigung Diät“, Fachgruppe Medizinische Ernährung in
Zusammenarbeit mit diversen Fachgesellschaften (SGE, GESKES und SVDE).
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Take Home Messages
 Prävalenz: Mangelernährung im Alter ist häufig (bei über 85-Jährigen jeder vierte)
 Wichtiges diagnostisches Kriterium: ungewollter Gewichtsverlust
 Identifizierung: Ernährungsscreening bei jedem Patienten bei Spitaleintritt und ggf.
auch in ambulanter Praxis
 Ernährungsinterventionen: bei Mangelernährung und Risiko
 Nahrungssupplemente/Trinknahrung: bei nicht erreichen des Bedarfs über normale
Ernährung
 Präventive Massnahmen/Aufklärung: zur Erhaltung des Ernährungszustandes
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2. Fallbesprechung
«Die operierte ältere Dame – die Anamnese einmal
mehr als Schlüssel zum Erfolg.»
Dr. med. (A) Christian Kandler, Leitender Arzt Akutgeriatrie,
Innere Medizin, Spital Männedorf
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Frau F.M., 1930
2.Fall/ Von der Chirurgie auf die Akutgeriatrie zum Jahreswechsel
Eintritt Chirurgie am 29.12. 2015, dann Übernahme 5 Tage später (Feiertage!)
Status (04.01.): 53.5kg (+1; aber -4.5kg beim 1. Spitaleintritt), red. EAZ (BMI 19.5kg/m2),
im Kontakt verunsichert, beklagt Kraft- u. Schlaflosigkeit, kein Appetit,
allgemeines Unwohlsein, ängstlich, Schwindel beim Aufstehen.
Vitalparameter: 36.8° C, BD 150/80, P 64rh, SpO2 97%
Labor(29.12.): Na=127; K=5.2, Hb=11.6, Krea=88, GFR=56ml/min, INR=1.1,
GGT(85)/P-Amyl. (78) gering erhöht, CRP negativ.
Anamnese: verheiratet, ehemalige Land- und Gastwirtin, 3 erwachsene Kinder,
bisher ohne Spitex, völlig selbständig und gut mobil
Frühere Erkrankungen  umfangreich s. extra Liste
Jetzige Erkrankung: 25.11.2015 via NF auf Medizin SMA, dann am 27.11. Chirurgie bei
Mechanischem Ileus (Dünndarmteilresektion m. End-zu-End-Anastomose).
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Frau F.M., 1930
2.Fall/ Von der Chirurgie auf die Akutgeriatrie zum Jahreswechsel
Medikation beim Wiedereintritt auf der Chirurgie am 29.12.2015: 18 Med. /28 Gaben
Marcoumar nach INR, ASS cardio 100mg 1-0-0,
Zanidip 10mg 1-0-1-0, Nebilet 5mg 0-0-1-0, Bilol 5mg 1-0-1, Olmetec 20mg 1-0-0-0,
Kalium Dragees 3x2 tgl. (am 29.12. gestoppt), Magnesiocard 5mmol 1-0-0-0
Calcimagon D3 500mg 1-0-0-0, ViDE 3gtt, Supradyn 0-1-0-0, Ensure Drink 0-0-0-1
Bioflorin 25 1-1-1, Ciproxin 500mg 1-0-1
Esomep mups 40mg 1-0-0-0
Dafalgan 1g 1-1-1
Hylo comod Augentropfen 1-0-0
Paspertin bei Bedarf
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Medikation im Vergleich bis Austritt
«Problem der Polypharmazie»
Bei Wechsel von Chirurgie am 04.01.2016:
Smofkabiven peripher 1000ml (m. Vitalipid/Adamel/Soluvit); Perfalgan 1g 4x1 ad Inf.,
Zanidip 10mg 1-0-1-0; Nebilet 5mg 0-0-1-0; Vide 3 Tropfen 0-0-1-0, Calcimagon D3 500mg ,
Pantozol 40mg 1-0-0-0; Olmetec 20mg 1-0-0-0, Magnesiocard Sachet, Bilol 5mg 1-0-1-0
ASS Cardio 1-0-0-0., Supradyn Tbl 0-1-0-0, Ensure Drink 0-0-0-1,
Marcoumar nach Verordnung, Hylo comod Augentropfen 1-0-0-0
Fragmin 12.500 E /Tag s.c.
Medikation vor Operation Ende Nov. 2015:
13 Med. /15 Gaben
Medikation Wiedereintritt Chirurgie, 29.12.2015:
18 Med. /28 Gaben (i=153)
Austritt Akutgeriatrie, 18.01.2016:
10 Med./11 Gaben (i=45)
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Krankengeschichte: Operationen und Zustand nach….
• 3 Spontangeburten (letzte 1963 mit gleichzeitiger Unterbindung)
• HE u. Adnexektomie links offen (Myom, Blutungen) 1980, 2x Mamma PE links
• CHE bei Cholezystolithiasis + LE re postoperativ 1996, ED art. Hypertonie
• Fussdistorsion m. Sudeck 1998 (?), Erosive Gastritis 2002
• Rezidivierenden Lungenembolien (1997, 2000, 2002, 2004, 2005)
• Vordere und hintere Kolporrhaphie 11/2004, Arthroskop. Teilmeniskektomie 2005
• Laparoskopische Rektosigmoidresektion bei Divertikeln 2006
• Unklare Thoraxschmerzen links basal (a.e. muskuloskelletal) 03/2008,
Rippenfraktur 12. Rippe rechts 12/2008
• Sturz mit LWS-Kontusion 07/2010, Osteoporose (alte WK-Frakturen Th12/L1)
• Mehrfache Magengeschwüre (Forrest III) 07/2010
• Obstruktive Cholestase (Papillenstenose) 08/2010 +ERCP
• Bekannte Pethidin-Unverträglichkeit (seit 2010)
• Hier fehlt etwas ? (2010)
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Im persönlichen Gespräch bei Information zu depressiver
Symptomatik und Gabe von Mirtazepin
• Pat. Berichtet, schon mal vor etwa 5 Jahren das gleiche Med. eingenommen zu haben
und im Spital bei uns psychiatrisch begutachtet, danach noch ambulant im PZM
weiterbetreut worden zu sein.
• Alterspsychiatrischer Konsilbericht PZM August 2010:
« Anpassungsstörung mit Angst vor Kontroll- und Autonomieverlust
nach Sturz mit Prellung der Lendenwirbelsäule»
• Re-Konsil PZM am 07.01.2016:
«Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode mit somatischem
Syndrom»
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Langer Spitalaufenthalt (26 Tage), dann 5+14 Tage (=45 Tage)
dazwischen 8 Tage Versuch der Rehabilitation
Komplexer Fall mit vielen postoperativen Komplikationen:
• Bluterguss präsakral/Abszess mit Drainage, Intensivstation 2x, ZVK, Mangelernährung,
Blutdruckkrise und SVT (Episode mit Herzrasen), Elektrolytstörung, etc.
• Viele relevante Vorerkrankungen und Operationen (Liste)
• Umfangreiche Anamneseliste trotzdem lückenhaft
• Verlegung in niederschwellige Rehabilitation (über Weihnachten)
• Rückverlegung auf Chirurgie vor Silvester
• Übernahme Medizin/Akutgeriatrie unmittelbar nach Triage am 4.01.
• Polypharmazie (zu viele Medikamente, eigentlich >5)
• Inappetenz und Gewichtsverlust von 8% in weniger als 1 Monat
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Ablauf erste Massnahmen, Diagnostik und
geriatrisches Basis-Assessment (GBA)
• Anpassung der Medikation,
• Weiter ERB , dann Infusionsende und
intensive Mobilisation/GBA
• Klinisch am 4.1. deutlich depressiv mit
somatischem Syndrom, GDS-4: 2/6
• Beginn mit Mirtazepin 7.5mg ab 5.1.
• Psychiatrie-Konsil 07.01.2016
• GBA: FIM 117/126 (87/91+32/35),
MMS 28/30, Uhr 5/5 (12.01.),
DEMMI 74/100, SPPB 11/12 (1m/s)
Handkraft re 11, li 13kg
NRS= Kondrup 5/EZ 3
Gehör und Visus unauffällig
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Weitere Diagnostik (Orthostase-Test) und Massnahmen
Schellong-Test (12.01.):
positiv mit asympathikotoner
orthostatischer Hypotonie
Nach 1 Min.:
-44mmHg syst.
und -16mm Hg diast.; P+6
Nach 2 Min.:
-20mm Hg
und -3mm Hg
 Fazit: Halbierung von Zanidip und
Olmetec, dann klinisch beschwerdefrei
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Therapien durch frührehabilitative akutgeriatrische
Komplexbehandlung kombiniert mit medizinischen Massnahmen
• Aktivierende Pflege
• Physiotherapie 9E (+6 Wickel/Fango)
• Ergotherapie 4E
• Ernährungstherapie 7E
• 14Tage mit 23 E (Therapieeinheiten)
Anamnese-Ergänzung
Parenterale Ernährung (Chirurgie)
ERB mit Proteinergänzung (SVK)
Medikamentenreduktion/-anpassung
Gute Austrittsvorbereitung (Familie/Spitex)
Nachbetreuung (Physio/Psychiatrie/Spitex)
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Take Home Messages
 Medikation auf Indikation prüfen, Reduktion
(Interaktionspotential prüfen i=(n2-n):2 )
 CAVE «For every ill, there is a pill»
 Anamnese, Anamnese, Anamnese
 GERIATRIE ist Team- und Netzwerkarbeit
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
2. Fachreferat
«Depression bei älteren Menschen – leicht verkannt
und doch sehr relevant.»
Dr. med. Bernadette Ruhwinkel MAS&C, Leitende Ärztin, Schwerpunkt
Alterspsychotherapie, Privatklinik Hohenegg AG, Meilen
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Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Depression bei älteren
Menschen
leicht verkannt
und doch
sehr relevant
Dr. med. Bernadette Ruhwinkel
Leitende Ärztin
Schwerpunkt
Alterspsychotherapie
Depression im Alter oder ist das Alter depressiv?
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
oder etwas moderner?
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Altern:
Meine körperlichen Kräfte lassen mich im
Stich. Meine Sinne, meine
Fortbewegungsorgane, mein Gedächtnis
werden schwächer...
•und dennoch hat mein Geist noch immer
die Fähigkeit, sich weiter zu entwickeln,
denn meine Neugierde ist lebhafter denn
je.“
G.B. Shaw (88)
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Was ist also Altern?
Alter altus = hoch gewachsen
…….ist jede irreversible Veränderung der lebenden Substanz als Funktion der Zeit
( Biomorphose)
…….ist ein lebenslanger Prozess
(Gerontologie)
……..es verwandelt uns, wie unterschiedlich wir sonst auch sein mögen …. Es
braucht eine Sinngebung der Schwäche in diesem Lebensabschnitt.
(Peter Gross)
…….stellt den Menschen vor die Herausforderung die Potentiale des eigenen Lebens
und die Vulnerabilität des Lebens miteinander in Einklang zu bringen
( nach A. Kruse und H.W.Wahl 2010)
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Wohlbefindensparadoxon
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Subjektives Wohlbefindens-Paradoxon
• Obwohl die Anzahl der objektiven Beeinträchtigungen
zunimmt, wird bis ins 4. Lebensalter hinein konstant
subjektives Wohlbefinden erlebt (Staudinger 2000)
• Grund dafür: Fähigkeit des Selbst, Realität zu
konstruieren und zu transformieren, sich an veränderte
Wirklichkeiten anzupassen und das eigene
Selbstverständnis zu schützen
• Alte Menschen besitzen möglicherweise sogar eine
besondere Fähigkeit, sich veränderten Gegebenheiten
anzupassen und ihre Erwartungen neu zu ordnen
(Th. Friedrich-Hett)
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Generationen die Älter Werden
•Hochbetagte
•Kriegsgeneration
(ca. 1920- 1935)
•
•3. Lebensalter
(ca. 1935-1950)
•Jetzt ins Rentenalter
kommende
(ca. 1950 - 1960)
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
•Kriegskinder/
Nachkriegsgeneration
•68-Generation
Das Alter ist bunt und vielfältig
Quiz über das Alter
Was schätzen Sie?
Wussten Sie das?
 Welches sind die häufigsten
körperlichen Erkrankungen im
Alter zw. 70 und 100 Jahren?
•Hyperlipidämie 76,3 %
•Varikosis 72,1 %
 Wieviel Prozent der Menschen
über 80 haben eine Demenz?
•11 % der Männer
•14 % der Frauen
 Wieviel Prozent der über 90
Jährigen?
 Wieviel Prozent der Patienten
beim HA die über 65 sind haben
eine Depression?
•22 % Männer
•30 % Frauen
30 bis 40 %
(Zahlen nach N. Herschkovitz " Das
vernetzte Gehirn")
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
OBSAN Bericht 56
Depressionen in der Schweizer Bevölkerung
•
während die mittlere bis starke depressive Symptomatik über die
gesamte Lebenspanne relativ konstant bleibt, steigen schwache
Symptome und häufige Depressivität nach der Pensionierung
deutlich an.
Depressionssymptome nach Alter in %:
< 55
Mittel bis starke S.
Schwache S.
Keine S.
2.7-3.8
12.4-14.4
81.8-84.5
55-64
2.8
15.7
81.5
65-74
75+
2.2
23.0
74.8
3.2
31.2
65.7
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Alter als Selbstwertkrise
•Körperliche Veränderungen
•Frage nach dem Sinn
•Rollenverlust
•Identitätsverlust
•Beziehungen die verloren gehen
•Innerpsychisch:
•mehr Turbulenzen als in der Pubertät,
•verbunden mit der Forderung nach aussen
•alles im Griff haben zu müssen und
•Verlust an Ansehen.
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Diagnosespektrum beim Eintritt und Austritt in
der IPW 2005
Eintrittsdiagnosen AKA-Gruppe
N= 150
6%
19%
51%
15%
6%
Austrittsdiagnosen AKA-Gruppe
N=158
F0
F1
F2
F3
F4
F5
F6
F9
32%
23%
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
6%
24%
F0
F1
F2
F3
F4
F5
F6
F9
Fazit
•Fehldiagnosen führen zu
• Fehlplatzierungen und
• Fehlbehandlungen und oft
• viel zu spät zur fachkompetenten Behandlung
• Unnötigen Kosten im Sozial- und Gesundheitswesen
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
körperliche Veränderungen im Alter:
Abnahme extrazellulärer Flüssigkeit
Leistung vom Herz wird weniger
Rascher Muskelabbau bei Immobilität
Zunahme des Fettgewebes (Einlagerung)
Reduzierte Leberdurchblutung
Erhöhte Beanspruchung der Leber
Abbau verlangsamt
Erhöhte Sensitivität vor allem vom Gehirn
Interaktionen bei Polypharmazie und C2
Erhöhte Wirkspiegel von Alkohol durch reduzierte
Enzymaktivität (Alkoholdehydrogenase u. a.)
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Psychische Veränderungen:
Rolle in der Gesellschaft
mit möglichen narzistischen
Kränkungen
Neg. Altersbilder
Gesellschaftlicher Kostendruck
Abschiede im sozialen Netz

Angst vor Demenz, Pflegebedürftigkeit und
Sterben
 Auseinandersetzung mit der Endlichkeit
 Lebensperspektive in die Zukunft wird immer
kürzer
 Möglichkeiten der Suizidbeihilfe
Hohe Gewichtung der
Selbstbestimmung/ Autonomie
Dünnes soziales Netz
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Depression
1)
2)
Orientierungs- Merkfähigkeits- und
Gedächtnisstörungen: gering,
abklingend nach Remission
Demenz
Zu 1. Meist gestört, initial besonders KurzzeitGedächtnis, progredient
Formales Denken: gehemmt
Zu 2. Umständlich, weitschweifig
Zu 3. ausgeprägt
3)
Auffassungsstörungen: meist keine
4)
Krankheitsgefühl:
Aggravationstendenz
5)
Affekt: wenig moduliert, Hilfs-,
Hoffnungs- und Wertlosigkeit,
Libidoverlust, Morgentief
Zu 5. Affektlabil, affektarm, ratlos, Umkehr des
Tag- Nachtrhythmus
6)
Antrieb/ Psychomotorik:
antriebsarm, antriebsgehemmt
Zu 6. Oft motorisch unruhig, aber auch
antriebsarm
Zu 4. Bagatellisierungs-Tendenz
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Suizidalität im Alter:
•Anzahl vollendeter Suizide steigt mit dem
Lebensalter
•Männer suizidieren sich im Alter 2-3 Mal
häufiger als Frauen
24 S./100 000 E. 45-60 Jahre
38 S./ 100 000 E. 75-80 Jahre
44 S./100 000 E. 85-90 Jahre
Ursachen: Komplikation einer
•depressiven Störung
•narzistischen Krise
Alter ist Dritthäufigstes Gefährdungskategorie
nach Depression und Suchtmittelabhängigkeit
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Diagnostik der Depression:
F32 mind.2 von 3
•Depressive Stimmung
•Interessen oder Freudeverlust an
Aktivitäten die normal Freude
bereiten
•Verminderter Antrieb oder
gesteigerte Ermüdbarkeit
Und ein oder mehr von diesen bis 4
Symptomen:
•Verlust von Selbstvertrauen oder
Selbstwertgefühl
•Selbstvorwürfe, Schuldgefühle
•Denken an Tod und Suizid
•Klagen und/ oder Nachweis von
red. Denkvermögen
•Agitiertheit oder Hemmung
•Schlafstörungen
•Appetitstörungen
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Zusätzlich „somatische“ Symptome
• Verlust der Freude an normalerweise angenehmen
Aktivitäten
• Mangelnde Fähigkeit, auf eine freundliche Umgebung
oder günstige Ereignisse emotional zu reagieren
• Frühmorgendliches Erwachen
• Morgentief
• Durch andere objektivierbare psychomotorische
Hemmung oder Agitiertheit
• Deutlicher Appetitverlust
• Gewichtsverlust
• Deutlicher Libidoverlust
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Besonderheiten der Depression im Alter
• Oft nicht erkannt
• Oft versteckt hinter Gereiztheit, Somatisierung,
vermeintlich nachvollziehbarer sozialer Rückzug
• Häufig reaktiv auf gehäufte Verluste oder
einschneidende Veränderungen im Leben, wie z.B.
Pensionierung, kranker Ehepartner, Rollenumkehr,
Heimplatzierung etc.
• Depressionsfördernde gesellschaftliche Grundhaltung:
kollektives Verdrängen des Alterungsprozesses,
Angebot der Sterbehilfeorganisationen als
Aufforderung zum Suizid?
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
GDS (Geriatrische Depressionsskala)
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•
1. Sind Sie grundsätzlich mit Ihrem Leben zufrieden?
2. Haben Sie viele Ihrer Aktivitäten und Interessen aufgegeben?
3. Haben Sie das Gefühl, Ihr Leben sei unausgefüllt?
4. Ist Ihnen oft langweilig?
5. Sind Sie die meiste Zeit guter Laune?
6. Haben Sie Angst, dass Ihnen etwas Schlimmes zustoßen wird?
7. Fühlen Sie sich die meiste Zeit glücklich?
8. Fühlen Sie sich oft hilflos?
9. Bleiben Sie lieber zuhause, anstatt auszugehen und Neues zu unternehmen?
10. Glauben Sie, mehr Probleme mit dem Gedächtnis zu haben als die meisten
anderen?
11. Finden Sie, es sei schön, jetzt zu leben?
12. Kommen Sie sich in Ihrem jetzigen Zustand ziemlich wertlos vor?
13. Fühlen Sie sich voller Energie?
14. Finden Sie, dass Ihre Situation hoffnungslos ist
15. Glauben Sie, dass es den meisten Leuten besser geht als Ihnen?
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Auswertung:
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Für Antwort NEIN auf die Fragen 1, 5, 7, 11, 13 sowie für Antwort JA auf
die übrigen Fragen gibt es je einen Punkt
Summe
max. 15 Punkte.
Mehr als 5 Punkte.: Es besteht möglicherweise eine Depression
 Weitergehende Diagnostik erforderlich
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Suizidraten nach Alter und Geschlecht
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Das Alter birgt vermehrt Risikosituationen
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Überforderungs- und Kränkungssituationen
Entbergungstraumen ( traumatischer Verlust von Geborgenheit )
Verlust von Beziehungspersonen
•
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•
In schwerem sozialen Notstand
Anhaltende oder akute Ehekrise
Machtkampf in der Ehe
Angehörige oder Menschen im Umfeld von Suizidenten
(Schuldgefühle oder Nachahmer )
• Menschen nach Verkehrsunfällen
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Was genau passiert im Stress
•
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Modell der traumatischen Stressreaktion
Der Symptomenkomplex der posttraumatischen Belastungsstörung birgt die
Keime für alle psychiatrischen Erkrankungen (kognitiv, affektiv, psychotisch)
Es mehren sich Studien die den Zusammenhang diverser psychischer
Erkrankungen mit traumatischem Stress versuchen nach zu weisen
(Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen, Depressionen, selbst
Schizophrenien und Demenz)
All das ist unkompliziert kompatibel mit dem lange gängigen VulnerablitätsStress-Modell
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Welche wirksamen Behandlungsmöglichkeiten
ergeben sich daraus ?
•Biochemisch (Psychopharmaka)
•Kognitiv verhaltenstherapeutisch
•Körpertherapeutisch
•Lösungsorientiert systemtherapeutisch
•Spezifisch traumatherapeutisch
•Milieutherapeutisch
•Strukturelle Interventionsmöglichkeiten
•u.s.w.
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Zu jeder Depressionsbehandlung gehören:
1. Regelmäßige Tagesstruktur ( Schlaf- Wach-Rhythmus)
2. Psychotherapie
3. Evtl.. Antidepressiva
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Wie lange ich lebe, hängt nicht
von mir ab.
Ob ich aber wirklich lebe,
das schon.
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
(Seneca)
Literatur
G.Heuft, A.Kruse, H.Radebold (2000) Lehrbuch der
Gerontopsychosomatik und Alterspsychotherapie; Reinhardt
Verlag, München,
Th. Friedrich-Hett: Positives Altern
G. Hüther: Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn
W. Schmidbauer: Psychotherapie im Alter
P. Gross Wir werden älter. Vielen Dank. Aber wozu?
B. Ruhwinkel Depression Männedorf 2016
Impulsreferat
«Umsorgt und nicht versorgt – wie ich mir mein
Leben im hohen Alter vorstelle.»
Dr. phil. Klara Obermüller, Publizistin
81
Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Podiumsdiskussion
82
Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Diskussion
und
Fragen
83
Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016
Herzlichen Dank
für Ihre Teilnahme!
84
Symposium Spital Männedorf, 17. März 2016