Werner Tausch - sein Vermächtnis erklingt im Wald

PNP vom 20.05.2015
Werner Tausch – sein Vermächtnis erklingt
im Wald
Das "Bischofsreuter Lied" bei Festspielen Leopoldsreut – Der 2005 so plötzlich Verstorbene
hatte es zur 300-Jahr-Feier des Ortes geschrieben
von Reinhold Steiml
Bilder erinnern an Werner Tausch (kl. Bild oben). Seine Gattin Rita (von links), Leopoldsreuts Festspiel-Regisseur
Michael Sellner und Traudi Kölbl, die mit Leib und Seele "Schwartenhals"- Mitglied war, blättern in Alben. − Fotos:
Steiml/privat
Bischofsreut/Leopoldsreut. Er war der Kopf der bekannten Gruppe "Schwartenhals". Er war
engagierter Haidmühler Gemeinderat, war ein Mann der Musik und der Heimat, war Familienmensch
und für alles zu haben, mit dem die Region nach vorne gebracht werden konnte. Werner Tausch ist im
November 2005 viel zu jung verstorben. Ein besonderes musikalisches Vermächtnis des beliebten
Bischofsreuters, das "Bischofsreuter Lied", soll nun bei den Festspielen Leopoldsreut vom 30. Mai bis 6.
Juni das Ereignis bereichern, die Besucher berühren und an einen g‘standnen Bayerwäldler erinnern.
Uraufgeführt – und nie mehr wieder gespieltDie Darsteller der heurigen Festspiele, die wieder mit Leib
und Seele dabei sein werden, lassen das gestorbene Dorf aufleben und treten gemeinsam mit dem
Publikum eine Zeitreise durch die letzten Jahre des Dorfes an. Dazu gehört auch die passende Musik.
Die hat es in den Vorjahren schon gegeben mit den Stücken aus der Feder des unvergessenen Stevie
Casino alias Stefan Heigl bei der Premiere 2010 und mit den Kompositionen von Martin Göth aus
Ortenburg sowie Dr. Manfred Renoth aus Grainet. Diese Musik bildet auch heuer wieder das Gerippe –
aber sie erfährt auch eine höchst außergewöhnliche, weil besondere
Bereicherung. Und die Idee dafür wurde schon bei der allerersten
Zusammenkunft der "Festspielfamilie" geboren.
Es existiert seit 2005 ein "Bischofsreuter Lied". Ein Stück, das extra für die
300-Jahr-Feier des Ortes Bischofsreut eben vor zehn Jahren geschrieben
worden ist. Damals war es beim großen historischen Fest, eingebettet in das
Bischofsreuter Volksfest im August 2005, uraufgeführt worden. Man kann es
Schicksal nennen, dass es seither nie mehr gespielt und gesungen wurde.
Es verschwand in der Versenkung. Denn der Mann, der es damals im
Frühsommer 2005 komponiert hat und zu dem Traudi Kölbl den Text
geschaffen hatte, war im November des gleichen Jahres aus heiterem
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Himmel an einem Herzinfarkt gestorben. Mit 47 Jahren aus dem Leben gerissen. Aus der Gemeinschaft,
aus der Familie, aus dem Streben, noch viele seiner Ideen verwirklichen zu wollen.
Als "Schwartenhals" traten in der Blütezeit der Gruppe Werner Tausch (v. l.), Traudi Kölbl, Irmi Bleibinger und Sepp
Keilhofer auf.
Wer war dieser Werner Tausch?
Er war der Sohn von Menschen, die einst im Krieg aus dem Böhmerwald vertrieben wurden. Sie kamen
nach Leopoldsreut. Die Eltern machten sich dort sesshaft. Während Werners Geschwister sich auf ganz
Deutschland verteilten, blieb der gebürtige Bischofsreuter in seinem Heimatort. Er lernte seine Rita
kennen, eine junge Frau aus Prombach, die im Caritas-Kindererholungsheim in Bischofsreut arbeitete.
Es wurde geheiratet, das Haus an der Leopoldsreuter Straße wurde die Heimat für die junge Familie mit
den beiden Töchtern (Ulrike ist heute 35, Simone 32 Jahre). Werner Tausch war Bauzeichner von Beruf,
hat später dann erfolgreich bei einer Versicherung gearbeitet. Und er engagierte sich für Land und
Leute, so auch als Haidmühler Gemeinderat von März 1996 an bis zu seinem plötzlichen Tod.
Werner Tausch war aber auch ein Mann der Musik, der Kunst, des Hochhaltens der Heimat und ihrer
Geschichte. Er hatte schon in den Achtziger Jahren mit Freunden ein paar mittelalterliche Lieder
einstudiert und hatte gern bei Veranstaltungen wie dem Säumerfest in Grafenau teilgenommen. Das war
zwar schön und erfolgreich, dem Werner aber zu wenig. "Er wollte ausgereiftere, verfeinerte,
professionellere Musik mit mehr und verschiedenen Instrumenten", erinnert sich seine Gattin Rita.
Er war der Kopf der Gruppe "Schwartenhals"
So entstand die Gruppe "Schwartenhals". Er war der Gründer, er fand in Traudi Kölbl aus Bischofsreut,
Norbert Hetterich aus Bischofsreut, Sepp Keilhofer aus Grafenau, später in Lisa Häring aus Grafenau
und Irmi Bleibinger aus Hilgenreith Gleichgesinnte, die eine Alternative zur rein höfischen
mittelalterlichen Musik entwickelten und die Tradition des Bänkel- und Minnegesangs hochhielten, die
Landsknechts-, Volks-, auch Liebeslieder, dazu durchaus auch zeitkritische Stücke und
Instrumentalwerke spielten.
Und die Gruppe wurde gefragt und gefragter. In der Region war sie in den Neunziger Jahren und über
den Jahrtausendwechsel weitum bekannt. Bei den Schlossfestspielen in Freyung, den Marktrichtertagen
in Waldkirchen, beim Grafenauer Säumerfest, auf Schloss Fürsteneck usw. waren sie gern gesehene
musikalische Gäste, aber auch bis Bad Kissingen, Seeon, München reichten die Verpflichtungen und
stolz sind die einstigen Mitglieder noch heute auf viele Auszeichnungen, allen voran die
Förderpreisverleihung des Landkreises Freyung-Grafenau anno 1992.
"Schwartenhals"? Noch heute lächelt im Gespräch mit der Passauer Neuen Presse Traudi Kölbl, wenn
es um diesen seltsamen Namen geht. Ursprünglich war man ja namenlos. Erst als man bei einem Auftritt
in Burghausen zwecks Erwähnung auf dem Plakat einen Namen brauchte, wurde lange gesucht – und
man wurde schließlich in einem Lied fündig: "Der arme Schwartenhals". "Da ging es um Musikanten, die
damals fürs Aufspielen kein Geld, sondern Essen und Trinken bekamen, da aber oftmals auch mit dem,
was die Oberen nicht haben wollten, vorlieb nehmen mussten – Abgefieseltes, Schwarten vom Braten",
weiß Traudi Kölbl.
-3Und sie selbst hätten ja auch aus Spaß an der mittelalterlichen Musik gespielt und gesungen, haben den
Kontakt zum Publikum gesucht und gefunden, haben sich nicht um Gagen oder Gelder gekümmert.
"Schwartenhals" brachte sogar eine CD 2002 heraus.
Und Werner Tausch brachte sich dann gerne ein, als sein Heimatort Bischofsreut 2005 die erste
urkundliche Erwähnung von vor 300 Jahren feiern wollte. Er komponierte, Traudi Kölbl textete. Das
"Bischofsreuter Lied" war geboren. "Schwartenhals" und Werner Tausch haben es nur ein einziges Mal
gesungen und gespielt.
Im November 2005 ist der Kopf der Gruppe während der Blütezeit ihres Schaffens, ist der aktive,
engagierte Durch-und-durch-Bayerwäldler "uns gnumma wordn", so Traudi Kölbl.
"Schwartenhals" gab es nicht mehr: "Was will man tun, wenn einem der Kopf, das Herzstück, der
Mittelpunkt plötzlich fehlt?" Erinnerungen blieben. Die CD. Das "Bischofsreuter Lied", das es auch als
Tonaufnahme gab. Daheim bei Gattin Rita, die zwar selbst nie mitgespielt hat, die aber größter
Anhänger, guter Kritiker, überallhin mitfahrender Fan war, war das Vermächtnis gut aufgehoben und
sicher verwahrt.
"Eigentlich schad drum", sagten sich Rita Tausch und Traudi Kölbl – vor allem, als nun zehn Jahre nach
der 300-Jahr-Feier, zehn Jahre nach der Uraufführung, zehn Jahre nach dem einzigen Erklingen die
Festspiele Leopoldsreut anstehen und das Lied doch wie prädestiniert dafür erscheint. Beim ersten
Treffen hatte man die Idee präsentiert – und auch das Lied vorgespielt. Die ganze "LeopoldsreutFamilie" war begeistert.
Michael Sellner hat gerne das gute Stück in Handlung und Szenerie eingebaut. "Der Werner war es ja,
der mich nach Bischofsreut gebracht hat", sagt er. Kennengelernt hatten sie sich bei den
Schlossfestspielen in Freyung. Man sei in loser Verbindung gewesen, erinnert sich "Sem". Und "der
Werner" habe ihn damals, als in Bischofsreut Jubiläum gefeiert wurde, als der Förderverein für das
Kulturlandschaftsmuseum Grenzerfahrung (kurz KuLaMu) aufstrebte, als die Bischofsreuter
Theaterspieler immer aktiver wurden, "nach Bischofsreut gebracht". Heute ist Michael "Sem" Sellner
selbst Vorsitzender dieses Fördervereins, ist Spielleiter und Herz des Festspiels, ist froh, dass er mit
solchen Projekten und vielen Gleichgesinnten zu einer Aufrechterhaltung von Heimatgeschichte
beitragen kann.
Ein Symbol dafür, dass "Hoamat" überall ist"Das Bischofsreuter Lied" ist mit seinen Inhalten wie ein
Symbol für Heimat. "Es steht nicht nur für Bischofsreut. Man kann es im gleichen Atemzug für
Leopoldsreut und vergleichbare Orte im Bayerwald nehmen – die Botschaft passt, es geht um
d‘Hoamat!" so Sellner. Und deshalb wird Werner Tauschs Vermächtnis ab 30. Mai hoch droben mitten
drin im Wald erklingen und aufleben.
"Das wird eine ganz starke emotionale Sache werden für uns Mitspieler, für alle, die diesen Mann
kannten und schätzten, für die Zuschauer und Zuhörer", ist sich Sellner sicher – "wir sind bewusst nicht
ins Tonstudio gegangen, haben nichts verändert, lassen niemand anderen das Stück aufführen, sondern
es soll der O-Ton sein!" Zur 300-Jahr-Feier war auch eine DVD erstellt worden und Passagen daraus
werden bei den Festspielen zu sehen sein und werden eingebaut.
"Gänsehaut-Feeling" würde man heute sagen für das, was passieren wird im Wald – wenn es ruhig wird
in Leopoldsreut. wenn Drehleier und Flöte erklingen, wenn das Band eingespielt wird mit der getragenen
Melodie und den nachdenklich stimmenden Gedanken, die Werner Tausch, Traudi Kölbl und
"Schwartenhals" singen werden.
-4Das Festspiel Leopoldsreut: Spieltermine sind Samstag, 30. Mai, Mittwoch, 3. Juni, Freitag, 5. Juni,
und Samstag, 6. Juni, jeweils um 20 Uhr – und als Nachmittagsvorstellung am Sonntag, 31. Mai, um 16
Uhr (Einlass jeweils ab zwei Stunden vorher).
Karten gibt es nach wie vor bei der Tourist-Info Haidmühle,
www.kulamu-foerderverein.de
08556/19433, oder im Internet bei
Neuerungen: Im Vergleich zu den Vorjahren ist eine völlig neue Handlung zu sehen und es wurden die
Beginnzeiten auf 20 Uhr vorverlegt und auch das Spiel gekürzt, sodass es gegen 22.30 Uhr zu Ende
sein wird. – Bei den Abendvorstellungen läuft von den Parkplätzen in Bischofsreut der im Eintrittspreis
enthaltene Bustransfer ins vier Kilometer entfernte Leopoldsreut von 17.30 bis 19.30 Uhr (nach
Spielende zurück); bei der Nachmittagsvorstellung,31. Mai, fahren die Busse von 13.30 bis 15.30 Uhr.