fachlich Aligner-Therapie

fachlich Aligner-Therapie
KFO-Grenzfälle mit Invisalign - eine Bilderschau
Prof. Dr. Gerhard Polzar, Büdingen
(Abb. 1-11)
Kieferchirurgie auch bei Jugendlichen, aber nur mit Invisalign!
Durch einen unglücklichen Wachstumsschub des UK während
der kieferorthopädischen Vorbehandlung in einer anderen
Praxis hatte sich bei der Patientin eine deutlich progene Verzahnung mit frontalem Kreuzbiss entwickelt. Nach Entfernung der
Brackets konnte mit Invisalign und kombinierter Kieferchirurgie
ein harmonisches Gesicht mit neutraler Okklusion hergestellt
werden.
Abb. 1
Aligner heißt das neue Zauberwort in der KFO. Dabei
ist die Erkenntnis, dass man mit dünnen Folien nicht nur
Zähne schützen kann (z.B. wie bei einer Knirscherschiene), sondern sie auch kieferorthopädisch bewegen
kann, ist schon recht alt. Der Kieferorthopäde Harold
D. Kesling schob mit seinen Positioner-Gummi-Schienen schon 1945 schiefe Zähne an die richtige Stelle.
Doch mit dem Aufkommen neuer Computer sollte sich
alles ändern. Nun konnte man erstmals auch mit einer
Computersimulation Zähne verschieben und diese, als
Abb. 2
rechte und linke Seite mit ausgeprägt progener Verzahnung und frontalem Kreuzbiss, vor der Invisaligntherapie mit chirurgischer Vorverlagerung des Oberkiefers.
Abb. 3
Abb. 4
ClinCheck mit Platzierung der Attachments für die ersten Invisalignschienen.
Abb. 9
Abb. 10
Intraorale Situation nach Invisaligntherapie mit Oberkiefer-Chirurgie. Der frontale Kreuzbiss ist beseitigt und die Seitenzähne stehen in
neutraler Okklusion.
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Modelle produziert, zur Grundlage für Zahnschienen
nehmen. Die Idee stammt von einem Patienten, der
gemerkt hatte, dass sich die Zähne in ihre alte schiefe Stellung zurück verschoben hatten, wenn er seine
nächtlich zu tragenden Halteschienen vergessen hatte.
So dachte sich dieser Software-Spezialist, dass es dann
auch möglich sein müsste, eine Zahnfehlstellung mit
diesen Kunststoffschienen korrigieren zu können.
Abb. 5 / 6
Im CAD/CAM-Verfahren (= Computer added design/
Monitoring) wurden die Schienen hergestellt, ohne
dass der Patient für die erforderlichen Zwischenschritte
extra Abdrücke machen lassen musste.
Nun verfolgten viele diese Idee. Die meisten Methoden
jedoch sind bis heute dem CAD/CAM-Verfahren nicht
annähernd vergleichbar. Die Namen der anbietenden
Firmen mögen sich zwar verführerisch anhören, so wie
Alphalign oder Harmonieschiene Clear Aligner u.v.m.
Allen ist jedoch gemeinsam, dass sie für die Zahnumstellung (noch) nicht über eine CAD/CAM Systematik
verfügen, die für den behandelnden Arzt berechenbar
und kalkulierbar ist. Letztendlich muss der Zahntechniker im Labor entscheiden, wie groß die Behandlungsschritte sind und wo der Zahn hin bewegt wird.
links: Profil der Patientin vor der KFO-Therapie. Deutliche sagittale und vertikale Unterentwicklung des mittleren Gesichtsdrittels und der Maxilla.
rechts: Patientenprofil nach Invisaligntherapie und chirurgischer
Kaudal-Vorverlagerung des Oberkiefers. Ein harmonisches, ausgeglichenes Gesichtsprofil ist durch die chirurgische Intervention entstanden.
Abb. 7
Abb. 8
Patientin in der Frontalansicht zu Behandlungsbeginn. Die vertikale Dimension zwischen Nase und Oberlippe ist zu kurz und die
Unterlippe zu stark betont.
Patientin nach KFO-Chirurgie mit harmonischem Lächeln.
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Abb. 12 / 13
Die einzigen derzeit verfügbaren vergleichbaren Systeme neben Invisalign sind orthocaps und eCligner.
Dennoch gibt es gravierende Unterschiede? Orthocaps-Schienen sind pro Behandlungsschritt in eine
Nachtschiene, die sehr dick aber elastisch ist, und in
eine viel dünnere tagsüber zu tragende Schiene aufgeteilt. Die Nachtschiene ist bei der Korrektur für beide
Kiefer nach Ansicht des Autors ziemlich groß, so dass
sich der Mundschluss des Patienten ändern kann. Ein
Monitoring der Behandlungsschritte ist ebenfalls nicht
gegeben. In der Ausführung der CAD/CAM-Produktion
ähneln die orthocaps-Schienen sehr den Anfängen der
(Abb. 12-20)
Progenie auch ohne OP!
Die Patientin hatte nach einem Fahrradsturz einen großen Teil
Ihrer Oberlippe verloren. Da die gesichtsplastischen Rekonstruktionen nicht zufriedenstellend verliefen, hatte sie das Vertrauen in eine weitere chirurgische Maßnahme verloren. Durch
geschickte Odontoplastik mit Aufbau der oberen seitlichen
Schneidezähne und großzügiger approximaler Schmelzreduktion konnte der frontale Kreuzbiss zufriedenstellend korrigiert
werden, ohne die Brückenversorgung der OK-Seitenzähne zu
gefährden.
Abb. 14
links: Profil frontaler Kreuzbisspatientin mit Brückenversorgung
im 1. und 2. Quadranten, vor der kieferorthopädischen Therapie
mit Invisalign.
rechts: Patientin nach der Retrusion der Front und Überstellen
des Kreuzbisses mit jetzt harmonischer positiver Lippentreppe.
Die Oberlippe steht jetzt vor der Unterlippe.
Intraorale Aufnahme der gleichen Patientin vor der Invisaligntherapie mit im Kreuzbiss stehender protrudierter Front.
Abb. 16
Abb. 15
Unterkiefer nach der approximalen Schmelzreduktion von ca. 1
mm pro Kontaktfläche.
Situation nach Retrusion der UK-Front und Überstellen des
frontalen Kreuzbisses. Es wurden keine festsitzenden Behandlungsgeräte verwendet und auch keine Umstellungsosteotomie
vorgenommen. Die Einstellung in den Regelbiss erfolgte ausschließlich mit Invisalignschienen und durch vorherige approximale Schmelzreduktion.
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Invisalign-Produktion. Den einzigen Vorteil in dieser
Technik sieht der Autor darin, dass diese Schienen mitunter etwas preisgünstiger sind.
Die neuen eCligner verfügen ebenfalls nicht über ein
so vorbildliches Monitoring wie der ClinCheck bei der
Invisalign-Technik. Sie haben jedoch einige Vorteile
aufzuweisen. So werden in der Regel in 4-10 Behandlungssequenzen jeweils drei Schienen unterschiedlicher Dicke (0,5mm 0,65mm 0,75mm) je wöchentlich getragen. Diese bedecken nicht nur die Zähne, sondern
ragen über das Zahnfleisch hinaus. Dadurch entsteht
ein Saugeffekt, der zusätzlich die Zahnbewegung unterstützt. So kann auf die Applikation von Attachments
verzichtet werden. Prämolaren sind jedoch dann nicht
ausrotierbar. Die zu den einzelnen Schritten notwendigen Modelle werden dem Behandler als Therapie-
stütze mitgeliefert. Dies erspart bei rechtzeitigem
Einlenken sonst notwendige CaseRefinements, da der
Kieferorthopäde in seinem Labor genügend neue Aligner tiefziehen kann.
(Abb. 21-28)
Twin-Block - Invisalign statt OP, auch das geht!
Obwohl der Patient laut Wachstumsanalyse schon längst
ausgewachsen ist, konnte er durch konsequentes Tragen eines
Twin-Blockes für ein ganzes Jahr eine vollständige Bissumstellung in Neutralrelation erreichen. Die orthognathe Einstellung
der Einzelzähne erfolgte dann mit Invisalignschienen. Selbst
zwei Jahre später zeigte sich kein Rezidiv. Die Okklusion hat sich
gesetzt und das gute Behandlungsergebnis stabilisiert.
Abb. 18
Abb. 17
Überlagerung der ClinCheck-Simulation der 3D-CAD/CAM gesteuerten Zahnbewegungen mit Invisalign. Die Endposition des
Therapiezieles ist dunkelblau dargestellt.
Überlagerung der Zahnbewegungen in der OK-Front mit Invisalign. Eine leichte Protrusion und Extrusion ist unter Verwendung
geeigneter Attachments erreichbar.
Abb. 19
Abb. 20
Teilbogentechnik zur Rotation der unteren Prämolaren. Prämolarenrotationen sind mit Schienentechniken sehr problematisch. An dem zu
rotierenden Prämolar wird ein Teilbogen aus superelastischem Nickeltitan mit Composite befestigt. Das abstehenden Ende wird mit einem
Silikonschlauch überzogen und am übernächsten Zahn ebenfalls mit Composite befestigt. Danach wird der Schlauch abgezogen, so dass
der Teilbogen im Compositeattachment gleiten kann. Die folgenden Aligner werden bukkal freigeschnitten.
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Abb. 21/22
Abb. 25
Patient nach 10 Monaten Twinblocktherapie. Der Distalbiss ist
jetzt aufgehoben. Die mittleren Schneidezähne stehen noch
retroinkliniert und jetzt im frontalen Kreuzbiss.
Abb. 26
links: 16 Jahre alter Patient mit Deckbiss und Rücklage des
Unterkiefers. Das Gesichtsprofil zeigt die deutliche Rücklage des
Kinns.
rechts: Gleicher Patient nach kombinierter Therapie mit Twinblock und Invisalignschienen. Die UK-Rücklage ist aufgehoben
und der Patient hat nun ein gerades Gesichtsprofil.
Abb. 23
Nach weiteren 2 Monaten Pause ohne jegliche Geräte kann nun
mit der Invisaligntherapie begonnen werden.
Abb. 27
Intraorale Situation des Patienten mit retroinklinierter Front und
lateraler Kl. II Verzahnung vor Therapiebeginn.
Situation nach erfolgter Einzelzahnkorrektur und Torque der
oberen mittleren Incisivi.
Abb. 24
Abb. 28
Twinblock mit Bissperrung + mesialem Konstruktionsbiss in situ.
Auch zwei Jahre nach Abschluss der Deckbissbehandlung mit
Twinblock und Invisalign zeigt sich ein rezidivfreies Ergebnis mit
stabiler Kl. I Seitenzahnokklusion.
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Abb. 29 / 30
Abb. 31
Intraorale Situation des Deckbisspatienten. Die Seitenzähne
und die Eckzahnrelation weisen eine halbe Prämolarenbreite
Distalokklusion auf.
Abb. 32
links: Erwachsener Patient mit Deckbiss und Kl II Okklusion im
Profil. Hier ist nur eine leichte UK-Rücklage zu erkennen.
rechts: Gleicher Patient nach Invisaligntherapie mit KL II Gummizügen. Das Profil hat sich um eine Nuance verbessert und wirkt
jetzt orthognath.
Abb. 33
Deckbisspatient nach erfolgreicher Invisaligntherapie in Kombination mit KL II Gummizügen. Eine Neutralokklusion wurde
erreicht und die Frontzähne sind nun orthognath eingestellt.
Abb. 35
Invisalignschiene mit eingesetzten Kl. II Gummizügen in situ.
Die Gummizüge werden in die Einkerbungen an den Alignern
eingehängt. Zusätzlich Attachments an den unteren Prämolaren
verhindern ein Herausspringen der Aligner beim Sprechen.
Abb. 34
Fernröntgenseitenbild mit roter Markierung des pharyngealen
Isthmus vor der KL II Therapie mit Invisalign. Eine deutliche
Einengung an der engsten Stelle des Respirationstraktes ist zu
erkennen.
FRS des gleichen Patienten nach der Invisalign-KL II Gummizugtherapie. Durch eine skelettale Mesialbewegung oder das
Aufheben des durch den Deckbiss bedingten dorsalen Zwangsbisses konnte eine Verbesserung der Atemwege des Pharynx an
seiner engsten Stelle bewirkt werden.
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(Abb. 29-35)
Kl-II-Gummizüge statt UK-Chirurgier, nur was für Fleißige!
Bei mittelgradiger Unterkieferrücklage kann selbst mit einem
Deckbiss eine gesicherte Okklusionseinstellung erreicht werden,
wenn der Platz, der durch die ASR gewonnen wurde, reziprok
geschlossen wird. Ein sehr gewissenhaftes und konsequentes
Tragen der KL II-Elastiks ist hierbei die unbedingte Voraussetzung für den Erfolg! Erstaunlich ist, dass dadurch sogar eine
Verbesserung der retrolingualen Atemwege, des Mesopharynx,
erreicht wird.
(Abb. 36-48)
„Best-Profile and better smile“ - Jeden Engstand ohne Zahnverlust besiegen mit Invisalign und Kombi-Chirurgie.
Selbst sehr komplexe Zahn- und -Kieferfehlstellungen mit extremem Engstand, Schmalkiefer und ausgeprägter UK-Rücklage
lassen sich in Kombination mit Invisalign therapieren. Nach einer
Vorbehandlung mit Distraktionsosteogenese (nach Guerrero/
modifiziert nach Polzar) lässt sich der UK-Engstand auflösen.
Die Kieferbreite wurde verbessert und mit Hyrax-Apparatur
im OK und Distraktionsschraube im UK stabilisiert. Nach einer
dreimonatigen Konsolidierungsphase kann die Ausformung mit
Invisalignschienen erfolgen. Die CAD-CAM-Therapieplanung mit
ClinCheck ermöglicht eine optimale prächirurgische Ausformung
der Zahnbögen. Nach der chirurgischen Intervention bedarf
es deshalb keiner größeren Maßnahmen. Die Okklusion kann
sich ohne jegliche KFO-Unterstützung in den ersten 3 Monaten
setzen. Eine Feineinstellung mit Rezidivprophylaxe wird mit dem
angeschlossenen CaseRefinement erreicht.
Abb. 36-38
Links: Patientin mit ausgeprägter Unterkieferrücklage, anteinklinierter OK-Front und ausgeprägtem frontalen Engstand in der Profilansicht.
Der Unterkiefer und das Kinn liegen weit zurück und die Unterlippe wölbt sich unter der großen Frontzahnstufe auf.
Mitte:
Gleiche Patientin mit leichter Profilverbesserung nach forcierter Gaumennahterweiterung im OK und Distraktionsosteogenese im UK.
Rechts: Erst nach der hier erfolgten chirurgischen Unterkiefervorverlagerung wurde ein harmonisches Gesichtsprofil erreicht. Die für die
Chirurgie erforderliche Ausrichtung der Zahnbögen erfolgte ausschließlich mit herausnehmbaren Schienen mit Invisalign.
Abb. 39
Abb. 40
Intraorale Situation der Patientin mit einer vollen KL II1 Verzahnung, deutlich anteinklinierten oberen Frontzähnen, einem
tiefen Biss mit Gingivakontakt und Engstand in der UK-Front.
ClinCheck nach der transversalen Erweiterung, aber vor der
prächirurgischen Ausformung der Zahnbögen mit Attachments
im Seitenzahnbereich.
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Abb. 41
Unterkieferfront vor der Distraktion.
Abb. 42
Unterkieferfront nach der Distraktion und Verblockung der
Distraktionsschraube. Der frontale Engstand hat sich schon aufgelöst und die mittleren Schneidezähne sind schon nach mesial
in den Distraktionsspalt eingewandert.
Abb. 45
Abb. 46
Intraorale Aufnahme der Patientin nach chirurgischer Unterkiefervorverlagerung. Eine satte KL I Okklusion wurde erreicht.
Nach eine Pause von 4-6 Wochen, in der die Patientin nach der
Chirurgie keine kieferorthopädischen Apparaturen trägt, wird ein
zweiter Abdruck genommen und die Feineinstellung als Case
Refinement kann mit den Invisalignschienen erfolgen.
Abschlussbild der Case Refinement Simulation mit Invisalign.
Neue punktförmige Attachments wie an Zahn 11 helfen, eine
bessere Kontrolle über die Zahnachse zu erreichen.
Abb. 44
Abb. 43
Panoramaschichtaufnahme mit Kontrastverstärkung Situation
nach der forcierten Gaumennahterweiterung im OK und Distraktionsosteogenese im UK. Der Distraktionsspalt im UK und der
Gaumennahterweiterungsspalt im OK sind deutlich sichtbar. Die
Apparaturen bleiben bis zur vollständigen Verknöcherung noch
3 Monate in situ. Danach erfolgt eine einmonatige Pause ohne
jegliche Apparaturen. Erst dann wird der Abdruck für die darauffolgende Invisaligntherapie genommen. Bis zum definitiven
Einsetzen der ersten Aligner wird die momentane Situation mit
Tiefziehschienen, welche nur nachts zu tragen sind, stabilisiert.
Ausschnitt einer Panoramaschichtaufnahme nach vollständiger
Ossifizierung des Osteogenesespaltes. Die Kompaktabrücke
im UK lässt auf eine gelungene vollständige Osseogenese
schließen.
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Auch scheint die schwierige transversale Zahnbogenentwicklung mit den eClignern besser therapierbar zu
sein als mit anderen Schienensystemen. Durch die auf
bis zu 1 mm ausgedehnten Schritte insbesondere beim
Schließen des offenen Bisses ist allerdings mit ähnlich
ausgeprägten Zahnwurzelspitzenresorptionen zu rechnen wie bei der festen Zahnspange üblich.
Insbesondere bei der Behandlung von parodontal geschädigten Gebissen verschiebt die Alignertherapie
die Grenzen des kieferorthopädisch Machbaren sehr
weit nach vorne. In der Zukunft wird es sicherlich noch
viele weitere Schienen-Systeme auf dem Markt geben,
mit denen CAD/CAM-gesteuerte Zahnbewegungen
möglich sind.
Abb. 48
FRS nach der kieferchirurgischen UK-Vorverlagerung. Die Sagittale Stufe ist verkleinert. Die Osteosyntheseplatten verbleiben
noch ein bis zwei Jahre zur Stabilisierung des Unterkiefers in
situ. Der pharyngeale Raum hat sich durch die Unterkiefervorverlagerung sichtbar vergrößert.
Abb. 47
Die Materialeigenschaften der Aligner setzen den gewünschten orthodontischen Bewegungen sicherlich
auch Grenzen, so dass es manchmal sinnvoll ist, diese
neue Technik mit Methoden der herkömmlichen Kieferorthopädie zu unterstützen. Im Wesentlichen sind
jedoch fast alle Zahn- und Kieferfehlstellungen damit
therapierbar.
Wie der Autor in einem Fachbeitrag „Behandlungssysteme im Vergleich“ schon 2009 in der KFO-Intern
geschrieben hatte, wird in der Praxis der Zukunft das
dreidimensionale Röntgenbild die Arbeitsgrundlage für
jede kieferorthopädische Behandlung sein. Alle anatomischen Strukturen wie Knochen, Zahnkrone und
Zahnwurzel sowie die Versorgungs- und Nervenbahnen werden direkt in die Therapieplanung einbezogen.
Es wird nicht einmal mehr nötig sein, Abdrücke zu nehmen. Bewegungsröntgenbilder werden den Artikulator
ersetzen. Die Schienen werden auf Basis der digitalen
Röntgenbilder direkt hergestellt.
Abb. 47 b
FRS der KL II1 Patientin vor Behandlungsbeginn. Deutlich zu sehen sind die anteinklinierten oberen Frontzähne. Eine gewisse Einengung
des Pharynx ist auch feststellbar.
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Eine bestmögliche patientenorientierte und schonende
Therapie unter Berücksichtigung des gesamten orthodontischen Umfeldes und der benachbarten Funktionen wie Atmung etc. wird dann eine Selbstverständlichkeit sein.
Wir sind gespannt auf die Zukunft! Einen ersten, umfassenden Überblick wird es auf dem Symposium der
KFO-IG am 7. + 8. Juni mit dem Thema „die digitale
Kieferorthopädie – wohin geht die Reise?“ geben.
Abb. 50
Intraorale Aufnahme des hochgradig parodontal geschädigten
Patienten. Auch die unteren Frontzähne stehen elongiert. Der
Hauszahnarzt hatte versucht die mittleren oberen Schneidezähne mit den seitlichen Schneidezähnen durch Compositeanheftungen zu stabilisieren. Er schlug dem Patienten eine
prothetische Totalsanierung mit Extraktion aller OK-Zähne und
Implantatversorgung im Wert von 18.000 € vor.Damit war der
Patient allerdings nicht zufrieden. Er wollte seine eigenen Zähne
so lange wie möglich behalten und entschloss sicheiner Zahnkorrektur mit Invisalign.
Abb. 52
Intraorale Aufnahme nach erfolgreicher Invisaligntherapie im
hochgradig parodontal geschwächten Gebiss. Die Rekonstruktion der Interdentalpapillen in der OK- und UK-Front erfolgte ausschließlich als Reaktion auf die kieferorthopädische Bewegung.
Eine zusätzliche mukkoginivalchirurgische Rekonstruktion der
marginalen Gingiva, insbesondere an den Zähnen 11 und 21 ist
zur Abrundung der gelungenen kieferorthopädischen „Rettungsaktion“ der geschädigten Zähne vorgesehen.
(Abb. 49-52)
PA-Extrem
PA-Patient, 50 Jahre alt mit erheblichem horizontalen Knochenabbau über 2/3 und vertikalen Einbrüchen. Der Zahnarzt
wollte alle bleibenden Zähne im OK extrahieren und mit einer
Implantatprothetik für 18.0000 € versorgen. Die stark nach
mesial abgewanderten, verlängerten Zähne hatten Lockerungsgrade zwischen II und III. Durch die schonende Invisaligntherapie konnten alle Zähne gerettet werden. Noch während der
Therapie hatten diese sich gefestigt. Die Lückenbildung durch
anteriore Abwanderungen im parodontal geschwächten Gebiss
konnten aufgehalten werden. Ein vollständiger Lückenschluß
konnte erreicht werden. Nach stabilisierenden Maßnahmen mit
lingualem Permanentretainer ist nun eine mukogingivalchirugische Rekonstruktion vorgesehen.
Abb. 49
Patient mit ausgeprägter parodontaler Abwanderung der oberen
mittleren Incisiven. Eine fast zahngroße Lücke hat sich zwischen
den oberen Frontzähnen gebildet. Die schon mit Lockerungsgrad 3 beweglichen Frontzähne drohen bei weiterer Elongation
herauszufallen.
Abb. 51
Patient nach der kieferorthopädischen Behandlung im parodontal geschädigten Gebiss. Das große Diastema konnte geschlossen werden. Ein attraktives freundliches Lächeln mit eigenen
Zähnen ist wieder möglich.
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(Abb. 53-55)
Nichtanlage-Scherenbiss / Ausdauer lohnt sich!
Der 43-jährige Patient hatte einen Zapfenzahn 22, einen nicht
angelegten Zahn 12 sowie einen Tief- und Scherenbiss im Seitenzahnbereich regio 17,27. In 3 Jahren konnte ohne zusätzliche
Hilfsmittel ein funktional und ästhetisch guter Gebisszustand
erreicht werden. Die Extraktionslücke wurde geschlossen.
Der Scherenbiss konnte ohne Gummizügen überstellt werden.
Nach odontoplastischer Umformung der Eckzähne zu seitlichen Schneidezähnen und anschließender Zahnaufhellung mit
Carbamidperoxyd sind die Eckzähne als solche nicht mehr zu
erkennen. Der Patient ist mit seinem Ergebnis und dem neuen
Lächeln sehr zufrieden.
(Abb. 56-64)
Invisalign Artistics / Prämolarendistalisation
Die Patientin hatte einen Freiendfall im zweiten Quadranten. Neben der großen sagittalen Stufe wollte sie die Situation für einen
mögliche prothetische Versorgung verbessern. Ohne Hilfen von
festen Behandlungsgeräten konnte durch geschickte Attachmentauswahl eine parallele Prämolarendistalisation erreicht
werden. Der geschaffene Platz mit dem neu gebildeten Knochen
reichte dafür aus, dass sogar ein Implantat in die Distalisationslücke inseriert werden konnte. Nach erfolgter prothetischer
Versorgung hatte die Patientin eine erhebliche Verbesserung
ihrer Gebissfunktion erreicht und die statische Abstützung auf
der linken Seite konnte wiederhergestellt werden.
Abb. 53
Abb. 56
Intraorale Aufnahme eines Patienten mit Nichtanlage von Zahn
12 und rudimentärem Zapfenzahn 22. Außerdem stehen die
Zähne 14,16,17 und 27 im bukkalen Scherenbiss.
Abb. 54
Situation bei einer Patientin mit Freiendglied im zweiten Quadranten in Folge fehlender Molaren. Ebenso hat die Patientin eine
vergrößerte sagittale Stufe mit Engstand in der Front.
Abb. 57
Nach drei Jahren aktiver Therapie mit Invisalignschienen konnte
die Zahnlücke des extrahierten Zahnes 22 orthoaxial geschlossen werden. Der Scherenbiss wurde ohne jegliche weitere
Hilfsmittel (ohne intermaxilläre Gummizüge) alleine mit Invisalign
überstellt. Die remodellierten Eckzähne entsprechen nun der
anatomischen Form der fehlenden seitlichen Schneidezähne.
Die Geduld mit der Invisaligntherapie mit insgesamt zwei Case
Refinements hat sich gelohnt. Die parodontale Situation hat sich
wesentlich gebessert. Auch der tiefe Biss wurde erfolgreich
behandelt.
Gleiche Patientin nach der Invisaligntherapie mit Ausformen der
Front und 7 mm Distalisieren des endständigen Prämolaren. Es
wurden dafür keine festsitzenden Apparaturen verwendet.
Abb. 58
Abb. 55
Ästhetischer Verlauf der Lachlinie mit den zu seitlichen FZ umgeschliffenen Eckzähnen lassen es einem kaum noch erkennen,
dass zwei obere FZ in diesem Gebiss fehlen. Durch dezentes
bleachen der Eckzähne falle diese noch weniger als solche auf.
Situation nach Implantatversorgung regio 24 und prothetischer
Rehabilitation des linken Seite.
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Abb. 59
OK vor der kieferorthopädischen Therapie mit deutlichem Engstand in der Front und Freiendglied im zweiten Quadranten.
Abb. 61
Abb. 60
Situation nach erfolgreicher Distalisierung des endständigen
Prämolaren 24 und Stabilisierung der Oberkieferfront mit einem
lingualen Permanentretainer (LPR).
Abb. 62
Situation nach weiterer Rotation 24 zur besseren prothetischen
Versorgung und nach Insertion des Implantates in der Region
des zuvor stehenden Zahnes 24.
Abb. 63 / 64
Oberkieferaufsicht nach erfolgreicher Restaurierung und Verbesserung der Kaufunktion durch Distalisation eines endständigen Prämolaren ausschließlich mit der Invisaligntherapie.
Vorher-nachher-Vergleich des Profils: Die Patientin hat nach der
Therapie ein gleichmäßigeres und geraderes Profil als davor.
Abb. Autor: Prof. Dr. Gerhard
Polzar (KKU), Büdingen; Studium
der ZHK in Giessen, 1990-93
Weiterbildung KFO u.a. AfZ in
Karlsruhe, 1994 Niederlassung in
eigener KFO-Praxis in Büdingen;
2006 Gastprofessur in Sevilla
und Khon-Kaen (Thailand), 2008
Ernennung zum Prof. in Orthodontics; seit 2008 vis. assoc. Prof. an
der Mahidol-University Bangkok
(Thailand).
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