01 | 2015 - Swissmill

01 | 2015
Pro & Contra | SBV-Initiative
Vors Volk
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Swissmill | Porträt
Comeback
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Fokus | Coop-Bäckerei
Investitionen und
Rochaden
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Editorial
kornmagazin 1/2015
HERAUSFORDERUNGEN
Liebe Leserin,
liebeR Leser
Swissmill konnte das Ge-
sich auch darin, dass die am 5. Januar 2015 freigegebene
schäftsjahr 2014 mit einem
Importtranche von 30’000 Tonnen innert kürzester Zeit
überaus erfreulichen Ergeb-
vollständig ausgeschöpft war.
nis abschliessen. In den Segmenten Weichweizen und
Weiterhin gut auf Kurs liegen wir mit den Bauarbeiten
Hafer sowie bei Mischungen
am Kornhaus Zürich. In den kommenden Monaten geht
und Extrusion schrieb das
es dann mittels Gleitschalung richtig in die Höhe, auf
Unternehmen die bisher bes-
118 Meter.
ten Ergebnisse seiner Geschichte. Neue Produkte, ein
2015 steht voll im Zeichen der riesigen Herausforderung
optimierter Sortimentsmix sowie die gute und enge part-
mit der neuen Wechselkurssituation. Nicht nur unsere
nerschaftliche Zusammenarbeit mit unseren Kunden
exportierenden Kunden sind vor eine beinahe unlösba-
waren ausschlaggebend für dieses positive Wachstum im
re Situation gestellt. Um am Markt bestehen zu können,
Kerngeschäft.
wird in dieser Ausnahmesituation die gesamte Wertschöpfungskette neue, unkonventionelle Wege gehen
Die ausserordentliche Ernte 2014 stellt uns vor grosse
müssen. Swissmill wird partnerschaftlich und engagiert
Herausforderungen. Die wetterbedingt tiefe Qualität
Lösungen definieren und umsetzen. Gemeinsam wollen
des inländischen Getreides fordert uns sowohl in der Be-
wir die schwierige Situation meistern.
schaffung als auch in der Verarbeitung in der Mühle. Der
schwache Proteinkomplex bedingt gegenüber Normal-
Auch mit dieser Ausgabe des Kornmagazins gewähren wir
jahren eine höhere Beimischung von Trockenkleber oder
Ihnen einen Einblick in unseren Mühlenbetrieb sowie in
von Partien mit ausländischem Top-Weizen. Die Zugabe
verschiedenste aktuelle Themen unserer Branche. In die-
von Trockenkleber in Mehl erbringt im Proteinkomplex
sem Sinn wünsche ich Ihnen eine interessante Lektüre.
allerdings nur bis zu einem gewissen Ausmass einen positiven Effekt. Zu hohe Beigaben bewirken bei anderen Qua-
Beste Grüsse
litätsparametern hingegen negative Effekte. Ohne einen
signifikant höheren Anteil an qualitativ hochstehendem
Importweizen stösst die Branche daher an Grenzen, um
die Qualitätsvorgaben der Kunden zu erfüllen. In diesem
Kontext fordert Swissmill, zusammen mit dem Branchen-
Romeo Sciaranetti
Dachverband DSM, eine entsprechende Erhöhung des
Leiter Swissmill
Zollkontingents Nr. 27 um 45’000 Tonnen. Der hohe Bedarf an qualitativ hochstehendem Weizen widerspiegelt
I n h a lt
kornmagazin 1/2015
Interview | Backwaren Coop
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Herzenssache
Swissmill | Innovation
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KONTINUIERLICH FEIN DOSIERT
Pro & Contra | SBV-Initiative
8
Vors Volk
Das Kornmagazin traf Francis Egger vom Bauern-
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verband SBV und Lorenz Hirt von der Föderation
der Schweizer Nahrungsmittel-Industrien Fial zum
Gespräch mit kritischen Noten.
Swissmill | Porträt
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Comeback
Seit August wieder bei Swissmill, stellt Nathalie Grob
extrudierte Spezialitäten wie etwa Paniermehle,
Crispies, Schraps oder Pops her.
Interview | Margo – CSM Schweiz AG
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Im Wandel
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Fokus | Coop-Bäckerei
Investitionen und Rochaden
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Coop hat in der Grossbäckerei in Gossau jüngst
in vier neue Produktionslinien für Berliner
und Fasnachtschüechli investiert. Thomas Krause,
Leiter der Coop-Bäckerei Gossau, gibt Auskunft.
Panflor | FBK
ORT DER INSPIRATION
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16
Kornmagazin 1/2015
01 | 2015
© 2015 Swissmill www.swissmill.ch
Titelbild: Nathalie Grob (Seite 12: Comeback),
fotografiert von Frank Blaser
Nächste Ausgabe: September 2015
Herausgeberin: Swissmill, Sihlquai 306, Postfach, CH-8037 Zürich
Verantwortlich: Andreas Frank, Swissmill
Pro & Contra | SBV-Initiative
Vors Volk
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Swissmill | Porträt
Comeback
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Fokus | Coop-Bäckerei
Investitionen und
Rochaden
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Text / Redaktion: Erica Schmid Caprez, wortwärts, Zürich
Design / Layout: Lars Klingenberg, Gestalterei, Zürich Druck: Mattenbach AG, Winterthur
Fotos: Frank Blaser, Heiner H. Schmitt, Markus Beyeler, Fotolia, PD: Coop, Margo
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interview | Backwaren Coop
kornmagazin 1/2015
HERZENSSACHE
Genuss aus Getreide – in einer
Fülle an Formen und Sorten –
ist seine Welt. Oliver Krüsi,
bei Coop Leiter Category Management Brot und Backwaren,
spricht über Marktfragen,
Herausforderungen und Trends.
sind am Markt. Und drittens über einen kurzfristig starken Ausbau von Teilsortimenten, zum
Beispiel bei einem Festival mit verschiedensten
Berlinern.
Wie erfolgen Sortimentsentscheide ?
Wir richten uns nach den Kundinnen und Kunden. Sie sagen uns, was sie wünschen. Diese Bedürfnisse können sich regional unterscheiden:
Im Umfeld der Uni Zürich sind teils andere Pro-
Herr Krüsi, was verbinden Sie mit Brot ?
dukte gefragt als in einem Berner Oberländer
Brot ist ein sehr emotionales, schönes Produkt. In vielen
Tourismusort. Aber auch kundengruppenspezi-
Haushalten steht es täglich auf dem Tisch. Es berührt
fische Bedürfnisse wie etwa glutenfreie Produk-
Menschen nicht nur über den Gaumen, auch übers Herz.
te müssen immer mehr berücksichtigt werden.
Auch selber backen ist eine Freude. Schon mit kleinen
Auf der anderen Seite betreiben wir zusammen
Kindern lassen sich Brote, Zöpfe und Pizzas backen.
mit Betty Bossi ein weltweites Scouting, also
Trendforschung.
Und beruflich ?
Die absolute Frische im Brotbereich ist ein Erlebnis, eine
Gibt es für die Sortimentsvielfalt Grenzen ?
Oliver Krüsi, zuständig
Art und Weise, wie man denkt. Hinzu kommt die Ana-
Wir handeln nach dem Grundsatz «one in, one out». Die
für Brot und Backwaren
lyse von Kundenwünschen, von Marktbewegungen und
Präsentation der Waren braucht Platz. Nehmen wir ein
bei Coop: «Kunden
Trends sowie von prozesstechnologischen Entwicklun-
neues Produkt auf, fällt ein anderes weg.
sind mehr und mehr
gen. All das fasziniert mich.
Connaisseurs.»
Wir sehen es täglich: Frische aus dem Ofen hat sich als
Wie behalten Sie die Übersicht angesichts der grossen
Trend etabliert.
Produktpalette im Brot- und Backwarenbereich von
Frische bis zum Ladenschluss ist ein absolutes Muss. Brot
Coop ?
ist eines von nur wenigen Produkten, die im Laden vollen-
Wir haben unser Sortiment in fünf Kategorien struktu-
det werden. Es riecht fein und steht für absolute Frische.
riert. Rund die Hälfte unseres Absatzes zählt zur Kategorie Frischbrote. Die zweite Hälfte wird durch Patisserie,
Welche Trends sehen Sie sonst ?
Dauerbackwaren, Kuchen und Gebäck sowie Teig gene-
Aktuelle Stichwörter sind «Snacking» und «Portionie-
riert. Die Übersicht behält man über ein strukturiertes
rung». Cracker treffen als Ernährungsmittel auf Getrei-
Bearbeiten der Segmente zu klar definierten Zeitpunkten
debasis einen Zeitgeist. Viele Leute sind immer öfter
und ein sauberes Controlling.
unterwegs. Sie ernähren sich häufiger ausser Haus, dennoch wollen sie etwas Gutes im Magen haben, das weder
Es heisst, Kunden suchen Auswahl. Wie begegnet Coop
süss noch fettig ist. Ausserdem werden Kleinbrote in
diesem Bedürfnis ?
ihrer ganzen Vielfalt zum Mitnehmen für unterwegs
Im Kerngeschäft basiert der Detailhandel auf klassischen
immer zentraler. Das Bedürfnis nach kleineren Portionen
Produkten – Weissbrot und Ruchbrot sind immer gefragt,
wächst, auch im Patisserie-Bereich. So kann man sich
unser Grossmutter-Cake ist seit Jahren beliebt. Innova-
öfter etwas gönnen ohne schlechtes Gewissen.
tionen treiben wir in drei Arten voran. Zum einen mit
bekannten Artikeln in spannenden Variationen. Zum an-
Was sind für Sie tägliche Herausforderungen ?
deren mit echten Innovationen, sprich Artikeln, die neu
Eine grosse Arbeit für uns ist es, in einem komplexen
interview | Backwaren Coop
kornmagazin 1/2015
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Prozessumfeld allen unseren Kunden stets eine Topquali-
Ein Blick in die Zukunft: Wo führt die längerfristige
Traditionell hergestellte
tät zu garantieren. Die Begleitung aller Prozessbeteiligten
Entwicklung hin ?
Brote sind gefragt.
ist eine grosse Herausforderung, die Schnittstellen sind
Brot ist grundsätzlich etwas sehr Klassisches. Innovatio-
sehr zahlreich. Wir fördern das Verständnis für die Abläu-
nen sind aber zweifellos nötig.
fe und Zusammenhänge und koordinieren zwischen den
verschiedenen Ebenen sehr aktiv.
Legt Coop deshalb einen Fokus auf artisanal hergestellte Brote ?
Welches sind Ihre Erwartungen an Lieferanten ?
Kunden sind mehr und mehr Connaisseurs, sie mögen
Frische verzeiht im Grunde keine Fehler. Eine hundert-
das Unverfälschte. Neben klassischen Weiss- und Ruch-
prozentige Professionalität aller Partner in der Wert-
broten werden Spezialbrote nach traditioneller Herstel-
schöpfungskette, sowohl Prozesssicherheit als auch Qua-
lungsmethode – mit Vorteig, langer Teigruhe, ohne Zu-
lität der Produkte sind das A und O. Das sind wir unseren
satzstoffe – von vielen geschätzt. Handwerk, Sorgfalt und
Kundinnen und Kunden schuldig. Mein Wunsch ist,
Liebe zum Produkt sind für viele Kunden ein Bedürfnis.
dass unsere Partner und Lieferanten, den Ernährungs-
Sie wünschen, dass mit Leidenschaft produziert wird.
entwicklungen folgend, Chancen proaktiv und innovati-
Wir erfahren das in unseren Hausbäckereien mit den
onsfreudig wahrnehmen und so Mehrwerte generieren.
beliebten, voll einsehbaren Backstuben in den grösseren
Coop sieht sich als Navigator in einem partnerschaftli-
Coop-Verkaufsstellen. Da gelingt es uns zu zeigen, dass
chen Prozess.
Brot für Coop eine Herzenssache ist.
PERSÖNLICH
Oliver Krüsi, *1973. Seit 2010 bei Coop, seit Oktober 2013 Leiter Category Management Brot/Backwaren und
Mitglied des Managements am Coop-Hauptsitz in Basel. Der Detailhandel sei «fast ein Lebensauftrag» für
ihn, sagt er. Schon seine KV-Lehre absolvierte er im Detailhandel. Dann holte er die Matura nach, studierte
Betriebswirtschaft an der HSG in St. Gallen und kehrte in den Detailhandel zurück. Neben dem Beruf ist
ihm seine Familie wichtig. Zudem spielt er begeistert Tennis.
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s w i s s m i l l | I n n o vat i o n
kornmagazin 1/2015
KONTINUIERLICH
FEIN DOSIERT
Ein kontinuierliches Mischsystem mit vier Beimischern
für Mittel- und Kleinkomponenten ergänzt seit Januar die
Infrastruktur im Mühlenbetrieb von Swissmill. Was sind
die Vorteile der Innovation ? Und was heisst überhaupt
kontinuierlich mischen ?
«Wir sind glücklich über die neue
Die neue Mischanlage steht im Mehl-
Einheiten, ihrer Funk-
Mischanlage», freut sich Karl Dahlke­,
silo 88 neben der Loseverladestation
tion entsprechend ein
zuständig für lose Lieferungen und
und ergänzt dank ihrer flexiblen
hochtechnologisches
die Disposition von Futterkomponen-
Verwendbarkeit den leistungsfähi-
Trio, das ineinander-
ten. «So können wir Mehle und Mi-
gen Chargenmischer – ein Allroun-
greift. Dazu gehören
schungen jederzeit bedarfsgerecht
der für Mischungen – in perfekter
die Anlage für die
ergänzen – in einem Arbeitsgang,
Weise.
Hauptkomponente, die
direkt vor der Auslieferung – und so
beiden Anlagen für
den sehr unterschiedlichen Ansprü-
Vorteile bringt das neue System zu-
die Mittelkomponen-
chen unserer Kunden optimal ent-
dem für die Arbeitsabläufe im gegen-
ten (bis 3 Prozent der
sprechen.»
überliegenden Mehlsilo 62 (benannt
Gesamtmenge) sowie
nach dem Baujahr). «Bei Mischpro-
jene zwei für die Klein-
zessen sind wir nun in der Lage,
komponenten (bis 0,3 Prozent der
das dortige Mehl unkompliziert in
Gesamtmenge). Herzstück sind nicht
Das neue System erlaubt eine gleich-
die kontinuierliche Mischerei zu
die Mischer mit ihren Rührwerken.
zeitige und höchst präzise, konti-
transferieren», erklärt Karl Dahlke,
Mischen ist wohl das Ziel, doch auf
nuierliche Zugabe von Mittel- und
«zuvor erforderte das einen Umweg
dem Weg dahin spielen besonders
Kleinkomponenten in die Haupt-
über eine Mehlzelle im Silo 88, um
die hochpräzisen Dosierwaagen die
warenströme, auch im Fall sehr
das Produkt dann im Chargenmi-
Hauptrolle. Das zeitgenaue, kontinu-
kurzfristiger Bestellungen oder Re-
scher aufzubereiten.» So bleibt Letz-
ierliche Beimengen der gewünsch-
zepturanpassungen. Für exklusive
terer auch frei für andere Arbeiten.
ten Rohwaren in einen Hauptpro-
Kundenprodukte lassen sich Spe-
Es drohen keine Wartezeiten, weder
duktstrom ist eine technologische
zialitäten in einem letzten Schritt
in die eine noch in die andere Rich-
Meisterleistung. Über den Stahlkes-
zugeschnitten einbringen, bevor die
tung, und es wird nicht zu spät aus-
sel für die Mittelkomponenten ragt
Endprodukte in eine Verladezelle ge-
geliefert. Ein wichtiger Aspekt, denn
ein gelber Radarsensor. Er misst den
langen. «Und nicht zuletzt», sagt Karl
Swissmill beliefert ihre Kunden in
Füllstand und gibt die Impulse zum
Dahlke mit Blick auf die Qualitätsab-
der Regel «just in time».
Nachfüllen. Das Depot für die Mikro-
NACH MASS
weichungen der letzten Inlandernte,
dosierer bei den Kleinkomponenten
KONTINUIERLICH MISCHEN
wird manuell befüllt.
qualitäten gemäss den Wünschen
Das neue Mischkomponenten-­System
Mittel- und Kleinkomponenten wel-
der Kunden auszugleichen.»
ist ein Ensemble aus verschiedenen
cher Art ? «Mittelkomponenten kön-
«helfen uns die neuen Mischkomponenten gegenwärtig, wo nötig Mehl-
s w i s s m i l l | I n n o vat i o n
kornmagazin 1/2015
LAUFENDE INNOVATIONEN
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Das neue kontinuierliche Mischsystem, links
Laufend werden im Mühlenbetrieb
die Anlage für den
zudem elektronische Einrichtungen
Hauptproduktestrom.
ersetzt oder ergänzt, denn Sicherheit
Swissmill-Mitarbeiter
geht über alles. Im Schützenraum,
Karl Dahlke vor der
neben den neuen Mischkomponen-
hochpräzisen Dosier-
ten, stehen auf Tableaux die neuen,
waage der Mittelkom-
elektronischen Schutzschaltungen
ponenten-Beimischer.
aus dem vergangenen Jahr denjenigen von 1988 gegenüber.
nen Kleber- oder Quellmehlzugaben
die Umsetzungsetappen für Innova-
Karl Dahlke war schon vorher da. Als
sein, Kleinkomponenten sind etwa
tionen. Konkret heisst das: planen,
gelernter Müller kam der heute Fünf-
Malzmehl oder Vitamin-C-Zugaben
Platz für die neuen Anlagen schaffen
undfünfzigjährige 1982 zur Coop-
in Form von Acerolakirschen-­Extrakt
und diese in Zusammenarbeit mit Ex-
Mühle Zürich, wie Swissmill über
mit Maniok als Trägerstoff oder As-
perten, häufig mit der Firma Bühler,
viele Jahre hiess. Seither hat er im
corbinsäure», erläutert Karl Dahlke,
sowie mit Elektronikfachleuten ins-
Betrieb eine enorme Entwicklung
«mischen wir etwas, kommt es sofort
tallieren. «Die Hardware war Anfang
miterlebt. Bei Innovationen und Um-
dorthin, wo man es braucht.» Meist
November parat», blickt Karl Dahlke
bauten in seinem Bereich wirkte er
in die Zellen der Loseverladestation
zurück. Anschliessend ging es noch
immer mit. «An Projekten fehlt es ja
und teilweise auch zur Auslieferung
darum, die Steuerungen zu program-
nie», sagt er lachend. Den Austausch
in Säcken. Doch zuvor werden alle
mieren und die Gesamtanlage mit
mit Kollegen im Betrieb schätzt er
Produkte nochmals säuberlich aus-
den bestehenden Lager- und Förder-
sehr. «Es gibt hier viele Fachleute
gesiebt, sicher ist sicher. «So kom-
systemen zu vernetzen. «Dann haben
mit hohem Niveau, das ist sehr in-
men wir zeitnah bedarfsgerecht
wir, wie gewohnt, an einem Wochen-
spirierend.» Faszination und Aus-
­allen Kundenwünschen nach.»
ende im Januar Leitungen umge-
gleich findet Karl Dahlke zudem auf
hängt und Testläufe gemacht und am
seinen Reisen rund um den Globus.
Montag galt’s ernst.» Mit Erfolg. Karl
Eine Passion begleitet ihn dabei: Un-
Dahlke freut sich: «Wir sind sehr zu-
terwasserfotografie in den Ozeanen
Kontinuierlich und sehr ähnlich ver-
frieden, nur ein paar Steuerungspara-
dieser Welt.
laufen bei Swissmill in der Regel auch
meter sind noch fein abzustimmen.»
EINIGE FEINJUSTIERUNGEN
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kornmagazin 1/2015
Diskussion über
Chancen und Risiken
der SBV-Initiative:
Lorenz Hirt, Fial (Bildmitte), und Francis
Egger, SBV.
Gesprächsleitung:
Erica Schmid Caprez,
Kornmagazin.
P r o & C o n t r a | E r n ä h r u n g s s i c h e r h e i t s i n i t i at i v e
VORS VOLK
Die SBV-Initiative für Ernährungssicherheit sorgt für Diskussionen
im Land. Das Kornmagazin traf Francis Egger vom Bauernverband
und Lorenz Hirt von der Föderation der Schweizer NahrungsmittelIndustrien Fial zum Gespräch mit kritischen Noten.
Herr Egger, Ernährungssicherheit ist laut Initiative Ihr
Herr Hirt, wie sehen Sie von der Fial die Bestrebungen
Kernanliegen. Die Regale sind überall voll, wo liegt aus
des Bauernverbands ?
Sicht des Bauernverbands das Problem ?
Lorenz Hirt: In vieler Hinsicht verfolgen wir gemeinsaFrancis Egger: Bedeutende Entwicklungen kommen auf
me Interessen. Auch uns liegt sehr viel an einer produ-
uns zu, nationale und weltweite: Die Bevölkerung wächst,
zierenden Landwirtschaft und an Nahrungsmitteln, die
das Klima verändert sich, Phosphor für Düngemittel wird
im Inland hergestellt werden. Auch wir wollen das Agrar-
knapp. Der Bauernverband ist an Wachstum interessiert,
budget nicht kürzen. Diese Initiative nimmt Punkte auf,
doch gegen den fortschreitenden Kulturlandverlust müs-
die richtig und wichtig sind, sie setzt aber am falschen
sen wir jetzt etwas machen. Im Hinblick auf die multi-
Ort an und ist aus unserer Sicht nicht nötig. Die Quali-
funktionalen Aufgaben der Landwirtschaft nehmen für
tätsstrategie gibt es bereits, bei der Umsetzung arbeiten
uns Umweltschutz und Landschaftserhaltung in der
wir mit. In Bezug auf den Kulturlandverlust geht es mit
neuen Agrarpolitik (AP 14 – 17) etwas zu viel Bedeutung
dem revidierten Raumplanungsgesetz in die richtige
ein. Da müssen wir zugunsten unseres Kerngeschäfts,
Richtung. Der Landwirtschaftsartikel enthält die sichere
der Nahrungsmittelproduktion, ein wenig korrigieren.
Ernährung der Bevölkerung, auch Nachhaltigkeit ist Teil
Deshalb setzen wir uns für eine Stärkung der Versorgung
der Verfassung. Dort wo wir uns eine Stärkung erhoffen,
mit inländischen Lebensmitteln ein. Unsere Initiative ist
bringt die Initiative nicht mehr als vorgesehen ist, des-
eine Initiative für die Zukunft der Schweiz.
halb sind wir skeptisch.
P r o & C o n t r a | S B V - I n i t i at i v e
Welche Stärkung würde sich die Fial denn wünschen ?
kornmagazin 1/2015
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Initiative eingereicht, die auf Verfassungsebene unnötig
ist. Sagt die Mehrheit der Stimmenden dazu Ja, geht das
Hirt: Die Initiative zielt einseitig auf die Stärkung der
Gerangel um Prozente und offene Fragen aber erst los.
Versorgung der Bevölkerung mit einheimischer Produk-
Das beschäftigt uns von der Verarbeitungsindustrie.
tion. Sie nimmt zu wenig Bezug auf die Herstellung qualitativ hochstehender Lebensmittel in der Schweiz wie
Wir möchten – in Zusammenarbeit mit Ihren Mitglie-
zum Beispiel Schokolade oder Fleischspezialitäten. Wenn
dern – möglichst gute Produkte herstellen. Und das ohne
wir diese im Ausland erfolgreich vermarkten, schaffen
zusätzliche Schranken und staatliche Vorgaben. Sollen
wir Werte und ernähren die Schweiz so mit.
die Bauern besser entschädigt werden, hätte man besser
eine Initiative für die Erhöhung von Direktzahlungen
Egger: Wir sehen, dass auch Sie Interesse an unseren An-
lanciert. In welche Richtung will der Bauernverband die
liegen haben. Schade, dass Sie die Zusammenarbeit der
Hebel stärker ansetzen ?
Lebensmittelindustrie mit der Landwirtschaft in den
Vordergrund rücken. Viele Schweizer essen beispielswei-
Wie begegnen Sie Bedenken,
se lieber Äpfel von hier und nicht solche aus Neuseeland
dass eine Annahme Ihrer In-
oder Argentinien.
itiative die Wahlfreiheit der
Konsumenten
Hirt: Die Äpfel kaufe auch ich aus der Schweiz. Ich spre-
einschränken
könnte ?
Initiative
für Ernährungssicherheit
Die am 8. Juli 2014 eingereichte Initi-
che aber nicht von Roh- und Naturprodukten, ich spreche von Verarbeitungsprodukten. Der Fokus darf nicht zu
Egger: Einen hohen Grad der
stark und nicht zu einseitig auf die Versorgung der Bevöl-
Selbstversorgung erreichen wir
kerung mit inländischen Grundnahrungsmitteln gerich-
nicht. Die Schweiz wird immer
tet sein, sonst schneidet man sich viele Optionen ab.
Produkte importieren. Die Initi-
ative des Schweizer Bauernverbands
SBV will den Artikel 104 in der Bundesverfassung wie folgt ergänzen:
Art. 104a (neu) Ernährungssicherheit
ative stabilisiert die Versorgung
Sind denn Engpässe in der inländischen Ernährung
mit inländischen Erzeugnissen
1. Der Bund stärkt die Versorgung der
denkbar ?
bei fünfzig, vielleicht sogar
Bevölkerung mit Lebensmitteln aus
sechzig Prozent. Der techni-
vielfältiger, nachhaltiger inländischer
Egger: Wenn wir Lebensmittel selber produzieren, ist
sche Fortschritt erlaubt es uns,
Produktion; er trifft wirksame Mass-
das sicherer, als wenn wir sie importieren. Die verstärkte
mehr zu produzieren. Interes-
nahmen insbesondere gegen den Ver-
Extensivierung, der Verlust an Ackerflächen – etwa für
sant werden zudem inländische
lust von Kulturland, einschliesslich
Gerste als Futtermittel – und die Ausdehnung von Kunst-
Wachstumsmärkte,
Sommerungsfläche, und zur Umset-
wiesen machen es zunehmend schwierig, mehr zu pro-
Geflügelbereich. Konsumenten
duzieren. Wir wollen aber künftig auf keinen Fall weni-
behalten aber die Wahlfreiheit,
ger produzieren als heute. Selbstverständlich hat der SBV
ausländisches Fleisch zu kau-
2. Er sorgt in der Landwirtschaft für ei-
grosses Interesse daran, dass die Lebensmittelindustrien
fen. Der qualitative Unterschied
nen geringen administrativen Aufwand
im Land gut funktionieren.
zwischen Inland- und Import-
und für eine angemessene Investitions-
fleisch ist die tierfreundlichere
und Rechtssicherheit.
Hirt: Wir sehen keinen Engpass. In den letzten Jahren hat
etwa
im
zung einer Qualitätsstrategie.
Haltung.
die inländische Produktion zugenommen. Die Tendenz
ist sogar steigend. Deshalb verstehen wir die Initiative we-
Hirt: Hinsichtlich der Wahlfreiheit sehe ich keinen direk-
niger als Ernährungssicherheitsinitiative. Ihren wahren
ten Bezug zur Initiative. Beim Angebot wird es allerdings
Kern erkennen wir aber nicht deutlich.
auf die Gesetzesformulierung ankommen. Denn: Was bedeutet das Wort «vielfältig» in der Initiative ?
Egger: Von verschiedenen Seiten hören wir, dass unsere
Initiative nichts bringe. Warum diese Sorge ?
Egger: Wir wollen nicht, dass sich die Schweiz innerhalb
Europas spezialisiert und beispielsweise nur noch Milch
Hirt: Die Instrumente für Ihre Anliegen gibt es ja bereits.
produziert, um dann Milchprodukte zu exportieren. Wir
Unter dem Etikett Ernährungssicherheit wird hier eine
haben keine riesigen Märkte, aber wir wollen – auch in
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P r o & C o n t r a | S B V - I n i t i at i v e
kornmagazin 1/2015
Zukunft – Fleisch, Zuckerrü-
dann auch weniger Käse. Die Initiative an sich bewirkt so-
ben, Äpfel, Gemüse, Getrei-
mit nicht zwingend eine Abschottung, wird aber so oder
de, Öl, Wein und vieles mehr
so in dieses Gefüge eingreifen.
produzieren.
Schwächt diese Initiative die erste und die zweite VerHirt: Wieso sagen Sie dann
arbeitungsstufe ?
«stärken» und nicht «erhalten» ? Das verstehe ich nicht.
Egger: Beide werden gestärkt. Die Milchindustrie, die
Müllerei, die Schlachthöfe, alle Stufen werden profitie-
Kritiker fürchten hinter Ih-
ren, weil sie mit guten Rohstoffen aus unserer Produkti-
rer Initiative protektionis-
on arbeiten.
tische Forderungen. Wird
die unternehmerische Frei-
Hirt: Es kommt auf die Umsetzung an. Wenn der Bund
heit der Lebensmittelindus-
mehr Geld ins System einspeist und dadurch etwa mehr
trien eingeschränkt ?
Getreide angebaut oder Milch billiger wird, profitiert die
erste Verarbeitungsstufe. Stärkt man die einheimische
Egger: Das glaube ich nicht.
Produktion mit Importhürden, profitiert die erste Stufe
Eine Grenzöffnung haben
nicht zwingend. Das hängt davon ab, zu welchen Bedin-
wir schon. Die Schweiz im-
gungen sie die inländischen Rohstoffe dann beschaffen
portiert heute rund vierzig
kann. Das sehen wir bei der letzten Getreideernte: Die
Prozent ihres Nahrungsbe-
Qualität ist zwar schlecht, doch die Mühlen kommen
darfs. In Bezug auf die bila-
nicht an genügend qualitativ besseres Getreide aus dem
teralen Abkommen hat das
Ausland ran. Das schafft Probleme.
Lorenz Hirt fragt
Seco bislang gute Arbeit geleistet. Eine Hauptsorge – nicht
nach dem wahren Kern
nur für uns – ist das geplante Freihandelsabkommen
Die Initiative will «einen geringen administrativen
der SBV-Initiative.
zwischen der EU und den USA. Wir haben alles Interesse
Aufwand», der dürfte hingegen im Agrarbereich zuneh-
daran, dass die Schweizer Industrien und die Wirtschaft
men. Wer bezahlt das ?
insgesamt gut funktionieren. Unsere Landwirtschaft ist
jedoch auch künftig auf einen Grenzschutz im bisheri-
Egger: Ja, wer bezahlt ? Manchmal sind es die Bauern, ihr
gen Umfang angewiesen, sonst wird es schwierig.
Einkommen wird dann geringer. Es ist sehr kompliziert,
den administrativen Aufwand zu reduzieren. Unsere
Hirt: Sie, Herr Egger, haben den Veredelungsverkehr
Struktur bilden Familienbetriebe. Es gibt den Gemüse-
erwähnt: Es ist nicht das Ziel der schweizerischen Le-
produzenten mit zwanzig Leuten, oft sind es aber extrem
bensmittelhersteller, primär mittels Veredelungsverkehr
kleine Unternehmungen mit vielleicht 1,8 Arbeitsein-
Produkte herzustellen. Wir wollen Schweizer Produkte
veredeln und vermarkten. Dort erbringen wir die Wertschöpfung. Wenn das Inland aber, überspitzt gesagt, für
das Inland dreissig verschiedene Kartoffelsorten anbaut
PERSÖNLICH
und die Nahrungsmittelindustrie dafür auf zweiter Stu-
Lorenz Hirt (41), Dr. iur., Rechtsanwalt, ist seit 2009
fe Veredelungsverkehr betreiben muss, ist das im Ansatz
Co-Geschäftsführer bei der Föderation der Schwei-
falsch angedacht. Man darf die Bedienung der Export-
zerischen Nahrungsmittel-Industrien Fial in Bern.
märkte mit Schweizer Nahrungsmitteln nicht einfach
Ausserdem wirkt er seit 2009 als Geschäftsführer
unbeachtet lassen.
der Vereinigung der Schweizerischen Milchindustrie VMI und seit 2014 ebenfalls als Geschäfts-
Wir betreiben heute eine Agrarpolitik mit einem fein aus-
führer des Dachverbands Schweizerischer Müller
tarierten System zwischen den verschiedenen Kulturen.
DSM. Lorenz Hirt ist verheiratet, Vater zweier
Gibt es mehr Rapsöl anstelle des ausländischen Olivenöls,
Töchter und wohnt in Bern.
sinkt beispielsweise die Milchmenge und wir exportieren
P r o & C o n t r a | S B V - I n i t i at i v e
kornmagazin 1/2015
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heiten. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe «Administrative
Vereinfachung» des SBV und des Bundesamts für Landwirtschaft sucht nach neuen Möglichkeiten. Eine Idee
sieht vor, dass durch das einmalige Erfassen von Daten
diese gleich in allen notwendigen Dokumenten abgebildet würden. Wünschenswert wäre, dass es anstelle von 26
verschiedenen Informatiksystemen nur mehr ein System
gäbe. Denn der Aufwand für die neuen Direktzahlungen
auf kantonaler Ebene ist riesig.
Hirt: Es kann nicht falsch sein, den administrativen Aufwand zu reduzieren. Kontrollen sind aber unerlässlich.
Die Landwirtschaft bekommt viel Geld vom Staat, da
muss gesichert sein, dass die Kriterien und Auflagen auch
erfüllt werden. Diese Initiative wird mit Absatz 1 im Verfassungsartikel zusätzlichen administrativen Aufwand
beim Bund generieren, möglicherweise auch beim einzelnen Bauern – und gibt dann in Absatz 2 vor, diesen Auf-
Überlegung ist an sich richtig. Die Hauptsorge des Bau-
Für Francis Egger
wand gering zu halten. Da sehe ich einen Widerspruch.
ernverbands ist jedoch die inländische Produktion. Ent-
sind agrarpolitische
sprechend werden wir riesige Vorbereitungen treffen, um
Korrekturen nötig.
Egger: Einverstanden, Kontrollen sind nötig für die
unsere Initiative zur Volksabstimmung zu bringen. Wenn
Glaubwürdigkeit des Systems.
Sie, Herr Hirt, Angst vor der Initiative haben, sagen Sie
Nein. Es gäbe aber eine andere Strategie: Sagen Sie Ja, ge-
Der Bundesrat hat einen direkten Gegenvorschlag* an-
knüpft an Bedingungen, die wir gemeinsam diskutieren
gekündigt. Wie geht es weiter ?
können.
Hirt: Wir sind gespannt. Ich denke, Herr Egger und ich
Hirt: Die Fial hat noch nicht definitiv entschieden, wie
warten jetzt ab, in welcher Form der Gegenvorschlag
sie sich schliesslich zur Initiative stellen wird. Angst ha-
kommt.
ben wir nicht, wir sind jedoch kritisch dazu eingestellt.
Sie hätten eine Initiative machen sollen «Der Bund stärkt
Egger: Es wird zweifellos grosse Diskussionen geben.
die Produktion einheimischer Rohstoffe und deren Verar-
Bundesrat Schneider-Ammann wird mit einer Ergän-
beitung in der Schweiz». Dann wären wir alle zufrieden.
zung kommen, die zur Ernährungssicherung neben der
Würde die nun eingereichte relativ zahnlose Initiative
Inlandproduktion auch die Importe einbezieht. Diese
mit einer grossen Mehrheit angenommen, könnten die
Bauern dann sagen: «Das Schweizer Volk steht mit grosser Mehrheit hinter uns.» Es ist aus meiner persönlichen
PERSÖNLICH
Sicht wohl primär eine Initiative, um mehr politische
Francis Egger (53) leitet seit März 2010 das Depar-
Verordnungsstufe zu erhalten. Wird diese Macht sinnvoll
tement Wirtschaft, Bildung und Internationales
eingesetzt, kann das auch für Branchen der Fial gut sein.
beim Schweizer Bauernverband SBV in Brugg und
Wird sie demgegenüber einseitig für reine Produzenten-
ist ausserdem Mitglied der Geschäftsleitung. Der
anliegen eingesetzt, ist dies für die verarbeitende Indust-
Ingenieur-Agronom ETH wirkte zuvor ab 1995 als
rie schlecht. Deshalb unsere Zurückhaltung.
Legitimation für die eigenen Anliegen auf Gesetzes- und
Direktor des Landwirtschaftlichen Institutes des
Kantons Freiburg in Grangeneuve. Francis Egger
*Dieses Gespräch fand am 3. Dezember 2014 in Bern statt. Am
ist verheiratet, zweifacher Vater und wohnt in
14. Januar 2015 hat der Bundesrat nun seinen direkten Gegen-
Onnens FR.
vorschlag zur Initiative präsentiert und in die Vernehmlassung
geschickt.
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12
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swissmill | Porträt
kornmagazin 1/2015
Regelmässige Kontrollgänge zu den Produktionssystemen
des Food Centers auf
fünf Etagen gehören
zu Nathalie Grobs
Aufgaben, hier vor der
Trockenanlage.
COMEBACK
Müllerin Nathalie Grob erlernte ihren
Beruf bei Swissmill und bildete sich dann
weiter, Fachrichtung Tiernahrung. Seit
August wieder bei Swissmill, stellt sie
extrudierte Spezialitäten wie etwa Paniermehle, Crispies, Schraps oder Pops her.
zu 2’000 Umdrehungen pro Minute.
Nur dank den Momentaufnahmen
mit dem Stroboskop können wir die
Schneidebewegungen mit blossem
Auge sehen.» Die junge Müllerin öffnet unten am Gerät einen Rohrdeckel und reicht der Besucherin eine
Kostprobe: gelbe Bällchen, knusprig,
leicht süsslich – eben Maispops.
Der Extruder steht im Gebäudekomplex mit den Mehlsilos und der
Wie ein loses Knäuel liegen lange, gel-
fein dosiert in den Extruder», sagt
Mischerei. «Ich habe die Seite ge-
be Stränge in einem Behälter neben
Nathalie Grob (22). «Da drinnen mi-
wechselt», sagt Nathalie Grob und
dem Extruder. Es ist die ungeschnit-
schen zwei Schneckenwellen die
lacht. Am Schluss ihrer dreijährigen
tene teigige Masse, die während des
Einfüllmasse, dann wird sie erhitzt,
Ausbildung war sie mehrheitlich im
Aufstartens bis zur vollen Leistungs-
geknetet und geformt.» Schliesslich
Bereich der Getreidemühlen auf der
fähigkeit der Anlage an diesem Mor-
wird sie mit Druck durch die Platte
anderen Seite des Sihlquais tätig.
gen anfiel. Warenflüsse sind im Food
mit den formgebenden Düsen ge-
Extrusion ist nicht Teil der Ausbil-
Center von Swissmill sonst keine zu
presst (lateinisch extrudere) und ge-
dung. Umso mehr schätzt sie jetzt
sehen, ausser auf dem Monitor. Alle
schnitten.
die Zusammenarbeit unter der kompetenten Leitung von Roland Eggli:
Produktionsprozesse spielen sich im
Verborgenen ab. Gerade werden Mais-
MIT DEM STROBOSKOP
«Ich kann viel lernen. Immer wieder
entwickeln wir Ideen und machen
pops hergestellt. Die Ingredienzen:
Maismehl und Wasser. Das Verfah-
Nathalie Grob blitzt vorne am Extru-
Tests – schön, wenn wir neue Extru-
ren: Hightech vom Feinsten.
der mit einem Stroboskop durch ein
derprodukte anbieten können.»
Schauglas. «Hier, ganz nah an der
«Durch die Depots herab gelangen
Düsenplatte, schneiden vier kreuz-
Zum Müllerberuf fand sie auf Um-
die sehr unterschiedlichen Zutaten
förmig angeordnete Messer mit bis
wegen, nach zahlreichen Bewer-
swissmill | Porträt
kornmagazin 1/2015
bungen und zwei Praktika in an-
nicht zu weich sein», sagt der gelern-
deren Branchen. Aber dann: «Nach
te Müller und Spezialist für Extrusi-
dem ersten Schnuppertag bei Swiss-
onsverfahren im Food Center. Gleich
mill war ich ganz euphorisch. Nach
wird der Bigbag auf dem Gabelstap-
drei weiteren Schnuppertagen im
ler sein Einfüllgewicht erreicht ha-
Mühlenbetrieb hielt Swissmill-Aus-
ben. «Im Fall von Maispops macht
bildungsleiter Hans Schmid schon
das 175 Kilo, derselbe Behälter kann
den Lehrvertrag für mich bereit»,
auch eine Tonne Mehl fassen.» Kolle-
sagt Nathalie Grob – «ein Glücksfall
gin Nathalie Grob hilft beim raschen
für mich». Aus Freude am Müllerbe-
Wechsel der Säcke und löst Roland
ruf absolvierte sie im Anschluss ein
Eggli auch für die Mittagspause ab.
Zusatzjahr in der Fachrichtung Tier-
|
13
Nathalie Grob hat am
Extruder alle Hände
voll zu tun: Dies nach
einem Produktionsunterbruch, wohl aus-
nahrung. «Auch sehr interessant:
«Man muss präsent sein», erklärt die
Futtermittel herzustellen, die Hüh-
Müllerin, «sonst droht ein Rückstau
nern, Schweinen oder Kühen guttun
und stoppt die ganze Produktionsli-
und auch noch schmecken, ist viel
nie. Wieder alles flottzumachen, ist
komplexer, als man meint.» Weil sie
sehr aufwendig, besonders das Reini­
sich bei Swissmill immer sehr wohl
gen des Extruders.» Präzision, Kon-
Mitte: Regelmässig
gefühlt hatte, nahm sie das Angebot
zentration, ein Flair für Handwerk
prüft die junge Mülle-
zurückzukehren im vergangenen
und Technik bringt sie mit: Schon
rin die Feuchtigkeit der
Sommer gerne an.
als Elfjährige begann sie mit Sport-
extrudierten Produkte.
gelöst durch Kamerablitze bei der mit Funkenmeldern ausgestatteten Trockenanlage.
schiessen. Heute trainiert sie zweiDie Uhr zeigt gegen Mittag, die Pro-
mal die Woche – Kleinkaliber auf
Bild unten: Nathalie
duktion von Maispops läuft nach wie
50 Meter Distanz und Luftgewehr
Grob bereitet die Zuta-
vor. Es wird Zeit für einen Kontroll-
auf 10 Meter – und nimmt auch ger-
ten für die Herstel-
gang zur Trockenanlage im vierten
ne an Wettkämpfen teil. Auf einer
lung von Schraps vor,
Stock. Ein Luftstrom von unten wir-
Rangliste finden sich schon mal vier
unter anderem Zucker
belt die extrudierten Spezialitäten
Mitglieder der Familie Grob.
und Haselnüsse.
auf dem langen Förderband leicht
auf. So, dass sie schön gleichmässig
trocknen. «Den Röstbereich in der
Mitte des Trockners nutzen wir unter anderem für Paniermehle.» Nach
EINE LEHRE BEI SWISSMILL
dem Trocknen passieren die Mais-
Mit insgesamt sechs Lernenden ist Swissmill der grösste Lehrbetrieb für Müller im Land. Bisher
pops den Metalldetektor, dann flies-
haben drei Frauen die dreijährige Ausbildung bei Swissmill absolviert. Nathalie Grob ist zurzeit die
sen sie hinunter ins Parterre und
einzige Müllerin im Team. «Eine Lehre bei Swissmill ist super», sagt sie. «Man schaut gut zu den Ler-
werden transportfertig in Bigbags
nenden. Der Beruf ist körperlich zwar recht streng, doch sehr interessant und abwechslungsreich.
abgesackt.
Mit jedem Ausbildungsjahr kommen neue Arbeitsfelder dazu sowie spannende Lerntrainings, die
Ausbildungsleiter Hans Schmid konzipiert.»
FLAIR FÜR TECHNIK
Zum breiten Ausbildungsspektrum gehören: Kenntnisse über Getreideanbau und -qualitäten; RohAbteilungsleiter Roland Eggli prüft
stoffe annehmen, lagern, reinigen, aufbereiten, vermahlen und ausliefern; Mehl- und Produktekun-
mit einem Newtonmesser die Druck-
de; Maschinenkenntnisse, Prozesssteuerung und Behebung von leichten Störfällen. «Wichtig ist zu-
festigkeit frischer Maispops. «Beim
dem die Schulung im Labor – Müller müssen die Ergebnisse von Qualitätskontrollen verstehen und
Befüllen eines Bigbags entnehmen
wissen, wie Mahlgüter und Maschinen zusammenspielen, um diese gezielt beeinflussen zu können.»
wir jeweils zehn Qualitätsproben,
Und Nathalie Grob ergänzt: «Die jährlich vier zwei- bis dreiwöchigen Blockkurse an der Berufsfach-
die Pops sollen nicht zu hart und
schule in Flawil SG vertiefen die Praxiserfahrungen perfekt.»
14
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I n t e r v i e w | M a r g o – C S M S c h w e i z A G
kornmagazin 1/2015
IM WANDEL
kale Bedürfnisse aufzunehmen und
lokal zu produzieren. Wichtig ist für
uns, zu unterscheiden: Wo entwickeln wir etwas Kleines, Feines für
Die Margo – CSM Schweiz AG in Baar ist
ein führender Anbieter von Backzutaten
und Tiefkühl-Backwaren. Geschäftsführer
Guido Wenger über Wandel, Wachstum
und Zukunftschancen.
den Schweizer Markt ? Wo profitie-
Herr Wenger, die «Margo» entstand
in Baar ZG sind zwei Drittel im Aus-
siert ihre Geschäftsfelder. Wir arbei-
1963 aus dem Zusammenschluss
sendienst tätig. Unser Teamzusam-
ten mit Kunden im Bäckereisegment,
von zehn Margarineproduzenten
menhalt ist etwas Besonderes. Wir
in der Gastronomie, in der Lebens-
im Land. Ist der Name heute noch
essen mehrmals pro Woche zusam-
mittelindustrie und im Detailhandel
Programm ?
men und kochen hier sogar öfters
zusammen. In diesen vier Sparten ist
gemeinsam. In unserem Umfeld ist
CSM fortan fokussiert weltweit tätig.
Margarineprodukte waren das Fun-
das ungewohnt, es ist gut für die
Seit Jahresbeginn liegt der Fokus auf
dament, auf dem das Unternehmen
Betriebskultur. Dafür erhalten wir
den genannten vier Divisionen, un-
ren wir über die Menge und Innovation auf dem globalen Weg ?
Im Unternehmen gibt es Neuigkeiten. Welche Bereiche betrifft es ?
Die Margo – CSM Schweiz AG fokus-
im Bäckereigewerbe gross geworden
auch von oberster Konzernebene
terteilt in die verschiedenen Grossre-
Guido Wenger,
ist. Längst gehören eine Vielzahl
Komplimente.
gionen Norden, Osten, Süden, Mitte.
Geschäfts­führer
an
der Margo –
für Brote und Süssbackwaren so-
Sie sind Teil eines Global Players.
regionale ab. Dabei legt der Konzern
CSM Schweiz AG,
wie Tiefkühl-Backwaren zum Sorti-
Was bedeutet das ?
Wert auf eine Ausgewogenheit zwi-
übernimmt zusätzliche
ment. Zudem sind wir spezialisiert
In einem Konzern mit global 8’500
schen den Divisionen. Wir von Mar-
neue Aufgaben im
auf amerikanische Backwaren und
Mitarbeitenden, der pro Jahr 2,5 Mil-
go denken bereits so. Denn mit un-
Unternehmen.
Gipfel. Präsentiere ich Kunden unser
liarden Euro umsetzt, sind wir mit
seren Kunden in den verschiedenen
Unternehmen, sind sie oft erstaunt,
vierzig Mitarbeitenden ein wirklich
Sparten verbinden uns langjährige
welche Leistungen wir erbringen
kleiner Teil des Ganzen. Spannungs-
Beziehungen, wir kennen ihre An-
können. Einerseits arbeitet Margo
felder gibt es, auf beiden Seiten.
liegen.
wie ein Familienunternehmen, an-
Werden wir mit Forderungen des
dererseits sind wir Teil des global
Konzerns konfrontiert, müssen wir
Verändern sich für Sie als Geschäfts-
tätigen Lebensmittelkonzerns CSM.
immer wieder die schweizerische
führer und für Ihre Mitarbeitenden
Backmitteln,
Vormischungen
Die divisionale Ausrichtung löst die
Sicht der Dinge vermitteln. Wir pro-
die Funktionen ?
Alle unsere Produkte sind Eigen-
fitieren andererseits von der Zugehö-
Ja, neu bin ich als Divisionsleiter für
entwicklungen, entweder von Mar-
rigkeit zum Konzern, dank den welt-
den Retailbereich in Nord-, Mittel-
go – die wir extern, in der Schweiz,
weiten Ressourcen und dank fünf
und Osteuropa zuständig, also für
herstellen lassen – oder sie werden
Innovationszentren und 37 interna-
Detailhandelskunden in Skandina-
innerhalb des Konzerns hergestellt.
tionalen Produktionswerken.
vien, in der Schweiz, in Österreich
So gelingt es uns, sowohl lokale und
oder Osteuropa. Wir beliefern sie
regionale als auch globale Produkte
Inwiefern ist es ein Geben und Neh-
hauptsächlich mit Tiefkühl-Fertig-
und Lösungen anzubieten.
men ?
fabrikaten im Süssbereich. Ich trage
Alle paar Jahre gelingt es uns, ein
weiterhin die Standortverantwor-
Wenn Sie sagen, dass Margo wie
gutes Produkt, einen Renner, zu lan-
tung in der Schweiz und bleibe auch
ein Familienunternehmen funktio-
cieren, etwas, das es sogar schon in
hier wohnen. Das ist mir wichtig.
niert, woran denken Sie da ?
das Konzern-Portfolio geschafft hat.
Dabei werde ich mehr reisen. Man
Von unseren vierzig Mitarbeitenden
Wir bekommen so die Freiheit, lo-
führt besser, wenn man präsent ist.
I n t e r v i e w | M a r g o – C S M S c h w e i z A G
kornmagazin 1/2015
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15
Bei Margo, hier in Baar, wirken wir
weiter mit unseren bestehenden
Leuten im Verkaufs- und Personalbereich. Für unsere Aussendienstmitarbeitenden verlagern sich, im
Hinblick auf die Geschäftsfelder,
die Aufgaben teilweise. Gewisse Abteilungen – wie Marketing Supply
Chain, Verkaufsleitung Bäckerei und
Gastronomie – sind neu nicht mehr
mir unterstellt, sondern einer übergeordneten Führungsebene innerhalb unserer Grossregion.
Was ist Ihnen in diesem Wandel
wichtig ?
Jetzt geht es darum, unser Fundament optimal mit in die Zukunft zu
nehmen. Das bedingt ein gemeinsames Verständnis für das Wohin.
schenken ihnen noch mehr Auf-
unternehmen werden grösser, indem
Zu den süssen Köst-
Dies jedoch mit einem grossen Frei-
merksamkeit. Das hiesige Bäckereige-
sie mit zusätzlichen Verkaufsstellen
lichkeiten im Margo-
heitsgrad für das Team, wie etwas
werbe ist sehr traditionsverbunden,
expandieren. Das Bäckereigewerbe
Sortiment gehören
angegangen wird. Veränderungen
es bekommt in unserer Zusammen-
in der Schweiz wird überleben, von
amerikanische Back-
gelingen nur mit den Menschen, die
arbeit wieder die Bedeutung, die
seiner Berechtigung bin ich absolut
waren.
in den Prozess eingebunden sind.
es braucht. Und auch die Industrie
überzeugt. Es gibt eine junge Gene-
Das gilt für jeden Einzelnen. Sind
bekommt mit Lukas Peier einen ver-
ration, die es sehr gut macht. Die
Leute am falschen Ort, führt das zu
sierten Insider, der ausschliesslich
neuen Geschäftsführer wollen Un-
Wirkungsverlusten und die Arbeit
diesen Kanal betreut. Engagement
ternehmer sein, sie setzen auf Indi-
macht dann wenig Freude.
ist nötig. Denn bereits ein kleines
vidualität und Unverwechselbarkeit
Wachstum gilt heute in der Branche
am Markt und wollen auch profitabel
Retail ist heute noch in vielen Län-
als Erfolg. Dabei ist klar, dass wir mit
arbeiten.
dern der kleinste Abnehmerbereich
unseren Produktentwicklungen in
im CSM-Konzern. Er wächst aber
der kleinen Schweiz keine grossen
am schnellsten. Ich kläre deshalb
Absatzmengen generieren können.
in meinen Regionen und in ihrer
Unser Fokus ist es jedoch, die lokale
Zusammensetzung die jeweiligen
Produktion zu erhalten.
sehr unterschiedlichen Marktchan-
PERSÖNLICH
Guido Wenger (47), eidg. dipl. Verkaufsleiter SAWI,
wirkt seit Herbst 2012 als Geschäftsführer der Mar-
cen. Dann gilt es zu schauen, wie und
Jedes Jahr schliessen Bäckereien.
go – CSM Schweiz AG. Als Fussball-Goalie in einer Er-
mit welchem Team wir die Chancen
Welche Entwicklungen und Zu-
wachsenenmannschaft habe er schon mit 16 Jahren
nutzen. Die regionalen Wachstums-
kunftschancen sehen Sie für die Bä-
erstmals führen und sich in ein Erwachsenenteam in-
vorgaben sind klar. Ich freue mich
ckereien in der Schweiz ?
tegrieren gelernt. Fasziniert von Autos, begann er sei-
darauf, etwas zu bewegen.
Gegenwärtig gibt es rund 1’700 Bä-
ne Laufbahn als gelernter Carosseriespengler. Später
ckereiunternehmen im Land. Wenn
war er lange im Aussendienst tätig, etwa beim Auto-
Zurück in die Schweiz: Wie gestaltet
ich eine Prognose wage: Ihre Zahl
mationsspezialisten Carl Geisser, später als Geschäfts-
sich jetzt die Zusammenarbeit mit
dürfte sich massiv verringern. Im
führer der Grossbäckerei Groba AG. Guido Wenger ist
den Bäckerei-Kunden von Margo ?
Gegenzug zeichnet sich eine zuneh-
verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.
Unsere Mitarbeitenden hier in Baar
mende Filialisierung ab. Bäckerei­
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Fokus | Coop-Bäckerei
kornmagazin 1/2015
«Berliner-Taufe»:
Bäckereileiter Thomas
INVESTITIONEN UND ROCHADEN
Krause (links) freut
sich mit Fachleuten aus
seinem Team über die
neuen Fettbackprodukte
der Coop-Bäckerei
Coop hat in der Grossbäckerei in Gossau jüngst in vier neue Produktionslinien für Berliner und Fasnachtschüechli investiert. Ein
Besuch im Betrieb zeigt, dass auch sonst manches in Bewegung ist.
in Gossau.
Hier herrscht ein unbeschreibliches
Ineinander,
Nebeneinander
Meter langen Backofen mit vier Eta-
drehen sich Zöpfe am Meter. Sie sind
und
gen. Beheizt wird dieser CO2-arm
drei Kilo schwer und sehr beliebt für
Übereinander von Rohrleitungen,
über eine moderne Holzschnitzel-
Konfischnitten.» Eine Mitarbeiterin
Schläuchen, Förderbändern, Teig-
anlage. Erst vor wenigen Stunden,
und ein Mitarbeiter legen am Ende
maschinen, Back- und Verpackungs-
wie immer um vier Uhr in der Früh,
einer Teiglinie schmale Longhini-
anlagen. Die Vielschichtigkeit der
haben grosse Mengen Frischbrot die
brote auf gewellte Backbleche. «Auf
technischen
lässt
Produktionshalle verlassen: Butter­
diesem Tisch werden sonst die Zöpfe
komplexe Prozesse in Avor, Produk-
weggli, Bio-Knusperli, Ruchbrot, Rog-
geflochten, in Handarbeit», erklärt
tion und Logistik erahnen. Wilfried
genbrot, Tessinerbrot, Urdinkel­brot
der Avor-Chef. Weiter vorne in der
Meier, Leiter Avor und Dispo in Gos-
artisanal. Vierzig verschiedene Ar-
Halle waschen Mitarbeitende weisse
sau SG, führt an einem Freitag Mitte
tikel, bestimmt für die Coop-Läden
Dielen und putzen die Böden – ein
Dezember 2014 durch die Grossbä-
der Region.
klares Zeichen, dass eine Produkti-
Einrichtungen
ckerei von Coop.
onsetappe abgeschlossen wird.
Und die dunkel gepunktete Masse in
NEUE FETTBACKANLAGEN
Ganz in Weiss kümmern sich ein-
den zwei Kesseln gleich um die Ecke ?
zelne Mitarbeiter um die Tagespro-
«Das ist Teig für Olivenbrot, gleich
duktion. «Nachts läuft hier natürlich
kommt er in die Weichteiganlage»,
Konstanz und Kontinuität sind in
weit mehr als tagsüber», sagt ein
sagt Wilfried Meier. «Dort drüben,
diesen Räumen unabdingbare Quali-
Mann auf dem Weg zum dreissig
in der Heissluft des Stikkenofens,
täten. Da passen an diesem Vormit-
Fokus | Coop-Bäckerei
kornmagazin 1/2015
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17
COOP-BÄCKEREI
GOSSAU
Die Grossbäckerei nahm 1975 ihren
Betrieb auf. Vom zurzeit 90-köpfigen Team sind etwa ein Drittel
weibliche Angestellte, rund 40 Mitarbeitende
sind
Bäckereiprofis,
unter ihnen auch fünf Frauen. Die
grösste Photovoltaikanlage der Ostschweiz steht auf dem Dach der
Verteilzentrale von Coop in Gossau.
Jährliche Stromproduktion: rund
600’000 kWh respektive der Jahresbedarf von 180 Haushalten.
>
Sortiment: Brote und Kleinbro-
te; Fettgebäcke: Berliner und Fasnachtschüechli; saisonale Produkte
wie Teighasen oder Grittibänze –
insgesamt 60 Artikel
>
Jahresproduktion: 16,5 Millio-
nen Brote und Gebäckstücke bzw.
4’800 Tonnen Backwaren
>
Jährliche Verarbeitungsmenge:
2’900 Tonnen Mehl und Mischungen
der fasnächtlichen Hochsaison kön-
Portionieren, gären,
nen hier bis zu 70’000 Berliner am
frittieren: Die wohl-
Tag hergestellt werden; über das Jahr
geformten Hefeteig-
gerechnet fünf bis sechs Millionen
ballen werden in
Stück.
der Frittierwanne bei
170 Grad gebacken.
Beim Ausgang der Backstube liegen
in diversen Behältern verpackte und
unverpackte Fasnachtschüechli aus
der Testproduktion. Von Laien betrachtet sehen sie ganz passabel aus.
Spitzenqualität, die alle Erwartungen erfüllt, erreichen sie allerdings
tag allerdings drei Männer nicht ins
selwagen der Knetmaschine in die
noch nicht. Thomas Krause, der Lei-
typische Bild einer Backstube. Mon-
Höhe. Der Anlageführer besteigt
ter der Bäckerei Gossau, kommt gera-
teure sind es. Grund: Die neuen Fas-
eine Klappleiter und gibt etwas Mehl
de aus einer Sitzung mit Kaderleuten
nachtschüechli-Produktionslinien
dazu, damit der Teig schön in den
von der Coop-Zentrale in Basel. Sie
arbeiten noch nicht wie gewünscht.
blauen Trichter der Portionieranlage
dauerte deutlich länger als geplant:
Jetzt geht es darum, Fehlerquellen
für die Berliner fliesst. Drei Millio-
«Die Fasnachtschüechli sowie strate-
zu finden.
nen Franken hat Coop in die beiden
gische Fragen im Hinblick auf die Er-
Berliner-Backanlagen investiert. Die-
öffnung des Bäckerei-Grossprojektes
«Glücklicherweise läuft bei den zwei
se wurden nach neuesten Erkennt-
in Schafisheim AG Mitte 2016 gaben
neuen Berliner-Produktionsstrassen,
nissen eigens für das Unternehmen
viel zu reden.» Dennoch nimmt er
die seit September in Betrieb sind,
konzipiert, beispielsweise mit einer
sich Zeit für die Fragen des Kornma-
alles rund», freut sich Wilfried Mei-
extraflachen Frittierwanne für ei-
gazins.
er. Bei der einen Backlinie fördert
nen sparsamen Fetthaushalt, auch
ein Hebekipper gerade einen Kes-
hier wirkt Holzschnitzelenergie. In
Fortsetzung auf der nächsten Seite.
18
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Fokus | Coop-Bäckerei
kornmagazin 1/2015
BÄCKEREILEITER THOMAS
KRAUSE IM GESPRÄCH
2016 die Churer Regionalbäckerei
schliesst, werden wir hier mehr
Frischbrote backen. Dank Gärverzögerungen, die einige Stunden
dauern, und durch Gärstopps von
bis zu drei Tagen können wir unsere Produktionsabläufe während der
Woche optimal aufeinander abstimmen.
Gute Organisation scheint da unerlässlich.
Stimmt, die Herstellung von FrischeProdukten in so grosser Vielfalt, oft
in kleineren Chargen, erfordert immer wieder andere Abläufe. Produktewechsel heisst Maschinen reinigen
Nahe dran: Bäckerei-
Herr Krause, hier ist gerade viel los.
grösste Bäckerei in Betrieb nimmt
und gemäss den geänderten Rezep-
leiter Thomas Krause
Ja, die Fasnachtschüechli machen
und nachher die Bäckereien in Wal-
turen programmieren. Alles greift
hat Freude an schönen
uns noch etwas Sorgen, der Teig
lisellen und Chur schliesst, erfordert
ineinander, dafür ist eine enorme
Produkten. Hin und
reisst immer wieder ab, sehr delikat,
das Umstrukturierungen und es
Avor und Logistik nötig. Wenn die
wieder hilft er in
da geht es um Hundertstelmillime-
werden Produktionsbereiche verla-
saisonale Produktion von Gritti-
der Backstube beim
ter bei den Einstellungen der neuen
gert. Unsere Konditorei wurde im
bänzen oder Teighasen auch noch
Flechten von feinen
Anlage. Die Testphase dauert somit
Mai provisorisch nach Wallisellen
auf Hochtouren läuft, träumen wir
Zöpfen mit.
länger als geplant.
verschoben, im Gegenzug haben
manchmal von neuen Uhren, sol-
wir von dort die Fettbackproduktion
chen mit 26 Stunden.
Gefordert ist Ihr Bäckereibetrieb
übernommen und hier vier neue An-
auch sonst.
lagen gebaut.
Worauf legen Sie Wert bei der Herstellung von Brot ?
Wenn Coop in Schafisheim seine
Bereits seit drei Jahren stellen wir
Ich habe sehr viel Freude am Pro-
helle und dunkle Tiefkühl-Chrus-
dukt. Ich liebe Brot als absolut hoch-
PERSÖNLICH
tenkränze her. Dies auf einer Pro-
wertiges Lebensmittel, sehe es nicht
totypanlage, die eigens für Coop
bloss als Träger für Käse oder Sala-
Thomas Krause (49), gelernter Bäcker-Konditor mit
entwickelt wurde. So können wir im
mi. Mein Beruf ist für mich nicht
Meisterprüfung und Berufserfahrung aus verschie-
Hinblick auf Schafisheim genügend
einfach ein Job. Die qualitativen
denen Bäckerei- und Konditoreibetrieben. Weiterbil-
Erfahrungen sammeln, dann gibt es
Verbesserungen der letzten Jahre in
dung in Betriebswirtschaft am Schweizerischen Ins-
einen Technologietransfer und wir
der industriellen Produktion sind
titut für Unternehmerschulung SIU in Zürich. Schon
geben die Chrustenkränze wieder
enorm. Wir versuchen, immer so
seine Eltern führten einen kleinen Bäckereibetrieb.
ab.
gut als möglich zu sein, arbeiten mit
Herzblut und sehr viel handwerkli-
In der Rekrutenschule arbeitete er in der mobilen
Armeebäckerei. Er ist seit 2004 in der Coop-Bäckerei
Bedauern Sie das ?
chem Know-how. Seit einigen Jahren
in Gossau tätig, zuerst als Produktionsleiter und seit
Der Wechsel ist zweifellos sinnvoll,
backen wir immer mit Vorteig, mit
2008 als Betriebsleiter. Thomas Krause ist Vater von
doch es gibt für uns nichts Besseres,
langzeitgeführten und weichen Tei-
drei erwachsenen Kindern. Sein grosses Hobby: Foto-
als wenn ein Teil der Produktion
gen. Es gab eine Trendwende: Tech-
grafieren. Um den Seealpsee mit dem Säntis bei Son-
tagsüber erfolgt und ein so schönes
nik und Produktionslinien werden
nenaufgang zu fotografieren, übernachtet er schon
Produkt wie Chrustenkränze für
heute an die Produkte angepasst,
mal im Massenlager im Berggasthof.
die Auslastung unserer Maschinen
früher war das umgekehrt. Dieser
rund um die Uhr sorgt. Wenn Ende
Wandel ist erfreulich.
panflor | fbk
kornmagazin 1/2015
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19
ORT DER
INSPIRATION
Brotkultur beginnt bei feinem
Mehl. Panflor als Schweizer
Traditionsmarke am Messestand
der FBK 2015 freute sich über
einen regen Austausch zwischen
Müllereifachleuten und Bäckerprofis.
Freuten sich über angeregte Gespräche: die Bäckerei- und Müllereifachleute Markus Nussli,
Walter Schläpfer, Roland Eggli und Edwin Zurbuchen (v. l. n. r.).
Schlicht und einladend präsentierte sich der Stand 174
«Unser Auftritt an der FBK kam gut an», freut sich Pan-
mit dem Panflor-Bäckereicafé an der einzigen Fachmes-
flor-Verkaufs- und -Backberater Walter Schläpfer. «In
se für Bäckerei-, Konditorei- und Confiseriebedarf der
lockerer Atmosphäre haben wir viele angeregte Gesprä-
Schweiz. Ein Ort, an dem sich mit den Besuchern aus
che geführt, Beziehungen gepflegt und neue Kontakte
dem Bäckereigewerbe wunderbar über Mehle und Teige,
geknüpft.» Den Fachleuten von Panflor liegt der Erfolg
innovative Rezepte und Produktkonzepte fachsimpeln
der Bäcker und Konditoren am Herzen. Das passende Sor-
liess. Ein fachlich ausgewiesenes Team stellte hochwer-
timent an hervorragenden Mahlerzeugnissen, grössten-
tige Mehle und exklusive Mischungen der Panflor-Profi-
teils aus Schweizer Getreide, und dazu auf Wunsch eine
Linie für die Backstube vor. Selbstverständlich konnten
kompetente Fachberatung tragen ihren Bedürfnissen
immer frische Brote und Brötchen aus unterschiedlichen
Rechnung. «Auch individuelle Wünsche für Produktent-
Kornsorten degustiert werden.
wicklungen sind bei uns willkommen», sagt Panflor-Leiter Walter Schläpfer.
Interesse weckte zudem der Schätzwettbewerb am Panflor-Stand. Die Vorstellung, den Hauptpreis einzulösen,
Seit der Aufgabe der Winterthurer Volg-Mühlen werden
sorgte bei manchen für leuchtende Augen. Als Gewinn
die Panflor-Mehle in den Produktionshallen von Swiss-
winkt ein Besuch der topmodernen Mühle und Produk-
mill in Zürich hergestellt. «So profitieren unsere Kunden
tionsstätte der Panflor-Mehle – mit anschliessendem Din-
von einer grossen, zentral gelegenen Mühle mit eigener
ner oben im 126 Meter hohen Prime Tower in Zürich.
Versuchsbäckerei und modernem Labor.»
Raum für Austausch
und Inspiration:
der Panflor-Stand an
der FBK.
Gemahlen
in Zürich