Die Vogelwelt im Spiegel der Briefmarken

Die Vogelwelt im Spiegel der Briefmarken
Von HELMUT SEEGER, Schwerin
Die Menschen waren am Anfang ihrer Entwicklung
Jäger und Sammler. Mit primitiven Hilfsmitteln
töteten sie Wildtiere, fingen sie in Fallgruben oder
jagten die Tiere im Gebirge auf steile Abhänge zu,
von denen sie sich zu Tode stürzen sollten. Im
Walde sammelten sie die im Spätsommer und
Herbst zahlreich vorhandenen Früchte. Im Laufe
von Jahrtausenden gingen sie zur Landwirtschaft
und Viehhaltung über, wodurch sich ihr
Nahrungserwerb sicherer und regelmäßiger
gestaltete.
Doch
Jagdpassion
und
Sammelleidenschaft sind bei vielen Menschen bis
in die Jetztzeit erhalten geblieben. Allein in
Mecklenburg-Vorpommern üben noch heute etwa
10.500 Menschen, überwiegend Männer, aber auch
Frauen, in ihrer Freizeit regelmäßig die Jagd aus.
Weit größer noch ist die Zahl der Personen, die
mehr
oder
weniger
regelmäßig
eine
Sammlertätigkeit ausüben. Dabei sind die
Gegenstände, auf die sich ihre Sammlerleidenschaft
richtet so vielfältig, dass ich sie beim besten Willen
nicht alle aufzählen kann. Nach einer Umfrage des
Meinungsforschungsinstituts TNS Emnid aus
Bielefeld gibt es in Deutschland mehr als zehn
Millionen Numismatiker, Menschen, die sich mit
dem Sammeln von Münzen beschäftigen. Noch
größer ist die Zahl der Philatelisten, die
Postwertzeichen sammeln.
Im Jahre 1840 begann eine neue Epoche der
Postgeschichte, denn als erste Postverwaltung der
Welt verkaufte die britische Post an ihre Benutzer
Postwertzeichen, wodurch die Einlieferung der
Briefsendungen erheblich vereinfacht wurde. Bald
folgten
andere
Länder
diesem
Beispiel.
Jahrzehntelang war der Kopf als Markenzeichen
vorherrschend. Außerdem gab es noch die
Ziffernzeichnung oder das Landeswappen. Bis zur
Wende zum 20. Jahrhundert waren diese
Markenmotive bestimmend. Die Briefmarke sollte
ursprünglich nur der Abrechnung der Gebühren
dienen. Niemand dachte anfangs daran, den
Marken ein nettes, abwechslungsreiches Gesicht zu
geben. Die jungen amerikanischen Republiken
jedoch, überhaupt überseeische Staaten, die nicht
an feudale Traditionen gebunden waren, gingen
bald in der Gestaltung ihrer Marken von den
europäischen Vorbildern ab. So verwendeten die
Vereinigten Staaten von Amerika bereits 1869 den
Eilpostreiter, die Lokomotive und den Postdampfer
als Markenmotiv.
Tausendfältig sind heute die auf Briefmarken
vorkommenden Motive und die meisten der heute
verausgabten
Postwertzeichen
sind
Miniaturkunstwerke, die in der graphischen
Gestaltung und in der Druckausführung höchsten
Ansprüchen gerecht werden. So blieb es nicht aus,
dass Tiere und selbstverständlich Vögel den
Briefmarkengestaltern als Vorbild dienten, denn die
Vögel haben das ganz besondere Interesse der
Menschen geweckt. Neben den Ornithologen, die
sich berufsmäßig mit der Erforschung der
Vogelwelt befassen, gibt es auch in unserem Lande
viele tausend Bürger, die sich in der Freizeit als
Laienornitholgen mit der Vogelwelt beschäftigen,
beim Schutz der Vögel mitwirken und viele
Stunden ihrer Freizeit opfern, um an der
Erforschung
der
zahlreichen
Probleme
mitzuarbeiten, die uns die Vogelwelt auch heute
noch aufgibt. Noch größer aber dürfte die Zahl der
Bürger sein, die sich einen Stubenvogel halten, sich
damit ein Stück Natur ins Heim geholt haben, den
Vogel pflegen und sich an seinem munteren
Treiben erfreuen, sei es ein heimischer Vogel oder
ein Exote aus fernen Ländern.
Was ist es nun, was uns an den Vögeln so
fasziniert? Dafür gibt es eine ganze Menge Gründe.
Einmal ist es das Flugvermögen, das es den
meisten Vögeln erlaubt, sich anscheinend mühelos
in die Luft zu erheben, zum anderen der
Formenreichtum, der vom winzigen, nur wenige
Gramm schweren Kolibri bis zum mehrere Zentner
schweren Strauß oder um in unserer Heimat zu
bleiben, vom kleinen Goldhähnchen bis zum
Kranich oder der Großtrappe reicht. Dann
bezaubert uns oftmals die Farbenpracht des
Vogelgefieders. Schauen wir uns nur einen
Stockerpel im Hochzeitskleid an. Wie entzückt uns
aber erst das Kobaltblau des Rückengefieders eines
Eisvogels oder das bunte Federkleid der
Bienenfresser. Und vergessen wir nicht die
Farbvielfalt, die die Federkleider tropischer Vögel
zum Teil aufweisen. Es gibt aber noch viel mehr,
was uns an den Vögeln beeindruckt. Denken wir
nur an den herrlichen Gesang, mit dem uns viele
Vogelmännchen im Frühjahr erfreuen oder denken
wir an die Fortpflanzung der Vögel. Schon die aus
verschiedenen Materialien gefertigten kunstvollen
Nester, die oftmals Winterstürme und Jahre
überdauern, verdienen unsere Bewunderung. Dann
sind es die Vogeleier, die uns mit ihren Formen,
vor allem aber mit ihrem Farbenreichtum und ihrer
farblichen Gestaltung und dem Wunder des
Lebens, das aus ihnen schlüpft, in Erstaunen
versetzen. Auch das Phänomen des jährlichen
Vogelzuges erregt seit Jahrhunderten die Phantasie
der Menschen und gibt ihnen noch heute manches
Rätsel auf.
So habe ich schon eine ganze Reihe von Gründen
genannt, die unser großes Interesse an der
Vogelwelt wecken. Doch sind das bei weitem noch
nicht alle, die dazu führen, dass wir uns gern und
intensiv mit den Vögeln in Wald und Flur oder aber
auch im Käfig befassen.
Bei der Vielzahl der heute verausgabten
Briefmarken ist eine Generalsammlung, die alle in
der Welt verausgabten Postwertzeichen enthält,
nicht mehr erschwinglich und auch nicht
unterzubringen.
Man
muss
sich
als
Briefmarkensammler schon beschränken und tut
das, indem man sich auf einzelne Länder oder
Gebiete spezialisiert oder aber die Briefmarken
nach Motiven geordnet sammelt. Anfangs wurden
die
Motivsammler
von
den
,,echten"
Briefmarkensammlern belächelt, doch entwickelte
sich im Laufe der Jahre das Sammeln nach Motiven
zu einem ernsthaften Zweig der Philatelie. Heute
nehmen gut gestaltete Motivsammlungen auf den
Briefmarkenausstellungen,
neben
den
herkömmlichen Sammlungen, einen beachtlichen
Platz ein. Die Motive sind wieder sehr
unterschiedlich, wobei die Postverwaltungen der
verschiedenen Länder mit der Markengestaltung
einen wichtigen Beitrag leisten. Einen großen Platz
nehmen, wie schon gesagt, Briefmarken mit Tierund Vogelmotiven ein. Besonders die jungen
afrikanischen
Nationalstaaten
und
kleine
Scheichtümer sind es, die heute mit einer Flut von
Tiermotiven, darunter auch immer wieder
Vogelmotive, die Sammler beglücken oder auch
verärgern. Zur Werbung für den Naturschutz, für
Nationalparks oder für Jubiläen Zoologischer
Gärten
und
anderer
Zwecke
werden
Tiermotivmarken
verausgabt.
Solche
geschmackvoll gestalteten Sammlungen sind für
den Betrachter eine Augenweide und auch ihr
Bildungswert ist nicht zu unterschätzen.
Nun einige Ausführungen zum Aufbau und der
Gestaltung
einer
Vogelmotivsammlung.
Grundsätzlich sollten nur postalische Belege wie
Briefmarken, Briefmarkenblocks, Karten, wie
Maximukarten, bei denen die auf die Vorderseite
der Karte geklebte Marke das gleiche Motiv zeigt
wie die Karte und nach Möglichkeit auch im
Sonderstempel noch der gleiche Vogel dargestellt
ist, sowie Briefe, nach Möglichkeit Ersttagsbriefe,
in eine Motivsammlung aufgenommen werden.
Fotos,
Zeitungsausschnitte
oder
andere
Darstellungen
gehören
nicht
in
eine
Briefmarkensammlung. Die Frage, ob postfrische
oder gestempelte Marken gesammelt werden
sollten, beantworte ich bei einer Motivsammlung
mit ,,postfrisch”, denn hier ist ja die Wirkung der
bildlichen Darstellung auf den Betrachter
entscheidend. Durch den Stempel könnten wichtige
Merkmale des Markenmotivs verdeckt werden. Im
Briefmarkenhandel der DDR wurden jedoch von
zahlreichen Ländern nur gestempelte Marken
angeboten oder die postfrischen Marken hatten oft
den doppelten Preis gegenüber gestempelten. Nach
der Wende konnte ich zwar einen Teil der
gestempelten Vogelmotivmarken gegen postfrische
austauschen, aber restlos ist mir das nicht gelungen
und so habe ich neben den postfrischen immer noch
etliche
gestempelte
Marken
in
meiner
Vogelmotivsammlung.
Um in meiner Sammlung keine kompletten Sätze
auseinander reißen zu müssen, habe ich sie nach
Ländern geordnet. Aussagekräftiger ist jedoch eine
systematisch gestaltete Vogelmotivsammlung, auf
der verschiedene Arten einer Familie auf einer
Albumseite gezeigt werden. In ihrem Buch
“Zoophila, das Tierreich auf Briefmarken” zeigen
Lissner und Brenning eine Seite aus der Familie
der Kraniche mit sieben Marken verschiedener
Kronenkraniche. Neben den deutschen und
lateinischen Namen trägt die Seite folgende
Inschrift:
“KRANICHE - 14 Arten. Alle Erdteile außer
Südamerika. Bodenvögel auf weiten, baumarmen
Flächen. Der afrikanische Kronenkranich in
wassernahen Landschaften südl. der Sahara.
Einige Arten sehr selten geworden. Interessante
Balztänze. Nahrung Pflanzenstoffe u. kleine Tiere.”
Dabei sind wir schon auf die Unterbringung und
Beschriftung unserer Sammlung gekommen.
Aufbewahren lässt sie sich nur in Kassetten oder
Alben
mit
auswechselbaren
Blättern.
Vordruckalben haben wir dafür nicht, sind also auf
Blankoalben angewiesen, die es als Einsteckbücher
oder vordrucklose Alben gibt. Für die
Blattgestaltung gibt es wieder viele Möglichkeiten,
doch sollten die einzelnen Blätter nicht mit
Briefmarken überladen werden und auch der Text
muss sich in Grenzen halten. Hat man eine
entsprechende Handschrift, gibt sie der Sammlung
eine individuelle Note. Anderenfalls sollte man
Schablonen oder Maschinenschrift oder aber ein
Druckverfahren verwenden.
Wie kommt man nun zu den gewünschten
Vogelmotivmarken? Die Marken des eigenen
Landes kann man am Postschalter erwerben. In
Sammlervereinen bietet sich die Möglichkeit mit
Gleichgesinnten Briefmarken zu tauschen. Es gibt
auch Rundsende- und Auswahldienste, die einem
regelmäßig Auswahlhefte zukommen lassen.
Zweckmäßig ist, wenn man einen oder mehrere
ausländische
Tauschpartner
hat,
die
die
entsprechenden Marken ihres Landes oder Erdteils
im Tausch gegen deutsche oder europäische
Vogelbriefmarken liefern. Eine reichhaltige
Auswahl
gibt
es
auch
in
unseren
Briefmarkenhandlungen,
wovon
einige
auf
Tiermotivmarken spezialisiert sind und ihre
Angebote monatlich versenden. Gelegentlich
werden auch Vogelmotivsammlungen oder
Zusammenstellungen auf Briefmarkenauktionen
angeboten und ich habe dort mitunter schon
interessante
Schnäppchen
gemacht.
Auktionskataloge
werden
meist
kostenlos
übersandt.
Abschließend möchte ich noch über die wohl
seltenste und teuerste Vogelmotivmarke der Welt,
den “Kopfstehenden Schwan” von Westaustralien
berichten. Der Trauerschwan (Cygnus atratus), der
von den ersten Siedlern Australiens immer wieder
auf den Gewässern angetroffen wurde, wurde von
ihnen verehrt und war das Wappentier der
damaligen britischen Kolonie und ist es auch heute
noch vom Bundesstaat Westaustralien. Schon auf
der im Jahre 1854 verausgabten ersten Briefmarke
ist er abgebildet. Als man 1855 weitere Marken zu
vier Pence benötigte, improvisierte man beim
Druck. Dabei kam es zu einem Fehler, denn man
stellte den Schwan verkehrt, also kopfstehend, in
den Rahmen. Über 380 dieser fehlerhaften Marken
gab es schon, bevor man den Fehler entdeckte.
Heute sind nur noch 15 oder 16 dieser Marken mit
dem ,,kopfstehenden Schwan" bekannt und somit
gibt es von ihnen nur wenig mehr als von der
berühmten ,,Blauen Mauritius," von der sich noch
zwölf Exemplare in Sammlerhand befinden. Im
April 1984 wurde auf einer Hamburger
Briefmarkenauktion ein ,,Kopfstehender Schwan"
versteigert. Er wechselte für 100.000 DM den
Besitzer. Im Vergleich zu den Mauritius-Marken ist
der Preis noch recht moderat, denn für diese
werden Millionenbeträge gezahlt.
Ich habe nun eine kleine Auswahl von Briefmarken
mit Vogelmotiven aus aller Welt zusammengestellt
und hoffe, dass bei den Lesern des Ursus bei der
Betrachtung der bunten Vogelmotive ein wenig
Freude aufkommt. Vielleicht stellt sich auch bei
diesem oder jenem Vogelfreund ein wenig
Interesse für die Vogelwelt auf Briefmarken ein,
und er beginnt selbst mit dem Sammeln von
Vogelmotivmarken.
Literaturnachweis:
LISSNER, BRENNING (1972): Zoophila - Das
Tierreich auf Briefmarken. Transpress-Verlag.
Berlin 1972.
STEAGEL, H. (o. J.): Pflanzen und Tiere auf
Briefmarken. Richard Borek Philathek.
Braunschweig.
Anschrift des Verfassers:
Helmut Seeger
Gagarinstr. 2, 19063 Schwerin
Abbildungsverzeichnis
Unterschriften der Abbildungen, die im Text
einzuarbeiten sind
Abb. 1: Ersttagsbrief 1
Abb. 2: Ersttagsbrief 2
Abb. 3: Tafel 1 (muss um 180 ° gedreht werden)
Abb. 4: Tafel 2
Abb. 5: Tafel 3 (muss um 180 ° gedreht werden)
Abb. 6: Tafel 4
Abb. 7: Tafel 5 (muss um 180 ° gedreht werden
Abb. 8: Tafel 6
Abb. 9: Tafel 7 (um 180 ° drehen)
Abb. 10: Tafel 8 (gerade rücken)
Abb.11: Tafel 9 (um 180 ° drehen)
Abb. 12: Tafel 10
Abb. 13: Tafel 11
Abb. 14: Tafel 12 (um 180 ° drehen)
Abb. 15: Tafel 13