Nachrichten aus dem Juni 2015 Diakoniewerk Kirchröder Turm siehe oben 1 Flucht Bloß weg von hier? Wenn Menschen ihren Ort verlassen. Ausgabe 1 2015 Das Ende einer Reise Flüchtlinge berichten über ihre Odyssee Wer Flüchtlingen hilft, stärkt die Demokratie. Doris Schröder-Köpf (MdL) über mutige Helfer Pornos sind nicht harmlos. Fachstelle return spricht von Massenflucht ins Netz. Editorial 2 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 3 Liebe Leserinnen und Leser, Flüchtlinge: Nicht wegschauen Diakoniewerk: Wir bieten Heimat Dienste in Israel: Hoher Besuch aus Berlin Einblicke: Aktuelles aus den Einrichtungen 4 Das Ende einer Reise Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, hat oft eine lange und harte Odyssee hinter sich. Reportage von Alexander Nortrup 16 Statement Diakonie – eine Haltung: Wir bieten Heimat. Vorstandsmitglied Pastor Ralph Zintarra 22 Juden hochwillkommen! Jubiläum 40 Jahre Dienste in Israel Ein Beitrag von Ralph Zintarra 17 Beratungsstelle Kirchröder Turm 6 Vorzeigeprojekt: Das Flüwo der Gemeinde am Döhrener Turm Interview mit Irene Wegener 8 Flucht vor 70 Jahren Wenn die eigene Biografie zur Verpflichtung wird Im Diakoniezentrum Springe sprach Wolfgang Bauer mit Menschen, die Flucht und Vertreibung erlebten. 12 Wer Flüchtlingen hilft, stärkt die Demokratie. Doris Schröder-Köpf (MdL) über mutige Helfer. L!FE CONCEPTS 20 Mit Kreativität und Wertschätzung Fluchthelfer sein. Begegnungen in der Kinder- und Jugendarbeit von Jürgen Scheidt 23 Hoher Besuch aus Berlin Daniela Schadt, Lebensgefährtin des Bundespräsidenten Joachim Gauck, zu Gast beim Jubiläum von Dienste in Israel von Ulrike Landt 18 Schleichender Exit: Flucht in virtuelle Welten Massive Probleme durch Pornokonsum von Eberhard Freitag, Leiter return Fachstelle Mediensucht 21 Diakoniezentrum Jägerallee Springe Kirchröder Institut 24 Der Ambulante Hospizdienst 25 Biblisch-Theologisches Institut Hannover (BTI) Kita Arche Noah unterm Regenbogen 26 Kita ViWaldis Stiftung Chance zum Leben 27 niemand in Deutschland kann die Augen vor der Not von Menschen in Fluchtsituationen verschließen. Sie nicht und auch wir als Diakoniewerk Kirchröder Turm nicht! Keine Nachrichtensendung, kein Printmedium mehr, das sich nicht mit dieser Thematik befassen würde. Trotz der unglaublichen Menge von Flüchtlingen ist das Massenphänomen aber immer zugleich auch gekoppelt an das Schicksal einzelner Menschen. Obwohl wir uns als christliches Werk dieser Problematik mit unseren Diensten bisher nicht schwerpunktmäßig gewidmet haben, möchten wir aus Respekt vor dem Mut und den dramatischen Biographien diese Ausgabe von s.o. allen Menschen auf der Flucht widmen. Wir haben keine Antwort auf das Leid der gesamten Welt, aber wir leiden mit den Schutzbedürftigen unserer Erde. Zugleich wird in den unterschiedlichsten Bezügen unserer Gesellschaft deutlich, dass Flucht auch in völlig anderen Kontexten ein großes Thema zu sein scheint, das uns irgendwie angeht. Frauen fliehen vor der Gewalt ihrer Ehemänner in Schutzhäuser – sinnentleertes Leben wird kompensiert durch die Flucht in virtuelle Welten – Ehemänner suchen Zuflucht bei Prostituierten – Menschen in Schmerz und Krankheitsnöten sehen als letzten Ausweg den Freitod… weg von dem, was nicht mehr zu ertragen ist, hin zu mehr Leichtigkeit. Jeder wird im eigenen Leben Situationen kennen, denen er sich nicht mehr gewachsen fühlt und lieber entrinnen würde. Wir möchten sensibilisieren für den Umgang mit Leidenden und nicht wegschauen. Nicht alles Schwere kann verbannt werden, doch es wird leichter, wenn jemand beim Tragen hilft. Das können Länder, Kommunen, soziale Institutionen, Vereine, aber auch Einzelne tun. Jede echte Geste des Verstehens ist ein kleiner Beitrag. Das Paradies können wir nicht zurückerobern, aber es ist keine vergebliche Liebesmühe, es dennoch zu versuchen. „I have a dream…“ Menschen guten Willens können helfen, dass andere, die keine Träume mehr haben, aus ihrem Albtraum erwachen und neue Hoffnung schöpfen. Bitte lassen Sie uns zusammen Fantasie entwickeln. Wir möchten nicht, dass unsere Enkelkinder uns eines Tages fragen müssen: „Weshalb habt ihr wider besseren Wissens nicht gehandelt?“ Etwas Ähnliches hatten wir in unserer Geschichte bereits. Jesus würde sagen: „Was ihr getan habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ Himmel und Erde, Paradies und Verlorenheit, Heiliges und Säkuläres finden sich. Herzlich verbunden, Jürgen Scheidt Hans-Peter Pfeifenbring (Vorstandsvorsitzender im (Vorstandsvorsitzender im DiakoniewerkDiakoniewerk Kirchröder Turm) Kirchröder Turm) 4 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 5 Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, hat oft eine lange und harte Odyssee hinter sich. Abdi und Noushin haben es geschafft – und brauchten dennoch lang, um wirklich anzukommen. S Fotos: Philip Zintarra, Hannover Das Ende einer Reise ein Zimmer verrät ihn. In diesem Raum, das ist unverkennbar, lebt ein Mensch, der das Wort schätzt. Bücher stapeln sich auf dem kleinen Tisch, der umgeben ist von mehreren großen Sofas. Deutsch als Fremdsprache, Wortschatzarbeit Englisch, Kurzgeschichten, Krimis – hier wird gelernt, akribisch. Abdis Muttersprache, das Arabische, lässt sich dagegen ringsherum nirgends entdecken. Sein kleines Reich hat der junge Syrer ganz auf seine Leidenschaft für fremde Sprachen und Kulturen ausgerichtet. Er hat es gut hier in seiner Wohngemeinschaft im Flüchtlingswohnheim. Leider hat auch das Grauen in seinem Leben viel mit einem kleinen Raum zu tun. 35 Tage steckte er in einer winzigen Zelle fest, zusammen mit 25 anderen Männern. Festgenommen, weil er den Kriegsdienst verweigert hatte. Ohne Verhandlung, ohne Chance. Sie wussten nicht, ob Tag oder Nacht ist. Bekamen sehr unregelmäßig und sehr wenig Essen, oft nur einen kleinen Topf Reis für alle. Sie schliefen abwechselnd, die eine Hälfte wachte währenddessen. Und mitten unter ihnen waren drei, die im Krieg angeschossen worden waren und nun ohne Behandlung einen langsamen Tod starben. Die Leichen lagen zwischen den Lebenden, tagelang. Abdi sieht sie bis heute in seinen Träumen. Und nun ist er also hier, in Hannover. Zum Gespräch im Flüchtlingswohnheim an der Hildesheimer Straße sitzt er am Tisch, die Hände am Wasserglas. Es ist viel Freude in Abdis Blick, Neugierde, aber da ist auch eine Schwere, die so gar nicht passen mag zu einem jungen Kerl, der doch eigentlich gerade dabei sein müsste, die Welt zu erobern. Dass er seit Monaten im Traumazentrum therapeutische Unterstützung bekommt, ahnt man durchaus auf den zweiten Blick. Abdi hat viel von der Welt gesehen, sein Weg führte ihn aus Syrien in den Libanon, in die Türkei, nach Bulgarien, weiter in die Niederlande, kurz Schweden und schließlich nach Finnland, bis er 2014 dann nach Hannover kam. Überall musste er erleben, dass er nicht erwünscht war, dass er seine Zelte wieder abbrechen musste, kaum dass er anfing, zarte Wurzeln zu schlagen. Wie ein Hohn klingt es angesichts solcher Fluchtgeschichten, dass sich Flüchtlinge integrieren sollten, um sich der Mehrheitsgesellschaft anzunähern. Für ein Jahr war auch Abdis Leben ganz heil: Mit sei- nem gerade erworbenen Abitur zog er als 17-Jähriger in den Libanon, studierte dort Wirtschaftswissenschaft und Journalismus. Er lebte seinen Traum. Doch dann streckte der Krieg seine langen Arme nach ihm aus. Er musste vor dem Militärdienst fliehen, lebte in Bulgarien acht Monate auf der Straße. „Das war das Schlimmste“, sagt er, und atmet schwer. Es folgte eine Odysee, die ihn schließlich in die niedersächsische Landeshauptstadt führte. Seine Familie lebt inzwischen überwiegend im Libanon. Zurück kann er nicht mehr, seine Freunde sind alle tot, einige Verwandten auch. Abdi ist 21. Und hat schon unglaublich viel erlebt: Seine Erfahrungen könnten ganze Leben füllen. In die Blüte seiner Jugend krachte der Krieg wie eine Rakete. Nun lebt er seit neun Monaten in Deutschland, hat gute Aussichten auf Anerkennung seines Antrags. Als Syrer mit seiner Vorgeschichte ist er geradezu der Prototyp eines Aylberechtigen. Beinahe unglaublich und mit Sicherheit auch förderlich ist, dass er schon ein feines, wohl Sie schliefen überlegtes Deutsch spricht. Seine leise, abwechselnd, die manchmal fast flüsternde Stimme vereine Hälfte wachte rät, dass er sich unbedingt gut ausdrücken möchte. Manche Worte haucht währenddessen. Und der junge Mann förmlich, lässt sie auf mitten unter ihnen der Zunge zergehen. Deutsch ist ganz bestimmt nicht die letzte Sprache, die waren drei, die im er lernt. Aber Deutschland ist hofKrieg angeschossen fentlich das Ende seiner Flucht. Es gibt viele Abdis. Sie kommen zu worden waren Hunderttausenden nach Europa, nach und nun ohne Deutschland. Flucht ist das bestimBehandlung einen mende Thema im Leben von Millionen von Menschen in Afrika und im Nahen langsamen Tod Osten. Sehr häufig ist sie keine Episode, starben. keine Bewegung von einem Punkt zum anderen. Stattdessen wird das Vorübergehende zur Normalität, ist der Ausnahmezustand ihr Alltag. Finnland hätte Abdi sich auch gut als neue Heimat vorstellen können. Auch hier lernte der junge Mann rasend schnell die Sprache. Und nicht nur das: Der sportbegeisterte Syrer verband eine alte libanesische Leidenschaft, das Inlineskating, mit dem neuen Land im kalten Norden. Und begann, Eishockey zu spie- len. Der schmächtige Syrer auf finnischen Kufen - eine Kombination, wie sie nur die Flucht hervorbringen kann. Seinen neuen Sport würde Abdi auch gern in Hannover weiterspielen - wenn er nur nicht so teuer wäre. Wöchentlich trifft er sich nun mit einem pensionierten Lehrer, der sich ehrenamtlich als Pate für ihn einsetzt. Diese Beziehung zu einem gebildeten, ihm zugewandten Menschen – für Abdi ist sie wie ein Strom Wasser in der Wüste. Er lebt von diesen Begegnungen, vom Austausch über Sprache, Kultur, das Leben in Deutschland. Dann wird seine Welt wieder ein Stück heiler. „Die größte Ressource, die Freiwillige unseren Bewohnern geben können, ist Zeit“, bestätigt Irene Wegener, die Leiterin des Flüchtlingswohnheims. Noushin ist eine von diesen Freiwilligen. Seit fünf Jahren lebt sie in Deutschland, ist selbst hierher geflohen und hat im Flüchtlingswohnheim Halt gefunden. Über ihren verschlungenen Weg nach Europa möchte die junge Iranerin lieber nicht mehr sprechen. Zu schmerzhaft sind die Erinnerungen, als senke sich eine dunkle Wolke auf die 32-Jährige. Sie schwenkt schnell um zu den Gründen für ihre Flucht, blickt entschlossen und zupackend: „In meinem Land herrscht eine islamische Diktatur“, sagt sie. „Zu Hause kann man über alles reden, aber draußen kann es ganz schnell vorbei sein, wenn du den Mund aufmachst.“ In ihrer persischen Heimat gehörte sie zur Minderheit im Nordwesten des Landes, die Aserbaidschanisch spricht. Die Sprache ihrer Großmutter darf nicht in der Schule gelehrt werden, auch ein eigenes Fernsehprogramm wird unterdrückt. Keine Freiheit, keine Menschenrechte, erst recht keine Frauenrechte – für Noushin war ihr Land ein Gefängnis, aus dem sie fliehen musste, um wieder atmen zu können. Drei Jahre wohnte sie im Flüchtlingswohnheim, bekam dort viel Unterstützung, verdiente sich zudem Geld als Verkäuferin bei einem Fruchtsaftstand. Auch wenn es anfangs eine Qual war, den Mund aufzumachen – der tägliche Kontakt mit den Kunden half ihr enorm beim Deutschlernen: „Es hilft einfach, rauszugehen und loszulegen.“ Noushin kann heute eine positive Bilanz ziehen: Sie hat es „Wir zeigen, was möglich ist.“ Irene Wegener leitet ein Flüchtlingswohnheim in Hannover, das bundesweit als Vorzeigeprojekt gilt. Frau Wegener, überall im Land werden im Augenblick provisorische Containerdörfer installiert. Seit Jahren leiten Sie ein Flüchtlingswohnheim im Süden Hannovers, an der Hildesheimer Straße. Allerdings ist es so ziemlich das Gegenteil eines Provisoriums. Das stimmt, hier gibt es keine Container, sondern eine feste Bauweise, noch dazu energetisch hochwertig. Das Flüwo gibt es aber auch schon seit 1993, damals kamen bekanntlich schon einmal Hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland. Zunächst war es noch auf der anderen Straßenseite. Die Gemeinde am Döhrener Turm hat das jetzige Gebäude dann selbst errichtet und an die Stadt Hannover verpachtet. Danach wurde es mehrfach erweitert. Die Straßenseite des Hauses hat einen grünen Anstrich, der Innenhof ist lichtdurchflu- tet und bepflanzt. Es sieht beinahe aus wie ein schickes Studentenwohnheim. Gut so! Hier leben ja auch Menschen in Wohngemeinschaften - in 2er, 4er und 6erGruppen, insgesamt sind es 30 Wohneinheiten. Dennoch hat jeder ein Einzelzimmer. Das Flüwo hat 148 Plätze, von denen aktuell 127 besetzt sind. Das liegt auch daran, dass nicht alle Plätze belegt werden, wenn eine Familie kommt. Für die meisten Menschen ist Flüchtlingswohnheim ein äußerst negativer Begriff. Sie denken vor allem an einen ungemütlichen, unpersönlichen Ort. Was würden Sie denen entgegnen? Ich würde sie einladen, einmal vorbeizukommen. Das Flüwo ist kein Lager, kein Heim, keine Unterkunft. Es ist ein Zuhause. Wir wollen eine offene Atmosphäre, ein Haus mit niedrigen Schwellen. Vor allem „Eines Tages wird du wach und merkst: Du hast keine Familie, keine Freunde, keinen Job, kein Geld. Ich wollte gar nicht geschafft, ist längst mehr aus der Wohnung rausgehen. in der deutschen Gesellschaft verAber genau das war letztlich das wurzelt, hat Freunde, Wichtigste.“ eine Perspektive. Doch Juni 2015 siehe oben 7 an ihre ersten Wochen und Monate erinnert sie sich mit Schrecken: „Eines Tages wird du wach und merkst: Du hast keine Familie, keine Freunde, keinen Job, kein Geld. Ich wollte gar nicht mehr aus der Wohnung rausgehen. Aber genau das war letztlich das Wichtigste.“ Seit einiger Zeit coacht sie nun selbst Flüchtlinge, nimmt sie an die Hand. Passenderweise studiert sie nun Gesundheit und Soziale Arbeit. „Ich würde gern weitergeben, wie man sich zurechtfindet“, strahlt sie. Fotos: Philip Zintarra, Hannover 6 siehe oben Juni 2015 Alexander Nortrup ist Journalist aus Wennigsen bei Hannover. Er besuchte Noushin und Abdi im Flüwo. aufgrund der Dauer der Asylverfahren leben unsere Bewohner im Schnitt zwei Jahre hier. Schon allein deshalb sind bei uns viele Dinge auf Nachhaltigkeit angelegt. Tatsächlich ist das Angebot riesig: Es gibt wöchentliche Kleiderspenden, die Hannoversche Tafel beliefert Sie, es gibt Musikpartnerschaften und vieles mehr. Wie gelingt es, diese Vielfalt zu schaffen? Sicher haben wir durch unsere Erfahrung und viele Unterstützer besondere Bedingungen. Das ist aber auch das Ergebnis harter Arbeit von vielen Menschen. Wir haben 20 Mitarbeiter, dazu 30 Ehrenamtliche – und alle sind kompetent und engagiert. Wir sind schon gut. Über die Jahre hat sich das Wohnheim zu einem Pilotprojekt entwickelt. In den neuen Auflagen zum Bau von Gemeinschaftsunterkünften in der Stadt werden wir als Standard genannt, an dem man sich orientieren soll. Das zeigt uns: Wir sind auf dem richtigen Weg. Wenn sie ein Dach über dem Kopf haben, fehlen vielen Flüchtlingen aber immer noch Sprachkenntnisse. Wie können Sie da helfen? Sprache lernen ist das A und O. Ehrenamtliche bieten Deutschkurse hier im Wohnheim an, dazu läuft ein Alphabetisierungskurs in der Gemeinde am Döhrener Turm, gleich nebenan. Den Kurs organisiert die Volkshochschule Hannover – als Anfängerunterricht. Was hier im Haus stattfindet, kann auch von Müttern besucht werden, weil dann andere Bewohner die Kinderbetreuung übernehmen. Unser Ziel ist es, dass alle Bewohner durch die Teilnahme an einem zertifizierten Kurs ihren Spracherfolg belegen können. Diese Kurse kosten Geld. Dafür haben wir einen Spendenfonds eingerichtet. Das breite Engagement, das Sie schildern, spiegelt auch die momentane Hilfsbereitschaft in der gesamten Gesellschaft wider, oder? Absolut. Wir erleben im Moment, dass sich Dinge bewegen. Menschen willkommen zu heißen, ist regelrecht zu einem Hype geworden. Ich finde es toll, das zu erleben. Gibt Ihnen das Mut, weiter dicke Bretter zu bohren? Schließlich ist Ihre Leitungsaufgabe kein normaler Job, sondern auch eine Berufung. Und nicht immer einfach. Das ist so. Ich möchte, wir möchten, dass Leben gelingt. Jeder Flüchtling ist ein Geschöpf Gottes, und wir können durch Menschlichkeit und Freundschaft ein wenig Leid lindern. Und unsere Aufgabe ist es, eine Marke zu setzen. Um Politikern zu zeigen, was möglich ist. Und ich kann jedem Interessierten nur Mut machen: Geht auf die Einrichtungen in eurem Stadtteil zu und fragt, wie ihr helfen könnt. Zur Person: Irene Wegener leitet seit 1993 das Flüchtlingswohnheim („Flüwo“) Hannover-Südstadt. Sie ist Diplom-Sozialpädagogin/Sozialarbeiterin und hat einen Master in Sozialmanagement. Die 51-Jährige ist ehrenamtlich Mitglied im Aufsichtsrat des Diakoniewerks Kirchröder Turm. Aktuelle Infos und Kontaktdaten unter www.efgadt.de/fluewo 8 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 9 Flucht vor 70 Jahren Krieg, Entwurzelung, mühsame Neuanfänge – gerade die ältere Generation weiß, was Flüchten bedeutet. Während des Zweiten Weltkrieges mussten Millionen Deutsche ihre Heimat verlassen. 1944: Noch haben die „Maiden“ Gelegenheit, ihre Freizeit zu genießen. Danzig und Umgebung; auf der Flucht vor der herannahenden Roten Armee haben sie ihre Heimat verlassen. Ankunft von Flüchtlingen aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches in Heide/Holstein. Evakuierung auf Anordnung der Amerikaner: Ein Junge bewegt mit seiner Mutter (hinter dem Wagen) alle Habseligkeiten hinaus aus Uerdingen, das durch deutsches Bombardement gefährdet ist. Fotos: Bundesarchiv, Bild 146-1996-030-01A / Höber, Brigitte / CC-BY-SA, https://de.wikipedia.org/wiki/Fl%C3%BCchtlinge_in_Schleswig-Holstein_%281945%29, Department of Defense. Department of the Army. Office of the Chief Signal Officer. (09/18/1947 - 02/28/1964), istockphoto.com, privat Deutsche Zivilisten im Februar 1945 in Februar 1945. In Rotenburg/Lausitz macht sich eine Frau auf den Weg nach Westen. Margarete Bauer. Will der heranrückenden Roten Armee und den befürchteten Gräueln entgehen. Mit dabei drei Kinder. Ein Junge, vier Monate alt, liegt im Kinderwagen. Sein Bruder – nicht einmal zwei – sitzt auf den mitgenommenen Bettsachen. Die große Schwester, gerade mal dreineinhalb, muss laufen. Mit dabei ist eine Freundin mit etwas größeren Jungs. Zu Fuß, mit LKW und Bus geht es gen Westen. In der ersten Nacht kampieren sie in einer Scheune bei Dresden. Und erleben die verheerenden Bombenangriffe aus der Ferne mit. Sie flüchteten gen Westen – zu Fuß, mit LKWs, in Pritschenwagen. So ist sie mit ihren Kindern am Leben geblieben. Meine Mutter. Schließlich in Osterode/Harz gelandet bei ihren Schwiegereltern. Sie hatte ein Ziel. Millionen andere mussten sich ohne Ziel auf den Weg machen. Millionen andere müssen sich heute auf den Weg machen, ohne zu wissen, ob sie an ihrem Ziel willkommen sind. Sie kommen mit dem Flugzeug. Oder eingepfercht in einem geschlossenen LKW – tagelang unterwegs. Mancher läuft zu Fuß vom Iran bis nach Europa. 6000 Kilometer mindestens. Sie schippern mit wackeligen Booten über das Mittelmeer. Tausende lassen dabei ihr Leben. Sie flüchten nach Europa – zu Fuß, mit dem Flugzeug, übers Mittelmeer. Sie kommen – wenn sie es überhaupt schaffen – in ein Land, das seit 70 Jahren im Frieden lebt. In dem unglaublicher Reichtum herrscht. Und Frieden, Sicherheit, Freiheit. Darum geht es ihnen: Aus dem Bürgerkrieg in den Frieden, aus Unterdrückung in Freiheit, aus Verfolgung in Sicherheit, aus Elend in wirtschaftliche Absicherung. Was vielleicht die meisten der Migranten gar nicht wissen: Vor 70 Jahren war die Situation in Europa und besonders in Deutschland ganz anders. Frieden, Sicherheit, Freiheit waren damals so etwas wie Fremdworte. Deutschland war eine Trümmerwüste, in der Millionen Menschen unterwegs waren, die Hals über Kopf ihre Heimat verlassen und sich irgendwo ein neues Zuhause suchen mussten. Menschen, die Deutschland war eine Trümmerwüste. nahe Angehörige verloren hatten, Haus und Hof zurücklassen mussten. Und auch für diese Zeit und diese Menschen gilt: Tausende haben dabei ihr Leben verloren in der Folge eines Krieges, der geschätzt 50 Millionen Menschen das Leben gekostet hat. Eine Weltkatastrophe mit unvorstellbarem Ausmaß. Heute sind die überlebenden Opfer des Krieges und von Flucht und Vertreibung, die sich noch erinnern können, mindestens Mitte 70. Viele leben inzwischen in Seniorenheimen, auch im Diakoniezentrum Jägerallee in Springe. Zwei von ihnen, Haide Lange und Brigitte Opitz haben uns ihre Erlebnisse der letzten Kriegstage und der Zeit danach geschildert. Zwei Schicksale, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Brigitte Opitz ist bei Kriegsausbruch gerade einmal 5 Jahre alt (Bild rechts). Ihr Vater dient während des Angriffs auf Polen in der Wehrmacht. Danach kehrt er auf den heimischen Hof in Ostpreußen zurück. Ihr älterer Bruder ist Soldat. Der Krieg kommt in ihr Leben, als die ers- Da war die Welt noch fast in Ordnung: Brigitte Opitz mit ihren Eltern 1943 vor der Veranda des elterlichen Hofes. 10 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 11 Folgen des 2. Weltkriegs: Flucht und Vertreibung 12 Millionen Displaced Persons nach dem Krieg in Deutschland: Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, ehemalige KZ-Insassen. 2,7 Millionen Zuwanderer aus der DDR in die Bundesrepublik. den die Familie 1944 verlassen musste. Sie versuchen, wieder nach Ostpreußen Auf dem brüchigen Eis steht eiskaltes Wasser. Die Angst geht mit im Treck. eiskaltes Wasser. Die Angst geht mit im Treck. Als die beiden Wagen die rettende Nehrung erreichen, erweist sich das zusätzliche Pferd als Segen. Bei einem Soldaten wird es gegen die Genehmigung eingetauscht, über die Nehrung zu fahren und einen Verwundeten aufzunehmen. Er ist der „Passierschein“ auf dem Weg nach Pillau. Dort erreicht die Familie Opitz ein Schiff. In zwei Etappen geht es bis Swinemünde. Aber ihre Habseligkeiten, Pferd und Wagen müssen sie zurücklassen. Nur noch Handgepäck können sie mitnehmen. Auf den Schiffen fährt die Angst mit unter den zusammengepferchten Flüchtlingen und Verwundeten. Denn das Schicksal der Wilhelm Gustloff hatte sich herum- zu kommen. Eine fatale Entscheidung. fatale Entscheidung. Schon in der nächsten Nacht werden sie von sowjetischen Soldaten ausgeraubt, die Frauen vergewaltigt. Brigitte selbst bleibt verschont, aber die Erinnerung bleibt. Und Ostpreußen, die Heimat, erreichen sie auch nicht. Schon die Oder ist ein unüberwindbares Hindernis. Ostern 1945 feiern sie in einem Kuhstall. Weihnachten des Jahres sind sie wieder in Plau. Und finden über das Rote Kreuz den Vater, der in Thüringen gelandet ist. Auch der Bruder findet zur Familie zurück. Happy End? Nein, noch lange nicht. Aber die Familie hatte sich wieder. Haide Lange wird in diesem Jahr 90. Sehr präsent sitzt sie vor mir, hat schon ein kleines Album mit Fotos auf den Tisch gelegt. Haide ist nicht Flüchtling wie so viele andere, die ihre Heimat in Ostpreußen, Schlesien oder Wolynien verlassen mussten. Sie wohnte im Ruhrgebiet. Bis sie der Krieg nach Buckowin verschlagen hat. Einem kleinen Nest in Sichtweite der ehemaligen deutsch-polnischen Grenze in Ostpommern. Der Reichsarbeitsdienst hatte sie dorthin geschickt. 30 Maiden und die entsprechende Zahl von Führerinnen bewohnten das ehemalige Zollhaus. Haide, gelernte Chemielaborantin, war als Aushilfslehrerin in der Dorf- Haide mit ihren Kameradinnen vor der Unterkunft des Reichsarbeitsdienstes in Buckowin. OSTSEE 50 000 NORDSEE Litauen 170 000 60 000 16 000 1,5 Mio. 12 000 290 000 2 Mio. 50 000 17 000 30 000 40 000 430 000 177 000 DEUTSCHLAND UdSSR 3,5 Mio. CSR 1,9 Mio. 483 000 150 000 10 000 80 000 213 000 40 000 1 Mio. 33 000 Ukraine 35 000 165 000 UNGARN ÖSTERREICH 240 000 350 000 65 000 3 Mio. 2 Mio. Weißrußland 274 000 3,2 Mio. SCHWEIZ 80 000 POLEN 688 000 1,9 Mio. (Quelle: wikipedia und Bundeszentrale für politische Bildung) 20 000 30 000 60 000 253 000 40 000 73 000 RU 40 000 MÄNIEN 298Familie 000ihre 000 men. Haide 17 hat schließlich gefunden. Auch 130 für000 sie gab es kein Happy End: Ihr Vater überlebte das 400 000 OSLAWIEN Kriegsende nur umJUG Monate. Und auch ihre jüngere Schwester ist bald verstorben. Für sich hat Haide eine neue Heimat in Hameln gefunden. Seit 2000 ist sie in BULGAR Springe. Ihre 15. Station. Von ihrem Zimmer blickt sie IEN eauf Erdbeerfelder. Noch ein paar Maz Wochen, dann gibt es donien Erdbeeren im Überfluss. Überfluss – das gilt auch120für ALBANIEN 000 30 000 000Kriegsmich als Nachgeborenem, der 60 die und Nachkriegsjahre nicht erlebt hat. Es gilt für meine GeneVergangenheit wird zur Verpflichtung. 700 000 0 100 200 ration. Die heute konfrontiert ist mit einer Welle von 300 km TÜRKEI 25 000 Grenzen von 194 Menschen, die sich aus Not auf den lebensgefährliGRIECHENLAND 7 chen Weg nach Europe, Deutschland machen. Und die für die Lagerführerinnen. Im Januar 1945 wird dann ihr gefordert ist, sich einzumischen. Für mich persönlich Lager geräumt. Für die Maiden heißt es alles anzuzieheißt es, dass ich mich einsetze für Flüchtlinge. Aktuhen, was möglich ist. Haide gehört zur Nachhut, kümTUNESIEN ell für einen Christen aus Afghanistan, den wir in meiMITTELMEER mert sich noch darum, dass die Kasse ordentlich überner Gemeinde vor Abschiebung schützen. Und für eine geben wird. Mit allem, was möglich ist, versuchen sie Quelle: Die Flucht. Übe Gruppe von Iranern, die uns vor „die Füße gefalr die Vertganze reibung der Deutschen, S.183. Richtung Westen zu kommen. In Berlin erwischen die © ZMSBw len sind“. 057 41- 07 Mädchen einen Güterzug mit Flugzeugen. Die Piloten nehmen sie in den Kanzeln mit durch die Nacht auf dem Weg nach Leipzig. Haide erreicht mit ihren Kameradinnen ein RADLager in Thüringen. Willkommen sind sie nicht, denn für die Neuen gibt es nicht zusätzliche Verpflegung. Dann erreicht sie eine Nachricht ihres Vaters: „KümDiakoniezentrum Jägerallee Springe mere dich nicht mehr um Vorgesetzte. Sieh zu, dass www.diakoniezentrum-springe.de du zur Mutter nach Schulenburg/Leine kommst.“ Haide macht sich auf den Weg, schleppt sogar den Koffer der Wolfgang Bauer sprach mit Brigitte Opitz und Haide Lagerführerin mit, die sich auf dem Staub gemacht hat. Lange. Sie wohnen im Diakoniezentrum Jägerallee in Und sie bleibt eigenartig bewahrt – wie sie heute weiß. Springe. Wolfgang Bauer ist Redakteur und Pastor in Essen holten sie sich aus verlassenen RAD-Lagern, mitNortheim. Seine Mutter machte sich im Februar 1945 mit genommen wurden sie schonmal von amerikanischen drei kleinen Kindern auf die Flucht aus der Lausitz. Soldaten – trotz brauner Uniform. Und sind mindestens zweimal unbeschadet durch die Kampflinie gekom- schule eingesetzt: Lesen, Schreiben und Geografie sollte die junge Frau den Grundschülern der 1. bis 4. Klasse beibringen. Natürlich alle in einem Raum. Buckowin – das war für die Mädchen das Ende der ITALIEN Welt. Aber ein idyllisches Ende. Vom Krieg haben sie nicht viel mitbekommen. Von der aus Osten heranrückenden Front wussten sie nichts. Radios gab es nur Fotos: privat; shutterstock/Vitalii Tiagunov ten Flüchtlinge aus Litauen mit Pferd und Wagen kommen und auf dem Hof Station machen auf dem Weg „heim ins Reich“. Wenig später sind es Ausgebombte aus Königsberg, die auf dem Hof aufgenommen werden. Im Oktober 1944 hat der Vormarsch der Roten Armee schon die Grenzen Ostpreußens überschritten. Und die Eltern von Brigitte handeln. Hastig wird das nötigste Hab und Gut auf einen Pferdewagen geladen. Dann geht es auf den Weg Richtung Süden. Wertsachen haben die Eltern auf dem Hof vergraben. Sie rechnen mit einer Rückkehr. Doch die Lage spitzt sich zu. Als die sowjetischen Truppen die Ostsee bei Elbing erreichen, sitzen die Ostpreußen in der Falle. Der Landweg Richtung Westen ist versperrt und die feindlichen Truppen kommen immer näher. In ihrer Verzweiflung versuchen die Menschen, über das zugefrorene Frische Haff zu entkommen. Auch Brigittes Eltern machen sich auf den gefährlichen Weg. Mit dabei ist ihr Onkel, der an seinem Wagen noch ein zweites Pferd mitführt. Aus Furcht vor Tieffliegern wagen sie sich nachts auf den Weg, der gesäumt ist von Leichen, toten Pferden, versunkenen Wagen. Auf dem brüchigen Eis steht DÄNEMARK Grafik in der Collage aus: Bundeszentrale für politische Bildung, Die Flucht. Über die Vertreibung der Deutschen, S.183 Foto: Shutterstock/LiliGraphie Tief verschneit der ostpreußische Hof, 14 Millionen Flüchtlinge, Deportierte und Vertriebene deutscher Staatsangehörigkeit. 7 Millionen aus ehemals deutschen Gebieten östlich von Oder und Neiße. 3 Millionen aus der Tschechoslowakei, 1,4 Millionen aus Polen, 300.000 aus Danzig, 300.000 aus Jugoslawien, 200.000 aus Ungarn, 130.000 aus Rumänien. 1 Million Menschen werden in die UdSSR deportiert. 2 Millionen Menschen überleben Flucht und Vertreibung nicht. gesprochen. 9000 Menschen kamen bei ihrem Untergang Ende Januar 1945 ums Leben. Von Swinemünde aus geht es mit dem Zug nach Plau am See in Mecklenburg, wo die Flüchtlinge bei einem Bäcker unterkommen: Sieben Menschen in einem Zimmer. Es ist eine Zeit des Aufatmens. Trotz Kopfläusen und Dank der Lebensmittelkarten geht es im Haus des Bäckers relativ gut. Das ändert sich auch nicht, als die Rote Armee die Stadt einnimmt. Keine Spur von Gewaltexzessen. Und die Flüchtlinge machen sich auf den Weg gen Osten, versuchen wieder nach Ostpreußen zu kommen. Eine Kontine (Umsiedlungen in Mi nt der Vertreibungen ttel- und Osteuropa 1944 bis 1952) 12 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 13 Wer Flüchtlingen hilft, stärkt die Demokratie. 2013: Mitmachkonzert des Chores „Gospelcontact“ im Flüchtlingswohnheim am Döhrener Turm. Fotos: gospelcontact Doris Schröder-Köpf über gelingende Integration. In Deutschland werden bis zum Ende des Jahres 2015 nach einer Prognose des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge voraussichtlich 400.000 Asylerstanträge erwartet. Menschen flüchten zu uns, die in Deutschland und Niedersachsen Zuflucht und Schutz suchen. Neben Bund und Land leisten die Kommunen in Niedersachen einen großen Beitrag bei der Aufnahme, Unterbringung und Versorgung dieser Menschen. Die anhaltend hohen bzw. noch steigenden Zugangszahlen an aufzunehmenden Schutzbedürftigen stellen die niedersächsischen Kommunen bei der Unterbringung und Versorgung dieser Menschen vor zunehmende Schwierigkeiten, die immer stärkere finanzielle und organisatorische Anstrengungen erfordern. Das Land Niedersachen entlastet die Kommunen daher mit einer zusätzlichen Soforthilfe von 40 Millionen Euro noch für dieses Jahr. Überall in Niedersachsen gibt es eine große Offenheit und Bereitschaft, auf Flüchtlinge zuzugehen und zu helfen. Mir begegnen Menschen, die ganz selbstverständlich und kein Aufhebens davon zu machen, Flüchtlingen bei ihren ersten Schritten in unserem Land helfen. Ehrenamtlich Aktive arbeiten für und mit den Menschen, die in Niedersachsen angekommen sind und hier eine neue Heimat finden möchten. Nach meiner festen Überzeugung helfen sie damit nicht nur den betroffenen Menschen, sondern auch unserer Demokratie. Ehrenamtliches Engagement schafft Vertrauen und sichert den Zusammenhalt des Gemeinwesens. Willkommenskultur und soziales Engagement unterstützen die Teilhabechancen aller und sorgen damit auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Deutschland oder Niedersachsen können sicherlich nicht allein das ganze Leid in der Welt beseitigen. Dies entbindet uns aber nicht von der Verpflichtung, durch konkrete Maßnahmen hier in Niedersachsen Flüchtlingen zu helfen und Menschen, die in ihrem Heimatland vom Tode bedroht sind, beizustehen. Dies wird auch zukünftig Richtschnur unseres Handelns sein. Kirchen und Wohlfahrtsverbände sind wichtige Akteure in der ehrenamtlichen Arbeit. Ehrenamtlich engagierte Menschen leisten großartige Arbeit und einen unschätzbaren Beitrag für die Gesellschaft. Sie bieten Sprachunterricht oder Nachhilfe an, begleiten die Menschen auf Behördengängen und kümmern sich um Klei- dungs- und Sachspenden. Bürgerschaftliches Engagement muss allerdings in eine Struktur eingebettet sein und koordiniert werden. Wichtig ist, dass Ehrenamtliche und Hauptamtliche an einem Strang ziehen. Dieses hilft den Menschen, für die man sich einsetzen und denen man helfen möchte. Sehr gut funktioniert dies auf der Ebene der qualifiDoris Schröder-Köpf zierten Integrationslotsen, die im Rahmen der durch das Landtagsabgeordnete Land Niedersachsen geförderten Schulungen über ein (SPD), Fundament an Wissen verfügen, das ihnen ein sinnvolLandesbeauftragte für les und wirklich unterstützendes Engagement ermögMigration und Teilhabe licht. Gleichzeitig wird der Einsatz der Integrationslotsen koordiniert und bleibt nicht zufällig oder willkürlich. Hier kommt den mittlerweile fast landesweit eingerichteten Koordinierungsstellen Migration und Teilhabe eine wichtige Bedeutung zu. Die Bewerbungen für den Niedersächsischen Integrationspreis mit dem Titel „Zuflucht Niedersachsen“ im vergangenen Juni zeigten mir als Juryvorsitzende erneut die riesige Bandbreite des zivilgesellschaftlichen Engagements hier in unserem Land. Da sorgen sich Braunschweiger Kleingärtner um Flüchtlingskinder und legen mit ihnen Beete an. Pensionierte Lehrerinnen bieten in Dinklage Flüchtlingen Sprachkurse mit Kinderbetreuung an. Ehrenamtliche des Refugiums Wesermarsch statten Flüchtlinge Wichtig ist, dass aus aller Welt mit gebrauchEhrenamtliche und ten Möbeln aus, um für sie ein Hauptamtliche an einem gemütliches neues Zuhause zu schaffen. Andere Gruppen, wie Strang ziehen. der Unterstützerkreis für Flüchtlingsunterkünfte in Hannover, dessen Schirmherrin zu sein ich die Ehre habe, bemühen sich, Vorurteile zu zerstreuen und Begegnungen zwischen Anwohnern und Flüchtlingen zu ermöglichen. Das Land Niedersachsen, die Kommunen und die ehrenamtlich engagierten Menschen leisten hervorragende Arbeit in der Flüchtlingspolitik. Wir sind bereit noch mehr zu tun. Flüchtlingspolitik ist eine gesamtstaatliche Aufgabe von Europäischer Union, Bund, Ländern und Kommunen. Ich wünsche mir, dass der Bund und die Europäische Union noch mehr Engagement in der Flüchtlingspolitik zeigen. 14 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 15 Beratungsstelle Kirchröder Turm Wo soll ich fliehen hin? – Flucht als Thema in Beratung und Therapie Vier Werte prägen die Arbeit des Diakoniewerkes Kirchröder Turm: Kompetenz, Mut, Barmherzigkeit und Heimat. Wie können sie konkret Gestalt gewinnen? Diakoniewerk Kirchröder Turm Diakonie – eine Haltung: Wir bieten Heimat. Ralph Zintarra, Vorstand Diakoniewerk Kirchröder Turm, Leiter Dienste in Israel Wer bedürftigen und in Not geratenen Menschen eine Zuflucht bieten will, muss selbst einen solchen Ort haben. Denn wir können nur das mit anderen teilen, was wir selbst glaubwürdig leben, was wir sind und haben. Kürzlich bin ich einem Baum begegnet, den ich mit dem Stichwort „Zuflucht“ verbinde. Dieser Baum steht in Jerusalem, in der Gedenkstätte Yad Vashem. Dort in der „Allee der Gerechten“ werden Menschen geehrt, die in der NS-Zeit Juden das Leben gerettet und sich dabei selber in Lebensgefahr gebracht haben. Dieser Baum wurde für die Holländerin Corrie ten Boom und ihre Familie gepflanzt. Über 4 Jahre versteckte und versorgte Corrie ten Boom mit ihrer Familie mehrere jüdische Menschen in ihrem Haus. Das war höchst gefährlich. Im April 1944 wurden die Ten Booms denunziert und verhaftet. Der Vater der Familie starb noch in der Haft. Corrie ten Boom wurde zusammen mit ihrer Schwester ins KZ Ravensbrück deportiert. Anders als ihre Schwester Betsie überlebte sie die Qualen. Mit einer Bibel, die sie bei ihrer Einlieferung ins Lager an der Kontrolle vorbei einschmuggeln konnten, hielten die Schwestern im Lager heimlich Bibelstunden und stärkten damit die Hoffnung und den Überlebenswillen vieler Mitgefangener. Ihre bewegende Autobiographie trägt in Anlehnung an das Versteck im Hause ten Boom den Namen „Die Zuflucht“. Woher nimmt ein Mensch, eine Familie die Kraft, so unerschrocken zu sein und zu handeln? Etwa 40 Jahre nach diesen Ereignissen ist ein Lied entstanden in Anlehnung an Psalm 90,1, das eine Antwort gibt: Du bist mein Zufluchtsort. Ich berge mich in deiner Hand, denn du schützt mich, Herr. Wann immer mich Angst befällt, traue ich auf dich! Einen Zufluchtsort haben, Schutz und Hilfe erleben – das zieht sich auch wie ein roter Faden durch die unterschiedlichen Hilfefelder, in denen wir als Diakoniewerk Kirchröder Turm tätig sind: „L!fe Concepts Kirchröder Turm“ hieß vormals „Kinderheimat Gifhorn“. Im Diakoniezentrum Springe gibt es „yocas“ – ein „Zuhause für junge Pflegebedürftige“ oder auch die „Heimatstube“, ein beschützter gerontopsychiatrischer Bereich für Menschen mit Demenz. Die „Casa della vita“ auf dem Gelände in Hannover will ein „sicherer Ort“ für traumatisierte Kinder und Jugendliche sein. Die Volontäre von „Dienste in Israel“ haben in Jerusalem eine Anlaufstelle, wo sie Begleitung und Freundschaft erleben – einen Rahmen der Geborgenheit. In der Handreichung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Diakoniewerkes Kirchröder Turm heißt es: Heimat ist ein sicherer Ort, an dem wir Identität finden, Geborgenheit erleben und aktiv zur Gestaltung unseres Lebens beitragen können. Wir bieten dem Hilfebedürftigen einen äußeren Raum des Vertrauens und Vertrauten, in dem er in seiner Not zu einer inneren Sicherheit gelangen kann. In der Gegenwart solcher Menschen fühlen wir uns gut aufgehoben! Ich habe großen Respekt vor Corrie ten Boom und ihrer Familie – großen Respekt davor, wie unerschrocken sie und weitere Menschen in ihrem Umfeld ihren Glauben gelebt und sich für Juden eingesetzt haben. Ich habe großen Respekt vor den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in unserem Diakoniewerk, die auf ihre Weise heimat-gebend und glaubwürdig leben. Und ich habe großen Respekt vor all den Menschen, die sich gegenwärtig unerschrocken für die Belange von Flüchtlingen einsetzen. sie jüdische Mitbürger. Sie überlebte die KZ-Haft und wurde zu einer Botschafterin der Versöhnung. In Israel erinnert ein Gedenk-Baum an sie und ihre Familie. Fotos: Diakoniewerk; Corrie-Ten-Boom-House Vorbild Corrie ten Boom: Während der NS-Zeit rettete Wenn man das Wort Flucht nachschlägt, trifft man auf zwei Bedeutungen: Erstens bezeichnet „Flucht“ das unerlaubte und heimliche Verlassen eines Landes oder Ortes und zweitens das Ausweichen aus einer als unangenehm empfundenen oder nicht zu bewältigenden Lebenssituation. Für Menschen, die sich zurzeit zu Tausenden auf die Flucht machen, gilt sicher beides. Wenn sie hier ankommen und traumatisiert sind brauchen sie fachspezifische Hilfe, die in Hannover z.B. das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen anbietet (s. Kasten). Als Beratungsstelle arbeiten wir mit solchen und anderen Fachstellen zusammen. Wir wären auch in der Lage, dem einen oder anderen direkt zu helfen, wenn dafür Gelder zur Verfügung gestellt würden. Sollten solche Anfragen vermehrt auf uns zu kommen, müssten wir ein Konzept entwickeln, wie wir Flüchtlingen helfen können. Zurzeit begegnen uns in der Beratungsstelle eher Menschen, für die die zweite Definition zutrifft. Die Gründe dafür können ganz unterschiedlich sein. Der Liederdichter Gerhard Schöne beschreibt es so: Wo soll ich fliehen hin, wenn ich mir selbst nichts bin? Fühl ich mich überflüssig, des Lebens überdrüssig, dann möcht ich mich verkriechen, nichts sehen, hören, riechen.1 Eine Folge kann die Flucht in die Einsamkeit sein, aus der sich eine soziale Phobie entwickeln kann. Oder die Flucht in eine Sucht, die nichts anderes ist als die Sehnsucht nach Erfüllung. Flucht kann auch das Versinken in eine Traumwelt bedeuten. Da die Realität scheinbar nichts Gutes bietet, schaffe ich mir eben eine andere Welt. Flight or Fight? Ursache von Trauma-Folgestörungen Ein weiterer Aspekt, mit dem wir es häufig zu tun haben, kommt aus dem Bereich der Traumatherapie unter der Überschrift: Fight or Flight. Die übliche Reaktion auf eine Bedrohung oder Gefahr ist Kampf oder Flucht. Diese reflexartige Reaktion sichert das Überleben des Menschen in Situationen, in denen es um Leben oder Tod gehen kann. Ist es möglich, sich gegen einen Angreifer erfolgreich zu wehren oder sich durch Flucht in Sicherheit zu bringen, wird ein solches Erlebnis in aller Regel gut verarbeitet werden können. Wenn weder mit Kampf noch mit Flucht auf eine lebensgefährliche Bedrohung reagiert werden kann, entsteht ein Trauma. Das Gehirn kann das Geschehen bei einem Trauma nicht als Gesamtheit verarbeiten und als Erinnerung speichern, sondern zerlegt es in „Einzelteile“. Einzelne Bilder oder auch Bruchstücke davon, Gefühlsqualitäten und Sinneseindrücke werden als Fragmente „zwischengelagert“ und vom Tagesbewusstsein abgespaltet. Das führt zu den Symptomen von Trauma-Folgestörungen. Kriegsenkel: Traumata aus dem Zweiten Weltkrieg Und dann gibt es natürlich bei uns noch immer die Gruppe der Menschen, die ganz konkret als Kinder Flucht und Vertreibung infolge des zweiten Weltkriegs erlebt haben. Die oft zitierte „vergessene Generation“, über deren Verlusterfahrungen einfach hinweggegangen wurde. Wie wir heute wissen, leiden sie bis ins Alter an diesen unverarbeiteten Folgen, die man bei manchen durchaus als posttraumatische Belastungsstörungen bezeichnen würde. Auch ihre Kinder, die s.g. Kriegsenkel kommen erst im Laufe von Therapiegesprächen auf Themen wie tiefe Verletzungen, seltsame Fremdheitsgefühle und häufig ein überstarkes Verantwortungsbewusstsein zu sprechen, deren Ursache Flucht und Vertreibung ihrer Eltern sind. Flucht als Thema in Beratung und Therapie – was brauchen Flüchtlinge, um wieder Fuß fassen zu können? Orte, wo sie ankommen können, zwischenlanden, neue Bewältigungsstrategien entwickeln, um wieder ein Zuhause finden zu können, innerlich und äußerlich. Väterliche und mütterliche Menschen, die ihnen ein Stück „Zuhause“ anbieten. Das entspricht unserem Wert im Diakoniewerk, wenn wir sagen: „Wir bieten Heimat.“ Sabine Mascher, Leiterin Beratungsstelle Kirchröder Turm „Wir sind für das Überleben gemacht.“ Der international anerkannte Trauma- und Krisenspezialist Georg Pieper sagt: „Wir sind für das Überleben gemacht! Wir brauchen eine Rückbesinnung auf die ureigenen Fähigkeiten und Kräfte des Menschen – nämlich, sich anzupassen, Herausforderungen anzupacken, Schwierigkeiten, Rückschläge, Schicksalsschläge nicht nur hinzunehmen, sondern sie auch bewältigen können.“2 Und manchmal mag der/die eine oder andere Ratsuchende dann vielleicht auch die letzte Strophe von Gerhard Schönes Lied für sich buchstabieren: Ich hab es satt zu fliehn. Komm zu mir, Herr des Lebens, dass ich nicht leb vergebens. Mach mich und andre Leichen zu deinem Lebenszeichen.3 Infos und Anmeldung: beratungsstelle-am-kirchroeder-turm.de Traumatisierten Flüchtlingen helfen Das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen (NTFN) mit Sitz in Hannover arbeitet mit Dolmetschern, macht Krisenintervention und vermittelt weiter an Therapeuten, Ärzte, Rechtsanwälte. Die Beratung ist kostenlos. NTFN e.V., Marienstr. 28, 30171 Hannover, ntfn.de 1: Gerhard Schöne, 1990: Lebenszeichen, Liederbuch, Baiersdorf 1991, 3: ebendort 2: Überleben oder Scheitern. Die Kunst, Krisen zu bestehen und daran zu wachsen, Knaus-Verlag 2012, S. 13ff) 16 siehe oben Juni 2015 return Fachstelle Mediensucht Fachstelle return plant wissenschaftliche Studie Schleichender Exit: Flucht in virtuelle Welten Massive Probleme durch Pornokonsum: Jugendliche werden beziehungsunfähig. Sie wollen einfach nur weg aus einer Welt, für die sich der Einsatz ihrer Ansicht nach nicht lohnt. Leiter von return Fachstelle Mediensucht, Hannover sen ihre Heimat. Manchmal geplant, oft genug aber auch Hals über Kopf. Viele Jugendliche und auch Erwachsene, die unsere Beratungsstelle aufsuchen, sind auch auf einer Flucht. Sie alle erzählen uns aber ganz andere Fluchtgeschichten, als die, die wir normalerweise mit dem Wort „Flucht“ verbinden. Sie leiden keinen Hunger, sie werden nicht mit dem Tod bedroht, auch nicht staatlich verfolgt, weil sie bestimmte Ansichten vertreten. Sie wollen einfach nur weg, weg aus einer Welt, für die sich der Einsatz ihrer Ansicht nach nicht lohnt. Schule, Ausbildung, Partnerschaft, Familie – in solche Ziele investieren sie schon mehr oder weniger lange keine Zeit und Kraft mehr. Ihre Entscheidung, in die virtuellen Welten von Computerspielen zu flüchten, haben sie in der Regel nie bewusst getroffen. Vielen ist noch nicht einmal wirklich klar, dass sie sich auf einer Flucht befinden – auf einer Flucht vor sich selbst und den Realitäten ihres Lebens. Ihr Fluchtprozess kommt viel- Leben zu gestalten und ihm eine neue mehr schleichend in Gang. Sie haben Richtung zu geben. In Gesprächen mit sich zunächst einfach anstecken lasJugendlichen erleben wir jedoch, dass sen von den faszinierenden Möglichsehr viele von ihnen, insbesondere die keiten und Erfahrungen in phantastiJungen, noch eine ganz andere Flucht schen Online-Spielewelten, den tollen antreten. Gefühlen von Wettkampf, Sieg und Wir sind erschüttert von einer Heldentum. Die Vernachlässigung des regelrechten Massenflucht, deren eigenen Lebens, die damit Stück für Zeuge wir werden. Ein Beispiel: Ein Stück einhergeht, haben sie zunächst Student der eigentlich wegen exzesgar nicht wirklich realisiert, obwohl siven Computerspielens zu uns kommt, Mitmenschen sie meist schon früh berichtet in der Beratung ganz ehrlich darauf aufmerksam gemacht haben. davon, dass er seit Jahren mehrmals Viele von ihnen lassen sich leider pro Woche Pornografie im Internet jahrelang nicht von ihrer Flucht abhalkonsumiert. ten. Eltern versuchen in dieser Zeit oft Seine Beziehungen zu Frauen sind verzweifelt, alles in ihrer Macht steoberflächlich und immer nur von kurhende zu tun, um ihre heranwachsenzer Dauer. Er gesteht, dass er bereits den Kinder zum Anhalten, zum Innnezu Beginn einer neuen Beziehung das halten, zum Umkehren zu bewegen. baldige Aus vor Augen hat. Er kann Nicht selten braucht es einen starken Impuls, eine gescheiterte AusbilWir sind erschüttert von einer regelrechten dung, den Verlust des Massenflucht, deren Zeuge wir werden. Arbeitsplatzes oder massive körperliche Folgen, und will sich gar nicht wirklich auf eine die dem Betroffenen deutlich machen, Frau einlassen. Er flüchtet vor Verbinddass er nicht auf der Flucht in ein beslichkeit, Tiefe, echter Intimität und verseres, freieres Land ist, sondern sich letzt sich und andere damit. Die Porauf dem Weg in eine zunehmende nos geben ihm ganz einfach und jederAbhängigkeit und Unfreiheit befindet. zeit einen schnellen Kick, eine Illusion Wir Mitarbeiter von return nehvon Nähe. Er begreift im Gespräch die men uns Zeit für solche Menschen. Zusammenhänge zwischen seinem Wir helfen ihnen, sich wieder heiKonsum und der Sicht auf Frauen, den misch zu fühlen bei sich selbst, bieten Fluchtmechanismus und beginnt, sich ein Stück Heimat an in unseren Räumit den langfristigen Konsequenzen men und fordern sie heraus, nicht länauseinanderzusetzen. Ein Einzelfall? ger vor den Realitäten ihres Lebens zu Leider nicht. flüchten, sondern sich zu stellen, ihr Eberhard Freitag Wenn Jugendliche in Workshops unserer Fachstelle gefragt werden, wie viele ihrer Klassenkameraden ihrer Meinung nach Pornografie konsumieren, antworten sie: „Schätzungsweise zwischen 80 und 100 Prozent“. Falls dies der Realität entspricht, hat Deutschland ein massives Problem. Denn Pornokonsum schädigt nachhaltig die Beziehungsfähigkeit junger Menschen. Partnerschaften und Familien der nächsten Generation sind gefährdet. Wir wollen die tatsächliche Häufigkeit des Konsums mittels einer Studie exakt erfragen, weil es keine aktuellen Zahlen dazu in Deutschland gibt. Denn wir wollen nicht mit Vermutungen und Verdächtigungen argumentieren, sondern mit Fakten. Die Wissenschaft zeigt bislang wenig Inte- resse an diesem Thema. Studien aus dem Jahr 2008, die wir mangels aktuellerer Zahlen verwenden, stammen aus einer Zeit, in der das mobile Internet in der Hosentasche noch kaum verbreitet war. Gegenwärtig sind wir im Gespräch mit einem Forschungsinstitut, um eine repräsentative Befragung mit ca 2.000 Jugendlichen zu deren Konsummustern und -folgen durchzuführen. Wir sind davon überzeugt, dass wir dadurch Ergebnisse werden präsentieren können, die der Beschäftigung mit dieser Problematik einen starken Schub verleihen und unser Anliegen weiter voranbringen werden. Die Kosten einer solchen Studie (ca. 20.000 €) können wir nicht aus eigener Kraft stemmen, sondern wir sind darauf angewiesen, dass Men- schen dieses Anliegen mit auf ihr Herz nehmen und uns dabei unterstützen. Dürfen wir Sie für dieses Projekt um eine Spende bitten? return Fachstelle Mediensucht www.return-mediensucht.de Spenden zur Realisierung der Studie bitte an return Fachstelle Mediensucht Eberhard Freitag, Leiter return Spar- und Kreditbank Bad Homburg IBAN: DE05 5009 2100 0001 1189 00 BIC: GENODE51BH2 Verwendungszweck: Studie return Pornos sind nicht harmlos Fotos: Dietrich Riesen, Hannover Menschen flüchten in der Regel nicht freiwillig, sondern weil ihre Lebensverhältnisse unerträglich geworden sind. Sie treffen irgendwann und irgendwo eine klare Entscheidung, brechen auf und verlas- Eberhard Freitag Juni 2015 siehe oben 17 Kinder und Jugendliche brauchen Hilfe, um die Auswirkungen von Pornokonsum zu durchschauen und eine fundierte Haltung dazu zu gewinnen. Das innovative Lehrmaterial »Fit for Love?« vermittelt eine beziehungsorientierte Sexualpädagogik. Weitere Infos und Bestellung unter www.fit-for-love.org 18 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 19 Mit Kreativität und Wertschätzung Fluchthelfer sein Riesige Flüchtlingsströme, Menschen jeden Alters verlassen ihre angestammte Heimat, um wenigstens das nackte Leben zu retten. Schon lange war abzusehen, dass solche Massenbewegungen einsetzen würden, wenn die reichen Länder nicht eigene Gewohnheiten überdenken und notwendiges Knowhow, Sachund Finanzmittel, Kompetenzen und umfängliche Unterstützung zur Verfügung stellen. Nirgendwo scheint man angemessen vorbereitet zu sein auf dieses große Elend, die Einzelschicksale und adäquate und würdevolle Hilfen. Riesige Flüchtlingsströme. Sind wir vorbereitet? Auch bei L!FE CONCEPTS haben wir uns dieser Entwicklung zu stellen. Erste unbegleitete minderjährige Flüchtlinge sind vorübergehend in unsere Inobhutnahmegruppe ENTRADA eingezogen. Wundervolle junge Menschen mit Träumen und Sehnsüchten. Die KollegInnen dort geben ihr Bestes. Aber das ist nicht wirklich viel in Relation zu dem, was den Einzelnen widerfahren ist. Manches lässt sich nur erahnen, aber nicht wirklich verstehen. Es scheitert bereits an sprachlichen Barrieren, weil wir nicht die verschiedenen Muttersprachen beherrschen und unsere Gäste weder deutsch noch englisch sprechen. Dolmetscher stehen nicht zur Verfügung. Durch Andeutungen, Gesten oder auch nächtliche Alpträume lässt sich im Ansatz ermessen, welche Traumatisierungen hinter ihnen liegen. Aber auch wenn Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge bei l!fe concepts die eigentlichen Traumaerlebnisse der Vergangenheit angehören, sind die Erinnerungen nicht einfach ausgelöscht, sondern haben schlimme Narben in den Seelen hinterlassen. Bisher hatten unsere neuen Bewohner kaum Gelegenheiten zu Beratung, Therapie oder auch nur zum Verbalisieren all der schlimmen Erfahrungen vor empathischen Zuhörern. Niemand versteht sie. Trotzdem hilft es schon ein wenig, einfach da zu sein, ihnen ausreichend Nahrung, Kleidung, eine äußeren Ort der Sicherheit, Zeit zur Verfügung zu stellen, einen ermunternden Blick zuzuwerfen, eine spontane herzliche Geste zu verschenken… Von den jungen Menschen selbst bekommen wir viel zurück. Sie verhalten sich unglaublich freundlich, höflich und aufmerksam. Sie sind interessiert und wissbegierig, hilfsbereit und sofort zur Stelle, wenn die PädagogInnen ihre Handreichungen benötigen. Wir wissen, dass es sich bei unserem derzeitigen Einsatz lediglich um einen Tropfen auf den heißen Stein handelt und weitaus mehr Fragen als Antworten vorhanden sind. Trotzdem wollen wir auf diesem Feld offen sein für Herausforderungen und mit unseren Ideen zu kleinen Lösungen und zur Verbesserung einzelner Lebenssituationen beitragen. Aber das Thema Flucht begegnet uns auch in anderen Kontexten aus völlig anderen Perspektiven: Wenn unsere Kolleginnen im Rahmen unseres Projektes SODISTRA die Sexarbeiterinnen in ihren Liebesmobilen besuchen, haben wir es dort mit Frauen zu tun, die auf der Flucht sind. Keine der Liebesdienerinnen hält sich dort auf, weil sie käufliche Liebe so attraktiv fände, sondern es ist aus subjektiver Warte oft die einzige Möglichkeit aus unglaublicher Armut zu fliehen. Selbst die Freier könnte man unser dem Aspekt Flucht betrachten; Flucht aus einem Alltag, in dem innere und äußere Sehnsüchte nicht gestillt werden, in dem Partnerschaft und Sexualität nicht die erhoffte Erfüllung bringen, in dem Überforderungen über wenige Momente körperlicher Lust kompensiert werden. Oder da sind die von uns betreuten Familien, die aufgrund von Arbeitslosigkeit, fehlender Bildung und anderer Faktoren zu wenig Geld besitzen, um ihren Alltag effizient meistern zu können. Trotzdem schaffen sie es häufig innerhalb ihres persönlichen Wohnumfeldes irgendwie eine Konsum als Flucht, um die eigene Bedürftigkeit nicht so intensiv zu spüren „Medienvollausstattung“ mit großem Flachbild-TV, teuren PCs, Anlagen für Musik und DVDs etc. zu ergattern, um sich unerreichbare Traumwelten wenigstens über virtuelle und andere technische Möglichkeiten zu erschließen. Auch für Zigaretten, Alkohol und andere Rauschmittel ist gelegentlich Geld vorhanden – Fluchtmöglichkeiten, um die eigene Bedürftigkeit nicht so intensiv zu spüren. Wenn unsere BewohnerInnen der CASA DELLA VITA von ihrer Umwelt vielfach als aggressive, abweisende, destruktive, unmögliche jugendliche Regelverletzer wahrgenommen werden, gibt es aus persönlicher Sicht jeweils gute Gründe dafür, sich genauso zu verhalten. Aus ehemaligen „Opfern“ werden Menschen, die nie wieder Opfer sein wollen und sich deshalb über die gezeigte Härte vor erneuten Verletzungen schützen. Sie fliehen aus einer passiven in eine aktive Rolle, die in der Regel zwar nicht das Wohlbefinden erzeugt, nach dem gesucht wird; aber das ist immer noch besser, als dauerhaft hilflos zu bleiben. Wir können immer wieder beobachten, wie Kinder aus Verwahrlosungssituationen sich extrem früh als sexuelle Wesen begreifen. Damit ist nicht die normale Neugierde und gesunde Lust am Entdecken des eigenen Geschlechts und der eigenen Sexualität gemeint – das darf und soll so sein. Aber weil sie selbst nicht die erforderlichen, sicheren Bindungen erfahren haben, flüchten sie sehr schnell in unterschiedlichste und wechselnde sexuelle Kontakte, um darüber Wärme, Zuwendung, Akzeptanz, Nähe und scheinbare Liebe zu geben und zu erhalten. Ich entsinne mich an eine Situation, in der mir ein Mädchen aus Sehnsucht nach Geborgenheit mal erzählte, dass sie ganz früh eine Partnerschaft zu einem Mann eingehen wolle. Der könne sie dann auch ruhig schlagen, Hauptsache es sei ihr eigener Mann. Unreife Partnerschaft als Fluchtmöglichkeit aus empfundener eigener Kälte. Es wäre schön, wenn „Flüchtende“ wahrnehmen und wertschätzend begleiten Jürgen Scheidt, Geschäftsführer von jeder von uns im persönlichen, beruflichen oder sonstigen Umfeld einen Blick für „flüchtende“ Menschen erhalten oder entwickeln würde, um mit Kreativität und Wertschätzung „Fluchthelfer“ zu sein. Dazu braucht man einfach ein offenes Herz. Wir könnten es trainieren: Das „Herzenhören“… L!FE CONCEPTS, dem Zentrum der Kinder-, Jugend-, Familien- und Lebenshilfe in Gifhorn. Jürgen Scheidt ist Vorstandsvorsitzender im Diakoniewerk Kirchröder Turm. Mehr Informationen: www.lifeconcepts-kt.de Manchmal statte ich unserer Psychologin Sandra Mielau eine kurze Stippvisite ab, wenn sie gerade ein Kind zur Spieltherapie bei sich hat. Dort können sich die Kleinen oder auch Größeren im Rollenspiel, im szenischen Auftritt, im Agieren über Playmobil-Figuren ganz verlieren, einfach bei sich sein und über solche Mittel einen Zugang zu ihrer inneren Problematik erlangen. Die „Flucht“ ins therapeutische Spielen erschließt noch Optionen, wo Worte nicht sein dürfen oder zu sehr schmerzen. Fotos: Stefan Simonsen, Hannover L!FE CONCEPTS Antisemitismus, Terror, Verfolgung – während der Nazidiktatur wurden Millionen 20 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 21 Juden von Deutschen ermordet. Dieses Schild – ein Beispiel für den massiven v. links: Pastor Peter Jörgensen gesellschaftlichen Druck – wurde im April 1987 bei Erdarbeiten (Beauftragter am Sitz der Bundes- von Mitarbeitern der Bildungsstätte Kirchröder Turm gefunden. regierung für die Vereinigung Evangelischer Freikirchen VEF), vordere Reihe: Daniela Schadt (Lebensgefährtin des Bundespräsidenten Joachim Gauck und Mitglied im Kuratorium der Stiftung Deutsch-Israelisches Zukunftsforum), Egon und Fridegart Maschke (Gründer Dienste in Israel), Juden nicht erwünscht? Juden hochwillkommen! Jubiläum 40 Jahre Dienste in Israel Es ist durchaus nicht selbstverständlich, dass Juden überall willkommen sind. In den Jahren vor 1945 waren sie zum Beispiel in der Kirchröder Straße 46 in Hannover ausdrücklich nicht erwünscht. Damals war dort das Café-Restaurant Kirchröder Turm. Seit der Gründung im Jahr 1975 befindet sich genau an diesem Ort die Geschäftsstelle von „Dienste in Israel“. Erstaunlich, nicht wahr? Der Ort der Ausgrenzung ist zu einem Ort der Begegnung geworden. Denn in der Kirchröder Straße 46 haben wir erst kürzlich wieder unsere jüdischen Freunde willkommen geheißen, beherbergt und gemeinsam mit ihnen gefeiert. Anlass dafür war das 40jährige Jubiläum unseres Freiwilligendienstes. Das Motto: „Einander begegnen – Gemeinsam Zukunft bauen!“ Mit großer Dankbarkeit veröffentliche ich an dieser Stelle eine Auswahl der Grußworte unserer jüdischen Freunde und Partner. Ralph Zintarra, Leiter Dienste in Israel Liebe Brückenbauer, ich kenne eure Organisation seit vielen Jahren, habe einiges mit euch miterlebt und war sehr positiv überrascht von eurer Arbeit. Ich hatte das Glück, einige von den Leitern kennen zu lernen und auch einige Volontäre. Jugendliche kommen nach Israel und lernen. Die Vorbereitung für diese jungen Menschen für ihr Leben ist euch gelungen. Sie gewinnen eine neue Perspektive durch Begegnungen und Beziehungen hier im Land und bringen ihre Talente ein. Diese Beziehungen hinterlassen lebenslang Eindrücke und bringen Hoffnung – Hoffnung, welche die jungen Menschen weitergeben und die hoffentlich auch Früchte trägt. Jehuda Bacon, Auschwitz-Überlebender Ich bin unsagbar traurig, dass ich an der 40-Jahrfeier in Hannover aus gesundheitlichen Gründen nicht teilhaben kann. 40 Jahre sind in der Bibel immer eine lange Zeit und nun feiert ihr 40 Jahre gesegnete Dienste in Israel. In einer Zeit, in der Israel sehr verleumdet wird und viele ihre Freundschaft aufgesagt haben, bleibt ihr Israel treu. Hiermit fördert ihr den jüdisch-christlichen Dialog, der mir immer ein Anliegen war, und die deutsch-israelischen Beziehungen. Mit Freude und Dankbarkeit verfolge ich die Arbeit der Volontäre hier im Land und freue mich über die vielen guten Begegnungen, die wir haben. Der HERR segne euch von Zion aus! In Dankbarkeit und Liebe grüßt euch Avital Avital Ben-Chorin, „Außenministerin“ von DiI Foto: Philip Zintarra, Hannover hintere R.: Pastor Ralph Zintarra (Leiter Dienste in Israel), Pastor Hans-Detlef Sass (stellv. Aufsichtsratsvorsitzender des Diakoniewerkes), Hans-Peter Pfeifenbring (Vorstandsvorsitzender Diakoniewerk), ganz rechts: Viola Steinberg (Aufsichtsratsvorsitzende Diakoniewerk) Hoher Besuch aus Berlin zu Gast bei Dienste in Israel Mit einer dreitägigen Veranstaltungsreihe beging der Freiwilligendienst „Dienste in Israel“ Mitte Juni in Hannover sein 40jähriges Bestehen. Unter dem Motto „Einander begegnen – Gemeinsam Zukunft bauen“ waren über 300 Gäste aus Deutschland und Israel zusammengekommen, unter ihnen Daniela Schadt, Lebensgefährtin des Bundespräsidenten Joachim Gauck. Sie ist Mitglied im Kuratorium der Stiftung Deutsch-Israelisches Zukunftsforum. Mehr als 1.200 Volontärinnen und Volontäre von „Dienste in Israel“ haben seit 1975 soziale Einrichtungen in Israel mit ihrer Arbeit unterstützt. Sie wirken in israelischen Altenheimen und Behinderteneinrichtungen als „Hagoshrim“, das bedeutet „Brückenbauer“ und ist die hebräische Bezeichnung von Dienste in Israel. Viele Holocaustüberlebende haben dabei die tätige Liebe gespürt und so versöhnliche Erfahrungen mit Deutschen machen können. Im Jahr 2015 begehen der Staat Israel und die Bundesrepublik Deutschland den 50. Jahrestag der Aufnahme diplomatischer Beziehungen. Aufgrund der Shoa sind und bleiben unsere Beziehungen einzigartig und es ist nicht selbstverständlich, dass sie heute so vielfältig, vertrauensvoll und dynamisch sind. Deutsche Freiwilligendienste haben innerhalb unserer Beziehungen von Beginn an eine wichtige Rolle gespielt. Seit 40 Jahren bauen Dienste in Israel nun schon Brücken zwischen unseren Ländern und unseren Völkern. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die Begegnungen von Menschen und das gegenseitige Kennenlernen, und so sind im Lauf der Jahre viele Partnerschaften und Freundschaften entstanden. Es sind diese Begegnungen von Mensch zu Mensch, die unsere Beziehungen tragen und sie so lebendig machen. Ich danke allen Brückenbauern herzlich für ihren Einsatz und gratuliere Dienste in Israel zum 40. Jubiläum! Yakov Hadas-Handelsman, Israelischer Botschafter in Berlin „Das ist beeindruckend und macht mich froh“, sagte Daniela Schadt beim Festakt am Samstagvormittag in den Räumen der Freikirchlichen Elim-Gemeinde in Hannover. Sie drückte Dankbarkeit und Stolz über diese Arbeit aus und bekräftigte die große Bedeutung des Versöhnungsdienstes für die Verbindung zwischen Israel und Deutschland, die erst 1965 diplomatische Beziehungen zueinander aufgenommen hatten. Ulrike Landt Liebe Freiwillige, als deutscher Botschafter freue ich mich in diesem Jahr besonders über das 50-jährige Jubiläum der deutschisraelischen diplomatischen Beziehungen. Aber was wäre der rege Austausch auf Regierungsebene ohne die Menschen, die diese Beziehungen mit Leben füllen? Seit 40 Jahren bauen Sie Brücken zwischen Deutschland und Israel: Durch Ihr Engagement und Ihren freiwilligen Dienst erschaffen Sie Möglichkeiten des Austauschs, in denen Menschen zueinander finden und sich freundschaftlich begegnen. Ich beglückwünsche Sie zu diesem Jubiläum, das Ihre Arbeit ehrt und danke Ihnen von Herzen! Andreas Michaelis, Deutscher Botschafter in Tel Aviv Mehr Informationen: dienste-in-israel.de 22 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 23 Biblisch-Theologisches Institut Hanover Nach der Wahrheit fragen: Biblisch-theologische Fortbildung im Alltag und die eigene religiöse Sozialisation zu reflektieren und zu erweitern, bewusster und gezielter mit Fragen der Bibel und des Glaubens umzugehen und Erkenntnisse in den Alltag zu integrieren. Das Institut ist ein gezieltes Angebot für Menschen, die sich alltagsbegleitend im biblisch-theologischen Bereich fortbilden möchten. Zum Leitungsteam des Institutes gehören Pastor Hartmut Bergfeld, Pastor Siegfried Müller, Pastor Ralph Zintarra und Kristina Hasenpusch. Im Wintersemester beginnen die neuen Kurse. Beim Grundkurs geht es um einen Einblick in verschiedene Telefon: 0511/95498-0 E-Mail: [email protected] Alle Kurse starten am 12. Sept. 2015. Kosten: je EUR 250,00 (Ratenzahlung möglich) Ambulanter Hospizdienst Todeswünsche zulassen und zur Sprache bringen Studientage des BTI Hannover Grundkurs, donnerstags, 19:00 bis 21:30 h (30 Abende, Starttag, 3 Studientage) im Diakoniewerk Kirchröder Turm Aufbaukurs, dienstags, 09:30 bis 12:00 h (30 Vormittage, Starttag, 3 Studientage) in der EFG Hann.-Walderseestraße Griechischkurs, dienstags, 19:30 bis 21:00 h Konferenzraum Diakoniewerk Kirchröder Turm Prophetisch leben – prophetisch dienen 27. Februar 2016 Pastor Dr. Heinrich Christian Rust (Braunschweig) Systemische Seelsorge 04. Juni 2016 Pastor Michael Borkowski und Pastor Hartmut Bergfeld (Hannover) Fotos: Stefan Simonsen, Hannover; Ulrike Landt Biblisch-Theologisches Institut Hannover baukurs, Module 3 + 4 dientage mesterbibelschule ekt Offenbarung des Johannes ührung in das theologische Englisch Schwerkranke fühlen sich oft überflüssig. Wir wollen den Ängsten eine Perspektive der Fürsorge und des Miteinanders entgegensetzen. Interreligiöser Dialog – Möglichkeiten und Grenzen 28. November 2015 Pastor Dr. Michael Kisskalt (Elstal) BTI e Bibel was mit dem Weitere Infos und Anmeldung unter www.bti-hannover.de ndkurs Bücher der Bibel, um Grundfragen der Ethik, um Bibelverständnis und Dogmatik. Im Aufbaukurs werden vertiefend über mehrere Abende hinweg verschiedene Bücher der Bibel bearbeitet. Darüber hinaus werden Theologische Schwerpunktthemen, aber auch Psychologie und Seelsorge behandelt. Fotos: frikadella / iStockphotos „Wir wollen nach dem Grundkurs unbedingt mit dem Aufbaukurs das Bibelstudium fortsetzen“, so zwei Teilnehmer des Grundkurses 2014/2015 des Biblisch-Theologischen Institutes Hannover. Wir sind im zehnten Jahr des Biblisch-Theologischen Institutes Hannover; das elfte Jahr ist bereits geplant! Das Biblisch-Theologische Institut Hannover, BTI, bietet die Möglichkeit, sich über einen längeren Zeitraum intensiver mit der Bibel und ihren Inhalten auseinander zu setzen. Das BTI ermöglicht neue Einblicke und hilft, den eigenen Glauben Bundestagsdebatten, Gesetzesentwürfe und aufrüttelnde Zeitungsartikel rücken das Thema immer mehr in den Vordergrund: die Angst vor einem unwürdigen Lebensende. Die Themen Tod und Sterben scheinen gerade durch die Debatte über die Sterbehilfe in aller Munde zu sein. Trotzdem herrscht eine große Unsicherheit. Wir als Hospizdienst, die ehrenamtlichen Mitarbeiter sowie ich als Leitung und Koordinatorin des Dienstes möchten nicht vor der Auseinandersetzung mit diesen Themen flüchten, sondern uns aktiv damit auseinandersetzen und mit Menschen darüber ins Gespräch kommen. Die Gründe für den Wunsch eines Freitods sind vielfältig. Uns im ambulanten Hospizdienst beschäftigt dieses Thema insbesondere im Zusammenhang mit Krankheitsleiden und Alter. In der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland1 heißt es, dass jeder Mensch ein Recht hat auf Sterben unter würdigen Bedingungen. Die Charta „formuliert auf der Grundlage der Situation der betroffenen Menschen und der ihnen Nahestehenden und auf der Grundlage der bisher gemachten Erfahrungen innerhalb der Hospizarbeit und der palliativen Pflege und Medizin Aufgaben, Ziele und Handlungsbedarf in der Betreuung schwerstkranker und ster- bender Menschen“2. Für die Hospizbewegung heißt das „insbesondere den Bestrebungen nach einer Legalisierung der Tötung auf Verlangen durch eine Perspektive der Fürsorge und des Miteinanders entgegenzutreten“3. Genau das beschäftigt uns im Kreis der Mitarbeiter. Zehn ehrenamtliche Mitarbeiter aus unserem Dienst hatten Ende April die Gelegenheit, an der 18. Loccumer Hospiztagung zum Thema „Begleitung an der Grenze - Todeswünsche zulassen und zur Sprache bringen“ teilzunehmen. Dabei haben sie hochkarätige Fachreferenten zum Thema gehört sowie sich in Arbeitsgruppen persönlich der Thematik gestellt. Bei meiner Weiterbildung zur Palliative Care Fachkraft bin ich mit vielen Pflegefachkräften ins Gespräch gekommen. Der Satz: „Schwester, können Sie mir nicht einfach eine Pille geben“, war nur einer, zu dem wir uns kollegial und interdisziplinär ausgetauscht haben. Wir wollen eine Atmosphäre schaffen, in der über dahinterliegende Ängste und Befürchtungen gesprochen werden kann. Durch die Begegnung von Mensch zu Mensch wollen wir Würde und Wertschätzung kommunizieren, Todeswünsche ernstnehmen und zur Linderung des Leidens beitragen. Bischof Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, sagte in einem Interview im Diakonie-Magazin Spezial 2015: „Wir müssen in Erinnerung rufen, dass jeder Mensch in jeder Lebenslage ein gutes Geschöpf Gottes mit Würde jenseits aller Produktivität und ökonomischen Überlegungen ist.“4 An genau diesem Punkt setzt die hospizliche Begleitung durch ehrenamtliche Mitarbeiter an. Wir vom ambulanten Hospizdienst beraten und begleiten Sie gern bei allen Fragen und Anliegen rund um das Thema Tod und Sterben! Birthe Möller, Leiterin und Koordinatorin, Der Ambulante Hospizdienst 1www.charta-zur-betreuung-sterbender.de 2 aus der Präambel der Ergebnisse der Arbeitsgruppen Charta Langfassung Stand 7.5.2010, S.3 3 Ergebnisse der Arbeitsgruppen - Charta Langfassung Stand 7.5.2010, S.4 4 Diakonie magazin Spezial 2015 – Was am Ende gut tut – Sterbebegleitung. Diakonie Deutschland – Evangelischer Bundesverband, Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e. V., S. 25 Weitere Infos: ambulanter-hospizdienst-hannover.de Birthe Möller Kirchröder Str.46 30559 Hannover Tel.: 0511 9549857 E-Mail: [email protected] 24 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 25 Diakoniezentrum Jägerallee Springe Kinderkrippe „Die Vivaldis“ Annika Schaefer: Neu im Bereich Seelsorge und geistliches Leben Wechsel unter den Mitarbeiterinnen Nachdem Pastor Markus Frank im Februar 2015 aus dem Dienst verabschiedet worden ist, hat Annika Schaefer den Bereich Seelsorge und geistliches Leben im Diakoniezentrum Jägerallee Springe übernommen. Auf die Bedürfnisse der Bewohner angemessen einzugehen, ist ihr ein besonderes Anliegen. Annika Schaefer arbeitet seit zehn Jahren in verschiedenen Bereichen des Diakoniezentrums Jägerallee, unter anderem im Betreuten Wohnen. „Ich bin persönlich vor Ort ansprechbar, wenn Menschen das Gespräch suchen“, fasst die 42-Jährige ihre neue Aufgabe zusammen. Oft gehe es dabei um existenzielle Fragen: Seelsorge, Trauerbegleitung, Sterbebegleitung. Auch die jungen Pflegebedürftigen haben oft traumatische Erfahrungen gesammelt, die aufgearbeitet werden müssen. Dass Annika Schaefer gerade dabei ist, eine psychotherapeutische Ausbildung abzuschließen, hilft bei dieser wichtigen Arbeit. Die studierte Theologin koordiniert zudem den Sonntagsgottesdienst und die alle zwei Wochen stattfindende Bibel- Es ist viel in Bewegung, im Mitarbeiterinnen-Team der Kinderkrippe Die ViWALDIS! Schon wieder steht ein Wechsel bevor. Carola Moske, die seit Januar 2010, dem Start der Kinderkrippe, mit im Erzieherinnen-Team war, verließ uns leider vor den Sommerferien 2014. Da Anette Hoffmeyer, die auch dem Start-Team der ViWALDIS angehörte, eine zweite Krippe in Badenstedt gegründet hatte, konnte Carola die leitende Stelle von Anette in Stöcken übernehmen. Nach vielen Bewerbungsgesprächen und Gebeten wurde am 1. September 2014 Mareike Dose als neue Mitarbeiterin stunde, organisiert Prediger und Referenten. „Oft sind das auch Ehrenamtliche, was ich besonders schön finde“, sagt sie. Ökumene ist dabei wichtig für sie. Das Diakoniezentrum habe zwar eine enge Verbindung zur Baptistengemeinde Kreuzkirche in Springe. Aber auch die Zusammenarbeit mit den Pastoren der evangelischen und katholischen Kirche sei gut und wichtig. Menschen unterstützen und auf der letzten Wegstrecke begleiten – das ist eben keine Frage der Konfession. krippe „Die ViWALDIS“ ist ein Gemeinschaftsprojekt. Betreiber ist die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Hannover-Walderseestraße, Träger ist das Diakoniewerk Kirchröder Turm. Alexander Nortrup Siftung Chance zum Leben Unter Flüchtlingen besonders betroffen: Mütter mit kleinen Kindern Kita Arche Noah unterm Regenbogen Zum Schluss ergänzt er: „Das veränderte neue Deutschland, welches sich in den letzten 70 Jahren entwickelt hat, ist leider noch nicht in allen Teilen und Köpfen dieser Welt angekommen, und dies sollte viel mehr von hier positiv herausgestellt werden.“ 20 Jahre in der Kita Am 01. April konnte unsere Erzieherin Jacqueline Yilmaz (Bild rechts) ihr 20-jähriges Dienstjubiläum in der Kindertagesstätte feiern. „Als ich damals hier anfing, hätte ich nie gedacht, dass es mal 20 Jahre werden würden“, sagte sie erinnernd.In unserer schnelllebigen Zeit sind Beständigkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen gerade für unsere jüngste Generation und auch deren Eltern eine wichtige Grundlage für gelingende Beziehung und Erziehung. 20 Jahre an einem verantwortungsvollen Arbeitsplatz tragen mit dazu bei und sind ein positives Zeichen einer Identifikation mit sich selbst und auch mit der Einrichtung. Andreas Maschke, Leiter der Kita Foto: iStock/annedde vergleichsweise eine große Freiheit des Denkens und Handelns, politische Meinungsfreiheit, Arbeit und ein gutes Gesundheitssystem. Wir sind froh, dass wir in Deutschland sind. Ich kann arbeiten und meine Frau kann jetzt einen Deutschkurs besuchen, da die Kinder betreut werden. Wir sind glücklich hier zu sein und Deutschland kann stolz darauf sein, dass hier Menschen aus fast 190 Ländern mit unterschiedlichen Religionen und Kulturen friedlich zusammenleben, weil die Akzeptanz funktioniert.“ Fotos: Andreas Maschke, Kita Familie aus Ägypten / 20jähriges Dienstjubiläum Seit letztem Jahr ist Familie Mansy mit ihrer Tochter Nermin und jetzt mit ihrer 2. Tochter Limar in unserer Einrichtung (Bild links). Als Anfang 2011 in Ägypten die Revolution mit vielen Demonstrationen und damit verbunden auch vielen getöteten Zivilisten begann und auch kein Ende abzusehen war und weitere Entwicklungen sehr ungewiss waren, hat Herr Mansy, der schon in Deutschland war, seine Familie Ende 2011 aus Ägypten nach Deutschland geholt. Herr Mansy erklärt: „Hier in Deutschland gibt es begrüßt und hat das ErzieherinnenTeam wieder vervollständigt. Nun ist Mareike Dose schwanger und verlässt die ViWALDIS vorübergehend Anfang Juni 2015. Schon wieder musste eine neue Erzieherin gefunden werden. Keine leichte Aufgabe in dieser Zeit. Doch wir spürten, Gott hat uns im Blick und es lohnt sich, ihm zu vertrauen! Jetzt sind wir erleichtert und freuen uns sehr auf Sabrina von Hopffgarten, die am 1. Juni 2015 als Schwangerschaftsvertretung bei den ViWALDIS eingestiegen ist und sind gespannt auf die Zusammenarbeit mit ihr. Die Kinder- Die Generation unserer Eltern kann es noch ermessen, was es heißt, auf der Flucht zu sein mit kleinen Kindern, nicht zu wissen, wohin man kann und wovon man leben soll. Aber sie hatte trotz Not, Zerstörung und Elend den Vorteil, sich gut verständigen zu können und nicht in eine völlig fremde Kultur zu flüchten. Immer wieder hören und sehen wir in den Nachrichten von Schwangeren und Frauen mit kleinen Kindern, die auf den Booten aus Afrika über das Mittelmeer aus Not, Verfolgung und Armut fliehen. Mütter mit kleinen oder ungeborenen Kindern gehö- ren zu den besonders verletzlichen Personen. Die Leistung, die sie allein erbringen müssen, ist enorm und für uns kaum vorstellbar. Dann sind sie hier angekommen und haben Unterkunft in einem Flüchtlingswohnheim gefunden. Neben allem Fremden, wie der Sprache, der Kultur mit anderen Gewohnheiten und Regeln, kommen oft noch ganz andere Schwierigkeiten auf die Frauen zu. Da ist zum Beispiel der Aufenthaltstitel oder das Sorgerecht noch nicht geklärt, so dass keine Leistungen in Form von Kindergeld gezahlt werden. Dann ist der Vater noch in Italien oder unterwegs und nicht erreichbar, so dass das Neugeborene noch nicht krankenversichert gemeldet ist. Bei einer Frau ist der Vater inzwischen im Heimatland verstorben und so kann die Mutter für das erste Kind kein Kindergeld mehr bekommen. Bei einer anderen Familie ist der Vater noch in Italien und kann nicht für das Kind aufkommen, da er arbeitslos ist – und der Asylantrag für die Mutter ist noch nicht durch, aber das Kind ist schon da. In all diesen Fällen mit einem „Windelgutschein“ der Stiftung zu helfen, ist für die Frauen eine größere Unterstützung, als wir uns wahrscheinlich vorstellen können. Allein zu sehen, dass es Menschen gibt, die sich kümmern und Initiativen kennen, die auf vielfältige Weise helfen, ist für sie ein Segen. Wir von der Stiftung Chance zum Leben haben in den letzten zwei Jahren deutlich mehr Hilfegesuche von Asylsuchenden und Flüchtlingen erhalten. Und das nicht nur, weil die Gemeinde am Döhrener Turm in Hannover Träger eines Flüchtlingswohnheims ist, sondern auch, weil bundesweit einige Beratungsstellen und Gemeinden des Bundes EvangelischFreikirchlicher Gemeinden Initiativen für Flüchtlinge gestartet haben und dadurch immer wieder für solche Situationen Hilfe suchen. Dass wir als Stiftung hier die Möglichkeit haben, so konkret zu helfen, macht mich sehr dankbar. Hannelore Becker Referentin „Stiftung Chance zum Leben“, Stiftung des Bundes Ev.-Freikl. Gemeinden, Träger ist das Diakoniewerk Kirchröder Turm e.V. Mehr Informationen: www.chancezumleben.de 26 siehe oben Juni 2015 Juni 2015 siehe oben 27 Haus Shalom Raum im Zeiten der Krise und der Entwurzelung Sommer 2011: Während ich in einem gut klimatisierten Bus sitze auf meiner Reise ins ehemalige Ostpreußen, der Heimat meiner väterlichen Familie, wandern meine Gedanken zu den längst verstorbenen Großeltern. Und ich denke an den zutiefst beschwerlichen und traurigen Weg, den sie mit vielen anderen zusammen in umgekehrter Richtung nahmen: Flucht im Winter 1945. Gott sei´s gedankt, mir ist das schwere Schicksal der Flucht erspart geblieben. Allerdings kenne ich aus meiner Lebensgeschichte das Gefühl der Entwurzelung. Der Horizont erscheint dunkel, die Suche nach Perspektiven ist mühselig. Und ich weiß, wie viel Kraft das kosten kann. Sommer 2015: an einem sicheren guten Ort, in meiner Wohnung mitten im Diakoniewerk, umgeben von freundlichen Menschen und wunderbarer Natur. Hier kann ich das tun, was ich so gerne und unbedingt tun will: Menschen die Tür öffnen, um ihnen für eine Zeit des Umbruchs, der Entwurzelung, der Krise, der Unruhe eine Heimat zu geben. Da ist der Gast, der nur für einige Stunden Stille braucht und die Möglichkeit des Abschaltens. Oder derjenige, der ganz plötzlich vor dem Zusammenbruch des Bisherigen steht. Und wird nun eigentlich die junge Frau kommen, die ihr überbehütendes und krankmachendes Elternhaus verlassen will und allmählich eine eigene Zukunft bauen wird? Und ist Platz für noch jemanden, der nach viel Therapie sich einmal nur dem Gebet und der Stille stellen will? Ja, es ist Platz. Auf irgendeine Weise ist immer genau so viel Platz da, wie wir gerade brauchen. Und ja: es ist auch immer wieder – in all dem vielen nötigen Tun im Haus und auf dem Gelände – die Zeit da: zum Beten, zum Hören, für Tränen, zum gemeinsamen AmFeuer-Sitzen und für das Lachen. „Das Lachen und die Liebe – so wird uns immer wieder aufs Neue vor Augen geführt – sind unverzichtbar für Leute, denen niemand einen nachvollziehbaren theologischen Erklärungsrahmen für ihre Verzweiflung bieten kann“ (Adrian Plass). Ich setze gerne dazu: Ein warmes, friedevolles Haus ist unverzichtbar für Leute, die unterwegs sind, heimatlos, entwurzelt, sehnsüchtig, müde – egal, ob man ihnen einen Erklärungsrahmen bieten kann oder nicht. Not-wendig ist es ja auch für die Mitarbeitenden hier in den verschiedenen Bereichen und für unsere kleine Lebensgemeinschaft: Zeit und Raum für Stundengebete und für das Sitzen in der Stille. So ankern wir uns selbst immer wieder bei Gott, in einem ewigen Haus, am Ziel unserer Sehnsucht. Kirchröder Institut Fortbildung für Therapie, Seelsorge, Pädagogik Im Raum Hannover gewinnt das Kirchröder Institut zunehmend an Bekanntheit. Die Bildungseinrichtung bietet für Tätigkeitsfelder wie Seelsorge, Beratung, Therapie und Pädagogik Seminare und Fortbildungen mit unterschiedlichen Themen und Akzenten an. In Zusammenarbeit mit renommierten Kooperationspartnern und qualifizierten Referenten greifen wir relevante aktuelle Fragestellungen auf. Durch Selbsterfahrungsanteile und Einbeziehung eigener Praxis profitieren die Teilnehmer sowohl für ihr persönliches Leben als auch für ihren beruflichen oder ehrenamtlichen Kontext. Christiane Kirsch, Leiterin Haus Shalom Mehr Infos: hausshalom.de Sie erweitern fachliche Kompetenzen und „tanken“ Ruhe und Energie. Für 2015 und 2016 konnten neue Referenten dazugewonnen werden. Weitere Themen in Planung: „Überlastungsprävention für pflegende Angehörige von demenziell Erkrankten“, „S.E.L.F.-Training“; „Burn-out“; „Resilienz“; „Systemische Beratung und Seelsorge“ und „Einführung in die Energetische Psychologie“. Das Kirchröder Institut arbeitet auch mit anderen Aus- und Fortbildungseinrichtungen zusammen, z.B. mit Dr. med. Michael Bohne (PEP – Prozess- und Embodiment-fokussierte Psychologie) und mit Dr. Lutz Besser vom Zentrum für Psychotraumatologie und Traumatherapie Niedersachsen (zptn). Viele zeitgemäße, spannende Themen und viele interessante Referenten! Melden Sie sich an! Kristina Hasenpusch Infos und Anmeldung: Kirchröder Institut, Hannover Ansprechpartnerin: Kristina Hasenpusch Telefon: 0511/95498-0, www.kirchroeder-institut.de Seminarangebote 2015/2016 Fotos: Ulrike Landt und Kirchröder Institut Fotos: Haus Shalom Grundausbildung Focusing mit Dr. Peter Lincoln Fünfteilige Ausbildung Beginn: 06.–08. November 2015 Religiöser Missbrauch mit Inge Tempelmann 13.–15. November 2015 Resilienz mit Norbert Rönnau 18.–20. März 2016 Schluss mit dem Burn-out mit Jürgen Vollmann 07.–10. April 2016 und 15.–18. September 2016 Escape: dem schleichenden Burn-out entkommen mit Jürgen Vollmann 18.–19. Juni 2016 und 22.–23. Oktober 2016 Einführung in die Energetische Psychologie mit Bettina Kilianski Grundlagenseminar: 24.–25. Juni 2016 Level 1: 28.–29. Oktober 2016 Level 2: 18.–19. November 2016 Systemische Beratung und Seelsorge mit Dietmar Pfennighaus 02.–04. September 2016 Nachrichten aus dem Juni 2015 Diakoniewerk Kirchröder Turm Uwe Wollrabe ist 28 siehe oben Juni 2015 Arbeitspädagoge in der Casa della Vita in Hannover, siehe oben 29 eine Wohngruppe zur außerklinischen Behandlung von Traumafolgestörungen bei Kindern und Foto: privat Jugendlichen. Zwangsversteigerung!? Uwe Wollrabe erlebt: „Unser Papa im Himmel sorgt für uns.“ Eine ganz besondere Geschichte von so vielen in meinem Leben mit Gott: Wir mussten uns vor Jahren wohnungstechnisch vergrößern, für unsere nun sechsköpfige Familie war die Eigentumswohnung zu klein geworden. Endlich hatten wir ein bezahlbares Haus gefunden. Die Kaufformalitäten waren erledigt, unsere Wohnung verkauft, wir konnten endlich umziehen. Dann die Nachricht von der Bank des Verkäufers: Unser neues Heim wurde nicht freigegeben, da es mit ca. 70.000 DM beliehen war, um Ware des Vorbesitzers zu bezahlen. Außerdem war das Haus bei der Bank mit 80.000 DM höher belastet, als er es uns verkauft hatte. Aus dem Grundbuch ging diese Belastung nicht hervor, sonst hätten wir das Haus nicht genommen. Was hatten Inzwischen hatte ich noch einige weitere tausend Mark in Renovierungsarbeiten gesteckt und war fast pleite. Die Gläubiger wollten ihr Geld – und wir mit den zwar von mir. Es stand sogar eine Zwangsversteigerung an. Wir beteten wie Schulden des die Weltmeister und lagen Gott in den Ohren. War es doch so ungerecht! Was hatten wir mit den Schulden des Verkäufers zu tun? Verkäufers Fast pleite, die Zwangsversteigerung vor Augen, die alte Wohnung verzu tun? kauft, vier kleine Kinder, das geht an die Nerven. Aufgrund eines Tipps nahmen wir uns einen Anwalt, ohne das Geld dafür zu haben. Uns war nicht bewusst, dass es ein Staranwalt zu der Zeit war. Gespräche mit der Bank, dem Lieferanten folgten. Das Ganze zog sich über drei Monate hin. Trotz des anfänglichen Schocks wurde ich immer ruhiger. Ich hatte die totale Gewissheit, dass mein „Papa im Himmel“ für uns sorgt und uns Recht verschafft. Und tatsächlich, aus „unerfindlichen Gründen“ hat die Bank den Lieferanten bezahlt, auf ihr Geld verzichtet und von der Zwangsversteigerung abgesehen. Das Anwaltshonorar hätte laut Streitwert bei ca. 20.000 DM gelegen. Berechnet hat er uns nur 2.000 DM, unser allerletzter Notgroschen. Aber egal, soll noch mal einer sagen, dass ein Leben als Christ langweilig ist! Flucht Bloß weg von hier? Wenn Menschen ihren Ort verlassen. Ausgabe 1 2015 Impressum: s.o. – siehe oben: Informationsmagazin des Diakoniewerkes Kirchröder Turm Herausgeber: Diakoniewerk Kirchröder Turm e.V. Kirchröder Straße 46, 30559 Hannover, T. 0511.954980, [email protected], www.diakoniewerk-kt.de Vorstand: Hans-Peter Pfeifenbring (Vorstandsvorsitzender), Jürgen Scheidt (Vorstandsvorsitzender), Pastor Ralph Zintarra Diakoniestiftung Kirchröder Turm Konto 1118900, Spar- und Kreditbank Bad Homburg, BLZ 500 921 00 V.i.S.d.P: Pastor Ralph Zintarra, Hannover Aufsichtsrat: Viola Steinberg (Vorsitzende), Hans-Detlef Saß (stellv. Vorsitzender) Redaktion: Wolfgang Bauer, Northeim; Kristina Hasenpusch, Hannover Gestaltung und Beratung: saatwerk Visuelle Kommunikation (Ulrike Landt, Melina Neuber-Haase) Titelbild: Philip Zintarra, Hannover Das Ende einer Reise Flüchtlinge berichten über ihre Odyssee Wer Flüchtlingen hilft, stärkt die Demokratie. Doris Schröder-Köpf (MdL) über mutige Helfer Druck: diaprint, Empelde Pornos sind nicht harmlos. Fachstelle return spricht von Massenflucht ins Netz.
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