Newsletter Januar 2016 - ebl factum rechtsanwälte

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- An unsere Mandanten-
Januar 2016
1. ebl factum
Immobilienrecht
Geänderte Rechtsprechung zu
Flächenabweichungen
Bislang galt in der Wohnraummiete
wie
auch
in
der
Geschäftsraummiete
der
Grundsatz, dass erst eine mehr als
10 prozentige Abweichung der
tatsächlichen Mietfläche von der
vertraglich vereinbarten einen
Mangel darstellt und zu einer
Minderung berechtigt.
Jetzt gewinnt jede abweichende
Wohnfläche
an
rechtlicher
Bedeutung. Es ist nämlich auch
dann die tatsächliche Wohnfläche
zu Grunde zu legen, wenn diese die
vertraglich vereinbarte um weniger
als 10 Prozent unterschreitet oder
auch übersteigt. Der VIII. Senat des
BGH hat in einem Urteil vom
18.11.2015 teilweise seine frühere
Rechtsprechung aufgegeben. Es
ging im konkreten Fall um ein
Mieterhöhungsbegehren.
Der
Vermieter hatte eine Mietfläche zur
Verfügung gestellt, die die
vereinbarte überstieg, aber um
weniger als 10 Prozent.
Für das Mieterhöhungsbegehren ist
nach diesem Urteil des BGH nicht
die vertraglich vereinbarte, sondern
die tatsächliche Wohnfläche zu
Grunde zu legen. Hier durfte also
der Vermieter mehr Fläche
ansetzen. Allerdings ist ein
Vermieter in dieser Situation nicht
berechtigt,
über
die
Kappungsgrenze
hinaus
(15 Prozent) einen weiteren
Aufschlag wegen des höheren
Flächeninhalts vorzu-nehmen.
tatsächlichen
geben sollen.
Es wird spannend sein zu
verfolgen, ob der BGH im Bereich
der Geschäftsraummiete (XII.
Senat)
dieselben
Grundsätze
anwenden wird, wobei ihn – anders
als in der Wohnraummiete - bei
einer Mehrmiete kein Mietspiegel
und
keine
Kappungsgrenze
einengen. Eine obergerichtliche
Entscheidung des OLG Dresden,
Beschl. v. 01.07.2014, spricht
dafür, dass der BGH demnächst die
10 Prozent-Grenze auch im
gewerblichen Bereich aufheben
könnte. Denn das OLG Dresden
gibt
dem
Mieter
einen
Bereicherungsausgleich für jede
Flächenabweichung bei „echter“
Quadratmeter-Mietabrede.
Eine
solche „echte“ Abrede soll dann
bestehen, wenn die Parteien
vereinbaren, dass sich die Miete
unmittelbar
aus
der
Quadratmeterzahl, multipliziert mit
einem Betrag der Miete pro/m²,
ergibt. Dann soll der Mieter genau
diejenige Miete schulden, die sich
aus der vorgesehenen Berechnung
ergibt.
Joachim Schmidt
Gewerblichen
Vermietern
und
Mietern wird wegen der aktuell noch
bestehenden
Rechtsunsicherheit
empfohlen, individualrechtlich zu
vereinbaren, ob und inwieweit
Abweichungen der tatsächlichen
Fläche
von
der
vertraglich
vereinbarten Fläche ein Recht zur
Minderung sowie das Recht zur
Anpassung der Miete an die
Flächenverhältnisse
2. ebl miller rosenfalck
Arbeitsrecht
Die „Constructive dismissal“
und der FC Chelsea
Kündigt
ein
unliebsamer
Mitarbeiter, hat der deutsche
Arbeitgeber eine Sorge weniger –
das Arbeitsverhältnis endet ohne
Zahlung einer Abfindung und ohne
ein gerichtliches Verfahren. Für
den
englischen
Arbeitgeber
erledigen sich dagegen mit der
Eigenkündigung
des
Arbeitnehmers nicht alle Probleme
von selbst; ggf. sieht er sich mit
einer Besonderheit des englischen
Rechts,
der
„Constructive
dismissal“, konfrontiert.
Die „Constructive dismissal“ weitet
den
Kündigungsschutz
nach
englischem
Recht
auf
Arbeitnehmer aus, die durch das
Verhalten des Arbeitgebers zur
Eigenkündigung genötigt werden:
Der Arbeitgeber soll sich nicht der
Gefahr
eines
Kündigungsschutzverfahrens
entledigen können, indem er
Mitarbeiter treuwidrig aus dem
Arbeitsverhältnis drängt. Eine
„Constructive dismissal“ liegt also
bei
einer
schweren
Vertragsverletzung vor, auf Grund
derer der Arbeitnehmer das
Arbeitsverhältnis beendet. Eine
Gehaltskürzung,
Degradierung
oder Mobbing können einen
solchen Verstoß z. Bsp. begründen.
Der Arbeitnehmer kann dann die
Zahlung einer Entschädigung
geltend machen.
Die „Constructive dismissal“ macht
auch nicht vor prominenten
Arbeitgebern halt: Im August 2015
zog sich die Teamärztin des FC
Chelsea, Eva Carneiro, bei einem
Spiel gegen Swansea City den Zorn
des Trainers José Mourinho zu, als
sie beim Stand von 2:2 das
Spielfeld betrat, um einen scheinbar
angeschlagenen
Spieler
zu
versorgen. Sehr zum Ärger des
Trainers musste der FC Chelsea
während der Behandlung in
Unterzahl weiterspielen. Mourinho
nannte die Ärztin „naiv“ und
verbannte sie von der Ersatzbank.
Der Vorfall gipfelte in der
Suspendierung von Dr. Carneiro.
Die
Ärztin
kündigte
ihr
Arbeitsverhältnis und reichte eine
„Constructive dismissal“- Klage
ein. Zudem verklagte sie José
Mourinho persönlich wegen dessen
diskriminierenden Verhaltens.
Dieser Fall zeigt, dass Klagen
wegen
einer
„Constructive
dismissal“
besonders
im
Zusammenspiel mit Ansprüchen
wegen einer Diskriminierung durch
den Arbeitgeber in der englischen
Arbeitsrechtspraxis ein beliebtes
Instrument
sind,
um
den
ehemaligen Arbeitgeber unter
Druck zu setzen und zu einer
finanziell
attraktiven
außergerichtlichen Einigung zu
motivieren – vermutlich legen
weder der FC Chelsea noch Herr
Mourinho Wert auf ein Verfahren
vor dem Employment Tribunal.
Edzard Clifton-Dey,
Susanna Grichtmaier
3. ebl esch & kramer
Gesellschaftsrecht
Anforderungen an den Zustimmungsbeschluss des Aufsichtsrats
bei Vornahme eines Rechtsgeschäfts
mit einem Mitglied des Vorstands
Das OLG München hat mit Urteil
vom 05.03.2015 (Az.: 23 U 2384/14)
entschieden, dass ein Rechtsgeschäft
zwischen einem Vorstandsmitglied
und einer AG, vertreten durch den
Aufsichtsrat (§ 112 AktG), nur dann
wirksam ist, wenn der Aufsichtsrat
als Kollektivorgan dem Abschluss
des Vertrages und allen wesentlichen
Vertragspunkten durch Beschluss
zugestimmt hat und der Kaufvertrag
in der Folge ohne wesentliche
Änderungen abgeschlossen wurde.
Dies gilt auch dann, wenn der
Aufsichtsrat
ein
Aufsichtsratsmitglied bevollmächtigt
hat, den Vertrag auszuhandeln und
abzuschließen.
Der Vorstandsvorsitzende einer
Aktiengesellschaft beabsichtigte, von
ihm an einer GmbH gehaltene
Geschäftsanteile an die AG zu
verkaufen. Der Aufsichtsrat der AG
ermächtigte durch Beschluss zwei
Aufsichtsräte zur Unterzeichnung des
Kaufvertrages. Zum Zeitpunkt der
Beschlussfassung lag der Vertrag im
Entwurf vor. Über die finale
Formulierung
einer
im
Vertragsentwurf enthaltenen Kaufpreiserhöhungsklausel, die sich im
später beurkundeten Vertrag wieder
fand, bestand dabei im Aufsichtsrat
Einigkeit.
Nach
notarieller
Beurkundung des Kaufvertrages und
einer Teilzahlung des Kaufpreises
weigerte sich die AG zur Zahlung des
Restkaufpreises, da sie mangels
eindeutigem und somit nicht
ausreichendem
Aufsichtsratsbeschluss nicht wirksam vertreten
worden sei.
Das OLG München ging davon aus,
dass der Aufsichtsrat tatsächlich
den Willen zum Abschluss des
Kaufvertrages gebildet hatte. Es
stand zur Überzeugung des OLG
fest,
dass
den
Aufsichtsratsmitgliedern
bei
Beschlussfassung der wesentliche
Inhalt
des
beurkundeten
Kaufvertrages bekannt gewesen sei
und auch über den Wortlaut der
später beurkundeten Kaufpreiserhöhungsklausel
in
der
Aufsichtsratssitzung eine Einigung
erzielt
worden
sei.
Der
Aufsichtsratsbeschluss
genügte
daher für eine wirksame Vertretung
im Sinne von § 112 AktG. Dass an
dem
Vertrag
im
Beurkundungstermin noch eine
unwesentliche Änderung bzgl. der
Kostentragung
vorgenommen
wurde, blieb nach Auffassung des
OLG ohne Auswirkungen auf die
Wirksamkeit der Beschlussfassung.
Diese Entscheidung belegt die
Bedeutung
einer
sorgfältigen
Dokumentation
der
Beschlussfassung über die finale
Vertragsversion. Nach Möglichkeit
sollte dem Protokoll über den
Aufsichtsratsbeschluss ein Entwurf
des Vertrags beigefügt werden.
Sollen nach Beschlussfassung noch
Änderungen
an
dem
zustimmungsbedürftigen
Vertragsentwurf
vorgenommen
werden, empfiehlt es sich,
vorsorglich
einen
neuen
Aufsichtsratsbeschluss
herbeizuführen.
Dirk Recktenwald
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