JEAN SIBELIUS Scènes historiques II op. 66 I Die Scènes historiques II op. 66 („historischen Szenen II“) von Jean Sibelius (1865 – 1957) wurden im Jahr 1912 veröffentlicht. Die drei frisch empfundenen, musikalisch äußerst wirksamen Miniaturen verlegte Sibelius zeitlich in das Mittelalter, gestaltete sie aber aus dem Geiste der Romantik. In der kurzen Andante-Einleitung zum ersten Satz „Die Jagd“ ertönt drei Mal der Weckruf der Hörner. Der letzte Ruf geht unmittelbar in ein Allegro con brio über. In den Streichern und Holzbläsern macht sich eine drängende Unruhe bemerkbar. Jäger und Meute sind jagdbereit! Nun beginnt die musikalische Schilderung der Jagd, die formal den Charakter einer Durchführung annimmt. Ein Hornruf beendet die Jagd und leitet in die ruhige Coda über, in der eine kantable Melodie die Aufregungen der Jagd zu dämpfen versucht. Auf dem ruhigen Fundament der Fagotte und Hörner intonieren die Bratschen den ersten Teil des „Minnelieds“. Seine Weiterführung übernehmen die Flöten. In diesem eingeschobenen Satz „singt“ das Solo-Violoncello, kontrapunktiert von den Flöten, eine neue Liedstrophe. Nach einer zweitaktigen Harfenüberleitung erfolgt die Wiederholung des Minneliedes. Im ersten Teil des dritten Satzes „An der Zugbrücke“ (Allegro moderato) haben die Streicher die Aufgabe, mit ihren Pizzicato-Akkorden die Lauten- und Harfenbegleitung des Sängers nachzuahmen. An thematischem Material führt Sibelius mehrere Motive ein, die innerlich miteinander verwandt sind. Die leidenschaftliche Stimmung am Schluss des ersten Teiles macht im zweiten Teil einer inneren Besinnung Platz: das Allegro mäßigt sich zum Andante und der 4/4-Takt wandelt sich zum ¾-Takt. Die Violinen intonieren, unterstützt von der Harfe, das Lied des Sängers. In einem rezitativisch anmutenden Zwiegespräch zwischen den Violinen, der Flöte und der Harfe geht der Satz zu Ende. MAX BRUCH Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-moll op. 26 Bei einem so durchschlagend und anhaltend populären Werk wie dem Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-moll op. 26 von Max Bruch (1838 – 1920) ist man geneigt, von einem flott hingeworfenen Geniestreich auszugehen. Die Entstehungs phase des Werks bietet freilich ein gänzlich anderes Bild. Wohl wenige Kompositionen der Musikgeschichte wurden so oft umgearbeitet, verbessert oder verändert wie Bruchs Konzerterstling. Verschiedene Geiger und andere Musikerkollegen wurden zwischen 1864 und 1867 wiederholt zu Rate gezogen. Mehr als einmal war der Komponist völlig verunsichert und beklagte „eine Arbeit, der ich nicht gewachsen bin“. Entscheidenden Anteil an der Endfassung hatte ein aus der Bad Harzfelder Sommerfrische geschriebener Brief des berühmten Geigers Joseph Joachim. Der schwierige Arbeitsprozess, in Briefen gut dokumentiert, gibt einen faszinierenden Einblick in die Werkstatt des Kompo-nierenden und zeigt, wie unermüdlich er am Ausdruck und der Wirkung auch des kleinsten Details feilte. Befragt, warum er, selbst eigentlich Pianist, so großes Interesse für die Violine habe, antwortete Bruch: „Weil die Geige die Melodie besser singen kann als das Klavier, und die Melodie ist die Seele der Musik.“ Bruchs 1. Violinkonzert beginnt mit einem balladenhaft zwischen Lyrik und Leidenschaft schwankenden Einleitungssatz. Es folgt das berühmte Adagio, das seit jeher als Inbegriff Bruchscher Kunst gilt. Den Schlusspunkt setzt ein ungarisierendes, virtuos auftrumpfendes Finale. PETER I. TSCHAIKOWSKY Suite Nr. 1 d-moll op. 43 Peter Tschaikowsky (1840 – 1893) komponierte seine Suite Nr. 1 op. 43 1878/79 auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft unmittelbar nach Vollendung seiner vierten Sinfonie (deren Fanfare im ersten Satz der Suite zitiert wird) und seiner Oper „Eugen Onegin“. Der russische Komponist unternahm hier den eigenwilligen Versuch, die Form der spätbarocken Suite mit der entwickelten symphonischen Satztechnik seiner Zeit zu kombinieren, also eine auf stilisierten Tanztypen basierende alte musikalische Form zu aktualisieren. In gewisser Weise schuf er hier ein symphonisches Ballett ohne Handlung. Im ersten Satz seiner sechssätzigen Suite Nr. 1 folgt nach einer melancholischen Einleitung eine kraftvolle, ganz durchgeführte Barockfuge. Der zweite Satz, als Divertissiment bezeichnet, ist ein Walzer, in den MazurkaEpisoden eingearbeitet sind. Der Intermezzo betitelte ergreifende dritte Satz ist das lyrische Kernstück der Suite und hat den für Tschaikowski so charakteristischen breiten melodischen Fluss. Im Gegensatz dazu ist der heitere vierte Satz, ein MiniaturMarsch mit dem Originaltitel „Marsch der Liliputaner“, nur für hohe Holzbläser, Violinen, Glockenspiel und Triangel geschrieben. Das Hauptthema des fünften Satzes, ein recht derb humoriges Scherzo, steht im Kontrast zu dem an ein russisches Volkslied erinnernden traurigen Mittelteil. Das Finale trägt die Bezeichnung Gavotte und ist als Rondo mit einem gravitätischen Hauptthema angelegt. Albrecht Menzel, geboren 1992, erhielt seinen ersten Geigenunterricht bereits mit vier Jahren und debütierte mit dreizehn Jahren als Solist bei den Dresdner Musikfestspielen. Er studierte Violine in Wien bei dem renommierten Violinpädagogen Professor Boris Kuschnir und bei Professor Julian Rachlin. Als Solist konzertierte Menzel unter anderen mit dem Münchner Rundfunkorchester, dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt/Oder, der Heidelberger Philharmonie, dem State Symphonie Orchestra New Russia, dem Orchestra del Carlo Felice Genua und der Polnischen Kammerphilharmonie. Der neunzehnjährige Albrecht Menzel spielte 2011 das Mendelssohn Violinkonzert op. 64 bei den Mendelssohn Festtagen Leipzig, es dirigierte Kurt Masur. Gemeinsam mit Anne-Sophie Mutter unternahm Menzel eine USA-Tourne. Der Violinist gastierte bei zahlreichen nationalen und internationalen Musikfestivals, gewann viele Preise und Auszeichnungen. Sein Album „thoughts“ mit berühmten Werken wie „Die letzte Rose“ und „Erlkönig“ von Heinrich Wilhelm Ernst sowie Sonaten von Robert Schumann erschien 2015 bei dem Label Oehms Classics. Albrecht Menzel spielt eine Stradivari (1709), eine Leihgabe der Deutschen Stiftung Musikleben Hamburg. Gefördert durch: 2. KAISERPFALZ-KONZERT Samstag, 5. Dezember 2015, 19:30 Uhr, Kaiserpfalz Goslar „VERBINDUNGEN“ Jean Sibelius Scènes historiques II op. 66 (1865 – 1957) Die Jagd Minnelied An der Zugbrücke Max Bruch (1838 – 1920) Konzert für Violine und Orchester Nr. 1 g-moll op. 26 Vorspiel. Allegro moderato Adagio Finale. Allegro energico SOLIST Albrecht Menzel Violine – Pause – Peter I. Tschaikowsky Suite Nr. 1 d-moll op. 43 (1840 – 1893) Introduktion und Fuge: Andante sostenuto – Moderato e con anima Divertissiment: Allegro moderato Intermezzo: Andantino semplice Marche miniature: Moderato con moto Scherzo: Allegro con moto Gavotte: Allegro TfN ∙ Philharmonie DIRIGENT Medienpartner: Werner Seitzer
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