Analyse des Strukturwandels in der Unteren Altstadt Bern am Beispiel der Kramgasse – Implikationen für die Quartiersentwicklung M asterarbeit der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, Universität Bern vorgelegt von: Jeantine Viebrock 2015 Leiterin der Arbeit: Prof. Dr. Heike M ayer, Geographisches Institut, Gruppe Wirtschaftsgeographie Impressum Titelbild: Kramgasse, Untere Altstadt Bern (Fragile Suisse 2015:o.S.) Copyright © 2015 by Jeantine Viebrock, Abteilung Wirtschaftsgeographie, Geographisches Institut, Universität Bern Betreuung: Prof. Dr. Heike M ayer Layout: Jeantine Viebrock Druck: Jeantine Viebrock Vorwort Vorwort Die vorliegende M asterarbeit entstand im Zeitraum von Juli 2014 bis September 2015 und wurde als abschliessender Bestandteil des „M aster of Science in Geography“ in der Forschungsgruppe Wirtschaftsgeographie des Geographischen Instituts der Universität Bern verfasst. Die Arbeit erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Kramgassleist, der den Anstoss zu dieser M asterarbeit gab. Das aus geschriebene Thema stiess auf mein grosses Interesse sowohl aufgrund der Aktualität des Themas als auch insbesondere wegen des Praxisbezugs. M ir wurde die M öglichkeit geboten, in der Stadt, in der ich meine Studienzeit verbrachte und zu der ich mich hingezogen fühle, mittels einer Forschungsarbeit an der künftigen Quartiersentwicklung mitzuwirken. Das Thema zog mich auch deshalb in seinen Bann, da mir die Arbeit erlaubte, als Auswärtige bzw. Nicht-Bernerin die Untere Altstadt Bern genauer und aus unterschiedlichen Perspektiven kennenzulernen. Ein Spaziergang durch die Altstadt bekam plötzlich eine ganz andere Bedeutung für mich. Gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen, einigen Personen, die mich während meiner M asterarbeit begleiteten und zum Gelingen der Arbeit beitrugen, zu danken: M ein besonderer Dank gilt Frau Prof. Dr. Heike M ayer für die Leitung und äusserst kompetente Betreuung der M asterarbeit. M it wertvollen Anregungen unterstützte und förderte sie mich stets. Trotz M utterschaftsurlaub hatte sie immer ein offenes Ohr für Fragen und ich konnte jederzeit auf ihre fachliche Hilfe zählen. Ein ganz spezieller Dank geht an den Kramgassleist, allen voran Herrn Nicola Schneller und Frau Barbara Büttner, die mir als Ansprechpartner zur Seite standen und mich als hoch motivierte Altstadtexperten in meinem Vorhaben tatkräftig unterstützten. Auch gebührt dem Vorstandsmitglied des Kramgassleists Herrn Peter Ineichen, dem Ehrenmitglied Frau Ursula Bischof Scherer, dem M itglied Frau M arianne Högstedt sowie der Präsidentin der Vereinigten Altstadtleiste Stefanie Anliker Dank. Sie gaben mir bei den Vorbereitungen der Feldarbeit wertvolle Tipps. I Vorwort Besonders hervorheben möchte ich die Detailhändler und Bewohner der Kramgasse, die aktiv an der Untersuchung mitwirkten. Während der Arbeit war ich auf das fundierte Wissen von Experten folgender Bereiche angewiesen: Stadtplanungsamt Bern, Stadt Bern Portfoliomanagement und Recht, Domänenverwaltung Burgergemeinde, BERNcity, Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern, Netzwerk Altstadt. Ihnen möchte ich an dieser Stelle einen herzlichen Dank aussprechen. Sie nahmen sich die Zeit für ein Interview und bereicherten mich so mit ihrem Fachwissen. Bern, September 2015 Jeantine Viebrock II Zusammenfassung Zusammenfassung Wie ein Blick in die Geschichte zeigt, sind Stadt- und Ortskerne seit jeher einem Strukturwandel unterworfen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Strukturwandel in der Unteren Altstadt Bern am Beispiel der Kramgasse. Ziel ist zum einen, den Strukturwandel im Hinblick auf die Detailhandels- und Wohnnutzung zu skizzieren, zum anderen mögliche Implikationen sowie Wege aufzuzeigen, wie die Untere Altstadt aufgewertet und der Wandel aktiv angegangen werden könnte. Dies, damit die Untere Altstadt als Wohn- und Einkaufsort weiterhin vielfältig, soziokulturell durchmischt, lebendig und lebenswert bleibt. Es wird der Forschungsfrage nachgegangen, welche Strukturveränderungen in der Kramgasse in den Bereichen Detailhandel und Wohnen in Bezug auf die Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000 feststellbar sind und welche Handlungsempfehlungen sich daraus für die zukünftige Quartiersentwicklung ableiten lassen. Die Forschungsfrage wird auf der Grundlage der Auswertung aktueller Fachliteratur, statistischer Daten, einer Umfrage mit den ansässigen Haushalten und Geschäften an der Kramgasse sowie Experteninterviews diskutiert. Die Kramgassbefragung stellt dabei die wichtigste Informationsquelle dar. Die Ergebnisse zeigen, dass der Strukturwandel vor der Unteren Altstadt nicht Halt macht und sowohl die Geschäfts- als auch die Wohnnutzung vor vielfältige und komplexe Herausforderungen stellt. Dennoch verfügt das Quartier über zahlreiche Stärken und Potenziale, die dem Quartier eine einmalige Gesamtattraktivität verleihen und mit denen dem Wandel begegnet werden kann. Die Kramgasse allein kann dies allerdings nicht allein bewerkstelligen. Vielmehr müssen alle betroffenen Akteure des gesamten Quartiers gemeinsam agieren, um die bisherige Standortqualität für Geschäfte wie Anwohner aufrechterhalten zu können. Unter Vermittlung der Leiste sind diese Akteure aufgefordert, Nutzungsstrategien für ihr Quartier zu entwickeln, die in einem Nutzungskonzept definiert werden sollen. M it der Arbeit wird die bereits vorhanden Fachliteratur über Strukturwandelprozesse in Innenstädten ergänzt, indem neues Wissen im Rahmen eines altstadtspezifischen Kontexts geschaffen wird. Da die Arbeit praxisbezogen ist, liefert sie zudem einen Beitrag für die Quartiersplanung in der Unteren Altstadt Bern. III Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Vorwort................................................................................................................. I Zusammenfassung .............................................................................................III Abkürzungsverzeichnis.....................................................................................VI Abbildungsverzeichnis ......................................................................................VI Tabellenverzeichnis ............................................................................................ X 1 Einleitung ....................................................................................................1 1.1 Problemstellung ............................................................................................3 1.2 Forschungslücken .........................................................................................6 1.3 Zielsetzung und Fragestellung.......................................................................9 1.4 Rele vanz......................................................................................................10 1.5 Untersuchungsge bie t ...................................................................................11 1.5.1 Untere Altstadt Bern .............................................................................11 1.5.2 Kramgasse............................................................................................13 1.6 Aufbau de r Arbeit .......................................................................................14 2 Theoretische- und allgemeine Grundlagen............................................15 2.1 Be griffsabgrenzung .....................................................................................15 2.2 2.3 2.1.1 Innenstadt.............................................................................................15 2.1.2 Detailhandel .........................................................................................16 Strukturwandel im Detailhandel .................................................................19 2.2.1 Handelsendogene Entwicklungen...........................................................19 2.2.2 Handelsexogene Entwicklungen.............................................................24 Auswirkungen de s Strukturwandels für die Innenstadt und innerstädtischen Quartie re.....................................................................................................30 2.4 2.5 Entwicklungstrend: Inne rstädtisches Wohnen ............................................36 2.4.1 Entwicklung der Siedlungsstruktur .........................................................36 2.4.2 Aktuelle Situation des innerstädtischen Wohnens....................................37 Ansätze und Instrumente z ur Attraktivitätssteigerung von Innenstädten und Innenstadtquartie ren ..................................................................................42 3 Forschungsdesign .....................................................................................51 3.1 Qualitative und quantitative Me thoden.......................................................51 3.2 Alternative Me thode n .................................................................................51 3.3 Deskriptive Analyse statistischer Daten.......................................................52 3.3.1 Datensammlung....................................................................................53 3.3.2 Datenanalyse ........................................................................................53 IV Inhaltsverzeichnis 3.4 3.5 Schriftliche Umfrage................................................................................... 54 3.4.1 Stichprobe............................................................................................ 54 3.4.2 Auswahl der Erhebungsdaten ................................................................ 55 3.4.3 Fragebogen .......................................................................................... 58 3.4.4 Verlauf der schriftlichen Befragung ....................................................... 59 3.4.5 Rücklauf .............................................................................................. 60 3.4.6 Datenanalyse........................................................................................ 60 3.4.7 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens................................... 61 Expe rteninte rviews ..................................................................................... 63 3.5.1 Auswahl der Interviewpartner................................................................ 64 3.5.2 Datensammlung und Vorgehen .............................................................. 64 3.5.3 Durchführung der Experteninterviews .................................................... 65 3.5.4 Datenanalyse........................................................................................ 66 3.5.5 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens................................... 66 4 Ergebnisse ................................................................................................. 68 4.1 Auswe rtung de r Statistikdaten Grünes Quartie r ........................................ 68 4.2 4.3 4.1.1 Bevölkerung......................................................................................... 68 4.1.2 Wohnungswesen................................................................................... 72 4.1.3 Detailhandel......................................................................................... 75 Auswe rtung de r Umfragen in de r Kramgasse ............................................. 76 4.2.1 Auswertung der Umfrage Detailhandel................................................... 77 4.2.2 Auswertung der Umfrage Haushalte....................................................... 99 Auswe rtung de r Expe rteninte rvie ws ......................................................... 113 4.3.1 Diskussion der SWOT-Analyse Detailhandel Untere Altstadt ................ 114 4.3.2 Diskussion der SWOT-Analyse Wohnen Untere Altstadt ...................... 120 4.3.3 Implikationen für die Untere Altstadt Bern ........................................... 124 5 Diskussion und S chlussfolgerungen ..................................................... 134 5.1 Handelsendogene Strukturve rände rungen................................................ 134 5.2 Handelsexogene Strukturve rände rungen.................................................. 136 5.3 Strukturve rände rungen im Be reich Wohnen ............................................ 136 5.4 Handlungsempfehlungen .......................................................................... 137 5.5 Fazit und Ausblick .................................................................................... 140 5.6 Beitrag und Grenzen de r Unte rsuchung ................................................... 141 Literaturverzeichnis........................................................................................ 144 Onlinequellenverzeichnis................................................................................ 151 Anhang A Fragebogen Detailhandel.............................................................. 153 V Inhalts-, Abkürzungs-, Abbildungsverzeichnis Anhang B Fragebogen Haushalte...................................................................167 Anhang C Aufruf Brunne Zytig .....................................................................178 Anhang D Interviewleitfaden (Beispiel Netzwerk Altstadt) ........................179 Anhang E Detailhandel Klassifikation NOGA..............................................182 Selbstständigkeitserklärung............................................................................186 Abkürzungsverzeichnis Abb. Abbildung BID Business Improvement District BZ Betriebszählung HID Housing Improvement District i.d.R. in der Regel ISG Immobilien- und Standortgemeinschaft o.S. ohne Seitenangabe ÖV Öffentlicher Verkehr Pkw Personenkraftwagen SP Sozialdemokratische Partei STEK Stadtentwicklungskonzept Tab. Tabelle u.a. unter anderem VAL Vereinigte Altstadtleiste VZ Volkszählung Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Abgrenzung des Untersuchungsgebiets: Berner Innenstadt gegliedert in Quartiere bzw. statistische Bezirke (Eigene Darstellung, Datengrundlage: map.geo.admin.ch 2015). ..........12 Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung des Grünen Quartiers 2000-2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 20012014a:112). ................................................................................68 Abbildung 3: Altersstruktur Grünes Quartier und Innere S tadt im Jahr 2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2014a:38). ..................................................................................70 VI Abbildungsverzeichnis Abbildung 4: Bevölkerungsbewegungen im Grünen Quartier 2000-2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 20012014a:40)................................................................................... 71 Abbildung 5: Wohnungsbestand nach Anzahl der Zimmer im Grünen Quartier und in der Inneren S tadt im Jahr 2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2014a:151).72 Abbildung 6: Entwicklung der durchschnittlichen Monatsmietpreise nach Wohnungsgrösse in der Inneren Stadt 2000-2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 20012014a:112)................................................................................. 74 Abbildung 7: Umfragerücklauf der befragten Geschäfte an der Kramgasse nach Branchenzugehörigkeit (Eigene Darstellung). .............................................................................. 77 Abbildung 8: Filialisierungsgrad der beteiligten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ............................................ 78 Abbildung 9: Branchenzugehörigkeit der Mehrbetriebsunternehmen (Eigene Darstellung).................................................................. 78 Abbildung 10: S tandort der Filialen der Mehrbetriebsunternehmen (Eigene Darstellung). .............................................................................. 79 Abbildung 11: Geschäftsstruktur nach Art der Gründung des Geschäfts an der Kramgasse (Eigene Darstellung)....................................... 79 Abbildung 12: Gründungsjahr der beteiligten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung).................................................................. 80 Abbildung 13: S truktur der Beschäftigten nach Anstellungsart in den befragten Geschäften an der Kramgasse (Eigene Darstellung). .............................................................................. 80 Abbildung 14: Geschäftsstruktur nach Beschäftigtenart der Inhaber (Eigene Darstellung).................................................................. 81 Abbildung 15: Beschäftigtenstruktur der befragten Geschäfte an der Kramgasse nach Branche (Eigene Darstellung)..................... 81 Abbildung 16: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in der Unteren Altstadt aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)....................................... 82 Abbildung 17: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................ 83 Abbildung 18: Veränderung der Qualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................ 83 Abbildung 19: Wichtigkeit der S tandortfaktoren für die befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................ 84 Abbildung 20: Wirkungen der Umfeldfaktoren auf die befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ................................ 85 Abbildung 21: S tandortzufriedenheit der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ............................................ 86 VII Abbildungsverzeichnis Abbildung 22: Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) nach Geschäftsflächengrösse (Eigene Darstellung). ........................86 Abbildung 23: Empfundene Mietbelastung der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)..............................................87 Abbildung 24: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). ..............................................................................87 Abbildung 25: Befürwortung von einheitlichen Öffnungszeiten in der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung). ...................................88 Abbildung 26: Bedeutung des Geschäfts für das Einkommen (Eigene Darstellung). ..............................................................................88 Abbildung 27: Entwicklung des Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). .................................................................89 Abbildung 28: Einschätzung der Geschäftsperspektive (Eigene Darstellung). ...................................................................................................90 Abbildung 29: Veränderung der Anzahl Kunden der befragten Geschäfte an der Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).91 Abbildung 30: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte an einem durchschnittlichen Werktag (Eigene Darstellung).................91 Abbildung 31: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte am S amstag (Eigene Darstellung). .................................................................92 Abbildung 32: Anteil der Kundengruppe an der Kundschaft der befragten Geschäfte (Eigene Darstellung). ...............................................93 Abbildung 33: Wichtigkeit der Kundengruppe als Zielgruppe für die befragten Geschäfte (Eigene Darstellung)...............................94 Abbildung 34: Veränderung der Zusammensetzung der Kundschaft seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung)........................................94 Abbildung 35: Zusammensetzung der Kundschaft nach Anteil der S tammkundschaft (Eigene Darstellung)..................................95 Abbildung 36: Empfundener Nutzen von Zusammenarbeit zwischen den Geschäften (Eigene Darstellung)..............................................96 Abbildung 37: Zusammenarbeit zwischen den befragten Geschäften (Eigene Darstellung). .................................................................96 Abbildung 38: Bereitschaft der befragten Geschäfte für mehr Engagement zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort (Eigene Darstellung). ...........................................97 Abbildung 39: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der VAL zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung). .................................................................97 Abbildung 40: Haushaltsstruktur nach Anzahl Personen (Eigene Darstellung). ..............................................................................99 Abbildung 41: Wohnstruktur der befragten Haushalte nach Wohnform (Eigene Darstellung). .................................................................99 Abbildung 42: Herkunft der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ...............................................................100 VIII Abbildungsverzeichnis Abbildung 43: Einzugsjahr der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................................................................ 101 Abbildung 44: Einzugsgründe (Eigene Darstellung)..................................... 101 Abbildung 45: Wohnraumveränderung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung)............................................................................. 102 Abbildung 46: Hausausstattung mit einem Lift (Eigene Darstellung). ....... 102 Abbildung 47: Häufigkeit der S anierungen bzw. Renovierungen (Eigene Darstellung). ............................................................................ 103 Abbildung 48: Empfundenes Ausmass der S anierungen bzw. Renovierungen (Eigene Darstellung)..................................... 104 Abbildung 49: S tandortzufriedenheit der befragten Kramgassbewohner (Eigene Darstellung)................................................................ 104 Abbildung 50: Veränderung der direkten Wohnumgebung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung)....................................................... 105 Abbildung 51: Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) nach Wohnungsgrösse (Eigene Darstellung). ................................ 106 Abbildung 52: Empfundene Mietbelastung der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). .......................................... 107 Abbildung 53: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). ............................................................................ 108 Abbildung 54: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der VAL zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung)................................................................ 108 Abbildung 55: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ............ 109 Abbildung 56: Veränderung der Qualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ............ 110 Abbildung 57: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in der Unteren Altstadt aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)..................................... 110 Abbildung 58: Einkaufshäufigkeit der befragten Haushalte an der Kramgasse in der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung)... 111 Abbildung 59: Entwicklung des Kaufverhaltens der befragten Haushalte an der Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).... 111 Abbildung 60: Branchennutzungen in der Unteren Altstadt durch die befragten Kramgassbewohner (Eigene Darstellung). .......... 112 Abbildung 61: Einkaufsgründe der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................................................................ 112 IX T abellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Übersicht Daten auf Quartiersebene (Eigene Darstellung). .........53 Tabelle 2: Vor- und Nachteile der schriftlichen Befragung (Eigene Darstellung). .....................................................................................54 Tabelle 3: Erhebungsgrundlage Umfrage Geschäfte (Eigene Darstellung). .56 Tabelle 4: Erhebungsgrundlage Umfrage Haushalte (Eigene Darstellung)..57 Tabelle 5: Vor- und Nachteile von Experteninterviews (Eigene Darstellung). ..........................................................................................................63 Tabelle 6: S WOT Detailhandel Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung). ........................................................................................................114 Tabelle 7: S WOT Wohnen Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung)......120 X Einleitung 1 Einleitung Oft werden Innenstädte mit einer Einkaufspassage gleichgesetzt. Dabei ist die Einkaufsnutzung mit dem Detailhandel im Vergleich zum Alter der europäischen Innenstädte, die meist im M ittelalter entstanden sind, erst ca. 150 Jahre alt. Diese Nutzung lässt sich auf die Industrialisierung zurückführen (BM VBS 2011:18). So entwickelte sich im 19. Jahrhundert die „Handelsstadt“ mit M ärkten auf den städtischen Plätzen zu einer „Detailhandelsstadt“ mit kleinteilig strukturierten Ladengeschäften. Daraus entstand im 20. Jahrhundert die Einkaufsstadt, wie wir sie heute kennen, mit Ladengeschäften und ihren Schaufenstern (ebd.:6). Obwohl Innenstädte oder Altstädte traditionelle Handelsorte sind, „[…] ist das Beständigste am Handel der Wandel“ (ebd.:18). „Auch das scheinbar stabilste, die Altstadt, ist einem Wandel unterworfen“ (Netzwerk Altstadt 2013:6). Die Strukturwandelprozesse, die heute im Detailhandel erkannt werden, hielten schon seit den 1960er-Jahren in allen westeuropäischen und seit den 1990er-Jahren in den meisten osteuropäischen Ländern Einzug (Bahn & Potz 2007:31). Die Eigenheiten des Strukturwandels werden intensiv in fachdisziplinären Debatten diskutiert und lassen sich anhand verschiedener Trends veranschaulichen, die insbesondere die historischen Innenstadtbereiche vor vielfältige Heraus- forderungen stellen (Brülisauer 2010:8). Der Strukturwandel im Detailhandel drückt sich hauptsächlich durch neue Betriebsformen aus. Einerseits sind diese durch eine Flächenexpansion geprägt. Für diesen Trend bieten Innenstädte mit ihrer kleinräumigen Struktur ungünstige Entwicklungsmöglichkeiten (BM VBS 2011:18). So verlagerte sich der Detailhandel aus den Stadtzentren an den Stadtrand (Hasler 2014:25). Andererseits ist der Strukturwandel durch starke Unternehmenskonzentrationen gekennzeichnet. Diese Veränderungsprozesse gefährden den innerstädtischen Einzelhandel, und zwar vornehmlich die inhabergeführten Geschäfte sowie die ökonomische Grundlage der Innenstädte (BM VBS 2011:18). Oftmals vollzieht sich eine schleichende Entwertung der Innenstädte. In den Haupteinkaufsstrassen der Innenstädte stellt sich ein Attraktivitätsverlust durch eine zunehmende Uniformität ein, sodass der Abwechslungsreichtum der Innenstadt gefährdet ist (ebd.:7). In den Nebengeschäftslagen werden die strukturellen Probleme anhand eines Rückgangs der inhabergeführten Geschäfte deutlich. Zum Teil wird der Rückgang des Detailhandelangebots durch andere Dienstleistungen kompensiert, die aber nicht immer gleichwertige Kundenströme generieren. Andernfalls bleiben Leerstände 1 Einleitung zurück (Wieland 2011:5). Diese Entwicklungen stehen in enger Wechselbeziehung zum Kaufverhalten. So lässt sich der Verlust der inhabergeführten Detailhandels geschäfte, auch als Phänomen des „Lädelisterbens“ bekannt, u.a. auf die laufend gebauten Shoppingcenter zurückführen, die vielfach an den Autobahnausfahrten entstehen. Sie schwächen die Existenzgrundlage der Geschäfte in der Innenstadt (Weidmann 2008:23). Dies, wegen des ständig mobiler werdenden Einkaufverhaltens (Brülisauer 2010:9). Die Konsumenten begeistern sich auch immer mehr für das grenzüberschreitende „Online-Shopping“. Aufgrund der Frankenaufwertung wird dieser Trend momentan in der Presse rege diskutiert. So wuchsen die Umsätze der im Ausland bestellten Produkte in den letzten Jahren um 10%, was gleichzeitig Umsatzeinbussen für den Schweizer Detailhandel bedeutet. Damit verschärft sich der Strukturwandel im Handel (Voigt 2015:15). „Die Folge sind gehäufte Ladenschliessungen in den Innenstädten, leerstehende Geschäftslokale und eine Verarmung des stationären Angebots. Halten können sich zumeist die internationalen Ladenketten und etablierten Luxusmarken“ (Hug 2015:o.S.). Im Zusammenhang einer schleichenden Verarmung der Einkaufsmöglichkeiten in den Innenstädten, die dem Druck des Strukturwandels in Richtung Online-Handel nicht standhalten können, wird von einer „Verödung der Städte“ gesprochen (Voigt 2015:15). Es stellen sich die elementaren Fragen, wie sich Innenstädte gegen die Konkurrenz der Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ und den OnlineEinkäufen im In- und Ausland behaupten können, wie ihre ökonomische Basis gestärkt und das Stadtzentrum belebt werden kann. Auf der anderen Seite wirkt sich der Strukturwandel positiv auf die Innenstädte aus, indem die Innenstädte nach jahrzehntelanger „Stadtflucht“ und Suburbanisierung einen Trendwechsel erfahren. Sie werden wieder mehr als Investitionsort gesehen und das urbane Wohnen wird neu wertgeschätzt. Innenstädte gelten als Identifikationsorte und verfügen über eine einzigartige Atmosphäre, die sich durch die bauliche Dichte, städtebauliche, architektonische Qualität, kulturelle Anziehungspunkte und durch die grosse Vielfalt an Nutzungen auszeichnet (Brülisauer 2010:8). Von der Attraktivität der Innenstädte als Einkauf- und Wohnorte zeugen auch die hohen M ietpreise für Ladenflächen und Wohnungen. Die negative Kehrtwende davon ist einerseits, dass „... die Rendite 2 Einleitung und eine hohe finanzielle Sicherheit für die Vermieter oft die grössere Rolle spielt, als einem Start-up oder No-Name mit interessantem Konzept eine Chance zu geben“ (Ziegler 2015:21). Andererseits werden „... die Citys so teuer, dass abgeschottete ,Wohlstandsinseln‘ drohen“ (Bodenschatz & Harlander 2010:3f). Damit weisen Bodenschatz & Harlander (ebd.:4) auf die Tendenz der Gentrifizierung hin, sodass die einkommensschwachen und mittelständischen Familien kaum mehr erschwinglichen Wohnraum in der Stadt finden bzw. das „neue“ Stadtwohnen zu einem „Privileg der Reichen“ (ebd.:4) wird. Dies führt dazu, dass sich die städtische Bevölkerung segregiert. Es stellt sich die Frage, wie mit der Kostenproblematik umzugehen ist, die sich in den Städten mit den zum Teil horrenden Bodenpreisen als schwer lösbar erweist (ebd.:4). Denn die Funktionsfähigkeit und Nutzungsvielfalt eines Quartiers ist v.a. durch die Unterschiedlichkeit ihrer Bewohner sicherzustellen (VLP-ASPAN 2012a:8). Zusätzlich findet in allen „kompakt gebauten Städten des Kontinents“ (Lichtenberger 2002:277) eine Umwandlung von Wohnungen in Büroraumflächen im Althausbestand statt. So mieten sich Büros zunehmend im ersten und zweiten Stockwerk ein und verdrängen damit den stark nachgefragten Wohnraum in den Innenstädten. Dieser Vorgang korreliert nicht mit den Bemühungen der Stadtplanung, die Wohnbevölkerung im Stadtkern zu halten (ebd.:273ff). 1.1 Problemstellung Der Strukturwandel macht auch vor der Unteren Altstadt in Bern nicht Halt und führt zu tiefgreifenden Veränderungen. Bern gilt zwar „... als gemütliche Stadt, in der sich die Dinge eher langsam verändern. Doch in der Altstadt tut sich gerade viel, was diesem gemächlichen Image zuwiderläuft“ (Lutz 2014:o.S.). Einerseits sind Herausforderungen im Detailhandel festzustellen. Das Geschäftszentrum verlagerte sich in die Obere Altstadt. Infolgedessen wird von einigen Geschäften eine Abnahme der Passantenfrequenz in der Unteren Altstadt befürchtet (Kramgassleist 2006a:o.S.). Der Kramgassleist 1 , der der Dachorganisation der 1 Der Kramgassleist ist ein Zusammenschluss von Geschäftsinhabern, Hauseigentümern und Anwohnenden der Kramgasse und vertritt deren Interessen. Er ist einer der fünf Leisten, die sich unter den Vereinigten Altstadtleisten vereinen. Neben dem Kont akt zu Behörden, anderen Leisten und weiteren Organisationen setzt sich der Kramgassleist dafür ein, dass die Kramgasse attraktiv, wohnlich und besucherfreundlich bleibt. Dafür organisiert und führt er auch regelmässig Veranstaltungen durch (VAL 2015a:o.S.). 3 Einleitung Vereinigten Altstadtleiste (VAL) 2 angehört, sieht diese Entwicklung des freien M arkts insofern als Gefahr, als dass die Untere Altstadt kommerziell gesehen immer mehr im „Schatten“ der Oberen Altstadt steht. M it dem dadurch verursachten Kaufkraftabzug in die Obere Altstadt ist die Existenz zahlreicher Traditionsgeschäfte und die Bedeutung der Unteren Altstadt als Detailhandelsstandort gefährdet (mündliche Aussagen Kramgassleist 2014). Aber gerade die Vielfalt des Kleingewerbes mit den inhabergeführten Geschäften zeichnet die Untere Altstadt aus (VAL 2014:2). Dieser für die Untere Altstadt kennzeichnende „Lädeli“ - Charakter ist darüber hinaus von einer zunehmenden „Filialisierung“ bedroht, die mit einer starken M ietzinserhöhung in den letzten Jahren in Verbindung gebracht wird. Für das lokale Gewerbe bedeutet dies, dass die M ietzinse nicht mehr finanzierbar sind und deshalb durch finanzstarke Filialketten ersetzt wird, was auch als „Lädelisterben“ betitelt wird. Da es sich bei solchen Veränderungen im Detailhandel vorwiegend um M odeketten handelt, ist die „Textilisierung“ der Unteren Altstadt als weitere Gefahr zu nennen, also eine Verarmung der Branchenvielfalt aufgrund des Überhandnehmens der M odebranche. Aufgrund der M ietzinsentwicklung und damit verbundenen steigenden M ieter- bzw. Eigentümerwechsel lässt sich aber nicht nur eine Zunahme von Grossbetrieben wie Filialketten in der Kramgasse erkennen, sondern auch ein Rückgang im Detailhandelsangebot. So werden die inhabergeführten Detailhandels geschäfte neben Filialgeschäften auch durch Dienstleistungsbetriebe kompensiert (mündliche Aussagen Kramgassleist 2014). Vom Kramgassleist als auch von der Stadtberner SP wird eine Abnahme des Kleingewerbes zu Gunsten von zahlreichen Bankfilialen attestiert, die in der Berner Altstadt in den letzten Jahren eröffnet wurden (Zimmermann 2015:o.S.). Diese Branchenverschiebung untermauert eine Standortbestimmung, bei der 92 produzierende Handwerksbetriebe gegenüber 468 Dienstleistungsfirmen in der Unteren Altstadt verzeichnet wurden. Es drohen Ladensterben und ein Verlust der Branchenvielfalt (Bürgi 2014:3ff). Für eine grosse Branchenvielfalt ist die Innenstadt jedoch berühmt. Überdies generieren solche „tote“ Sockelnutzungen auch keine gleichwertigen Kundenströme wie die Detailhandelsnutzung. Dadurch wird die Lebendigkeit der Unteren Altstadt beeinträchtigt und die noch 2 Die Vereinigten Altstadtleiste (VAL) bilden die Dachorganisation der Gass enleiste in der Unteren Altstadt Bern. Die VAL sind politisch und konfessionell neutral und vertreten die Interess en der Anwohner, Ges chäftsinhaber, Haus - und Wohnungseigentümer und allen die in der Altstadt arbeiten oder sich in dieser aufhalten gegenüber den Behörden. Zudem koordinieren und organisieren die VAL gassenübergreifende Anlässe (VAL 2015b:o.S.). 4 Einleitung bestehenden inhabergeführten Geschäfte erfahren Umsatzeinbussen aufgrund der rückläufigen Laufkundschaft (mündliche Aussagen Kramgassleist 2014). Den Kramgassleist beunruhigt, dass beträchtliche M ietzinse, Filialisierung, Textilisierung, Fluktuation, Ladensterben sowie die Zunahme der Finanzdienstleister zu einer „Verödung“ oder gar zum „Tod“ der Unteren Altstadt als Detailhandelsstandort führen und damit dessen Attraktivitätsverlust bewirken. Vor allem wird der Verlust der Urbanität, das Verschwinden des bunten Treibens und der Angebots- bzw. Nutzungsvielfalt in den Gassen wahrgenommen (Brülisauer 2010:8). Wie der Detailhandel durchläuft auch die Wohnnutzung, die einen grossen Stellenwert in der Unteren Altstadt Bern einnimmt und eines der wichtigsten Kriterien für deren Lebensqualität darstellt, strukturelle Veränderungen (Bürgi 2014:4). Immer mehr Wohnungen werden saniert, was sich meist in stark ansteigenden M ietzinsen auswirkt, die für Durchschnittsbürger unerschwinglich werden. Der Prozess der Gentrifizierung setzte bereits ein (Büttner 2014:2). Der Kramgassleist betrachtet die Entwicklung der Wohnungsmieten und damit einhergehend die Gentrifizierung insofern problematisch, als dass sie der soziokulturellen Durchmischung des Quartiers schadet. Liegenschaften, die mit sozialverträglichen M ieten bewirtschaftet werden sind deshalb für den Erhalt einer lebendigen und vielfältigen Altstadt wichtig (VAL 2014:2). Ein weiteres Problem sieht der Kramgassleist in puncto Sicherheit. Es besteht ein Nutzungskonflikt mit der Prostitution, von dem zwar v.a. die Seitengassen konfrontiert sind und nicht die Hauptgassen wie die Kramgasse. Dennoch nimmt dieses Problem allmählich gassenübergreifende Formen an (mündliche Aussagen Kramgassleist 2014). Zu dieser unerwünschten Nutzung im Quartier wird die Tourismusnutzung vom Kramgassleist ebenfalls kritisch hinterfragt. Die Untere Altstadt ist zwar als UNESCO-Weltkulturerbe attraktiv, was die hohen Besucher- und Tourismuszahlen belegen. Dennoch birgt der zunehmende Tourismus die Gefahr, die Bedeutung des Charakters der Unteren Altstadt als Wohnquartier mit einer Vielzahl an Geschäften sukzessive abzuschwächen (Franz 2014:7). Die Nutzungsart des Tourismus stellt nach dem Kramgassleist dann ein Problem dar, wenn die Untere Altstadt durch den Tourismus übernutzt wird (VAL 2014:4). 5 Einleitung Der Kramgassleist betrachtet diese Quartiersentwicklung mit Sorge und ist deshalb u.a. im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts (STEK) 2015 (vgl. 4.3.3.2) bemüht, die negativen Folgen des Strukturwandels zu lindern und damit einen Abstieg zu verhindern, der die Untere Altstadt entwerten würde. Vielmehr sollen die Chancen des Strukturwandels erkannt und gezielt ausgeschöpft werden, um die Wohn- und Arbeitssituation den Entwicklungen anzupassen, sodass die Lokalitätenvielfalt weiter bestehen kann. Dafür gibt es aber keine einfachen Patentrezepte. Da Städte unterschiedliche Entwicklungsvoraussetzungen haben, sind individuelle Lösungen zu finden (BM VBS 2011:14). Deshalb ist eine genauere Analyse und Erklärung des laufenden Strukturwandels unabdingbar, um die Voraussetzung für darauf aufbauende Strategien zu schaffen (Brülisauer 2010:9). 1.2 Forschungslücken Das Thema Detailhandel und Strukturwandel ist in den M edien stark präsent. In der geographischen Handelsforschung, die der Wirtschaftsgeographie angehört, existiert dazu eine Fülle an Literatur. Allerdings ist letztere für die Schweiz nur in begrenztem M asse zu finden. Es scheint, dass in den Nachbarländern, insbesondere in Deutschland, erheblich mehr in diesem Bereich geforscht wird. Somit basiert die Literaturanalyse vorwiegend auf deutscher Literatur. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die allgemeinen Tendenzen in Deutschland in etwa mit denen der Schweiz vergleichbar sind. Dabei muss aber beachtet werden, dass jede Stadt aufgrund ihrer Eigenheiten eine andere Ausgangssituation hat. Obwohl eine ebenso grosse Fülle von Arbeiten zum Thema „Innenstadt und deren Revitalisierung“ existiert, beschäftigen sich nur relativ wenige Arbeiten dezidiert mit den vorhandenen spezifischen Detailhandelsstrukturen in den Innenstädten. Vielmehr werden in der Literatur die allgemeinen Entwicklungstrends im Handel thematisiert. Weniger wird hingegen auf die Spezifität einer Innenstadt eingegangen. Im Fokus stehen meist grossräumige gesamtstädtische Betrachtungen und keine altstadtspezifische Analysen. Ebenso stehen kaum Nebengeschäftslagen im M ittelpunkt der Untersuchung. M it einer altstadtspezifischen Untersuchung in Bern mit Fokus auf die Kramgasse soll diesem M anko Rechnung getragen werden. 6 Einleitung Am Geographischen Institut der Universität Bern entstanden bereits Diplomarbeiten zur Berner Innenstadt, die der Thematik dieser M asterarbeit sehr nahe kommen und Anknüpfungspunkte bieten. Zum einen ist die Arbeit von Trachsler (2008) zu nennen: „Die Veränderungen der Detailhandelsstruktur in der Berner Innenstadt zwischen 1995 und 2008. Attraktivitätsgewinn oder Attraktivitätsverlust?“. Ihr Ergebnis bildete eine Datengrundlage zu den Veränderungen der Detailhandelsstruktur in der Berner Innenstadt, um damit die Attraktivität des Berner Detailhandels zu beurteilen. Sie stellte die Hauptveränderungen in Form von Filialisierung und Textilisierung fest, die sich negativ auf die Angebotsvielfalt des Berner Detailhandels auswirken. Deshalb kann nach deren Resultaten von einer Attraktivitätsminderung des Berner Detailhandels gesprochen werden. Zum anderen kann die Arbeit von Simonett (2007) „Wohnattraktivität der Berner Innenstadt“ herangezogen werden. Ausgehend davon, dass die Bevölkerung der Berner Altstadt zwischen den Jahren 1990 und 2000 abnahm, deren Grund in einem Verlust der Wohnattraktivität gesehen wird, ging Simonett der Frage nach, ob die Berner Altstadt tatsächlich eine Veränderung der Attraktivität in Bezug aufs Wohnen erfuhr. Sie kam zum Schluss, dass die Berner Innenstadt insgesamt als attraktiver Wohnort eingestuft werden kann und der Bevölkerungsrückgang v.a. auf die Haushaltsverkleinerung und Suburbanisierung zurückzuführen ist. Ausserdem stellte sie Zukunftsszenarien für die Wohnsituation der Berner Innenstadt auf. Eine weniger aktuelle, aber trotzdem erwähnenswerte Untersuchung ist die Diplomarbeit von Erard (1990) mit dem Titel: „Verdrängungsprozesse in der Berner Innenstadt. Veränderungen in der Branchen- und Betriebsstruktur zwischen 1975 und 1989 im Hinblick auf die Frage nach der attraktiven Innenstadt“. Er untersuchte die Attraktivität der Berner Innenstadt bezüglich des Nutzungswandels im Allgemeinen, wobei der Detailhandel einen Teilbereich der Untersuchung bildete. In seiner Arbeit wurde die Untere Altstadt nicht berücksichtigt. Er identifizierte eine Verdrängung wertschöpfungsextensiver Nutzungen und regionaler selbstständiger Unternehmen, die durch die anhaltende Tertiärisierung und Internationalisierung der Betriebe verursacht wurde. Erard eruierte als Folgen daraus eine Abnahme der Branchenvielfalt, eine Polarisierung der Angebotsstrukturen sowie eine M onotonisierung hinsichtlich der Zusammensetzung der Betriebstypen. Für den Detailhandel zeigten sich nach Erard insofern Polarisierungstendenzen, als dass ein starkes Flächenwachstum der Grossraum7 Einleitung geschäfte wie Warenhäuser und gleichzeitig eine Zunahme von Klein- und Spezialgeschäften stattfand. Internationalisierungstendenzen sind gemäss Erard im Detailhandel durch die Konzentration von finanzkräftigen Betrieben wie Geschäftsketten feststellbar. Ausserdem zeigte Erard Veränderungen in der Warenangebotsstruktur auf, die sich durch ein Wachstum des Bekleidungsangebots und einen Rückgang der Wohn- und Einrichtungs gegenstände ergaben. Eine weitere Studie ist zu erwähnen, und zwar diejenige von credit suisse (2012) „Swiss Issues Branchen. Retail Outlook 2012. Fakten und Trends“. In dieser wird der Detailhandel von Schweizer Innenstädten anhand verschiedener Kriterien verglichen wie z.B. Branchenmix, Detailhandelsangebot, Filialisierungsgrad. Zudem werden entsprechende Trends wie Ladensterben und Filialisierung evaluiert. Dabei schneidet Bern als dritt attraktivste Innenstadt nach Zürich und Genf ab. Im Unterschied zu diesen Arbeiten bezieht sich die vorliegende Arbeit nicht auf die gesamte Berner Innenstadt, sondern auf eine tiefere Ebene, nämlich auf die eines Quartiers. Weiter wurde die Themenwahl im Gegensatz zu den aufgeführten Studien mit der Kombination der Bereiche Wohnen und Detailhandel zweidimensional angelegt. Neben der spärlich vorhandenen spezifischen Literatur bezüglich der Innenstadt sind auch die statistischen Grundlagen kaum für tiefgründige Interpretationen geeignet bzw. geben keinen zufriedenstellenden Aufschluss über den Strukturwandel auf Quartiersebene. Infolgedessen hat die Arbeit einen explorativen Charakter. Die Verteilung der bisherigen Forschungsfelder wird als unausgewogen erachtet. M eist liegt der Forschungsschwerpunkt auf neuen Betriebsformen, deren Auswirkungen kritisch bewertet werden. In diesem Zusammenhang werden Altstädte für den modernen Detailhandel als ungünstig betrachtet und die Detailhandelsentwicklungen in Altstädten werden vorwiegend als negativ begriffen. In diesem Zusammenhang wird auch in Arbeiten zur lokalen Ökonomie die Bedeutung des Detailhandels in strukturschwachen Stadtteilen thematisiert. Ansätze, die in diesen Standortlagen endogenes Potenzial sehen, sind rar. Der Strukturwandel und dessen Folgen für die Nebenzentren sollte aber nicht nur im Hinblick auf die damit verbundenen Gefahren erforscht werden, sondern auch hinsichtlich der sich daraus ergebenden Potenziale. Die vorliegende Arbeit setzt entsprechende Akzente, indem der Strukturwandel nicht als wertend negativ 8 Einleitung verstanden wird. Es wird versucht, die Besonderheiten des Strukturwandels in der Unteren Altstadt am Beispiel der Kramgasse zu identifizieren, die sowohl Gefahren als auch Potenziale bergen. Des Weiteren sind in Bezug auf die Altstadtentwicklung in der Literatur Forschungslücken im Hinblick auf konkrete Handlungsmöglichkeiten vorhanden. Die Arbeit liefert dazu einen Beitrag, diesem ent gegenzuwirken, indem Handlungsempfehlungen für die zukünftige Quartiersentwicklung gegeben werden. 1.3 Zielsetzung und Fragestellung Ziel der M asterarbeit ist, eine Bestandsaufnahme des Strukturwandels der Unteren Altstadt am Beispiel der Kramgasse vorzunehmen und dabei die Dynamik des Detailhandels und Wohnens hinsichtlich der Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000 zu analysieren. Diese Zeitspanne eignet sich, um eine Entwicklung zu erkennen und ist auf die vorhandene Datengrundlage ausgerichtet (vgl. Tab. 1). Die Themenbereiche „Detailhandel“ und “Wohnen“ im Hinblick auf den Nutzungsmix der Unteren Altstadt bilden den Fokus der Untersuchung. Dies begründet sich darin, dass beide Bereiche von einem Strukturwandel betroffen sind. Zudem nimmt sowohl die Vielfalt an Geschäften als auch die Wohnnutzung eine zentrale Funktion der Urbanität ein. Von daher sind beide für die Lebendigkeit einer Stadt unabdingbar. Neben dieser Untersuchung ist die Arbeit handlungspraktisch ausgerichtet. Aufbauend auf der ersten Zielsetzung werden in einem weiteren Schritt Handlungsempfehlungen aus gearbeitet, wie die Qualität der Unteren Altstadt als soziokulturell durchmischter, lebendiger und vielfältiger Wohn- und Einkaufsort erhalten und in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden könnte. Dies beinhaltet einerseits das Erkennen der zentralen Problemfelder, Akteure und Veränderungen des Nutzungsmix in der Unteren Altstadt. Andererseits schliesst dies die Untersuchung von M öglichkeiten und Instrumenten mit ein, die gezielt eingesetzt werden können, um die negativen Folgen des Strukturwandels zu schmälern bzw. einen attraktiven Nutzungsmix zu gewährleisten. 9 Einleitung Aus der Zielsetzung ergibt sich folgende übergeordnete Fragestellung: Welche Strukturveränderungen lassen sich in der Kramgasse in den Bereichen Detailhandel und Wohnen in Bezug auf die Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000 feststellen und welche Handlungsempfehlungen können davon für die zukünftige Quartiersentwicklung abgeleitet werden? Aus der Hauptfragestellung werden folgende Unterfragen abgeleitet, die als Leitfragen dienen: • Was sind die Hauptentwicklungen/Trends seit dem Jahr 2000 in den Bereichen Detailhandel und Wohnen? Woraus bestehen die typischen Eigenheiten des Strukturwandels? • Wie hat sich die Nutzungsvielfalt in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 verändert? • Was sind die Gründe für den Strukturwandel? • Was sind die Stärken, Schwächen, Chancen, Gefahren des Strukturwandels (SWOT)? • Stellt der Strukturwandel einen Attraktivitätsverlust der Unteren Altstadt dar? • Wer sind die zentralen Akteure und welche Interessen vertreten sie? • Welche Akteure haben die grössten Einflussmöglichkeiten auf die Strukturveränderung? • M it welchen Instrumenten und Strategien können den negativen Auswirkungen des Strukturwandels Einhalt geboten werden? • Wie können die Urbanität und der Nutzungsmix der Unteren Altstadt erhalten und gefördert werden? 1.4 Relevanz Aus theoretischer bzw. wirtschaftsgeographischer Perspektive werden mit der Arbeit wirtschaftliche Entwicklungen resp. Strukturveränderungen im Detailhandel und Immobilienmarkt in einem Stadtteil oder Quartier aufgegriffen und versucht, die diesbezüglichen Forschungslücken zu schliessen. Planerisch gesehen bietet die Arbeit mit einer breit abgestützten Analyse des Strukturwandels in der Unteren Altstadt am Beispiel der Kramgasse eine wichtige Grundlage für die zukünftige Quartiersentwicklung. Die Arbeit liefert dem 10 Einleitung Kramgassleist bzw. den VAL Hintergrundwissen, auf dem zukünftige Handlungsentscheide getroffen werden können. Auch die Stadt Bern kann von der Arbeit profitieren, eine wissenschaftlich fundierte Studie als Ausgangspunkt für die künftige Stadtplanung zu erhalten. Ihr Interesse an der Arbeit wurde bereits bekundet. Ebenso ist die Innenstadtorganisation BERNcity an der Arbeit interessiert. Die Organisation sieht sich als „Stimme der Innenstadt, macht sich stark für die Anliegen ihrer M itglieder und engagiert sich vor allem in den Bereichen M arketing, Politik und Events“ (BERNcity 2015:o.S.). Desgleichen zeigt der Berner Heimatschutz Interesse an der Arbeit, der sich „... für den Erhalt von historisch wertvollen Bauten einsetzt, das Entstehen von guten Um- und Neubauten sowie den Dialog zwischen Fachwelt und Allgemeinheit fördert“ (Berner Heimatschutz 2010:o.S.). Letztere Tätigkeit bilden z.B. Architekturforen, für die die Arbeit einen Beitrag leisten wird. Denn die Autorin wird aufgrund einer Anfrage des Berner Heimatschutzes eine Präsentation der M asterarbeit im Rahmen eines Architekturforums halten. Nicht zuletzt zeigt sich eine gesellschaftliche Relevanz. Denn sowohl Geschäftsinhaber als auch Bewohner der Unteren Altstadt sind von dem Strukturwandel direkt betroffen, für sie gilt es, bedarfsgerechte M assnahmen zu finden. 1.5 Untersuchungsgebiet Die Untersuchung wurde räumlich beschränkt. So wurde der Strukturwandel in der Unteren Altstadt Bern analysiert. Insbesondere steht dabei die Kramgasse im Zentrum des Untersuchungsgebiets. Dieser Perimeter wurde gewählt, weil sich der Detailhandel in der Kramgasse konzentriert und die Kramgasse einen historischen Stellenwert als wichtigen Handels- bzw. M arktort sowie Wohnort einnimmt. Eine weitere Begründung liegt in der Tatsache, dass die M asterarbeit im Auftrag des Kramgassleists erfolgte. Somit rückt die Kramgasse automatisch ins Zentrum der Analyse. 1.5.1 Untere Altstadt Bern Die Untere Altstadt Bern stellt das Untersuchungsgebiet dar. Sie umfasst das Gebiet vom Zeitglockenturm bis zur M atte. Die Berner Innenstadt ist nach der Namensgebung aus der Zeit Napoleons in fünf Quartiere gegliedert: das Rote, 11 Einleitung Gelbe, Grüne, Weisse und Schwarze Quartier (Benovici 2010:o.S.). Die Abgrenzung dieser fünf Quartiere deckt sich mit den fünf statistischen Bezirken, in die die Berner Innenstadt für statistische Zwecke eingeteilt wurde (Statistik Stadt Bern 2014a:9). Während das Rote Quartier bzw. der Statistische Bezirk 5 und das Gelbe Quartier bzw. der Statistische Bezirk 4 zur Oberen Altstadt zählt, beherbergt die Untere Altstadt das Grüne bzw. den Statistischen Bezirk 3, das Weisse Quartier bzw. den Statistischen Bezirk 2 und das Schwarze Quartier bzw. den Statistischer Bezirk 1 (vgl. Abb. 1). Abbildung 1: Abgren zung des Untersuchungsgebiets: Berner Innenstadt gegliedert in Quartiere b zw. statistische Bezirke (Eigene Darstellung, Datengrundlage: map.geo.admin.ch 2015). Bern wurde 1191 auf einer Halbinsel umgeben von der Aareschlaufe gegründet und ist “... eine der grossartigsten Zeugnisse mittelalterlichen Städtebaus in Europas“ (Bern Tourismus 2015:o.S.). Aufgrund des weitgehend unverändert erhaltenen mittelalterlichen Stadtbildes gehört die Berner Altstadt seit 1983 zum UNESCO - Weltkulturerbe. Das Stadtbild ist von einer Geschlossenheit, 6 km Laubengängen, Figurenbrunnen, dem M ünster, Sandsteinfassaden sowie von einer einzigartigen Dächerlandschaft geprägt (ebd.:o.S.). Zusätzlich steht die Untere 12 Einleitung Altstadt im Gegensatz zur Oberen Altstadt gemäss Art. 76 der Bauordnung (Stadt Bern 2006:22) ganzheitlich unter Denkmalschutz. 1.5.2 Kramgasse Neben der räumlichen Beschränkung auf die Untere Altstadt wurde in einer zweiten Limitation die Kramgasse gewählt, auf die der Forschungsschwerpunkt gelegt wurde. Die Kramgasse führt vom Zeitglockenturm bis zur Höhe der M ünsterplattform stadtabwärts und liegt im Grünen Quartier bzw. statistischen Bezirk 3 (vgl. Abb. 1). Zusammen mit der Gerechtigkeitsgasse bildet sie die Hauptgasse der Unteren Altstadt. Sie ist der Kern der Altstadt und befindet sich im Übergangsbereich zur Oberen Altstadt. „Schon immer war die Kramgasse eine wichtige Gasse. ... Seit Jahrhunderten siedelten hier Gewerbe und Handel, Zünfte und gewichtige Bürger an“ (Kramgassleist 1958:8). Bis ins 19. Jahrhundert war die Kramgasse der belebteste Handelsort von Bern, in der das erste Kaufhaus von Bern entstand. Die Kramgasse wurde breit angelegt, damit in ihr der M arkt abgehalten werden konnte (ebd:22). M it der Entstehung von Warenhäusern in der Oberen Altstadt im 19. Jahrhundert verlagerte sich der Handelsort allmählich in die Obere Altstadt. Dies, auch vor dem Hintergrund, dass seit den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts die Häuser der Unteren Altstadt unter Denkmalschutz stehen und nicht beliebig umgebaut werden können (Kramgassleist 2006b:o.S.). Zudem sind die Häuser in der Unteren Altstadt nach Art. 80 Absatz 5 der Bauordnung (Stadt Bern 2006:23) „... über dem zweiten Vollgeschoss dem Wohnen vorbehalten“. Damit ist die Nutzung eines Gebäudes für den Detailhandel in der Unteren Altstadt sowohl vertikal als auch horizontal eingeschränkt. Heute bilden „... viele leistungsfähige Spezialgeschäfte das vielseitige Einkaufszentrum unter einem Laubendach an der Kramgasse“ (Kramgassleist 1958:39). „Früher war die Kramgasse eine geschäftige Gasse, heute eine Geschäftsstrasse von ganz spezieller Art“ (ebd.:8). Neben einer Vielzahl an Fachgeschäften 3 umsäumt die Kramgasse Bildungsstätten wie das Konservatorium, Kultureinrichtungen bspw. Kinos und Kellertheater sowie Restaurants und Bars. Weitere Kennzeichen der Kramgasse sind die barocken Hausfassaden und 3 „Fachgeschäft: Branchenspezi fis ches oder bedarfsgruppenorientiertes Sortiment in grosser Auswahl und in unterschiedlichen Qualitäten und Preislagen mit Bedienung und ergänzenden Dienstleistungen (z.B. Kundendienst); Beispiel: Bekleidungsfachgeschäft“ (Heineberg 2014:190). 13 Einleitung drei Brunnen. Seit 2005 ist die Kramgasse zudem eine Begegnungszone (Baeriswyl & Frey-Kupfer 2008:7ff). 1.6 Aufbau der Arbeit Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Das erste Kapitel beginnt mit der Heranführung ans Thema. Neben der Problemstellung, den Forschungslücken und der Relevanz der Thematik umfasst das erste Kapitel die der Arbeit zugrunde liegende Fragestellung sowie deren Ziele. Aus gehend von einer Ebene der grossräumigen Betrachtung erfolgt eine altstadtspezifische Analyse. Dafür werden im zweiten Kapitel die für die weitere Bearbeitung notwendigen theoretischen Grundlagen erörtert. In Kapitel drei wird das Forschungsdesign ausführlich erklärt. Im darauffolgenden Kapitel werden die empirischen Ergebnisse präsentiert. M it einer Bilanzierung und Diskussion der Ergebnisse aus den vorherigen Kapitel, der Beantwortung der Forschungsfrage und einem Ausblick für weitere Forschungsfelder schliesst die Arbeit ab. Aufgrund der Vielzahl der personenbezogenen Bezeichnungen wird bis auf die Fragebogen der Kramgassumfrage (vgl. Anhang A und B) und die diesbezüglichen Grafiken (vgl. 4.2) ausschliesslich die maskuline Form verwendet, die stellvertretend für beide Geschlechter steht. 14 T heoretische- und allgemeine Grundlagen 2 Theoretische- und allgemeine Grundlagen Für das Verständnis der Strukturwandelprozesse ist es notwendig, den aktuellen Stand der Forschung zu beleuchten. Zunächst werden wesentliche Begriffsdefinitionen vorgenommen. Anschliessend erfolgt eine themenspezifische Abhandlung zum Strukturwandel im Detailhandel und innerstädtischen Wohnen. 2.1 Begriffsabgrenzung Bevor auf die theoretischen Grundlagen eingegangen wird, werden für die Arbeit die zentralen Begriffe „Innenstadt“ und „Detailhandel“ definiert. Diese Definitionen dienen als Grundlage für die weiteren Betrachtungen. Zudem wird der Stellenwert der Detailhandelsbranche in der Schweiz erörtert und der Begriff „Strukturwandel“ im Zusammenhang des Detailhandels geklärt. 2.1.1 Innenstadt „Innenstädte sind vielfältig in ihrer Funktion, verschieden in ihrer Dimension, individuell in ihrer Geschichte und speziell in ihrer Eigenart“ (BM VBS 2011:15). Für den Begriff „Innenstadt“ gibt es keine allgemeingültige Definition. Was als Innenstadt verstanden wird, reicht von dem engeren Verständnis der Innenstadt als „Stadtzentrum“ oder „City“ bis hin zum weiter gefassten Begriff der „inneren Stadt“, die neben dem Zentrum auch die Innenstadtrandgebiete einschliesst (ebd.:15). Ein Stadtzentrum kennzeichnet eine räumliche Standortkonzentration zentraler Einrichtungen. Der Begriff „City“ bezieht sich auf grössere Städte und entspricht deren Zentrumsbereich, der sich durch eine Vielzahl von funktionalen und physiognomischen M erkmalen (Grund- und Aufriss) auszeichnet (Heineberg 2014:178ff). In der Pluralität der Begriffsverwendung decken sich die Kriterien, die eine Innenstadt als Kern der Gesamtstadt ausmacht, nämlich „hohe bauliche und soziale Dichte, Nutzungsmischung, hohe Konzentration von Geschäften aller Art und Büros diverser Branchen, zentrale Versorgungsfunktionen und räumlichfunktionale Zentralität“ (BM VBS 2011:15). In den meisten europäischen Städten entspricht die Innenstadt dem historischen Stadtkern, in denen die historischen Ursprünge liegen. Sie zeichnen sich meist durch Stadtbild prägende und identitätstiftende Bauwerke und Plätze aus (ebd.:15). „Die Innenstadt ist ein Ort der Begegnung, ein Ort mit Kultur und 15 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Geschichte“ (Neff 2012:18). Aufgrund der Identitätsfunktion einer Innenstadt, deren architektonischen Vielfalt sowie kurzen Wegen zu einem vielfältigen Kultur-, Freizeit- und Konsumangebot ist sie ein begehrter Standort für Wohnund Gewerbenutzungen (Netzwerk Altstadt 2013:2). Lebendige und architektonisch attraktive Innenstädte sind wichtige Standortfaktoren (BM VBS 2011:12). „Lebendigkeit“ wird als Stadtleben verstanden, das sich durch einen „regen Betrieb mit der Anwesenheit von vielen Leuten“ (Brülisauer 2010:8) auszeichnet. Die Wohnfunktion ist überwiegend auf die oberen Stockwerke der Gebäude begrenzt. Die Innenstädte „dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und der Kultur“ (Paesler 2008:76). Neben diesen Nutzungen ist die Innenstadt von grösseren Städten auch ein zentraler Standort für Bildungseinrichtungen wie Universitäten. Deshalb hat die Innenstadt eine tragende wirtschaftliche Bedeutung für die Gesamtstadt und die Region. Dies erweist sich aber als schwierig für die räumliche Abgrenzung der Innenstadt, weil sie nicht isoliert betrachtet werden kann, sondern in Wechselbeziehungen mit der Gesamtstadt und der Region steht (BM VBS 2011:15). Traditionell sind die historisch gewachsenen Innenstädte Orte des Handels. Diese Funktion üben sie noch heute aus und zählen zu den wichtigsten Standorten des Detailhandels (Neff 2012:18). „Allein die Innenstädte der zehn grössten Städte der Schweiz 4 vereinen rund 35'800 Detailhandelsbeschäftigte (Vollzeitäqui- valente) und 5'400 Geschäfte auf sich. Dies entspricht 14% aller Beschäftigten im Detailhandel und 11% aller Läden des Landes“ (ebd.:20). Da der Detailhandel die Leitfunktion einer Innenstadt bildet, ist dessen Dynamik massgeblich für die Strukturveränderungen in der Innenstadt (BM VBS 2011:18). 2.1.2 Detailhandel Der für diese Arbeit verwendete Begriff „Detailhandel“ wird mit dem Begriff „Einzelhandel“ gleichgesetzt, wobei der Begriff „Detailhandel“ v.a. in der Deutschschweiz verbreitet ist. Für die Arbeit wird der Begriff „Detailhandel“ und „Einzelhandel“ als Synonym verwendet. 4 10 grösste Städte gemessen an der Einwohnerzahl: Basel, Bern, Biel, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern, St. Gallen, Winterthur, Zürich (Neff 2012:27). 16 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Detail- bzw. Einzelhandel wird als „der Verkauf von Waren an Endverbraucher“ (Knox & M arston 2008:474) definiert. Er nimmt eine Vermittlerrolle zwischen den Herstellern und dem Grosshandel auf der Input-Seite und den Konsumenten auf der Output-Seite ein. Der Verkauf kann stationär in Ladengeschäften, ambulant mit temporären Standorten wie z.B. M arktständen, über den Versand oder durch Auslieferung an die Kunden erfolgen. Als spezielle Form des Versandhandels verzeichnet der E-Commerce, „Warenangebot im Internet, Bestellung per elektronische M edien, Auslieferung an den Wohnstandort“ (ebd.:474f), gegenwärtig hohe Zuwächse. Der Begriff „Detailhandel“ lässt sich auch durch die „allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige“ (NOGA) 5 abgrenzen: „Detailhandel umfasst den Wiederverkauf (Verkauf ohne Weiterverarbeitung) von Neu- und Gebrauchtwaren v.a. an private Haushalte, für den privaten Ge- oder Verbrauch, in Verkaufsräumen, in Warenhäuser, an Ständen, durch Versandhäuser, Strassenhändler und Haustürverkauf, Verbrauchergenossenschaften, Auktionshäuser usw.“ (BFS 2008:128). 2.1.2.1 Bedeutung des Detailhandels in der S chweiz Der Detailhandel hat neben seiner gesellschaftlich bedeutenden Versorgerfunktion eine grosse volkswirtschaftliche Bedeutung, weil er eine wichtige Rolle für den Arbeitsmarkt spielt und einen relevanten Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung leistet. Der Detailhandel ist nach dem Baugewerbe die zweitwichtigste Arbeitgeberbranche der Schweiz (Gewerkschaft Unia 2012:8), obwohl die Beschäftigungsentwicklung im Detailhandel an der Gesamtbeschäftigung seit dem Jahr 2000 bedingt durch den Strukturwandel in Form von Ladensterben und Produktivitätssteigerungen rückläufig ist. Der Detailhandel beschäftigt in der Schweiz 320'000 Personen, davon 252'000 als Vollzeitäquivalente (Adler & Keating 2014a:23). Das sind 7% aller Beschäftigten der Schweiz. Demnach arbeitet jeder vierzehnte Beschäftige in der Schweiz im Detailhandel (ebd.:4). 5 NOGA: Die NOGA (Nom enclature Générale des Activités économiques) oder Nomenkl aturen Allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige „... ist ein grundlegendes Arbeitsinstrument, um statistische Informationen zu strukturi eren, zu analysieren und darzustellen. Diese Systematik ermöglicht, die statistischen Einheiten ‚Unternehmen’ und ‚Arbeitsstätten’, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit zu klassieren und in eine übersichtliche und einheitliche Gruppierung zu bringen“ (BFS 2015:o.S.). 17 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Im Jahr 2012 erwirtschaftete der Detailhandel 25.4 M illiarden Schweizer Franken und trägt mit 4.5% zur Wertschöpfung der Schweizer Realwirtschaft bei (Adler & Keating 2014b:28). Zusätzlich kommt dem Detailhandel eine soziale Rolle zu. M it einem Teilzeitanteil von 41% und einer Frauenerwerbstätigkeit von 67% im Jahr 2011 weist der Detailhandel die höchste Teilzeit- und Frauenerwerbsquote aller Branchen des privaten Sektors auf (Gewerkschaft Unia 2012:13f). Der Detailhandel stellt auch am meisten Ausbildungsplätze zur Verfügung und übt eine soziale Integrationsfunktion aus, indem er niedrig Qualifizierten eine berufliche Chance gibt (economiesuisse 2012:1). Jedoch muss auch angemerkt werden, dass ein Grossteil der Angestellten im Niedriglohnsektor anzusiedeln ist (BAK Basel Economics 2006:27). Der Detailhandel ist zudem zahlreichen strukturellen Veränderungen unterworfen, worauf im nächsten Kapitel eingegangen wird. 2.1.2.2 S trukturwandel Strukturwandel ist ein schleichender Veränderungsprozess, der sich nur anhand von Indizien feststellen lässt. „Schlüsselfaktoren für diesen Wandel sind: • eine steigende Kaufkraft, verbunden mit dem Bedürfnis nach einer grösseren Sortimentsvielfalt • eine flächigere Siedlungsweise und erhöhte M obilität, sei es durch private oder öffentliche Verkehrsmittel • eine vernetzte, teilweise globalisierte Wirtschaft, die sich auf den Detailhandel auswirkt“ (Netzwerk Altstadt 2013:19). Der Strukturwandel ist besonders an dem Auszug der Läden aus den Zentren und der Verschiebung der Kaufkraft in die Peripherie zu erkennen. Dieser Prozess läuft in kleineren und mittleren Städten (bis 30'000 Einwohner) schneller ab und ist weiter fortgeschritten als in grösseren (Netzwerk Altstadt 2013:19). Der Wandel in den grösseren Städten zeigt sich nicht in den Kernen, sondern in den Quartierzentren (Hasler 2014:25). Er nimmt eine Sonderstellung als Veränderungsprozess in den Ortszentren ein und er wird mit einem wirtschaftlichen Abstieg und einem Verlust von Zentrumsfunktionen in Verbindung gebracht. So wird das Stadtbild als „belebtes Einkaufszentrum“ ins Negative verändert (Netzwerk Altstadt 2013:19). 18 T heoretische- und allgemeine Grundlagen 2.2 Strukturwandel im Detailhandel In diesem Kapitel werden die Eigenheiten des Strukturwandels anhand der Hauptentwicklungen bzw. Trends im Detailhandel und deren Einflussfaktoren erfasst. Der Einzelhandel ist durch eine grosse strukturelle und räumliche Dynamik geprägt. Aus dem Zusammenspiel von Angebots-, Nachfrage- und räumlichen Planungseinflüssen der Politik entstehen Strukturen und Dynamiken des Einzelhandels (Kulke 2010: 230). In diesem Zusammenhang wird auch von handelsendogenen und -exogenen Einflüssen gesprochen, die als Ursachen des Strukturwandels gelten. Diese lassen sich nicht immer klar voneinander abgrenzen, sondern beeinflussen sich wechselseitig (Heinritz et al. 2003:40). 2.2.1 Handelsendogene Entwicklungen In diesem Unterkapitel werden die M erkmale der Strukturveränderungen hinsichtlich der Angebotsseite bzw. der Veränderungen erläutert, die ihren Ursprung innerhalb des Detailhandels haben. 2.2.1.1 Betriebsformenwandel Detailhandelsbetriebe sind mit ständigen Veränderungen des Sortiments (Breite und Tiefe), der Personal- und Raumkosten sowie der M arktbedingungen wie z.B. Nachfragepräferenzen konfrontiert. Interne Strukturveränderungen des Detailhandels anhand eines Betriebsformenwandels sind die Folge. „Betriebsformen sind typische Kombinationen von M erkmalen eines Betriebs (Flächengrösse, Bedienungsform, Preisniveau, Betriebsgestaltung, Personalstruktur)“ (Kulke 2010:219). Nach Heinritz et al. (2003:26f) wird eine Betriebsform durch ihre Handlungs-, Organisations- und Kooperationsform charakterisiert. Die Handlungsform umfasst die Standortwahl, Sortiments- und Preisfestlegung sowie das Bedienungsprinzip (Selbst- oder Fremdbedienung). M it der Organisationsform werden strategische Entscheidungen festgelegt, ob z.B. das Geschäft nur an einem Standort tätig sein soll oder ob das Unternehmenskonzept oder Teile davon auf weitere Filialen an anderen Standorten übertragen werden soll. Je nach Strategie stellt die Organisationsform entweder ein Ein- oder M ehrbetriebsunternehmen dar. M it der Kooperationsform wird über Kooperationsmöglichkeiten bezüglich Einkauf, z.B. Beschaffungskooperationen, Absatz, z.B. Werbegemeinschaften sowie Standort, z.B. Interessengemeinschaften entschieden (ebd.:26f). Bei letzterer Kooperationsform ist zu erwähnen, dass diese immer mehr dem 19 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Phänomen der „Trittbrettfahrer“ ausgesetzt ist. Dazu gehören besonders die Filialbetriebe, die meist keine emotionale Bindung an den Standort aufweisen und damit auch nicht zur finanziellen Handlungsfähigkeit der Interessengemeinschaften beitragen (Reichhardt & Schote 2012:19). Gemäss der Lebenszyklustheorie hat jede Betriebsform nur eine bestimmte Lebensdauer. Danach wird eine neue Betriebsform in der Entstehungsphase eingeleitet. Falls sie erfolgreich ist, geht sie in eine anschliessende Expansionsphase über, in der weitere Betriebe dieser Form entstehen. Ihr M arktanteil steigt. In der dritten Phase, der Reifephase, wird der maximale M arktanteil dieser Betriebsform erreicht und ihr Zuwachs ist nur noch gering. In der letzten Phase, der Rückbildungsphase, entspricht die Betriebsform nicht mehr den M arktbedingungen, sodass deren Ablösung durch eine neue Betriebsform die Folge ist (Kulke 2010:219). Demnach bedeutet der Begriff „Betriebsformenwandel“ die Herausbildung und Veränderungen von Betriebsformen. M it den neuen Betriebsformen gehen auch Veränderungen in den Standortpräferenzen einher. So wird das primäre System der innerörtlich integrierten Versorgungsstandorte durch ein sekundäres Standortsystem ergänzt, das durch Handelsagglomerationen an den suburbanen Knotenpunkten des Verkehrsnetzes für den motorisierten Individualverkehr bestimmt ist (M iosga 2002:84). Dieser Betriebsformenwandel und die damit verbundenen Veränderungen der räumlichen Verteilung der Detailhandelsstandorte können empirisch nachgewiesen werden. Im Lebensmitteleinzelhandel Deutschlands überwogen bis in die 60er-Jahre kleine Bedienungsläden, die durch Selbstbedienungsgeschäfte und Supermärkte 6 allmählich ersetzt wurden (Kulke 2010:219). Sie revolutionierten den Detailhandel grundlegend, indem sie eine neue Betriebsform aufwiesen, deren wesentliche Innovation das Selbstbedienungsprinzip war. Damit war sowohl ein immer stärkerer Trend der Personaleinsparung als auch die Vervielfältigung des Angebots bzw. die Vergrösserung und Standardisierung der Sortimente verbunden. Zudem waren grössere Ladenflächen erforderlich. Die Vergrösserung des Sortiments ist nicht nur als eine Innovation der Produzenten zu verstehen, sondern wurde auch durch die Differenzierung der Nachfragetypen angetrieben (Heinritz et al. 2003:43). Damit wurde die Expansion von grossflächigen Verbraucher6 „Supermarkt bietet auf einer Verkaufs fläche von mind. 400 m2 Lebens- und Genussmittel (einschl. Frischwaren, z.B. Obst, Gemüse) und ergänzenden Waren des täglichen oder kurzfristigen Bedarfs anderer Branchen vorwiegend in Selbstbedienung an“ (Heineberg 2014:190). 20 T heoretische- und allgemeine Grundlagen märkten 7 und Selbstbedienungswarenhäusern 8 in den 80er-Jahren aus gelöst. Bedingt durch ihre Grösse fiel ihre Standortwahl auf den Stadtrand, sodass ebenfalls von einer „Suburbanisierung des Einzelhandels“ (Kulke 2010:220) gesprochen wird. Darunter wird eine Ausdünnung des Versorgungsnetzes im Zentrum und einem Bedeutungs gewinn von Standorten im suburbanen Raum verstanden (ebd.:220). Einerseits sind die Bodenpreise an den Siedlungsrändern i.d.R. günstiger und der Bau grosser Verkaufsflächen einfacher (Neuhaus 2013:6). Andererseits wurde die Dezentralisierung der modernen Betriebsformen durch die zunehmende Pkw-M obilität eingeführt. Nicht mehr räumliche Nähe, sondern eine gute Erreichbarkeit wurde entscheidend (Dess 2005:40). Im Weiteren kam die Betriebsform der Discounter auf, die oft den Standort von Supermärkten einnahmen. Supermärkte sind wegen ihres vielfältigen Angebots einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Ebenso werden sie aufgrund hoher Personalkosten mit einer ungünstigen Kostenstruktur konfrontiert. Dahingegen sichern sich Discounter Kostenvorteile durch ein begrenztes Sortiment, niedrige Preise und ein einfaches Ladendesign (Kulke 2010:220). Eine ähnliche Entwicklung verzeichnen auch die Non-Food-Geschäfte. Seit den 70er-Jahren veränderte sich ihre Struktur von Fachgeschäften und Warenhäusern 9 in innerstädtischen Zentrenlagen zu Gunsten von Fachmärkten10 im suburbanen Raum. Letztere sind geprägt durch das Selbstbedienungsprinzip, grössere 7 „Verbrauchermarkt ist ein gross flächiger Einzelhandelsbetrieb mit mind. 1000m2 Verkaufs fläche mit breiten und tiefen Sortimenten an Lebens- und Genussmitteln sowie an Gütern des kurz- und mittelfristigen Bedarfs überwiegend in Selbstbedienung. Weitere Merkmale sind: Dauerniedrigpreis- oder Sonderangebotspolitik; i. Allg. autoorientierte Standorte (Alleinlage oder in Einkaufszentren)“ (Heineberg 2014:190). 8 „Selbstbedienungs-/SB-Warenhaus ist ein grossflächiger, meist ebenerdiger Einzelhandelsbetrieb (mind. 3.000 m2 , international sogar mind. 5.000 m2 ) mit umfassendem Sortiment (v.a. Lebensmittel); ganz oder überwiegend Selbstbedienung; kein kostenintensiver Kundendienst; hohe Werbeaktivität in Dauerniedrigpreis- oder Sonderangebotspolitik; grundsätzlich autoorientierte Standorte, entweder isoliert oder in gewachsenen und geplanten Zentren“ (ebd.:190). 9 „Warenhaus ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb (mit 3.000 m2 Verkaufs fläche); er biet et i. Allg. auf mehreren Etagen breite und überwiegend tiefe Sortimente mehrerer Branchen (meist Non-Food-Waren) mit tendenziell hoher Servi cetätigkeit und eher hohem Preisniveau an. Hinzu kommen ergänzende Dienstleistungen (Gastronomie, Reisevermittlung, Finanzdienstleistungen). Die Verkaufsmethoden reichen von Bedienung (z.B. Fernsehbereich) über Vorwahlsystem (z.B. Bekleidung) bis hin zur Selbstbedienung (z.B. Lebensmittel). Die Standorte sind in der Innenstadt bzw. in größeren gewachsenen Zentren oder Einkaufszentren“ (ebd.:190). 10 „Fachmarkt: meist grossflächiger und i.Allg. ebenerdiger Einzelhandelsbetri eb mit breitem und oft auch tiefem Sortiment aus einem Warenberei ch (z.B. Bekleidungsdachmarkt), einem Bedarfsberei ch (z.B. Sportfachberei ch, Baufachberei ch) oder einem Zielgruppenbereich (z.B. Möbelfachm arkt für designorientierte Kunden) in übersichtlicher Warenpräs entation bei tendenziell mittleren bis niedrigem Preisniveau. Weitere Merkm ale sind: meist autoorientierte Standorte, entweder isoliert oder in gewachsenen und geplanten Zentren, z. T. auch auf gewerbliche Kunden ausgeri chtet (z.B. Installationsfachmarkt ); i. Allg. Selbstbedienung, teilweise auch mit ergänzendem Dienstleistungsangebot“ (ebd.:190). 21 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Verkaufsflächen und preisgünstigere Angebote (ebd.:220). Eine grössere Verkaufsfläche ist an mehr Kapitaleinsatz gebunden, den sich v.a. Selbstbedienungswarenhäuser, Verbrauchermärkte und Fachmärkte leisten können. Da für ihre Errichtung mehr Investitionen als für herkömmliche Betriebe benötigt werden, sind sie vorwiegend als Grossbetriebe vorzufinden. Sie führen zu einer Erhöhung des Angebots sowie zu einem Absenken des Preisniveaus und verschärfen den Wettbewerb, dem viele klein- und mittelgrosse Betriebe wegen ihrer Kapitalschwäche oder traditionellen Betriebsführung nicht gewachsen sind (Heinritz et al. 2003:43). Trotz der Schliessung vieler Fachgeschäfte in innerstädtischen Zentren konnten sich doch einzelne durch eine „Trading-upStrategie, d.h. durch die konsequente Orientierung auf Spezialsortimente, hochpreisige M arkenartikel und intensiven Kundenservice“ (Kulke 2010:220) behaupten. 2.2.1.2 Veränderungen der Organisationsform 2.2.1.2.1 Konzentrationsprozesse Die Organisationsform hat sich stark verändert, da vermehrt Unternehmenskonzentrationen über Fusionen, Übernahmen und Aufkäufe erfolgen. Die zunehmende Konzentration von Verkaufsstellen und M arktanteilen auf wenige Detailhandelskonzerne findet in allen Sortimentsklassen statt und impliziert eine Verschiebung von inhabergeführten zu filialisierten Geschäften (Bahn & Potz 2007:32). Letztere prägen den Detailhandel derzeit und besitzen gegenüber den eigentümergeführten Betrieben M arktstärke, Finanzkraft, organisatorische Überlegenheit (Heinritz et al. 2003:38), Informations- und Kostenvorteile (Kulke 2010:221f). Im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren sind die Konzentrationsprozesse im Einzelhandel am stärksten ausgeprägt, insbesondere im Lebensmitteleinzelhandel (Heinritz et al. 2003:39). In der Schweiz haben die Grossverteiler M igros und Coop die grössten M arktanteile in der Detailhandelsbranche (Unia 2012:7). Ihrer Vormachtstellung müssen oft kleinere EinbetriebsLebensmittelläden weichen. Beispiele dafür sind in der Berner Innenstadt der BioLaden „Vatter“ (Der Bund 2011:o.S.) oder das Geschäft „Comestibles“ in der Kramgasse (Hartmann 2014:o.S.). 22 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Das Zusammenspiel von Betriebsformenwandel und Unternehmenskonzentrationen in Verbindung mit Immobilieninvestoren drückt sich im fortschreitenden Auftreten von Shoppingcentern aus. Sie entstanden zuerst im Stadtumland an den Knotenpunkten des Strassenverkehrs, währenddessen sie gegenwärtig v.a. in Zentrumsbereichen von Städten angesiedelt werden. Bei den Shoppingcentern der jüngsten Generation handelt es sich um „Urban Entertainment Center“ (Kulke 2010:223). Der Begriff „urban“ bezieht sich nicht unbedingt auf den Standort der Center, sondern deutet daraufhin, dass durch die Kombination unterschiedlicher Funktionen eine städtische, also urbane Atmosphäre simuliert bzw. die Innenstadt nachgebaut wird (M iosga 2002:81). Neben einem Detailhandelsangebot verfügen die „Urban Entertainment Center“ über Freizeiteinrichtungen wie z.B. Kinos, Restaurants und bieten den Kunden so „erlebnisorientierte Kopplungsmöglichkeiten zwischen Freizeit- und Einkaufsfunktion“ (Kulke 2010:223). Sie tragen zwar zum Funktionserhalt innerstädtischer Zentren bei, indem sie z.B. den Erlebniswert der Innenstadt steigern und zur Stärkung der touristischen Attraktivität einer Stadt führen (M iosga 2002:82). Zugleich kommt es aber auch zu einer fortschreitenden Angebotsstandardisierung, da ihr Filialisierungs grad, der prozentuale Anteil der Filialen an der Gesamtzahl der Betriebe, meist über 95% der Fläche beträgt. Zudem handelt es sich bei Shoppingcentern um private und nicht öffentliche Räume, sodass sie soziale Auswirkungen mit sich bringen, weil u.a. unerwünschte Personengruppen ausgeschlossen werden können (ebd.:222f). 2.2.1.2.2 Vertikalisierung M it dem Trend der Vertikalisierung verschwimmt die Trennung zwischen Detailhandel und Produktion. Immer mehr M arken vertreiben ihre Produkte nicht mehr über den Fachhandel, sondern treten selbst mit eigenen Läden, den sogenannten „M onolabel Stores“ am M arkt auf. Dies betrifft v.a. die Bekleidungs-, Accessoires- und Uhrenbranche. Jedoch setzt sich die Vertikalisierung auch immer mehr in weiteren Branchen durch wie z.B. im Elektronikhandel, hier kann Apple mit seinen Apple Stores als Beispiel genannt werden. Ursprünglich hatte die Vertikalisierung zum Ziel, die M argen über die komplette Warenkette hinweg zu kontrollieren (Neff 2012:21). Vorwiegend grosse Unternehmen organisieren die ganze Wertschöpfungskette intern (Kulke 2010:221). Heute dient die Vertikalisierung hauptsächlich zur Schärfung des M arkenprofils. Nicht mehr die Rendite steht im Vordergrund, sondern vielmehr die Repräsentation. In diesem 23 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Zusammenhang ist auch der Begriff „Flagship Store“ gebräuchlich. Solche Geschäfte sind zur Repräsentation der M arke auf attraktive Standorte angewiesen und lassen sich deshalb meistens in den Hauptstrassen der Innenstädte nieder. Damit treiben sie eine M ietpreisspirale an und verdrängen dabei Läden, die dieser Entwicklung nicht Stand halten können (Neff 2012:21). Einhergehend mit den Konzentrations- und Vertikalisierungsprozessen verläuft das Verschieben der M arktanteile von einst dominierenden, unabhängigen inhabergeführten Geschäften zu M ehrbetriebsunternehmen und Filialen sowie weiteren Formen von Zusammenschlüssen und Kooperationen selbstständiger Einzelhändler über alle Sortimentsklassen hinweg. In diesem Sinne ist der Trend der „Filialisierung“ zu nennen. Darunter wird eine Entwicklung verstanden, bei der sich Detailhandelsketten, und zwar vorwiegend internationale, zunehmend in den attraktiven Standorten der Innenstädte konzentrieren (M iosga 2002:80). Sie sind finanzstark, weil sie über interne grössenbedingte Kostenersparnisse (economies of scale) und eine hohe Verkaufsflächenproduktion (Umsatz je Quadratmeter Verkaufsfläche) verfügen. Dadurch sind sie zudem in der Lage, ihr M arkenprofil auf die Präsenz an den attraktivsten und teuersten Innenstadtlagen auszurichten (Kulke 2010:222). Die Filialisierung wird von Internationalisierungstendenzen begleitet. Die „Internationalisierung“ vollzieht sich zum einen durch Direktinvestitionen von Detailhandelsunternehmen im Ausland, um so eigene Filialen aufbauen zu können. Zum anderen werden bereits bestehende Geschäfte im Ausland aufgekauft. Weitere Varianten sind Unternehmen, die gemeinsam mit ausländischen Partnern betrieben werden (joint ventures) oder die Konzessionen an ausländische Unternehmen vergeben (franchising) (M iosga 2002:82). 2.2.2 Handelsexogene Entwicklungen Die Einzelhandelsentwicklung ist nicht nur endogenen Einflussfaktoren ausgesetzt, sondern auch auf externe Veränderungen zurückzuführen. Die handelsexogenen Rahmenbedingungen werden in Entwicklungen auf der Nachfrageseite und in Entwicklungen auf der Planungsseite unterteilt. 24 T heoretische- und allgemeine Grundlagen 2.2.2.1 Entwicklungen auf der Nachfrageseite Ausschlaggebend für die Entwicklung des Einzelhandels sind ebenfalls die Konsumenten mit ihrem Einkaufsverhalten. Die heute existierenden Ladenformate und Geschäftsstandorte sind Antworten auf die Kundenbedürfnisse und somit ein Ausdruck des öffentlichen Interesses (Neukom 2014:16). Das Einkaufsverhalten wird nach Kulke (2010:223) durch das Einkommen, die M obilität und individuelle Einstellungen beeinflusst. Es verändert sich im Verlauf des Lebens, im Zuge der sich verändernden Lebensstile (Gebhardt 2002:96). In den Nachkriegsjahren wurde die Nachfrage aufgrund des niedrigen Einkommens v.a. von Grundbedarfsgütern wie z.B. Lebensmitteln bestimmt. M it dem darauf folgenden generellen Einkommensanstieg wiesen höherwertige Konsumgüter wie z.B. Bekleidung oder Unterhaltungselektronik überdurchschnittliche Wachstumsraten auf, während der Umsatzanteil von Lebensmitteln zurückging. Bei einem hohen Einkommensniveau verändert sich aber nicht nur die Warenstruktur, sondern auch die individuellen Verhaltensweisen (ebd.:223f). Die Pluralisierung und Individualisierung der Lebensstile lässt sich aber nicht nur auf einen gestiegenen gesellschaftlichen Wohlstand zurückführen. Weitere Faktoren des sozioökonomischen Wandels wie flexiblere Arbeitszeiten und die gestiegene Berufstätigkeit von Frauen bzw. die Angleichung der Geschlechterrollen tragen auch zur Fragmentierung der Gesellschaft und damit zur Ausdifferenzierung der Lebensstile bei (Behrenbeck 2010:10). Auch die soziodemographischen Veränderungen wirken sich auf diese Entwicklung aus. So hat die Zunahme des Durchschnittsalters der Bevölkerung eine veränderte Schwerpunktsetzung der Nachfrage nach Konsumgütern zur Folge (Heinritz et al. 2003:42). Daran schliesst eine Verzögerung der Lebensphasen an, insbesondere der Trend des längeren „Jungbleibens“ (Behrenbeck 2010:10). M it dem soziodemographischen Wandel geht auch die Veränderung der Haushaltszusammensetzung bzw. -grösse einher, die zu einer Zunahme der Nachfrageindividualisierung führte (Heinritz et al. 2003:42). Dies trifft ebenso auf eine zunehmende multikulturelle Bevölkerung zu (Behrenbeck 2010:10). Der Einkommensanstieg hat auch räumliche Konsequenzen. So stehen immer mehr Individualverkehrsmittel, v.a. motorisierte zur Verfügung, wodurch sich die „räumliche Flexibilität“ des Einkaufsverhaltens vergrössert (Kulke 2010:224). Wegen des steigenden M otorisierungsgrads erhöhte sich also die Reichweite und 25 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Transportkapazität der Konsumenten. M it der gestiegenen M obilität und zusammen mit veränderten Siedlungsstrukturen (Zersiedlung und Suburbanisierung vgl. 2.4.1) wurden zudem Voraussetzungen für eine Neuorientierung der Standortwahl bestimmter Betriebsformen am Stadtrand geschaffen (Heinritz et al. 2003:41). Weitere räumliche Konsequenzen lassen sich durch den Handlungsspielraum der Konsumenten bezüglich des Zeitbudgets erkennen. Vor dem Hintergrund des Zeitdrucks der heutigen Gesellschaft und des technologischen Wandels konnte sich der Versandhandel und „E-Commerce“ etablieren. Dieser bewirkt eine zusätzliche „Enträumlichung“ des Konsums (Dess 2005:32). Der Einkommensanstieg und damit einhergehend eine steigende Nachfrage nach mehr Gütern führt dazu, dass während eines Einkaufs mehr Besorgungen erledigt werden müssen, wenn davon ausgegangen wird, dass die für den Einkauf verfügbare Zeit dieselbe ist. Diese veränderte sich aber durch die längeren Öffnungszeiten (vgl. 2.2.2.2). Zugleich wurden die Einkaufzeiten aber auch durch steigende Erwerbsquoten und andere Freizeitnutzungen wie z.B. Fitnessstudios, Restaurants eingeschränkt. Insgesamt lässt sich somit ein Trend zur Kopplung von Besorgungen verzeichnen. Der Einkauf wird heute oft mit anderen Tätigkeiten und Verpflichtungen kombiniert. Dadurch werden Standorte mit einem vielfältigen Angebot und solche, die im Verlauf von Wegketten z.B. WohnenArbeiten-Einkaufen erreicht werden können, begünstigt (Kulke 2010:224). Auf den Strukturwandel wirken sich auch subjektive Einstellungen aus, die sich je nach Alter, Bildungsstand und Haushaltsgrösse unterschiedlich auf das Einkaufsverhalten auswirken und auf einen Wertewandel zurückzuführen sind. Im Hinblick darauf evaluierte Kulke (2010:225) unterschiedliche Konsumverhaltenstypen. Der jüngste Konsumtrend, der „Convenience-Einkauf“, ist ein Bequemlichkeitskauf, dessen wichtigstes Kriterium der Zeitaufwand ist. Diese Konsumentenverhaltensweise orientiert sich an leicht und möglichst zu allen Zeiten erreichbaren Geschäften. Früher profitierten von diesem Einkaufstyp vorwiegend Geschäfte in unmittelbarer Nähe seines Wohnorts. Heute frequentiert dieser Typ zudem Tankstellenshops und Kioske, da diese über lange Öffnungszeiten verfügen. Ausserdem nutzt er Einkaufszentren, die durch ein kombiniertes Einzelhandel-, Freizeit- und Dienstleistungsangebot Zeitersparnisse ermöglichen sowie den Versandhandel und „E-Commerce“ (ebd.:225). Ebenso ziehen 26 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Geschäfte in Transitstandorten, z.B. in Bahnhöfen oder Flughäfen den „Convenience-Shopper“ an, weil sie meist rund um die Uhr geöffnet haben (Ringli & Schloeth 1998:40). Ein weiterer Einkaufstyp orientiert sich am M otiv des „Preiseinkaufs“, bei dem Geschäfte mit einem besonders preisgünstigen Angebot wie z.B. Discounter aufgesucht werden. Eine Spezialform der Preiskäufer stellen die „Smart Shopper“ dar. Diese suchen gezielt günstige Angebote, oft auch von hochwertigen Produkten und wechseln dabei die Einkaufsziele, je nach verfügbarem Angebot. Sie kaufen also dort ein, wo es für sie am günstigsten ist, unabhängig vom Standort (ebd.:225). Für den dritten Einkaufstyp steht der „Erlebniseinkauf“ im Zentrum. Für ihn ist das Einkaufen Teil der Freizeitgestaltung und wird oft mit ergänzenden Aktivitäten wie dem Besuch eines Kinos oder Restaurants verbunden (ebd.:225). Entsprechend dem Trend des Erlebniseinkaufs versuchen v.a. Einkaufszentren, Kopplungspotenziale aufzugreifen und Zusatzleistungen anzubieten, um das Einkaufserlebnis zu erhöhen (Dess 2005:40). Auch Innenstädte sind für den Erlebniseinkauf prädestiniert. Denn ihr Vorteil gegenüber den Shoppingcentern ist ihre historische Authentizität und Emotionalität, die kaum ein anderes Einkaufsformat hervorzubringen vermag. Erst die Emotionalität, die sich aus der einzigartigen Atmosphäre ergibt, die eine Innenstadt über die hohe Ladendichte hinaus vermittelt, macht das Einkaufen im Gegensatz zum Erledigen von Besorgungen zu einer Freizeitbeschäftigung (Neff 2012:18). Der letzte Einkaufstyp fokussiert sein Einkaufsverhalten auf den Umweltaspekt. Deshalb wird diese Konsumentenverhaltensweise als „Umwelteinkauf“ bezeichnet. Aufgrund des Klimawandels und der Ressourcenverknappung hinterfragen die Verbraucher vermehrt ihre Gewohnheiten. Es entstand ein Lebensstil, der Ökologie und Nachhaltigkeit mit Genuss und Komfort vereint (Behrenbeck 2010:10). Beim „Umwelteinkauf“ wird beim Erwerb der Waren auf deren Herstellungsweise und -ort geachtet. Für den Kauf werden spezielle Läden gewählt, z.B. Bioläden (Kulke 2010:225). Gegenwärtig gewinnen hybride Verhaltensweisen an Bedeutung. Bei den Grundbedarfsgütern besteht eine ausgeprägte Preissensibilität bzw. Niederpreisorientierung, was v.a. die Discounter begünstigt (ebd.:225). Auch ist 27 T heoretische- und allgemeine Grundlagen hinsichtlich standardisierter Produkte aufgrund der technischen M öglichkeiten und somit steigender Vorinformationen ein aus geprägtes Preisbewusstsein bei den Konsumenten festzustellen (Heinritz et al. 2003:42). So werden auch Güter mit Beratungsbedarf wie Computer in Fachmärkten oder bei Discountern erworben (Dess 2005:33). Zugleich besitzen dieselben Konsumenten eine Qualitäts- bzw. Zusatznutzenausrichtung und haben beim Erwerb hochwertiger Waren in Verbindung mit dem Erlebniseinkauf eine grosse Ausgabebereitschaft (Kulke 2010:225). Je nach Situation werden von denselben Konsumenten sowohl teure Anschaffungen getätigt als auch Sonderangebote genutzt, weil beides zu ihrem Lebensstil passt (Behrenbeck 2010:10). Die Hybridisierung des Kundenverhaltens zeigt sich auch darin, dass Konsum nicht mehr nur der Versorgung dient, sondern gleichzeitig Teil des Freizeitverhaltens ist (Gebhardt 2002:92). Einkaufen ist demzufolge immer mehr in Verbindung mit Erlebnis, Unterhaltung und Spass zu betrachten (M iosga 2002:86). Neben diesen genannten Einflussfaktoren unterliegt das Konsumentenverhalten aber auch Einflüssen der Einzelhandelsbetriebe. Veränderte Betriebsformen und das Betreiben von M arketing führten zu einem veränderten Konsumentenbewusstsein (Heinritz et al. 2003:42). Letztlich stellen die erläuterten Einkaufstypen Generalisierungen dar. Das Verhaltensmuster jedes einzelnen Konsumentens kann sehr heterogen sein (Gebhardt 2002:98). 2.2.2.2 Entwicklungen auf der Planungsseite Die politischen und gesellschaftlichen Ziele, z.B. Sicherung der Versorgung und Leitbilder, z.B. städtebauliche Leitbilder, setzen den Rahmen für die Einzelhandelsentwicklungen. Ein Einflussfaktor der Infrastrukturpolitik ist z.B. die Entwicklung des Strassenausbaus, die zu einer Zunahme des motorisierten Einkaufverkehrs und dezentralen Einzelhandelsstandorten führte (Heinritz et al. 2003:42). Nach einer Phase der Suburbanisierung (vgl. 2.4.1) steht diese Entwicklung heute dem Ziel der Begrenzung der Aussenentwicklung und der Verkehrsmengenreduzierung entgegen (Kulke 2010:230). So liegt der Fokus der Verkehrsplanung heute auf M assnahmen wie z.B. Verkehrsberuhigungen durch die Einrichtung von Fussgängerzonen. Da die Zugänglichkeit eines Detailhandelstandorts einen Einfluss auf den Umsatz des dort ansässigen Detailhandels ausübt, 28 T heoretische- und allgemeine Grundlagen sind Änderungen der Erreichbarkeit eines Standorts mit Widerständen verbunden (Dittmeier et al. 1999:18). Aus Sicht des Detailhandels bedarf es nicht nur einer Erschliessung für den Fussgängerverkehr, sondern auch für den Pkw- bzw. Kundenverkehr sowie für den Lieferverkehr (BM VBS 2011:21). Die Detailhändler fordern deshalb bei städtebaulichen Umgestaltungen statt einer Parkplatzreduzierung eine Parkplatzerhöhung. Eine Neuschaffung von Parkraum würde jedoch zusätzlichen motorisierten Verkehr nach sich ziehen. Dies entspricht nicht dem Ziel der Stadtplanung, die sich für die Einschränkung des motorisierten Verkehrs in der Innenstadt einsetzt. Denn die Innenstädte sind ausreichend mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen (Heinritz & Popien 1989:181). Die Auswirkungen von Fussgängerzonen und Verkehrsberuhigungen sind vielerorts untersucht worden. M ittels Passantenzählungen vor und nach einer Verkehrsberuhigung konnte nachgewiesen werden, dass Fussgängerzonen im Allgemeinen positive Auswirkungen auf den Detailhandel haben (Becker 1989:191). Zudem kann sich eine Innenstadt gerade dadurch, dass sie autofrei ist, von der Konkurrenz der Aussenquartiere und Einkaufszentren abheben. Das Einrichten von Fussgängerzonen ist auch auf das Konsumentenverhalten abgestimmt. So nimmt in allen Schweizer Städten der Anteil der Kunden zu, die anstatt mit dem Auto mit dem öffentlichen Verkehr (Ö V) in die Innenstadt fahren (Neff 2012:35). Dennoch muss der Zugang zur Innenstadt für jedes Verkehrsmittel gewährleistet sein. Für die Geschäfte der Innenstadt ist ein hinreichendes Parkplatzangebot in der nahen Umgebung essentiell (Camandona 2012:26). Ein weiteres Beispiel für die Beeinflussung des Detailhandels sind die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Ladenöffnungszeiten. In der Schweiz sind diese im Vergleich zum Ausland eher restriktiv geregelt (CS 2006:44). Sie wurden aber sukzessive ausgeweitet bzw. gelockert und das Thema der Liberalisierung der Öffnungszeiten verzeichnet in der Politik eine grosse Aufmerksamkeit (Adler & Keating 2014a:18). Die Liberalisierung der Öffnungszeiten schafft Synergien zwischen Einkaufs-, Gastronomie-, Kino- und weiteren Freizeitnutzungen (Ringli & Schloeth 1998:39). M omentan steht auf Bundesebene eine schweizweite Teilharmonisierung der Ladenöffnungszeiten zur Diskussion. Diese beruht auf einer M otion des Ständerats Filippo Lombardi, der Ladenöffnungszeiten werktags von 6 bis 20 Uhr und samstags von 6 bis 19 Uhr vorschlägt (Aschwanden 2014:o.S.). Damit würde für die meisten Kantone eine 29 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Ausdehnung der Öffnungszeiten bewirkt werden, die bisher kantonal unterschiedlich geregelt sind (SECO 2014:9). 2.3 Auswirkungen des Strukturwandels für die Innenstadt un d innerstädtischen Quartiere Die Konsequenzen des Strukturwandels in den Innenstädten drücken sich sowohl als Standortverbesserungen wie auch als Standortverschlechterungen aus (Dittmeier et al. 1999:17). Die strukturellen Entwicklungen im Detailhandel führten dazu, dass die historische Innenstadt einem Standortwettbewerb ausgesetzt ist. Die Innenstadt steht aufgrund ihrer kleinteiligen Gebäudestruktur im Konkurrenzkampf mit immer grösser werdenden Verkaufsflächen auf der „grünen Wiese“ an den Rändern der Siedlungsgebiete (Brülisauer 2010:8). Die hoch mobilen Konsumenten sind nicht mehr auf die Innenstadt angewiesen, um ein vielfältiges Warenangebot zu erhalten. Letzteres wird auch in der Agglomeration 11 bzw. im suburbanen Raum von Einkaufszentren und grossflächigen Fachmärkten, innerstädtischen Einkaufszentren oder auch vom Internethandel zur Verfügung gestellt. Daraus resultiert ein Kaufkraftabzug aus der Stadt (Neff 2012:18). M it dem Trend des peripheren Einkaufens drohen Umsatzeinbussen in den Stadt- und Quartierzentren (Ringli & Schloeth 1998:38). Zusätzliche Konkurrenz entsteht für die Innenstädte durch die „Convenience shops“ in den Bahnhöfen und Tankstellen (vgl. 2.2.2.1) (M iosga 2002:85). Demgegenüber sieht Dittmeier et al. (1999:17) einen Vorteil der Innenstädte darin, „... dass sie häufig über eine historisch gewachsene Attraktivität verfügen, gegen die Verbrauchermärkte oder Einkaufszentren auf der Grünen Wiese verblassen“. Davon zeugen auch die hohen M ietpreise für Ladenflächen in den Innenstädten (Neff 2012:18). Auf die Innenstadt wirkt sich positiv aus, dass sie wieder stärker als Investitionsstandort gesehen wird (BM VBS 2011:18). „Innenstadtimmobilien gehören zu den Filetstücken im Schweizer Immobilienmarkt. An nahezu keinen anderen Lagen zahlen Investoren so hohe Preise und müssen M ieter so hohe Zinsen entrichten wie an den einschlägigen Einkaufsstrassen des Landes“ (Neff 2012:25). So sind auch Schlüssel- und Handgelder keine Seltenheit in den wichtigsten innerstädtischen Einkaufsstrassen. Handgeld 11 Eine Agglomeration umfasst ein zusammenhängendes Gebiet mehrerer Gem einden mit insgesamt mindestens 20'000 Einwohnern. Jede Agglomeration hat einen Agglomerationskern und einen -gürtel (BFS 2014:8). Dabei handelt es sich um funktional zusammengehörige und verflochtene städtische Räume (Heineberg 2014:56). 30 T heoretische- und allgemeine Grundlagen bedeutet, dass ein Geschäft, das unbedingt in eine Liegenschaft einziehen will, dem jetzigen M ieter eine beträchtliche Abfindung zahlt, damit er den M ietvertrag vorzeitig kündigt und auszieht (Knobel 2015a:24f). Dahingegen fliessen Schlüsselgelder immer dann, wenn ein M ieter einen langfristigen M ietvertrag hält und sein M ietzins tiefer ist als der M arktzins. Dabei sind zwei Formen möglich. Ein interessierter Detailhändler bietet dem Eigentümer an, ihm für den Laden die M arktmiete zu zahlen. In diesem Fall kann der Eigentümer dem jetzigen M ieter die vorzeitige Kündigung des M ietvertrags mit einem Schlüsselgeld attraktiv machen. Eine andere Variante wäre, dass der interessierte M ieter dem bestehenden M ieter ein Schlüsselgeld bietet, um dessen langfristigen Vertrag mit den attraktiven M ietkonditionen übernehmen zu können (Neff 2012:26). Die M arktgasse, Berns renommierteste Einkaufsstrasse, gehört zu den drei teuersten Strassen der Schweiz (Lutz 2015:o.S.). Der jährliche Quadratmeterpreis beträgt dort bis zu 3'000 Franken. Zum Vergleich, der überwiegende Teil der jährlichen Quadratmeterpreise der Berner Innenstadt liegt zwischen 268 und 1’560 Franken. Der M ietzins in der Oberen Altstadt ist bis zu dreimal so hoch wie in der Unteren Altstadt (Lutz 2014:o.S.). Die M ietpreise sind demzufolge auch ein Indikator für eine Differenzierung der Einkaufslagen. Als Ergebnis des innerstädtischen Strukturwandels bilden sich zunehmend unterschiedliche Lagequalitäten heraus (Dittmeier et al. 1999:18). Die innerstädtische Zentrenstruktur gliedert sich in 1a-Lagen, den Haupteinkaufsstrassen und 1b-Lagen, den angrenzenden Nebenstrassen (BM VBS 2011:19). Während die Geschäfte in den Top-Lagen stark frequentiert werden, ein überdurchschnittlich hohes M ietniveau aufweisen und von einer hohen Nachfrage nach Ladenlokalen, insbesondere von international agierenden Handelsunternehmen profitieren, verläuft die Entwicklung in den Nebenlagen häufig negativ (Dichtl 2011:42). Sie sind von geringerer Attraktivität, verfügen über eine geringere Passantenfrequenz und sind oft durch Leerstände von bisherigen inhabergeführten Fachgeschäften gekennzeichnet, was sich in den deutlich tieferen M ieten widerspiegelt (BM VBS 2011:19). Die Polarisierung der Einkaufslagen kann soweit gehen, dass es in den Nebengeschäftslagen zu „Trading-down“ - Effekten kommt, d.h. eine Abwertung und ein Attraktivitätsverlust des Quartiers (Heinritz et al. 2003:212). Peter (2011:15) beschreibt den Begriff „Trading-down“ als „... einen typischen Entwicklungstrend eines Stadtteilzentrums vom nahversorgungsorientierten, 31 T heoretische- und allgemeine Grundlagen stadtteilbezogenen vollständigen Angebot hin zu zunehmenden Leerständen und niedrigpreisigen Angeboten“. Eine solche Entwicklung lässt sich also dadurch erklären, dass der Niedergang der Geschäftsnutzung bzw. der Rückzug der Nachbarschaftsläden und somit die fallenden M ietpreise oft minderwertige Ersatznutzungen wie Fast Food Läden, Solarien, Billiganbieter zur Folge haben (Brülisauer 2010:8). Diese passen oft nicht zum übrigen Angebot des Standortes und harmonieren schlecht mit der traditionellen Identität einer Altstadt. Dies führt zu einem sukzessiven Imageverfall des Standortes (Peter 2011:15). Ein hoher Anteil an Leerständen wirkt sich negativ auf das Erscheinungsbild eines Quartiers oder einer Geschäftsstrasse aus und senkt die Attraktivität eines Geschäftsviertels. Ein solcher Abstieg ist besonders bei Altstädten mit historischer Bausubstanz und identitätsstiftendem Charakter einschneidend (Brülisuaer 2010:8). Gerade auch deshalb, weil inhabergeführte Geschäfte meist in den Quartieren über Generationen verwurzelt sind, der lokalen Identifikation und als Treffpunkt dienen (Flögel & Gärtner 2011:8). Im Zuge der räumlichen Ausdifferenzierung können die Nebengassen aber auch an Bedeutung gewinnen. Denn Leerstände und geringe M ietzinse sind nicht zwingend als negativ zu bewerten. Denn sie bieten ebenfalls Raum für Erneuerung und Anpassung. Aus diesen Ladenflächen kann leichter Neues entstehen (Brülisauer 2010:8). Der Rückzug des Einzelhandels aus den Erdgeschossen bietet durchaus auch Chancen für die Quartierbewohner und innovative Unternehmen. Innovative Läden von unabhängigen Detailhändlern befinden sich vorwiegend in diesen Einkaufslagen. Sie treffen dort auf Nachfrage und gestalten so das „Quartiershopping“ attraktiv. Solche unkonventionellen Geschäfte verfügen oft über lokales Wissen. M it diesem und den kreativen Geschäftspraktiken ist ein Wettbewerbsvorteil möglich. Denn sie können trotz des schwierigen M arktumfelds wirtschaftlich agieren (Flögel & Gärtner 2011:5ff). In diesem Fall würde die Innenstadt nicht mehr der einzige Einkaufspol sein, vielmehr würde sich eine polyzentrische Struktur des Einkaufens ergeben (Neff 2012:35). In den Innenstädten und v.a. in den 1a-Lagen befinden sich vorwiegend Geschäfte und Dienstleister, die hohe Flächenumsätze erwirtschaften. Typische Nutzungen sind z.B. „Anwalt- und Arztpraxen, M aklerbüros, Reisebüros, Banken, Versicherungen oder Kinos. Im Bereich des Handels sind dies hochspezialisierte 32 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Fachgeschäfte 12 und Warenhäuser“ (Dittmeier et al. 1999:18). Letztere wirken in den Innenstädten oft als „Publikumsmagneten“ (ebd.:18). Neben diesen Nutzungen befinden sich an diesen Standorten zum grössten Teil Franchiser 13 und Detailhandelsketten (BM VBS 2011:19). Die Geschäftsketten haben markante Auswirkungen auf die Standortstruktur. Der Wettbewerb verschärft sich mit ihrer Niederlassung in den Innenstädten. Besonders kleine, lokale inhabergeführte Detailhandelsgeschäfte, die den Wohnwert und die Attraktivität einer Stadt massgeblich beeinflussen, leiden unter einer Standortverschlechterung, weil sie dort immer mehr verdrängt werden (Dittmeier et al. 1999:17). Entweder müssen sie ihr Geschäft aufgeben oder können nur noch in M arktnischen überleben (Kulke 2010:222). Dass ein Geschäft schliessen muss, weil es nicht mehr mit der filialisierten Konkurrenz mithalten kann, ist unter dem Begriff „Ladensterben“ bekannt. Dies betraf in den Innenstädten der zehn grössten Schweizer Städte zwischen den Jahren 1998 und 2008 mehr als jedes zehnte Geschäft. Das entspricht einem Rückgang der Geschäfte von -11.5%, nahezu gleich viel wie der Schweizer Durchschnitt mit -11.4%. Das Ladensterben Berns liegt mit -11.7%, was zwischen 1998 und 2008 einer Schliessung von 77 Geschäften entspricht, im Schweizer Durchschnitt (Neff 2012:20). Das Ausdünnen der lokalen selbstständigen Detailhandelsgeschäfte hat auch Konsequenzen für die flächendeckende Nahversorgung, weil sich der Betriebsrückgang lokal auf eine verringerte Anbietervielfalt auswirkt und sich damit die Einkaufswege der dort ansässigen Bevölkerung verlängern (ebd.:44). Dies ist v.a. ein Problem für die weniger mobile Bevölkerung (Leicht 2010:23). Im Gegensatz dazu haben durch den Strukturwandel bedingte Infrastrukturmassnahmen wie die Einrichtungen von Fussgängerzonen in den Innenstädten für Standortverbesserungen gesorgt. In Anbetracht dessen, dass 86% aller Einkäufe in der Innenstadt zu Fuss getätigt werden, erhöhen Fussgängerzonen und kurze Distanzen zwischen den Geschäften die Attraktivität der Innenstadt als 12 „Spezialgeschäft: das Warenangebot beschränkt sich auf einen Ausschnitt des Sortiments eines Fachgeschäfts und ist dabei tiefer gegliedert (z.B. Krawattengeschäft)“ (Heineberg 2014:190). 13 „Bei Franchising räumt ein Franchise-Geber dem selbständigen Franchise-Nehmer gegen Gebühr das Recht ein, ein weit verbreitetes Warenzei chen (gemeinsam er Name, Angebot, Betriebsgestaltung, Ausstattung, Werbung) zu nutzen. Der Nehmer hat den Vorteil, sich an den Erfolg eines bekannten Angebots anbinden zu können“ (Kulke 2004:157). 33 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Einkaufsort. Bern gilt als die fussgängerfreundlichste und bezüglich der Ladendichte als die kompakteste Innenstadt der Schweiz (Neff 2012:33). Trotzdem ist nach Kulke (2010:222) anzumerken, dass der Filialisierungsgrad schnell voranschreitet, da bei inhabergeführten Geschäftsschliessungen oft kein Nachfolger mehr gefunden wird. Filialketten sind zwar bis zu einem gewissen M ass bereichernd und unabdingbar für einen Detailhandelsstandort, jedoch hat der Filialisierungs grad in den Innenstädten ein sehr hohes Ausmass erreicht (Neff 2012:24). Dieser bewegt sich in den 1a-Lagen deutscher Städte um 50% (BM VBS 2011:19). Im Jahr 2008 arbeiteten in den Innenstädten der zehn grössten Städten der Schweiz 69% aller Beschäftigten in Filialketten (Neff 2012:24). M it wachsender Filialisierung wird die räumliche Ordnung des Einzelhandels und seine Entwicklung zunehmend fremdbestimmt, sodass die ortsgebundenen selbstständigen Detailhandelsunternehmen an Bedeutung verlieren und damit auch die Sortimentsgestaltung mit lokalen Besonderheiten sowie das Interesse an dem Standort und die aktive M itarbeit in Standortkooperationen (Heinritz et al. 2003:44). In diesem Zusammenhang wird oft von einer Verarmung des Branchenmix gesprochen (Ziegler 2015:21). Durch die immer gleiche Anordnung und Wiederholung der Geschäfte sowie durch die damit verbundene Vereinheitlichung des Angebots bzw. den Rückgang der Angebotstiefe wird eine starke Homogenisierung und Austauschbarkeit der innerstädtischen Einkaufsstrassen bewirkt. Dies wird als Verlust der Individualität der Innenstädte betrachtet, weshalb eine hohe Filialisierung als unattraktiv bewertet wird (Wieland 2011:5). In Grossbritannien werden Städte mit diesem Phänomen mit dem Begriff „clone towns“ gleichgesetzt (nef 2005:2). Dieser Prozess wird mit dem Trend der „Textilisierung“ verstärkt. Darunter wird die Verschiebung im Branchenmix aufgrund der wachsenden Anzahl an M odegeschäften verstanden, was zu einer Abnahme der Branchenvielfalt führt. Infolgedessen verlieren die Innenstädte oftmals ihren individuellen Charakter (Dorenkamp & M ossing 2010:3). Die Dominanz von Kleidergeschäften in den Innenstädten lässt sich in Zahlen belegen. Im Jahr 2008 befand sich jedes vierte Kleidergeschäft der Schweiz in einer der zehn grössten Schweizer Innenstädte und beschäftigte 34% aller Beschäftigten, was einer Anzahl von 7‘100 Beschäftigten (Vollzeitäquivalente) entspricht. Damit ist die Bekleidungsbranche die grösste und überdurchschnittlich vertretene Branche im innerstädtischen Detailhandel. 34 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Die Dominanz der Kleidergeschäfte in den Innenstädten hat mehrere Gründe. Einerseits ist es ein Bedürfnis der Kunden beim Kauf von Kleidern eine grosse Auswahl zu haben, wobei der Kauf von Kleidern immer weniger auf einem Kosten-Nutzen-Verhältnis basiert, sondern eher emotional und spontan durch ein Einkaufserlebnis gesteuert wird. Dazu bietet die Innenstadt den passenden Rahmen. Andererseits wird der öffentliche Verkehr benutzt, um Kleidereinkäufe zu erledigen. Ebenfalls gehen die Konsumenten hierfür zu Fuss oder nehmen das Velo. Dies, im Gegensatz zum Kauf von sperrigen oder schweren Gütern wie M öbeln, die vornehmlich in den Agglomerationen erworben werden. Der wichtigste Grund liegt aber in den überdurchschnittlich hohen M argen, die die Kleiderbranche erzielt. So erreichte die Bekleidungsbranche in Deutschland im Jahr 2009 eine Bruttomarge von 48%, die für den Schweizer Bekleidungshandel vergleichbar ist (für die Schweiz existieren keine Zahlen zu Bruttomargen nach einzelnen Detailhandelssegmenten). Im Vergleich zum durchschnittlichen Schweizer Detailhandelsbetrieb mit einer Bruttomarge von 33.5% sind das 14.5% mehr. Je höher die Bruttomarge ist, desto höhere M ieten können bezahlt werden (Neff 2012:23). Zum Beispiel zahlt die internationale M odehandelskette „Zara“ zum Teil an innerstädtischen Toplagen über 7'000 Franken Jahresmiete pro Quadratmeter. Im Vergleich dazu liegt die finanzielle Grenze von Lebensmittelläden mit ihren geringen Bruttomargen bei ca. 1'000 Franken für den jährlichen Quadratmeterpreis (Dütschler 2015:o.S.). Die Bekleidungsbranche hat jedoch insgesamt betrachtet an Bedeutung verloren. Der Anteil der Beschäftigung in der Bekleidungsbranche nahm zwischen den Jahren 1998 und 2008 um 1% pro Jahr ab und die Zahl der Kleiderläden ging fast in allen Städten der Schweiz zurück. Dieser Rückgang lässt sich auf die Konzentration von Kleidergeschäften zurückführen sowie auf die Verdrängung von unabhängigen Kleidergeschäften durch Filialketten und M onolable Stores (ebd.:22). Ein ausgewogener Branchenmix ist unabdingbar für die Belebung einer Innenstadt und das Bedürfnis der Konsumenten nach „One-Stop-Shopping“ (Neff 2012:29). Neff (ebd.:29) mass den Branchenmix zwischen den Jahren 1989 und 2008 anhand der Konzentration der Läden sowie der Verteilung der Beschäftigten auf die verschiedenen Branchen des Detailhandels in den zehn grössten Schweizer Städten. Dabei konnte die befürchtete Abnahme des Branchenmix in den 35 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Innenstädten nicht nachgewiesen werden. Über alle zehn Innenstädte hinweg betrachtet ist der Branchenmix konstant geblieben. In der Stadt Bern verbesserte sich der Branchenmix am stärksten. 2.4 Entwicklungstrend: Innerstädtisches Wohnen Die Nachfrage nach Wohnraum in den Stadtzentren hat sich trotz der Wandlungsprozesse, die in den vorherigen Kapiteln beschrieben wurden, als stabil erwiesen (Brülisauer 2010:8). „Das Wohnen ist die beständigste Nutzung seit es unsere Städte gibt. Die Wohnnutzung ist auch jetzt, im Wandel, stabil“ (Netzwerk Altstadt 2013:14). In diesem Kapitel werden die Entwicklung der Siedlungsstruktur und die heutige Situation des innerstädtischen Wohnens erläutert. 2.4.1 Entwicklung der S iedlungsstruktur Die historischen Innenstädte und Ortszentren werden immer mehr als attraktive Wohnorte gesehen. Nach jahrzehntelang gegenläufigen Trends verzeichnen besonders die grösseren Städte eine hohe Nachfrage nach urbanem Wohnen (BM VBS 2011:8). Die Entwicklung, wie sich das Einwohner- und Beschäftigtenwachstum im Raum verteilt, sei es eher dispers oder zentrenorientiert, kann mit dem Phasenmodell von A gglomerationsräumen nach Gaebe (In: Heineberg 2014:56ff) beschrieben werden. Nach diesem setzte die erste Phase, die Urbanisierung, im 19. Jahrhundert in Europa ein, die durch starke Bevölkerungsund Beschäftigtenzunahmen in der Kernstadt geprägt war. Diese waren mit einem wirtschaftlichem Wachstum verbunden, sodass sich Bevölkerung und Wirtschaft stark konzentrierten. Für diese Entwicklung waren das damalige Einkommensniveau und Verkehrsnetz hauptsächlich verantwortlich. Beide liessen nur arbeitsplatznahe Wohnungen zu. Darauf folgte eine dazu gegenläufige Suburbanisierungsphase, die von einer starken Bevölkerungs- und Beschäftigtenzunahme im Umland gekennzeichnet war. Sie resultierte aus der innerregionalen Dekonzentration von Einwohnern und Beschäftigten. So zogen immer mehr Haushalte und Betriebe aus den Verdichtungszentren in das dünner besiedelte angrenzende Umland der Innenstadt, also an den Stadtrand. Die Hauptgründe der Haushalte waren „... das unzureichende Wohnungsangebot, M ängel in der Bausubstanz und der Wohnumwelt, für Zuzüge ins Umland günstigere Wohnbedingungen und die geringere Bebauungs- und Wohndichte“ (ebd.:57). Auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur förderte diese Entwicklung. Für die Standortverlagerungen 36 T heoretische- und allgemeine Grundlagen der Betriebe (Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen) waren ein steigender Flächenbedarf sowie die hohen Boden- bzw. M ietpreise in der Kernstadt ausschlaggebend. Denn grosse, preiswerte und gut erschlossene Gewerbe- bzw. Industrieflächen standen damals wie heute vorwiegend im Umland zur Verfügung. Weiter wurden die Unternehmen aufgrund neuer Betriebsformen im Handel sowie der Bevölkerungssuburbanisierung bzw. einer veränderten Kunden- und Kaufkraftverteilung zur Ansiedlung im Umland veranlasst (ebd.:57f). Die Folgen der Suburbanisierung waren eine disperse Siedlungsentwicklung (Zersiedlung), starke Flächeninanspruchnahmen im Umland, Funktionstrennung von Wohnen und Arbeiten sowie eine M obilitätszunahme. Zwischen den genannten Folgen bestehen enge Interdependenzen, die sich in ihrer Wirkung verstärken (Tönnies 2002:70). Die dritte Phase bildete die Desurbanisierung, die durch eine absolute Bevölkerungs- und Beschäftigtenabnahme im gesamten Agglomerationsraum gekennzeichnet war. Das bedeutet, dass nicht nur die Kernstadt an Bevölkerung und Arbeitsplätzen verlor, sondern auch das Umland (Heineberg 2014:58). Es handelte sich also um einen interregionalen grossräumigen Dekonzentrationsprozess, mit dem die Bevölkerung und Beschäftigten von den städtischen in die ländlichen Regionen umverteilt wurden. Dies führte zugleich zu einem Bedeutungs gewinn in den Räumen ausserhalb der A gglomerationen, und zwar sowohl aus demographischer als auch ökonomischer Sicht (Tönnies 2002:64). Von dieser Phase waren v.a. strukturschwache Räume betroffen, die wenig Erneuerungspotenzial zuliessen. Die letzte und noch heute anhaltende Phase ist die Reurbanisierung. Darunter wird eine erneute Bevölkerungs- und Beschäftigtenzunahme in der Kernstadt verstanden (Heineberg 2014:59). Im folgenden Kapitel wird näher auf diese Phase eingegangen. 2.4.2 Aktuelle S ituation des innerstädtischen Wohnens Im Zusammenhang der Reurbanisierungsphase wird von einer „Renaissance des innerstädtischen Wohnens“ gesprochen. Die Innenstädte werden als bevorzugter Wohnort „wieder entdeckt“. Die hohe Nachfrage nach Wohnraum lässt sich an der generellen tiefen Leerwohnungsziffer nachweisen. Der Wohnraum in den Kernstädten ist sehr beschränkt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Vorteile eines städtisch geprägten Wohnumfeldes, die zu diesem Trend führen, sind z.B. die Angebotsvielfalt, eine breite Infrastrukturausstattung, kurze Wege, das 37 T heoretische- und allgemeine Grundlagen innerstädtische „Flair“, die Nähe zu Dienstleistungs-, Handels-, Handwerksangeboten und zu Bildungseinrichtungen (BM VBS 2011:29). Durch den Strukturwandel entstanden teils grosse Brachflächen in den Innenstädten, die die Chance bieten, Neues zu entwickeln und so die Innenstadt zusätzlich zu einem bevorzugten Wohnort zu gestalten. So ist Reurbanisierung im Sinne einer Aufwertung innerstädtischer Wohnquartiere zu verstehen (Brinker & Sinning 2011:12). Diese Vorteile ziehen Junge und Ältere gleichermassen an. „Die Stadt der kurzen Wege ist ein Ideal für alle Bevölkerungs gruppen“ (ebd.:13). Besonders jüngere Bevölkerungs gruppen zwischen 18 und 30 Jahren tragen zu dem positiven Bevölkerungstrend der Innenstädte bei. Sie bevorzugen lebendige Innenstadtgebiete mit unverbindlichen, rasch wechselnden Nachbarschaften und einem guten Freizeitangebot. Die Innenstadt zeichnet sich durch eine hohe Umzugsbereitschaft aus. Im Durchschnitt lebt jeder zweite Innenstadtbewohner fünf Jahre in einer Wohnung (ebd.:29f). Durch die Alterung der Gesellschaft verändert sich die innerstädtische Bevölkerungsstruktur ebenfalls. Der Anteil der über 65-Jährigen nimmt zu, wohingegen der Anteil der unter 18-Jährigen sinkt. Gerade für ältere M enschen ist die Innenstadt ein attraktiver Wohnort hinsichtlich kurzer Wege, medizinischer Versorgung, Kulturangeboten und dem historischen Wohnungsbestand (ebd.:29ff). Obwohl heute viele Innenstädte über gute Wohnbedingungen verfügen, sind diese hauptsächlich für kleine Haushalte bestimmt. Für Familien mit Kindern ist es schwierig, in der Innenstadt Wohnraum in geeigneter Grösse zu finden (ebd.:8). Zudem sind die Wohnungen in der Innenstadt teurer als vergleichbare oder grössere Wohnungen an nicht zentral gelegenen Wohnquartieren. Ein Bedürfnis von Familien mit Kindern ist ein stabiles, sicheres Wohnumfeld und Grünflächen, die zu Fuss erreichbar sind. Diese Ansprüche der jungen Familien an das Wohnen können in den Innenstädten häufig nicht befriedigt werden (ebd.:31). Das vergleichsweise hohe Preisniveau der Innenstadtzentren ist ein Indikator für deren Attraktivität. In der Regel gilt, je höher die Nachfrage nach einem Grundstück und je begrenzter das Angebot ist, desto höher sind die Bodenpreise bzw. die Bodenrenten, was v.a. auf zentral gelegene Standorte zutrifft (Paesler 38 T heoretische- und allgemeine Grundlagen 2008:89ff). Die Bodenrente oder auch Lagerente genannt ist der Nettogewinn, den eine Grundstücksfläche an einem bestimmten Standort erbringt (Heineberg 2014:121). Um das Phänomen des städtischen Bodenmarkts erklären zu können, dient die wirtschaftsgeographische Theorie des Lagerentenprinzips. Diesbezüglich kann Lichtenbergers M odell (In: Paesler:89f) herangezogen werden, das das „Kern-Rand-Gefälle“ der Bodenpreise in Abhängigkeit von der Lage und der Nutzung beschreibt. Dabei unterscheidet es die Lagen: City, Innenstadt, innenstadtnahe Vororte sowie äussere Vororte. In der City werden die höchsten Bodenpreise erreicht. Jedoch nimmt der Bodenpreis vom City-Kern zum CityM antel deutlich ab. Die übrige Innenstadt weist niedrigere Bodenpreise auf. Die Bodenpreise sinken dann kontinuierlich über die innenstadtnahen zu den äusseren Vororten, wo die tiefsten Bodenpreise vorzufinden sind. Neben dem M odell von Lichtenberger gibt es eine Vielzahl an weiteren Bodenrentenmodellen. Der Ursprung dieser M odelle beruht auf dem Standorttheorieansatz von Thünen14 (In: Kulke 2004:54f) aus dem Jahr 1826. In der Realität kann aber kein lineares Abflachen der Bodenpreise vom Stadtzentrum zur Peripherie angenommen werden. Neben der Distanz und Bodennutzung wirken auch Einflussfaktoren wie z.B. Haltestellen des öffentlichen Verkehrs sowie Nebengeschäftszentren oder auch Shoppingcenter an den Rändern der Verdichtungs gebiete auf die Bodenpreise, weil sie zu Nebenmaxima der Bodenpreise bzw. -renten führen. Ebenso kommt es wegen Umwelt- und Imagefaktoren zu einer örtlichen Abweichung des modellhaften Verlaufs. Die Umweltrente beruht auf der ökologischen Qualität des Grundstücks. 14 Sein Modell erklärt die agrarwirts chaftlichen Raumstrukturen bzw. Bodennutzungen. Dabei geht er von restriktiven Annahmen aus wie einem isolierten Staat und einem homogenen Raum (z.B. gleiche Produktionskosten und natürliche Produktionsgrundlagen), dessen Zentrum der Marktort darstellt. Nur hier können die landwirtschaftlichen Güter verkauft werden, da diese nur am Marktort nachgefragt werden. Die Verkehrsers chliessung zu diesem Marktort ist in alle Richtungen gleich und die Transportkosten nehmen proportional zur Ent fernung des Marktort es zu. Zudem sind die Entscheidungen der Landwirte bezüglich der Standortwahl ihres Betriebs rational-ökonomisch veranlagt, d.h. sie streben eine Gewinnmaximierung an. In Anbetracht dieser Bedingungen ist die Lagerente von der Entfernung zum Marktort bzw. der Transportkosten abhängig, die sich aus dem Marktpreis abzüglich Produktions- und Transportkosten ergibt. Sie ist am Marktort am höchsten und nimmt mit zunehmender Ent fernung ab, da die Landwirte immer grössere Transportkosten aufwenden müssen. Ab einer bestimmten Ent fernung lohnt sich der Anbau von landwirtschaftlichen Gütern aufgrund zu hoher Transportkosten nicht mehr. Darüber hinaus zeigt Thünen mit seinem Modell, dass verschiedene landwirts chaftliche Produkte wegen ihrer unterschiedlichen Marktpreise, Beschaffenheit und damit Transportkostenempfindlichkeit verschiedene Lagerenten aufweisen. Je nach Produkt entscheidet sich der Landwirt für den Anbau eines Produkts mit der höchsten Lagerente. Entsprechend den unterschiedlichen Produkten und ihren Lagerenten hat Thünen drei konzentrische Ringe definiert, die die Nutzungszonen dieser Produkte darstellen (Kulke 2004:54f). 39 T heoretische- und allgemeine Grundlagen So liegen die Bodenpreise z.B. bei Standorten an Seeufern in einem beträchtlich hohen Preisniveau (Heineberg 2014:122f). Imagefaktoren spielen insofern eine Rolle, als dass Wohnlagen in „In-Vierteln“ oder Bürostandorten in besonders angesehenen Lagen ein deutlich höheres Preisniveau aufweisen als deren Umgebung (Paesler 2008:91). Weiter kann festgehalten werden, dass der Bodenpreis eine selektierende Wirkung hat. Je höher die Bodenpreise sind, desto grösser sind die Verdrängungseffekte. Oft zeichnet sich das innerstädtische Wohnen durch ein Nebeneinander unterschiedlicher Lagen aus. So sind bspw. attraktive Wohnlagen einer Stadt fast nur von Bevölkerungsgruppen mit einem relativ hohen Einkommen finanzierbar (ebd.:89ff). Daneben gibt es oft unsanierte Wohnungsbestände, an die meist einkommensschwache Haushalte gebunden sind (BM VBS 2011:28). Der Bodenpreis ist also nicht nur ein Indikator für die Attraktivität eines Grundstücks bzw. Stadtviertels, sondern auch ein Hinweis darauf, welche sozialen Gruppen sich in einem bestimmten Stadtviertel niederlassen (Paesler 2008:89ff). Die Verdrängung der einkommensschwachen Bevölkerung geht auch mit dem Trend von zunehmenden aufwendigen Umbauprojekten der innerstädtischen Immobilien einher. Seit den 70er-Jahren nehmen „... private und öffentliche Erhaltungs- und Erneuerungsinvestitionen in den Kernstädten zu (Sanierung und Rekonstruktion historischer Stadtstrukturen)“ (Heineberg 2014:59). Innerstädtische Wohnungen sind in der Erstellung und bei der M odernisierung aufwendig, was sich auch in den höheren M ietpreisen widerspiegelt (BM VBS 2011:30). Die Immobilienpreise wirken sich in einer fortschreitenden Entmischung der Bevölkerung nach Einkommen aus. “Ausgeprägte soziale, demographische, ethnische, anthropologische und religiöse Segregationsprozesse sind die Konsequenz. ... Damit ist der Immobiliensektor zugleich M otor und Indikator der räumlichen und gesellschaftlichen Disparitäten“ (Lichtenberger 1998:171). Heeg (2013:76-91) führt in diesem Zusammenhang die „Finanzialisierung“ ein, die dazu führt, dass sich die Bevölkerung innerstädtischer Gebiete langsam, aber stetig auswechselt. Der Begriff „Finanzialisierung“ deutet darauf hin, dass Immobilien in den letzten 20 Jahren noch stärker zu einem Finanzprodukt geworden sind. Das bedeutet, dass Immobilien zu einer sehr nachgefragten Investmentmöglichkeit bzw. Anlageform wurden. Unter diesem Aspekt wurden auch grosse Teile des Wohnungsbestands 40 T heoretische- und allgemeine Grundlagen der öffentlichen Hand privatisiert und von den neuen Eigentümern für die finanzielle Verwertung optimiert. Da der urbane Lebensstil v.a. die einkommensstarke Bevölkerung in die Altstädte zieht, bedeutet dies zugleich, dass „kleinen, aber feinen Läden“ eine Chance für eine Eröffnung geboten wird. Dies können Feinkostläden, Kunsthandwerk, Restaurants oder andere Dienstleister sein, die von einer lokalen Kundschaft profitieren (Neuhaus 2013:7). Die Bodenpreise spielen aber nicht nur eine Rolle bei der gesellschaftlichen Differenzierung, sondern auch innerhalb verschiedener Raumnutzer. Da eine steigende Nachfrage bei begrenztem Angebot, insbesondere an zentral gelegenen Standorten, die Bodenpreise bzw. -renten ansteigen lässt, werden damit weniger solvente Nachfrager ausgeschlossen. So können bestimmte Raumnutzungen wie die Wohnnutzung in zentralen Standorten durch die Konkurrenz der tertiären Nutzungen wie dem Bürosektor verdrängt werden. Denn es gilt, die höchsten Rentenangebote bestimmen die Raumnutzungen (Heineberg 2014:121). Die M obilisierung von Büroräumen erfolgt zu einem beachtlichen Teil durch die Umwandlung von Wohnungen in Büros im Althausbestand (Lichtenberger 2002:277). Daraus ergibt sich eine Zweckentfremdung von Wohnhäusern. Während Geschäfte i.d.R. das Erdgeschoss der Strassenfront belegen, mieten sich Büros im ersten und zweiten Stock ein (ebd:273). Die oben beschriebenen Prozesse können unter dem Begriff „Gentrification“ zusammengefasst werden. Dabei handelt es sich um ein komplexes Phänomen. „Es umfasst die • bauliche Aufwertung (Gebäudesanierungen und Neubauten, Wohnumfeld- u. Infrastrukturverbesserungen), • soziale Aufwertung (Zuzug statushöherer Bevölkerung: v.a. Besserverdienende, höher Gebildete, z.B. Yuppies, Studierende), • funktionale Aufwertung (Ansiedlung neuer Geschäfte u. Dienstleistungen, qualitative u. quantitative Angebotserweiterungen), • symbolische Aufwertung (‚positive’ Kommunikation über die Gebiete, M edienpräsenz, ...“ (Krajewski In: Heineberg 2014:20). Neben der Gentrification und der damit verbundenen Verdrängungsprozesse zeigt sich die Situation des innerstädtischen Wohnens auch insofern problematisch, als dass das Wohnen oft im Konflikt mit anderen Nutzungsansprüchen wie der 41 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Gastronomie oder dem Verkehr steht (BM VBS 2011:30). Letzterer wirkt sich in einem wachsenden Verkehrsaufkommen aus, insbesondere des motorisierten Verkehrs, der erhöhte Emissionen wie Lärm und Luftschadstoffe zur Folge hat. Dennoch bilden M obilität und gute Erreichbarkeit bedeutende Standortfaktoren für Haushalte und Unternehmen (ebd.:9). 2.5 Ansätze und Instrumente zur Attraktivitätssteigerung von Innenstädten und Innenstadtquartieren Der in den vorherigen Kapiteln beschriebene Wandel verlangt nach Lösungen. Jedoch gibt es hierfür keine einfachen Rezepte, besonders nicht für die Altstadt mit ihrem hohen Identifikationswert (Netzwerk Altstadt 2013:12f). Die M assnahmen müssen den Besonderheiten eines vom Strukturwandel betroffenen Ortes gerecht werden (Gerber 2010:3). In diesem Kapitel werden Alternativen beschrieben, die es ermöglichen, Innenstädte oder innerstädtische Quartiere attraktiver zu gestalten. Wenn das Ziel die Rettung bzw. Wiederherstellung des klassischen Detailhandels in den Innenstädten ist, versagen meist jegliche M assnahmen. Denn die Innenstädte müssen sich darauf einstellen, dass sich der Wandel in den Betriebsformen und der Einkaufs gewohnheiten weiter fortsetzen wird (Hasler 2014:25). Daher impliziert der Strukturwandel ein Umdenken, weil sich keine Strukturen zurückbilden lassen, die eine radikale Umkehr ermöglichen. Anstatt Anstrengungen in einem nicht mehr funktionierenden System zu leisten, geht es vielmehr darum, mögliche Perspektiven und Potenziale sowie Spielräume zu entdecken. Die Hauptarbeit am Strukturwandel besteht einerseits darin, dafür zu sorgen, dass sich die Innenstadt oder die vom Strukturwandel betroffenen Innenstadtquartiere nicht in eine Abwärtsspirale begeben, die zu einer Entwertung führen würde. Andererseits ist die Angebotsvielfalt zu sichern. Dazu muss der Fokus auf die Qualitäten der Innenstadt gelegt werden. Von diesem aus gehend muss eine schrittweise angepasste Strategie entwickelt werden (Netzwerk Altstadt 2013:12ff). Die anstehenden M assnahmen sind breitgefächert und langfristig aus gelegt. Sie erfordern ein weitsichtiges Planen seitens der öffentlichen Hand und einen Einbezug der zentralen Akteure in der Innenstadt, insbesondere der Eigentümer und Geschäftsbetreibenden. Es geht also darum, einen Prozess auf verschiedenen 42 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Ebenen in Gang zu setzen. Nur so lässt sich eine Stabilisierung erreichen (ebd.:14). Bevor konkret auf potenzielle Aktionsfelder eingegangen wird, ist es wichtig festzuhalten, dass am Anfang eine gemeinsame Problemsicht durch die entsprechenden Akteure erarbeitet werden sollte. Diese bietet die Grundlage, um die Interventionsziele festlegen zu können (Brülisauer 2010:9). Dafür wird meist eine Aussensicht benötigt, weil die meisten Gemeinden mit einer Standorteinschätzung oft überfordert sind. Das Netzwerk Altstadt 15 bietet mit der „Stadtanalyse“ ein entsprechendes Instrument an, mit dem der Ist-Zustand einer Stadt sowie deren Chancen und Grenzen bei der weiteren Entwicklung der Ortskerne aufgezeigt wird. Darauf aufbauend können dann gemeinsame Ziele und die daraus abgeleitete Strategie formuliert werden. Auch dies gelingt nur in Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure (VLP-ASPAN 2012b:4f). Denn das „Quartier der kurzen Wege“ erfordert die Einbettung in einen akteursorientierten Zusammenhang (VLP-ASPAN 2012a:17). Seitens der Stadt ist die Kooperation und Koordination zwischen den wichtigen Beteiligten zu fördern, also zwischen der Politik, der Verwaltung, den bürgerschaftlichen Organisationen sowie den Grundstückseigentümern bzw. Immobilienbesitzern und Gewerbetreibenden. Gerade beide zuletzt genannten Akteure bestimmen die Stadtentwicklung zu einem wesentlichen Teil mit (BM VBS 2011:21). Deshalb ist die Stadtverwaltung gefragt, die Eigentümer und Gewerbetreibenden in die Stadtentwicklung zu integrieren und aktiv daran zu beteiligen (Hasler 2014:27). Kooperationen zwischen der öffentlichen Hand und den Privaten ist bei städtischen Grossprojekten im Rahmen von Public-PrivatePartnership (PPP) bereits üblich. Während bei „kleineren“ privaten Eigentümern noch Aufholbedarf für deren Einbindung in den Stadtentwicklungsprozess besteht (Dichtl 2012:28). Diesbezüglich könnte ein Quartiersmanager fungieren, der als Schnittstelle zwischen Verwaltung, Politik und privaten Akteuren agiert (Leicht 2010:24). 15 Das Netzwerk Altstadt ist eine Kompetenz- und Beratungsstelle für Altstadt fragen rund um den Strukturwandel in den Zentren von Klein- und Mittelstädten sowie historischen Ortskernen (Netzwerk Altstadt 2013:3). Es wurde als Forschungsprojekt vom Bundesamt für Wohnungswesen 2007 lanciert. Innerhalb diesem entwickelte es einfache, standardisierte Werkzeuge, um die Verwaltung und Politik zu einer strategischen Standortbestimmung ihrer Ortskerne zu ermuntern (VLP-ASPAN 2012:1). 43 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Eigentümer, Ladenbetreibende und Stadt müssen sich bemühen, die Nachteile der kleinräumigen Struktur der historischen Zentren möglichst wettzumachen, um auch in Zukunft attraktiv für Kunden und Investoren zu sein. Deshalb müssen sie sich fragen, wie das Zentrum mit der Detailhandelsentwicklung Schritt halten kann (VLP-ASPAN 2012b:5). Hierzu hat das Netzwerk Altstadt ebenfalls ein Werkzeug entwickelt, die sogenannte „Nutzungsstrategie“. Dieses Instrument ermöglicht durch ein partizipatives Verfahren, Wissen abzuholen und gemeinsame Erkenntnisse zu klaren Absichten zu erlangen. Die „Nutzungsstrategie“ beantwortet Fragen, welche Nutzung, wo im Zentrum stattfinden kann und was dazu unternommen werden muss (ebd.:4). Darüber hinaus wird mit einem weiteren Instrument des Netzwerks Altstadt, der „Haus-Analyse“, spezifisch für Liegenschaftseigentümer eine Entwicklungsperspektive bzw. ein Erneuerungsprozess für deren Liegenschaften gefunden. Denn oft sind die Häuser in den Altstädten in einem unbefriedigenden Zustand, weil die Liegenschaftseigentümer mit dem Strukturwandel überfordert sind. Das führt dazu, dass nicht mehr renoviert und erneuert wird (VLP-ASPAN 2012b:4). Oftmals lohnen sich Investitionen aus Sicht der Eigentümer nur dann, wenn bei den angrenzenden Liegenschaften bzw. über mehrere Parzellen hinweg Investitionen vorgenommen werden (Inderbitzin 2010:15). Anstatt dieser isolierten Sichtweise ist eine gemeinsame Verantwortung notwendig. Die Eigentümer sollten erkennen, dass sie sich gegenseitig Investitionssicherheit geben müssen, um die Investitionen in ihren Häusern zu schützen (VLP-ASPAN 2012b:4). Damit Eigentümern die Potenziale ihrer Immobilie vor Augen geführt werden können, bieten sich Best-Practice-Beispiele an, die aufzeigen, dass auch Immobilien in den Nebenlagen zur Aufwertung des Gesamtangebots der Stadt beitragen können (Dichtl 2012:28). Die Eigentümer sollten auch bereit sein, sich auf neue Konzepte einzulassen, auch wenn diese nicht den gewünschten M ieteinnahmen entsprechen (Dichtl 2012:28). Um ein solches Verständnis von den Eigentümern zu erlangen, braucht es einen aktiven Dialog, Solidarität und Sensibilisierungsarbeit. Ein geeignetes Instrument dafür ist der „Gassenclub“ des Netzwerks Altstadt. M it diesem sollen die Eigentümer in den Prozess der Quartieraufwertung einbezogen und zu gemeinsamen Entwicklungsstrategien bewegt werden. Dieses Instrument ist mit dem sogenannten „Gentlemen’s Agreement“ vergleichbar, d.h. dass es sich beim 44 T heoretische- und allgemeine Grundlagen „Gassenclub“ um freiwillige Übereinkünfte handelt. In Bezug auf die Eigentümer könnte dies z.B. so aussehen, dass diese sich in einem bestimmten Gebiet dazu verpflichten, auf bestimmte Nutzungen zu verzichten (VLP-ASPAN 2012b:4). In der Stadt Luzern gibt es hinsichtlich der Sensibilisierung der Eigentümer die Idee, Vermieter mit einem Preis zu belohnen, die freiwillig auf eine M aximierung der M ieteinnahmen verzichten, weil sie z.B. lieber ein alteingesessenes Geschäft im Haus haben als eine internationale M odekette. Es geht darum, positives Verhalten durch einen Anerkennungspreis herauszuheben, um so eine Diskussion anzuregen. Der Preis sollte nicht in erster Linie eine Geldpreis sein, sondern eher einen symbolischen Charakter haben (Knobel 2015b:12). Im engeren stadtplanerischen Handlungsrahmen rückt einerseits die Schaffung eines attraktiven Betriebsformenmix bzw. die Sicherung und wo möglich die Stärkung eines vielfältigen Detailhandelangebots in der Innenstadt in den Fokus (BM VBS 2011:21). Dabei kommt dem Flächenmanagement eine bedeutende Rolle zu. Durch dieses muss bestimmt werden, wo welche Nutzung stattfinden soll und welche Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssen (VLPAPSAN 2012b:5). Besonders der kleinteilige inhabergeführte Einzelhandel soll durch entsprechende Rahmenbedingungen gestärkt und Konzepte für leer gefallene Verkaufsläden entwickelt werden. Dabei ist auf die Bereitstellung von Nahversorgungseinrichtungen zu achten. Eine ausreichende Nahversorgung in den Innenstädten ist für die Stärkung des innerstädtischen Wohnens von grosser Bedeutung. Hierzu benötigt es eine aktive Boden- und Liegenschaftspolitik seitens der Stadt, die bei der Steuerung der Ansiedlung von grossflächigen Einzelhandelsbetrieben noch stärker auf deren Auswirkungen bezüglich zentraler Versorgungsbereiche achtet. Gerade auch zur Förderung der Innenentwicklung sollte sich die Stadtentwicklung bei der Ausweisung von Flächen auf den städtebaulichen Bestand konzentrieren. Dafür können z.B. innerstädtische Brachflächen für Wohnen und Gewerbe revitalisiert werden (vgl. S. 47). Zudem sollten die M öglichkeiten des Baurechts zur Erhaltung und Stärkung kleinteiliger Nutzungsmischung voll ausgeschöpft werden (BM VBS 2011:21ff). Das Baurecht ist eine Eigentumsform und entsteht durch einen Vertrag zwischen zwei Parteien, nämlich dem Baurechtgeber und dem Baurechtnehmer. Dabei handelt es sich um ein temporäres Nutzungsrecht, was jedoch langfristig ausgelegt ist. Die Stadt Bern gilt als „Hochburg“ für Baurechte (Wüest & Partner 2011:70). 45 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Ein funktionierender Einzelhandel benötigt ausserdem ein Konzept, um M assnahmen zur Stärkung der Innenstadt räumlich, zeitlich und inhaltlich aufeinander abstimmen zu können (ebd.:22). Grössere Städte könnten mit einem Detailhandelskonzept und einer langfristigen Strategie evtl. Einfluss nehmen und den Detailhandel im Zentrum konzentrieren (Brülisauer 2010:9). Erfolgreiche Einzelhandelskonzepte zielen auf eine Angebots- und Erlebnisvielfalt ab, die durch einen ausgeglichenen M ix aus grossen Geschäften als Frequenzbringer und individuellen inhabergeführten Läden als Angebotsbereicherung gekennzeichnet ist (BM VBS 2011:21). Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Grossverteiler und M arkenläden, weil sie eine grosse Anziehungskraft auf die Konsumenten ausüben. M it ihnen sollte zusammen gearbeitet werden (Brülisauer 2010:9). Die Konzepte sollten regional abgestimmt werden, und zwar mit einer klaren Ausrichtung auf das jeweils gemeinsame Zentrum (Hasler 2014:26). Auf einer tieferen Ebene könnten spezifische Konzepte für die Nebengeschäftslagen zu deren Attraktivitätsstärkung dienen. Die besonderen Potenziale der 1bLage, die sich durch eine abwechslungsreiche M ischung von inhabergeführtem Einzelhandel, Gastronomie und Kultur ergeben, sind in vielen Innenstädten zu wenig ausgeschöpft worden. Diese können durch die Stadt mittels Bebauungspläne, Gestaltungssatzungen und städtebauliche Aufwertungen sichergestellt werden. Zudem können sie von dem Stadtmarketing oder privaten Initiativen wie „Business Improvement Districts“ (BID) (vgl. S. 48ff) unterstützt werden (BM VBS 2011:22). Ein aus gewogener Angebotsmix ist wichtig, damit die Altstadt ein Begegnungsort bleibt und ihre Lebendigkeitsfunktion behält. Diesbezüglich sind gemischte M assnahmen aus Detailhandel, Events, Gastronomie und M ärkten denkbar (Hasler 2014:25). Letztere sind ein wesentlicher Beitrag für lebendige Innenstädte, stärken die regionale Verflechtung der Städte mit ihrem Umland und bieten die M öglichkeit, zentrale Plätze in den Innenstädten aufzuwerten (BM VBS 2011:21ff). 46 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Die Begegnungsfunktion wird ausserdem erfüllt, wenn die Erdgeschosse publikumsorientiert bleiben (Brülisauer 2013:4). Dies gelingt über einen M ix aus kleinteiligen Nutzungen wie Kindergartenstätten, Bibliotheken, Cafés und ParaLäden. Besonders letztere weisen ein grosses Potenzial auf. Dabei handelt es sich um ladenartige Strukturen, die nur aus einem teilweise ökonomischen bzw. kommerziellen M otiv betrieben werden. Ihre M otivation begründet sich vielmehr in der Passion der Besitzer. Weitere M erkmale der Para-Läden sind flexible Öffnungszeiten und das relativ hohe Alter der Ladenbetreiber. Oft werden diese Läden von Pensionierten betrieben. Die Para-Läden können zwar die einstigen Läden nicht ersetzen, dennoch passen sie gut in die Altstadtstruktur (Netzwerk Altstadt 2013:16). Im Zusammenhang mit der Belebungsfunktion ist der Begriff „Revitalisierung“ zu nennen. Revitalisierung bedeutet im eigentlichen Wortsinn Wiederbelebung. Im Kontext der Stadtentwicklung wird der Begriff zumeist im Sinne der Wiedernutzung von Brachflächen verwendet. Innerstädtische Revitalisierung umfasst die Wiederbelebung durch Neunutzung, Umnutzung oder Zwischennutzung von brach liegenden Grundstücken und leer stehenden Gebäuden. Das Ziel ist die Förderung der innerstädtischen Entwicklung und der Erhalt eines multifunktionalen, vitalen, identitätsstiftenden Orts für urbanes Leben und Arbeiten (Brinker & Sinnig 2011:14). Bei dem Begriff „Revitalisierung“ ist aber Vorsicht geboten. Oft wird unter Revitalisierung verstanden, dass die Läden zurückkehren sollen und alles wieder wird wie früher. Das ist aber i.d.R. nicht möglich (Brülisauer 2013:4). Zur Belebung benötigt es auch M arketinganstrengungen. Aufbauend auf einer strategischen Arbeit sind die Innenstadt und ihre Angebote zu kommunizieren und zu vermarkten (VLP-ASPAN 2012b:5). In der Darstellung eines lebendigen, urbanen Zentrums bestehen meist noch Defizite. Oft liegt der Fokus zu sehr auf dem „M ittelalterlichen Wunder“, sodass die Innenstadt eher einen M useumsanstatt einen urbanen Erlebnischarakter hat. Besonders die Nebengeschäftslagen wurden bis anhin kaum für Werbezwecke verwendet. Dennoch bieten besonders Nebengeschäftslagen Vermarktungspotenzial. Sie besitzen eine einmalige Gesamtattraktivität, die sich aus dem Wohlfühlambiente des baulich gestalterischen Rahmens und der M ultifunktionalität der kleinräumigen M ischnutzung ergibt (Dess 2005:234). 47 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Das Stadtmarketing versteht sich als eine Querschnittsaufgabe, die die öffentlichen und privaten Akteure miteinander vernetzt und ihnen M öglichkeiten aufzeigt (VLP-ASPAN 2012b:5). Neben den innerstädtischen Aufwertungs- und Attraktivitätssteigerungszielen sowie der Verbesserung des Stadtimages strebt das Stadtmarketing nach einer besseren Positionierung im internationalen Standortwettbewerb. M it Hilfe individueller Alleinstellungsmerkmalen wird versucht, die Stadt nach aussen als einzigartig und unverwechselbar darzustellen und sich so vorteilhaft von anderen Städten abzugrenzen (Heineberg 2014:273ff). Eine solche Vermarktung kann auch gemeinsam mit anderen Städten der Region erfolgen. Regionale Verflechtungen spielen für die Entwicklung der Städte eine immer stärkere Rolle (BM VBS 2011:14). So lancierten z.B. die Aargauer Altstädte eine eigene Dachmarke (Keller 2014:o.S.). Stadtmarketing ist also auch eine Reaktion auf die verstärkte globale Wettbewerbssituation zwischen den Städten (Heineberg 2014:273ff). In Bezug auf eine imageorientierte Stadtentwicklung und im Konkurrenzkampf der Städte ist der Ansatz des „Neighbourhood Branding“ zu erwähnen. Dieser wurde in den Niederlanden zur Imageverbesserung und Erneuerung von Stadtteilen entwickelt. Zusammen mit wichtigen Akteuren und Bewohnern werden die Identität und Wohnungsqualitäten eines Quartiers heraus gearbeitet. Im Anschluss daran kann gemeinsam ein Wohnangebot entwickelt werden, das den Bedürfnissen der Bewohner entspricht und so den Stadtteil als M arke fördert (Fasselt & Zimmer Hegmann 2014:278f). Das herkömmliche Stadtmarketing weist insofern Defizite auf, als dass z.B. Interessengemeinschaften oft wenige M itglieder und eine schwache finanzielle Basis haben (Schote 2003:15). Ausserdem haben sie das Problem des „Trittbrettfahrers“ (Reichhardt & Schote 2012:19). Zudem konzentrieren sie sich vielerorts auf kurzfristige Erfolge v.a. mittels Events. Grössere, langfristige und nachhaltige Projekte werden kaum in Angriff genommen. “Business Improvement Districts“ (BID) bieten die Chance, dem zu begegnen. BIDs betreiben auf Basis einer Pflichtmitgliedschaft u.a. Stadtmarketing (Schote 2003:15). Dies kann als konsequente Weiterentwicklung des Prinzips der Interessensgemeinschaft angesehen werden. Einerseits haben sie den Vorteil, dass sie nicht die Schwächen der gewöhnlichen Ansätze aufweisen. Andererseits stossen BIDs bei den betroffenen Einzelhändlern und Immobilien- bzw. Grundstückseigentümern auf 48 T heoretische- und allgemeine Grundlagen eine höhere Akzeptanz, weil die M assnahmen durch private Akteure vor Ort selbst initiiert und nicht „top-down“ verordnet werden (Dorenkamp & M ossing 2010:13). Denn sie stellen eine neue Kooperationsform zwischen Privaten und der öffentlichen Hand dar. Pütz (2010:1) bezeichnet sie als Spezialform des PPP. Bei den BIDs handelt es sich um einen privat initiierten Zusammenschluss der Grundeigentümer und Gewerbetreibenden in einem von ihnen räumlich klar abgegrenzten Gebiet, meist in der Innenstadt (Prey 2014:298). Sie tragen zur Revitalisierung und Stabilisierung von Quartieren bei, indem einem Bedeutungsverlust oder Problemen innerstädtischer Geschäftszentren entgegengewirkt wird (Heineberg 2014:263). Dabei versuchen die BIDs eigene Ideen zur Gestaltung und Entwicklung ihres Quartiers innerhalb eines befristeten Zeitraums umzusetzen. Ziel ist die ökonomische Aufwertung sowie die Aufrechterhaltung und Stärkung der Angebotsvielfalt und Standortqualität innerstädtischer Quartiere, insbesondere von Einkaufsquartieren (Prey 2014:298f). Durch eine Attraktivitätssteigerung des Quartiers soll auch die Kundenfrequenz erhöht werden (Dorenkamp & M ossing 2010:13). Die Aufwertungsmassnahmen sind mit der Gemeinde anhand eines Geschäfts- und Organisationsplans abzustimmen und werden von den Eigentümern und Gewerbetreibenden gemeinsam finanziert. Die öffentliche Hand erhebt von allen Beteiligten eine finanzielle Abgabe. Diese sind alle dazu verpflichtet, eine solche zu leisten. Die Gemeinde leitet den Beitrag dann an die Aufgabenträger bzw. BID-Organisation weiter (Prey 2014:298f). Dadurch, dass vermehrt privates Kapital in die Innenstädte fliessen kann, bietet dies der Stadt eine Chance, sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Standorten zu verschaffen (Reichhardt & Schote 2012:21). Neben dem Verteilen der finanziellen M ittel erhält die Gemeinde eine Beratungs- und Kontrollfunktion (Gorgol 2014:319). Das BID-Konzept entstand in den 70er-Jahren als Ansatz gegen „Trading-down“ Effekte in einem Stadtteil von Toronto (Heineberg 2014:263). Die Idee der BIDs expandierte weltweit, sodass die BIDs in der Stadtentwicklung einen Bedeutungs gewinn erfahren. Im europäischen Raum ist der Ansatz eher ein Novum und befindet sich noch in einer Erprobungsphase (Prey 2014:299). Da sich das BID-Konzept als sehr erfolgreich herausstellte, wurde es auf die Wohnquartiere übertragen, die „Housing Improvements Districts“ (HID). Während das BID-Konzept primär ökonomisch ausgerichtet ist, da es v.a. die 49 T heoretische- und allgemeine Grundlagen Aufwertung von städtischen Einzelhandelslagen zum Ziel hat, geht es bei dem HID-Ansatz um die Aufwertung von innerstädtischen Wohnquartieren. Es handelt sich um eigentümerorientierte Standortkooperationen, in denen die Eigentümer aktiv und eigenverantwortlich M assnahmen zur Instandhaltung, Aufwertung und Attraktivitätssteigerung ihres Wohnquartiers durchführen. Da das HID einen Eingriff in das Wohnumfeld der dort ansässigen Bewohner darstellt, sind auch die M ieter und weitere lokale Akteure wie Vereine, Schulen etc. bei der Erarbeitung der geplanten M assnahmen einzubeziehen (Gorgol 2014:317ff). Die Gemeinsamkeiten des BID- und HID-Konzepts liegen einerseits in der identischen Grundidee. Beide M odelle bezwecken sogenannte „On TopLeistungen“. Das bedeutet, dass ihre M assnahmen diejenigen der öffentlichen Hand ergänzen sollen, um so die urbane Qualität aufzuwerten und zu stärken. Andererseits sind ihre Handlungsfelder ähnlich, die z.B. die Sauberkeit und Sicherheit, Instandhaltung und Pflege, das Verkehrs- und Parkplatzmanagement oder M arketingaktivitäten betreffen (Gorgol 2014:321). Parallel dazu gibt es weitere Ansätze, die im Kern einem BID nahe kommen. Hier können die Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISG) genannt werden. Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Immobilienbesitzern, Gewerbetreibenden und öffentlichen Planungsträgern. Wie bei den BIDs bzw. HIDs ist das Hauptziel die Stabilisierung und Aufwertung städtischer Zentren. Zudem zielen sie auf eine verbesserte und verbindlichere Zusammenarbeit zwischen Privaten und den Behörden ab. Im Vergleich zum BID- bzw. HIDKonzept ist die Gemeinde bei den ISG beteiligt. Ein weiterer Unterschied besteht darin, dass die ISG auf Freiwilligkeit basieren, während BIDs/HIDs einen bindenden Charakter haben (Prey 2014:301). 50 Forschungsdesign 3 Forschungsdesign Die empirische Untersuchung der dargelegten Fragestellung verläuft sowohl deskriptiv als auch explorativ. Dafür wird ein mehrstufiges methodisches Vorgehen gewählt, das sich aus einer deskriptiven Analyse statistischer Daten, einer schriftlichen Befragung sowie Experteninterviews zusammensetzt. Ziel dieses Vorgehens ist die Erweiterung und Vervollständigung der Erkenntnismöglichkeiten bis ein hinreichender Informationsstand zur Beantwortung der Fragestellung erreicht wird. 3.1 Qualitative und quantitative Methoden Das Forschungsdesign kombiniert qualitative und quantitative M ethoden. Der M ethodenmix begründet sich zum einen im begrenzten Forschungsstand und ist zum anderen hinsichtlich des Erkenntnisinteresses der Untersuchung konzipiert. Dies erfordert unterschiedliche Perspektiven, um ein verlässliches Gesamtbild des Strukturwandels zu erhalten. M it der Kombination von qualitativen und quantitativen M ethoden können sich die M ethoden gegenseitig ergänzen, indem die jeweiligen Stärken der M ethode genutzt und die Schwächen mit einer anderen M ethode ausgeglichen werden können. Die Triangulation der qualitativen und quantitativen M ethoden verläuft sequenziell. So enthält die Untersuchung qualitative oder quantitative M ethoden in verschiedenen Phasen des Forschungsprozesses. Die Untersuchung beginnt mit einer quantitativen Analyse statistischer Daten, an die sich zwei Fragebogenstudien anschliessen. Letztere sind aufgrund der Kombination von offenen und geschlossenen Fragen sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgelegt. Gemäss Creswell (2009:17) sind offene Fragen ein Kernelement von qualitativen Befragungen und geschlossene Fragen von quantitativen Befragungen. Abschliessend werden die vorliegenden Ergebnisse aus diesen beiden Schritten in einer qualitativen Phase mittels Experteninterviews vertieft und interpretiert. 3.2 Alternative Methoden Alternativ zu der oben beschriebenen Vorgehensweise wäre auch ein komparativer Ansatz für die Operationalisierung der Fragestellung geeignet gewesen, indem eine Fallstudien-Analyse vollzogen worden wäre. M it dieser wäre der Ansatz nicht auf einer kleinräumigen Ebene beschränkt, sondern liesse 51 Forschungsdesign sich auch auf generelle Dynamiken auf gesamtschweizerischer Ebene ausweiten. Obwohl jede Stadt spezifische Charakteristiken der Quartiere aufweist, ist es sinnvoll, generelle Vergleichsmuster erklärend in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dies würde der Unteren Altstadt eine Aussensicht bieten und die Strukturwandelanalyse inhaltlich ergänzen. Ausserdem würden Argumente im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Unteren Altstadt geliefert werden. Denn der Vergleich würde methodisch dazu dienen, Wissen darüber zu erlangen, wie andere Städte mit einem vergleichbaren Strukturwandel umgehen und welche Handlungsansätze sie verfolgen. Diese Erkenntnisse könnten dann auf die entsprechenden Handlungsempfehlungen für die Quartiersentwicklung der Unteren Altstadt angewendet werden. Bedingt durch den erheblichen Zeitaufwand der Fallstudienuntersuchung als weitere M ethode, wird sie für die vorliegende M asterarbeit nicht verwendet. M it der M ethode der Experteninterviews wird aber auch eine Aussensicht erlangt. Zudem wird innerhalb der Interviews auf Fallbeispiele eingegangen. Die Strukturanalyse bildet den Einstieg in die empirische Untersuchung. Ziel ist, ein ganzheitliches Verständnis über die aktuelle Situation der Unteren Altstadt zu erlangen und die Dynamik des Strukturwandels in den Bereichen Detailhandel und Wohnen seit dem Jahr 2000 zu verdeutlichen. Sie beinhaltet ein wissenschaftliches Sampling, das sich aus einer deskriptiven Analyse des Grünen Quartiers bzw. Statistischen Bezirks 3 sowie aus Befragungen in der Kramgasse zusammensetzt, worauf im Folgenden näher eingegangen wird. 3.3 Deskriptive Analyse statistischer Daten Um einen Überblick über die Entwicklung der Demographie, Wohnsituation und des Detailhandels im Untersuchungsgebiet zu erhalten, erfolgt eine Analyse von vorhandenen Sekundärdaten auf Quartiersebene. Dafür bietet sich die Unterteilung der Stadt Bern nach Quartieren und statistischen Bezirken an. Danach liegt der Untersuchungsperimeter im Grünen Quartier bzw. im statistischen Bezirk 3 (Statistik Stadt Bern 2014a:288). Da die Statistikdienste ihre Daten nur für diese exakt abgegrenzten Bezirke aufbereiteten, wird diese Abgrenzung übernommen. M it der deskriptiven Beschreibung soll auch die Einbettung des Grünen Quartiers im Kontext der Unteren Altstadt bzw. Innenstadt vorgenommen werden. 52 Forschungsdesign 3.3.1 Datensammlung Die Datenquellen bilden die Statistikdienste der Stadt Bern, das Bundesamt für Statistik und weitere Studien. Folgende Daten sind auf Quartiersebene abrufbar und wurden für die M asterarbeit herangezogen: Themen Vorhandene Daten Demographie • Bevölkerungsbestand nach Geschlecht, Heimat und Altersgruppen (2000-2013) • Bevölkerungsbewegungen (2000-2013) Wohnen • Gebäude- und Wohnungsbestand nach Anzahl Zimmer (1990-2013) • Wohnungsbestand nach Gebäudeart (2000-2012) • Anzahl Personen/Wohneinheit (1990, 2000, 2010) • Leer stehende Wohnungen nach Anzahl Wohnräumen (2014) • M onatsmietpreise nach Wohnungsgrössen (Daten nur für Stadtteile, 1990-2013) • Privathaushalte nach Typ (Volkszählung (VZ) 2000) • Haushaltsgrösse der Privathaushalte (VZ 2000) • Sanierungsarbeiten (1990-2013) Detailhandel • Anzahl Arbeitsstätte und Beschäftigte nach NOGA-Code (Betriebszählung (BZ) 2001, 2005, 2008) • Vollzeitäquivalente der Beschäftigten nach Branchen (BZ 2001, 2005, 2008) • Anzahl und Fläche der leer stehenden Arbeitsräume (2013) Tabelle 1: 3.3.2 Übersicht Daten auf Q uartiersebene (Eigene Darstellung). Datenanalyse Aus Datenschutzgründen sind der Kleinräumigkeit der Daten Grenzen gesetzt. Die Daten sind nicht tiefer als auf Quartiersebene bzw. für die BZ pro Hektar verfügbar, wodurch keine Aussagen auf Gassenebene innerhalb des Quartiers gemacht werden können. Dies ist aber wichtig, weil die Haupt- und Seitengassen unterschiedliche Charakteristiken aufweisen. Da der Fokus der Arbeit auf der Kramgasse liegt, kann der Strukturwandel somit nicht spezifisch mit Sekundärdaten analysiert werden. Aus diesem Grund werden die oben aufgelisteten Daten festgehalten, aber nicht im Detail interpretiert. Vielmehr wird für die Strukturwandelanalyse das Gewicht auf die Befragungen in der Kramgasse (vgl. 3.4) gelegt. 53 Forschungsdesign 3.4 Schriftliche Umfrage Die M ethode der schriftlichen Befragung bildet den umfangreichsten Teil der Arbeit. Sie bezweckt die Gewinnung der Primärdaten für die Strukturwandelanalyse und soll eine Innensicht der vom Strukturwandel Direktbetroffenen erbringen. M it der Umfrage werden alle Geschäfte und Haushalte der Kramgasse zu Sachverhalten und Haltungen bezüglich des Strukturwandels befragt. Darüberhinaus dient die Umfrage einer SWOT-Analyse16. Dabei handelt es sich um ein Instrument der M anagementlehre, das aber für fast alle strategischen Fragestellungen verwendet werden kann. In Stadtentwicklungsprozessen kommt die SWOT-Analyse regelmässig zur Anwendung. Sie ermittelt die Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren einer Stadt und dient als Orientierungsbasis zukünftiger Entscheidungen oder für weiteres Planen (Imhof 2011:19). Die Vor- und Nachteile dieser M ethode sind in der nachstehenden Tabelle (vgl. Tab. 2) aufgelistet: Vorteile schriftliche Befragung Nachteile schriftliche Befragung • zeitliche und örtliche Unabhängigkeit (Altobelli & Hoffmann :28) • geringer Kosten- und Zeitaufwand • Befragte können die Fragen besser durchdenken als bei persönlichen Befragungen • M erkmale und Verhalten von Interviewer haben keinen Einfluss, sodass Verzerrungen aufgrund der Interviewsituation nicht möglich sind (Diekmann 2011:514) • Unkontrollierte Erhebungssituation (Altobelli & Hoffmann:29) • Verständnisprobleme können nicht geklärt werden • Bei postalischen Befragungen ist nicht sicher, ob der Fragebogen von der Zielperson selbst ausgefüllt wird • Repräsentativität wird durch geringe Rücklaufquoten beeinträchtigt (Diekmann 2011:514) Tabelle 2: 3.4.1 Vor- und Nachteile der schriftlichen Befragung (Eigene Darstellung). S tichprobe In Form einer Vollerhebung wurden zwei schriftliche Befragungen durchgeführt, je eine Befragung mit den ansässigen Detailhandelsgeschäften und Privathaushalten der Kramgasse inkl. Zytglogge-Laube. Die Stichprobe der Geschäfte wurde gemäss NOGA-Code 52 der offiziellen Branchenabgrenzung des Bundesamtes für Statistik festgelegt. Eine detaillierte Aufstellung der NOGA-Systematik 16 SWOT: Strengths (S), Weaknesses (W), Opportunities (O), Threats (T) 54 Forschungsdesign befindet sich im Anhang (vgl. Anhang E). Nach dieser handelt es sich in der Kramgasse inkl. Zytglogge-Laube um 86 Detailhandels geschäfte (Eigene Zählung), von denen ein Geschäft aufgrund einer Winterpause geschlossen war. Somit kann von einer Grundgesamtheit von 85 Geschäften ausgegangen werden. Nach Angaben der Statistikdienste der Stadt Bern (Telefonat 19.08.2014) befinden sich 205 Haushalte ±10% in 69 Gebäuden in der Kramgasse. Die Stichprobengrösse der Haushaltsbefragung umfasst demnach ca. 205 Wohnungen. 3.4.2 Auswahl der Erhebungsdaten Für die Entwicklung der Fragebogen musste zunächst festgelegt werden, welche Kriterien mit der Umfrage erhoben werden sollen. Die Themen bzw. M erkmale, die mit der Umfrage untersucht werden sollen, wurden so aus gewählt, dass sie der untersuchungsleitenden Zielsetzung dienen. Einerseits basieren sie auf einer Literaturrecherche. Dazu wurde bereits im Kapitel 2 auf Strukturelemente eingegangen, die auch in die Umfrage integriert wurden. Andererseits richtete sich die Auswahl nach den vorhandenen Sekundärdaten (vgl. Tab. 1), um die Ergebnisse aus der Umfrage mit vorhandenen Informationsquellen triangulieren und vergleichen zu können. Zudem wurde die Auswahl der Erhebungsdaten in enger Zusammenarbeit mit dem Kramgassleist und den Vereinigten Altstadtleisten (VAL) getroffen. Hierbei konnte sich die Autorin auf die Expertise der Altstadtkenner stützen, damit die Umfrage adäquat auf die Untere Altstadt zugeschnitten und das Erkenntnisinteresse des Kramgassleist bzw. der VAL bestmöglich integriert werden kann. Folgende M itglieder erklärten sich dazu bereit: • Stefanie Anliker (Präsidentin VAL) • Nicola Schneller (Präsident Kramgassleist) • Ursula Bischof (Ehrenmitglied Kramgassleist) • Peter Ineichen (Vorstand Kramgassleist, Geschäftsinhaber Kramgasse) • M arianne Högstedt (M itglied Kramgassleist, Geschäftsinhaberin Kramgasse) In den Tabellen 3 und 4 sind die Themen aufgelistet, die durch die Umfrage eruiert wurden, beispielhaft die dazugehörigen Indikatoren, mit denen die Themen gemessen wurden sowie Beispiele des Erkenntnisinteresses. 55 Forschungsdesign Themen Indikatoren Erkenntnisinteresse Branchenstruktur, Branchenmix, Branchenvielfalt • Anzahl Geschäfte pro Branche • Filialisierungsgrad • Textilisierungsgrad • Anzahl verschiedener Branchen Detailhandelsangebot • Vielfalt • Qualität Standort (-faktoren und qualitative M erkmale) • Erreichbarkeit • M ietzins • Nähe zu anderen Geschäften/ Konkurrenzsituation • Öffnungszeiten • Zufriedenheit Wirtschaftlichkeit • Ertrag Kunden • Kundenfrequenz • Kundentypus Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort • Kooperationsgrad/ Vernetzungsgrad • Leistaktivitäten Soziodemographische M erkmale, Geschäftsstruktur • Alter • Ausbildung • Geschlecht • Nationalität • Organisationsform • Anstellungszahl • Fluktuationsrate: Eröffnungsjahr • Wie ist die Branchenstruktur zusammengesetzt? • Wie ausgeprägt ist der Filialisierungsgrad? • Welcher Branchenmix lässt sich verzeichnen? • Gibt es Verdrängungen einzelner Branchen bzw. verarmt der Branchenmix? • Wie hat sich das Detailhandelsangebot seit dem Jahr 2000 hinsichtlich Angebotsvielfalt und -qualität entwickelt? • Wie wichtig sind die einzelnen Standortfaktoren? • Wie haben sich die M ietzins seit dem Jahr 2000 entwickelt? • Werden einheitliche Öffnungszeiten in der Unteren Altstadt befürwortet? • Wie zufrieden sind die Geschäfte mit dem Standort? • Wie hat sich das Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000 entwickelt? • Wie hat sich die Kundenfrequenz seit dem Jahr 2000 entwickelt? • Welcher Kundenstamm lässt sich verzeichnen? • Wie sind die Geschäfte miteinander vernetzt? • Wie ist die Bereitschaft der Geschäfte, sich für die Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt zu engagieren? • Wie setzt sich die Geschäftsstruktur zusammen? Tabelle 3: Erhebungsgrundlage Umfrage Geschäfte (Eigene Darstellung). 56 Forschungsdesign Themen Indikatoren Erkenntnisinteresse Wohnstruktur • Haushaltsgrösse/zusammensetzung • Wohnverhältnis (Eigentümer/M ieter/ Genossenschaft) • Anzahl Zimmer • Einzugsjahr • Vorheriger Wohnort • Aufteilung von Wohnen und Arbeiten • Erreichbarkeit • M ietzins • Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Gebrauch • Kultur-,Gastronomie-, Freizeitangebot • Sauberkeit • Sanierungsgrad • Zufriedenheit der Wohnverhältnisse • Attraktivität der Wohnumgebung • Leistaktivitäten • Wie setzt sich die Wohn- und Haushaltsstruktur zusammen? • Wie hat sich das Wohnungsangebot verändert? • Wie häufig wird umgezogen? • Welches Wanderungssaldo ist zu verzeichnen? Standort (-faktoren und qualitative M erkmale) Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Wohnort Einkaufsort Untere Altstadt • Einkaufsverhalten • Angebotsmix • Qualität und Vielfalt des Detailhandelangebots Soziodemographische M erkmale • Alter • Ausbildung • Geschlecht • Nationalität Tabelle 4: • Wie haben sich die M ietzinse seit dem Jahr 2000 entwickelt? • Wann wurden die letzten Sanierungsarbeiten vollzogen? • Wie ist die Zufriedenheit der Wohnverhältnisse/-umgebung? • Welche Aspekte machen die Untere Altstadt attraktiv, um dort zu wohnen? • Wie zufrieden sind die Bewohner mit den Leistaktivitäten? • Was soll sich im Quartier verändern? • Welche Detailhandelsleistungen werden von den Bewohnern in der Unteren Altstadt genutzt? • Wie wird der Angebotsmix von den Bewohnern empfunden? • Wie wird das Detailhandelsangebot und die -qualität von den Bewohnern eingeschätzt? Erhebungsgrundlage Umfrage Haushalte (Eigene Darstellung). 57 Forschungsdesign Die Themenwahl der beiden Umfragen ist sehr ähnlich, um einen Vergleich zwischen den Befragungen ziehen zu können. M it dem Thema „Einkaufsort Untere Altstadt“ (vgl. Tab. 4) wurde versucht, eine Beziehung zwischen der Umfrage der Haushalte mit der Umfrage der Geschäfte herzustellen. 3.4.3 Fragebogen Aufbauend auf den Tabellen 3 und 4 wurden die Fragen für die Fragebogen der schriftlichen Befragung ausformuliert und entsprechend den Themen in Frageblöcke unterteilt. In Anlehnung an die „Tailored Design M ethode“ von Dillman et al. (2009:107ff) setzt sich der Fragebogen aus geschlossenen und offenen Fragen zusammen. Offene Fragen nehmen die Antwort nicht vorweg und eignen sich für Fragen nach Einstellungen, M einungen, Einschätzungen, M otiven, Begründungen sowie Vorschlägen. Sie bieten sich auch für explorative Fragestellungen an, wenn über ein Thema noch wenig bekannt ist und somit unklar ist, welche Antwortmöglichkeiten es gibt. Falls die Anzahl der möglichen Antwortoptionen zu gross ist oder eine detaillierte Antwort gewünscht ist, ist dieser Fragetyp ebenfalls geeignet. Er hat den Vorteil, dass die Antwort nicht durch vorgegebene Antwortkategorien beeinflusst wird. Im Gegensatz dazu wird immer wieder festgestellt, dass oft auf offene Fragen nicht eingegangen wird, weil eine Antwort, die in Form eines Textes zu schreiben ist, als zeitaufwändig und mühsam empfunden wird. Die Befragung kann von daher an Qualität verlieren. Zudem erfordern offene Fragen Formulierungsfähigkeiten der Probanden. Ein weiterer Nachteil liegt in der aufwändigen Auswertung der Daten, da deren Antworten kaum vergleichbar sind (Dillman et al. 2009:72). Demgegenüber sind geschlossene Fragen, die Antwortkategorien vorgeben, mit einem geringeren Zeitaufwand und einer einfacheren Beantwortbarkeit verbunden. Der Aufwand für die Auswertung ist geringer als bei offenen Fragen und die Antworten sind vergleichbar. Die Durchführungs- und Auswertungsobjektivität ist grösser als bei offenen Fragen. Nachteile sind, dass sie nur Informationen im Rahmen der vorgegebenen Antwortkategorien enthalten und somit die Bandbreite der Antworten einschränken. Um diese Nachteile zu umgehen, wurden im Fragebogen keine geschlossenen, sondern halboffene Fragen verwendet. Diese verfügen zusätzlich zu den geschlossenen Antwortkategorien auch über eine offene Antwortmöglichkeit (Diekmann 2011:477f). 58 Forschungsdesign Der Fragebogen der Geschäfte enthält 62 Fragen (vgl. Anhang A) und derjenige der Haushalte 41 Fragen (vgl. Anhang B). Der Zeitaufwand dafür beträgt ca. 2535 M inuten für die Geschäftsbetreiber und 15-25 M inuten für die Bewohner. 3.4.4 Verlauf der schriftlichen Befragung Nach der Entwicklung der Fragebogen wurden diese einem Pretest unterzogen. Dies, zum Testen, ob die Fragen verständlich sind, ob Aspekte fehlen oder überflüssig sind und wie viel Zeit effektiv zur Beantwortung der Fragen benötigt wurde. Für den Pretest boten sich oben genannte Personen (vgl. 3.4.2) ebenfalls an. Daraufhin wurden die Fragebogen nochmals überarbeitet. Als weiterer Schritt wurde in der „Brunne Zytig“ der Novemberaus gabe (vgl. Anhang C) ein Aufruf für die Umfrage gestartet, um vorab über die Befragung zu informieren und um die Bereitschaft zum M itmachen zu erhöhen. Danach erfolgte die Durchführung der Umfrage. Diese erstreckte sich über einen Zeitraum vom 27. November 2014 bis 31. Januar 2015. Die befragten Bewohner erhielten den Fragebogen schriftlich von der Autorin persönlich zugestellt, und zwar zusammen mit einem Begleitbrief, einer Kopie des Artikels in der „Brunne Zytig“ und einem Rücksendeumschlag. Auch den Detailhändlern wurde die Umfrage zusammen mit einem Begleitbrief und einer Kopie des Artikels in der „Brunne Zytig“ persönlich ausgehändigt. Zusätzlich erhielten die Bewohner und Geschäftsinhaber, die M itglied des Kramgassleists sind, eine Online-Befragung per E-M ail. An dieser Stelle wird deutlich, dass verschiedene Kommunikationskanäle genutzt wurden, um eine hohe Ausschöpfung zu erreichen. Somit kommt die Befragung einer „M ixed-M ode-Befragung“ nahe (Diekmann 2011:520). Dabei handelt es sich um eine Kombination von verschiedenen Befragungs-methoden wie z.B. eine Telefon-, persönliche-, schriftliche- oder Online-Befragung. Dies ermöglicht die Kompensation der Schwächen von den einzelnen M ethoden sowie eine auf die Zielgruppe zugeschnittene Befragung. Schluss-endlich resultiert daraus eine höhere Rücklaufquote (Dillman 2007:218). Nach zwei Wochen erhielten die Haushalte einen Erinnerungsbrief und die Fragebogen der Detailhändler wurden persönlich eingesammelt. Für diejenigen Geschäftsinhaber, die bis dahin den Fragebogen noch nicht ausgefüllt hatten, wurde ein Rücksendeumschlag hinterlegt. Sofern E-M ail-Adressen vorhanden waren, wurden zudem auch noch per E-M ail Erinnerungsschreiben versendet. Für 59 Forschungsdesign diesen zweiten Anlauf war eine genaue Buchführung der Rücksendungen erforderlich. Eine solche Vorgehensweise mit einer mehrmaligen Kontaktaufnahme wird von Dillman et al. (2009:242) empfohlen, um eine hohe Rücklaufquote zu erhalten. Zudem rät er, Preise unter allen Teilnehmenden anzubieten, um die Rücklaufquote zu steigern. Dem wurde dadurch Genüge geleistet, dass der Kramgassleist sechs BERNcity-Einkaufs gutscheine (je drei Gutscheine pro Befragung) à 100 CHF zur Verfügung stellte. 3.4.5 Rücklauf M it dem in Kapitel 3.4.4 dargelegten Vorgehen wurden Rücklaufquoten von 53% (45 Teilnahmen) für die Geschäfte und 42% (86 Teilnahmen) für die Haushalte erreicht. Davon nahmen 29% der Geschäfte (13 Teilnahmen) an der OnlineBefragung und 71% (32 Teilnahmen) an der schriftlichen Befragung teil. Die Haushalte füllten zu 14% (12 Teilnahmen) die Online-Befragung aus und 74 Retouren (86%) gingen schriftlich ein. Nach dem ersten Anlauf betrug die Rücklaufquote bei den Geschäften 47% (40 Teilnahmen), die nach dem Erinnerungsverfahren auf 53% gesteigert werden konnte. Bei den Haushalten betrug die Rücklaufquote vor dem Erinnerungsbrief bzw. Erinnerungsmail 36% (74 Teilnahmen) und konnte bis zum Ende der Durchführung auf 42% erhöht werden. 3.4.6 Datenanalyse Die Fragebogen der Haushalte und die der Detailhändler wurden voneinander getrennt aus gewertet. Nach der Erhebung der Daten wurden diese in ExcelTabellen eingetragen und mit Diagrammen veranschaulicht. Die Grafiken geben Auskunft über die Anteile der M erkmalsausprägungen und sollten somit die Analyse der Daten vereinfachen und Zusammenhänge verdeutlichen. Bei den geschlossenen Fragen wurden die Antwortkategorien als Zählvariablen verwendet. Dies, damit dieser Fragetyp einem metrischen Datenniveau entspricht und sich somit statistische M esszahlen und die Verteilung der Antworten über die verschiedenen Antwortkategorien hinweg berechnen lassen. Bei den offenen Fragen wurden die Antworten in Codierungseinheiten gegliedert. Jeder Antwort wurden eine oder mehrere Kategorien zugeordnet bzw. ein oder mehrere Codes zugewiesen. M it der Codierung konnten Kategorienhäufigkeiten festgestellt werden. 60 Forschungsdesign Zudem erfolgte jeweils eine deskriptive Auswertung der Daten. Dabei wurden die Daten bzw. deren M erkmalsausprägungen und Häufigkeiten, die in Diagrammen visualisiert wurden, beschrieben und interpretiert. Desweiteren wurde die SWOT-M atrix als Schema zur Einordnung der Ergebnisse verwendet. 3.4.7 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens M it den Befragungen wurde umfangreiches Datenmaterial generiert, das Aufschluss zur Fragestellung gab und zum Erkenntnisgewinn beitrug. Allerdings müssen die Fragebogen auch kritisch betrachtet werden. Trotz eines Pretests wurde erst nach der Auswertung der Fragebogen festgestellt, dass einige Fragen für die Beantwortung der Forschungsfrage überflüssig waren. Deshalb sollte bei einer nächsten Befragung im Voraus noch genauer überlegt werden, welche M erkmale wirklich relevant sind. Die Länge der Fragebogen kann auch Antwortausfälle bewirken. Das Problem solcher Ausfälle wird als „Nonresponse-Problem“ bezeichnet. Dabei wird unterschieden, ob eine Person die Befragung ganz verweigert („UnitNonresponse“) oder ob nur einige Fragen nicht beantwortet wurden bzw. einige Variablen fehlen („Item-Nonresponse“) (Esser et al. 2008:306). Ein Grund für Antwortausfälle bei der Kramgassumfrage könnte im gewählten Zeitraum der Befragung liegen, der sich im Nachhinein als nicht optimal erwies. Denn die Umfrage fand in der Vor- und Weihnachtszeit statt, was für die Läden ihr Hauptgeschäft bedeutet. Die starke Arbeitsbelastung einiger Geschäfte könnte sich zum Teil negativ auf deren Beteiligung an der Befragung ausgewirkt haben. Auch für die Bewohner kann eine Befragung in diesem Zeitraum an die Grenzen ihres Zeitbudgets stossen. Aufgrund dessen wurde die Umfrage bis Ende Januar verlängert, was bei den Bewohnern einen zusätzlichen Rücklauf von sechs Teilnahmen, beim Detailhandel aber nur ein weiteres Geschäft zur Folge hatte. Trotz all der Umstände sind die Rücklaufquoten (vgl. 3.4.5) zufriedenstellend. Falls Antwortausfälle systematisch vorliegen, kann dies zu einem „Bias“ bzw. zu einer Verzerrung der Ergebnisse führen. Bei der Umfrage der Haushalte liess sich nicht erkennen, dass sich die Antworten systematisch unterscheiden. In Anbetracht der Geschäfte und des Zeitraums der Durchführung der Umfrage könnte es sein, dass sich an der Detailhandels-Umfrage vorwiegend Geschäfte 61 Forschungsdesign beteiligten, die nicht so stark von diesem Weihnachtseinkauf betroffen waren. Aufgrund mangelnden Wissens über die jeweilige wirtschaftliche Situation der einzelnen Geschäfte kann eine solche Verzerrung aber nicht nachgewiesen werden. Jedoch konnte ein M uster in den Antwortausfällen in der Branchenbeteiligung erkannt werden (vgl. Abb. 7). Bis auf die Lebensmittelbranche beteiligten sich alle anderen Branchen der Kramgasse an der Umfrage. Dadurch, dass eine Akteursgruppe der Kramgasse fehlt, nämlich die Lebensmittelbranche, liegt ein gewisser „Bias“ in der Umfrage vor. Dies bedeutet, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Ergebnisse verzerrt sind. Denn evtl. wären sie anders ausgefallen, wenn sich die Lebensmittelläden auch an der Umfrage beteiligt hätten. Ein „Bias“ wirkt sich negativ auf die Repräsentativität aus. Nach Esser et al. (2008:305) ist Repräsentativität u.a. „ein Garant für die Abwesenheit von Faktoren, die die Auswahl verzerren“. Repräsentativität bei Vollerhebungen ist dann gegeben, wenn keine systematischen Antwortausfälle nachgewiesen werden können. Da es sich im Fall der fehlenden Beteiligung der Lebensmittelbranche um fünf Geschäfte handelt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Antwortausfälle rein auf Zufälligkeit basierten, wodurch auch die Umfrage der Geschäfte repräsentativ sein kann und dementsprechend Rückschlüsse auf das grössere Ganze möglich sind. Die tatsächlichen Stichproben können also durchaus die definierte Grundgesamtheit repräsentieren. Am Vorgehen kann zudem kritisch angemerkt werden, dass nicht sichergestellt werden konnte, dass alle der offiziell registrierten 205 (±10%) Bewohner der Kramgasse erreicht wurden. Zum einen befinden sich die Briefkästen in der Kramgasse meistens hinter der Hauseingangstür, von denen einige auch beim dritten Besuch verschlossen blieben. Zum anderen benutzen einige Hausbewohner nach der Poststelle an der Kramgasse (Telefonat: 26.11.2014) Postfächer, weshalb diese Bewohner für die Befragung nicht erreichbar waren. Pfaffenbach & Reuber (2005:53) argumentieren, dass nur Zufallsstichproben im statistischen Sinne repräsentativ sind, weil hier jedes Element der Grundgesamtheit die gleiche Chance hat, in die Stichprobe zu gelangen. Nach dieser Definition ist die Repräsentativität der Befragung der Haushalte in Frage zu 62 Forschungsdesign stellen. Denn wie oben beschrieben, konnte nicht gewährleistet werden, dass sämtliche Elemente der Grundgesamtheit erreicht wurden bzw. alle Haushalte dieselbe Chance hatten, sich an der Umfrage zu beteiligen. 3.5 Experteninterviews Neben der deskriptiven Analyse statistischer Daten und der Umfrage bildeten Experteninterviews eine weitere wichtige M ethode zur Erkenntnisgewinnung. Die Experteninterviews dienten zur Vertiefung der Ergebnisse aus der Umfrage und zur Anreicherung der Sekundärdaten bzw. zur inhaltlichen Ausdifferenzierung der bestehenden Theorie. Die bisher gewonnenen Ergebnisse sollten mittels Interviews in den Kontext gesetzt und interpretiert werden. Damit beschränkt sich die Untersuchung nicht nur auf einen kleinräumigen Ansatz in der Kramgasse, sondern ermöglicht darüber hinaus, übergreifende Wirkungszusammenhänge identifizieren zu können. Durch die Experteninterviews wurde die empirische Untersuchung mit einer Aussensicht aus verschiedenen Blickwinkeln synthetisiert. Die Vor- und Nachteile dieser M ethode können der Tab. 5 entnommen werden: Vorteile Experteninterviews Nachteile Experteninterviews • Antwortreaktionen können durch die Interviewsituation und soziale Erwünschtheit verzerrt sein (Altobelli & Hoffmann:31) • Aufwändige Rekrutierung (Flick 2010:218) • Zeitdruck: Experteninterviews müssen oft zeitlich knapp kalkuliert werden aufgrund des limitierten Zeitbudgets der Experten (ebd.:218) • Anwendung oft nur für komplementäre Verfahren, da für viele Fragestellungen der Fokus auf Expertenwissen nicht ausreicht (ebd.:219) • Interaktionsmöglichkeiten: - Gesprächsführung kann flexibel angepasst werden - Nachfragen ist möglich und Verständnisprobleme können geklärt werden • Kontrollmöglichkeit der Erhebungssituation: Vollständigkeit der Antworten kann kontrolliert werden (Altobelli & Hoffmann:31) Tabelle 5: Vor- und Nachteile von Experteninterviews (Eigene Darstellung). 63 Forschungsdesign 3.5.1 Auswahl der Interviewpartner Die Auswahl der Interviewpartner wurde in Zusammenarbeit mit dem Kramgassleist getroffen, durch den auch einige Kontaktangaben zur Verfügung gestellt wurden. Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, dass die Experten die Untere Altstadt aus verschiedenen Blickwinkeln kennen, sodass eine breite Streuung von Ansichten und M einungen in die Untersuchung einfliessen konnte. Die Personen wurden per E-M ail oder telefonisch für ein Interview angefragt. Erfreulicherweise erklärten sich alle für ein Interview bereit. Insgesamt wurden sechs Experteninterviews durchgeführt. Für die Auswertung stehen nicht die Einzelpersonen an sich im Zentrum, sondern vielmehr deren Aussagen. Deshalb wurden sie anonymisiert. Namen und Positionen werden nicht genannt. Um die Akteure dennoch unterscheiden zu können und die verschiedenen Interessen aufzeigen zu können, werden die Tätigkeitsbereiche mit angegeben. Folgende Interviewpartner boten sich an: A) als Vertreter der Stadt Bern im Bereich Portfoliomanagement und Recht • B) als Vertreter des Stadtplanungsamts Bern • C) als Vertreter der Domänenverwaltung Burgergemeinde • D) und E) als Vertreter von BERNcity • F) und G) als Vertreter der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Bern • H) als Vertreter des Netzwerks Altstadt M it dieser Auswahl wurden Eigentümer bzw. Vertreter der Immobilienbranche wie die Stadt Bern und die Burgergemeinde berücksichtigt. Als wichtiger Akteur für den Detailhandel konnte BERNcity für ein Interview gewonnen werden. M it dem Netzwerk Altstadt wurde eine Beratungsstelle befragt, die sich intensiv mit Themen des Strukturwandels von Altstädten auseinandersetzt. Zudem wurde mit dem Stadtplanungsamt das STEK thematisiert. 3.5.2 Datensammlung und Vorgehen Das Erkenntnisinteresse galt wie auch bei der Umfrage u.a. der SWOT-Analyse. So sollten qualitative Einschätzungen zu Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren des Strukturwandels eingeholt werden. Weitere Erkenntnisgewinne sollten dadurch erlangt werden, dass Ansätze, M odelle, Fallbeispiele sowie Handlungsstrategien für die künftige Quartiersentwicklung evaluiert werden. 64 Forschungsdesign Zur Beantwortung der Fragen wurden Leitfadeninterviews durchgeführt. Deren halbstrukturierte Form hat zum Vorteil, auf die Spezifität des Forschungsobjekts ausgerichtet zu sein. Jedoch besteht auch immer die M öglichkeit, flexibel auf Antworten oder neue Themen zu reagieren und persönliche Ansichten frei darzulegen. So können induktiv neue Sachverhalte erkannt werden (Diekmann 2011:537f). Bei der Erarbeitung der Leitfragebogen wurden zwei Fragenblöcke gebildet, ein Block mit Fragen zur Validierung und Ergänzung der SWOT-Analyse, die aus den Ergebnissen der Umfrage erstellt wurde und ein Block mit Fragen zur Attraktivitätsgestaltung der Unteren Altstadt als Einkauf- bzw. Wohnort. Das Leitfadengerüst wurde auf die einzelnen Interviewpartner und deren Expertise spezifisch angepasst, wobei einige Fragen bei allen Interviews identisch waren, um die Aussagen der einzelnen Interviewpartner miteinander vergleichen zu können. Die Interviewleitfäden (vgl. Anhang D) wurden den Interviewpartnern vorab zugeschickt. So wurde Transparenz gewährleistet. Zugleich wurde den Probanden ermöglicht, sich bereits im Vorhinein mit den Fragen auseinanderzusetzen, was zum effizienteren Verlauf der Interviews beitragen sollte. Die Interviews wurden nicht transkribiert, da sie als Ergänzung dienen sollten und mehr Gewicht auf die Umfrage gelegt wurde. Nachdem der erste Interviewpartner die Aufzeichnung des Interviews verweigerte, wurde ebenso konsequent bei den anderen Interviews darauf verzichtet. Zum einen, weil die Interviewsituation dadurch gelockert wurde und die Interviewpartner Informationen preisgaben, die sie ansonsten eher verschwiegen hätten, wodurch auch dem Problem der sozialen Erwünschtheit entgegengewirkt werden konnte. Zum anderen, weil die Interviewsituation dafür zum Teil nicht angemessen war, weil die Antworten z.B. anhand von Plänen aufgezeigt wurden, wofür sich ein Einsatz eines Aufnahmegeräts nicht geeignet hätte. 3.5.3 Durchführung der Experteninterviews Die Interviews wurden im Zeitraum vom 17. April 2015 bis 8. M ai 2015 durchgeführt und dauerten zwischen 60 und 70 M inuten. Zwei der sechs Interviews fanden zu dritt statt. Darüberhinaus bot sich G) als Vertreter der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Bern für einen Rundgang durch das 65 Forschungsdesign M attequartier an, um das Besprochene vor Ort nochmals zu vertiefen. Der Rundgang fand am 13. M ai 2015 statt und erwies sich als wertvolle Ergänzung zum Interview. 3.5.4 Datenanalyse Für die Auswertung der Interviews wurde auf die qualitative Inhaltsanalyse nach M ayring (2015:50) zurückgegriffen. Sie basiert auf einem systematischen, regelgeleiteten Vorgehen, dessen zentrales Element die Definition von Kategorien bildet (ebd.:50f). Die Kategorien können entweder theoretisch begründet sein (deduktiv) oder induktiv gebildet werden, indem sie direkt aus dem M aterial abgeleitet werden (ebd.:85). Dafür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung, die das Interviewmaterial zusammenfassen und explizieren bzw. strukturieren (ebd.:67). In der vorliegenden Arbeit wurde die Analysetechnik der Zusammenfassung verwendet, bei der einzelne Textstellen Kategorien zugeordnet werden, die dann anschliessend paraphrasiert und pro Kategorie zusammengefasst werden (ebd.:71). Die Systematik der Synthesetabelle mit dem dazugehörigen Kategoriensystem ist so zu beschreiben, dass andere Personen die Analyse ähnlich durchführen könnten (Intersubjektivität) (ebd.:51). Da in dieser Arbeit die Interviews nicht transkribiert wurden und die Experteninterviews eine methodische Ergänzung zur Hauptmethode der Umfrage darstellen, wurde auf eine detaillierte Inhaltsanalyse wie sie eben beschrieben wurde, verzichtet. Vielmehr ist das Ziel, die wichtigsten Erkenntnisse aus den Interviews zu beschreiben. Dafür wurden entsprechend der Ansprüche der vorliegenden Arbeit Themenblöcke bzw. Kategorien festgelegt, in denen die Aussagen der Interviewpartner gebündelt und zusammengefasst wurden. Dadurch war ein Vergleich der einzelnen Antworten möglich. Desweiteren wurden die Ergebnisse in die SWOT-M atrix eingeordnet, indem die SWOT-Analyse der Umfrageergebnisse mit den Aussagen der Interviews ergänzt und überarbeitet wurde. 3.5.5 Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens Die Interviewleitfäden bewährten sich bei allen Interviews. Dennoch konnte nicht immer gewährleistet werden, dass sich alle Aussagen auf den Forschungsgegenstand bezogen, weil gewisse Antworten 66 nicht exakt die Frage Forschungsdesign beantworteten. Durch ein gezieltes Nachfragen konnte die Autorin aber befriedigende Antworten auf die Fragen erhalten. Dadurch, dass die Interviewpartner den Leitfaden im Voraus erhielten, waren die Interviewpartner auf die Interviews vorbereitet, wodurch die Interviews effizient verliefen und Vertiefungsfragen möglich waren. Es konnte festgestellt werden, dass die Interviewpartner relativ redsam waren und Informationen preisgaben, die ansonsten evtl. nicht genannt worden wären, wenn die Interviews aufgezeichnet worden wären. Der Verzicht auf Interviewaufzeichnungen wirkte sich positiv aus, weil besonders die eher „heiklen“ Informationen massgeblich zum Verständnis und Erkenntnisgewinn beitrugen. Die fehlende Transkription könnte kritisiert werden, weil bei einer nicht wortgetreuen Inhaltswiedergabe Zusammenfassungen vorgenommen werden, die einerseits subjektiv gefärbt sind und andererseits Aussagen verloren gehen können. Um letzteren Kritikpunkt auszuräumen, wurden während der Interviews Notizen gemacht und das Besprochene direkt im Anschluss an die Interviews niedergeschrieben. Also zu einem Zeitpunkt, an dem das Erinnerungsvermögen auf dem höchsten Stand war. 67 Ergebnisse 4 Ergebnisse Die Präsentation der empirischen Ergebnisse gliedert sich in die Auswertung der Statistikdaten des Grünen Quartiers, die Umfragen in der Kramgasse und die Experteninterviews. 4.1 Auswertung der Statistikdaten Grünes Quartier Die Auswertung der Statistikdaten erfolgt wie in Kapitel 3.3 aus geführt. Die Daten zum Grünen Quartier werden beschrieben und zusätzlich mit ausgewählten Grafiken zur visuellen Unterstützung angereichert. Damit wird das Grüne Quartier bezüglich Demographie, Wohnungswesen und Detailhandel deskriptiv charakterisiert. Wo eine Einbettung des Grünen Quartiers im städtischen Kontext sinnvoll ist, wird es der Innenstadt oder Gesamtstadt Bern zum Vergleich gegenübergestellt. 4.1.1 Bevölkerung 4.1.1.1 Bevölkerungsentwicklung Die Abbildung 2 zeigt die Bevölkerungsentwicklung des Grünen Quartiers von 2000 bis 2013 auf. Bevölkerungsentwicklung Grünes Quartier 1300 Neudefinition des Wohnbevölkerungsbegriff s ab31.12.2012 Anzahl Einwohner 1250 1200 Bevölkerungsentwicklung 1150 1100 1000 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 1050 Abbildung 2: Bevölkerungsentwicklung des Grünen Quartiers 2000-2013 Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2001-2014a:112). (Eigene Das Grüne Quartier weist per Ende 2013 eine Gesamtbevölkerung von 1’269 Personen auf. Seit dem Jahr 2000 ist die Bevölkerung des Grünen Quartiers um 12%, nämlich von 1’133 auf 1’269 Einwohner angewachsen. Der Hauptteil des 68 Ergebnisse Bevölkerungswachstums (+6.5%) fand zwischen 2010 und 2012 statt. Zwischen 2004 und 2007 hat sich die Bevölkerung moderat entwickelt. Hervorzuheben sind die Jahre 2001 und 2013 mit einer Bevölkerungsabnahme von -2.4% (2001) und -2.1% (2013) sowie die Jahre 2002 und 2004 mit einer Bevölkerungszunahme von 3.4% (2002) bzw. 2.4% (2004). Das Bevölkerungswachstum von 3.4% per 31.12.2012 gegenüber dem Vorjahr 2011 ist auf die Neudefinition des Wohnbevölkerungsbegriffs zurückzuführen. Dieser wurde von den Statistikdiensten der Stadt Bern analog zur Bundesstatistik geändert. Neu werden in der Stadt Bern alle registrierten Personen mittels Heimatschein, Heimatausweis oder Ausländerausweis gezählt, unabhängig von Aufenthaltsdauer, An- und Abwesenheitsmeldungen. Für eine Stadt mit Zentrumsaufgaben und vielen Arbeits- und Ausbildungsplätzen ist es sinnvoll z.B. die Wochenaufenthalter mitzuzählen, da auch diese die Infrastruktur benutzen. Von daher werden auch Personen mit einer Aufenthaltsbewilligung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (Diplomaten, internationale Funktionäre, Familienangehörige, Hilfspersonal) sowie Asylsuchenden dazugezählt. Zahlen laut Stand vor dem 31.12.2012 sind nach der „wirtschaftlichen Wohnbevölkerung“ berechnet. Danach wurden nur die Personen bezüglich wirtschaftlichen Wohnsitzes berücksichtigt. Durch diese Änderung erhöhte sich die Stadtberner Wohnbevölkerung um ca. 3’000 Personen (Statistik Stadt Bern 2014a:18). Das Bevölkerungswachstum fand nicht nur auf Quartiersebene im Grünen Quartier statt, sondern auch auf gesamtstädtischer Ebene. Heute (Stand: 31.12.2012) zählt die Stadt Bern über 8’000 Einwohner mehr als im Jahr 2000. Dieses Bevölkerungswachstum ist in erster Linie dem positiven Wanderungssaldi zuzuschreiben und seit 2008 auch den Geburtenüberschüssen. Durch den forcierten Wohnungsbau entstanden viele neue Wohnungen, die ebenso zum Bevölkerungswachstum beitrugen. Im Grünen Quartier ist der Wohnbestand jedoch konstant geblieben (vgl. 4.1.2.1). Zudem ist auch die gesteigerte Lebensqualität als Treiber für das Bevölkerungswachstum zu nennen. So wurden bspw. in den letzten Jahren zahlreiche M assnahmen umgesetzt, die zu Verkehrsberuhigungen in der Stadt Bern führten (ASE 2013:3). 69 Ergebnisse 4.1.1.2 Altersstruktur Wie bereits unter 4.1.1.1 erwähnt, tragen seit 2008 auch die Geburtenüberschüsse zum Bevölkerungswachstum bei. Es werden also mehr Kinder geboren als M enschen sterben. Durch den Geburtenüberschuss und den positiven Wanderungssaldo von jungen Personen verändert sich die Altersstruktur der Stadt Bern. Der Anteil an Personen im Pensionsalter nimmt tendenziell ab, während der Anteil der Personen zwischen 20 und 64 Jahren zunimmt, wobei v.a. die 20- bis 39-Jährigen für das Wachstum verantwortlich sind (ASE 2013:4). Auch im Grünen Quartier ist der grösste Anteil der Bevölkerung der der 20- bis 64Jährigen. M it 80.1% ist diese Altersgruppe gegenüber der Innenstadt (75.7%) übervertreten. Die Personen über 65 Jahre machen insgesamt 14.3% der Wohnbevölkerung aus, womit ihr Anteil unter dem innerstädtischen Durchschnitt (17.5%) liegt (vgl. Abb. 3 ). Altersstruktur im Jahr 2013 100% 90% 14.3% 17.5% Altersgruppenanteile 80% 70% 65+ 60% 50% 40% 20–64 80.1% 16–19 75.7% 7–15 30% 0–6 20% 10% 0% Abbildung 3: 1.8% 1.9% 1.9% Grünes Quartier Innere Stadt 1.3% 2.3% 3.2% Altersstruktur Grünes Q uartier und Innere Stadt im Jahr 2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2014a:38). Jedoch ist der Trend der Abnahme der Personen im Pensionsalter nicht im Grünen Quartier nachzuweisen. Hier besteht eine Tendenz zur „Überalterung“ der Bevölkerung. Seit 2000 haben die Einwohner über 65 Jahre um 3.8% zugenommen. Dennoch zeigt die obenstehende Grafik, dass die Altersstruktur des Grünen Quartiers mit derjenigen der Inneren Stadt vergleichbar ist. Im Grünen Quartier beträgt der Anteil der Kinder und Jugendlichen bis 15 Jahre 3.8% und ist deshalb im Vergleich zum innerstädtischen Durchschnitt (5.5%) untervertreten. 70 Ergebnisse Der Anteil Jugendlicher im Alter von 16 bis 19 Jahren liegt mit 1.8% leicht über dem Durchschnitt der inneren Stadt (1.3%). 4.1.1.3 Bevölkerungsbewegungen Die Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Bevölkerungsbewegungen im Grünen Quartier. Bevölkerungsbewegungen Grünes Quartier 80 Neudefinition des Wohnbevölkerungsbegriffs ab 31.12.2012 60 Anzahl Personen 40 Saldo der natürlichen Bevölkerungsbewegung 20 Wanderung über die Stadtgrenzen 0 -20 Innerstädtische Wanderung -40 Gesamtveränderung Abbildung 4: 2013 2012 2011 2010 2009 2008 2007 2006 2005 2004 2003 2002 2001 -80 2000 -60 Bevölkerungsbewegungen im Grünen Q uartier 2000-2013 Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2001-2014a:40). (Eigene Das Grüne Quartier weist mehrheitlich eine positive Gesamtveränderung auf, d.h. die Zahl der Einwohner ist tendenziell gestiegen. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Bevölkerungsentwicklung wider (vgl. Abb. 2). Der Saldo der natürlichen Bevölkerungsbewegung verzeichnet tendenziell eine neutrale bis positive Bilanz. Die Zahl der Geburten stimmt dort mit jener der Todesfällen überein bzw. übersteigt in den Jahren 2000, 2005 bis 2008 und 2010 bis 2012 jene der Todesfälle. Bezüglich der Wanderungsbewegungen über die Stadtgrenze hinaus weist das Grüne Quartier Zuzugsüberschüsse auf. Innerhalb der Stadt sind aus dem Grünen Quartier mehr Personen weg- als zugezogen. 71 Ergebnisse 4.1.2 Wohnungswesen 4.1.2.1 Wohnungsproduktion Im Jahr 2000 wurde ein Total von 222 bewohnten Gebäuden mit insgesamt 986 Wohnungen im Grünen Quartier registriert. Der Höchststand der bewohnten Gebäude in der Zeitspanne von 2000 bis 2013 wurde im Jahr 2007 mit 224 bewohnten Gebäuden erreicht. Der heutige Stand (Stand: 2013) beträgt 221 bewohnte Gebäude mit 1’009 Wohnungen. Dabei handelt es sich vorwiegend um gemischte Wohn- und Geschäftshäuser. Die Entwicklung der Gebäude- bzw. Wohnungsproduktion verlief demzufolge konstant. Der Gebäude- bzw. Wohnungszuwachs resp. -rückgang ist auf Umnutzungen (nicht bewohnte in bewohnte Gebäude/Wohnungen und umgekehrt) bzw. Sanierungen zurückzuführen (Statistik Stadt Bern 2014b:o.S.). In der folgenden Abbildung wird der heutige Wohnungsbestand (Stand: 2013) nach Anzahl der Zimmer aufgezeigt. Wohnungsbestand nach Anzahl Zimmer 2013 Anteil am Gesamtwohnungsbestand 100% 90% 80% 70% 4.5% 9.8% 5.9% 11.2% 19.5% 22.8% 5 u.m. Zimmer 60% 50% 4-Zimmer 37.4% 38.1% 40% 30% 20% 10% 3-Zimmer 2-Zimmer 1-Zimmer 28.8% 22.0% 0% Grünes Quartier Abbildung 5: Innere Stadt Wohnungsbestand nach Anzahl der Zimmer im Grünen Q uartier und in der Inneren Stadt im Jahr 2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2014a:151). Die Wohnungsstruktur im Grünen Quartier stimmt mit der der Inneren Stadt weitgehend überein. Der kumulierte Anteil an 1-Zimmer Wohnungen ist mit 28.8% leicht höher als derjenige der Inneren Stadt. Der Anteil kleiner Wohnungen, also Wohnungen mit 3 oder weniger Zimmern, am Wohnungs- 72 Ergebnisse bestand ist hoch. Hierfür liegt die Ursache in den historischen Altstadthäusern, die eher klein geschnitten sind und unter Denkmalschutz stehen. 4.1.2.2 Wohnungsbelegung Die Wohnungsbelegung gibt die Anzahl Personen pro Wohnung an. In der Stadt Bern gab es diesbezüglich eine Trendwende. Der aktuelle Wert (Stand: 2013) liegt mit 1.78 Personen pro Wohnung wieder auf dem Niveau vom Jahr 2000, nachdem die Wohnungsbelegung im Jahr 2006 mit 1.74 Personen pro Wohnung ihren Tiefstwert erreicht hat (ASE 2013:4). Das Grüne Quartier weist eine ähnliche Entwicklung auf. Die Wohnungsbelegung erhöhte sich 2012 auf 1.29 Personen pro Wohnung im Vergleich zu einer konstanten Wohnbelegung mit 1.2 Personen pro Wohnung in den Jahren 2002 bis 2011. Der Tiefstwert von 1.1 Personen pro Wohnung wurde 2001 registriert. Beeinflusst wurde diese Erhöhung der Wohnungsbelegung von 1.2 auf 1.3 im Jahr 2012 durch die Neudefinition des Wohnbegriffs (vgl. 4.1.1.1). Aktuelle Daten (Stand: 2014) zeigen aber, dass die Wohnbelegung wieder auf 1.24 Personen pro Wohnung zurückgegangen ist (Statistik Stadt Bern 2015:o.S.). Eine abnehmende Wohnungsbelegung hat zur Folge, dass zusätzlicher Wohnraum entstehen muss, um die Bevölkerungszahl halten zu können. Durch die Zahlen wird deutlich, dass im Grünen Quartier die 1und 2-Personenhaushalte dominieren. 4.1.2.3 Leerwohnungsbestand Die Wohnungsknappheit und die damit verbunden steigenden M ietpreise in den Städten sowie mögliche Gegenmassnahmen werden momentan vielerorts diskutiert. Denn die städtischen Zentren der Schweiz leiden seit Jahren unter einem Wohnungsmangel (Keating 2014:25). Die Anzahl leer stehender Wohnungen zeigt das Verhältnis von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt auf. Eine gewisse Anzahl leer stehender Wohnungen erleichtert das Funktionieren eines Wohnungsmarkts. Die „Leerwohnungsziffer“ bezeichnet den Anteil leer stehender Wohnungen am Gesamtwohnungsbestand. Eine Leerwohnungsziffer, die unter den Bereich von 0.5-1.5% fällt, wird als kritisch erachtet (beco 2006:2f). Trotz der regen Bautätigkeit und der zunehmenden Wohnungsbelegung der Stadt Bern bewegt sich die Leerwohnungsziffer seit Jahren unter einem Prozent. Sie beträgt aktuell (Stand: 1. Juni 2014) in der Stadt Bern 0.5%, in der Inneren Stadt 0.8% und im 73 Ergebnisse Grünen Quartier 0.4%. (Statistik Stadt Bern 2014c:5ff). Aufgrund dessen gilt der Berner Wohnungsmarkt als angespannt. Hinzu kommt, dass die Leerwohnungsziffer mit zunehmender Wohnungs grösse tendenziell abnimmt. Es gibt eher wenig grosse, freie Wohnungen auf dem M arkt (beco 2006:4). 4.1.2.4 Mietzinsentwicklung Die Wohnungsknappheit drückt sich auch anhand der M ietzinse aus. So sind die M ieten aber auch die Kaufpreise von Wohnungen in der Stadt Bern in den letzten Jahren stark gestiegen. Dabei ist eine Scherentwicklung zwischen den Angebotsund Bestandsmieten festzustellen, weil die Angebotsmieten deutlich über den Bestandsmieten liegen (ASE 2013:4). Unter Bestandsmieten werden die M ieten der vermieteten Wohnungen verstanden, während die Angebotsmieten die M ieten der Objekte bezeichnen, die neu oder wieder zu vermieten sind. Die durchschnittlichen Angebotsmieten in Bern sind bis zu 1.4 M al so hoch wie die Bestandsmieten. Die Angebotsmieten der Stadt Bern sind bei allen Wohnungsgrössen in der Innenstadt am höchsten (ASE 2012a:4). Die Entwicklung der durchschnittlichen M onatsmietpreise nach Wohnungsgrösse in der Innenstadt Bern können der Abbildung 6 entnommen werden. Durchschnittlicher Monatsmietpreis (CHF) Durchschnittliche Monatsmietpreise nach Wohnungsgrösse Innere Stadt 3000 2500 2000 1 Zimmer 2 Zimmer 1500 3 Zimmer 4 Zimmer 1000 5 Zimmer 500 0 Abbildung 6: Entwicklung der durchschnittlichen Monatsmietpreise nach Wohnungsgrösse in der Inneren Stadt 2000-2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2001-2014a:112). 74 Ergebnisse Aufgrund der akuten Wohnungsknappheit fehlt es in der Stadt an erschwinglichen Wohnungen. Im Zusammenhang dieser Ausgangslage ist die Initiative „Für bezahlbare Wohnungen“ zu erwähnen, die vom Stadtrat genehmigt wurde, aber noch nicht in Kraft ist. „Diese verlangt, dass bei Um- und Neueinzonungen von Wohnzonen mindestens ein Drittel der Wohnnutzung mit preisgünstigen Wohnungen bebaut oder an gemeinnützige Wohnbauträger abgegeben wird“ (ASE 2013:5). M it „gemeinnützig“ werden Trägerschaften bezeichnet, die mit ihren Tätigkeiten das allgemeine Wohl fördern, keinen Gewinn anstreben und der Deckung des Bedarfs an preisgünstigem Wohnraum dienen (VLP-APSAN 2010:4). Sie können unterschiedliche Rechtsformen aufweisen. So zählen zu den gemeinnützigen Trägerschaften Genossenschaften, aber auch Aktiengesellschaften, Stiftungen, Gewerkschaften oder Vereine. Eine gemeinnützige Organisation muss sich mit den Grundsätzen der Charta der gemeinnützigen Wohnbauträger 17 einverstanden erklären. In der Stadt Bern machen die gemeinnützigen Wohnungen einen Zehntel am Gesamtwohnungsbestand aus (ASE 2012b:4). 4.1.3 Detailhandel Dem Detailhandel kommt im Grünen Quartier eine hohe arbeitsmarktpolitische Bedeutung zu. Zwar arbeiten die Betriebsinhaber meist selbst im Laden und beschäftigen nur wenige Angestellte. Trotzdem summiert sich die Anzahl der Arbeitnehmer wegen der Vielzahl der Betriebe. 4.1.3.1 Arbeitsstätte Zur Beschreibung der Entwicklung der Detailhandelsbetriebe dient die Betriebszählung aus den Jahren 2001, 2005 und 2008 (BF S 2011:o.S.). Der im theoretischen Teil beschriebene Trend des Betriebsrückgangs bzw. „Ladensterbens“ (vgl. 2.3) spiegelt sich auch in den statistischen Daten wider. Von 167 Detailhandelsbetrieben im Jahr 2001 wurden im Jahr 2005 noch 150 Betriebe und im Jahr 2008 nur noch 144 Betriebe gezählt. 17 Die Charta enthält Grunds ätze, die die gem einnützigen Wohnbauträger einhalten müssen wie z.B. die dauerhaft e Sicherung von preisgünstigem Wohnraum oder eine gute soziale Durchmischung. Sie wurde von den drei Verbänden des gemeinnützigen Wohnungsbaus: Schweizerischer Verband für Wohnungswesen, Schweizerischer Verband für Wohnbau- und Eigentumsförderung, Schweizeris cher Verband Liberaler Baugenossenschaft en sowie dem Bundesamt für Wohnungswesen verabschiedet (VLP-ASPAN 2010:5). 75 Ergebnisse 4.1.3.2 Beschäftigte Die Betriebsentwicklung hat auch Auswirkungen auf die Anzahl der Beschäftigten. Wurden im Grünen Quartier im Jahr 2001 noch 660 Personen im Detailhandel angestellt, waren es im Jahr 2005 noch 600 Personen und im Jahr 2008 noch 569 Angestellte. Gemessen an den Vollzeitäquivalenten mit einem Total von 503 Vollzeitäquivalenten im Jahr 2001 bildete der Detailhandel damals mit einem Branchenanteil von 20.6% die grösste Branche im Grünen Quartier. 2005 wurden in der Detailhandelsbranche noch 444 Vollzeitäquivalente verzeichnet, wodurch die Detailhandelsbranche zu Gunsten der Öffentlichen Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung auf den zweiten Platz rückte. Diesen Platz behielt sie im Jahr 2008 mit 423 Vollzeitäquivalenten bei. 4.2 Auswertung der Umfragen in der Kramgasse Die Auswertungen der Umfragen der Detailhändler und Bewohner werden entsprechend der Analyseraster vorgenommen, die der jeweiligen Umfrage zu Grunde liegen (vgl. 3.4.2). Zu den darin gegliederten Themen werden die wichtigsten Ergebnisse in Form von Diagrammen präsentiert. Diese zeigen die prozentualen Antwortanteile. Die dazu in Relation stehende Stichprobengrösse wird jeweils mit „n“ angegeben. Statistische Kenngrössen zu den Daten sind in den Excel-Tabellen (auf CD beiliegend) aufgeführt. 76 Ergebnisse 4.2.1 Auswertung der Umfrage Detailhandel 4.2.1.1 Branchen- und Geschäftsstruktur Das folgende Diagramm zeigt, welche Branchen an der Umfrage teilnahmen. Sie spiegelt nicht das tatsächliche Branchenbild wider. Umfragerücklauf nach Branche 0.0% 8.9% Lebensmittel Bekleidung und Schuhe 24.4% Persönliche Ausstattung 22.2% Gesundheit, Schönheit, Körperpflege Wohnen und Büro 22.2% 17.8% Freizeit und Sport n = 45 4.4% Abbildung 7: Kultur Umfragerücklauf der befragten Geschäfte an der Kramgasse nach Branchenzugehörigkeit (Eigene Darstellung). Es herrscht nahezu eine Branchenvollständigkeit. Bis auf die Lebensmittelbranche beteiligten sich alle anderen Branchen der Kramgasse an der Umfrage. Der Umfragerücklauf wird knapp (24.4%) von den Bekleidungs- und Schuhgeschäften dominiert. Dahinter liegen Geschäfte, die Waren für den persönlichen Bedarf anbieten wie z.B. Brillen oder Schmuck sowie Läden der Freizeit- und Sportbranche, die z.B. Spielwaren, Geschenkartikel, Blumen etc. verkaufen, exakt gleichauf (22.2%). Auf diese folgt die Büro- und Wohnen-Branche, die mit einem Anteil von 17.8% vertreten ist. Dazu zählen Läden, die Produkte wie M öbel, Teppiche, Küchen, Elektronik usw. anbieten. Der Anteil der Geschäfte, die der Kulturbranche zuzuordnen sind und Objekte wie Bücher, Zeitungen, Kunstobjekte, Antiquitäten veräussern, beträgt 8.9%. Die Läden, die der Branche der Gesundheit, Körperpflege und Schönheit angehören, machen den geringsten Anteil (4.4%) aus. Bei 35.6% der an der Umfrage beteiligten Geschäfte handelt es sich um M ehrbetriebsunternehmen, die neben dem Geschäft an der Kramgasse noch weitere Filialen an anderen Standorten besitzen (vgl. Abb. 8). Dieser 77 Ergebnisse Filialisierungs grad von 35.6% liegt unter dem städtischen Durchschnitt mit einem Filialbesatz von 50% (vgl. 2.3). Filialisierungsgrad Mehrbetriebsunternehmen 35.6% Einzelbetriebsunternehmen 64.4% n = 45 Abbildung 8: Filialisierungsgrad der beteiligten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). M it Ausnahme der Kulturbranche werden bei allen anderen beteiligten Branchen M ehrbetriebsunternehmen verzeichnet. Die meisten Filialbetriebe (37.5%) weist die Bekleidungs- und Schuhbranche auf, die wenigsten die Gesundheits-, Schönheits-, Körperpflege-Branche (6.3%). Zu je 18.8% wird der Filialisierungsgrad von Geschäften für die persönliche Ausstattung, von Freizeit- und Sportgeschäften sowie von Wohn- und Büroläden bestimmt (vgl. Abb. 9). Mehrbetriebsunternehmen nach Branche 0.0% 18.8% Kultur Bekleidung und Schuhe 37.5% Persönliche Ausstattung Gesundheit, Schönheit, Körperpflege 18.8% Wohnen und Büro 6.3% 18.8% Freizeit und Sport n = 16 Abbildung 9: Branchenzugehörigkeit der Mehrbetriebsunternehmen (Eigene Darstellung). Von den 35.6% der M ehrbetriebsunternehmen befindet sich die M ehrheit der weiteren Filialen, nämlich 85.9%, in der Schweiz. Der Auslandsanteil der Filialen 78 Ergebnisse bildet mit 3.1% den geringsten Anteil. Eine Internationalisierungstendenz der Geschäfte kann somit in der Kramgasse nicht nachgewiesen werden. In der Stadt Bern sind 6.3% der weiteren Filialen lokalisiert und in der Unteren Altstadt 4.7% neben dem Geschäft an der Kramgasse (vgl. Abb. 10). Bei letzterem handelt es sich vorwiegend um Läden der Bekleidungs- und Schuhbranche sowie um Geschäft für die persönliche Ausstattung. Standort der weiteren Filialen der Mehrbetriebsunternehmen 4.7% 3.1% 6.3% Untere Altstadt Stadt Bern Schweiz Ausland 85.9% n = 16 Abbildung 10: Standort der Filialen der Mehrbetriebsunternehmen (Eigene Darstellung). Die Geschäftsstruktur lässt sich weiter charakterisieren. So handelt es sich bei 40% der befragten Geschäfte um Neugründungen eines Einzelbetriebs, bei 28.9% um Geschäftsübernahmen, bei 17.8% um Neugründungen eines M ehrbetriebs und bei 13.3% um eine Verlagerung des Geschäfts von einem anderen Ort in die Kramgasse (vgl. Abb. 11). Geschäftsstruktur 13.3% Neugründung Einzelbetrieb Neugründung Mehrbetrieb 40.0% 28.9% Geschäftsübernahme Verlagerung 17.8% n = 45 Abbildung 11: Geschäftsstruktur nach Art der Gründung des Geschäfts an der Kramgasse (Eigene Darstellung). 79 Ergebnisse Die folgende Grafik macht Aussagen zum Eröffnungsjahr der befragten Geschäfte. Es liegt eine breite Streuung der Antworten vor. So gibt es Geschäfte, die sich schon seit vor 1930 an der Kramgasse befinden und Geschäfte, die erst in den letzten Jahren eröffneten. Die Verteilung der Werte fiel linksschief aus, d.h., dass die meisten Detailhändler ihr Geschäft innerhalb der letzten 30 Jahre eröffneten. Am häufigsten (24.4%) fanden die Geschäftsgründungen in der Kramgasse zwischen 1991 und 2000 statt. Anteil der Geschäfte Gründungsjahr der Geschäfte 25% 20% 15% 10% 5% 0% n = 45 Abbildung 12: Gründungsjahr der beteiligten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Die an der Umfrage beteiligten Geschäfte beschäftigen ins gesamt 216 Personen (ohne Geschäftsführer bzw. -inhaber). Davon sind knapp die Hälfte (47.2%) im Vollzeit- und 43.5% im Teilzeitpensum angestellt. Jeweils 0.5% der Beschäftigten sind Aushilfen und Lehrlinge (vgl. Abb. 13). Beschäftigte nach Anstellungsart 0.5% 0.5% Vollzeit Teilzeit 43.5% 47.2% Aushilfe n = 216 Lehre Abbildung 13: Struktur der Beschäftigten nach Anstellungsart in den befragten Geschäften an der Kramgasse (Eigene Darstellung). 80 Ergebnisse Die Frage, ob die Geschäftsführer bzw. -inhaber selbst auch im Geschäft an der Kramgasse mitarbeiten, wurde von 80% mit „ja“ beantwortet. Allerdings arbeiten 15.6% nicht selbst im Geschäft. Dies deutet daraufhin, dass eine gewisse Anonymisierung bzw. Fremdbestimmung (vgl. 4.3.1.4) einsetzte. Arbeiten Sie als InhaberIn im Geschäft mit? 4.4% JA 15.6% NEIN 80.0% keine Antwort n = 45 Abbildung 14: Geschäftsstruktur nach Beschäftigtenart der Inhaber (Eigene Darstellung). In Anbetracht der Verteilung der Beschäftigten auf die Branchen stellt die Branche der persönlichen Ausstattung am meisten Arbeitsplätze (34.3%). Weitere bedeutende Arbeit geber sind die Freizeit- und Sportbranche mit einem Anstellungsanteil von 22.7%. Knapp dahinter kommt die Bekleidungs- und Schuhbranche mit einem Anteil von 21.8% (vgl. Abb. 15). Beschäftigte nach Branche 3.2% 22.7% Bekleidung und Schuhe Persönliche Ausstattung 21.8% Gesundheit, Schönheit, Körperpflege Wohnen und Büro 10.6% 34.3% Freizeit und Sport 7.4% n = 216 Kultur Abbildung 15: Beschäftigtenstruktur der befragten Geschäfte an der Kramgasse nach Branche (Eigene Darstellung). 81 Ergebnisse 4.2.1.2 Detailhandelsangebot Der Angebotsmix in der Unteren Altstadt wird von den befragten Geschäften in der Kramgasse mehrheitlich als „genau richtig“ beschrieben. Allerdings wird die Lebensmittelbranche mit 89.9% als untervertreten und die Bekleidungs- und Schuhbranche mit 40% als übervertreten moniert (vgl. Abb. 16). Somit scheint eine „Textilisierung“ (vgl. 2.3) zu Lasten der Lebensmittelgeschäfte in der Unteren Altstadt vorzuliegen. Anteil der Geschäfte Empfundener Angebotsmix in der Unteren Altstadt 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% keine Antwort weiss nicht eher übervertreten genau richtig eher untervertreten n = 45 Branchen Abbildung 16: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in der Unteren Altstadt aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Bezüglich der Veränderung des Detailhandelangebots seit dem Jahr 2000 haben die meisten Geschäfte (46.7%) geantwortet, dass sich die Vielfalt des Angebots verschlechtert habe. Jedoch ist der Unterschied unerheblich zum Anteil, der angab, dass sich die Vielfalt verbessert habe (35.6%) (vgl. Abb. 17). 82 Ergebnisse Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 Anteil der Geschäfte 50% 40% 30% 20% 10% 0% n = 45 eher verschlechtert gleich geblieben eher verbessert weiss nicht Abbildung 17: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Eindeutiger ist das Ergebnis in Bezug auf die Veränderung der Qualität des Angebots. Die M ehrheit der Geschäfte (48.9%) hat geantwortet, dass sich die Qualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt eher verbessert habe (vgl. Abb. 18). Veränderung der Qualität des Detaihandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 Anteil der Geschäfte 50% 40% 30% 20% 10% 0% n = 45 eher verschlechtert gleich geblieben eher verbessert weiss nicht Abbildung 18: Veränderung der Q ualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). 4.2.1.3 S tandort Die einzelnen Standortfaktoren wie das Ambiente der Unteren Altstadt, die Erreichbarkeit, die Räumlichkeiten, die Kundenfrequenz, die M ietbelastung, das Prestige, die Nähe zu anderen Geschäften und die Konkurrenzsituation wurden insgesamt als wichtig angegeben. Von allen aufgeführten Standortfaktoren ist die 83 Ergebnisse Kundenfrequenz der wichtigste Faktor. Das Prestige, die Nähe zu anderen Geschäften sowie die Konkurrenzsituation zählen eher als unwichtig (vgl. Abb. 19). Unter der offenen Antwortkategorie „andere“ wurde die Angebotsvielfalt der Unteren Altstadt als wichtiger bis sehr wichtiger Standortfaktor angegeben. Da diese Antwortoption aber nur zwei M al benutzt wurde, ist das Ergebnis nicht aussagekräftig. Anteil der Geschäfte Wichtigkeit der Standortfaktoren 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% keine Antwort weiss nicht sehr wichtig wichtig eher wichtig egal eher unwichtig unwichtig sehr unwichtig n = 45 Standortfaktoren Abbildung 19: Wichtigkeit der Standortfaktoren für die befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Die folgende Grafik zeigt, inwiefern sich die Umfeldfaktoren auf die Detailhandels geschäfte an der Kramgasse auswirken. Dabei überwiegt bis auf die Detailhandels geschäfte der Oberen Altstadt bei allen Faktoren die positive Wirkung auf die Geschäfte. Am schlechtesten schneiden die Parkmöglichkeiten ab, gefolgt von dem Verkehr und den Detailhandels geschäften der Oberen Altstadt, die eine Konkurrenz für die Detailhandels geschäfte der Unteren Altstadt darzustellen scheinen. 84 Ergebnisse Anteil der Geschäfte Wirkungen der Umfeldfaktoren 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% keine Antwort weiss nicht sehr positiv positiv eher positiv keine Wirkung eher negativ negativ sehr negativ n = 45 Umfeldfaktoren Abbildung 20: Wirkungen der Umfeldfaktoren auf die befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). M it der Kategorie „andere“ wurde das Konservatorium als „sehr positiver“ und der Wochenmarkt als „negativer“ zusätzlicher Umfeldfaktor aufgeführt. Aufgrund der geringen Anzahl Nennungen, können diese Punkte aber nicht als repräsentativ betrachtet werden. Insgesamt ist die M ehrheit (62.6%) der Geschäfte zufrieden mit dem Standort und wollen in der Kramgasse bleiben. Doch haben auch 35.6% der Befragten in Erwägung gezogen, ihr Geschäft zu schliessen oder zu verlegen (vgl. Abb. 21). 85 Ergebnisse Haben Sie sich schon einmal überlegt, Ihr Geschäft zu verlegen oder zu schliessen? 2.2% JA, zu verlegen JA, zu schliessen 17.8% 62.2% NEIN 17.8% keine Antwort n = 45 Abbildung 21: Standortzufriedenheit der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Die meist genannten Gründe für solche Überlegungen waren die Parkplatzsituation, die M ietbelastung, der Rückgang des Ertrags und altersbedingte Gründe, weil keine Nachfolge für das Geschäft gefunden werden kann. Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die monatlichen M ietzinse der Geschäftsflächen in der Kramgasse. Anteil der Geschäfte Monatlicher Mietzins pro Geschäftsfläche <50 m2 25% 20% 15% 10% 5% 0% 50-100 m2 101-150 m2 151-200 m2 201-250 m2 251-300 m2 >300 m2 Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) in CHF n = 45 Abbildung 22: Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) nach Geschäftsflächengrösse (Eigene Darstellung). Es fällt auf, dass es erhebliche Preisunterschiede innerhalb einer Geschäftsflächengrösse gibt. Verschiedene Geschäftsflächengrössen finden sich also in verschiedenen M ietzinskategorien wieder. Die meisten Geschäfte sind zwischen 50 und 100 m2 gross und diese bezahlen sehr unterschiedliche M ietzinse. Die Spannweite bewegt sich zwischen 1’001 und 10’000 CHF für dieselbe Flächen86 Ergebnisse kategorie. Darin verzeichnen Bekleidungs- und Schuhgeschäfte vorwiegend M ieten zwischen 5'001 und 10'000 CHF (häufigste Nennung). Die Ladenmieten werden von je 33.3% der Geschäfte für „vertretbar“ bzw. „genau richtig“ empfunden. 17.8% der Geschäfte erachten die M ietbelastung als „eher zu hoch“ (vgl. Abb. 23). Anteil der Geschäfte Empfundene Mietbelastung 50% 40% 30% 20% 10% 0% n = 45 Abbildung 23: Empfundene Mietbelastung der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Die Hälfte der befragten Geschäfte gab an, dass die M ieten seit dem Jahr 2000 gestiegen sind (vgl. Abb. 24). Veränderte Mietbelastung seit dem Jahr 2000 AnteilderGeschäfte 50% 40% 30% 20% 10% 0% stark n = 45 gesunken gesunken gleich geblieben erhöht stark erhöht weiss nicht keine Antwort Abbildung 24: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). 87 Ergebnisse Auf die Frage, wie die Geschäfte zu einheitlichen Öffnungszeiten in der Unteren Altstadt stehen, zeigen die Ergebnisse (vgl. Abb. 25), dass einheitliche Öffnungszeiten von einer M ehrheit (64.4%) befürwortet werden. Befürworten Sie einheitliche Öffnungszeiten in der Unteren Altstadt? JA 35.6% 64.4% NEIN n = 45 Abbildung 25: Befürwortung von einheitlichen Öffnungszeiten in der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung). 4.2.1.4 Wirtschaftlichkeit Vom grössten Teil der befragten Geschäfte (88.9%) wird das Geschäft als Haupterwerb betrieben (vgl. Abb. 26). Deshalb ist es wichtig, die Entwicklung des Geschäftsertrags näher zu analysieren. Bedeutung des Geschäfts für das Einkommen 11.1% Haupterwerb Nebenerwerb 88.9% n = 45 Abbildung 26: Bedeutung des Geschäfts für das Einkommen (Eigene Darstellung). M it der Studie konnte der unter den Umzugs- bzw. Schliessungsgründen aufgeführte Punkt des Ertragsrückgangs (vgl. 4.2.1.3) nicht nachgewiesen werden. Im folgenden Diagramm wird dargestellt, wie sich das Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000 entwickelte. 88 Ergebnisse Anteil der Geschäfte Entwicklung des Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000 30% 20% 10% 0% n = 45 Abbildung 27: Entwicklung des Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). Knapp 30 Prozent der an der Umfrage beteiligten Geschäfte gaben an, dass sich das Geschäftsergebnis seit 2000 verschlechtert hat. Der meist genannte Grund dafür sind die generellen Veränderungen im Detailhandel und Konsumentenverhalten. Damit geht ein weiterer Grund einher, eine abnehmende Kundenfrequenz. So wurde z.B. geäussert, dass der Onlinehandel und der Preiszerfall durch die Discounter die Kunden in der Innenstadt abspenstig machen. Ein weiterer Auslöser für die Verschlechterung des Ertrags ist die Parkplatz- und Zufahrtssituation, die auch schon bei den Umzugs- bzw. Geschäftsschliessungsgründen (vgl. 4.2.1.3) aufgelistet wurde. Für die Geschäfte scheint ein hinreichendes Parkangebot in naher Umgebung existenziell wichtig zu sein. Der Anteil der Geschäfte, die angaben, dass sich ihr Geschäftsergebnis in diesem Zeitraum verbessert habe, ist mit 28.9% genau gleich hoch. Die Gründe für die Verbesserung sind in erster Linie die Qualität und Vielfalt des Angebots. Zudem konnten einige Geschäfte ihren Bekanntheitsgrad steigern und somit ihren Kundenstamm erweitern. Ebenso wurde in diesem Zusammenhang die Individualität und Attraktivität der Unteren Altstadt als Erklärung genannt. Des Weiteren sind das kompetente Fachpersonal und der gute Kundenservice dafür ausschlaggebend. 89 Ergebnisse Ähnlich sieht das Ergebnis bezüglich der Einschätzung der Geschäftsperspektive aus (vgl. Abb. 28). Anteil der Geschäfte Einschätzung der Geschäftsperspektive 50% 40% 30% 20% 10% 0% n = 45 eher schlechter als heute eher gleich wie heute eher besser als heute weiss nicht Abbildung 28: Einschätzung der Geschäftsperspektive (Eigene Darstellung). 28.9% der Geschäfte sehen optimistisch in die Zukunft, 22.2% der Geschäfte eher pessimistisch. Die Gründe für diese Einstellungen decken sich mit den Gründen für die Entwicklung des Geschäftsergebnisses (vgl. S. 89). M it einem Anteil von 46.7% geht die M ehrheit der befragten Detailhändler von einer der heutigen Situation entsprechenden Zukunft aus. Daraus geht aber nicht hervor, ob die Geschäfte ihre heutige Situation eher als gut oder schlecht empfinden. 4.2.1.5 Kunden Eine abnehmende Kundenfrequenz, die u.a. für den Ertragsrückgang verantwortlich gemacht wurde, kann nicht direkt festgestellt werden. Die Antworten in puncto Kundenfrequenz fielen sehr unterschiedlich aus, wie aus folgender Abbildung ersichtlich wird. Diese zeigt, wie sich die Kundenfrequenz seit dem Jahr 2000 entwickelte. 90 Ergebnisse Anteil der Geschäfte Veränderung der Anzahl Kunden seit dem Jahr 2000 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% stark n = 45 gesunken gesunken gleich geblieben erhöht starkt erhöht weiss nicht keine Antwort Abbildung 29: Veränderung der Anzahl Kunden der befragten Geschäfte an der Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). Einen Kundenrückgang beklagen rund 35% der Geschäfte, ca. die Hälfte der Geschäfte verzeichnet dagegen eine gestiegene oder zumindest gleichgebliebene Anzahl von Kunden. Weiter zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass die Zahl der Kunden am Samstag nicht viel höher ist als an einem durchschnittlichen Werktag (vgl. Abb. 30 und 31). Anteil der Geschäfte Anzahl Kunden an einem durchschnittlichen Werktag 50% 40% 30% 20% 10% 0% 0-10 n = 45 11-50 51-100 101-150 151-200 keine Antwort Anzahl Kunden Abbildung 30: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte an einem durchschnittlichen Werktag (Eigene Darstellung). 91 Ergebnisse Anteil der Geschäfte Anzahl Kunden am Samstag 50% 40% 30% 20% 10% 0% 0-10 11-50 n = 45 51-100 101-150 151-200 201-250 251-300 keine Antwort Anzahl Kunden Abbildung 31: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte am Samstag (Eigene Darstellung). Von den höchsten Kundenfrequenzen (zwischen 101 und 200 Kunden an einem durchschnittlichen Werktag) profitiert v.a. die Freizeit- und Sport-, Bekleidungsund Schuh- sowie die Gesundheits-, Körperpflege- und Schönheitsbranche. Die tiefsten Kundenanzahl (0-10 Kunden an einem durchschnittlichen Werktag) werden vorwiegend von Geschäften der Wohn- und Bürobranche sowie Läden für die persönliche Ausstattung verzeichnet. Der Kundentypus in der Kramgasse wird am stärksten durch qualitätsbewusste Kunden, Kunden im reiferen Alter (40 bis 64 Jahre) und von weiblichen Kunden geprägt (vgl. Abb. 32). 92 Ergebnisse Anteil der Geschäfte Anteil der Kundengruppe an Kundschaft 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% keine Antwort weiss nicht sehr hoch hoch weder noch gering sehr gering n = 45 Kundengruppen Abbildung 32: Anteil der Kundengruppe an der Kundschaft der befragten Geschäfte (Eigene Darstellung). M it der offenen Antwortkategorie „andere“ wurden zusätzlich neben den bestehenden Antwortkategorien mit einem geringen Anteil Sammler und Wiederverkäufer und mit einem hohen bis sehr hohen Anteil beratungssuchende und kulturinteressierte Kunden genannt. Die Kundengruppen wurden auch im Hinblick auf deren Wichtigkeit als Zielgruppen der Geschäfte ermittelt. Dabei stellte sich heraus, dass mit Ausnahme von „Schnäppchenjägern“, preisbewussten und jungen Kunden alle Kundengruppen durchwegs als Zielgruppe angesprochen werden sollen (vgl. Abb. 33). 93 Ergebnisse Anteil der Geschäfte Wichtigkeit der Kundengruppe als Zielgruppe 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% keine Antwort weiss nicht sehr wichtig wichtig egal unwichtig sehr unwichtig n = 45 Kundengruppen Abbildung 33: Wichtigkeit der Kundengruppe als Zielgruppe für die befragten Geschäfte (Eigene Darstellung). Die Kundengruppe „andere“ steht für Beratungssuchende und Wiederverkäufer. Wie in unten stehender Grafik deutlich wird, gab über die Hälfte der Befragten (57.8%) an, dass sich die Zusammensetzung der Kundschaft seit dem Jahr 2000 verändert hat. Veränderung der Zusammensetzung der Kundschaft seit dem Jahr 2000 42.2% 40.0% ein wenig sehr stark keine n = 45 17.8% Abbildung 34: Veränderung der Zusammensetzung der Kundschaft seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). 94 Ergebnisse Hauptsächlich wird eine Zunahme von jüngeren-, qualitätsbewussten Kunden und Touristen festgestellt. Letztere Kundengruppe ist für die Geschäfte eine durchaus willkommene zusätzliche Einnahmequelle. Die Frage, welche Kunden abgenommen haben, wurde nicht eindeutig beantwortet. Denn es halten sich die Aussagen, dass die jungen Kunden weniger geworden sind mit den Aussagen derjenigen, die die älteren Kunden nennen, die Waage. Weiter kann aufgezeigt werden, dass die Stammkundschaft bei einem Grossteil der Geschäfte einen ganz erheblichen Teil des Kundenstamms ausmacht. Dies verdeutlicht die leicht linksschiefe Verteilung des folgenden Diagramms. Zusammensetzung der Kundschaft Anteil der Geschäfte 20% 15% 10% 5% 0% n = 45 Anteil Stammkundschaft an Gesamtkundschaft Abbildung 35: Zusammensetzung der Kundschaft nach Anteil der Stammkundschaft (Eigene Darstellung). Im Gegensatz zu der Oberen Altstadt, die auf Laufkundschaft bzw. Zufallseinkäufe angewiesen ist, ist für die Untere Altstadt die Stammkundschaft wichtig. Für die Geschäfte bedeutet dies, dass sie nicht von der M asse abhängig sind, sondern ihr Klientel zufriedenstellen müssen. Eine Abhängigkeit von der Stammkundschaft birgt aber die Gefahr, dass der Anschluss an neue Trends verloren gehen könnte. Schlimmstenfalls wäre das Ersetzen des Geschäfts oder dessen Schliessung die Folge. 95 Ergebnisse 4.2.1.6 Attraktivitätssteigerung Obwohl 62.2% der befragten Detailhändler eine Zusammenarbeit mit anderen Geschäften für sinnvoll halten, erweisen sich die Betriebe als „introvertiert“. Kooperationen mit Nachbarbetrieben bilden eine Ausnahme. Dies wird durch folgende zwei Diagramme offensichtlich. Halten Sie eine Zusammenarbeit mit anderen Geschäften für sinnvoll? 37.8% JA 62.2% NEIN n = 45 Abbildung 36: Empfundener Nutzen von Zusammenarbeit zwischen den Geschäften (Eigene Darstellung). Arbeiten Sie mit anderen Geschäften zusammen? 22.2% JA NEIN 77.8% n = 45 Abbildung 37: Zusammenarbeit zwischen den befragten Geschäften (Eigene Darstellung). Wie die Bereitschaft für mehr Zusammenarbeit ist diese auch für das Engagement bezüglich der Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort vorhanden. Über die Hälfte (57.7%) bekunden eine hohe bis sehr hohe Bereitschaft (vgl. Abb. 38). 96 Ergebnisse Bereitschaft der Geschäfte, sich für die Attraktivität der Unteren Altstadt als Einkaufsort zu engagieren 6.7% sehr gering 13.3% eher gering 35.6% eher hoch sehr hoch 44.4% keine Antwort n = 45 Abbildung 38: Bereitschaft der befragten Geschäfte für mehr Engagement zur Attraktivitätss teigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort (Eigene Darstellung). Die Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der Vereinigten Altstadtleisten zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt werden von einer grossen M ehrheit (84.4%) der Geschäfte befürwortet (vgl. Abb. 39). Befürwortung der Leistaktivitäten zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt 2.2% 13.3% JA NEIN keine Antwort 84.4% n = 45 Abbildung 39: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists b zw. der VAL zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung). Weitere Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der VAL zur Steigerung der Attraktivität der Unteren Altstadt als Einkaufsort würden von den beteiligten Geschäften v.a. betreffend Events sowie der Vermarktung des Standorts begrüsst werden. So wurde bspw. der Wunsch von zusätzlichen Events wie ein Velotag, ein Altstadtfest im Sommer oder eine kulinarische Woche in der Umfrage 97 Ergebnisse geäussert. Bezüglich der M arketingaktivitäten ergibt die Auswertung, dass Kommunikationskampagnen bzw. Imagewerbung für eine lebendige Altstadt vom Leist durchgeführt werden sollten. Auch sollten die Geschäfte in der Unteren Altstadt bekannter gemacht werden, z.B. durch einen Einkaufsstadtplan für die Untere Altstadt. M ögliche Aktivitäten der Stadt Bern zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort ist aus Sicht der Geschäfte besonders die Verbesserung der Parkplatz- und Zufahrtssituation. So sollte der Verkehr liberalisiert werden, mehr Parkplätze sollten entstehen, Kurzparking sollte gefördert werden und die Parkgebühren sollten gesenkt werden. Zudem sei neben dem Leist auch die Stadt gefragt, so die Ergebnisse der Umfrage, M arketinganstrengungen vorzunehmen. Dies, z.B. durch einen Einkaufsführer, der damit wirbt, dass die Untere Altstadt bietet, was die Haupteinkaufsstrasse nicht hat. Auch sollten Events zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt beitragen, indem z.B. der „Zibelemärit“ auf die Untere Altstadt ausgeweitet werden würde. Was die Geschäfte selbst zur Attraktivitätssteigerung unternehmen können, betrifft nach ihren Angaben eine bessere Zusammenarbeit z.B. durch gemeinsame Werbeauftritte oder eine vermehrte Solidarität für die Leistaktivitäten. Ausserdem sind von vielen Geschäften einheitliche Öffnungszeiten erwünscht (vgl. Abb. 25). Weiter sind gemeinsame Events denkbar wie z.B. ein Strassenfest mit Ständen, eine gemeinsame M odeschau oder eine Nacht der Keller. Auch wird darauf hingewiesen, dass die Unternehmungslust gesteigert werden sollte, damit die Geschäftsbetreibenden nicht im Alten verharren, sondern dass M ut und Offenheit zu Neuem entsteht. Unter dem Aspekt des Kundenservices bestehe überdies ebenso noch Potenzial für eine Attraktivitätssteigerung, z.B. in Form eines Hauslieferdiensts. 98 Ergebnisse 4.2.2 Auswertung der Umfrage Haushalte 4.2.2.1 Wohnstruktur Die Wohnstruktur der befragten Haushalte wird von 1 und 2 Personenhaushalten dominiert (vgl. Abb. 40). Anzahl Personen pro Haushalt 1.2% 3.5% 7.0% 1.2% 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen keine Antwort 46.5% 40.7% n = 86 Abbildung 40: Haushaltsstruktur nach Anzahl Personen (Eigene Darstellung). Die befragten Haushalte befinden sich zu 84.3% in einem M ietverhältnis. M it einem Anteil von 11.2% beteiligten sich Eigentümer an der Umfrage und 3.4% gaben eine andere Wohnform an, nämlich Zweit- und Dienstwohnungen (vgl. Abb. 41). Wohnform 3.4% 1.1% 11.2% Mietverhältnis Eigentum andere keine Antwort 84.3% n = 86 Abbildung 41: Wohnstruktur Darstellung). der befragten 99 Haushalte nach Wohnform (Eigene Ergebnisse Zu einem grossen Anteil (38.9%) sind die befragten Bewohner innerhalb der Stadt Bern in die Kramgasse gezogen und 11.1% sind aus demselben Quartier zugezogen. Damit machen 50% der Stichprobe Haushalte aus, die bereits vor ihrem jetzigen Wohnort, der Kramgasse, in der Stadt Bern lebten. Weitere 23.3% sind ausserhalb der Stadt Bern, aber innerhalb der Kantonsgrenze umgezogen. 20% der befragten Bewohner kommen ursprünglich aus einem anderen Kanton. Der Auslandsanteil, also Bewohner, die vom Ausland in die Kramgasse gezogen sind, beträgt 5.6% (vgl. Abb. 42). Herkunft der KramgassbewohnerInnen 5.6% 1.1% 11.1% demselben Quartier Stadt Bern 20.0% Kanton Bern 38.9% aus anderem Kanton 23.3% Ausland n = 86 keine Antwort Abbildung 42: Herkunft der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Die meisten der befragten Bewohner (48.8%) sind in den letzten fünf Jahren in die Kramgasse gezogen, was die Abbildung 43 mit einer rechtsschiefen Ver-teilung zeigt. 25.6% der Bewohner sind vor sechs bis 10 Jahren in ihre Wohnung in der Kramgasse eingezogen. Ein ebenso gleich hoher Anteil (25.6%) sind Haushalte, die schon seit über 10 Jahren in der Kramgasse leben. 100 Ergebnisse Anteil derHaushalte Einzugsjahr 50% 45% 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% n = 86 vor 0 bis vor 6 bis vor 11 bis vor 16 bis vor 21 bis vor 31 bis vor 41 bis vor über 5 Jahren 10 Jahren 15 Jahren 20 Jahren 30 Jahren 40 Jahren 50 Jahren 50 Jahren Abbildung 43: Einzugsjahr Darstellung). der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Die drei meist genannten Gründe für die Wahl der Kramgasse als Wohnort sind die Erreichbarkeit mit dem Velo oder zu Fuss, die Erreichbarkeit mit dem ÖV und ein attraktives Wohnumfeld (vgl. Abb. 44). Anteil der Haushalte Einzugsgründe 18% 16% 14% 12% 10% 8% 6% 4% 2% 0% n = 86 Abbildung 44: Einzugsgründe (Eigene Darstellung). 101 Ergebnisse Um zu analysieren, ob eine Verdrängung des Wohnraums durch den tertiären Sektor in der Kramgasse seit dem Jahr 2000 vorliegt, wurde nach der Veränderung der Aufteilung von Wohnungen und Büros, Arztpraxen etc. gefragt. Eine deutliche M ehrheit (73.3%) gab an, dass sich die Nutzungen im Haus nicht veränderten. Dennoch bemerken 15.1% eine Zunahme des Dienstleistungssektors. Das sind mehr als doppelt so viel Antworten wie die der Bewohner (7%), die nannten, dass mehr Wohnungen entstanden (vgl. Abb. 45). Veränderungen der Aufteilung von Wohnen und Arbeiten seit dem Jahr 2000 4.7% 7.0% gleich geblieben mehr Büros, Arztpraxen etc. 15.1% mehr Wohnungen 73.3% keine Antwort n = 86 Abbildung 45: Wohnraumveränderung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). Über die Hälfte der befragten Haushalte (57%) verfügt über keinen Lift im Haus (vgl. Abb. 46). Damit kann die Kramgasse überwiegend als kein alters- und behindertengerechter Wohnstandort bezeichnet werden. Haben Sie einen Lift in Ihrem Haus? 2.3% JA NEIN 57.0% 40.7% keine Antwort n = 86 Abbildung 46: Hausausstattung mit einem Lift (Eigene Darstellung). 102 Ergebnisse Zum Thema „Sanierungen bzw. Renovierungen der Wohnungen“ kann festgestellt werden, dass die meisten Wohnungen der befragten Haushalte (35.5%) in den letzten fünf Jahren saniert bzw. renoviert wurden. Dicht davon gefolgt (33.9%) sind Wohnungen, die vor sechs bis 10 Jahren saniert bzw. renoviert wurden (vgl. Abb. 47). Der Sanierungs grad lässt sich also eher hoch einstufen, da eine rechtsschiefe Verteilung vorliegt. Letztes Sanierungs- bzw. Renovierungsjahr Anteil der Haushalte 40% 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% n = 86 vor 0-5 Jahren vor 6-10 Jahren vor 11-20 Jahren vor 21-30 Jahren vor 31-40 Jahren vor 41-50 Jahren Abbildung 47: Häufigkeit der Sanierungen bzw. Renovierungen (Eigene Darstellung). Das Ausmass der Sanierungen bzw. Renovierungen wird von der M ehrheit (39.5%) als genau richtig empfunden. 26.7% wünschen mehr Sanierungen bzw. Renovierungen. Hierbei kann eine gewisse Korrelation zum letzten Sanierungsbzw. Renovierungsjahr festgestellt werden (vgl. Abb. 47). Denn dieser Anteil (26.7%) kommt dem kumulierten Anteil (30.7%) der Haushalte nahe, die angaben, dass ihre Wohnung vor über 11 Jahren saniert bzw. renoviert wurde. Für 17.4% ist das Ausmass eher zu hoch (vgl. Abb. 48). 103 Ergebnisse Ausmass der Sanierungen bzw. Renovierungen 16.3% eher zu gering genau richtig eher zu hoch keine Antwort 26.7% 17.4% 39.5% n = 86 Abbildung 48: Empfundenes Ausmass der Sanierungen bzw. Renovierungen (Eigene Darstellung). Der „Item-Nonresponse“ (vgl. 3.4.7) ist in dieser Grafik besonders hoch. Das kann entweder daran liegen, dass die Befragten keine Antwort wussten oder dass die Frage unverständlich formuliert war. 4.2.2.2 S tandort Von den befragten Anwohnern hat sich eine knappe M ehrheit schon einmal überlegt, aus der Kramgasse wegzuziehen (vgl. Abb. 49). Die meist genannten Umzugsgründe sind die M ietpreise, Lärmbelästung und die Wohnungen selbst. Viele Wohnungen seien zu klein, zu dunkel und ohne Terrasse oder Balkon. Haben Sie sich schon einmal überlegt, von der Kramgasse wegzuziehen? JA 48.8% 51.2% NEIN n = 86 Abbildung 49: Standortzufriedenheit Darstellung). der 104 befragten Kramgassbewohner (Eigene Ergebnisse Diejenigen unter der Anwohnerschaft in der Kramgasse, die sich an der Umfrage beteiligten, stellen in ihrer unmittelbaren Wohnumgebung seit dem Jahr 2000 keine grossen Veränderungen fest. Am ehesten verschlechtert hat sich in den letzten 15 Jahren für fast 37.2% der Befragten die Parkplatzsituation, die Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf (31.8%), die Sauberkeit (25.6%) v.a. am Wochenende und an Gross-Events wie Fasnacht oder dem BuskersStrassenmusikfestival, die Umweltsituation (23.3%), insbesondere der Lärm von den neueren gasbetriebenen Bussen, Strassenmusik und M usik von Bars sowie die Erreichbarkeit mit dem Auto (22.1%). Am ehesten verbessert haben sich nach Angaben von 27.9% der Befragten das Gastronomieangebot und das kulturelle Angebot bzw. die Ausgehmöglichkeiten (18.6%) (vgl. Abb. 50). Veränderungen der direkten Wohnumgebung seit dem Jahr 2000 100% keine Antwort 90% Anteil der Haushalte 80% weiss nicht 70% sehr verbessert 60% 50% verbessert 40% gleich geblieben 30% verschlechtert 20% sehr verschlechtert 10% 0% n = 86 Standortfaktoren Abbildung 50: Veränderung der direkten Wohnumgebung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). 105 Ergebnisse Wie bei den Geschäften finden sich auch dieselben Wohnungsgrössen in unterschiedlichen Preiskategorien wieder. Dies wird durch folgende Grafik verdeutlicht. Sie zeigt zudem, dass die 2 – 2.5 Zimmer-Wohnungen den grössten Anteil (34.9%) am Wohnungsbestand ausmachen. Monatlicher Mietzins pro Anzahl Zimmer Anteil der Bewohner 25% 1 bzw. 1.5 Zimmer 20% 2 bzw. 2.5 Zimmer 15% 3 bzw. 3.5 Zimmer 10% 4 bzw. 4.5 Zimmer 5 Zimmer oder mehr 5% keine Antwort 0% n = 86 Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) in CHF Abbildung 51: Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) nach Wohnungsgrösse (Eigene Darstellung). Zum Vergleich werden die durchschnittlichen M onatsmietpreise der Inneren Stadt aus dem Jahr 2013 herangezogen (Statistik 2014a:112) (vgl. Abb. 6) und mit dem M odus der Umfrage verglichen. Der M odus ist ein M ass für die Häufigkeit und entspricht dem mit der grössten Häufigkeit auftretenden Wert einer Verteilung. Der M odus der M ietzinse der kleinen Wohnungen (1 bzw. 1.5 bis 2 bzw. 2.5 Zimmer), also unter 1’000 CHF (1 bzw. 1.5 Zimmer) bzw. 1’001-2’000 CHF (2 bzw. 2.5 Zimmer), entspricht den durchschnittlichen M onatsmietpreisen der Innenstadt. Der durchschnittliche M onatsmietpreis für eine 1 Zimmer-Wohnung beträgt 809 CHF und für eine 2 Zimmer-Wohnung 1’159 CHF. Die M odi der 3 bzw. 3.5 Zimmer- und 4 bzw. 4.5 Zimmer-Wohnungen liegen über dem innerstädtischen Durchschnitt. So werden von den befragten Bewohnern in der Kramgasse sowohl für 3 bzw. 3.5 als auch 4 bzw. 4.5 Zimmer-Wohnungen am häufigsten monatliche M ietzinse zwischen 2’001 und 3’000 CHF gezahlt. Der durchschnittliche M onatsmietpreis der Innenstadt beträgt 1’552 CHF für 3 Zimmer- und 1’938 CHF für 4 Zimmer-Wohnungen. Grosse Wohnungen mit 5 oder mehr Zimmern sind nach den Umfrageresultaten mit 5.8% in der Kramgasse 106 Ergebnisse eher rar. Ihr M odus bewegt sich zwischen 1’001 und 2’000 Franken. Der durchschnittliche M onatsmietpreis für 5 Zimmer-Wohnungen in der Innenstadt fällt nicht in diese Kategorie. Er beträgt 2’676 CHF. Der M odus der 5 ZimmerWohnungen ist jedoch wenig aussagekräftig, da sich dieser nur für Verteilungen eignet, bei denen ein Wert eindeutig dominiert. Dieses Kriterium kann bei einer geringen Anzahl an Werten wie bei dieser Wohnungsgrösse (5.8%) nicht erfüllt werden. Die M ietbelastung wird von knapp 40% der Befragten als vertretbar empfunden, für fast 30% ist sie eher zu hoch (vgl. Abb. 52). Anteil der Haushalte Empfundene Mietbelastung 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% n = 86 Abbildung 52: Empfundene Mietbelastung der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Der M ietzins ist nach Aussagen von 60% der Haushalte seit dem Jahr 2000 gleichgeblieben, was aus Abbildung 53 entnommen werden kann. Demzufolge haben sich die Bestandsmieten mehrheitlich nicht verändert. Die Grafik macht aber keine Aussagen darüber, wie sich die Angebotsmieten entwickelten. 107 Ergebnisse Veränderte Mietbelastung seit dem Jahr 2000 Anteil der Haushalte 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% stark gesunken n = 86 gesunken gleich geblieben erhöht stark erhöht weiss nicht keine Antwort Abbildung 53: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). 4.2.2.3 Attraktivitätssteigerung Wie die Geschäfte sind auch die Haushalte, die M itglied des Kramgassleists sind, überwiegend mit dessen Aktivitäten zur Förderung der Attraktivität in der Unteren Altstadt zufrieden. Dies bestätigt folgende Grafik. Befürwortung der Leistaktivitäten zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt JA 10.3% 5.1% NEIN, zu wenig Aktivitäten NEIN, zu viele Aktivitäten 59.0% n = 29 Abbildung 54: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists b zw. der VAL zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung). Weitere M assnahmen zur Attraktivitätssteigerung sollen laut den Haushalten auf folgende Aspekte abzielen: Weniger Lärm, bessere Sauberkeit, z.B. in Form von der Errichtung öffentlicher Toiletten, mehr Lebensmittelläden. Diese Aspekte decken sich mit der Abbildung 50. 108 Ergebnisse 4.2.2.4 Detailhandelsangebot Bezüglich der Veränderung der Vielfalt und Qualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt liegt eine gewisse Diskrepanz im Vergleich zu der Umfrage der Detailhändler vor (vgl. 4.2.1.2). Die Bewohner sind wie die Detailhändler mehrheitlich der M einung (57%), dass sich die Vielfalt des Detailhandelangebots in den letzten 15 Jahren eher verschlechtert hat. Jedoch gab bei den Geschäften ein fast gleich grosser Anteil an, dass sich die Vielfalt verbessert hat. Die Bewohner sehen dies nicht so (vgl. Abb. 55). Anteil der Haushalte Veränderungen der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% eher n = 86 verschlechtert gleich geblieben eher verbessert weiss nicht keine Antwort Abbildung 55: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Auch fallen die Ergebnisse der beiden Umfragen bezüglich der Qualität des Angebots unterschiedlich aus. Fast 50% der Haushalte sind der M einung, dass sich diese nicht veränderte, während die Geschäfte durchaus eine Verbesserung der Angebotsqualität sehen (vgl. Abb. 56). 109 Ergebnisse Anteil der Haushalte Veränderungen der Qualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% n = 86 eher gleich geblieben eher verbessert verschlechtert weiss nicht keine Antwort Abbildung 56: Veränderung der Q ualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). Betreffend den Angebotsmix decken sich die Ergebnisse wieder von den Haushalten im Vergleich zu den Geschäften. Auch die Haushalte sind mit dem Angebotsmix zufrieden, abgesehen von fehlenden Lebensmittelläden und zu vielen Bekleidungs- und Schuhgeschäften. Zusätzlich zu den Geschäften nehmen die Haushalte die Läden für die persönliche Ausstattung als eher übervertreten wahr (vgl. Abb. 57). Anteil der Haushalte Empfundener Angebotsmix in der Unteren Altstadt 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% keine Antwort weiss nicht eher übervertreten genau richtig eher untervertreten n = 86 Branchen Abbildung 57: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in der Unteren Altstadt aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). 110 Ergebnisse 4.2.2.5 Einkaufsverhalten Die Untere Altstadt wird von den Bewohnern regelmässig zum Einkaufen genutzt. So kauft über die Hälfte wöchentlich in der Unteren Altstadt ein (vgl. Abb. 58). Anteil der Haushalte Einkaufshäufigkeit in der Unteren Altstadt 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% täglich wöchentlich monatlich n = 86 seltener als einmal pro Monat nie Abbildung 58: Einkaufshäufigkeit der befragten Haushalte an der Kramgasse in der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung). Am Einkaufsverhalten hat sich seit den letzten 15 Jahren nicht viel geändert. Knapp die Hälfte kauft heute gleich viel in der Unteren Altstadt ein wie im Jahr 2000 (vgl. Abb. 59). Anteil der Haushalte Entwicklung Kaufverhalten seit dem Jahr 2000 50% 40% 30% 20% 10% 0% n = 86 kaufe heute weniger kaufe heute gleich kaufe heute mehr in in der Unteren viel in der Unteren der Unteren Altstadt Altstadt ein Altstadt ein ein Abbildung 59: Entwicklung des Kaufverhaltens der befragten Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung). keine Antwort Haushalte an der Die meistgenannten Gründe für eine geringere Einkaufstätigkeit im Vergleich zum Jahr 2000 sind Geschäftsschliessungen, insbesondere von Lebensmittelläden, ein einseitiges Angebot sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Abbildung 60 zeigt, welche Läden aus welcher Branche am meisten aufgesucht werden. Dabei wird ersichtlich, dass Lebensmittelläden am stärksten 111 Ergebnisse nachgefragt werden. Unter dem Aspekt „andere“ wurde der Wochenmarkt in der M ünstergasse genannt. Branchennutzungen in der Unteren Altstadt Anteil der Haushalte 25% 20% 15% 10% 5% 0% Lebensmittel Bekleidung und Schuhe Persönliche Ausstattung Gesundheit, Wohnen und Freizeit und Schönheit, Büro Sport Körperpflege Branchen Abbildung 60: Branchennutzungen in der Unteren Altstadt durch Kramgassbewohner (Eigene Darstellung). Kultur n = 304 die befragten Die Gründe, weshalb die Bewohner in der Unteren Altstadt einkaufen, sind in der Abbildung 61 nach der Häufigkeit der Antworten angegeben. Die meistgenannten Gründe sind die Nähe zur Wohnung (31.6%), die Attraktivität der Geschäfte (18.9%), die Einkaufsatmosphäre (17.7%) sowie eine kompetente und freundliche Anteil der Haushalte Bedienung (15.4%). 35% 30% 25% 20% 15% 10% 5% 0% Einkaufsgründe in der Unteren Altstadt n = 228 Abbildung 61: Einkaufsgründe der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). 112 Ergebnisse Die Ergebnisse der Umfrage hinsichtlich der Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren der Unteren Altstadt als Einkaufs- und Wohnort werden im nächsten Kapitel zusammen mit den Ergebnissen der Experteninterviews dargelegt. 4.3 Auswertung der Experteninterviews In den folgenden Ausführungen werden die wichtigsten Ergebnisse der Experteninterviews vorgestellt. Im ersten Unterkapitel werden die SWOTAnalysen präsentiert, die eine Synthese der Resultate der Umfrage und der Experteninterviews bilden. Dabei stellen die SWOT-Analysen in erster Linie eine Zusammenfassung der Umfrageergebnisse dar, die zum besseren Verständnis mit Aussagen aus den Interviews untermauert werden. Die Experteninterviews dienen zudem v.a. dazu, qualitative Einschätzungen hinsichtlich Chancen und Gefahren des Strukturwandels einzuholen. Es wurde je eine SWOT-Tabelle für den Detailhandel und eine für die Wohnsituation in der Unteren Altstadt Bern erarbeitet. Im zweiten Unterkapitel werden die Ergebnisse aus den Interviews bezüglich Handlungsstrategien festgehalten. 113 Ergebnisse 4.3.1 Diskussion der S WOT-Analyse Detailhandel Untere Altstadt S tärken S chwächen • Individualität und historische Authentizität (Abhebung vom M ainstream, individuelle Öffnungszeiten, kleinräumige Struktur) • Hochstehende Angebotsqualität • Ambiente (flanieren, ruhig, familiär) • Lauben • Kompetente Fachberatung • Erreichbarkeit ÖV • Gastronomie- und Dienstleistungsangebot Chancen • Parkplatz- und Zufahrtssituation, restriktive Parkpolizei • Branchenmix: Lebensmittelbranche untervertreten • Lage (Distanz zum Bahnhof und stark befahrener Kornhaus- / Casinoplatz wirkt wie eine Barriere für Fussgänger) • Nachmieterstruktur zu Gunsten finanzstarker Akteure • Wenig Zusammenarbeit zwischen den Geschäften • Keine einheitlichen Öffnungszeiten Gefahren • Bereitschaft für Zusammenarbeit zwischen den Geschäften • Bereitschaft der Geschäfte für Engagement zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort • Einzigartigkeit, ein „Bijou“, das die Konsumenten schätzen • Touristen als neue Kundengruppe • Internethandel • Verändertes Konsumverhalten • Einkaufszentren, Internethandel, Auslandseinkäufe • Übernutzung durch Touristen • Überhandnehmen einzelner Branchen wie die Tourismus- oder Textilbranche • M ietzinserhöhung, Investitionsdruck • Anonymisierung der Geschäfte • Fehlende Nachfolge für Geschäftsnutzung Tabelle 6: 4.3.1.1 SWOT Detailhandel Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung). S tärken Der Unteren Altstadt wird seitens der befragten Detailhändler Einzigartigkeit zugeschrieben. Diese wird auch von den Experten konstatiert. Sie weisen auf die kleinen Dimensionen der Geschäfte hin, die der Unteren Altstadt einen individuellen Ausdruck verleihen. So bringt zwar die historische Innenstadt, z.B. mit dem Denkmalschutz bzw. den Brandmauervorschriften und die sich daraus ergebende Kleinteiligkeit einige Nachteile für moderne Betriebsformen, aber gerade durch diese vermeintlichen Nachteile bieten sie die besten Voraussetzungen für Erlebniskonsum. Denn aus diesen Schwächen entstehen Vorteile bezüglich Atmosphäre und Authentizität. 114 Ergebnisse Auch die individuellen Öffnungszeiten tragen dazu bei, dass sich die Untere Altstadt von der Oberen Altstadt, vom „M ainstream“, abhebt. Die Individualität der Unteren Altstadt lässt sich des Weiteren auf die hochstehende Qualität des Angebots zurückführen, die aus den Umfrageergebnissen als weitere Stärke hervorgeht. Durch die Aussagen der Experteninterviews wird dieser Aspekt bekräftigt. Was allerdings unter dem Begriff „Qualität“ verstanden wird, ist subjektiv gefärbt. So kann Qualität z.B. für die Exklusivität der Produkte, den Kundenservice etc. stehen. Von den Experten wird Qualität als Abkehr von Billiganbietern und von einem M assensortiment betrachtet. Denn die Untere Altstadt wird von Spezialgeschäften geprägt. Da die Konsumenten nach Aussagen von E) als Vertreter von BERNcity das „spezielle“ Angebot schätzen, bringt dies auch Kundenfrequenz in die Untere Altstadt. E) betont, dass die Kramgasse von allen Gassen der Unteren Altstadt am besten frequentiert wird. Deshalb stellt die Obere Altstadt auch keine Konkurrenz zur Unteren Altstadt dar, weil sich das Angebot stark unterscheidet und somit in der Oberen und Unteren Altstadt andere Bedürfnisse abgedeckt werden. Aus der Umfrage geht das Ambiente der Unteren Altstadt als Pluspunkt hervor. So lädt die Untere Altstadt zum Flanieren ein, hat einen familiären Charakter und das Ambiente ist im Vergleich zur Oberen Altstadt und deren Nähe zum Bahnhof eher ruhig. So betrachtet E) es als grosse Chance, ein Geschäft in der Unteren Altstadt zu betreiben, insbesondere aufgrund des Ambientes. Die Lauben bilden ebenfalls eine Stärke, worauf sich die Umfrageergebnisse stützen. Sie tragen zum individuellen Ambiente der Unteren Altstadt bei, da sie ein besonderes historisches M erkmal für die Berner Altstadt darstellen. Somit grenzen sie die Berner Altstadt von anderen Einkaufsorten ab. Darüberhinaus eignen sie sich für Shopping bei Regenwetter. Die Umfrageresultate ergeben, dass die kompetente Fachberatung der Unteren Altstadt als Stärke hervortritt. Dies wirkt sich positiv aus, weil die Verkäufer heute aufgrund des Strukturwandels auf der Nachfrageseite mit Konsumenten konfrontiert sind, die höhere Ansprüche an deren Qualifikationen stellen. Denn die Konsumenten sind durch das Internet oft gut über die angebotenen Produkte und Preise informiert und erwarten deshalb eine kompetente Beratung und einen tadellosen Kundenservice. 115 Ergebnisse Ebenso wird die Erreichbarkeit mit dem ÖV mehrheitlich von den Geschäften als gut eingestuft. Eine Ausnahme bildet jedoch das M attequartier. Nach BERNcity und der gemeinnützigen Baugenossenschaft Bern ist die M atte ganz klar schlecht erschlossen. Die M atte ist tagsüber nur durch den M attelift bzw. das „Senkeltram“ (Berner Sprachgebrauch) erschlossen. E) sieht die Gründe für die mangelhafte Erschliessung der M atte einerseits darin, dass das M attequartier schon immer eine Sonderrolle hatte und dass die Stadt den Entwicklungsschwerpunkt auf die Obere Altstadt setzt. Aus der Umfrage wird weiter deutlich, dass sich das Gastronomie- und Dienstleistungsangebot positiv auf den Detailhandel auswirkt. Denn dadurch können Kopplungspotenziale abgeschöpft werden. 4.3.1.2 S chwächen Als Schwachpunkt geht aus den Umfrageresultaten eindeutig die Parkplatz- und Zufahrtssituation sowie eine restriktive Parkpolizei hervor. Bezüglich letzterem äussert B) vom Stadtplanungsamt Bern, dass es früher kaum Parkkontrollen gab, was sich in einem zunehmenden Verkehrsaufkommen in der Unteren Altstadt auswirkte. Deshalb wurden die Kontrollen verstärkt. Das heutige Parkplatzregime ist das Ergebnis eines über Jahrzehnte hinweg diskutierten Kompromisses, der in den 80er-Jahren beschlossen wurde. Einerseits wurden die Anzahl Parkplätze fixiert. Dies führte dazu, dass die Parkplätze in der Oberen Altstadt aufgehoben und auf die Untere Altstadt beschränkt wurden. Gleichzeitig wurde eine Begegnungszone beschlossen. Für die Kramgasse bedeutete dies eine Verlagerung der Parkplätze in die Gerechtigkeitsgasse (E, Stadtplanungsamt Bern). E) findet diese Entwicklung problematisch. Denn die Geschäfte sind auf einen Umschlagverkehr angewiesen und für die Lebendigkeit einer Stadt ist neben dem Langsamverkehr auch der motorisierte Verkehr essentiell. Der Branchenmix leidet insofern, als dass die Lebensmittelbranche in der Unteren Altstadt untervertreten ist, was die Umfrage zeigt. Nach BERNcity ist dies eine Folge des Strukturwandels, der einige Lebensmittelläden zur Schliessung drängte. Dennoch ist die Untere Altstadt gemäss B) gut versorgt. B: „Die ca. 3’000 Einwohner, was in etwa der Einwohnerzahl der Berner Stadtquartiere „Tscharnergut“ oder „Gäbelbach“ entspricht, haben einen Metzger, drei bis vier Bäcker und einen Käse- und Bioladen im Quartier. 116 Ergebnisse Zudem ist in der Oberen Altstadt Migros und Coop vertreten, die in kurzer Zeit erreicht werden können.“ Ausserdem wird aus der Umfrage deutlich, dass die Lage als nachteilig angesehen werden kann. Zum einen befindet sich die Untere Altstadt im „Abseits“ des Bahnhofs, der heutzutage ein wichtiges Einkaufszentrum beherbergt. Zum anderen wirkt der stark befahrene Kornhaus- und Casinoplatz wie eine Barriere für Fussgänger. Der Strukturwandel wirkt sich zudem negativ auf die Nachmieterstruktur aus, die zunehmend zu Gunsten von finanzstarken Akteuren bestimmt wird. Letzere führen dazu, dass die M ietpreise mittelfristig angehoben werden und dass die Untere Altstadt immer fremdbestimmter wird (H, Netzwerk Altstadt). M it der Umfrage kann ausserdem aufgezeigt werden, dass die Zusammenarbeit zwischen den Geschäften oft fehlt. Auch die Interviewpartner betrachten dies als grosses Problem, das dringend geändert werden muss. E) erwähnt, dass dies v.a. die Geschäfte an der Kramgasse betrifft. Oft kommt die Zusammenarbeit erst mit dem Druck. Die Grundeinstellung der Geschäfte ist, so E: „Ich hilfe mit, aber ich will auch am meisten profitieren.“ Ein Exempel dafür sind die von BERNcity lancierten Geschenkkarten. E: „Geschäfte, die solche Geschenkgutscheine verkaufen, müssen das erhaltene Geld in einen gemeinsamen Topf einbezahlen. Das Geschäft, bei dem der Gutschein eingelöst wird, erhält den Betrag zu seinen Gunsten. Das verärgert die Geschäfte, wenn ein Kunde im Laden x eine Geschenkkarte kauft und diese im Nachbarladen ausgibt.“ Die individuellen Öffnungszeiten, die bereits unter den Stärken erwähnt wurden, können auch als Schwäche aus gelegt werden. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die M ehrheit der befragten Geschäfte einheitliche Öffnungszeiten befürwortet. E) erklärt, dass viele Läden in der Unteren Altstadt als Hobby bzw. als Nebentätigkeit betrieben werden und deshalb nur an einzelnen Tagen geöffnet haben. Dies ist ein Nachteil für die Kunden, wenn diese vor geschlossener Tür stehen. Auch für die Geschäfte wirkt sich dies negativ aus, weil dadurch Kunden verloren gehen können (E, BERNcity). 117 Ergebnisse 4.3.1.3 Chancen Grosses Potenzial bietet die durch die Umfrage eruierte Bereitschaft der Geschäfte für mehr Zusammenarbeit zwischen den Geschäften und für mehr Engagement zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort. Ebenso gilt die Einzigartigkeit der Unteren Altstadt als Chance. E) bezeichnet die Untere Altstadt als „Bijou“, das die Konsumenten zu schätzen wissen. Der Unteren Altstadt wird von allen Seiten eine einmalige Gesamtattraktivität bescheinigt. Laut Umfrage bieten Touristen die Chance einer neuen Kundengruppe und somit höhere Umsätze. Auch werden im Zuge des Internethandels Chancen entdeckt. Denn durch das Internet wird den Geschäften ermöglicht, die Kunden über einen anderen Kanal zu erreichen und ihnen einen 24-Stunden-Service zu gestatten. Ein weiterer Vorteil der elektronischen Vernetzung ist, dass Spezialgeschäfte mit ihrem beschränkten Sortiment dieses via Internet erweitern könnten. Ausserdem kann über das Internet ein Hauslieferservice angeboten werden, womit eine attraktive Alternative für Kunden ohne Auto entsteht. E) betont, dass die Entwicklung des Handels gegeben ist und dass die Geschäfte davor keine Angst haben sollten. Nach Ausführungen von E) muss sich der stationäre Detailhandel auf die wachsende Bedrohung durch den Online-Handel einstellen und versuchen, die vermeintlichen Nachteile in Chancen umzuwandeln. 4.3.1.4 Gefahren Als Gefahren resultieren aus der Umfrage die generellen Entwicklungen im Detailhandel wie die zunehmenden Einkaufszentren, der Internethandel oder Auslandseinkäufe, die dem innerstädtischen Detailhandel Konkurrenz machen. Diesbezüglich ist auch ein verändertes Konsumentenverhalten zu attestieren (vgl. 2.2). Die Geschäfte nehmen den Tourismus gemäss der Umfrage teils als negativ wahr. Auch B) sieht den Tourismus als Gefahr an, weil die Altstadt durch M assentourismus übernutzt werden könnte. Damit geht die Gefahr einher, dass einzelne Branchen wie die Tourismusbranche Überhand nehmen und damit den Angebotsmix gefährden. Hier ist auch die Textilbranche zu nennen, die sich 118 Ergebnisse immer stärker ausbreitet und sowohl von den Geschäften als auch von den Bewohnern in der Kramgasse als übervertreten im Angebotsmix empfunden wird. Unter Gefahren sind des Weiteren die anziehenden M ietpreise und die gesteigerten Renditeerwartungen von Investoren zu erwähnen. Oft werden Liegenschaften an Investoren verkauft, wodurch das Quartier mehr und mehr fremdbestimmt wird. Viele Investoren sehen die Untere Altstadt lediglich als renditeträchtigen Standort an und nicht als ein lebendiges und vielfältiges Wohnund Geschäftsquartier (H, Netzwerk Altstadt). Neben dem birgt eine zunehmende Anonymisierung der Geschäfte die Gefahr der Fremdbestimmung des Quartiers. Denn nach Aussagen von B) leben deren Eigentümer immer häufiger fernab vom Quartier und ihnen sind die Besonderheiten der Unteren Altstadt oftmals gleichgültig. Dies mündet u.a. auch in eine fehlende Zusammenarbeit der Geschäfte. Letzteres Problem wird ebenfalls durch die Umfrage deutlich. Ferner ist dadurch eine Gefahr gegeben, wie die Umfrage zeigt, dass Geschäfte, z.B. aufgrund eines Generationenwechsels, keinen Nachfolger finden können und deshalb ihr Geschäft schliessen müssen. 119 Ergebnisse 4.3.2 • • • • • • • • • • Diskussion der S WOT-Analyse Wohnen Untere Altstadt S tärken S chwächen Zentrale Wohnlage Lebendiger Wohnort Erreichbarkeit zu Fuss, Velo, ÖV Historische Bausubstanz ist architektonisch attraktiv Atmosphäre in den Gassen Einkaufsmöglichkeiten nahe Kultur-, Gastronomie-, Dienstleistungs- und Freizeitangebot Hoher Ausbaustandard Wohnraum im mittel- und hochpreisigen Segment Wohnungsleerstand gering, gute Wohnungsnachfrage • Parkplatzmangel • Zu wenig Begrünung/öffentliche Grünflächen • Hohe Lärmbelastung (Verkehr Gasbusse, Strassenmusik, M usik von Bars, viele Events) • M angelnde Sauberkeit v.a. am Wochenende und während Events • Wenig Wohnraum für einkommensschwache Haushalte • M eist keine Lifte in den Häusern nicht alters- und behindertengerecht • Fehlende Kindereinrichtungen im Quartier • M ehrheitlich kleine, dunkle Wohnungen und ohne Balkon Chancen Gefahren • Zusammenarbeit mit Nachbarschaft • Treue Idealisten als M ieter • Gemeinnützige Bauträger Tabelle 7: 4.3.2.1 • M ietpreisspirale, hoher Sanierungsgrad Wohlstandsinsel • Zweitwohnungen v.a. im Luxussegment • Wohnraumverdrängung durch Büros, Praxen • Anonymität der Vermieter: Pensionskassen, Banken SWOT Wohnen Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung). S tärken Die Stärken der Unteren Altstadt als Wohnort zeichnen sich u.a. durch die zentrale Lage und die Lebendigkeit aus, die nach der Umfrage auch wichtige Einzugs gründe der Bewohner darstellen. A) vom Portfoliomanagement und Recht der Stadt Bern weist darauf hin, dass sich bei einem lebendigen Wohnort immer die Frage der Grenze der Urbanität stellt bzw., inwiefern sich die Lebendigkeit mit dem Wohnort verträgt. Durchaus kommt es nämlich in lebendigen Wohnorten zu Interessenskonflikten, z.B. zwischen den Bewohnern und dem Nachtleben oder den Bewohnern und dem „Rotlicht“. Letztgenannter Konflikt erhielt auch in der Presse hohe Aufmerksamkeit. Denn viele Bewohner in der Unteren Altstadt stören sich an der Prostitution. Die Interviewpartner sehen die Prostitution 120 Ergebnisse dahingegen in der Unteren Altstadt nicht als Belastung für die Bewohner. B) führt aus, dass es schon immer „Rotlicht“ in der Unteren Altstadt gab. M ittlerweile wurde aber ein grosser Teil davon reduziert bspw. in der ehemaligen M etzgergasse (heute Rathaus gasse). Deshalb gibt es heute Prostitution nur in einem geringen Ausmass in der Unteren Altstadt. Auch die Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern betrachtet die Prostitution als unproblematisch. Ebenso weist sie auf den früheren Zustand mit der M etzgergasse hin, die ein reines Rotlichtmilieu war, heute jedoch nicht mehr. Nach F) und G) wird das Thema in der Zeitung total überdramatisiert. Sie weisen ausserdem darauf hin, dass die Beleuchtung für mehr Sicherheit in der M atte bereits verbessert wurde. A) stimmt dem zu und erwähnt, dass sich die Prostitution heute v.a. auf das Bibliothekgässchen beschränkt. H) vom Netzwerk Altstadt ist der M einung, dass es für das „Rotlicht“ eines Konzeptes bedarf. Die Nutzungen sollten geregelt werden, wo sie sein dürfen und wo nicht. Zudem kann sich ein lebendiger Wohnort auch verändern. A) nennt hier die M atte als Beispiel, die früher u.a. ein Rotlichtquartier war, viele Nachtschwärmer, Künstler, gleichzeitig aber auch Ärzte etc. beherbergte. A) führt weiter aus, dass das M attequartier einen starken Urbanitätscharakter hatte, den es aber immer mehr verlor, weil sich das Quartier zunehmend zu einem Wohnort entwickelte. Als Vorzug der Unteren Altstadt gilt laut der befragten Bewohner auch die Erreichbarkeit für den Langsamverkehr und öffentlichen Verkehr. Aber auch hier muss differenziert werden. Für das M attequartier trifft dieser Punkt nicht zu (vgl. 4.3.1.1). Die Umfrage ergibt, dass für das Wohnen in der Unteren Altstadt u.a. die architektonische Attraktivität ausschlaggebend ist. Die historische Bausubstanz generiert einen eigenen Charme. Sie verleiht dem Wohnen in der Unteren Altstadt eine besondere Atmosphäre. Positiv ist gemäss Umfrageergebnissen ebenfalls, dass die Einkaufsmöglichkeiten nah gelegen sind. Auch hier stellt die M atte wieder eine Ausnahme dar. Das Kultur-, Gastronomie-, Dienstleistungs- und Freizeitangebot wird von den Befragten als vorteilhaft eingestuft. Von den Interviewpartnern wird v.a. das kulturelle Angebot hervorgehoben. 121 Ergebnisse M eist verfügen die Wohnungen in der Unteren Altstadt über einen hohen Ausbaustandard, was vorteilhaft ist (C, Domänenverwaltung Burgergemeinde). M ehrheitlich befindet sich der Wohnraum im mittel- und hochpreisigen Segment. F) betont, dass die Spannweite bei den M ieten sehr gross ist. Es gibt M ieten zwischen 800 und 6’500 CHF. Doch befinden sich viele Wohnungen eher im oberen Preissegment. Dies kann insofern als Stärke gewertet werden, sagt C), weil die Bewohner stolz darauf sind. Es gibt Bewohner in der Unteren Altstadt, die auf ein Auto verzichten, damit sie sich die Wohnung in der Altstadt leisten können. Von der Attraktivität der Unteren Altstadt als Wohnort zeugen eine hohe Wohnungsnachfrage bzw. ein geringer Wohnungsleerstand (vgl. 4.1.2.3). 4.3.2.2 S chwächen Als wesentlicher M inuspunkt ist gemäss der Umfrageergebnisse der Parkplatzmangel zu nennen. Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern erachtet dies auch als grosses M anko. Sie sehen einen Ausbau des Parkplatzangebotes als Aufwertung des Quartiers. In der Umfrage stellt sich die fehlende Begrünung bzw. fehlende öffentlichen Grünflächen als Schwächen heraus, was u.a. auch einen Umzugsgrund darstellt. Denn Grünflächen ermöglichen urbanes Leben und eine hohe Lebens- und Aufenthaltsqualität. Die Bewohner stören sich auch an der hohen Lärmbelastung, sei es wegen des Strassenverkehrs durch die neuen gasbetriebenen Busse oder aufgrund der Strassenmusik, M usik von Bars und vielen Events. H) äussert, dass das Thema „Wohnen und Gastronomie“ ein typischer Nutzungskonflikt ist. Deshalb wurde in der Oberen Altstadt ein Nachtlebenkonzept erstellt. Nach H) ist für die Untere Altstadt ebenfalls ein Gastronomiekonzept sinnvoll. In der Umfrage schneidet die Sauberkeit v.a. am Wochenende und während Events schlecht ab. C) sieht die mangelnde Sauberkeit in der Unteren Altstadt als eine enorme Schwäche. C) meint, dass die Stadt Bern diese und das Littering zu wenig reguliert, was ausgenützt wird. Als weitere Schwäche kann das geringe Angebot an Wohnraum für einkommensschwache Haushalte genannt werden (vgl. F, 4.3.2.1). 122 Ergebnisse M eist haben die Häuser keinen Lift, wie in der Umfrage festgestellt wurde, wodurch die Untere Altstadt kein alters- und behindertengerechter Wohnstandort ist. A) sieht dies als grosses Problem. Familien machen in der Haushaltsstruktur in der Unteren Altstadt nur einen geringen Anteil aus. Die Umfrageresultate bezeugen dies, da vorwiegend 1 und 2 Personenhaushalte angegeben wurden. Dies hat damit zu tun, dass es in der Unteren Altstadt an Kindereinrichtungen fehlt und Familien Aussenräume benötigen, die in der Unteren Altstadt aber kaum vorhanden sind (H, Netzwerk Altstadt). Auch wurde in der Umfrage oft angemerkt, dass die Wohnungen in der Unteren Altstadt über kleine, schmale, unzeitgemässe Wohnungs grundrisse sowie kleine Fensterflächen verfügen und meist balkonlos sind. Dies entspricht nicht den heutigen Wohnbedürfnissen. 4.3.2.3 Chancen Eine vermehrte Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft kann nach Ausführungen von H) als Chance betrachtet werden, indem versucht wird, eine Durchmischung des Wohnangebots auf das gesamte Quartier verteilt zu erreichen. M it „treuen Idealisten“ werden gemäss C) Bewohner in der Unteren Altstadt bezeichnet, die stolz auf ihren Wohnort sind und deshalb Sorgfalt zur Immobilie tragen und sich für dessen Pflege sehr engagieren. Dabei handelt es sich auch um M ieter, die schon sehr lange in der Unteren Altstadt wohnen. Solche Personen stellen für die Untere Altstadt einen M ehrwert dar und sind daher als Chance anzusehen. Gemeinnützige Bauträger können die Chance bieten, das preisgünstige Wohnungsmarktsegment zu fördern, falls es ihnen gelingt, mehr Wohnraum in der Unteren Altstadt einzunehmen. Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern erklärt, dass sie ständig auf der Suche nach potenziellen Objekten sind, um diese zu kaufen. Dies erweist sich jedoch als sehr schwierig. Die Suche basiert stark auf privatem Engagement. Denn sie müssen immer den Investoren zuvor kommen, d.h. agieren, bevor die Immobilien im Internet angeboten wird. Denn ansonsten besteht keine Chance, diese zu erwerben. Sie kämpft gegen Renditeobjekte an, indem sie versucht, dass zum Verkauf stehende Liegenschaften nicht an 123 Ergebnisse Investoren veräussert werden. Sie will die Häuser der Spekulation entziehen, damit die Stadt lebendig bleibt. Dies erfolgt, indem die Häuser saniert, aber trotzdem zu günstigen M ietkonditionen vermietet werden. Ein aktuelles Projekt ist z.B. die Häuserzeile an der Badgasse, die etappenweise komplett saniert wird (F und G, Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern). 4.3.2.4 Gefahren M it dem hohen Sanierungs grad und damit hohen M ietpreisen droht der Unteren Altstadt, dass sie sich zu einer „Wohlstandsinsel“ entwickelt. Dies birgt nach B) die Gefahr, dass der Zweitwohnungsanteil zunimmt. Denn Zweitwohnungen in den Städten werden besonders im „Luxus-Segment“ nachgefragt. Rund 15% der befragten Bewohner bemerken eine Abnahme des Wohnraums zu Gunsten des Dienstleistungssektors. Die Wohnraumverdrängung durch Büros und Praxen stellt daher eine weitere Gefahr dar. A) stimmt dem zu und meint, dass dagegen nur die Bauordnung helfen kann. Dies aber nur, wenn ein ganzes Haus komplett saniert wird, weil die Dienstleister Bestandsgarantie geniessen. C) meint, dass er dem vor fünf Jahren noch zugestimmt hätte, er jetzt aber davon ausgeht, dass dieser Trend zunehmend abklingen wird, weil mit dem Wankdorf und PostParc gezeigt werden kann, dass Büroräume zunehmend ausserhalb der Altstadt attraktiv werden. B) führt aus, dass eine zunehmende Anonymität der Vermieter, z.B. durch Pensionskassen, Banken oder Versicherungen für die Untere Altstadt die Gefahr der Fremdbestimmung und somit den Verlust des familiären Charakters darstellt. 4.3.3 Implikationen für die Untere Altstadt Bern In diesem Unterkapitel geht es v.a. um die Frage, wie die Standortqualität in der Unteren Altstadt Bern erhalten werden kann. Dies schliesst Fragen sowohl zur Nutzungsvielfalt als auch zu Handlungsstrategien für die Attraktivitätsgestaltung der Unteren Altstadt Bern ein. M ittels der Interviews wurden drei wesentliche Vorgehensweisen evaluiert, die anhand der wichtigsten Aussagen der Experten im Folgenden beschrieben werden. 124 Ergebnisse 4.3.3.1 S chritt 1 Zuerst braucht es die Einsicht, dass der Strukturwandel nicht gestoppt bzw. verhindert werden kann, sondern offen mit dem Wandel umgegangen werden muss. Oft werden die Zusammenhänge verkannt und der Strukturwandel wird als persönliches oder örtliches Versagen empfunden. Deshalb braucht es Verständnis dafür, dass niemand für den Strukturwandel allein verantwortlich gemacht werden kann. Vielmehr ist eine gemeinsame Zielvorstellung und Verantwortung notwendig. In Bern ist dieses Verständnis noch nicht vorhanden. Dies hat mit dem hohen Investitionsdruck zu tun. So dominierte einst die typische „Townhouse“ Bebauung in der Unteren Altstadt, die sich dadurch auszeichnete, dass ein privater Eigentümer eine Liegenschaft besass, in der sich im Erdgeschoss sein Geschäft befand und er in den oberen Stockwerken wohnte. Heute verschwindet dieser „Townhouse“ - Charakter allmählich. Immer mehr treten finanzstarke Akteure wie Banken oder Pensionskassen als Eigentümer auf, womit die Altstadt zunehmend Geld gesteuert wird und der Bezug zur Altstadt sukzessive abnimmt (H, Netzwerk Altstadt). Ausserdem betont H), dass es Verständnis verlangt, dass ein M ehrwert nur gemeinsam entsteht. Denn wenn die Altstadt ein lebendiger öffentlicher Raum bleibt, dient das allen. Auch BERNcity steht dafür ein. So entgegnet E), dass eine Zusammenarbeit immer „kässelt“. Wenn die Entwicklung gesteuert werden soll, kann das nur miteinander geschafft werden. Es ist also ein Umdenken zu einer Zusammenarbeit erforderlich. Deshalb schlägt H) vor, dass die Stadt einen Prozess mit den Ladenbetreibern und Hauseigentümern starten soll, um den Dialog zwischen den Eigentümern zu fördern, Aufbruchstimmung zu erzeugen und diese für die komplexen Zusammenhänge zu sensibilisieren. Ihnen muss die Entwicklung klar gemacht und aufgezeigt werden, wie damit umzugehen ist. Insbesondere muss den Eigentümern bewusst werden, dass sie die Schlüsselrolle haben und den Schritt zum Standortentwickler machen müssen. Also, dass sie über das eigene Objekt hinaus strategische Planung für den gesamten Standort betreiben müssen. Sie sollten die M ietzinse derart ansetzen, dass eine lebendige Vielfalt möglich bleibt (H, Netzwerk Altstadt). Diesbezüglich verweist H) auf die Postgasse Bern, in der das Netzwerk Altstadt gemeinsam ein Konzept mit einem Hauseigentümer erstellte, mit dem es möglich war, trotz eines umfassenden Umbaus günstige M ietkonditionen anzubieten. Dieses M odell hat sich bewährt. 125 Ergebnisse Der Eigentümer ist sehr erfolgreich damit. Die Nachfrage nach seinen Wohnungen ist enorm. Heute erzielt der Eigentümer sogar Gewinn (H, Netzwerk Altstadt). Ebenfalls ist die Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern bemüht, die Eigentümer zu sensibilisieren, damit sie ihre Liegenschaften nicht an Investoren, sondern an sie verkaufen. G) erklärt, dass sie die Eigentümer darauf aufmerksam machen wollen, falls diese von sich aus Käufer für ihre Immobilie suchen würden, sich dann an die gemeinnützige Baugenossenschaft Bern zu wenden. F: „Unsere Waffe ist ein gemeinnütziger Gedanke, um die Eigentümer sensibilisieren zu können“. A) empfiehlt mit Hilfe von Architektur- oder Stadtplanungsforen sowie Podiumsdiskussion zu sensibilisieren, um den „Lädeli“ - Charakter in der Unteren Altstadt zu erhalten bzw. die Ansiedlung von grossen Filialketten und „toten“ Nutzungen wie Banken, Vermögensverwaltungen etc. zu verhindern. Es braucht das Verständnis, dass Urbanität zum Vorteil aller ist. B) vom Stadtplanungsamt Bern steht dem Vorschlag von H) des Netzwerks Altstadt kritisch gegenüber. B: „Der Handlungsspielraum der Stadt ist beschränkt, schliesslich ist es den Immobilienbesitzern selber überlassen, welche Mieter sie auswählen. Es ist immer heikel, wenn Behörden in den Markt eingreifen, denn die Stadt ist ja nicht Direktorin eines Shoppingcenters. Das bedeutet aber nicht, dass der Stadt die Hände völlig gebunden sind. Ein ausgewogener Branchenmix ist auch im Interesse der Stadt Bern.“ B) sieht die Rolle der Stadt Bern als unterstützende Funktion beim Sensibilisierungsprozess. Letzterer muss aber laut B) von den Vereinigten Altstadtleisten und BERNcity initiiert werden, da es sich dabei um die direkten Ansprechpartner der Innenstadt handelt und sie daher näher zu den lokalen Akteuren stehen als die öffentliche Hand. Dies ist so B) wirksamer, um Einfluss auf die Eigentümer zu nehmen. A) ist sich nicht sicher, ob die Stadt Bern oder die Leiste als regulierende Kraft eingreifen soll. Dennoch ist A) der Ansicht, dass die Regulierungen seitens der öffentlichen Hand für den Erhalt des „Lädeli“ Charakters erhöht werden müssten, da in der Unteren Altstadt im Vergleich zu anderen Stadtquartieren diesbezüglich Nachholbedarf besteht. Weiter weist B) darauf hin, dass der Kontakt zwischen den Vereinigten Altstadtleisten und der Stadt Bern zu wenig regelmässig verläuft. B) erwähnt 126 Ergebnisse hierbei die M öglichkeit von sogenannten „Quartierkommissionen“. Dabei handelt es sich um ein Ansprechorgan für die Stadtverwaltung. Die Kommission könnte sich z.B. aus Altstadtleisten, Quartiervereinen und politischen Parteien zusammensetzen. In dieser könnte auch ein Geschäftsführer angestellt werden. Da mit den Quartierkommissionen periodische Sitzungen abgehalten und dabei auch Arbeitsgruppen gebildet werden würden, würde die Altstadt eine „bessere Stimme“ bekommen. Allerdings sind solche Kommissionen schwierig umzusetzen, u.a. aufgrund des mit den periodischen Sitzungen verbundenen hohen Zeitaufwands (B, Stadtplanungsamt Bern). 4.3.3.2 S chritt 2 Als nächstes gilt es, gemeinsam eine Nutzungsstrategie zu entwickeln und umzusetzen. Dabei zählt „zurück zu mehr Bescheidenheit“, d.h. es ist wichtig, dass eine Durchmischung bzw. Nutzungsvielfalt über das ganze Quartier hinweg erzielt wird. Denn es ist chancenlos bspw. eine Durchmischung der Laden- und Wohnnutzung allein in der Kramgasse zu bewerkstelligen, da dies das System überfordern würde. Vielmehr sollte eine Strategie zusammen mit den Akteuren der Haupt- und Seitengassen erarbeitet werden. Gerade im Zusammenhang mit der Erhaltung des „Lädeli“ - Charakters in der Unteren Altstadt stellt sich die Frage, ob an diesem in den Hauptgassen überhaupt noch festgehalten werden soll, zumal die Seitengassen über stabilere Strukturen verfügen. In den Nebengassen ist der „Lädeli“ - Charakter noch in Takt. Zudem befindet sich die Kramgasse in einer Übergangszone. Denn einerseits wandert der Handel westwärts und damit verschiebt sich auch die Kaufkraft von der Unteren Altstadt in Richtung Westen der Stadt, was der Bau des PostParcs, mit dem eine Fläche von ca. 10’000m2 für den Detailhandel entsteht, illustriert. Andererseits schnellen die M ietpreise in der angrenzenden M arktgasse in die Höhe. Dabei verwundert es nicht, dass die Eigentümer in der Kramgasse auch von diesem „Boom“ der Oberen Altstadt profitieren wollen. Dadurch ist es schwierig, den Eigentümern in der Kramgasse beizubringen, dass sie ihre M ieten im Erdgeschoss tief halten sollen, damit die am Standort befindlichen Bestandsgeschäfte weiterhin existieren können bzw. damit sich ein attraktiver Ladenmix einstellen kann. Eine vielversprechende Strategie wäre eine vermehrte Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft. In Bezug auf die Kramgasse bietet sich dafür z.B. die Rathausgasse an. Diese Nebengasse verfügt über einen ausgewogenen Nutzungsmix und Ladengemeinschaften. Die Strategie 127 Ergebnisse wäre, dass der Kontakt zu solchen Seitengassen gesucht wird. Eventuell lässt sich deren Konzept auf andere Orte übertragen. Auch ist eine regionale Zusammenarbeit denkbar. Diesbezüglich stellt z.B. das Kornhausquartier in Burgdorf ein Positivbeispiel hinsichtlich des Nutzungsmix dar. Der Nutzungsmix hat sich dort von selbst eingestellt im Gegensatz zur Oberen Altstadt in Burgdorf, wo sehr viel investiert wird. Damit soll aufgezeigt werden, dass oftmals Investitionen nichts mehr nützen, weil die inhabergeführten Detailhandelsgeschäfte keine Chance mehr zum Überleben hätten (H, Netzwerk Altstadt). Folglich wäre nach H) eine weitere Handlungsoption: „Nichts tun, laufen lassen, keine Regulierung von der Stadtplanungsseite und das annehmen, was sich einstellt. Die unschönen Erscheinungen à la Vermögenszentrum muss man aushalten. Sie werden wieder verschwinden, wie sie gekommen sind. Dies braucht eine Langzeitsicht, um es hinnehmen zu können und man muss der Denkmalpflege den Rücken stärken, damit sie die historische Bausubstanz sichern kann.“ Danach würde der Strukturwandel des Detailhandels bzw. die Zusammensetzung des Angebots den M arktkräften überlassen werden. Auch A) verweist auf den freien M arkt als eine M öglichkeit. Der Trend geht nach A) dahin, dass sich mehrere Vertreter der gleichen Branche konzentrieren. A: „Aber kein Geschäft, egal welche Branche, ist zu viel, sonst wäre es morgen schon wieder weg.“ Um wieder stärker eine „Lädeli“ - Struktur hervorzubringen, stellt H) das Konzept der Para-Läden vor (vgl. 2.5). Diese Geschäfte müssen nicht unbedingt rentieren, sondern werden mehr als Hobby betrieben. Gleichermassen bedingt der Strukturwandel auch in Anbetracht einer Verbesserung des Angebotsmix betreffend der Lebensmittelbranche einen gewissen Haltungswandel. H: „Es muss von dem Gedanken abgesehen werden, wieder einen Metzger oder ein Geschäft wie Comestibles anzusiedeln. Ein Metzger z.B. kann mit der Laufkundschaft in der Unteren Altstadt nicht überleben. Auch werden Ladenformate wie Migrolino oder Coop Pronto nicht in der Unteren Altstadt funktionieren, da diese auf Pendler ausgerichtet sind. Für solche Läden gibt es in der Unteren Altstadt zu wenig Frequenz.“ E) bezieht dazu Stellung und wirft die Frage auf, ob es überhaupt ein Ziel sein soll, eine Altstadt mit einem 24h-Betrieb wie M igrolino, Coop Pronto etc. zu haben. E) sieht die Gefahr, dass dadurch die Qualität der Altstadt verloren geht. 128 Ergebnisse Zudem ist nach E) zu beachten, dass die Distanz zur Oberen Altstadt bzw. zu Coop und M igros nicht gross ist. E) beschreibt den Rückgang der Lebensmittelgeschäfte nicht als ein spezifisches Problem der Berner Altstadt, sondern als die Folge eines generellen Strukturwandels: „Ich verstehe nicht, weshalb die Leute immer mit der Schliessung des Comestibles kommen. Der Comestibles ist zwar früher gut gelaufen, erfüllte dann aber mit der Zeit nicht mehr die Bedürfnisse der Konsumenten. Deshalb stellt sich mir auch die Frage, inwiefern die Konsumenten bereit wären, Mehrkosten zu tragen bspw., indem sie ihre Milch in Tante-Emma-Läden anstatt in den Supermärkten einkaufen würden. Der florierende Wochenmarkt zeigt aber, dass das Potenzial dafür vorhanden ist.“ E) betrachtet die Ansiedlung von Lebensmittelläden in der Unteren Altstadt als schwierig. Zum einen können die Lebensmittelläden nicht viel M ietzins bezahlen, zum anderen sind die Flächen dafür in der Unteren Altstadt nicht für Lebensmittelläden geeignet. E) erklärt dies anhand eines Fallbeispiels. So wollte Coop eine Filiale in der Unteren Altstadt eröffnen. Das Projekt ist dann aber aufgrund der fehlenden Fläche bzw. der Brandvorschriften gescheitert. Letztere erlauben nicht, dass die Brandmauern durchbrochen werden dürfen (vgl. 1.5.2). Dahingegen sieht H) Potenzial darin, die Lebensmittelbranche in der Unteren Altstadt durch Zusammenschlüsse von Läden zu fördern, und zwar im Stil des „Gourmet Center“ im Kaufhaus Loeb, indem verschiedene kleinere Läden ihre Waren anbieten würden. Die Idee von H) ist, dass mehrere Läden gemeinsam ein Lebensmittelgeschäft eröffnen mit einem M ix, der passt. Die Geschäfte könnten nebeneinander in ihrem Laden ihre Produkte verkaufen und unter den Brandmauern miteinander verbunden werden. Weiter ist in Bezug auf die Ladenstruktur bzw. die Steuerung der Nachmieter das Stadtentwicklungskonzept Bern zu erwähnen, das derzeit in Bearbeitung ist. M it dem neuen Stadtentwicklungskonzept (STEK) 15 wird aufgezeigt, wie sich die Stadt Bern mittel- und langfristig räumlich weiterentwickelt. Das STEK 15 baut auf dem STEK 95 auf, weil dessen Ziele immer noch aktuell sind (B, Stadtplanungsamt Bern). B): „M an verheiratet die beiden STEKs sozusagen miteinander“. Das STEK gliedert sich in vier Teilphasen: In der ersten Teilphase wurde die Stadt positioniert, die Herausforderungen analysiert sowie die räum129 Ergebnisse lichen und thematischen Handlungsschwerpunkte definiert. In der zweiten Teilphase wurden die Schwerpunkte im Rahmen von fünf Teilprojekten erarbeitet. Beim ersten Teilprojekt „Zentrum Bern“ ging es um die Positionierung der Stadt. Das zweite Teilprojekt widmete sich der Siedlungsentwicklung nach innen und das dritte der Stadterweiterung. Im vierten Teilprojekt wurden die Quartierszentren und -strukturen thematisiert, unter denen auch die Untere Altstadt positioniert wurde. Im fünften Teilprojekt wurden Strategien für die M obilität und den Gesamtverkehr entwickelt. M omentan befindet sich das STEK in der Synthesephase. Deren Ergebnis bildet einen ersten Entwurf des Gesamtkonzepts STEK 15. In der vierten und letzten Teilphase wird die M itwirkung, Konsolidierung und Genehmigung durch den Gemeinderat stattfinden. Bei allen Teilphasen werden Organisationen wie BERNcity und die Vereinigten Altstadtleiste mittels Foren miteinbezogen (B, Stadtplanungsamt Bern). BERNcity merkt am STEK 15 kritisch an, dass die Stadt Bern darin den wirtschaftlichen Aspekt der Innenstadt vergessen hat. E) kritisiert, dass die Stadt Bern zu sehr auf den freien M arkt setzt. Nach E) dürfen aber die Rahmenbedingungen für den Detailhandel nicht vernachlässigt werden: „Die Stadt Bern muss von dem Gedanken Abstand nehmen, dass die Altstadt ein Selbstläufer ist.“ Die Anstrengungen, die BERNcity nach E) als einzige M arketingorganisation der Stadt Bern betreibt, damit die Innenstadt erfolgreich ist, werden von der Stadt Bern verkannt. E) weist darauf hin, dass die Stadt Bern weder über ein M arketingkonzept verfügt noch eines im STEK berücksichtigt. B) argumentiert demgegenüber, dass sich die VAL hauptsächlich an den neuen Dienstleistungsansiedelungen v.a. im Erdgeschoss stören und dementsprechend Handlungsbedarf innerhalb des STEKs fordern. Dies kann aber laut B) nicht Bestandteil des STEKs sein, sondern entspricht eher einer Bauordnungsrevision, die auch geplant wird. B) führt weiter aus, dass es neben dem STEK viele weitere Instrumente wie z.B. Quartiersplanungen, Nutzungsplanungen etc. gibt, die viel feiner in der Regulierung aus gerichtet sind als das STEK. Auch H) merkt an, dass das STEK zu wenig verbindlich ist. Deshalb braucht es ein Detailhandelskonzept mit einer verbindlichen Bauordnung als Basis. Dieses Problem wird dadurch verdeutlicht, dass nach H) die Stadt Bern keine Strategie für den Detailhandel hat bzw. nicht über ein Detailhandelskonzept verfügt. Dies verdeutlicht der PostParc. Der Bau des PostParcs und damit die Entstehung von grossen Flächen für den Detailhandel ist aus Sicht von H) eine kontroverse Entwicklung, wenn versucht 130 Ergebnisse werden soll, die Altstadt als Einkaufszentrum zu erhalten. B) nimmt dazu Stellung und erklärt, dass der Einfluss der öffentlichen Hand auf den Detailhandel beschränkt ist und zum Teil durchaus Detailhandelskonzepte erstellt werden, z.B. für das Einkaufszentrum Westside. B) ist ausserdem davon überzeugt, dass der PostParc keine Konkurrenz für die Detailhandels geschäfte der Unteren Altstadt darstellt, da sich die Angebote stark unterscheiden. In Bezug auf die geplante Bauordnungsrevision wird die Bauordnung aus dem Jahr 2006 u.a. hinsichtlich der Erdgeschossnutzung in der Unteren Altstadt geändert. Die Bauordnung 2003 wurde im Jahr 2006 revidiert (B, Stadtplanungsamt Bern). B: „Damals war das Ziel, die Artikel der Bauordnung zu verringern bzw. zusammenzufassen. Dabei wurde dann der Absatz gestrichen, dass die Erdgeschossnutzung in der Unteren Altstadt eingeschränkt werden sollte. Den Leisten waren die Konsequenzen damals nicht bewusst. Heute kennt man diese und möchte den Artikel wieder einführen, was in Planung ist.“ Die Obere Altstadt hat bereits einen solchen Artikel in der Bauordnung, der festlegt, dass die Erdgeschosse nur für den Warenverkauf oder das Gastgewerbe zulässig sind. H) sieht in diesem neuen Bauordnungsartikel für die Untere Altstadt die Gefahr von Leerständen, wenn sich keine Nutzung entsprechend der Vorgabe in der Bauordnung finden lässt. B) fügt an, dass beachtet werden muss, dass nicht nur der fehlende Artikel der Bauordnung der Grund für den Strukturwandel in der Unteren Altstadt ist. Weitere Gründe sind nach B), dass sich die Konsumentenansprüche sehr markant veränderten, die Nachfolge nicht geregelt werden konnte, sich die M ietpreise veränderten und sich die Dienstleistungen der Geschäfte bei den Kunden nicht durchsetzten konnten, sodass sie schliessen mussten. Weiter gab es gemäss B) früher viele Antiquitätenläden, die dann zurückgegangen sind. Nachgerückt sind Kleider- und Schuhgeschäfte mit Lables, die nicht auf das Publikum der Altstadtbewohner ausgerichtet sind. Zudem stellt B) eine Zunahme im Tourismus fest. B) empfindet die Anzahl Souvenirshops als zu hoch und sieht die Tourismusentwicklung in der Unteren Altstadt eher negativ. Da die meisten Touristen in organisierten Gruppen kommen, ist dies nach B) für die Lebendigkeit der Altstadt nicht bereichernd, sondern „verstopft“ die Altstadt vielmehr. Jedoch konstatiert B), dass es viele verschiedene Sichten hinsichtlich des Tourismus gibt und je nachdem kann dieser positiv oder negativ eingestuft werden. So ist Bern 131 Ergebnisse aus Sicht von BERNcity keine Tourismusstadt im Vergleich zu anderen Schweizer Städten. Die heutige Situation ist gut, aber mehr Souvenirshops wären für die Altstadt nicht förderlich, meint E). Aus der Perspektive des Netzwerks Altstadt bietet der Tourismus eine Chance für die Erdgeschossnutzung, z.B. für Schmuckgeschäfte, die insbesondere bei den asiatischen Touristen beliebt sind. So sieht H) mehr Potenzial darin, den Tourismus anstatt das Kleingewerbe in der Unteren Altstadt zu fördern, obwohl H) auch festhält, dass der Tourismus nicht kalkulierbar ist. A) führt aus, dass eine zweite Änderung der Bauordnung für die Untere Altstadt vorgesehen ist, mit der die Angebotsmenge an Wohnraum erhöht werden soll. Dies, indem bei einem Baubewilligungsverfahren kein Gewerbe mehr über dem ersten Obergeschoss bewilligt werden darf. Damit wird der Artikel, dass die Nutzung über dem zweiten Vollgeschoss dem Wohnen vorbehalten ist, verschärft (vgl. 1.5.2). Das würde bedeuten, dass bereits ab dem zweiten Obergeschoss nur noch die Wohnnutzung zulässig ist. Damit würde auch der „Townhouse“ Charakter wieder aufgelebt werden. Das „Townhouse“ - M odell mit einer kommerziellen publikumsorientierten Erdgeschossnutzung und der Wohnnutzung in den oberen Geschossen ist wichtig für die Belebung der Altstadt. Jedoch ist anzumerken, dass die Büros und Praxen, die sich heute in der Unteren Altstadt zum Teil in den Obergeschossen befinden, Bestandsgarantie haben (A, Portfoliomanagement und Recht Stadt Bern). Um eine vielfältige Wohnstruktur bzw. die Untere Altstadt als Wohnstandort für verschiedene Nachfragegruppen zu fördern, sieht H) die Stadt Bern als wichtigen Akteur. Nach H) sollte die Stadt Bern das Wohnen in allen Segmenten fördern und vermeiden, dass Dienstleistungsbetriebe den Wohnraum einnehmen. Um dem gerecht zu werden, sagt B), muss die öffentliche Hand mehr Liegenschaften besitzen, sei es durch Zukäufe von Immobilien oder durch die Umsiedlung der Verwaltungsgebäude, die dann umgenutzt werden könnten. B) räumt den Fehler der Stadt Bern ein, in der Vergangenheit mehr Liegenschaften verkauft als gekauft zu haben. Zudem ist nach A) bei Sanierungen darauf zu achten, „dass der Ausbaustandard von Pinselsanierungen, mit denen die Bestandsmieten gehalten werden können bis hin zu Grundrissänderungen mit M ietpreisanpassungen variiert.“ Eine Durchmischung der M ietpreise kann also erreicht werden, wenn in einem Haus nicht 132 Ergebnisse alle Wohnungen gleich aus gestattet sind. Dies setzt aber Eigentümer und Investoren voraus, denen die Amortisation reicht und nicht die Rendite im Fokus steht. Investoren streben meist bei grossen Anlagen (mind. 12 Wohneinheiten) eine Durchmischung mit teuren und günstigeren Wohnungen an. In der Altstadt besteht das Problem, dass es keine solchen grossen Wohnüberbauungen gibt und die Sanierungen der Bausubstanz teuer sind. Letzteres hatte auch zur Folge, dass die Stadt Bern in der Unteren Altstadt viele Baurechte abgab. Aufgrund der teuren Sanierungen der Altstadthäuser ist es kaum möglich, preisgünstigen Wohnraum im Sinne von Sozialwohnungen zu realisieren (A, Portfoliomanagement und Recht Stadt Bern). A: „Aber man kann schauen, dass z.B. M ietpreise von 2’000 CHF für 1’500 CHF angeboten werden“. Auch C) erwähnt, dass es enorm teuer ist, Altbauhäuser zu sanieren, wodurch diese auch kaum Rendite abwerfen. C: „Es werden nicht viele Eigentümer mit Liegenschaften in der Altstadt reich.“ Im Zusammenhang eines Wohnstandortes für verschiedene Nachfragegruppen spricht A) auch von einer autofreien Altstadt, die zur Erhöhung der Lebensqualität beitragen würde. Was das anbelangt, geht H) konkret auf die Postgasse und Brunngasse ein, die temporär verkehrsfrei gemacht werden könnten. Damit würden nach H) fehlende Aussenräume ersetzt werden und ein familienfreundlicher Wohnraum würde entstehen. 4.3.3.3 S chritt 3 Aufbauend auf der Nutzungsstrategie ist in einem dritten Schritt der Standort und seine Angebote zu kommunizieren und zu vermarkten. Dies bedarf wiederum der Vernetzung bzw. Zusammenarbeit der Akteure. A) erwähnt, dass durch die dichte Bebauung der Altstadt schon Elemente der Urbanität vorhanden sind, die Altstadt aber trotzdem auch mit einem M useum assoziiert wird. Daraus kann geschlossen werden, dass die Untere Altstadt Defizite in der Darstellung eines lebendigen, urbanen Zentrums aufweist. Vor dem Hintergrund des ständig wachsenden Standortwettbewerbs ist die Untere Altstadt demzufolge neu zu positionieren. Als „Filetstück“ der Stadt Bern bietet die Untere Altstadt noch ungenutztes Potenzial. 133 Diskussion und Schlussfolgerungen 5 Diskussion und Schlussfolgerungen Im letzten Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse aus den empirischen Erhebungen und der Theorie hervorgehoben und diskutiert, um die forschungsleitende Fragestellung „Welche Strukturveränderungen lassen sich in der Kramgasse in den Bereichen Detailhandel und Wohnen in Bezug auf die Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000 feststellen und welche Handlungsempfehlungen können davon für die zukünftige Quartiersentwicklung abgeleitet werden?“ abschliessend zu beantworten. Die Diskussion der Ergebnisse erfolgt u.a. mittels einer Gegenüberstellung der Ergebnisse mit der geschilderten Problemwahrnehmung des Kramgassleists (vgl. 1.1). In der Unteren Altstadt Bern sind sowohl handelsendogene als auch –exogene Veränderungen feststellbar, die generell als Ursachen für den Strukturwandel im Detailhandel gelten. 5.1 Handelsendogene Strukturveränderungen Es wurde festgestellt, dass sich die Nachmieterstruktur seit dem Jahr 2000 veränderte und ein Ladensterben in der Kramgasse zu erkennen ist. Aufgrund des Rückgangs der inhabergeführten Geschäfte nimmt die „Lädeli“ - Struktur zunehmend ab. Die Gründe für den Verlust des „Lädeli“ - Charakters sind vielschichtig. Einerseits sind steigende M ietpreise bzw. hohe Renditeerwartungen der Liegenschaftseigentümer dafür verantwortlich, sodass finanzstarke Akteure ihre Vormachtstellung ausweiten können. Andererseits gibt die Konkurrenz von neueren Betriebsformen wie z.B. Discounter oder „E-Commerce“, der inhabergeführte Geschäfte oftmals nicht Stand halten können, Anlass zur Schliessung. Das Ladensterben in der Kramgasse ist überdies als Konsequenz der veränderten Kundenbedürfnissen anzusehen, die zum Teil nicht mehr von den Geschäften befriedigt wurden. Eine weitere Ursache dafür kann altersbedingt sein, wenn bei einem Generationswechsel keine Nachfolge gefunden werden kann. Die Problemsicht des Kramgassleists kann damit relativiert werden. Denn das „Lädelisterben“ ist nicht nur extern durch steigenden M ietzinse verursacht. Die Gründe sind auch endogen veranlasst, wenn bspw. das Warenangebot nicht an die Kundenbedürfnisse angepasst wird oder die Nachfolge eines Geschäfts nicht geregelt werden kann. 134 Diskussion und Schlussfolgerungen Die Nachmieterstruktur wird immer häufiger von finanzstarken Akteuren zu Lasten von inhabergeführten Geschäften dominiert. Letztere werden vorwiegend durch Dienstleistungsbetriebe wie Banken und Vermögensverwaltungen oder durch Filialketten ersetzt. Dieser Prozess wurde bereits vom Kramgassleist erkannt und durch die vorliegende Studie validiert. Filialbetriebe deuten auf strukturelle Veränderungen in der Organisationsform hin, also auf den Wandel von Einzelbetriebsunternehmen zu M ehrbetriebsunternehmen. Demzufolge setzte eine Filialisierungstendenz in der Kramgasse ein und die vom Kramgassleist als problematisch angesehene Filialisierung lässt sich bestätigen. Dennoch liegt der Filialisierungs grad von 35.6% in der Kramgasse unter dem städtischen Durchschnitt. Die Filialisierung führt aber dazu, dass die Geschäfte zunehmend anonymer werden, weil es sich bei den Nachfolgenutzungen meistens um externe Unternehmen handelt, deren Geschäftsinhaber nicht mehr unbedingt selbst im Laden arbeiten. Dadurch nehmen der Bezug und das Interesse der Geschäfte zur Altstadt ab. Die Untere Altstadt wird zunehmend fremdbestimmt. Dies ist auch ein Grund für eine mangelnde Zusammenarbeit der Geschäfte untereinander. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Geschäfte bisher kaum zusammenarbeiteten, die Bereitschaft für eine vermehrte Zusammenarbeit aber vorhanden wäre. Durch die Veränderung der Nachmieterstruktur hat sich auch der Branchenmix verändert. So wurde festgestellt, dass die Geschäftsschliessungen v.a. die Lebensmittelbranche betraf, die heute im Branchenmix sowohl von den Geschäften als auch von den Bewohnern als untervertreten wahrgenommen wird. Nachgerückt sind in erster Linie Geschäfte der Bekleidungs- und Schuhbranche. Diese Branche ging aus der Umfrage als übervertreten in der Nutzungsvielfalt hervor. Damit lässt sich der Trend zu einer Textilisierung erkennen wie er auch vom Kramgassleist beobachtet wurde. Ebenso wird ein Überhandnehmen von Geschäften der Tourismusbranche attestiert. Der Branchemix basiert auf einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Interessen. Dieser stellt sich nicht allein durch die M ietkonditionen am entsprechenden Ort ein, sondern ist z.B. auch von der Nachfrage der Konsumenten abhängig. So geht es nicht darum, möglichst viele Branchen vor Ort zu haben, sondern die Branchen müssen auch aus Sicht der Kunden zueinander passen. 135 Diskussion und Schlussfolgerungen 5.2 Handelsexogene Strukturveränderungen Handelsexogene Strukturveränderungen betreffen zum einen die Nachfrage- und zum anderen die Planungsseite. Unter dem Aspekt der Nachfrage haben sich die Konsumenten selbst und deren Ansprüche generell markant verändert, was gleichfalls auf die Untere Altstadt Bern zutrifft. Die Kunden wurden z.B. mobiler, wodurch sie nicht mehr an den Detailhandel in der Innenstadt gebunden sind. Einen Bedeutungs gewinn erfuhren hybride Verhaltensweisen bzw. Bedürfnisse. So verhalten sich die Verbraucher oft ambivalent, da sie von einer Preissensibilität und zugleich von einer Qualitätsausrichtung mit hoher Ausgabebereitschaft geprägt sind. Ausserdem dient der Konsum nicht mehr nur zur Versorgung, sondern gleichzeitig auch zur Freizeitgestaltung. Die Umfrageergebnisse weisen daraufhin, dass eine Veränderung in der Kundenzusammensetzung stattfand. So gingen hauptsächlich qualitätsbewusste Kunden und Touristen als neuere Kundengruppen hervor. Zudem konnte durch die Umfrage festgestellt werden, dass die Geschäfte vorwiegend Stammkunden zählen. Dieses Ergebnis widerspricht der Annahme des Kramgassleists, dass sich die Finanzdienstleister hinsichtlich der geringen Laufkundschaft negativ auf die unabhängigen Detailhandels geschäfte auswirken. Denn der grösste Anteil der Kundschaft machen die Stamm- und nicht die Laufkunden aus. Veränderungen, die raumplanerisch bzw. politisch begründet sind, stellen in der Kramgasse bzw. in der Unteren Altstadt v.a. die Veränderung des Verkehrs- und Parkplatzregimes dar. In diesem Zusammenhang wird die automobile Erreichbarkeit für den motorisierten Verkehr sowie die Parkplatzsituation von den Detailhändlern der Kramgasse als grosses M anko in Bezug auf die Standortzufriedenheit betrachtet. 5.3 Strukturveränderungen im Bereich Wohnen Die Bewohner in der Kramgasse klagen ebenfalls über die mangelnden Parkmöglichkeiten. Hinsichtlich der Veränderung der Wohnumgebung seit dem Jahr 2000 wirkte sich der Strukturwandel nach Aussagen der Kramgassbewohner sowohl positiv als auch negativ aus. Verbessert haben sich nach Angaben der befragten Haushalte das gastronomische und kulturelle Angebot sowie die Ausgehmöglichkeiten. Verschlechterungen 136 werden vorwiegend bezüglich Diskussion und Schlussfolgerungen Sauberkeit, insbesondere an den Wochenenden und an Events, und betreffend Lärm tagsüber durch Strassenmusik sowie den Busverkehr und nachts durch M usik von Bars und „Nachtschwärmern“ akzentuiert. Diese Schwächen konstituieren typische Nutzungskonflikte. Der Nutzungskonflikt zwischen der Wohnnutzung und dem Prostitutionsgewerbe, der vom Kramgassleist als zunehmend problematisch begriffen wird, konnte weder in der Umfrage noch durch die Experten bekräftigt werden. Wie bei den Geschäften wird auch die Wohnstruktur zunehmend durch renditeorientierte Eigentümer gesteuert. Indem immer mehr Häuser an Investoren wie Pensionskassen, Banken oder Versicherungen verkauft werden, wird das Wohnumfeld zunehmend anonymer und fremdbestimmter. Dadurch wird der familiäre, lebendige Charakter geschmälert und somit auch die Nutzungsvielfalt. Eine weitere Folge der Unteren Altstadt als Investitionsort ist die Angliederung der M ietpreise im Hochpreissegment. Aufgrund dessen haben es Personen mit einem niedrigen Einkommen schwer, Wohnraum in der Unteren Altstadt zu finden. Die Wohnungsdurchmischung und damit auch die Urbanität bzw. Nutzungsvielfalt werden demgemäss beeinträchtigt. Dieses Problem wurde vom Kramgassleist bereits erkannt. Demgegenüber konnte aber auch festgestellt werden, dass die hohen M ieten nicht nur negative, sondern auch positive Auswirkungen haben. Denn hohe M ietpreise sind auch ein Qualitätsmerkmal für die Untere Altstadt. Es konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass es viele Bewohner als Prestige ansehen, in der Unteren Altstadt zu wohnen und sich dafür auch in Sachen Instandhaltung und Pflege der Liegenschaften und Gassen engagieren. Dadurch stellen solche Bewohner einen M ehrwert für die Untere Altstadt dar. In Bezug auf den Nutzungsmix wirkt sich ebenso der Rückgang des „Townhouse“.- Charakters aus. So sind die oberen Stockwerke in den Altstadthäusern durchaus beliebt für Büros oder Praxen, was sich negativ auf die hohe Nachfrage nach Wohnraum auswirkt. 5.4 Handlungsempfehlungen Die Untere Altstadt zeichnet sich durch ihre grosse Vielfalt an spezialisierten Angeboten, ihre starke M ischnutzung und ihr historisch geprägtes Flair aus. Damit dies so bleibt, muss der Strukturwandel gemeinsam angegangen werden. 137 Diskussion und Schlussfolgerungen Eine Gasse allein kann den Strukturwandel nicht bewerkstelligen. Die Stärken und Potenziale des Untersuchungsgebiets können nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Akteure genutzt werden, um dem Strukturwandel zu begegnen. Unter M oderation der Leiste und Beihilfe der Stadt Bern sollten die Eigentümer, Geschäftsbetreibende, M ieter und Experten gemeinsame Zielvorstellungen und Verantwortlichkeiten entwickeln, die in einem Nutzungskonzept für das Quartier münden. Darin sind Nutzungen wie das Wohnen, der Detailhandel, Dienstleistungen, der Tourismus, die Gastronomie etc. zu definieren und auch Nutzungskonflikte zu lösen wie z.B. die Probleme der Bewohner mit der mangelnden Sauberkeit und der Lärmbelastung. Eine wichtige Erkenntnis ist also, dass die Zusammenarbeit und die Vernetzung zwischen den verschiedenen Akteuren unabdingbar ist, um die Urbanität und den Nutzungsmix in der Unteren Altstadt zu erhalten bzw. zu fördern. Es wurde festgestellt, dass der Strukturwandel unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt wird. So unterscheidet sich teilweise auch die Sicht des Kramgassleists von der Innensicht der vom Strukturwandel Direktbetroffenen als auch von der Aussensicht der Experten. Entsprechend ist es schwierig, gemeinsam eine Perspektive bzw. Nutzungsstrategien zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund ist es unabdingbar, dass ein Dialog und Austausch zwischen den Akteuren stattfindet. Besonders die Einbindung der Immobilieneigentümer ist eine unerlässliche M assnahme, damit das Quartier gleichermassen ein Wohn- und Geschäftsquartier bleibt. Denn die Wahl der M ieter liegt in der Kompetenz der Liegenschaftsbesitzer. Deshalb sind die Hauseigentümer in die Verantwortung zu nehmen, die allzu oft nur auf Rendite setzen. Dies, damit die Angebotsvielfalt der Geschäfte und Anwohnerschaft gesichert werden kann, von der das Quartier lebt. Den Schwerpunkt für den Erhalt der Standortattraktivität bildet daher die Sensibilisierung der Eigentümer. Die Sensibilisierung kann durch klassisches Vorgehen wie Architektur- oder Stadtplanungsforen sowie Podiumsdiskussionen erfolgen. Da diese auf Freiwilligkeit beruhen, wird es schwierig sein, alle Eigentümer auf diese Weise zu erreichen. In Anbetracht dessen könnte ein Preis, wie er in Luzern vorgesehen ist, erfolgreicher sein. Ein solcher, der Vermieter belohnt, die auf eine M aximierung der M ieteinnahmen verzichten. Für den Erhalt der Nutzungsvielfalt des Standorts könnte dieses Vorhaben auch in Bern erfolgsversprechend sein, um eine Diskussion über eine nachhaltige Sicherung der Lokalitätenvielfalt anzuregen. 138 Diskussion und Schlussfolgerungen Weitere wichtige Voraussetzungen dafür sind Offenheit und ein gewisser Haltungswandel. So sollte nicht im Alten verharrt werden, sondern es sollten die Potenziale gezielt ausgeschöpft werden. Geschäfte müssten vermehrt zusammenarbeiten und sich neue Geschäftsmodelle überlegen. Um z.B. die Nahversorgungssituation zu verbessern, sind innovative und auf die Bedürfnisse der Konsumenten angepasste Ladenformate nötig, die auch der Individualität des Standorts gerecht werden. Diesbezüglich könnte in der Unteren Altstadt z.B. das Potenzial der Bereitschaft für eine vermehrte Zusammenarbeit genutzt werden, indem sich bspw. mehrere Läden zusammenschliessen und gemeinsam ein Lebensmittelgeschäft mit einem attraktiven Produktemix eröffnen. Die Zusammenarbeit sollte auch zur Nachbarschaft gesucht werden. Gerade die Seitengassen der Unteren Altstadt verfügen über eine intakte „Lädeli“ - Struktur. Ferner können auch regionale und schweizweite Vernetzungen helfen, um zu erfahren, wie andere Städte mit den Strukturwandelprozessen umgehen. Ausserdem können Para-Läden für die Sicherung des „Lädeli“ - Charakters helfen. Auch könnte die Entwicklung der Nachmieter durch Anpassungen in der Bauordnung seitens der Stadt Bern gesteuert werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass professionelle Nachfolgeberatungen von Traditions geschäften in Anspruch genommen werden könnten, damit diese bei Generationenwechsel weiterhin bestehen bleiben können. Da die vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen auf Freiwilligkeit der Akteure beruhen, sind diese dem „Trittbrettfahrerproblem“ ausgesetzt. Dieses könnte durch Ansätze wie BIDs bzw. HIDs gelöst werden, mit denen im Rahmen von Pflichtgemeinschaften Ideen von den Gewerbetreibenden und Grundeigentümern zur Stärkung der Angebotsvielfalt und Standortqualität innerstädtischer Quartiere entwickelt und umgesetzt werden. Ein weiterer wesentlicher Schritt für die zukünftige Quartiersentwicklung bildet ein Altstadt-M arketing. Denn die Untere Altstadt verfügt über komparative Vorteile gegenüber der Oberen Altstadt, die es besser hervorzuheben gilt. So sollte z.B. mehr Gewicht auf dem Einkaufserlebnis der Unteren Altstadt und deren Urbanität gesetzt werden. 139 Diskussion und Schlussfolgerungen 5.5 Fazit und Ausblick Allgemein kann festgehalten werden, dass es sich bei der Unteren Altstadt Bern keineswegs um einen dem Untergang geweihten Detailhandelsstandort handelt, sondern vielmehr um einen eindeutigen „M ehrwertbringer“ für die gesamte Stadt, v.a. vor dem Hintergrund des sich abgrenzenden Angebots zur Oberen Altstadt. Der Detailhandel in der Unteren Altstadt erweist sich daher durchaus als zukunftsträchtig und leistet einen wichtigen Beitrag zur Attraktivität der Innenstadt, indem durch die spezifische Detailhandelslandschaft der Unteren Altstadt ein Alleinstellungspotenzial geboten wird. Die Befürchtung des Kramgassleists, dass die Obere Altstadt die kommerzielle Entwicklung der Unteren Altstadt negativ beeinflusst, kann somit entkräftet werden. Es konnte weder eine eindeutige Abnahme der Kundenfrequenz noch eine Verschlechterung der Geschäftsergebnisse seit dem Jahr 2000 festgestellt werden. Die Bedeutung der Unteren Altstadt als Detailhandelsort ist also nach wie vor gegeben. Von einem Attraktivitätsverlust oder „trading-down“ kann nicht gesprochen werden. Im Gegenteil, das Quartier verfügt über viele Stärken und Potenziale, die dem Quartier eine einmalige Gesamtattraktivität verleihen. Voraussetzung dafür ist eine lebendige Urbanität, die durch M ultifunktionalität und kleinräumige M ischnutzungen erreicht wird. So ist davon auszugehen, dass die Untere Altstadt auch weiterhin bevorzugte Lage für Boutiquen ausserhalb des „M ainstreams“ bleibt. Zwar ist der Strukturwandel noch nicht abgeschlossen, doch lässt sich heute die Entwicklung erkennen und es kann entsprechend gehandelt werden. Dabei ist wichtig, dass sich die Akteure zusammenschliessen und den Standort gemeinsam entwickeln, um die Standortqualität für Geschäfte wie Anwohner aufrechtzuerhalten. Hierbei ist es wichtig, das grosse Ganze im Fokus zu haben und über den eigenen „Tellerrand“ zu schauen. Es ist wahrscheinlich, dass die Hauptgassen der Innenstädte mit ihrer hohen Lagegüte und steigenden M ietpreisen noch stärker zum Reich von Filialketten werden. Denn die Zahlungsbereitschaft für Visibilität und Prestige ist gestiegen. Diese Entwicklung suggeriert eine räumliche Ausdifferenzierung des Einkaufens in der Stadt, indem die unabhängigen inhabergeführten Geschäfte noch mehr in die Nebengassen ausweichen. Damit werden die Bedeutung und die Attraktivität des „Quartiershopping“ zunehmen. Der stationäre Handel wird also in Zukunft auch von Bedeutung sein, denn diesen wird kein Online-Shop oder Einkaufscenter 140 Diskussion und Schlussfolgerungen auf der „grünen Wiese“ ersetzen können. Dennoch werden der Onlinehandel und damit verbunden insbesondere der Einkaufstourismus durch die Aufhebung des Euro-M indestkurses neuen Aufwind erhalten und so die Rolle des stationären Handels verändern. Deshalb ist der stationäre Handel gefordert, innovativ zu sein und seine Produkte neu zu inszenieren. In Bezug auf den Wohnort Untere Altstadt wurde aufgezeigt, dass verschiedene Wohnbedürfnisse nicht umfassend gedeckt werden. Trotzdem ist die Untere Altstadt ein sehr beliebter Wohnort. Die Nachfrage nach urbanem Wohnen ist enorm. Dieser Trend wird sich sicherlich weiterhin fortsetzen. 5.6 Beitrag und Grenzen der Untersuchung Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zum Verständnis und zur Erklärung des Strukturwandels in einem bislang wenig erforschten altstadtspezifischen Kontext von Schweizer Innenstädten. So stellt diese Studie eine Ergänzung für die Literatur hinsichtlich der räumlichen Spezifität der Untersuchung auf der Quartiersebene und in Bezug auf den gelegten Fokus auf eine Nebengeschäftslage dar. Es konnte gezeigt werden, welche Trends bzw. Strukturveränderungen in der Unteren Altstadt im Bereich Detailhandel und Wohnen seit dem Jahr 2000 zu verzeichnen sind und wie sich diese auf die Nutzungsvielfalt auswirken. Da sich die Ergebnisse auf eine innenstädtische Quartiersebene beziehen, unterscheidet sich die vorliegende Arbeit auch von den anderen Arbeiten, die zu diesem Themenbereich bereits am Geographischen Institut der Universität Bern entstanden (vgl. 1.2). Denn das Ziel war nicht wie bei den anderen Arbeiten eine flächendeckende- oder multifunktionale Datensammlung, sondern eine kleinräumige und auf zwei Bereiche fokussierte Erkenntnisgewinnung. Für die Literatur kann zudem die Erkenntnis gewonnen werden, dass nicht nur strukturschwache Ortszentren bzw. Stadtteile, sondern auch innerstädtische Quartiere mit Zentrumsfunktionen mit vielfältigen durch einen Strukturwandel verursachten Herausforderungen konfrontiert sind. Der Stand der Fachliteratur zum Strukturwandel in Innenstädten und Ortszentren wurde gebündelt und die darin viel zitierten Trends wie Filialisierung, Textilisierung, Finanzialisierung etc. konnten in der Unteren Altstadt Bern auch nachgewiesen werden. Allerdings führen diese Prozesse in der Unteren Altstadt Bern nicht zu einem Attraktivitätsverlust bzw. „trading-down“. Dies widerspricht den bisherigen 141 Diskussion und Schlussfolgerungen Erkenntnissen aus der Literatur, in der das Phänomen „Strukturwandel“ eher negativ gewertet wird. Strukturwandel ist daher ortspezifisch und situativ individuell zu beurteilen. Da die letzte Untersuchung in der Berner Innenstadt über den Detailhandel sieben Jahre und über die Wohnsituation acht Jahre zurückliegt, bietet die vorliegende Studie dazu eine aktuelle Bestandsaufnahme. Im Gegensatz zu den bisherigen Studien zu dieser Thematik wurden die Eigenschaften des Strukturwandels in der Unteren Altstadt Bern anhand von Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren analysiert und daraus Handlungsempfehlungen abgeleitet, wie mit dem Strukturwandel umgegangen werden sollte. Infolgedessen wird auch die diesbezügliche fachliche Diskussion, die sich v.a. mit neuen Ansätze wie dem BID- bzw. HID-Ansatz und „Neighbourhood Branding“ auseinandersetzt, um konkrete altstadtspezifische Handlungsvorschläge ergänzt. Dadurch dass Handlungsempfehlungen bestimmt wurden, liefert die Arbeit auch einen Beitrag für die zukünftige Quartiersentwicklung. Sie bildet die Grundlage für strategische Entscheide, wie sich das Quartier im Hinblick auf den Erhalt und die Förderung des Nutzungsmix bzw. der Urbanität weiterentwickeln könnte. Da es sich bei der Arbeit um eine altstadtspezifische Analyse handelt und keine weiteren Fallstudien herangezogen wurden, sind nur bedingt Verallgemeinerungen über die Untere Altstadt Bern hinaus möglich. Die Arbeit erhebt nur Anspruch für Handlungsvorschläge für die Untere Altstadt Bern. Diese sind nicht auf andere Städte 1:1 übertragbar. Dennoch bietet die Arbeit eine breite Fülle an Empfehlungen, die zur Orientierung auch für andere Innenstädte oder Ortszentren nützlich sein können. Da der Fokus der Untersuchung auf die Kramgasse gelegt wurde, wäre es für weitere Forschungsarbeiten konstruktiv, die Seitengassen in den Fokus zu nehmen. Ausserdem wurde der Ansatz auf die Geschäfts- und Wohnnutzung beschränkt. Um einen „Overall“-Ansatz zu erhalten, wären weitere Studien mit einer Akteursausweitung erforderlich, sodass auch die Dienstleistungs-, Gastronomie- und Tourismusnutzung abgedeckt wäre. Es wurde festgestellt, dass die Hauseigentümer als Hauptakteure gelten, weil sie die grössten Einflussmöglichkeiten auf die Strukturveränderung haben. Deshalb wäre es für die Arbeit ergiebig gewesen, diese ebenfalls zu befragen. Weiter wäre 142 Diskussion und Schlussfolgerungen die Sicht der Konsumenten spannend, die ebenfalls in einer Umfrage einbezogen werden könnten. Aufbauend auf diese Arbeit wäre es sinnvoll, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen, die zeigen soll, welche Besitz- und Interessenverhältnisse der Eigentümer in der Unteren Altstadt vorliegen. Um die Entwicklung der Nachmieterstruktur zu steuern, wäre überdies ein M onitoring über den Branchenmix nützlich, das die Wechsel aufzeigt und festhält, mit denen Trends bei den Nachmietern konkret ersichtlich werden würden. Diesbezüglich wäre auch erwägenswert zu untersuchen, wie sich die Bauordnungsanpassung mit dem zusätzlichen Artikel zur Erdgeschossnutzung auf die Nachmieterstruktur auswirkt und ob sie sich bewährt. Weiter wäre es interessant, das Thema „Urbanität“ näher zu untersuchen. Offensichtlich beinhaltet die Untere Altstadt durch ihre sehr dichte Bebauung und Nutzungsvielfalt Elemente der Urbanität, obschon sie mit ihrer historischen Ausprägung einen „M useums-“ oder „mittelalterlichen“ Charakter inne hat. Deshalb könnte untersucht werden, inwieweit Urbanität in der Altstadt schon gegeben ist, bzw. was die Untere Altstadt an urbanen Lebensweisen bietet, und ob es verschiedene Formen der Urbanität gibt. Für das Schlusswort der M asterarbeit eignet sich ein Zitat des Berner Stadtpräsidenten Tschäppät (2008:6): „Gassen sind wie M enschen. Sie verändern ihr Gesicht, erleben gute und weniger gute Zeiten. Die Kramgasse ist ein Sonnenkind.“ 143 Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Adler, Oliver & Keating, Giles (Hrsg.) (2014a): Swiss Issues Branchen. Retail Outlook 2014. Fakten und Trends. Zürich: Credit Suisse Group AG. Adler, Oliver & Keating, Giles (Hrsg.) (2014b): Branchenhandbuch 2014. 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Auch d ie Ve rei n ig ten Al tsta dtl ei ste h abe n gro sses Inte resse a n de n Erg eb ni ssen d er Un tersu chu ng u nd un ter stütze n di ese U mfr age . Z i el d i eser Bef rag ung i st, In for ma tio ne n vo n Ih ne n au s e rster H and zu bek om me n, wi e si ch de r Deta i lh and el sei t de m Ja hr 2 000 en tw ick el te u nd w i e sich d i e Unt ere Al tstad t di esb ezüg l ich i n d en n ächst en Jah ren w ei te ren tw ick el n kö nn te. D ab ei so l l be son der s d ie Qu al i tät de r Unte ren Al tsta dt al s sozi ok ul tur el l d urch mi schte , l eb en di ge, att rak tiv e un d vi el fä lt ig e Wo hn - , Arbe its- , Ei n kau fs- un d Ausg eh zo ne e rha l ten u nd v erb esser t w er den . Ihr Mitw i rken ist en tsche id en d, u m de n St ruk turw an de l und di e En tw ickl un gsp ersp ekti ve n Ihr es Ge sch äftsu mfel d s korr ekt d ar st ell en zu kö nn en. De shal b b itt e ich Si e, den vor li eg end en Fra geb og en in ner ha lb e in er W och e au szu fül le n. In ei ne r Woch e w erd e i ch de n Fra geb og en w i ed er b ei Ih nen ab hol e n. Al te rna ti v kö nn en Sie a uch an d er On li n e-Um fra ge u nte r fol ge nd em Lin k te il ne hm en : ht tps://ww w.um frag eo nlin e.ch/s/ce7 d6 9a Fal l s Si e Mi tg li e d de s Kra mg assl ei stes si nd , er hal te n Si e di e O nl in e-U mfra ge p er E-Ma il . Ih re Mai l adre sse er hi el t ich v om Kr am gassl e ist, sow e it vo rha nd en . Di ese w i rd n ich t we it erve rw en det . De r Ze it auf wa nd fü rs Au sfül l en b etr ägt ca . 25 -35 Mi nu ten . Un ter al l en Ei nsen du nge n w erd en d rei Be rnCi ty -Ei nk auf sgut sch ei ne im Wer t v on j e 1 00 CHF ve rl ost. Selb stve rstän dl ich we rd en Ihr e Ang ab en ve rtr aul ic h be ha nd el t un d bl ei be n an on ym, so da ss kei ne Mö gl ich kei t be steh t, Rü ckschl üsse auf ei n zel ne Perso ne n zu zi eh en . Bitt e le sen Sie d ie Frag en sorg fäl tig du rch u nd b ea ntw ort en Sie si e w ah rhe itsg etr eu. Bei ei ni ge n Antw or ten si nd meh rer e Ant wor ten m ögl i ch. Bei all fäl li ge n Rück frag en u nd Unkl ar he ite n steh e i ch Ihn en g ern e zur Ve rfüg un g (T el .: 07 9 9 48 0 4 0 3, E-Mai l: j ea nvi e@stud en ts.un ib e.ch ). Für Ihr e Unte rstü tzun g dan ke Ich Ihn en b ere it s i m Vo rau s. Fre und l ich e Grü sse Jea nti ne Vi eb rock 153 Anhang 154 Anhang Fal l s "j a" , be an tw ort en Si e b itt e di e Frag en Nr. 9 u nd N r. 1 0, a nso nste n k ön ne n Sie di es e Fra ge n üb er spri n ge n. 9. W ie v ie le w eit e re Ge s chä f t e be tr e ibe n Sie? An zahl w eit ere Gesch äft e i n d er U nte re n Al tsta dt: i n d er Sta dt Ber n: i n d er Schw e iz : i m Au sl an d: 10 . H a nde lt e s sic h be i Ihr e n w e ite r e n G e sc hä ft e n um Filia le n de r s elbe n B ra nc he ? ja n ei n t ei l w ei se Fra g e z ur W ir ts cha ft li ch k e i t Ih re s G e sc hä fts 11 . W ie ha t sic h Ihr G e sc hä ft se r ge bnis s e it de m Ja hr 2 00 0 e nt w ic k e lt ? Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h Ihr G e sc hä ft se r ge bnis s e ithe r e nt w ick e lt? se h r ve rschl e chte rt v er schl e chte rt g l ei ch g eb l ie be n v er be sser t se h r ve rbe sser t w e i ss n i cht Fal l s "se hr v er schl ec hte rt" , " ve rsch l ech te rt" , " ve rbe sse rt" o de r " seh r ve rbe sse rt" , b ea ntw o rte n Si e bi tte d i e Fra ge Nr. 12 , a nso ns ten kö nn en Si e d ie se Fra g e üb er spri n ge n. 12 . W or in se he n Sie die G ründe f ür die se Ent w ick lung Ihr e s Ge s chä f t se r ge bnis se s ? Fra g e n zur zuk ün fti ge n E ntw i ck l un g I hr e s Ge sch ä fts 13 . W ie s chä t ze n Sie die Pe r s pek t ive n f ür Ihr G e sc hä ft e in? e he r sch le cht er a ls h eu te e he r gl e ic h w ie he ute e he r be sse r al s he ute w e i ss n i cht Fal l s "e he r schl e chte r al s h eu te" od er " eh er b es ser a ls h eu te" , be an tw ort en Si e bi tt e di e Frag e Nr . 1 4, an son ste n kö n ne n Si e d i ese Frag e üb ersp ri ng en . 3 155 Anhang 14 . W a rum se h e n Sie die Pe r s pe k tiv e n Ihr e s Ge s c hä ft s pe ss im ist isc h ode r opt im is t isc h? Fr a ge n z u I hr e n Kund e n 15 . W ie vie le K unde n ha t Ihr Ge sc hä f t unge fä hr ... ... an ei ne m du rch schn i ttl i ch en W e rk tag ? 16 . Anza hl Ku nd en W ie vie le K unde n ha t Ihr Ge sc hä f t unge fä hr ... ... an ei ne m Sa m stag ? 17 . Anza h l Ku nd en W ie hoch is t unge f ä hr de r A nt e il de r K ä ufe r Inne n a n Ihr e n Be s uc he rI nne n? Bit t e s c hät ze n Si e die An tei le, s o das s s ie z us am m en i n der Sum m e 1 00% ergeben . % Ant ei l Kä u fer In n en : Ant ei l N i cht -Käu fe rInn en : 18 . W ie se t z t sich Ihr e Kunds cha f t unge f ä hr zus a m m e n? Bit t e s c hät ze n Si e die An tei le, s o das s s ie z us am m en i n der Sum m e 1 00% ergeben . % Ant ei l Sta m m k u nd en : Ant ei l L au fku n de n: 4 156 Anhang 157 Anhang 20 . W ie w ic htig is t I hne n die je w e ilige Kunde ngr uppe a ls Zie lgruppe für Ihr G e sc hä ft ? sehr un wich t i g u nw ich t ig egal w icht ig seh r wi cht i g w eiss n ich t Al t st ad t be w oh ne rI nn en Ku nd en au s de r Um ge bu ng T ag es au sf l üg le r T ou ri st e n Ku nd en au sl än di sch er H erk un f t W e ib l ich e Ku nd en M ä nn l ich e Ku nd en Ju ng e Kun de n ( un t er 1 9 Jah re ) Ku nd en m i t t le re n Al t ers ( 20 -39 Ja hre ) Ku nd en rei f e re n Al t er s ( 40 -64 Ja hr e) Äl t e re Ku nd en (üb er 6 5 Jah re ) Be sse r Ve rd ie ne n de Q ua l it ät sb ew u sst e U m w e l t be w usst e M o de be w usst e Pre isb ew u sst e Schn ä pp che nj äg e r a nd er e: 21 . H a t sic h die Zusa m m e ns e tz ung Ihr e r Kunds cha f t s e it de m Ja hr 2 0 0 0 ge ä nde rt ? Fa lls da s G ründungs ja hr I hr e s G e sc hä ft s jünge r a ls das Ja hr 2 0 0 0 is t, ha t s ich die Zus a m m e nse t z ung Ihr er Kunds cha f t se it he r ge ä nde r t ? ja , e i n w en i g ja , se hr s t ark ne in Fal l s "j a ", be an t w or t en Si e b i t t e d i e Fra ge n Nr . 2 2 un d N r. 2 3, a nso nst e n k ön ne n Sie di e se Fra ge n ü be rspr in ge n . 22 . In w e lche R ic htung ha t s ich die Zus a m m e nse t z ung Ihr e r K undsc ha ft ge ä nde r t? B it te nennen Sie die Kun dengruppen , di e an B edeut ung gew annen. 6 158 Anhang 23 . In w e lc he Ric htung ha t s ic h die Zusa m m e nse t zung Ihr e r Kunds cha f t geä nde r t ? B it te nennen Sie di e Kunde ngruppen, die an B edeut ung v er loren. 24 . W ie ha t sic h die Anz ahl I hre r Kunde n s e it de m Ja hr 2 0 0 0 ve r ä nde rt ? Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h die Anz a hl Ihre r Kunde n s e ithe r v er ä nde r t? st ark ge sun ke n g es un ke n g l ei ch g eb l ie be n e rh öh t st ark erh öh t w e i ss n i cht Fra g e n zum St a ndor t 25 . Se it w e lche m Jahr is t I hr G e s chä f t a n die s e m St a ndort a ns äs s ig? Sei t de m Ja hr: 26 . W a s t rif ft a uf Ihr G e sc hä ft z u? Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ne ug rü nd un g e in es Ein ze lb et ri eb s. Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ne ug rü nd un g e in es Me hrb et rie bs b zw . Erö ffnu ng ei n er Fi l ia l e. Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ge sch äft süb ern ah m e. Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ve rla ge ru ng vo n ei n em an de ren Sta nd or t. 27 . W ie w ic htig w a r e n f ür Sie die f olge nden Fa kt or e n für die St a ndort w a hl? sehr u nw ich t ig eh er un wi cht i g u nwi cht ig Am bi e nt e de r Un t er en Al t st a d t Erre ich b ark ei t Rä um l ic hk ei t e n Ku nd en f re qu en z M i et be la st u ng Pres t ig e N äh e zu a nd er en G esch äf t en Ko nk urr en zsi t ua t i on a nd ere : 7 159 e gal eh er w ich t ig wi cht i g seh r wich t ig w eiss nich t Anhang 160 Anhang 35 . Bitt e or dne n Sie de n m ona t lic he n M ie t z ins ( ohne N e be nk os te n) I hre s Ge s chä f ts e ine r Ka t e gor ie zu. (I hre Anga be n we r de n se lbs tv e r st ä ndlic h v e r tr a ulic h und a nonym be ha nde lt und sind a us sc hlie s s lic h f ür wiss e nsc ha f tliche Zwe c k e be st im m t .) u nte r 1 '0 0 0 CHF 1 '0 0 1 - 3 '0 00 CHF 3 '0 0 1 - 5 '0 00 CHF 5 '0 0 1 - 1 0' 00 0 CH F 1 0' 0 01 - 15 '0 0 0 CHF 1 5' 0 01 - 20 '0 0 0 CHF ü be r 20 ' 00 0 CH F 36 . Ha be n Sie sic h sc hon e inm a l übe r le gt, Ihr Ge sc hä f t zu v e r le g e n ode r zu s c hlie s se n? j a, zu ve rl eg en j a, zu schl i es sen n ei n Fa ll s " j a, zu v erl e ge n ", be an tw o rte n Sie bi tt e di e Fra ge n Nr . 3 7 u nd Nr. 38 . Fa ll s " j a, zu sch l ie sse n" , be an tw o rte n Sie bi tte di e Frag e N r. 37 u n d ü be rsp ri ng en Si e d i e Fra ge Nr. 3 8. Fa ll s " ne i n" , k ö nn en Si e d i e Fra g en N r. 37 un d Nr . 3 8 ü be rsp ri ng e n. 37 . W e lche Gr ünde s ind für e ine Sc hlie ss ung bz w. V e rle gung a uss chla gge be nd? 38 . W e lche n St a ndor t st r e be n Sie f ür e ine a llf ä llige V e rle gung Ihre s Ge s chä f t s a n? Bit t e n ennen o der b esc hrei ben S ie d en ange st rebt en St andort . 39 . W a s sind Ihr e r M e inung na ch die Stä r k e n de r U nt e re n Alt st a dt a ls Eink a uf sor t ? 9 161 Anhang 40 . W a s s ind Ihre r M e inung na ch die z e nt ra le n Pr oble m e de r U nt er e n A lt s ta dt a ls Eink a uf sor t ? 41 . B e für w or te n Sie Ak t iv itä t e n de s Kr a m ga ss le is t s bz w . de r V e re inigt e n Alt st a dtle ist e z ur För de r ung de r At tr a k t iv itä t de r U nte r e n A lt s ta dt a ls Eink a uf sor t (z .B . B lum e ns chm uck , A dve nt s ve r k ä ufe , "da s e inm a lige O bje k t", Vide G r e nie r ) ? ja ne in Fal l s "j a ", be an tw o rte n Si e b i tte d i e Fra ge Nr. 42 , an son ste n kö nn e n Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en . 42 . W e lc he w e it er e n A k tiv it ä t e n sollte n Ihr er M e inung na ch vom Kr a m ga ss le is t bzw . von de n Ve r e inigt e n Alt st a dt le is te n unt e rnom m e n w e r de n, um die A tt r a k tiv it ä t de r U nte r e n Alt st a dt a ls Eink a uf sor t zu s t eige r n? B it t e nennen Sie w eit ere Ak t iv it ät en ne ben den genannt en Bei spi elen: B lum ens c hm uck , Adv ent s v erk auf , "das einm al ige Ob jek t" , V ide Grenier 43 . W a s k önnt e Ihr e r M e inung na c h von de r St a dt Be r n unte r nom m e n w e r de n, um die A tt ra k t ivit ä t de r U nt e r e n Alt st a dt a ls Eink a uf s or t z u st e ige rn? 44 . W a s k önnt e Ihr e r M e inung na c h von de n Ge s chä f t e n unte r nom m e n w e rde n, um die A tt ra k t ivit ä t de r U nt e r e n A lt s ta dt a ls Eink a uf sor t zu st e ige r n? 45 . W ie hoc h ist Ihr e B e re it sc ha ft , s ich f ür die At tr a k t ivitä t de r U nt e re n A lts ta dt a ls Eink a uf s or t z u e nga gie r e n? seh r ge ri ng eh er g er in g eh er h och seh r ho ch 10 162 Anhang 46 . W e lche W ünsc he ode r A nre gunge n ha be n Sie , w a s s ich hinsic htlich der St a ndort be dingunge n ve r ä nde r n s ollt e ? Fra g e n zu I hre m Um fe ld 47 . W ie w ir k e n sic h die folge nde n Fa k tor e n a uf Ihr G e sc hä ft a us ? B it te beurt eil en Si e die Wirk ung. se hr neg at iv eh er n egat i v n egat iv kei ne Wi rkun g eher p osi t iv p osit iv seh r posit iv D et a i lh an de l sge sch äf t e de r Ob ere n Al t st a dt An de re D et a i lh an de l sge schä f t e de r U nt e re n Al t st a dt D ie nst le i st e r ( z. B. Post , Ban k, Arzt , T he rap e ut e n) G ast r on om i e T ou ri sm us At t rak t i vi t ä t de r Ga ssen An bi nd u ng ö f f e nt l i ch er Ve rke hr Park m ög l ich ke i t en Ve rke hr Al t st a dt le be n H ist ori sch e Ge b äu de a nd ere : 48 . H a lte n Sie e ine Zusa m m e na rbe it m it a nde r e n G e sc hä ft e n Ihr e s dir e k t e n Um fe lds für s innv oll? ja n ei n 49 . Ar be ite n Sie m it a nde r e n G es c hä f t sbe t re ibe nde n a us Ihre m dire k t e n U m fe ld z usa m m e n (z .B. ge m e insa m e r Eink a uf, ge m e insa m e W e rbung, Inte r e ss e nve r t re t ung)? ja n ei n Fal l s "j a" , be an t w ort en Si e b it t e di e Frag en Nr. 50 un d Nr. 51 . Fal l s "n ei n ", üb ers pri n ge n Si e b i t t e d i e Fra ge n Nr . 5 0, Nr. 51 un d Nr. 52 . 11 163 Anhang 50 . U m w e lc he Ar t de r K oope ra t ion ha nde lt e s sic h? B it te nennen Sie di e A rt bz w . A rt en der Koopera ti on (z. B. gem eins am er Eink auf , gem ei nsam e We rbung, Int eres se nv ert ret ung) 51 . W ür de n Sie e ine noc h inte ns ive r e Zusa m m e na rbe it m it I hre n G e s chä f ts pa rt ne r Inne n be grüs se n? ja n ei n Fal l s "j a" , be an t w ort en Si e b it t e di e Frag e N r. 5 2, an son st e n k ön ne n Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en . 52 . In w e lc he n Be r e iche n be f ürw ort e n Sie e ine noch int e nsive r e Zus a m m e na rbe it ? B it te nennen Sie di e B ereic he o der A rt en der Kooperat i on. 53 . W e lche W ünsc he ode r A nre gunge n ha be n Sie , w a s s ich in Ihr e m dir e k te n U m f e ld ve r ä nde rn sollte ? Fra g e n zum De t a il ha nd e l sa nge bot i n de r Unt e re n Al ts ta dt 54 . W ie ha t sic h Ihr e r M e inung na ch die V ie lf a lt de s D e ta ilha nde ls a nge bots in de r U nte r e n Alt st a dt se it de m Ja hr 2 0 0 0 v er ä nde r t? Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h die Vie lfa lt de s D e ta ilha nde ls a nge bot in de r U nt e re n A lts ta dt s e it he r ve r ä nde rt ? e he r ve rsch l ech t er t g l ei ch g eb l ie be n e he r ve rb esse rt w e i ss n i cht 55 . W ie ha t sic h Ihr e r M e inung na ch die Q ua litä t de s De t a ilha nde ls a nge bot s in de r U nt e re n A lts ta dt s e it de m Ja hr 20 0 0 v er ä nde r t? Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h die Q ua lit ä t de s D e ta ilha nde ls a nge bot in de r U nt e re n A lts ta dt s e it he r ve r ä nde rt ? e he r ve rsch l ech t er t g l ei ch g eb l ie be n e he r ve rb esse rt w e i ss n i cht 12 164 Anhang 165 Anhang Kom m e nt a re u nd Anr e gun ge n 61 . V ie lle icht ha be n Sie w e it e r e Anr e gunge n, W üns che , Kom m e nta r e ode r Kr itik ? V ie le n D a nk ! 62 . V ie le n D a nk , da ss Sie de n Fr a ge boge n a usge f üllt ha be n. Ihre Mit hilf e w ir d s e hr g es c hä tz t! A ls s pe zie lle n D a nk f ür Ihr e U nt er s tüt zun g ha be n S ie die M öglichk e it, a n e ine r V er los ung t e ilzune hm e n. U nt e r alle n Einse ndunge n we r de n 3 B e rn City -Eink a uf sgut sc he ine im W e r t v on je 1 0 0 C HF ve r lost , die de r K ra m ga s sle ist of fe r ie r t. B it t e gebe n Sie Ihre Kont ak td aten an, dam it i ch Sie b enac hric ht igen kann , f all s Sie unt er den Gew inner Innen si nd. Vo r- u nd Na chn am e : N am e de s Ges chä fts: Stra sse un d Ha us nu mm e r: Po stl ei tza hl un d Ort: E-Ma il - Adr esse : 14 166 Anhang Anhang B Fragebogen Haushalte W issenscha ft li che Um f r ag e zu m St ru kt u rw and el i n d er Un t er en Al tst ad t M aste r ar be it G eo gr ap h isch es I n sti t ut d er Un iv er si t ät Ber n Se hr g ee hr te Be wo h ne ri nn en u n d Bew o hn er a n d er Kr am ga sse Im Rah me n m ei n er Ma ster arb ei t am Ge og ra ph isch e n Insti tu t de r Un iv er sit ät Be rn fü hre ich ei ne Befr ag un g zu m Th e ma „ Stru k turw a nd el in de r Unt ere n Al tsta dt “ a m Be i spi el de r Kra mg asse du rch. Di e se er fol g t in Zusa mm e na rbe i t mi t d em Kr am ga ssl ei st, de r seh r an de r Ana ly se d es Struk tu rw an de ls i n tere ssi er t i st. Auc h di e Ve rei n ig te n Al tsta dtl e ist e ha be n g rosse s Inte res se an de n Er ge bn is sen d er Unt ersu ch un g un d u nte rstü tze n di e se Um fra ge . Zie l d i ese r Befra gu ng i st, In form a ti on en v on Ih ne n a us e rste r H an d zu b e ko mm en , w i e si ch d i e W oh nsi tu ati o n un d d er D eta i lh an de l se i t de m Jah r 20 00 en tw ick el te n u nd w i e si ch d i e Un te re Al tsta dt d ie sb ezü gl i ch i n d en n äch ste n Jah ren w ei ter en tw ic ke ln kö nn te. Da be i so l l be son de rs di e Q ua li tä t de r Un ter en Al tst ad t a l s sozi ok u ltu re ll du rch mi sch te , l eb en di g e, att rak ti ve u n d vi e lfä l ti ge W o hn - , Arb ei ts- , Ei nk au fs- u nd Au sge hz on e erh a lte n u nd ve rbe sser t we rd en . Ih r Mit wi rke n i st en tsch ei de n d, u m d en Str uk tur wa nd el u nd di e Ent wi ckl un g spe rsp ekt ive n Ih re s Wo hn u mfe ld s ko rre kt d ar stel le n zu kön ne n . D esh al b b it te i ch Sie , e n twe de r d en vor li eg en d en Fra ge bo ge n a uszu fü ll en un d i hn an schl i essen d inne rhalb e iner Woche in de m be il i eg e nd en f ran k ie rte n Rü ckse nd e um sch la g zu rü ckzu sen d en o de r a n de r On l in e- Um fra ge un ter f ol ge n de m Li n k te il zu ne hm e n: htt ps://ww w .um frageonline .ch/s/8 3fc9 55 Fal l s Si e Mi tgl i ed de s Kr am ga ssl ei ste s sin d, er ha lt en Si e di e O nl i ne -Um fr ag e pe r E- Ma i l. Ihre Ma i la dr esse erh i el t i ch vo m Kra m ga ssl ei st, sow e it v orh an de n. Di e se w i rd n ich t w ei te rve rw en de t. Der Ze i tau fw an d fü rs Ausf ül l en b et räg t ca. 15 -2 5 Min ut en . Unt er a ll e n Ei n sen du ng en we rd en d re i Be rnCi ty -Ei n ka ufsg ut sche i ne i m We rt vo n j e 1 00 CH F ve rl ost. Se lb stve rstä nd l ich w erd en Ihre Ang ab en ve rtr au li ch b eh a nd el t u nd b l ei be n a nony m, so d ass ke in e Mö gl i chk ei t be ste ht, Rü cksch lü sse a uf ei nz el ne Pe rso ne n zu zi e he n. Bi tte le sen Si e d ie Fra ge n so rg fäl tig du rch un d b ea n two rte n Si e sie wa h rhe it sge tre u. Be i e in ig en Ant wo rte n si nd me hr ere Ant wo rte n m ög l ich . Be i a ll fäl l ig en Rück frag e n u nd Unk la rh ei ten ste he ich Ih ne n g er ne zur Ve rfü gu ng (Tel .: 0 79 94 8 0 4 0 3, E-Ma il : j ea nv ie @st ud en ts.un i be .ch) . Für Ihr e Un ter stüt zun g da nk e Ich Ih ne n be re it s i m Vora us. Freu nd l ich e G rüsse Je an ti ne Vie br ock 167 Anhang 168 Anhang 169 Anhang 170 Anhang 6. W ie ha t s ic h die M ie tbe la st ung s e it de m Ja hr 2 0 0 0 ve r ä nde rt ? Fa lls Sie na c h de m Ja hr 2 0 0 0 in die U nt e re Alts t a dt ge z oge n s ind, w ie ha t sic h die Mie t be las t ung se it he r ve r ä nde rt ? star k g esu nk en ge sun ke n gl ei ch ge bl i eb en erh öh t star k e rhö ht we i ss ni ch t 7. H a be n Sie s ic h s chon e inm a l übe r le gt , v on de r Kr a m ga s se w e gzuz ie he n? ja ne in Fal l s "j a ", be an tw o rte n Si e b i tte d i e Fra ge Nr. 8, a nso nste n k ön ne n Si e di e se Fra ge üb er spri n ge n. 8. A us w e lc he n G r ünde n w ür den Sie von de r K ra m ga s se w e gzie he n? 9. Fa lls Sie H a us e ige nt üm e r In s ind ode r s chon la nge in e ine m H a us w ohne n: A us w e lc he n G r ünde n sind M ie te r w e gge z oge n? Mehr ere N ennungen m ögli ch. Wo hn un g zu kl e in Jo bw e ch sel Mi e tb el ast un g zu h oc h Kom fo rt zu g eri n g zu Vi el Lär m a n d er Kra m ga sse Un sti mm i gk e it u nt er Mi ete rInn en zu w en i g An ge bo te fü r Ki nd er an de re : 10 . Fa lls Sie M it glie d de s Kr a m ga s sle ist e s s ind: Sind Sie z uf r ie de n m it de s s en Ak t iv itä t e n ( z. B. Ja hre s ve r sa m m lun g, W e ihna cht sbe le uc htung, Be s uc he v on k ult ure lle n Anlä s se n, B e tr e ibung e ine s A uss cha nk s a m B usk e r s) ? ja ne in , zu w en i g Akt iv i tät en ne in , zu vi e l e Akt iv i tät en Fal l s "n ei n , zu w en ig Akti v it äte n" , be an tw or ten Si e b i tte d i e Fra ge Nr. 11 , a nso n sten kö nn en Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en . 5 171 Anhang 11 . In w e lc he Ric htung be f ür w ort e n Sie m e hr Ak t ivit ä te n dur ch den Kr a m ga ss le is t? B it te nennen oder bes c hreibe n Sie die Art der A kt iv i tät en. 12 . W e lche W ünsc he ode r A nre gunge n ha be n Sie , w a s s ich in Ihr e r W ohnum ge bung ve r ä nde rn sollte ? Frag en zur Wohn st rukt ur 13 . W ie la nge w ohne n Sie be r e it s in de r K ra m ga s se ? Sei t 14 . Jah re n W ohe r sind Sie in die je tz ige W ohnung e inge z oge n? a us d em se lb en Qu art ie r a us d er St a dt Ber n a us d em Kan t o n Bern a us e i ne m a nd ere n Ka nt o n a us d em Ausl a nd 15 . W ie v ie le P e rs one n w ohne n in Ihr e m H a usha lt ? Anz ah l Perso ne n : 16 . W ohne n K inde r in Ihr e m H a usha lt ? ja n ei n Fal l s "j a" , be an t w ort en Si e b it t e di e Frag e N r. 1 7, an son st e n k ön ne n Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en . 17 . W ie v ie le K inde r w ohne n in Ihr e m H a us ha lt ? Anz ah l Ki nd er : 18 . W e lche W ohnfor m t rif ft a uf Sie zu? M i e t ve rhä l t ni s Ei ge nt u m G en oss en scha f t a nd e re: Fal l s Si e Eig en t ü m e rI n si n d, kö nn en Si e d ie Frag e N r. 1 9 ü be rspr in ge n, an so nst e n b ea nt w o rt e n Si e bi t t e d i ese Frag e. 6 172 Anhang 173 Anhang 174 Anhang 175 Anhang 176 Anhang Kom m e n ta r e und Anr e g ung e n 40 . V ie lle ic ht ha be n Sie we ite r e A nre gunge n, W üns che , Kom m e nta r e ode r K rit ik ? V ie le n Da nk ! 41 . V ie le n D a nk , da s s Sie de n Fra ge boge n a us ge f üllt ha be n. Ihre Mit hilf e w ird s e hr ge sc hä t zt ! A ls spe zie lle n Da nk für Ihr e Unt e r st üt zung ha be n Sie die M öglichk e it , a n e in er V e r losung te ilz une hm e n. U nt e r a lle n Einse nd unge n w er de n 3 Be r nCit y -Eink a uf sgut sc he ine im W e r t v on je 10 0 CH F v e r lost , die de r K r a m gas sle is t off e rie r t . B it t e ge ben Si e Ih re Kon tak t dat en a n, da mi t ic h Si e ben achr ic ht igen kann , f all s Sie unt er de n Gew in nerInn en s ind. Vor- u n d Na ch na me : Str asse un d H au snu m m er: Po stl ei tz ah l u nd Ort : E-Ma i l - Ad re sse: 11 177 Anhang Anhang C Aufruf Brunne Zytig 178 Anhang Anhang D Interviewleitfaden (Beispiel Netzwerk Altstadt) Frage 1 Können Sie sich und das Netzwerk Altstadt bitte kurz vorstellen, was sind Ihre Funktionen? Frage 2 Wie gehen Sie vor, wenn Sie Altstädte beraten? Auf was muss man alles achten? Frage 3 Haben Sie sich schon einmal mit dem Strukturwandel der Berner Altstadt auseinandergesetzt? Wenn ja, inwiefern? Fragen zur Validierung und Ergänzung der S WOT Analyse SWOT Detailhandel Untere Altstadt Bern S tärken S chwächen • Individualität (Abhebung vom M ainstream, individuelle Öffnungszeiten) und historische Authentizität • Qualität des Angebots (hochwertig) • Ambiente (flanieren, ruhig, familiär) • Kompetente Fachberatung • Erreichbarkeit ÖV • Gastronomie- und Dienstleistungsangebot • Lauben (ideal bei Regenwetter) • Zu wenig lebendig von M o-Fr • Parkplatz- und Zufahrtssituation, restriktive Parkpolizei • Branchenmix: mangelndes Angebot für den täglichen Bedarf (v.a. Lebensmittelbranche untervertreten) • Lage (Distanz zum Bahnhof und stark befahrener Kornhaus- / Casinoplatz wirkt wie eine Barriere für Fussgänger) • Keine grossen Geschäfte als „Einkaufsmagneten“ • Leerstand/ Fluktuation/ Nachmieterstruktur • Infrastruktur: M angelhafte Beleuchtung in den Lauben, zu wenig Sitzplätze • Wenig Zusammenarbeit zwischen den Geschäften • Keine einheitlichen Öffnungszeiten Gefahren Chancen • Bereitschaft der Geschäfte für Engagement zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort • Bereitschaft für Zusammenarbeit zwischen den Geschäften • Touristen als neue Kundengruppe • Verändertes Konsumentenverhalten • Einkaufszentren, Internethandel, Auslandseinkäufe • Detailhandelsgeschäfte der Oberen Altstadt als starke Konkurrenz • M assentourismus und Überhandnehmen der Souvenirshops • M ietpreiserhöhung 179 Anhang SWOT Wohnsituation Untere Altstadt Bern • • • • • • • • • • S tärken S chwächen Zentrale Wohnlage Lebendiger Wohnort Erreichbarkeit zu Fuss, Velo, ÖV Historische Bausubstanz ist architektonisch attraktiv Einkaufsmöglichkeiten (für kurz-, mittel- und langfristigen Bedarf) nahe Atmosphäre in den Gassen Kultur-, Gastronomie-, Dienstleistungs- und Freizeitangebot Hoher Sanierungsgrad bzw. hoher Ausbaustandard Wohnraum im mittel- und höherpreisigen Segment Wohnungsleerstand gering, gute Wohnungsnachfrage • Parkplatzmangel • Fehlende Begrünung/öffentliche Grünflächen • Hohe Lärmbelastung (Verkehr Gasbusse, Taxiverkehr in der Nacht, Strassenmusik, M usik von Bars, viele Events) • M angelnde Sauberkeit v.a. am Wochenende und während Events • Wenig Wohnraum für einkommensschwache Haushalte • M eist keine Lifte in den Häusernnicht alters- und behindertengerecht • Fehlende Kindereinrichtungen im Quartier • M ehrheitlich kleine Wohnungen, dunkel, kein Balkon Gefahren Chancen • Gemeinnützige Bauträger • M ietpreisspirale, Sanierungen Wohlstandsinsel • Wohnraumverdrängung durch Büros und Praxen • ProstitutionUnsicherheit Frage 4 Stimmen Sie diesen SWOT Analysen zu? Sehen Sie weitere Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren? Fragen zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Wohn- und Einkaufsort Frage 5 Wie kann eine vielfältige Wohnstruktur bzw. die Untere Altstadt als Wohnstandort für verschiedene Nachfragegruppen gefördert werden? Frage 6 Wie können die Eigentümer sensibilisiert werden, damit Liegenschaften mit mehr sozialverträglichen M ieten bewirtschaftet werden können? 180 Anhang Frage 7 Wie kann der „Lädeli“ Charakter in der Unteren Altstadt erhalten bzw. die Ansiedlung von grossen Filialketten und „toten“ Nutzungen wie Banken, Vermögensverwaltungen etc. verhindert werden? Frage 8 Wie kann unternehmerisches Engagement für die Attraktivitätssteigerun g der Unteren Altstadt als Einkaufsort ausgebaut und die aktive Zusammenarbeit zwischen den Geschäften gestärkt werden? Frage 9 Sehen Sie Potenzial, um den Angebotsmix in der Unteren Altstadt hinsichtlich des täglichen Bedarfs (v.a. Lebensmittelbranche) zu verbessern? Wenn ja, wie könnte dieser verbessert werden? Frage 10 Was ist Ihre Haltung zu der Entwicklung des Tourismus und der zunehmenden Anzahl Souvenirshops in der Unteren Altstadt? Ist diese Entwicklung eher negativ für das Image der Unteren Altstadt oder überwiegen die Vorteile, indem die Laufkundschaft erhöht wird? Frage 11 Wo müssen die planerischen Weichen gestellt werden, um auf die aktuelle Situation richtig zu reagieren und wer sind die zentralen Akteure? Frage 12 Gibt es ähnliche Beispiele wie der Strukturwandel der Unteren Altstadt Bern? Wenn ja, welche und wie wurde dort mit der Situation umgegangen? Frage 13 Gibt es Ihrer Ansicht nach noch Aspekte, die bisher im Interview nicht angesprochen wurden, für die Arbeit jedoch wichtig wären? 181 Anhang Anhang E Detailhandel Klassifikation NOGA 52 Detailhandel (ohne Handel mit Automobilen und ohne Tankstellen); Reparatur von Gebrauchsgütern 52.1 Detailhandel mit Waren verschiedener Art (in Verkaufsräumen) 52.11 Detailhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Tabakwaren 52.11A Verbrauchermärkte (> 2500 m2) 52.11B Grosse Supermärkte (1000-2499 m2) 52.11C Kleine Supermärkte (400-999 m ) 52.11D Grosse Geschäfte (100-399 m2) 52.11E Kleine Geschäfte (< 100 m2) 2 52.12 Sonstiger Detailhandel mit Waren verschiedener Art 52.12A Warenhäuser 52.12B Sonstiger Detailhandel mit Waren verschiedener Art a.n.g 52.2 Fachdetailhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren (in Verkaufsräumen) 52.21 Detailhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln 52.21A Detailhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln 52.22 Detailhandel mit Fleisch und Fleischwaren 52.22A Detailhandel mit Fleisch und Fleischwaren 52.23 Detailhandel mit Fisch, Meeresfrüchten und Fischerzeugnissen 52.23A Detailhandel mit Fisch, Meeresfrüchten und Fischerzeugnissen 52.24 Detailhandel mit Back- und Süsswaren 52.24A Detailhandel mit Back- und Süsswaren 52.24B Bäckereien -Tea-Rooms 52.25 Detailhandel mit Getränken 52.25A Detailhandel mit Getränken 52.26 Detailhandel mit Tabakwaren 52.26A Detailhandel mit Tabakwaren 52.27 Sonstiger Fachdetailhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren (in Verkaufsräumen) 52.27A Detailhandel mit Milcherzeugnissen und Eiern 52.27B Sonstiger Fachdetailhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und Tabakwaren a.n.g. (in Verkaufsräumen) 182 Anhang 52.3 Apotheken; Fachdetailhandel mit medizinischen, orthopädischen und kosmetischen Artikeln (in Verkaufsräumen) 52.31 Apotheken 52.31A Apotheken 52.32 Detailhandel mit medizinischen und orthopädischen Artikeln 52.32A Detailhandel mit medizinischen und orthopädischen Artikeln 52.33 Detailhandel mit Parfümerie waren und Körperpflegemitteln 52.33A Drogerien 52.33B Parfümerien und sonstiger Detailhandel mit kosmetischen Artikeln und Körperpflegemitteln 52.4 Sonstiger Fachdetailh andel (in Verkaufsräumen) 52.41 Detailhandel mit Textilien 52.41A Detailhandel mit Textilien 52.42 Detailhandel mit Bekleidung 52.42A Detailhandel mit Damenbekleidung 52.42B Detailhandel mit Herrenbekleidung 52.42C Detailhandel mit Säuglings- und Kinderbekleidung 52.42D Detailhandel mit Pelzwaren 52.42E Detailhandel mit Bekleidungszubehör und Bekleidung ohne ausgeprägten Schwerpunkt 52.43 Detailhandel mit Schuhen und Lederwaren 52.43A Detailhandel mit Schuhen 52.43B Detailhandel mit Lederwaren und Reiseartikeln 52.44 Detailhandel mit Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Hausrat a.n.g. 52.44A Detailhandel mit Möbeln 52.44B Detailhandel mit Einrichtungsgegenständen und Hausrat a.n.g. 52.45 Detailhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten, Geräten der Unterhaltungselektronik und Musikinstrumenten 52.45A Detailhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten 52.45B Detailhandel mit Geräten der Unterhaltungselektronik 52.45C Detailhandel mit Ton- und Bildträgern 52.45D Detailhandel mit Musikinstrumenten 52.45E Detailhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten und Geräten der Unterhaltungselektronik ohne ausgeprägten Schwerpunkt 52.46 Detailhandel mit Metallwaren, Anstrichmitteln, Bau- und Heimwerkerbedarf 52.46A Detailhandel mit Eisen- und Metallwaren 52.46B Sonstiger Detailhandel mit Metallwaren, Anstrichmitteln, Bau- und Heimwerkerbedarf 183 Anhang 52.47 Detailhandel mit Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und Bürobedarf 52.47A Detailhandel mit Büchern 52.47B Detailhandel mit Zeitschriften und Zeitungen; Kioske 52.47C Detailhandel mit Schreibwaren und Bürobedarf 52.48 Sonstiger Fachdetailhandel a.n.g. (in Verkaufsräumen) 52.48A Detailhandel mit Getreide, Futtermitteln und Landesprodukten 52.48B Detailhandel mit Blumen und Pflanzen 52.48C Detailhandel mit Haustieren und zoologischem Bedarf für Haustiere 52.48D Detailhandel mit Brennstoffen und Heizmaterial 52.48E Detailhandel mit Teppichen, Boden- und Wandbelägen 52.48F Detailhandel mit Brillen und anderen Sehhilfen 52.48G Detailhandel mit fotografischen Artikeln 52.48H Detailhandel mit Uhren und Schmuck 52.48I Detailhandel mit Büromaschinen und -einrichtungen 52.48J Detailhandel mit Computern und Software 52.48K Detailhandel mit Spielwaren 52.48L Detailhandel mit Fahrrädern 52.48M Detailhandel mit Sportartikeln 52.48N Detailhandel mit Geschenkartikeln und Souvenirs 52.48O Kunsthandel 52.48P Sonstiger Fachdetailhandel a.n.g. (in Verkaufsräumen) 52.5 Detailhandel mit Antiquitäten und Gebrauchtwaren (in Verkaufsräumen) 52.50 Detailhandel mit Antiquitäten und Gebrauchtwaren (in Verkaufsräumen) 52.50A Detailhandel mit Antiquitäten 52.50B Detailhandel mit Gebrauchtwaren a.n.g. (in Verkaufsräumen) 52.6 Detailhandel (nicht in Verkaufsräumen) 52.61 Versandhandel 52.61A Versandhandel 52.62 Detailhandel an Verkaufsständen und auf Märkten 52.62A Detailhandel an Verkaufsständen und auf Märkten 52.63 Sonstiger Detailhandel (nicht in Verkaufsräumen) 52.63A Sonstiger Detailhandel (nicht in Verkaufsräumen) 184 Anhang 52.7 Reparatur von Gebrauchsgütern 52.71 Reparatur von Schuhen und Lederwaren 52.71A Reparatur von Schuhen und Lederwaren 52.72 Reparatur von elektrischen Haushaltsgeräten 52.72A Reparatur von elektrischen Haushaltsgeräten 52.73 Reparatur von Uhren und Schmuck 52.73A Reparatur von Uhren und Schmuck 52.74 Reparatur von sonstigen Gebrauchsgütern 52.74A Reparatur von sonstigen Gebrauchsgütern 185 Selbstständigkeitserklärung Selbstständigkeitserklärung 186
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