Analyse des Strukturwandels in der Unteren Altstadt Bern am

Analyse des Strukturwandels in der Unteren Altstadt
Bern am Beispiel der Kramgasse
–
Implikationen für die Quartiersentwicklung
M asterarbeit der Philosophisch-naturwissenschaftlichen Fakultät, Universität Bern
vorgelegt von:
Jeantine Viebrock
2015
Leiterin der Arbeit:
Prof. Dr. Heike M ayer, Geographisches Institut, Gruppe Wirtschaftsgeographie
Impressum
Titelbild: Kramgasse, Untere Altstadt Bern (Fragile Suisse 2015:o.S.)
Copyright © 2015 by Jeantine Viebrock, Abteilung Wirtschaftsgeographie,
Geographisches Institut, Universität Bern
Betreuung: Prof. Dr. Heike M ayer
Layout: Jeantine Viebrock
Druck: Jeantine Viebrock
Vorwort
Vorwort
Die vorliegende M asterarbeit entstand im Zeitraum von Juli 2014 bis September
2015 und wurde als abschliessender Bestandteil des „M aster of Science in
Geography“ in der Forschungsgruppe Wirtschaftsgeographie des Geographischen
Instituts der Universität Bern verfasst.
Die Arbeit erfolgte in enger Zusammenarbeit mit dem Kramgassleist, der den
Anstoss zu dieser M asterarbeit gab. Das aus geschriebene Thema stiess auf mein
grosses Interesse sowohl aufgrund der Aktualität des Themas als auch
insbesondere wegen des Praxisbezugs. M ir wurde die M öglichkeit geboten, in der
Stadt, in der ich meine Studienzeit verbrachte und zu der ich mich hingezogen
fühle, mittels einer Forschungsarbeit an der künftigen Quartiersentwicklung
mitzuwirken. Das Thema zog mich auch deshalb in seinen Bann, da mir die
Arbeit erlaubte, als Auswärtige bzw. Nicht-Bernerin die Untere Altstadt Bern
genauer und aus unterschiedlichen Perspektiven kennenzulernen. Ein Spaziergang
durch die Altstadt bekam plötzlich eine ganz andere Bedeutung für mich.
Gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen, einigen Personen, die mich während
meiner M asterarbeit begleiteten und zum Gelingen der Arbeit beitrugen, zu
danken:
M ein besonderer Dank gilt Frau Prof. Dr. Heike M ayer für die Leitung und
äusserst kompetente Betreuung der M asterarbeit. M it wertvollen Anregungen
unterstützte und förderte sie mich stets. Trotz M utterschaftsurlaub hatte sie immer
ein offenes Ohr für Fragen und ich konnte jederzeit auf ihre fachliche Hilfe
zählen.
Ein ganz spezieller Dank geht an den Kramgassleist, allen voran Herrn Nicola
Schneller und Frau Barbara Büttner, die mir als Ansprechpartner zur Seite standen
und mich als hoch motivierte Altstadtexperten in meinem Vorhaben tatkräftig
unterstützten. Auch gebührt dem Vorstandsmitglied des Kramgassleists Herrn
Peter Ineichen, dem Ehrenmitglied Frau Ursula Bischof Scherer, dem M itglied
Frau M arianne Högstedt sowie der Präsidentin der Vereinigten Altstadtleiste
Stefanie Anliker Dank. Sie gaben mir bei den Vorbereitungen der Feldarbeit
wertvolle Tipps.
I
Vorwort
Besonders hervorheben möchte ich die Detailhändler und Bewohner der
Kramgasse, die aktiv an der Untersuchung mitwirkten.
Während der Arbeit war ich auf das fundierte Wissen von Experten folgender
Bereiche angewiesen: Stadtplanungsamt Bern, Stadt Bern Portfoliomanagement
und Recht, Domänenverwaltung Burgergemeinde, BERNcity, Gemeinnützige
Baugenossenschaft Bern, Netzwerk Altstadt. Ihnen möchte ich an dieser Stelle
einen herzlichen Dank aussprechen. Sie nahmen sich die Zeit für ein Interview
und bereicherten mich so mit ihrem Fachwissen.
Bern, September 2015
Jeantine Viebrock
II
Zusammenfassung
Zusammenfassung
Wie ein Blick in die Geschichte zeigt, sind Stadt- und Ortskerne seit jeher einem
Strukturwandel unterworfen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem
Strukturwandel in der Unteren Altstadt Bern am Beispiel der Kramgasse. Ziel ist
zum einen, den Strukturwandel im Hinblick auf die Detailhandels- und Wohnnutzung zu skizzieren, zum anderen mögliche Implikationen sowie Wege
aufzuzeigen, wie die Untere Altstadt aufgewertet und der Wandel aktiv angegangen werden könnte. Dies, damit die Untere Altstadt als Wohn- und Einkaufsort
weiterhin vielfältig, soziokulturell durchmischt, lebendig und lebenswert bleibt.
Es wird der Forschungsfrage nachgegangen, welche Strukturveränderungen in der
Kramgasse in den Bereichen Detailhandel und Wohnen in Bezug auf die
Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000 feststellbar sind und welche Handlungsempfehlungen sich daraus für die zukünftige Quartiersentwicklung ableiten
lassen. Die Forschungsfrage wird auf der Grundlage der Auswertung aktueller
Fachliteratur, statistischer Daten, einer Umfrage mit den ansässigen Haushalten
und Geschäften an der Kramgasse sowie Experteninterviews diskutiert. Die
Kramgassbefragung stellt dabei die wichtigste Informationsquelle dar.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Strukturwandel vor der Unteren Altstadt nicht
Halt macht und sowohl die Geschäfts- als auch die Wohnnutzung vor vielfältige
und komplexe Herausforderungen stellt. Dennoch verfügt das Quartier über
zahlreiche Stärken und Potenziale, die dem Quartier eine einmalige Gesamtattraktivität verleihen und mit denen dem Wandel begegnet werden kann. Die
Kramgasse allein kann dies allerdings nicht allein bewerkstelligen. Vielmehr
müssen alle betroffenen Akteure des gesamten Quartiers gemeinsam agieren, um
die bisherige Standortqualität für Geschäfte wie Anwohner aufrechterhalten zu
können. Unter Vermittlung der Leiste sind diese Akteure aufgefordert,
Nutzungsstrategien für ihr Quartier zu entwickeln, die in einem Nutzungskonzept
definiert werden sollen.
M it der Arbeit wird die bereits vorhanden Fachliteratur über Strukturwandelprozesse in Innenstädten ergänzt, indem neues Wissen im Rahmen eines
altstadtspezifischen Kontexts geschaffen wird. Da die Arbeit praxisbezogen ist,
liefert sie zudem einen Beitrag für die Quartiersplanung in der Unteren Altstadt
Bern.
III
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Vorwort................................................................................................................. I
Zusammenfassung .............................................................................................III
Abkürzungsverzeichnis.....................................................................................VI
Abbildungsverzeichnis ......................................................................................VI
Tabellenverzeichnis ............................................................................................ X
1
Einleitung ....................................................................................................1
1.1
Problemstellung ............................................................................................3
1.2
Forschungslücken .........................................................................................6
1.3
Zielsetzung und Fragestellung.......................................................................9
1.4
Rele vanz......................................................................................................10
1.5
Untersuchungsge bie t ...................................................................................11
1.5.1
Untere Altstadt Bern .............................................................................11
1.5.2
Kramgasse............................................................................................13
1.6
Aufbau de r Arbeit .......................................................................................14
2
Theoretische- und allgemeine Grundlagen............................................15
2.1
Be griffsabgrenzung .....................................................................................15
2.2
2.3
2.1.1
Innenstadt.............................................................................................15
2.1.2
Detailhandel .........................................................................................16
Strukturwandel im Detailhandel .................................................................19
2.2.1
Handelsendogene Entwicklungen...........................................................19
2.2.2
Handelsexogene Entwicklungen.............................................................24
Auswirkungen de s Strukturwandels für die Innenstadt und innerstädtischen
Quartie re.....................................................................................................30
2.4
2.5
Entwicklungstrend: Inne rstädtisches Wohnen ............................................36
2.4.1
Entwicklung der Siedlungsstruktur .........................................................36
2.4.2
Aktuelle Situation des innerstädtischen Wohnens....................................37
Ansätze und Instrumente z ur Attraktivitätssteigerung von Innenstädten und
Innenstadtquartie ren ..................................................................................42
3
Forschungsdesign .....................................................................................51
3.1
Qualitative und quantitative Me thoden.......................................................51
3.2
Alternative Me thode n .................................................................................51
3.3
Deskriptive Analyse statistischer Daten.......................................................52
3.3.1
Datensammlung....................................................................................53
3.3.2
Datenanalyse ........................................................................................53
IV
Inhaltsverzeichnis
3.4
3.5
Schriftliche Umfrage................................................................................... 54
3.4.1
Stichprobe............................................................................................ 54
3.4.2
Auswahl der Erhebungsdaten ................................................................ 55
3.4.3
Fragebogen .......................................................................................... 58
3.4.4
Verlauf der schriftlichen Befragung ....................................................... 59
3.4.5
Rücklauf .............................................................................................. 60
3.4.6
Datenanalyse........................................................................................ 60
3.4.7
Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens................................... 61
Expe rteninte rviews ..................................................................................... 63
3.5.1
Auswahl der Interviewpartner................................................................ 64
3.5.2
Datensammlung und Vorgehen .............................................................. 64
3.5.3
Durchführung der Experteninterviews .................................................... 65
3.5.4
Datenanalyse........................................................................................ 66
3.5.5
Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens................................... 66
4
Ergebnisse ................................................................................................. 68
4.1
Auswe rtung de r Statistikdaten Grünes Quartie r ........................................ 68
4.2
4.3
4.1.1
Bevölkerung......................................................................................... 68
4.1.2
Wohnungswesen................................................................................... 72
4.1.3
Detailhandel......................................................................................... 75
Auswe rtung de r Umfragen in de r Kramgasse ............................................. 76
4.2.1
Auswertung der Umfrage Detailhandel................................................... 77
4.2.2
Auswertung der Umfrage Haushalte....................................................... 99
Auswe rtung de r Expe rteninte rvie ws ......................................................... 113
4.3.1
Diskussion der SWOT-Analyse Detailhandel Untere Altstadt ................ 114
4.3.2
Diskussion der SWOT-Analyse Wohnen Untere Altstadt ...................... 120
4.3.3
Implikationen für die Untere Altstadt Bern ........................................... 124
5
Diskussion und S chlussfolgerungen ..................................................... 134
5.1
Handelsendogene Strukturve rände rungen................................................ 134
5.2
Handelsexogene Strukturve rände rungen.................................................. 136
5.3
Strukturve rände rungen im Be reich Wohnen ............................................ 136
5.4
Handlungsempfehlungen .......................................................................... 137
5.5
Fazit und Ausblick .................................................................................... 140
5.6
Beitrag und Grenzen de r Unte rsuchung ................................................... 141
Literaturverzeichnis........................................................................................ 144
Onlinequellenverzeichnis................................................................................ 151
Anhang A Fragebogen Detailhandel.............................................................. 153
V
Inhalts-, Abkürzungs-, Abbildungsverzeichnis
Anhang B Fragebogen Haushalte...................................................................167
Anhang C Aufruf Brunne Zytig .....................................................................178
Anhang D Interviewleitfaden (Beispiel Netzwerk Altstadt) ........................179
Anhang E Detailhandel Klassifikation NOGA..............................................182
Selbstständigkeitserklärung............................................................................186
Abkürzungsverzeichnis
Abb.
Abbildung
BID
Business Improvement District
BZ
Betriebszählung
HID
Housing Improvement District
i.d.R.
in der Regel
ISG
Immobilien- und Standortgemeinschaft
o.S.
ohne Seitenangabe
ÖV
Öffentlicher Verkehr
Pkw
Personenkraftwagen
SP
Sozialdemokratische Partei
STEK
Stadtentwicklungskonzept
Tab.
Tabelle
u.a.
unter anderem
VAL
Vereinigte Altstadtleiste
VZ
Volkszählung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1:
Abgrenzung des Untersuchungsgebiets: Berner Innenstadt
gegliedert in Quartiere bzw. statistische Bezirke (Eigene
Darstellung, Datengrundlage: map.geo.admin.ch 2015). ..........12
Abbildung 2:
Bevölkerungsentwicklung des Grünen Quartiers 2000-2013
(Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 20012014a:112). ................................................................................68
Abbildung 3:
Altersstruktur Grünes Quartier und Innere S tadt im Jahr
2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern
2014a:38). ..................................................................................70
VI
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 4:
Bevölkerungsbewegungen im Grünen Quartier 2000-2013
(Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 20012014a:40)................................................................................... 71
Abbildung 5:
Wohnungsbestand nach Anzahl der Zimmer im Grünen
Quartier und in der Inneren S tadt im Jahr 2013 (Eigene
Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2014a:151).72
Abbildung 6:
Entwicklung der durchschnittlichen Monatsmietpreise nach
Wohnungsgrösse in der Inneren Stadt 2000-2013 (Eigene
Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 20012014a:112)................................................................................. 74
Abbildung 7:
Umfragerücklauf der befragten Geschäfte an der
Kramgasse
nach
Branchenzugehörigkeit
(Eigene
Darstellung). .............................................................................. 77
Abbildung 8:
Filialisierungsgrad der beteiligten Geschäfte an der
Kramgasse (Eigene Darstellung). ............................................ 78
Abbildung 9:
Branchenzugehörigkeit
der Mehrbetriebsunternehmen
(Eigene Darstellung).................................................................. 78
Abbildung 10: S tandort der Filialen der Mehrbetriebsunternehmen (Eigene
Darstellung). .............................................................................. 79
Abbildung 11: Geschäftsstruktur nach Art der Gründung des Geschäfts an
der Kramgasse (Eigene Darstellung)....................................... 79
Abbildung 12: Gründungsjahr der beteiligten Geschäfte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).................................................................. 80
Abbildung 13: S truktur der Beschäftigten nach Anstellungsart in den
befragten Geschäften an der Kramgasse (Eigene
Darstellung). .............................................................................. 80
Abbildung 14: Geschäftsstruktur nach Beschäftigtenart der Inhaber
(Eigene Darstellung).................................................................. 81
Abbildung 15: Beschäftigtenstruktur der befragten Geschäfte an der
Kramgasse nach Branche (Eigene Darstellung)..................... 81
Abbildung 16: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in
der Unteren Altstadt aus Sicht der befragten Geschäfte an
der Kramgasse (Eigene Darstellung)....................................... 82
Abbildung 17: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der
Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten
Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................ 83
Abbildung 18: Veränderung der Qualität des Detailhandelangebots in der
Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten
Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................ 83
Abbildung 19: Wichtigkeit der S tandortfaktoren für die befragten
Geschäfte an der Kramgasse (Eigene Darstellung)................ 84
Abbildung 20: Wirkungen der Umfeldfaktoren auf die befragten Geschäfte
an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ................................ 85
Abbildung 21: S tandortzufriedenheit der befragten Geschäfte an der
Kramgasse (Eigene Darstellung). ............................................ 86
VII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 22: Monatlicher
Mietzins
(ohne
Nebenkosten)
nach
Geschäftsflächengrösse (Eigene Darstellung). ........................86
Abbildung 23: Empfundene Mietbelastung der befragten Geschäfte an der
Kramgasse (Eigene Darstellung)..............................................87
Abbildung 24: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene
Darstellung). ..............................................................................87
Abbildung 25: Befürwortung von einheitlichen Öffnungszeiten in der
Unteren Altstadt (Eigene Darstellung). ...................................88
Abbildung 26: Bedeutung des Geschäfts für das Einkommen (Eigene
Darstellung). ..............................................................................88
Abbildung 27: Entwicklung des Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000
(Eigene Darstellung). .................................................................89
Abbildung 28:
Einschätzung der Geschäftsperspektive (Eigene Darstellung).
...................................................................................................90
Abbildung 29: Veränderung der Anzahl Kunden der befragten Geschäfte
an der Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).91
Abbildung 30: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte an einem
durchschnittlichen Werktag (Eigene Darstellung).................91
Abbildung 31: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte am S amstag
(Eigene Darstellung). .................................................................92
Abbildung 32: Anteil der Kundengruppe an der Kundschaft der befragten
Geschäfte (Eigene Darstellung). ...............................................93
Abbildung 33: Wichtigkeit der Kundengruppe als Zielgruppe für die
befragten Geschäfte (Eigene Darstellung)...............................94
Abbildung 34: Veränderung der Zusammensetzung der Kundschaft seit
dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung)........................................94
Abbildung 35: Zusammensetzung der Kundschaft nach Anteil der
S tammkundschaft (Eigene Darstellung)..................................95
Abbildung 36: Empfundener Nutzen von Zusammenarbeit zwischen den
Geschäften (Eigene Darstellung)..............................................96
Abbildung 37: Zusammenarbeit zwischen den befragten Geschäften
(Eigene Darstellung). .................................................................96
Abbildung 38: Bereitschaft der befragten Geschäfte für mehr Engagement
zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als
Einkaufsort (Eigene Darstellung). ...........................................97
Abbildung 39: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der
VAL zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt
(Eigene Darstellung). .................................................................97
Abbildung 40: Haushaltsstruktur nach
Anzahl
Personen (Eigene
Darstellung). ..............................................................................99
Abbildung 41: Wohnstruktur der befragten Haushalte nach Wohnform
(Eigene Darstellung). .................................................................99
Abbildung 42: Herkunft der befragten Haushalte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung). ...............................................................100
VIII
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 43: Einzugsjahr der befragten Haushalte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung)................................................................ 101
Abbildung 44: Einzugsgründe (Eigene Darstellung)..................................... 101
Abbildung 45:
Wohnraumveränderung seit dem Jahr 2000 (Eigene
Darstellung)............................................................................. 102
Abbildung 46:
Hausausstattung mit einem Lift (Eigene Darstellung). ....... 102
Abbildung 47: Häufigkeit der S anierungen bzw. Renovierungen (Eigene
Darstellung). ............................................................................ 103
Abbildung 48: Empfundenes
Ausmass
der
S anierungen
bzw.
Renovierungen (Eigene Darstellung)..................................... 104
Abbildung 49: S tandortzufriedenheit der befragten Kramgassbewohner
(Eigene Darstellung)................................................................ 104
Abbildung 50: Veränderung der direkten Wohnumgebung seit dem Jahr
2000 (Eigene Darstellung)....................................................... 105
Abbildung 51: Monatlicher
Mietzins
(ohne
Nebenkosten)
nach
Wohnungsgrösse (Eigene Darstellung). ................................ 106
Abbildung 52: Empfundene Mietbelastung der befragten Haushalte an der
Kramgasse (Eigene Darstellung). .......................................... 107
Abbildung 53: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene
Darstellung). ............................................................................ 108
Abbildung 54: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der
VAL zur Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt
(Eigene Darstellung)................................................................ 108
Abbildung 55: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der
Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten
Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ............ 109
Abbildung 56: Veränderung der Qualität des Detailhandelangebots in der
Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten
Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung). ............ 110
Abbildung 57: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in
der Unteren Altstadt aus Sicht der befragten Haushalte an
der Kramgasse (Eigene Darstellung)..................................... 110
Abbildung 58: Einkaufshäufigkeit der befragten Haushalte an der
Kramgasse in der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung)... 111
Abbildung 59: Entwicklung des Kaufverhaltens der befragten Haushalte an
der Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).... 111
Abbildung 60: Branchennutzungen in der Unteren Altstadt durch die
befragten Kramgassbewohner (Eigene Darstellung). .......... 112
Abbildung 61: Einkaufsgründe der befragten Haushalte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung)................................................................ 112
IX
T abellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht Daten auf Quartiersebene (Eigene Darstellung). .........53
Tabelle 2: Vor- und Nachteile der schriftlichen Befragung (Eigene
Darstellung). .....................................................................................54
Tabelle 3: Erhebungsgrundlage Umfrage Geschäfte (Eigene Darstellung). .56
Tabelle 4: Erhebungsgrundlage Umfrage Haushalte (Eigene Darstellung)..57
Tabelle 5: Vor- und Nachteile von Experteninterviews (Eigene Darstellung).
..........................................................................................................63
Tabelle 6: S WOT Detailhandel Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung).
........................................................................................................114
Tabelle 7: S WOT Wohnen Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung)......120
X
Einleitung
1
Einleitung
Oft werden Innenstädte mit einer Einkaufspassage gleichgesetzt. Dabei ist die
Einkaufsnutzung mit dem Detailhandel im Vergleich zum Alter der europäischen
Innenstädte, die meist im M ittelalter entstanden sind, erst ca. 150 Jahre alt. Diese
Nutzung lässt sich auf die Industrialisierung zurückführen (BM VBS 2011:18). So
entwickelte sich im 19. Jahrhundert die „Handelsstadt“ mit M ärkten auf den
städtischen Plätzen zu einer „Detailhandelsstadt“ mit kleinteilig strukturierten
Ladengeschäften. Daraus entstand im 20. Jahrhundert die Einkaufsstadt, wie wir
sie heute kennen, mit Ladengeschäften und ihren Schaufenstern (ebd.:6). Obwohl
Innenstädte oder Altstädte traditionelle Handelsorte sind, „[…] ist das
Beständigste am Handel der Wandel“ (ebd.:18). „Auch das scheinbar stabilste, die
Altstadt, ist einem Wandel unterworfen“ (Netzwerk Altstadt 2013:6). Die
Strukturwandelprozesse, die heute im Detailhandel erkannt werden, hielten schon
seit den 1960er-Jahren in allen westeuropäischen und seit den 1990er-Jahren in
den meisten osteuropäischen Ländern Einzug (Bahn & Potz 2007:31). Die
Eigenheiten des Strukturwandels werden intensiv in fachdisziplinären Debatten
diskutiert und lassen sich anhand verschiedener Trends veranschaulichen, die
insbesondere die historischen Innenstadtbereiche vor
vielfältige Heraus-
forderungen stellen (Brülisauer 2010:8). Der Strukturwandel im Detailhandel
drückt sich hauptsächlich durch neue Betriebsformen aus. Einerseits sind diese
durch eine Flächenexpansion geprägt. Für diesen Trend bieten Innenstädte mit
ihrer kleinräumigen Struktur ungünstige Entwicklungsmöglichkeiten (BM VBS
2011:18). So verlagerte sich der Detailhandel aus den Stadtzentren an den
Stadtrand (Hasler 2014:25). Andererseits ist der Strukturwandel durch starke
Unternehmenskonzentrationen
gekennzeichnet.
Diese
Veränderungsprozesse
gefährden den innerstädtischen Einzelhandel, und zwar vornehmlich die
inhabergeführten Geschäfte sowie die ökonomische Grundlage der Innenstädte
(BM VBS 2011:18). Oftmals vollzieht sich eine schleichende Entwertung der
Innenstädte. In den Haupteinkaufsstrassen der Innenstädte stellt sich ein
Attraktivitätsverlust durch eine zunehmende Uniformität ein, sodass der
Abwechslungsreichtum der Innenstadt gefährdet ist (ebd.:7). In den Nebengeschäftslagen werden die strukturellen Probleme anhand eines Rückgangs der
inhabergeführten Geschäfte deutlich. Zum Teil wird der Rückgang des
Detailhandelangebots durch andere Dienstleistungen kompensiert, die aber nicht
immer gleichwertige Kundenströme generieren. Andernfalls bleiben Leerstände
1
Einleitung
zurück (Wieland 2011:5). Diese Entwicklungen stehen in enger Wechselbeziehung zum Kaufverhalten. So lässt sich der Verlust der inhabergeführten
Detailhandels geschäfte, auch als Phänomen des „Lädelisterbens“ bekannt, u.a. auf
die laufend gebauten Shoppingcenter zurückführen, die vielfach an den
Autobahnausfahrten entstehen. Sie schwächen die Existenzgrundlage der
Geschäfte in der Innenstadt (Weidmann 2008:23). Dies, wegen des ständig
mobiler werdenden Einkaufverhaltens (Brülisauer 2010:9).
Die Konsumenten begeistern sich auch immer mehr für das grenzüberschreitende
„Online-Shopping“. Aufgrund der Frankenaufwertung wird dieser Trend
momentan in der Presse rege diskutiert. So wuchsen die Umsätze der im Ausland
bestellten Produkte in den letzten Jahren um 10%, was gleichzeitig Umsatzeinbussen für den Schweizer Detailhandel bedeutet. Damit verschärft sich der
Strukturwandel im Handel (Voigt 2015:15). „Die Folge sind gehäufte Ladenschliessungen in den Innenstädten, leerstehende Geschäftslokale und eine
Verarmung des stationären Angebots. Halten können sich zumeist die internationalen Ladenketten und etablierten Luxusmarken“ (Hug 2015:o.S.). Im
Zusammenhang einer schleichenden Verarmung der Einkaufsmöglichkeiten in
den Innenstädten, die dem Druck des Strukturwandels in Richtung Online-Handel
nicht standhalten können, wird von einer „Verödung der Städte“ gesprochen
(Voigt 2015:15).
Es stellen sich die elementaren Fragen, wie sich Innenstädte gegen die
Konkurrenz der Einkaufszentren auf der „grünen Wiese“ und den OnlineEinkäufen im In- und Ausland behaupten können, wie ihre ökonomische Basis
gestärkt und das Stadtzentrum belebt werden kann.
Auf der anderen Seite wirkt sich der Strukturwandel positiv auf die Innenstädte
aus, indem die Innenstädte nach jahrzehntelanger „Stadtflucht“ und Suburbanisierung einen Trendwechsel erfahren. Sie werden wieder mehr als
Investitionsort gesehen und das urbane Wohnen wird neu wertgeschätzt.
Innenstädte gelten als Identifikationsorte und verfügen über eine einzigartige
Atmosphäre, die sich durch die bauliche Dichte, städtebauliche, architektonische
Qualität, kulturelle Anziehungspunkte und durch die grosse Vielfalt an Nutzungen
auszeichnet (Brülisauer 2010:8). Von der Attraktivität der Innenstädte als
Einkauf- und Wohnorte zeugen auch die hohen M ietpreise für Ladenflächen und
Wohnungen. Die negative Kehrtwende davon ist einerseits, dass „... die Rendite
2
Einleitung
und eine hohe finanzielle Sicherheit für die Vermieter oft die grössere Rolle
spielt, als einem Start-up oder No-Name mit interessantem Konzept eine Chance
zu geben“ (Ziegler 2015:21). Andererseits werden „... die Citys so teuer, dass
abgeschottete ,Wohlstandsinseln‘ drohen“ (Bodenschatz & Harlander 2010:3f).
Damit weisen Bodenschatz & Harlander (ebd.:4) auf die Tendenz der
Gentrifizierung hin, sodass die einkommensschwachen und mittelständischen
Familien kaum mehr erschwinglichen Wohnraum in der Stadt finden bzw. das
„neue“ Stadtwohnen zu einem „Privileg der Reichen“ (ebd.:4) wird. Dies führt
dazu, dass sich die städtische Bevölkerung segregiert. Es stellt sich die Frage, wie
mit der Kostenproblematik umzugehen ist, die sich in den Städten mit den zum
Teil horrenden Bodenpreisen als schwer lösbar erweist (ebd.:4). Denn die
Funktionsfähigkeit und Nutzungsvielfalt eines Quartiers ist v.a. durch die
Unterschiedlichkeit ihrer Bewohner sicherzustellen (VLP-ASPAN 2012a:8).
Zusätzlich findet in allen „kompakt gebauten Städten des Kontinents“
(Lichtenberger 2002:277) eine Umwandlung von Wohnungen in Büroraumflächen im Althausbestand statt. So mieten sich Büros zunehmend im ersten und
zweiten Stockwerk ein und verdrängen damit den stark nachgefragten Wohnraum
in den Innenstädten. Dieser Vorgang korreliert nicht mit den Bemühungen der
Stadtplanung, die Wohnbevölkerung im Stadtkern zu halten (ebd.:273ff).
1.1
Problemstellung
Der Strukturwandel macht auch vor der Unteren Altstadt in Bern nicht Halt und
führt zu tiefgreifenden Veränderungen. Bern gilt zwar „... als gemütliche Stadt,
in der sich die Dinge eher langsam verändern. Doch in der Altstadt tut sich gerade
viel, was diesem gemächlichen Image zuwiderläuft“ (Lutz 2014:o.S.). Einerseits
sind Herausforderungen im Detailhandel festzustellen. Das Geschäftszentrum
verlagerte sich in die Obere Altstadt. Infolgedessen wird von einigen Geschäften
eine Abnahme der Passantenfrequenz in der Unteren Altstadt befürchtet
(Kramgassleist 2006a:o.S.). Der Kramgassleist 1 , der der Dachorganisation der
1
Der Kramgassleist ist ein Zusammenschluss von Geschäftsinhabern, Hauseigentümern und
Anwohnenden der Kramgasse und vertritt deren Interessen. Er ist einer der fünf Leisten, die sich
unter den Vereinigten Altstadtleisten vereinen. Neben dem Kont akt zu Behörden, anderen Leisten
und weiteren Organisationen setzt sich der Kramgassleist dafür ein, dass die Kramgasse attraktiv,
wohnlich und besucherfreundlich bleibt. Dafür organisiert und führt er auch regelmässig
Veranstaltungen durch (VAL 2015a:o.S.).
3
Einleitung
Vereinigten Altstadtleiste (VAL) 2 angehört, sieht diese Entwicklung des freien
M arkts insofern als Gefahr, als dass die Untere Altstadt kommerziell gesehen
immer mehr im „Schatten“ der Oberen Altstadt steht. M it dem dadurch
verursachten Kaufkraftabzug in die Obere Altstadt ist die Existenz zahlreicher
Traditionsgeschäfte und die Bedeutung der Unteren Altstadt als Detailhandelsstandort gefährdet (mündliche Aussagen Kramgassleist 2014). Aber gerade die
Vielfalt des Kleingewerbes mit den inhabergeführten Geschäften zeichnet die
Untere Altstadt aus (VAL 2014:2). Dieser für die Untere Altstadt kennzeichnende
„Lädeli“ - Charakter ist darüber hinaus von einer zunehmenden „Filialisierung“
bedroht, die mit einer starken M ietzinserhöhung in den letzten Jahren in
Verbindung gebracht wird. Für das lokale Gewerbe bedeutet dies, dass die
M ietzinse nicht mehr finanzierbar sind und deshalb durch finanzstarke Filialketten
ersetzt wird, was auch als „Lädelisterben“ betitelt wird. Da es sich bei solchen
Veränderungen im Detailhandel vorwiegend um M odeketten handelt, ist die
„Textilisierung“ der Unteren Altstadt als weitere Gefahr zu nennen, also eine
Verarmung
der
Branchenvielfalt
aufgrund
des
Überhandnehmens
der
M odebranche. Aufgrund der M ietzinsentwicklung und damit verbundenen
steigenden M ieter- bzw. Eigentümerwechsel lässt sich aber nicht nur eine
Zunahme von Grossbetrieben wie Filialketten in der Kramgasse erkennen,
sondern auch
ein Rückgang im Detailhandelsangebot. So werden die
inhabergeführten Detailhandels geschäfte neben Filialgeschäften auch durch
Dienstleistungsbetriebe kompensiert (mündliche Aussagen Kramgassleist 2014).
Vom Kramgassleist als auch von der Stadtberner SP wird eine Abnahme des
Kleingewerbes zu Gunsten von zahlreichen Bankfilialen attestiert, die in der
Berner Altstadt in den letzten Jahren eröffnet wurden (Zimmermann 2015:o.S.).
Diese Branchenverschiebung untermauert eine Standortbestimmung, bei der 92
produzierende Handwerksbetriebe gegenüber 468 Dienstleistungsfirmen in der
Unteren Altstadt verzeichnet wurden. Es drohen Ladensterben und ein Verlust der
Branchenvielfalt (Bürgi 2014:3ff). Für eine grosse Branchenvielfalt ist die
Innenstadt jedoch berühmt. Überdies generieren solche „tote“ Sockelnutzungen
auch keine gleichwertigen Kundenströme wie die Detailhandelsnutzung. Dadurch
wird die Lebendigkeit der Unteren Altstadt beeinträchtigt und die noch
2
Die Vereinigten Altstadtleiste (VAL) bilden die Dachorganisation der Gass enleiste in der
Unteren Altstadt Bern. Die VAL sind politisch und konfessionell neutral und vertreten die
Interess en der Anwohner, Ges chäftsinhaber, Haus - und Wohnungseigentümer und allen die in der
Altstadt arbeiten oder sich in dieser aufhalten gegenüber den Behörden. Zudem koordinieren und
organisieren die VAL gassenübergreifende Anlässe (VAL 2015b:o.S.).
4
Einleitung
bestehenden inhabergeführten Geschäfte erfahren Umsatzeinbussen aufgrund der
rückläufigen Laufkundschaft (mündliche Aussagen Kramgassleist 2014).
Den Kramgassleist beunruhigt, dass beträchtliche M ietzinse, Filialisierung,
Textilisierung, Fluktuation, Ladensterben sowie die Zunahme der Finanzdienstleister zu einer „Verödung“ oder gar zum „Tod“ der Unteren Altstadt als
Detailhandelsstandort führen und damit dessen Attraktivitätsverlust bewirken.
Vor allem wird der Verlust der Urbanität, das Verschwinden des bunten Treibens
und der Angebots- bzw. Nutzungsvielfalt in den Gassen wahrgenommen
(Brülisauer 2010:8).
Wie der Detailhandel durchläuft auch die Wohnnutzung, die einen grossen
Stellenwert in der Unteren Altstadt Bern einnimmt und eines der wichtigsten
Kriterien für deren Lebensqualität darstellt, strukturelle Veränderungen (Bürgi
2014:4). Immer mehr Wohnungen werden saniert, was sich meist in stark
ansteigenden M ietzinsen auswirkt, die für Durchschnittsbürger unerschwinglich
werden. Der Prozess der Gentrifizierung setzte bereits ein (Büttner 2014:2). Der
Kramgassleist betrachtet die Entwicklung der Wohnungsmieten und damit
einhergehend die Gentrifizierung insofern problematisch, als dass sie der soziokulturellen Durchmischung des Quartiers schadet. Liegenschaften, die mit
sozialverträglichen M ieten bewirtschaftet werden sind deshalb für den Erhalt
einer lebendigen und vielfältigen Altstadt wichtig (VAL 2014:2).
Ein weiteres Problem sieht der Kramgassleist in puncto Sicherheit. Es besteht ein
Nutzungskonflikt mit der Prostitution, von dem zwar v.a. die Seitengassen
konfrontiert sind und nicht die Hauptgassen wie die Kramgasse. Dennoch nimmt
dieses Problem allmählich gassenübergreifende Formen an (mündliche Aussagen
Kramgassleist 2014).
Zu dieser unerwünschten Nutzung im Quartier wird die Tourismusnutzung vom
Kramgassleist ebenfalls kritisch hinterfragt. Die Untere Altstadt ist zwar als
UNESCO-Weltkulturerbe attraktiv, was die hohen Besucher- und Tourismuszahlen belegen. Dennoch birgt der zunehmende Tourismus die Gefahr, die
Bedeutung des Charakters der Unteren Altstadt als Wohnquartier mit einer
Vielzahl an Geschäften sukzessive abzuschwächen (Franz 2014:7). Die
Nutzungsart des Tourismus stellt nach dem Kramgassleist dann ein Problem dar,
wenn die Untere Altstadt durch den Tourismus übernutzt wird (VAL 2014:4).
5
Einleitung
Der Kramgassleist betrachtet diese Quartiersentwicklung mit Sorge und ist
deshalb u.a. im Rahmen des Stadtentwicklungskonzepts (STEK) 2015 (vgl.
4.3.3.2) bemüht, die negativen Folgen des Strukturwandels zu lindern und damit
einen Abstieg zu verhindern, der die Untere Altstadt entwerten würde. Vielmehr
sollen die Chancen des Strukturwandels erkannt und gezielt ausgeschöpft werden,
um die Wohn- und Arbeitssituation den Entwicklungen anzupassen, sodass die
Lokalitätenvielfalt weiter bestehen kann. Dafür gibt es aber keine einfachen
Patentrezepte. Da Städte unterschiedliche Entwicklungsvoraussetzungen haben,
sind individuelle Lösungen zu finden (BM VBS 2011:14). Deshalb ist eine
genauere Analyse und Erklärung des laufenden Strukturwandels unabdingbar, um
die Voraussetzung für darauf aufbauende Strategien zu schaffen (Brülisauer
2010:9).
1.2
Forschungslücken
Das Thema Detailhandel und Strukturwandel ist in den M edien stark präsent. In
der geographischen Handelsforschung, die der Wirtschaftsgeographie angehört,
existiert dazu eine Fülle an Literatur. Allerdings ist letztere für die Schweiz nur in
begrenztem M asse zu finden. Es scheint, dass in den Nachbarländern,
insbesondere in Deutschland, erheblich mehr in diesem Bereich geforscht wird.
Somit basiert die Literaturanalyse vorwiegend auf deutscher Literatur. Es wird
jedoch davon ausgegangen, dass die allgemeinen Tendenzen in Deutschland in
etwa mit denen der Schweiz vergleichbar sind. Dabei muss aber beachtet werden,
dass jede Stadt aufgrund ihrer Eigenheiten eine andere Ausgangssituation hat.
Obwohl eine ebenso grosse Fülle von Arbeiten zum Thema „Innenstadt und deren
Revitalisierung“ existiert, beschäftigen sich nur relativ wenige Arbeiten dezidiert
mit den vorhandenen spezifischen Detailhandelsstrukturen in den Innenstädten.
Vielmehr werden in der Literatur die allgemeinen Entwicklungstrends im Handel
thematisiert. Weniger wird hingegen auf die Spezifität einer Innenstadt
eingegangen.
Im
Fokus
stehen
meist
grossräumige
gesamtstädtische
Betrachtungen und keine altstadtspezifische Analysen. Ebenso stehen kaum
Nebengeschäftslagen im M ittelpunkt der Untersuchung. M it einer altstadtspezifischen Untersuchung in Bern mit Fokus auf die Kramgasse soll diesem
M anko Rechnung getragen werden.
6
Einleitung
Am
Geographischen
Institut
der
Universität
Bern
entstanden
bereits
Diplomarbeiten zur Berner Innenstadt, die der Thematik dieser M asterarbeit sehr
nahe kommen und Anknüpfungspunkte bieten. Zum einen ist die Arbeit von
Trachsler (2008) zu nennen: „Die Veränderungen der Detailhandelsstruktur in der
Berner Innenstadt zwischen 1995 und
2008. Attraktivitätsgewinn oder
Attraktivitätsverlust?“. Ihr Ergebnis bildete eine Datengrundlage zu den
Veränderungen der Detailhandelsstruktur in der Berner Innenstadt, um damit die
Attraktivität
des
Berner
Detailhandels
zu
beurteilen.
Sie
stellte
die
Hauptveränderungen in Form von Filialisierung und Textilisierung fest, die sich
negativ auf die Angebotsvielfalt des Berner Detailhandels auswirken. Deshalb
kann nach deren Resultaten von einer Attraktivitätsminderung des Berner
Detailhandels gesprochen werden. Zum anderen kann die Arbeit von Simonett
(2007) „Wohnattraktivität der Berner Innenstadt“ herangezogen werden.
Ausgehend davon, dass die Bevölkerung der Berner Altstadt zwischen den Jahren
1990 und 2000 abnahm, deren Grund in einem Verlust der Wohnattraktivität
gesehen wird, ging Simonett der Frage nach, ob die Berner Altstadt tatsächlich
eine Veränderung der Attraktivität in Bezug aufs Wohnen erfuhr. Sie kam zum
Schluss, dass die Berner Innenstadt insgesamt als attraktiver Wohnort eingestuft
werden kann und der Bevölkerungsrückgang v.a. auf die Haushaltsverkleinerung
und Suburbanisierung zurückzuführen ist. Ausserdem stellte sie Zukunftsszenarien für die Wohnsituation der Berner Innenstadt auf. Eine weniger aktuelle,
aber trotzdem erwähnenswerte Untersuchung ist die Diplomarbeit von Erard
(1990) mit dem Titel: „Verdrängungsprozesse in der Berner Innenstadt.
Veränderungen in der Branchen- und Betriebsstruktur zwischen 1975 und 1989
im Hinblick auf die Frage nach der attraktiven Innenstadt“. Er untersuchte die
Attraktivität der Berner Innenstadt bezüglich des Nutzungswandels im
Allgemeinen, wobei der Detailhandel einen Teilbereich der Untersuchung bildete.
In seiner Arbeit wurde die Untere Altstadt nicht berücksichtigt. Er identifizierte
eine
Verdrängung
wertschöpfungsextensiver
Nutzungen
und
regionaler
selbstständiger Unternehmen, die durch die anhaltende Tertiärisierung und
Internationalisierung der Betriebe verursacht wurde. Erard eruierte als Folgen
daraus eine Abnahme der Branchenvielfalt, eine Polarisierung der Angebotsstrukturen sowie eine M onotonisierung hinsichtlich der Zusammensetzung der
Betriebstypen. Für den Detailhandel zeigten sich nach
Erard
insofern
Polarisierungstendenzen, als dass ein starkes Flächenwachstum der Grossraum7
Einleitung
geschäfte wie Warenhäuser und gleichzeitig eine Zunahme von Klein- und
Spezialgeschäften stattfand. Internationalisierungstendenzen sind gemäss Erard
im Detailhandel durch die Konzentration von finanzkräftigen Betrieben wie
Geschäftsketten feststellbar. Ausserdem zeigte Erard Veränderungen in der
Warenangebotsstruktur auf, die sich durch ein Wachstum des Bekleidungsangebots und einen Rückgang der Wohn- und Einrichtungs gegenstände ergaben.
Eine weitere Studie ist zu erwähnen, und zwar diejenige von credit suisse (2012)
„Swiss Issues Branchen. Retail Outlook 2012. Fakten und Trends“. In dieser wird
der Detailhandel von Schweizer Innenstädten anhand verschiedener Kriterien
verglichen wie z.B. Branchenmix, Detailhandelsangebot, Filialisierungsgrad.
Zudem werden entsprechende Trends wie Ladensterben und Filialisierung
evaluiert. Dabei schneidet Bern als dritt attraktivste Innenstadt nach Zürich und
Genf ab. Im Unterschied zu diesen Arbeiten bezieht sich die vorliegende Arbeit
nicht auf die gesamte Berner Innenstadt, sondern auf eine tiefere Ebene, nämlich
auf die eines Quartiers. Weiter wurde die Themenwahl im Gegensatz zu den
aufgeführten Studien mit der Kombination der Bereiche Wohnen und
Detailhandel zweidimensional angelegt.
Neben der spärlich vorhandenen spezifischen Literatur bezüglich der Innenstadt
sind auch die statistischen Grundlagen kaum für tiefgründige Interpretationen
geeignet bzw. geben keinen zufriedenstellenden Aufschluss über den Strukturwandel auf Quartiersebene. Infolgedessen hat die Arbeit einen explorativen
Charakter.
Die Verteilung der bisherigen Forschungsfelder wird als unausgewogen erachtet.
M eist liegt der Forschungsschwerpunkt auf neuen Betriebsformen, deren
Auswirkungen kritisch bewertet werden. In diesem Zusammenhang werden
Altstädte für den modernen Detailhandel als ungünstig betrachtet und die
Detailhandelsentwicklungen in Altstädten werden vorwiegend als negativ
begriffen. In diesem Zusammenhang wird auch in Arbeiten zur lokalen Ökonomie
die Bedeutung des Detailhandels in strukturschwachen Stadtteilen thematisiert.
Ansätze, die in diesen Standortlagen endogenes Potenzial sehen, sind rar. Der
Strukturwandel und dessen Folgen für die Nebenzentren sollte aber nicht nur im
Hinblick auf die damit verbundenen Gefahren erforscht werden, sondern auch
hinsichtlich der sich daraus ergebenden Potenziale. Die vorliegende Arbeit setzt
entsprechende Akzente, indem der Strukturwandel nicht als wertend negativ
8
Einleitung
verstanden wird. Es wird versucht, die Besonderheiten des Strukturwandels in der
Unteren Altstadt am Beispiel der Kramgasse zu identifizieren, die sowohl
Gefahren als auch Potenziale bergen.
Des Weiteren sind in Bezug auf die Altstadtentwicklung in der Literatur
Forschungslücken im Hinblick auf konkrete Handlungsmöglichkeiten vorhanden.
Die Arbeit liefert dazu einen Beitrag, diesem ent gegenzuwirken, indem
Handlungsempfehlungen für die zukünftige Quartiersentwicklung gegeben
werden.
1.3
Zielsetzung und Fragestellung
Ziel der M asterarbeit ist, eine Bestandsaufnahme des Strukturwandels der Unteren
Altstadt am Beispiel der Kramgasse vorzunehmen und dabei die Dynamik des
Detailhandels und Wohnens hinsichtlich der Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000
zu analysieren. Diese Zeitspanne eignet sich, um eine Entwicklung zu erkennen
und ist auf die vorhandene Datengrundlage ausgerichtet (vgl. Tab. 1). Die
Themenbereiche
„Detailhandel“
und
“Wohnen“
im Hinblick
auf
den
Nutzungsmix der Unteren Altstadt bilden den Fokus der Untersuchung. Dies
begründet sich darin, dass beide Bereiche von einem Strukturwandel betroffen
sind. Zudem nimmt sowohl die Vielfalt an Geschäften als auch die Wohnnutzung
eine zentrale Funktion der Urbanität ein. Von daher sind beide für die
Lebendigkeit einer Stadt unabdingbar.
Neben dieser Untersuchung ist die Arbeit handlungspraktisch ausgerichtet.
Aufbauend auf der ersten Zielsetzung werden in einem weiteren Schritt
Handlungsempfehlungen aus gearbeitet, wie die Qualität der Unteren Altstadt als
soziokulturell durchmischter, lebendiger und vielfältiger Wohn- und Einkaufsort
erhalten und in den nächsten Jahren weiterentwickelt werden könnte. Dies
beinhaltet einerseits das Erkennen der zentralen Problemfelder, Akteure und
Veränderungen des Nutzungsmix in der Unteren Altstadt. Andererseits schliesst
dies die Untersuchung von M öglichkeiten und Instrumenten mit ein, die gezielt
eingesetzt werden können, um die negativen Folgen des Strukturwandels zu
schmälern bzw. einen attraktiven Nutzungsmix zu gewährleisten.
9
Einleitung
Aus der Zielsetzung ergibt sich folgende übergeordnete Fragestellung:
Welche Strukturveränderungen lassen sich in der Kramgasse in den Bereichen
Detailhandel und Wohnen in Bezug auf die Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000
feststellen und welche Handlungsempfehlungen können davon für die zukünftige
Quartiersentwicklung abgeleitet werden?
Aus der Hauptfragestellung werden folgende Unterfragen abgeleitet, die als
Leitfragen dienen:
• Was sind die Hauptentwicklungen/Trends seit dem Jahr 2000 in den Bereichen
Detailhandel und Wohnen? Woraus bestehen die typischen Eigenheiten des
Strukturwandels?
• Wie hat sich die Nutzungsvielfalt in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000
verändert?
• Was sind die Gründe für den Strukturwandel?
• Was sind die Stärken, Schwächen, Chancen, Gefahren des Strukturwandels
(SWOT)?
• Stellt der Strukturwandel einen Attraktivitätsverlust der Unteren Altstadt dar?
• Wer sind die zentralen Akteure und welche Interessen vertreten sie?
• Welche Akteure haben die grössten Einflussmöglichkeiten auf die Strukturveränderung?
• M it welchen Instrumenten und Strategien können den negativen Auswirkungen
des Strukturwandels Einhalt geboten werden?
• Wie können die Urbanität und der Nutzungsmix der Unteren Altstadt erhalten
und gefördert werden?
1.4
Relevanz
Aus theoretischer bzw. wirtschaftsgeographischer Perspektive werden mit der
Arbeit wirtschaftliche Entwicklungen resp. Strukturveränderungen im Detailhandel und Immobilienmarkt in einem Stadtteil oder Quartier aufgegriffen und
versucht, die diesbezüglichen Forschungslücken zu schliessen.
Planerisch gesehen bietet die Arbeit mit einer breit abgestützten Analyse des
Strukturwandels in der Unteren Altstadt am Beispiel der Kramgasse eine wichtige
Grundlage für die zukünftige Quartiersentwicklung. Die Arbeit liefert dem
10
Einleitung
Kramgassleist bzw. den VAL Hintergrundwissen, auf dem zukünftige Handlungsentscheide getroffen werden können.
Auch die Stadt Bern kann von der Arbeit profitieren, eine wissenschaftlich
fundierte Studie als Ausgangspunkt für die künftige Stadtplanung zu erhalten. Ihr
Interesse an der Arbeit wurde bereits bekundet.
Ebenso ist die Innenstadtorganisation BERNcity an der Arbeit interessiert. Die
Organisation sieht sich als „Stimme der Innenstadt, macht sich stark für die
Anliegen ihrer M itglieder und engagiert sich vor allem in den Bereichen
M arketing, Politik und Events“ (BERNcity 2015:o.S.).
Desgleichen zeigt der Berner Heimatschutz Interesse an der Arbeit, der sich „...
für den Erhalt von historisch wertvollen Bauten einsetzt, das Entstehen von guten
Um- und Neubauten sowie den Dialog zwischen Fachwelt und Allgemeinheit
fördert“ (Berner Heimatschutz 2010:o.S.). Letztere Tätigkeit bilden z.B.
Architekturforen, für die die Arbeit einen Beitrag leisten wird. Denn die Autorin
wird aufgrund einer Anfrage des Berner Heimatschutzes eine Präsentation der
M asterarbeit im Rahmen eines Architekturforums halten.
Nicht zuletzt zeigt sich eine gesellschaftliche Relevanz. Denn sowohl Geschäftsinhaber als auch Bewohner der Unteren Altstadt sind von dem Strukturwandel
direkt betroffen, für sie gilt es, bedarfsgerechte M assnahmen zu finden.
1.5
Untersuchungsgebiet
Die Untersuchung wurde räumlich beschränkt. So wurde der Strukturwandel in
der Unteren Altstadt Bern analysiert. Insbesondere steht dabei die Kramgasse im
Zentrum des Untersuchungsgebiets. Dieser Perimeter wurde gewählt, weil sich
der Detailhandel in der Kramgasse konzentriert und die Kramgasse einen
historischen Stellenwert als wichtigen Handels- bzw. M arktort sowie Wohnort
einnimmt. Eine weitere Begründung liegt in der Tatsache, dass die M asterarbeit
im Auftrag des Kramgassleists erfolgte. Somit rückt die Kramgasse automatisch
ins Zentrum der Analyse.
1.5.1
Untere Altstadt Bern
Die Untere Altstadt Bern stellt das Untersuchungsgebiet dar. Sie umfasst das
Gebiet vom Zeitglockenturm bis zur M atte. Die Berner Innenstadt ist nach der
Namensgebung aus der Zeit Napoleons in fünf Quartiere gegliedert: das Rote,
11
Einleitung
Gelbe, Grüne, Weisse und Schwarze Quartier (Benovici 2010:o.S.). Die Abgrenzung dieser fünf Quartiere deckt sich mit den fünf statistischen Bezirken, in die
die Berner Innenstadt für statistische Zwecke eingeteilt wurde (Statistik Stadt
Bern 2014a:9). Während das Rote Quartier bzw. der Statistische Bezirk 5 und das
Gelbe Quartier bzw. der Statistische Bezirk 4 zur Oberen Altstadt zählt, beherbergt die Untere Altstadt das Grüne bzw. den Statistischen Bezirk 3, das Weisse
Quartier bzw. den Statistischen Bezirk 2 und das Schwarze Quartier bzw. den
Statistischer Bezirk 1 (vgl. Abb. 1).
Abbildung 1:
Abgren zung des Untersuchungsgebiets: Berner Innenstadt gegliedert in
Quartiere b zw. statistische Bezirke (Eigene Darstellung, Datengrundlage:
map.geo.admin.ch 2015).
Bern wurde 1191 auf einer Halbinsel umgeben von der Aareschlaufe gegründet
und ist “... eine der grossartigsten Zeugnisse mittelalterlichen Städtebaus in
Europas“ (Bern Tourismus 2015:o.S.). Aufgrund des weitgehend unverändert
erhaltenen mittelalterlichen Stadtbildes gehört die Berner Altstadt seit 1983 zum
UNESCO - Weltkulturerbe. Das Stadtbild ist von einer Geschlossenheit, 6 km
Laubengängen, Figurenbrunnen, dem M ünster, Sandsteinfassaden sowie von einer
einzigartigen Dächerlandschaft geprägt (ebd.:o.S.). Zusätzlich steht die Untere
12
Einleitung
Altstadt im Gegensatz zur Oberen Altstadt gemäss Art. 76 der Bauordnung (Stadt
Bern 2006:22) ganzheitlich unter Denkmalschutz.
1.5.2
Kramgasse
Neben der räumlichen Beschränkung auf die Untere Altstadt wurde in einer
zweiten Limitation die Kramgasse gewählt, auf die der Forschungsschwerpunkt
gelegt wurde. Die Kramgasse führt vom Zeitglockenturm bis zur Höhe der
M ünsterplattform stadtabwärts und liegt im Grünen Quartier bzw. statistischen
Bezirk 3 (vgl. Abb. 1). Zusammen mit der Gerechtigkeitsgasse bildet sie die
Hauptgasse der Unteren Altstadt. Sie ist der Kern der Altstadt und befindet sich
im Übergangsbereich zur Oberen Altstadt.
„Schon immer war die Kramgasse eine wichtige Gasse. ... Seit Jahrhunderten
siedelten hier Gewerbe und Handel, Zünfte und gewichtige Bürger an“
(Kramgassleist 1958:8). Bis ins 19. Jahrhundert war die Kramgasse der belebteste
Handelsort von Bern, in der das erste Kaufhaus von Bern entstand. Die
Kramgasse wurde breit angelegt, damit in ihr der M arkt abgehalten werden konnte
(ebd:22). M it der Entstehung von Warenhäusern in der Oberen Altstadt im 19.
Jahrhundert verlagerte sich der Handelsort allmählich in die Obere Altstadt. Dies,
auch vor dem Hintergrund, dass seit den 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts die
Häuser der Unteren Altstadt unter Denkmalschutz stehen und nicht beliebig
umgebaut werden können (Kramgassleist 2006b:o.S.). Zudem sind die Häuser in
der Unteren Altstadt nach Art. 80 Absatz 5 der Bauordnung (Stadt Bern 2006:23)
„... über dem zweiten Vollgeschoss dem Wohnen vorbehalten“. Damit ist die
Nutzung eines Gebäudes für den Detailhandel in der Unteren Altstadt sowohl
vertikal als auch horizontal eingeschränkt.
Heute bilden „... viele leistungsfähige Spezialgeschäfte das vielseitige
Einkaufszentrum unter einem Laubendach an der Kramgasse“ (Kramgassleist
1958:39). „Früher war die Kramgasse eine geschäftige Gasse, heute eine
Geschäftsstrasse von ganz spezieller Art“ (ebd.:8). Neben einer Vielzahl an
Fachgeschäften 3 umsäumt die Kramgasse Bildungsstätten wie das Konservatorium, Kultureinrichtungen bspw. Kinos und Kellertheater sowie Restaurants und
Bars. Weitere Kennzeichen der Kramgasse sind die barocken Hausfassaden und
3
„Fachgeschäft: Branchenspezi fis ches oder bedarfsgruppenorientiertes Sortiment in grosser
Auswahl und in unterschiedlichen Qualitäten und Preislagen mit Bedienung und ergänzenden
Dienstleistungen (z.B. Kundendienst); Beispiel: Bekleidungsfachgeschäft“ (Heineberg 2014:190).
13
Einleitung
drei Brunnen. Seit 2005 ist die Kramgasse zudem eine Begegnungszone
(Baeriswyl & Frey-Kupfer 2008:7ff).
1.6
Aufbau der Arbeit
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel. Das erste Kapitel beginnt mit der
Heranführung ans Thema. Neben der Problemstellung, den Forschungslücken und
der Relevanz der Thematik umfasst das erste Kapitel die der Arbeit zugrunde
liegende Fragestellung sowie deren Ziele. Aus gehend von einer Ebene der
grossräumigen Betrachtung erfolgt eine altstadtspezifische Analyse. Dafür werden
im zweiten Kapitel die für die weitere Bearbeitung notwendigen theoretischen
Grundlagen erörtert. In Kapitel drei wird das Forschungsdesign ausführlich
erklärt. Im darauffolgenden Kapitel werden die empirischen Ergebnisse
präsentiert. M it einer Bilanzierung und Diskussion der Ergebnisse aus den
vorherigen Kapitel, der Beantwortung der Forschungsfrage und einem Ausblick
für weitere Forschungsfelder schliesst die Arbeit ab.
Aufgrund der Vielzahl der personenbezogenen Bezeichnungen wird bis auf die
Fragebogen der Kramgassumfrage (vgl. Anhang A und B) und die diesbezüglichen Grafiken (vgl. 4.2) ausschliesslich die maskuline Form verwendet, die
stellvertretend für beide Geschlechter steht.
14
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
2
Theoretische- und allgemeine Grundlagen
Für das Verständnis der Strukturwandelprozesse ist es notwendig, den aktuellen
Stand der Forschung zu beleuchten. Zunächst werden wesentliche Begriffsdefinitionen vorgenommen. Anschliessend erfolgt eine themenspezifische Abhandlung zum Strukturwandel im Detailhandel und innerstädtischen Wohnen.
2.1
Begriffsabgrenzung
Bevor auf die theoretischen Grundlagen eingegangen wird, werden für die Arbeit
die zentralen Begriffe „Innenstadt“ und „Detailhandel“ definiert. Diese
Definitionen dienen als Grundlage für die weiteren Betrachtungen. Zudem wird
der Stellenwert der Detailhandelsbranche in der Schweiz erörtert und der Begriff
„Strukturwandel“ im Zusammenhang des Detailhandels geklärt.
2.1.1
Innenstadt
„Innenstädte sind vielfältig in ihrer Funktion, verschieden in ihrer Dimension,
individuell in ihrer Geschichte und speziell in ihrer Eigenart“ (BM VBS 2011:15).
Für den Begriff „Innenstadt“ gibt es keine allgemeingültige Definition. Was als
Innenstadt verstanden wird, reicht von dem engeren Verständnis der Innenstadt
als „Stadtzentrum“ oder „City“ bis hin zum weiter gefassten Begriff der „inneren
Stadt“, die neben dem Zentrum auch die Innenstadtrandgebiete einschliesst
(ebd.:15). Ein Stadtzentrum kennzeichnet eine räumliche Standortkonzentration
zentraler Einrichtungen. Der Begriff „City“ bezieht sich auf grössere Städte und
entspricht deren Zentrumsbereich, der sich durch eine Vielzahl von funktionalen
und physiognomischen M erkmalen (Grund- und Aufriss) auszeichnet (Heineberg
2014:178ff).
In der Pluralität der Begriffsverwendung decken sich die Kriterien, die eine
Innenstadt als Kern der Gesamtstadt ausmacht, nämlich „hohe bauliche und
soziale Dichte, Nutzungsmischung, hohe Konzentration von Geschäften aller Art
und Büros diverser Branchen, zentrale Versorgungsfunktionen und räumlichfunktionale Zentralität“ (BM VBS 2011:15).
In den meisten europäischen Städten entspricht die Innenstadt dem historischen
Stadtkern, in denen die historischen Ursprünge liegen. Sie zeichnen sich meist
durch Stadtbild prägende und identitätstiftende Bauwerke und Plätze aus
(ebd.:15). „Die Innenstadt ist ein Ort der Begegnung, ein Ort mit Kultur und
15
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Geschichte“ (Neff 2012:18). Aufgrund der Identitätsfunktion einer Innenstadt,
deren architektonischen Vielfalt sowie kurzen Wegen zu einem vielfältigen
Kultur-, Freizeit- und Konsumangebot ist sie ein begehrter Standort für Wohnund Gewerbenutzungen (Netzwerk Altstadt 2013:2). Lebendige und architektonisch attraktive Innenstädte sind wichtige Standortfaktoren (BM VBS 2011:12).
„Lebendigkeit“ wird als Stadtleben verstanden, das sich durch einen „regen
Betrieb mit der Anwesenheit von vielen Leuten“ (Brülisauer 2010:8) auszeichnet.
Die Wohnfunktion ist überwiegend auf die oberen Stockwerke der Gebäude
begrenzt. Die Innenstädte „dienen vorwiegend der Unterbringung von Handelsbetrieben sowie der zentralen Einrichtungen der Wirtschaft, der Verwaltung und
der Kultur“ (Paesler 2008:76). Neben diesen Nutzungen ist die Innenstadt von
grösseren Städten auch ein zentraler Standort für Bildungseinrichtungen wie
Universitäten. Deshalb hat die Innenstadt eine tragende wirtschaftliche Bedeutung
für die Gesamtstadt und die Region. Dies erweist sich aber als schwierig für die
räumliche Abgrenzung der Innenstadt, weil sie nicht isoliert betrachtet werden
kann, sondern in Wechselbeziehungen mit der Gesamtstadt und der Region steht
(BM VBS 2011:15).
Traditionell sind die historisch gewachsenen Innenstädte Orte des Handels. Diese
Funktion üben sie noch heute aus und zählen zu den wichtigsten Standorten des
Detailhandels (Neff 2012:18). „Allein die Innenstädte der zehn grössten Städte
der Schweiz
4
vereinen rund 35'800 Detailhandelsbeschäftigte (Vollzeitäqui-
valente) und 5'400 Geschäfte auf sich. Dies entspricht 14% aller Beschäftigten im
Detailhandel und 11% aller Läden des Landes“ (ebd.:20). Da der Detailhandel die
Leitfunktion einer Innenstadt bildet, ist dessen Dynamik massgeblich für die
Strukturveränderungen in der Innenstadt (BM VBS 2011:18).
2.1.2
Detailhandel
Der für diese Arbeit verwendete Begriff „Detailhandel“ wird mit dem Begriff
„Einzelhandel“ gleichgesetzt, wobei der Begriff „Detailhandel“ v.a. in der
Deutschschweiz verbreitet ist. Für die Arbeit wird der Begriff „Detailhandel“ und
„Einzelhandel“ als Synonym verwendet.
4
10 grösste Städte gemessen an der Einwohnerzahl: Basel, Bern, Biel, Genf, Lausanne, Lugano,
Luzern, St. Gallen, Winterthur, Zürich (Neff 2012:27).
16
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Detail- bzw. Einzelhandel wird als „der Verkauf von Waren an Endverbraucher“
(Knox & M arston 2008:474) definiert. Er nimmt eine Vermittlerrolle zwischen
den Herstellern und dem Grosshandel auf der Input-Seite und den Konsumenten
auf der Output-Seite ein. Der Verkauf kann stationär in Ladengeschäften,
ambulant mit temporären Standorten wie z.B. M arktständen, über den Versand
oder durch Auslieferung an die Kunden erfolgen. Als spezielle Form des
Versandhandels verzeichnet der E-Commerce, „Warenangebot im Internet,
Bestellung per elektronische M edien, Auslieferung an den Wohnstandort“
(ebd.:474f), gegenwärtig hohe Zuwächse.
Der Begriff „Detailhandel“ lässt sich auch durch die „allgemeine Systematik der
Wirtschaftszweige“ (NOGA) 5 abgrenzen: „Detailhandel umfasst den Wiederverkauf (Verkauf ohne Weiterverarbeitung) von Neu- und Gebrauchtwaren v.a. an
private Haushalte, für den privaten Ge- oder Verbrauch, in Verkaufsräumen, in
Warenhäuser, an Ständen, durch Versandhäuser, Strassenhändler und Haustürverkauf, Verbrauchergenossenschaften, Auktionshäuser usw.“ (BFS 2008:128).
2.1.2.1
Bedeutung des Detailhandels in der S chweiz
Der Detailhandel hat neben seiner gesellschaftlich bedeutenden Versorgerfunktion
eine grosse volkswirtschaftliche Bedeutung, weil er eine wichtige Rolle für den
Arbeitsmarkt spielt und einen relevanten Beitrag zur gesamtwirtschaftlichen
Wertschöpfung leistet. Der Detailhandel ist nach dem Baugewerbe die
zweitwichtigste Arbeitgeberbranche der Schweiz (Gewerkschaft Unia 2012:8),
obwohl die Beschäftigungsentwicklung im Detailhandel an der Gesamtbeschäftigung seit dem Jahr 2000 bedingt durch den Strukturwandel in Form von
Ladensterben und Produktivitätssteigerungen rückläufig ist. Der Detailhandel
beschäftigt in der Schweiz 320'000 Personen, davon 252'000 als Vollzeitäquivalente (Adler & Keating 2014a:23). Das sind 7% aller Beschäftigten der
Schweiz. Demnach arbeitet jeder vierzehnte Beschäftige in der Schweiz im
Detailhandel (ebd.:4).
5
NOGA: Die NOGA (Nom enclature Générale des Activités économiques) oder Nomenkl aturen Allgemeine Systematik der Wirtschaftszweige „... ist ein grundlegendes Arbeitsinstrument, um
statistische Informationen zu strukturi eren, zu analysieren und darzustellen. Diese Systematik
ermöglicht, die statistischen Einheiten ‚Unternehmen’ und ‚Arbeitsstätten’, aufgrund ihrer
wirtschaftlichen Tätigkeit zu klassieren und in eine übersichtliche und einheitliche Gruppierung zu
bringen“ (BFS 2015:o.S.).
17
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Im Jahr 2012 erwirtschaftete der Detailhandel 25.4 M illiarden Schweizer Franken
und trägt mit 4.5% zur Wertschöpfung der Schweizer Realwirtschaft bei (Adler &
Keating 2014b:28).
Zusätzlich kommt dem Detailhandel eine soziale Rolle zu. M it einem
Teilzeitanteil von 41% und einer Frauenerwerbstätigkeit von 67% im Jahr 2011
weist der Detailhandel die höchste Teilzeit- und Frauenerwerbsquote aller
Branchen des privaten Sektors auf (Gewerkschaft Unia 2012:13f). Der Detailhandel stellt auch am meisten Ausbildungsplätze zur Verfügung und übt eine
soziale Integrationsfunktion aus, indem er niedrig Qualifizierten eine berufliche
Chance gibt (economiesuisse 2012:1). Jedoch muss auch angemerkt werden, dass
ein Grossteil der Angestellten im Niedriglohnsektor anzusiedeln ist (BAK Basel
Economics 2006:27).
Der Detailhandel ist zudem zahlreichen strukturellen Veränderungen unterworfen,
worauf im nächsten Kapitel eingegangen wird.
2.1.2.2
S trukturwandel
Strukturwandel ist ein schleichender Veränderungsprozess, der sich nur anhand
von Indizien feststellen lässt. „Schlüsselfaktoren für diesen Wandel sind:
• eine steigende Kaufkraft, verbunden mit dem Bedürfnis nach einer grösseren
Sortimentsvielfalt
• eine flächigere Siedlungsweise und erhöhte M obilität, sei es durch private oder
öffentliche Verkehrsmittel
• eine vernetzte, teilweise globalisierte Wirtschaft, die sich auf den Detailhandel
auswirkt“ (Netzwerk Altstadt 2013:19).
Der Strukturwandel ist besonders an dem Auszug der Läden aus den Zentren und
der Verschiebung der Kaufkraft in die Peripherie zu erkennen. Dieser Prozess
läuft in kleineren und mittleren Städten (bis 30'000 Einwohner) schneller ab und
ist weiter fortgeschritten als in grösseren (Netzwerk Altstadt 2013:19). Der
Wandel in den grösseren Städten zeigt sich nicht in den Kernen, sondern in den
Quartierzentren (Hasler 2014:25). Er nimmt eine Sonderstellung als Veränderungsprozess in den Ortszentren ein und er wird mit einem wirtschaftlichen
Abstieg und einem Verlust von Zentrumsfunktionen in Verbindung gebracht. So
wird das Stadtbild als „belebtes Einkaufszentrum“ ins Negative verändert
(Netzwerk Altstadt 2013:19).
18
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
2.2
Strukturwandel im Detailhandel
In diesem Kapitel werden die Eigenheiten des Strukturwandels anhand der
Hauptentwicklungen bzw. Trends im Detailhandel und deren Einflussfaktoren
erfasst. Der Einzelhandel ist durch eine grosse strukturelle und räumliche
Dynamik geprägt. Aus dem Zusammenspiel von Angebots-, Nachfrage- und
räumlichen Planungseinflüssen der Politik entstehen Strukturen und Dynamiken
des Einzelhandels (Kulke 2010: 230). In diesem Zusammenhang wird auch von
handelsendogenen und -exogenen Einflüssen gesprochen, die als Ursachen des
Strukturwandels gelten. Diese lassen sich nicht immer klar voneinander
abgrenzen, sondern beeinflussen sich wechselseitig (Heinritz et al. 2003:40).
2.2.1
Handelsendogene Entwicklungen
In diesem Unterkapitel werden die M erkmale der Strukturveränderungen
hinsichtlich der Angebotsseite bzw. der Veränderungen erläutert, die ihren
Ursprung innerhalb des Detailhandels haben.
2.2.1.1
Betriebsformenwandel
Detailhandelsbetriebe sind mit ständigen Veränderungen des Sortiments (Breite
und Tiefe), der Personal- und Raumkosten sowie der M arktbedingungen wie z.B.
Nachfragepräferenzen konfrontiert. Interne Strukturveränderungen des Detailhandels anhand eines Betriebsformenwandels sind die Folge. „Betriebsformen
sind typische Kombinationen von M erkmalen eines Betriebs (Flächengrösse,
Bedienungsform, Preisniveau, Betriebsgestaltung, Personalstruktur)“ (Kulke
2010:219). Nach Heinritz et al. (2003:26f) wird eine Betriebsform durch ihre
Handlungs-, Organisations- und Kooperationsform charakterisiert. Die Handlungsform umfasst die Standortwahl, Sortiments- und Preisfestlegung sowie das
Bedienungsprinzip (Selbst- oder Fremdbedienung). M it der Organisationsform
werden strategische Entscheidungen festgelegt, ob z.B. das Geschäft nur an einem
Standort tätig sein soll oder ob das Unternehmenskonzept oder Teile davon auf
weitere Filialen an anderen Standorten übertragen werden soll. Je nach Strategie
stellt die Organisationsform entweder ein Ein- oder M ehrbetriebsunternehmen
dar. M it der Kooperationsform wird über Kooperationsmöglichkeiten bezüglich
Einkauf, z.B. Beschaffungskooperationen, Absatz, z.B. Werbegemeinschaften
sowie Standort, z.B. Interessengemeinschaften entschieden (ebd.:26f). Bei
letzterer Kooperationsform ist zu erwähnen, dass diese immer mehr dem
19
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Phänomen der „Trittbrettfahrer“ ausgesetzt ist. Dazu gehören besonders die
Filialbetriebe, die meist keine emotionale Bindung an den Standort aufweisen und
damit auch nicht zur finanziellen Handlungsfähigkeit der Interessengemeinschaften beitragen (Reichhardt & Schote 2012:19).
Gemäss der Lebenszyklustheorie hat jede Betriebsform nur eine bestimmte
Lebensdauer. Danach wird eine neue Betriebsform in der Entstehungsphase
eingeleitet. Falls sie erfolgreich ist, geht sie in eine anschliessende Expansionsphase über, in der weitere Betriebe dieser Form entstehen. Ihr M arktanteil steigt.
In der dritten Phase, der Reifephase, wird der maximale M arktanteil dieser
Betriebsform erreicht und ihr Zuwachs ist nur noch gering. In der letzten Phase,
der Rückbildungsphase, entspricht die Betriebsform nicht mehr den M arktbedingungen, sodass deren Ablösung durch eine neue Betriebsform die Folge ist
(Kulke 2010:219). Demnach bedeutet der Begriff „Betriebsformenwandel“ die
Herausbildung und Veränderungen von Betriebsformen. M it den neuen Betriebsformen gehen auch Veränderungen in den Standortpräferenzen einher. So wird
das primäre System der innerörtlich integrierten Versorgungsstandorte durch ein
sekundäres Standortsystem ergänzt, das durch Handelsagglomerationen an den
suburbanen Knotenpunkten des Verkehrsnetzes für den motorisierten Individualverkehr bestimmt ist (M iosga 2002:84).
Dieser Betriebsformenwandel und die damit verbundenen Veränderungen der
räumlichen Verteilung der Detailhandelsstandorte können empirisch nachgewiesen werden. Im Lebensmitteleinzelhandel Deutschlands überwogen bis in die
60er-Jahre kleine Bedienungsläden, die durch Selbstbedienungsgeschäfte und
Supermärkte 6 allmählich ersetzt wurden (Kulke 2010:219). Sie revolutionierten
den Detailhandel grundlegend, indem sie eine neue Betriebsform aufwiesen, deren
wesentliche Innovation das Selbstbedienungsprinzip war. Damit war sowohl ein
immer stärkerer Trend der Personaleinsparung als auch die Vervielfältigung des
Angebots bzw. die Vergrösserung und Standardisierung der Sortimente verbunden. Zudem waren grössere Ladenflächen erforderlich. Die Vergrösserung des
Sortiments ist nicht nur als eine Innovation der Produzenten zu verstehen, sondern
wurde auch durch die Differenzierung der Nachfragetypen angetrieben (Heinritz
et al. 2003:43). Damit wurde die Expansion von grossflächigen Verbraucher6
„Supermarkt bietet auf einer Verkaufs fläche von mind. 400 m2 Lebens- und Genussmittel
(einschl. Frischwaren, z.B. Obst, Gemüse) und ergänzenden Waren des täglichen oder
kurzfristigen Bedarfs anderer Branchen vorwiegend in Selbstbedienung an“ (Heineberg 2014:190).
20
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
märkten 7 und Selbstbedienungswarenhäusern
8
in den 80er-Jahren aus gelöst.
Bedingt durch ihre Grösse fiel ihre Standortwahl auf den Stadtrand, sodass
ebenfalls von einer „Suburbanisierung des Einzelhandels“ (Kulke 2010:220)
gesprochen wird. Darunter wird eine Ausdünnung des Versorgungsnetzes im
Zentrum und einem Bedeutungs gewinn von Standorten im suburbanen Raum
verstanden (ebd.:220). Einerseits sind die Bodenpreise an den Siedlungsrändern
i.d.R. günstiger und der Bau grosser Verkaufsflächen einfacher (Neuhaus 2013:6).
Andererseits wurde die Dezentralisierung der modernen Betriebsformen durch die
zunehmende Pkw-M obilität eingeführt. Nicht mehr räumliche Nähe, sondern eine
gute Erreichbarkeit wurde entscheidend (Dess 2005:40).
Im Weiteren kam die Betriebsform der Discounter auf, die oft den Standort von
Supermärkten einnahmen. Supermärkte sind wegen ihres vielfältigen Angebots
einem hohen Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Ebenso werden sie aufgrund hoher
Personalkosten mit einer ungünstigen Kostenstruktur konfrontiert. Dahingegen
sichern sich Discounter Kostenvorteile durch ein begrenztes Sortiment, niedrige
Preise und ein einfaches Ladendesign (Kulke 2010:220).
Eine ähnliche Entwicklung verzeichnen auch die Non-Food-Geschäfte. Seit den
70er-Jahren veränderte sich ihre Struktur von Fachgeschäften und Warenhäusern 9
in innerstädtischen Zentrenlagen zu Gunsten von Fachmärkten10 im suburbanen
Raum. Letztere sind geprägt durch das Selbstbedienungsprinzip, grössere
7
„Verbrauchermarkt ist ein gross flächiger Einzelhandelsbetrieb mit mind. 1000m2 Verkaufs fläche
mit breiten und tiefen Sortimenten an Lebens- und Genussmitteln sowie an Gütern des kurz- und
mittelfristigen Bedarfs überwiegend in Selbstbedienung. Weitere Merkmale sind: Dauerniedrigpreis- oder Sonderangebotspolitik; i. Allg. autoorientierte Standorte (Alleinlage oder in Einkaufszentren)“ (Heineberg 2014:190).
8
„Selbstbedienungs-/SB-Warenhaus ist ein grossflächiger, meist ebenerdiger Einzelhandelsbetrieb
(mind. 3.000 m2 , international sogar mind. 5.000 m2 ) mit umfassendem Sortiment (v.a. Lebensmittel); ganz oder überwiegend Selbstbedienung; kein kostenintensiver Kundendienst; hohe
Werbeaktivität in Dauerniedrigpreis- oder Sonderangebotspolitik; grundsätzlich autoorientierte
Standorte, entweder isoliert oder in gewachsenen und geplanten Zentren“ (ebd.:190).
9
„Warenhaus ist ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb (mit 3.000 m2 Verkaufs fläche); er biet et i.
Allg. auf mehreren Etagen breite und überwiegend tiefe Sortimente mehrerer Branchen (meist
Non-Food-Waren) mit tendenziell hoher Servi cetätigkeit und eher hohem Preisniveau an. Hinzu
kommen ergänzende Dienstleistungen (Gastronomie, Reisevermittlung, Finanzdienstleistungen).
Die Verkaufsmethoden reichen von Bedienung (z.B. Fernsehbereich) über Vorwahlsystem (z.B.
Bekleidung) bis hin zur Selbstbedienung (z.B. Lebensmittel). Die Standorte sind in der Innenstadt
bzw. in größeren gewachsenen Zentren oder Einkaufszentren“ (ebd.:190).
10
„Fachmarkt: meist grossflächiger und i.Allg. ebenerdiger Einzelhandelsbetri eb mit breitem und
oft auch tiefem Sortiment aus einem Warenberei ch (z.B. Bekleidungsdachmarkt), einem
Bedarfsberei ch (z.B. Sportfachberei ch, Baufachberei ch) oder einem Zielgruppenbereich (z.B.
Möbelfachm arkt für designorientierte Kunden) in übersichtlicher Warenpräs entation bei
tendenziell mittleren bis niedrigem Preisniveau. Weitere Merkm ale sind: meist autoorientierte
Standorte, entweder isoliert oder in gewachsenen und geplanten Zentren, z. T. auch auf
gewerbliche Kunden ausgeri chtet (z.B. Installationsfachmarkt ); i. Allg. Selbstbedienung, teilweise
auch mit ergänzendem Dienstleistungsangebot“ (ebd.:190).
21
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Verkaufsflächen und preisgünstigere Angebote (ebd.:220). Eine grössere
Verkaufsfläche ist an mehr Kapitaleinsatz gebunden, den sich v.a. Selbstbedienungswarenhäuser, Verbrauchermärkte und Fachmärkte leisten können. Da
für ihre Errichtung mehr Investitionen als für herkömmliche Betriebe benötigt
werden, sind sie vorwiegend als Grossbetriebe vorzufinden. Sie führen zu einer
Erhöhung des Angebots sowie zu einem Absenken des Preisniveaus und
verschärfen den Wettbewerb, dem viele klein- und mittelgrosse Betriebe wegen
ihrer Kapitalschwäche oder traditionellen Betriebsführung nicht gewachsen sind
(Heinritz et al. 2003:43). Trotz der Schliessung vieler Fachgeschäfte in
innerstädtischen Zentren konnten sich doch einzelne durch eine „Trading-upStrategie, d.h. durch die konsequente Orientierung auf Spezialsortimente,
hochpreisige M arkenartikel und intensiven Kundenservice“ (Kulke 2010:220)
behaupten.
2.2.1.2
Veränderungen der Organisationsform
2.2.1.2.1 Konzentrationsprozesse
Die Organisationsform hat sich stark verändert, da vermehrt Unternehmenskonzentrationen über Fusionen, Übernahmen und Aufkäufe erfolgen. Die
zunehmende Konzentration von Verkaufsstellen und M arktanteilen auf wenige
Detailhandelskonzerne findet in allen Sortimentsklassen statt und impliziert eine
Verschiebung von inhabergeführten zu filialisierten Geschäften (Bahn & Potz
2007:32). Letztere prägen den Detailhandel derzeit und besitzen gegenüber den
eigentümergeführten
Betrieben
M arktstärke,
Finanzkraft,
organisatorische
Überlegenheit (Heinritz et al. 2003:38), Informations- und Kostenvorteile (Kulke
2010:221f). Im Vergleich zu anderen Wirtschaftssektoren sind die Konzentrationsprozesse im Einzelhandel am stärksten ausgeprägt, insbesondere im
Lebensmitteleinzelhandel (Heinritz et al. 2003:39). In der Schweiz haben die
Grossverteiler M igros und Coop die grössten M arktanteile in der Detailhandelsbranche (Unia 2012:7). Ihrer Vormachtstellung müssen oft kleinere EinbetriebsLebensmittelläden weichen. Beispiele dafür sind in der Berner Innenstadt der BioLaden „Vatter“ (Der Bund 2011:o.S.) oder das Geschäft „Comestibles“ in der
Kramgasse (Hartmann 2014:o.S.).
22
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Das Zusammenspiel von Betriebsformenwandel und Unternehmenskonzentrationen in Verbindung mit Immobilieninvestoren drückt sich im fortschreitenden
Auftreten von Shoppingcentern aus. Sie entstanden zuerst im Stadtumland an den
Knotenpunkten des Strassenverkehrs, währenddessen sie gegenwärtig v.a. in
Zentrumsbereichen von Städten angesiedelt werden. Bei den Shoppingcentern der
jüngsten Generation handelt es sich um „Urban Entertainment Center“ (Kulke
2010:223). Der Begriff „urban“ bezieht sich nicht unbedingt auf den Standort der
Center, sondern deutet daraufhin, dass durch die Kombination unterschiedlicher
Funktionen eine städtische, also urbane Atmosphäre simuliert bzw. die Innenstadt
nachgebaut wird (M iosga 2002:81). Neben einem Detailhandelsangebot verfügen
die „Urban Entertainment Center“ über Freizeiteinrichtungen wie z.B. Kinos,
Restaurants und bieten den Kunden so „erlebnisorientierte Kopplungsmöglichkeiten zwischen Freizeit- und Einkaufsfunktion“ (Kulke 2010:223). Sie tragen
zwar zum Funktionserhalt innerstädtischer Zentren bei, indem sie z.B. den
Erlebniswert der Innenstadt steigern und zur Stärkung der touristischen
Attraktivität einer Stadt führen (M iosga 2002:82). Zugleich kommt es aber auch
zu einer fortschreitenden Angebotsstandardisierung, da ihr Filialisierungs grad, der
prozentuale Anteil der Filialen an der Gesamtzahl der Betriebe, meist über 95%
der Fläche beträgt. Zudem handelt es sich bei Shoppingcentern um private und
nicht öffentliche Räume, sodass sie soziale Auswirkungen mit sich bringen, weil
u.a. unerwünschte Personengruppen ausgeschlossen werden können (ebd.:222f).
2.2.1.2.2 Vertikalisierung
M it dem Trend der Vertikalisierung verschwimmt die Trennung zwischen
Detailhandel und Produktion. Immer mehr M arken vertreiben ihre Produkte nicht
mehr über den Fachhandel, sondern treten selbst mit eigenen Läden, den sogenannten „M onolabel Stores“ am M arkt auf. Dies betrifft v.a. die Bekleidungs-,
Accessoires- und Uhrenbranche. Jedoch setzt sich die Vertikalisierung auch
immer mehr in weiteren Branchen durch wie z.B. im Elektronikhandel, hier kann
Apple mit seinen Apple Stores als Beispiel genannt werden. Ursprünglich hatte
die Vertikalisierung zum Ziel, die M argen über die komplette Warenkette hinweg
zu kontrollieren (Neff 2012:21). Vorwiegend grosse Unternehmen organisieren
die ganze Wertschöpfungskette intern (Kulke 2010:221). Heute dient die
Vertikalisierung hauptsächlich zur Schärfung des M arkenprofils. Nicht mehr die
Rendite steht im Vordergrund, sondern vielmehr die Repräsentation. In diesem
23
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Zusammenhang ist auch der Begriff „Flagship Store“ gebräuchlich. Solche
Geschäfte sind zur Repräsentation der M arke auf attraktive Standorte angewiesen
und lassen sich deshalb meistens in den Hauptstrassen der Innenstädte nieder.
Damit treiben sie eine M ietpreisspirale an und verdrängen dabei Läden, die dieser
Entwicklung nicht Stand halten können (Neff 2012:21).
Einhergehend mit den Konzentrations- und Vertikalisierungsprozessen verläuft
das Verschieben der M arktanteile von einst dominierenden, unabhängigen
inhabergeführten Geschäften zu M ehrbetriebsunternehmen und Filialen sowie
weiteren Formen von Zusammenschlüssen und Kooperationen selbstständiger
Einzelhändler über alle Sortimentsklassen hinweg. In diesem Sinne ist der Trend
der „Filialisierung“ zu nennen. Darunter wird eine Entwicklung verstanden, bei
der sich Detailhandelsketten, und zwar vorwiegend internationale, zunehmend in
den attraktiven Standorten der Innenstädte konzentrieren (M iosga 2002:80). Sie
sind finanzstark, weil sie über interne grössenbedingte Kostenersparnisse
(economies of scale) und eine hohe Verkaufsflächenproduktion (Umsatz je
Quadratmeter Verkaufsfläche) verfügen. Dadurch sind sie zudem in der Lage, ihr
M arkenprofil auf die Präsenz an den attraktivsten und teuersten Innenstadtlagen
auszurichten (Kulke 2010:222). Die Filialisierung wird von Internationalisierungstendenzen begleitet. Die „Internationalisierung“ vollzieht sich zum einen
durch Direktinvestitionen von Detailhandelsunternehmen im Ausland, um so
eigene Filialen aufbauen zu können. Zum anderen werden bereits bestehende
Geschäfte im Ausland aufgekauft. Weitere Varianten sind Unternehmen, die
gemeinsam mit ausländischen Partnern betrieben werden (joint ventures) oder die
Konzessionen an ausländische Unternehmen vergeben (franchising) (M iosga
2002:82).
2.2.2
Handelsexogene Entwicklungen
Die Einzelhandelsentwicklung ist
nicht
nur
endogenen
Einflussfaktoren
ausgesetzt, sondern auch auf externe Veränderungen zurückzuführen. Die
handelsexogenen Rahmenbedingungen werden in Entwicklungen auf der
Nachfrageseite und in Entwicklungen auf der Planungsseite unterteilt.
24
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
2.2.2.1
Entwicklungen auf der Nachfrageseite
Ausschlaggebend für die Entwicklung des Einzelhandels sind ebenfalls die
Konsumenten mit ihrem Einkaufsverhalten. Die heute existierenden Ladenformate
und Geschäftsstandorte sind Antworten auf die Kundenbedürfnisse und somit ein
Ausdruck des öffentlichen Interesses (Neukom 2014:16). Das Einkaufsverhalten
wird nach Kulke (2010:223) durch das Einkommen, die M obilität und
individuelle Einstellungen beeinflusst. Es verändert sich im Verlauf des Lebens,
im Zuge der sich verändernden Lebensstile (Gebhardt 2002:96). In den
Nachkriegsjahren wurde die Nachfrage aufgrund des niedrigen Einkommens v.a.
von Grundbedarfsgütern wie z.B. Lebensmitteln bestimmt. M it dem darauf
folgenden generellen Einkommensanstieg wiesen höherwertige Konsumgüter wie
z.B. Bekleidung oder Unterhaltungselektronik überdurchschnittliche Wachstumsraten auf, während der Umsatzanteil von Lebensmitteln zurückging. Bei einem
hohen Einkommensniveau verändert sich aber nicht nur die Warenstruktur,
sondern auch die individuellen Verhaltensweisen (ebd.:223f). Die Pluralisierung
und Individualisierung der Lebensstile lässt sich aber nicht nur auf einen
gestiegenen gesellschaftlichen Wohlstand zurückführen. Weitere Faktoren des
sozioökonomischen Wandels wie flexiblere Arbeitszeiten und die gestiegene
Berufstätigkeit von Frauen bzw. die Angleichung der Geschlechterrollen tragen
auch zur Fragmentierung der Gesellschaft und damit zur Ausdifferenzierung der
Lebensstile bei (Behrenbeck 2010:10). Auch die soziodemographischen Veränderungen wirken sich auf diese Entwicklung aus. So hat die Zunahme des
Durchschnittsalters der Bevölkerung eine veränderte Schwerpunktsetzung der
Nachfrage nach Konsumgütern zur Folge (Heinritz et al. 2003:42). Daran schliesst
eine Verzögerung der Lebensphasen an, insbesondere der Trend des längeren
„Jungbleibens“ (Behrenbeck 2010:10). M it dem soziodemographischen Wandel
geht auch die Veränderung der Haushaltszusammensetzung bzw. -grösse einher,
die zu einer Zunahme der Nachfrageindividualisierung führte (Heinritz et al.
2003:42). Dies trifft ebenso auf eine zunehmende multikulturelle Bevölkerung zu
(Behrenbeck 2010:10).
Der Einkommensanstieg hat auch räumliche Konsequenzen. So stehen immer
mehr Individualverkehrsmittel, v.a. motorisierte zur Verfügung, wodurch sich die
„räumliche Flexibilität“ des Einkaufsverhaltens vergrössert (Kulke 2010:224).
Wegen des steigenden M otorisierungsgrads erhöhte sich also die Reichweite und
25
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Transportkapazität der Konsumenten. M it der gestiegenen M obilität und
zusammen mit veränderten Siedlungsstrukturen (Zersiedlung und Suburbanisierung vgl. 2.4.1) wurden zudem Voraussetzungen für eine Neuorientierung der
Standortwahl bestimmter Betriebsformen am Stadtrand geschaffen (Heinritz et al.
2003:41).
Weitere räumliche Konsequenzen lassen sich durch den Handlungsspielraum der
Konsumenten bezüglich des Zeitbudgets erkennen. Vor dem Hintergrund des
Zeitdrucks der heutigen Gesellschaft und des technologischen Wandels konnte
sich der Versandhandel und „E-Commerce“ etablieren. Dieser bewirkt eine
zusätzliche „Enträumlichung“ des Konsums (Dess 2005:32).
Der Einkommensanstieg und damit einhergehend eine steigende Nachfrage nach
mehr Gütern führt dazu, dass während eines Einkaufs mehr Besorgungen erledigt
werden müssen, wenn davon ausgegangen wird, dass die für den Einkauf
verfügbare Zeit dieselbe ist. Diese veränderte sich aber durch die längeren
Öffnungszeiten (vgl. 2.2.2.2). Zugleich wurden die Einkaufzeiten aber auch durch
steigende Erwerbsquoten und andere Freizeitnutzungen wie z.B. Fitnessstudios,
Restaurants eingeschränkt. Insgesamt lässt sich somit ein Trend zur Kopplung von
Besorgungen verzeichnen. Der Einkauf wird heute oft mit anderen Tätigkeiten
und Verpflichtungen kombiniert. Dadurch werden Standorte mit einem
vielfältigen Angebot und solche, die im Verlauf von Wegketten z.B. WohnenArbeiten-Einkaufen erreicht werden können, begünstigt (Kulke 2010:224).
Auf den Strukturwandel wirken sich auch subjektive Einstellungen aus, die sich je
nach Alter, Bildungsstand und Haushaltsgrösse unterschiedlich
auf das
Einkaufsverhalten auswirken und auf einen Wertewandel zurückzuführen sind. Im
Hinblick darauf evaluierte Kulke (2010:225) unterschiedliche Konsumverhaltenstypen. Der jüngste Konsumtrend, der „Convenience-Einkauf“, ist ein Bequemlichkeitskauf, dessen wichtigstes Kriterium der Zeitaufwand ist. Diese Konsumentenverhaltensweise orientiert sich an leicht und möglichst zu allen Zeiten erreichbaren Geschäften. Früher profitierten von diesem Einkaufstyp vorwiegend
Geschäfte in unmittelbarer Nähe seines Wohnorts. Heute frequentiert dieser Typ
zudem Tankstellenshops und Kioske, da diese über lange Öffnungszeiten
verfügen. Ausserdem nutzt er Einkaufszentren, die durch ein kombiniertes
Einzelhandel-, Freizeit- und Dienstleistungsangebot Zeitersparnisse ermöglichen
sowie den Versandhandel und „E-Commerce“ (ebd.:225). Ebenso ziehen
26
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Geschäfte in Transitstandorten, z.B. in Bahnhöfen oder Flughäfen den
„Convenience-Shopper“ an, weil sie meist rund um die Uhr geöffnet haben
(Ringli & Schloeth 1998:40).
Ein weiterer Einkaufstyp orientiert sich am M otiv des „Preiseinkaufs“, bei dem
Geschäfte mit einem besonders preisgünstigen Angebot wie z.B. Discounter
aufgesucht werden. Eine Spezialform der Preiskäufer stellen die „Smart Shopper“
dar. Diese suchen gezielt günstige Angebote, oft auch von hochwertigen
Produkten und wechseln dabei die Einkaufsziele, je nach verfügbarem Angebot.
Sie kaufen also dort ein, wo es für sie am günstigsten ist, unabhängig vom
Standort (ebd.:225).
Für den dritten Einkaufstyp steht der „Erlebniseinkauf“ im Zentrum. Für ihn ist
das Einkaufen Teil der Freizeitgestaltung und wird oft mit ergänzenden
Aktivitäten wie dem Besuch eines Kinos oder Restaurants verbunden (ebd.:225).
Entsprechend dem Trend des Erlebniseinkaufs versuchen v.a. Einkaufszentren,
Kopplungspotenziale aufzugreifen und Zusatzleistungen anzubieten, um das
Einkaufserlebnis zu erhöhen (Dess 2005:40). Auch Innenstädte sind für den
Erlebniseinkauf prädestiniert. Denn ihr Vorteil gegenüber den Shoppingcentern ist
ihre historische Authentizität und Emotionalität, die kaum ein anderes
Einkaufsformat hervorzubringen vermag. Erst die Emotionalität, die sich aus der
einzigartigen Atmosphäre ergibt, die eine Innenstadt über die hohe Ladendichte
hinaus vermittelt, macht das Einkaufen im Gegensatz zum Erledigen von
Besorgungen zu einer Freizeitbeschäftigung (Neff 2012:18).
Der letzte Einkaufstyp fokussiert sein Einkaufsverhalten auf den Umweltaspekt.
Deshalb
wird
diese
Konsumentenverhaltensweise
als
„Umwelteinkauf“
bezeichnet. Aufgrund des Klimawandels und der Ressourcenverknappung
hinterfragen die Verbraucher vermehrt ihre Gewohnheiten. Es entstand ein
Lebensstil, der Ökologie und Nachhaltigkeit mit Genuss und Komfort vereint
(Behrenbeck 2010:10). Beim „Umwelteinkauf“ wird beim Erwerb der Waren auf
deren Herstellungsweise und -ort geachtet. Für den Kauf werden spezielle Läden
gewählt, z.B. Bioläden (Kulke 2010:225).
Gegenwärtig gewinnen hybride Verhaltensweisen an Bedeutung. Bei den
Grundbedarfsgütern besteht eine ausgeprägte Preissensibilität bzw. Niederpreisorientierung, was v.a. die Discounter begünstigt (ebd.:225). Auch ist
27
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
hinsichtlich standardisierter Produkte aufgrund der technischen M öglichkeiten
und somit steigender Vorinformationen ein aus geprägtes Preisbewusstsein bei den
Konsumenten festzustellen (Heinritz et al. 2003:42). So werden auch Güter mit
Beratungsbedarf wie Computer in Fachmärkten oder bei Discountern erworben
(Dess 2005:33). Zugleich besitzen dieselben Konsumenten eine Qualitäts- bzw.
Zusatznutzenausrichtung und haben beim Erwerb hochwertiger Waren in
Verbindung mit dem Erlebniseinkauf eine grosse Ausgabebereitschaft (Kulke
2010:225). Je nach Situation werden von denselben Konsumenten sowohl teure
Anschaffungen getätigt als auch Sonderangebote genutzt, weil beides zu ihrem
Lebensstil passt (Behrenbeck 2010:10). Die Hybridisierung des Kundenverhaltens
zeigt sich auch darin, dass Konsum nicht mehr nur der Versorgung dient, sondern
gleichzeitig Teil des Freizeitverhaltens ist (Gebhardt 2002:92). Einkaufen ist
demzufolge immer mehr in Verbindung mit Erlebnis, Unterhaltung und Spass zu
betrachten (M iosga 2002:86).
Neben diesen genannten Einflussfaktoren unterliegt das Konsumentenverhalten
aber auch Einflüssen der Einzelhandelsbetriebe. Veränderte Betriebsformen und
das Betreiben von M arketing führten zu einem veränderten Konsumentenbewusstsein (Heinritz et al. 2003:42).
Letztlich stellen die erläuterten Einkaufstypen Generalisierungen dar. Das
Verhaltensmuster jedes einzelnen Konsumentens kann sehr heterogen sein
(Gebhardt 2002:98).
2.2.2.2
Entwicklungen auf der Planungsseite
Die politischen und gesellschaftlichen Ziele, z.B. Sicherung der Versorgung und
Leitbilder, z.B. städtebauliche Leitbilder, setzen den Rahmen für die Einzelhandelsentwicklungen. Ein Einflussfaktor der Infrastrukturpolitik ist z.B. die
Entwicklung des Strassenausbaus, die zu einer Zunahme des motorisierten
Einkaufverkehrs und dezentralen Einzelhandelsstandorten führte (Heinritz et al.
2003:42). Nach einer Phase der Suburbanisierung (vgl. 2.4.1) steht diese
Entwicklung heute dem Ziel der Begrenzung der Aussenentwicklung und der
Verkehrsmengenreduzierung entgegen (Kulke 2010:230). So liegt der Fokus der
Verkehrsplanung heute auf M assnahmen wie z.B. Verkehrsberuhigungen durch
die Einrichtung von Fussgängerzonen. Da die Zugänglichkeit eines Detailhandelstandorts einen Einfluss auf den Umsatz des dort ansässigen Detailhandels ausübt,
28
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
sind Änderungen der Erreichbarkeit eines Standorts mit Widerständen verbunden
(Dittmeier et al. 1999:18). Aus Sicht des Detailhandels bedarf es nicht nur einer
Erschliessung für den Fussgängerverkehr, sondern auch für den Pkw- bzw.
Kundenverkehr sowie für den Lieferverkehr (BM VBS 2011:21). Die Detailhändler fordern deshalb bei städtebaulichen Umgestaltungen statt einer Parkplatzreduzierung eine Parkplatzerhöhung. Eine Neuschaffung von Parkraum würde
jedoch zusätzlichen motorisierten Verkehr nach sich ziehen. Dies entspricht nicht
dem Ziel der Stadtplanung, die sich für die Einschränkung des motorisierten
Verkehrs in der Innenstadt einsetzt. Denn die Innenstädte sind ausreichend mit
öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen (Heinritz & Popien 1989:181). Die
Auswirkungen von Fussgängerzonen und Verkehrsberuhigungen sind vielerorts
untersucht worden. M ittels Passantenzählungen vor und nach einer Verkehrsberuhigung konnte nachgewiesen werden, dass Fussgängerzonen im Allgemeinen
positive Auswirkungen auf den Detailhandel haben (Becker 1989:191). Zudem
kann sich eine Innenstadt gerade dadurch, dass sie autofrei ist, von der
Konkurrenz der Aussenquartiere und Einkaufszentren abheben. Das Einrichten
von Fussgängerzonen ist auch auf das Konsumentenverhalten abgestimmt. So
nimmt in allen Schweizer Städten der Anteil der Kunden zu, die anstatt mit dem
Auto mit dem öffentlichen Verkehr (Ö V) in die Innenstadt fahren (Neff 2012:35).
Dennoch muss der Zugang zur Innenstadt für jedes Verkehrsmittel gewährleistet
sein. Für die Geschäfte der Innenstadt ist ein hinreichendes Parkplatzangebot in
der nahen Umgebung essentiell (Camandona 2012:26).
Ein weiteres Beispiel für die Beeinflussung des Detailhandels sind die
gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Gestaltung der Ladenöffnungszeiten. In
der Schweiz sind diese im Vergleich zum Ausland eher restriktiv geregelt (CS
2006:44). Sie wurden aber sukzessive ausgeweitet bzw. gelockert und das Thema
der Liberalisierung der Öffnungszeiten verzeichnet in der Politik eine grosse
Aufmerksamkeit (Adler
& Keating 2014a:18).
Die Liberalisierung der
Öffnungszeiten schafft Synergien zwischen Einkaufs-, Gastronomie-, Kino- und
weiteren Freizeitnutzungen (Ringli & Schloeth 1998:39). M omentan steht auf
Bundesebene eine schweizweite Teilharmonisierung der Ladenöffnungszeiten zur
Diskussion. Diese beruht auf einer M otion des Ständerats Filippo Lombardi, der
Ladenöffnungszeiten werktags von 6 bis 20 Uhr und samstags von 6 bis 19 Uhr
vorschlägt (Aschwanden 2014:o.S.). Damit würde für die meisten Kantone eine
29
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Ausdehnung der
Öffnungszeiten
bewirkt
werden,
die
bisher
kantonal
unterschiedlich geregelt sind (SECO 2014:9).
2.3
Auswirkungen des Strukturwandels für die Innenstadt un d
innerstädtischen Quartiere
Die Konsequenzen des Strukturwandels in den Innenstädten drücken sich sowohl
als Standortverbesserungen wie auch als Standortverschlechterungen aus
(Dittmeier et al. 1999:17). Die strukturellen Entwicklungen im Detailhandel
führten dazu, dass die historische Innenstadt einem Standortwettbewerb
ausgesetzt ist. Die Innenstadt steht aufgrund ihrer kleinteiligen Gebäudestruktur
im Konkurrenzkampf mit immer grösser werdenden Verkaufsflächen auf der
„grünen Wiese“ an den Rändern der Siedlungsgebiete (Brülisauer 2010:8). Die
hoch mobilen Konsumenten sind nicht mehr auf die Innenstadt angewiesen, um
ein vielfältiges Warenangebot zu erhalten. Letzteres wird auch in der
Agglomeration 11 bzw. im suburbanen Raum von Einkaufszentren und grossflächigen Fachmärkten, innerstädtischen Einkaufszentren oder auch vom Internethandel zur Verfügung gestellt. Daraus resultiert ein Kaufkraftabzug aus der Stadt
(Neff 2012:18). M it dem Trend des peripheren Einkaufens drohen Umsatzeinbussen in den Stadt- und Quartierzentren (Ringli & Schloeth 1998:38).
Zusätzliche Konkurrenz entsteht für die Innenstädte durch die „Convenience
shops“ in den Bahnhöfen und Tankstellen (vgl. 2.2.2.1) (M iosga 2002:85).
Demgegenüber sieht Dittmeier et al. (1999:17) einen Vorteil der Innenstädte
darin, „... dass sie häufig über eine historisch gewachsene Attraktivität verfügen,
gegen die Verbrauchermärkte oder Einkaufszentren auf der Grünen Wiese
verblassen“. Davon zeugen auch die hohen M ietpreise für Ladenflächen in den
Innenstädten (Neff 2012:18). Auf die Innenstadt wirkt sich positiv aus, dass sie
wieder stärker als Investitionsstandort gesehen wird (BM VBS 2011:18).
„Innenstadtimmobilien gehören zu den Filetstücken im Schweizer Immobilienmarkt. An nahezu keinen anderen Lagen zahlen Investoren so hohe Preise und
müssen M ieter so hohe Zinsen entrichten wie an den einschlägigen Einkaufsstrassen des Landes“ (Neff 2012:25). So sind auch Schlüssel- und Handgelder
keine Seltenheit in den wichtigsten innerstädtischen Einkaufsstrassen. Handgeld
11
Eine Agglomeration umfasst ein zusammenhängendes Gebiet mehrerer Gem einden mit
insgesamt mindestens 20'000 Einwohnern. Jede Agglomeration hat einen Agglomerationskern und
einen -gürtel (BFS 2014:8). Dabei handelt es sich um funktional zusammengehörige und
verflochtene städtische Räume (Heineberg 2014:56).
30
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
bedeutet, dass ein Geschäft, das unbedingt in eine Liegenschaft einziehen will,
dem jetzigen M ieter eine beträchtliche Abfindung zahlt, damit er den M ietvertrag
vorzeitig kündigt und auszieht (Knobel 2015a:24f). Dahingegen fliessen
Schlüsselgelder immer dann, wenn ein M ieter einen langfristigen M ietvertrag hält
und sein M ietzins tiefer ist als der M arktzins. Dabei sind zwei Formen möglich.
Ein interessierter Detailhändler bietet dem Eigentümer an, ihm für den Laden die
M arktmiete zu zahlen. In diesem Fall kann der Eigentümer dem jetzigen M ieter
die vorzeitige Kündigung des M ietvertrags mit einem Schlüsselgeld attraktiv
machen. Eine andere Variante wäre, dass der interessierte M ieter dem
bestehenden M ieter ein Schlüsselgeld bietet, um dessen langfristigen Vertrag mit
den attraktiven M ietkonditionen übernehmen zu können (Neff 2012:26).
Die M arktgasse, Berns renommierteste Einkaufsstrasse, gehört zu den drei
teuersten Strassen der Schweiz (Lutz 2015:o.S.). Der jährliche Quadratmeterpreis
beträgt dort bis zu 3'000 Franken. Zum Vergleich, der überwiegende Teil der
jährlichen Quadratmeterpreise der Berner Innenstadt liegt zwischen 268 und
1’560 Franken. Der M ietzins in der Oberen Altstadt ist bis zu dreimal so hoch wie
in der Unteren Altstadt (Lutz 2014:o.S.). Die M ietpreise sind demzufolge auch ein
Indikator für eine Differenzierung der Einkaufslagen. Als Ergebnis des innerstädtischen Strukturwandels bilden sich zunehmend unterschiedliche Lagequalitäten heraus (Dittmeier et al. 1999:18). Die innerstädtische Zentrenstruktur
gliedert sich in 1a-Lagen, den Haupteinkaufsstrassen und 1b-Lagen, den
angrenzenden Nebenstrassen (BM VBS 2011:19). Während die Geschäfte in den
Top-Lagen stark frequentiert werden, ein überdurchschnittlich hohes M ietniveau
aufweisen und von einer hohen Nachfrage nach Ladenlokalen, insbesondere von
international agierenden Handelsunternehmen profitieren, verläuft die Entwicklung in den Nebenlagen häufig negativ (Dichtl 2011:42). Sie sind von
geringerer Attraktivität, verfügen über eine geringere Passantenfrequenz und sind
oft durch Leerstände von bisherigen inhabergeführten Fachgeschäften gekennzeichnet, was sich in den deutlich tieferen M ieten widerspiegelt (BM VBS
2011:19). Die Polarisierung der Einkaufslagen kann soweit gehen, dass es in den
Nebengeschäftslagen zu „Trading-down“ - Effekten kommt, d.h. eine Abwertung
und ein Attraktivitätsverlust des Quartiers (Heinritz et al. 2003:212). Peter
(2011:15) beschreibt den Begriff „Trading-down“ als „... einen typischen
Entwicklungstrend eines Stadtteilzentrums vom nahversorgungsorientierten,
31
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
stadtteilbezogenen vollständigen Angebot hin zu zunehmenden Leerständen und
niedrigpreisigen Angeboten“. Eine solche Entwicklung lässt sich also dadurch
erklären, dass der Niedergang der Geschäftsnutzung bzw. der Rückzug der
Nachbarschaftsläden und somit die fallenden M ietpreise oft minderwertige
Ersatznutzungen wie Fast Food Läden, Solarien, Billiganbieter zur Folge haben
(Brülisauer 2010:8). Diese passen oft nicht zum übrigen Angebot des Standortes
und harmonieren schlecht mit der traditionellen Identität einer Altstadt. Dies führt
zu einem sukzessiven Imageverfall des Standortes (Peter 2011:15). Ein hoher
Anteil an Leerständen wirkt sich negativ auf das Erscheinungsbild eines Quartiers
oder einer Geschäftsstrasse aus und senkt die Attraktivität eines Geschäftsviertels.
Ein solcher Abstieg ist besonders bei Altstädten mit historischer Bausubstanz und
identitätsstiftendem Charakter einschneidend (Brülisuaer 2010:8). Gerade auch
deshalb, weil inhabergeführte Geschäfte meist in den Quartieren über
Generationen verwurzelt sind, der lokalen Identifikation und als Treffpunkt
dienen (Flögel & Gärtner 2011:8).
Im Zuge der räumlichen Ausdifferenzierung können die Nebengassen aber auch
an Bedeutung gewinnen. Denn Leerstände und geringe M ietzinse sind nicht
zwingend als negativ zu bewerten. Denn sie bieten ebenfalls Raum für
Erneuerung und Anpassung. Aus diesen Ladenflächen kann leichter Neues
entstehen (Brülisauer 2010:8). Der Rückzug des Einzelhandels aus den
Erdgeschossen bietet durchaus auch Chancen für die Quartierbewohner und
innovative Unternehmen. Innovative Läden von unabhängigen Detailhändlern
befinden sich vorwiegend in diesen Einkaufslagen. Sie treffen dort auf Nachfrage
und gestalten so das „Quartiershopping“ attraktiv. Solche unkonventionellen
Geschäfte verfügen oft über lokales Wissen. M it diesem und den kreativen
Geschäftspraktiken ist ein Wettbewerbsvorteil möglich. Denn sie können trotz des
schwierigen M arktumfelds wirtschaftlich agieren (Flögel & Gärtner 2011:5ff). In
diesem Fall würde die Innenstadt nicht mehr der einzige Einkaufspol sein,
vielmehr würde sich eine polyzentrische Struktur des Einkaufens ergeben (Neff
2012:35).
In den Innenstädten und v.a. in den 1a-Lagen befinden sich vorwiegend Geschäfte
und Dienstleister, die hohe Flächenumsätze erwirtschaften. Typische Nutzungen
sind z.B. „Anwalt- und Arztpraxen, M aklerbüros, Reisebüros, Banken, Versicherungen oder Kinos. Im Bereich des Handels sind dies hochspezialisierte
32
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Fachgeschäfte 12 und Warenhäuser“ (Dittmeier et al. 1999:18). Letztere wirken in
den Innenstädten oft als „Publikumsmagneten“ (ebd.:18). Neben diesen
Nutzungen befinden sich an diesen Standorten zum grössten Teil Franchiser 13 und
Detailhandelsketten (BM VBS 2011:19).
Die Geschäftsketten haben markante Auswirkungen auf die Standortstruktur. Der
Wettbewerb verschärft sich mit ihrer Niederlassung in den Innenstädten.
Besonders kleine, lokale inhabergeführte Detailhandelsgeschäfte, die den
Wohnwert und die Attraktivität einer Stadt massgeblich beeinflussen, leiden unter
einer Standortverschlechterung, weil sie dort immer mehr verdrängt werden
(Dittmeier et al. 1999:17). Entweder müssen sie ihr Geschäft aufgeben oder
können nur noch in M arktnischen überleben (Kulke 2010:222). Dass ein Geschäft
schliessen muss, weil es nicht mehr mit der filialisierten Konkurrenz mithalten
kann, ist unter dem Begriff „Ladensterben“ bekannt. Dies betraf in den
Innenstädten der zehn grössten Schweizer Städte zwischen den Jahren 1998 und
2008 mehr als jedes zehnte Geschäft. Das entspricht einem Rückgang der
Geschäfte von -11.5%, nahezu gleich viel wie der Schweizer Durchschnitt mit
-11.4%. Das Ladensterben Berns liegt mit -11.7%, was zwischen 1998 und 2008
einer Schliessung von 77 Geschäften entspricht, im Schweizer Durchschnitt (Neff
2012:20).
Das Ausdünnen der lokalen selbstständigen Detailhandelsgeschäfte hat auch
Konsequenzen
für
die flächendeckende Nahversorgung,
weil sich
der
Betriebsrückgang lokal auf eine verringerte Anbietervielfalt auswirkt und sich
damit die Einkaufswege der dort ansässigen Bevölkerung verlängern (ebd.:44).
Dies ist v.a. ein Problem für die weniger mobile Bevölkerung (Leicht 2010:23).
Im Gegensatz dazu haben durch den Strukturwandel bedingte Infrastrukturmassnahmen wie die Einrichtungen von Fussgängerzonen in den Innenstädten für
Standortverbesserungen gesorgt. In Anbetracht dessen, dass 86% aller Einkäufe in
der Innenstadt zu Fuss getätigt werden, erhöhen Fussgängerzonen und kurze
Distanzen zwischen den Geschäften die Attraktivität der Innenstadt als
12
„Spezialgeschäft: das Warenangebot beschränkt sich auf einen Ausschnitt des Sortiments eines
Fachgeschäfts und ist dabei tiefer gegliedert (z.B. Krawattengeschäft)“ (Heineberg 2014:190).
13
„Bei Franchising räumt ein Franchise-Geber dem selbständigen Franchise-Nehmer gegen
Gebühr das Recht ein, ein weit verbreitetes Warenzei chen (gemeinsam er Name, Angebot,
Betriebsgestaltung, Ausstattung, Werbung) zu nutzen. Der Nehmer hat den Vorteil, sich an den
Erfolg eines bekannten Angebots anbinden zu können“ (Kulke 2004:157).
33
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Einkaufsort. Bern gilt als die fussgängerfreundlichste und bezüglich der Ladendichte als die kompakteste Innenstadt der Schweiz (Neff 2012:33).
Trotzdem ist nach Kulke (2010:222) anzumerken, dass der Filialisierungsgrad
schnell voranschreitet, da bei inhabergeführten Geschäftsschliessungen oft kein
Nachfolger mehr gefunden wird. Filialketten sind zwar bis zu einem gewissen
M ass bereichernd und unabdingbar für einen Detailhandelsstandort, jedoch hat der
Filialisierungs grad in den Innenstädten ein sehr hohes Ausmass erreicht (Neff
2012:24). Dieser bewegt sich in den 1a-Lagen deutscher Städte um 50% (BM VBS
2011:19). Im Jahr 2008 arbeiteten in den Innenstädten der zehn grössten Städten
der Schweiz 69% aller Beschäftigten in Filialketten (Neff 2012:24). M it
wachsender Filialisierung wird die räumliche Ordnung des Einzelhandels und
seine Entwicklung zunehmend fremdbestimmt, sodass die ortsgebundenen
selbstständigen Detailhandelsunternehmen an Bedeutung verlieren und damit
auch die Sortimentsgestaltung mit lokalen Besonderheiten sowie das Interesse an
dem Standort und die aktive M itarbeit in Standortkooperationen (Heinritz et al.
2003:44). In diesem Zusammenhang wird oft von einer Verarmung des
Branchenmix gesprochen (Ziegler 2015:21). Durch die immer gleiche Anordnung
und
Wiederholung der
Geschäfte sowie durch
die damit
verbundene
Vereinheitlichung des Angebots bzw. den Rückgang der Angebotstiefe wird eine
starke Homogenisierung und Austauschbarkeit der innerstädtischen Einkaufsstrassen bewirkt. Dies wird als Verlust der Individualität der Innenstädte
betrachtet, weshalb eine hohe Filialisierung als unattraktiv bewertet wird
(Wieland 2011:5). In Grossbritannien werden Städte mit diesem Phänomen mit
dem Begriff „clone towns“ gleichgesetzt (nef 2005:2).
Dieser Prozess wird mit dem Trend der „Textilisierung“ verstärkt. Darunter wird
die Verschiebung im Branchenmix aufgrund der wachsenden Anzahl an
M odegeschäften verstanden, was zu einer Abnahme der Branchenvielfalt führt.
Infolgedessen verlieren die Innenstädte oftmals ihren individuellen Charakter
(Dorenkamp & M ossing 2010:3). Die Dominanz von Kleidergeschäften in den
Innenstädten lässt sich in Zahlen belegen. Im Jahr 2008 befand sich jedes vierte
Kleidergeschäft der Schweiz in einer der zehn grössten Schweizer Innenstädte und
beschäftigte 34% aller Beschäftigten, was einer Anzahl von 7‘100 Beschäftigten
(Vollzeitäquivalente) entspricht. Damit ist die Bekleidungsbranche die grösste
und überdurchschnittlich vertretene Branche im innerstädtischen Detailhandel.
34
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Die Dominanz der Kleidergeschäfte in den Innenstädten hat mehrere Gründe.
Einerseits ist es ein Bedürfnis der Kunden beim Kauf von Kleidern eine grosse
Auswahl zu haben, wobei der Kauf von Kleidern immer weniger auf einem
Kosten-Nutzen-Verhältnis basiert, sondern eher emotional und spontan durch ein
Einkaufserlebnis gesteuert wird. Dazu bietet die Innenstadt den passenden
Rahmen. Andererseits wird der öffentliche Verkehr benutzt, um Kleidereinkäufe
zu erledigen. Ebenfalls gehen die Konsumenten hierfür zu Fuss oder nehmen das
Velo. Dies, im Gegensatz zum Kauf von sperrigen oder schweren Gütern wie
M öbeln, die vornehmlich in den Agglomerationen erworben werden. Der
wichtigste Grund liegt aber in den überdurchschnittlich hohen M argen, die die
Kleiderbranche erzielt. So erreichte die Bekleidungsbranche in Deutschland im
Jahr 2009 eine Bruttomarge von 48%, die für den Schweizer Bekleidungshandel
vergleichbar ist (für die Schweiz existieren keine Zahlen zu Bruttomargen nach
einzelnen Detailhandelssegmenten). Im Vergleich zum durchschnittlichen
Schweizer Detailhandelsbetrieb mit einer Bruttomarge von 33.5% sind das 14.5%
mehr. Je höher die Bruttomarge ist, desto höhere M ieten können bezahlt werden
(Neff 2012:23). Zum Beispiel zahlt die internationale M odehandelskette „Zara“
zum Teil an innerstädtischen Toplagen über 7'000 Franken Jahresmiete pro
Quadratmeter. Im Vergleich dazu liegt die finanzielle Grenze von Lebensmittelläden mit ihren geringen Bruttomargen bei ca. 1'000 Franken für den jährlichen
Quadratmeterpreis (Dütschler 2015:o.S.).
Die Bekleidungsbranche hat jedoch insgesamt betrachtet an Bedeutung verloren.
Der Anteil der Beschäftigung in der Bekleidungsbranche nahm zwischen den
Jahren 1998 und 2008 um 1% pro Jahr ab und die Zahl der Kleiderläden ging fast
in allen Städten der Schweiz zurück. Dieser Rückgang lässt sich auf die
Konzentration von Kleidergeschäften zurückführen sowie auf die Verdrängung
von unabhängigen Kleidergeschäften durch Filialketten und M onolable Stores
(ebd.:22).
Ein ausgewogener Branchenmix ist unabdingbar für die Belebung einer
Innenstadt und das Bedürfnis der Konsumenten nach „One-Stop-Shopping“ (Neff
2012:29). Neff (ebd.:29) mass den Branchenmix zwischen den Jahren 1989 und
2008 anhand der Konzentration der Läden sowie der Verteilung der Beschäftigten
auf die verschiedenen Branchen des Detailhandels in den zehn grössten Schweizer
Städten. Dabei konnte die befürchtete Abnahme des Branchenmix in den
35
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Innenstädten nicht nachgewiesen werden. Über alle zehn Innenstädte hinweg
betrachtet ist der Branchenmix konstant geblieben. In der Stadt Bern verbesserte
sich der Branchenmix am stärksten.
2.4
Entwicklungstrend: Innerstädtisches Wohnen
Die Nachfrage nach Wohnraum in den Stadtzentren hat sich trotz der
Wandlungsprozesse, die in den vorherigen Kapiteln beschrieben wurden, als stabil
erwiesen (Brülisauer 2010:8). „Das Wohnen ist die beständigste Nutzung seit es
unsere Städte gibt. Die Wohnnutzung ist auch jetzt, im Wandel, stabil“ (Netzwerk
Altstadt 2013:14). In diesem Kapitel werden die Entwicklung der Siedlungsstruktur und die heutige Situation des innerstädtischen Wohnens erläutert.
2.4.1
Entwicklung der S iedlungsstruktur
Die historischen Innenstädte und Ortszentren werden immer mehr als attraktive
Wohnorte gesehen. Nach jahrzehntelang gegenläufigen Trends verzeichnen
besonders die grösseren Städte eine hohe Nachfrage nach urbanem Wohnen
(BM VBS 2011:8). Die Entwicklung, wie sich das Einwohner- und Beschäftigtenwachstum im Raum verteilt, sei es eher dispers oder zentrenorientiert, kann mit
dem Phasenmodell von A gglomerationsräumen nach Gaebe (In: Heineberg
2014:56ff) beschrieben werden. Nach diesem setzte die erste Phase, die
Urbanisierung, im 19. Jahrhundert in Europa ein, die durch starke Bevölkerungsund Beschäftigtenzunahmen in der Kernstadt geprägt war. Diese waren mit einem
wirtschaftlichem Wachstum verbunden, sodass sich Bevölkerung und Wirtschaft
stark konzentrierten. Für diese Entwicklung waren das damalige Einkommensniveau und Verkehrsnetz hauptsächlich verantwortlich. Beide liessen nur arbeitsplatznahe Wohnungen zu. Darauf folgte eine dazu gegenläufige Suburbanisierungsphase, die von einer starken Bevölkerungs- und Beschäftigtenzunahme im
Umland gekennzeichnet war. Sie resultierte aus der innerregionalen Dekonzentration von Einwohnern und Beschäftigten. So zogen immer mehr Haushalte und
Betriebe aus den Verdichtungszentren in das dünner besiedelte angrenzende
Umland der Innenstadt, also an den Stadtrand. Die Hauptgründe der Haushalte
waren „... das unzureichende Wohnungsangebot, M ängel in der Bausubstanz
und der Wohnumwelt, für Zuzüge ins Umland günstigere Wohnbedingungen und
die geringere Bebauungs- und Wohndichte“ (ebd.:57). Auch der Ausbau der
Verkehrsinfrastruktur förderte diese Entwicklung. Für die Standortverlagerungen
36
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
der Betriebe (Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen) waren ein
steigender Flächenbedarf sowie die hohen Boden- bzw. M ietpreise in der
Kernstadt ausschlaggebend. Denn grosse, preiswerte und gut erschlossene
Gewerbe- bzw. Industrieflächen standen damals wie heute vorwiegend im
Umland zur Verfügung. Weiter wurden die Unternehmen aufgrund neuer
Betriebsformen im Handel sowie der Bevölkerungssuburbanisierung bzw. einer
veränderten Kunden- und Kaufkraftverteilung zur Ansiedlung im Umland
veranlasst (ebd.:57f). Die Folgen der Suburbanisierung waren eine disperse
Siedlungsentwicklung
(Zersiedlung),
starke
Flächeninanspruchnahmen
im
Umland, Funktionstrennung von Wohnen und Arbeiten sowie eine M obilitätszunahme. Zwischen den genannten Folgen bestehen enge Interdependenzen, die
sich in ihrer Wirkung verstärken (Tönnies 2002:70). Die dritte Phase bildete die
Desurbanisierung, die durch eine absolute Bevölkerungs- und Beschäftigtenabnahme im gesamten Agglomerationsraum gekennzeichnet war. Das bedeutet,
dass nicht nur die Kernstadt an Bevölkerung und Arbeitsplätzen verlor, sondern
auch das Umland (Heineberg 2014:58). Es handelte sich also um einen
interregionalen grossräumigen Dekonzentrationsprozess, mit dem die Bevölkerung und Beschäftigten von den städtischen in die ländlichen Regionen
umverteilt wurden. Dies führte zugleich zu einem Bedeutungs gewinn in den
Räumen ausserhalb der A gglomerationen, und zwar sowohl aus demographischer
als auch ökonomischer Sicht (Tönnies 2002:64). Von dieser Phase waren v.a.
strukturschwache Räume betroffen, die wenig Erneuerungspotenzial zuliessen.
Die letzte und noch heute anhaltende Phase ist die Reurbanisierung. Darunter wird
eine erneute Bevölkerungs- und Beschäftigtenzunahme in der Kernstadt
verstanden (Heineberg 2014:59). Im folgenden Kapitel wird näher auf diese Phase
eingegangen.
2.4.2
Aktuelle S ituation des innerstädtischen Wohnens
Im Zusammenhang der Reurbanisierungsphase wird von einer „Renaissance des
innerstädtischen Wohnens“ gesprochen. Die Innenstädte werden als bevorzugter
Wohnort „wieder entdeckt“. Die hohe Nachfrage nach Wohnraum lässt sich an
der generellen tiefen Leerwohnungsziffer nachweisen. Der Wohnraum in den
Kernstädten ist sehr beschränkt. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Vorteile
eines städtisch geprägten Wohnumfeldes, die zu diesem Trend führen, sind z.B.
die Angebotsvielfalt, eine breite Infrastrukturausstattung, kurze Wege, das
37
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
innerstädtische „Flair“, die Nähe zu Dienstleistungs-, Handels-, Handwerksangeboten und zu Bildungseinrichtungen (BM VBS 2011:29). Durch den
Strukturwandel entstanden teils grosse Brachflächen in den Innenstädten, die die
Chance bieten, Neues zu entwickeln und so die Innenstadt zusätzlich zu einem
bevorzugten Wohnort zu gestalten. So ist Reurbanisierung im Sinne einer
Aufwertung innerstädtischer Wohnquartiere zu verstehen (Brinker & Sinning
2011:12).
Diese Vorteile ziehen Junge und Ältere gleichermassen an. „Die Stadt der kurzen
Wege ist ein Ideal für alle Bevölkerungs gruppen“ (ebd.:13). Besonders jüngere
Bevölkerungs gruppen zwischen 18 und 30 Jahren tragen zu dem positiven
Bevölkerungstrend der Innenstädte bei. Sie bevorzugen lebendige Innenstadtgebiete mit unverbindlichen, rasch wechselnden Nachbarschaften und einem
guten Freizeitangebot. Die Innenstadt zeichnet sich durch eine hohe Umzugsbereitschaft aus. Im Durchschnitt lebt jeder zweite Innenstadtbewohner fünf Jahre
in einer Wohnung (ebd.:29f).
Durch die Alterung der Gesellschaft verändert sich die innerstädtische
Bevölkerungsstruktur ebenfalls. Der Anteil der über 65-Jährigen nimmt zu,
wohingegen der Anteil der unter 18-Jährigen sinkt. Gerade für ältere M enschen ist
die Innenstadt ein attraktiver Wohnort hinsichtlich kurzer Wege, medizinischer
Versorgung,
Kulturangeboten
und
dem
historischen
Wohnungsbestand
(ebd.:29ff).
Obwohl heute viele Innenstädte über gute Wohnbedingungen verfügen, sind diese
hauptsächlich für kleine Haushalte bestimmt. Für Familien mit Kindern ist es
schwierig, in der Innenstadt Wohnraum in geeigneter Grösse zu finden (ebd.:8).
Zudem sind die Wohnungen in der Innenstadt teurer als vergleichbare oder
grössere Wohnungen an nicht zentral gelegenen Wohnquartieren. Ein Bedürfnis
von Familien mit Kindern ist ein stabiles, sicheres Wohnumfeld und Grünflächen,
die zu Fuss erreichbar sind. Diese Ansprüche der jungen Familien an das Wohnen
können in den Innenstädten häufig nicht befriedigt werden (ebd.:31).
Das vergleichsweise hohe Preisniveau der Innenstadtzentren ist ein Indikator für
deren Attraktivität. In der Regel gilt, je höher die Nachfrage nach einem
Grundstück und je begrenzter das Angebot ist, desto höher sind die Bodenpreise
bzw. die Bodenrenten, was v.a. auf zentral gelegene Standorte zutrifft (Paesler
38
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
2008:89ff). Die Bodenrente oder auch Lagerente genannt ist der Nettogewinn, den
eine Grundstücksfläche an einem bestimmten Standort erbringt (Heineberg
2014:121). Um das Phänomen des städtischen Bodenmarkts erklären zu können,
dient die wirtschaftsgeographische Theorie des Lagerentenprinzips. Diesbezüglich
kann Lichtenbergers M odell (In: Paesler:89f) herangezogen werden, das das
„Kern-Rand-Gefälle“ der Bodenpreise in Abhängigkeit von der Lage und der
Nutzung beschreibt. Dabei unterscheidet es die Lagen: City, Innenstadt, innenstadtnahe Vororte sowie äussere Vororte. In der City werden die höchsten
Bodenpreise erreicht. Jedoch nimmt der Bodenpreis vom City-Kern zum CityM antel deutlich ab. Die übrige Innenstadt weist niedrigere Bodenpreise auf. Die
Bodenpreise sinken dann kontinuierlich über die innenstadtnahen zu den äusseren
Vororten, wo die tiefsten Bodenpreise vorzufinden sind.
Neben dem M odell von Lichtenberger gibt es eine Vielzahl an weiteren
Bodenrentenmodellen. Der Ursprung dieser M odelle beruht auf dem Standorttheorieansatz von Thünen14 (In: Kulke 2004:54f) aus dem Jahr 1826.
In der Realität kann aber kein lineares Abflachen der Bodenpreise vom
Stadtzentrum zur Peripherie angenommen werden. Neben der Distanz und
Bodennutzung wirken
auch
Einflussfaktoren
wie z.B. Haltestellen
des
öffentlichen Verkehrs sowie Nebengeschäftszentren oder auch Shoppingcenter an
den Rändern der Verdichtungs gebiete auf die Bodenpreise, weil sie zu
Nebenmaxima der Bodenpreise bzw. -renten führen. Ebenso kommt es wegen
Umwelt- und Imagefaktoren zu einer örtlichen Abweichung des modellhaften
Verlaufs. Die Umweltrente beruht auf der ökologischen Qualität des Grundstücks.
14
Sein Modell erklärt die agrarwirts chaftlichen Raumstrukturen bzw. Bodennutzungen. Dabei geht
er von restriktiven Annahmen aus wie einem isolierten Staat und einem homogenen Raum (z.B.
gleiche Produktionskosten und natürliche Produktionsgrundlagen), dessen Zentrum der Marktort
darstellt. Nur hier können die landwirtschaftlichen Güter verkauft werden, da diese nur am
Marktort nachgefragt werden. Die Verkehrsers chliessung zu diesem Marktort ist in alle
Richtungen gleich und die Transportkosten nehmen proportional zur Ent fernung des Marktort es
zu. Zudem sind die Entscheidungen der Landwirte bezüglich der Standortwahl ihres Betriebs
rational-ökonomisch veranlagt, d.h. sie streben eine Gewinnmaximierung an. In Anbetracht dieser
Bedingungen ist die Lagerente von der Entfernung zum Marktort bzw. der Transportkosten
abhängig, die sich aus dem Marktpreis abzüglich Produktions- und Transportkosten ergibt. Sie ist
am Marktort am höchsten und nimmt mit zunehmender Ent fernung ab, da die Landwirte immer
grössere Transportkosten aufwenden müssen. Ab einer bestimmten Ent fernung lohnt sich der
Anbau von landwirtschaftlichen Gütern aufgrund zu hoher Transportkosten nicht mehr. Darüber
hinaus zeigt Thünen mit seinem Modell, dass verschiedene landwirts chaftliche Produkte wegen
ihrer unterschiedlichen Marktpreise, Beschaffenheit und damit Transportkostenempfindlichkeit
verschiedene Lagerenten aufweisen. Je nach Produkt entscheidet sich der Landwirt für den Anbau
eines Produkts mit der höchsten Lagerente. Entsprechend den unterschiedlichen Produkten und
ihren Lagerenten hat Thünen drei konzentrische Ringe definiert, die die Nutzungszonen dieser
Produkte darstellen (Kulke 2004:54f).
39
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
So liegen die Bodenpreise z.B. bei Standorten an Seeufern in einem beträchtlich
hohen Preisniveau (Heineberg 2014:122f). Imagefaktoren spielen insofern eine
Rolle, als dass Wohnlagen in „In-Vierteln“ oder Bürostandorten in besonders
angesehenen Lagen ein deutlich höheres Preisniveau aufweisen als deren
Umgebung (Paesler 2008:91).
Weiter kann festgehalten werden, dass der Bodenpreis eine selektierende Wirkung
hat. Je höher die Bodenpreise sind, desto grösser sind die Verdrängungseffekte.
Oft zeichnet sich das innerstädtische Wohnen durch ein Nebeneinander
unterschiedlicher Lagen aus. So sind bspw. attraktive Wohnlagen einer Stadt fast
nur von Bevölkerungsgruppen mit einem relativ hohen Einkommen finanzierbar
(ebd.:89ff). Daneben gibt es oft unsanierte Wohnungsbestände, an die meist
einkommensschwache Haushalte gebunden sind (BM VBS 2011:28). Der
Bodenpreis ist also nicht nur ein Indikator für die Attraktivität eines Grundstücks
bzw. Stadtviertels, sondern auch ein Hinweis darauf, welche sozialen Gruppen
sich in einem bestimmten Stadtviertel niederlassen (Paesler 2008:89ff). Die
Verdrängung der einkommensschwachen Bevölkerung geht auch mit dem Trend
von zunehmenden aufwendigen Umbauprojekten der innerstädtischen Immobilien
einher. Seit den 70er-Jahren nehmen „... private und öffentliche Erhaltungs- und
Erneuerungsinvestitionen in den Kernstädten zu (Sanierung und Rekonstruktion
historischer Stadtstrukturen)“ (Heineberg 2014:59). Innerstädtische Wohnungen
sind in der Erstellung und bei der M odernisierung aufwendig, was sich auch in
den höheren M ietpreisen widerspiegelt (BM VBS 2011:30). Die Immobilienpreise
wirken sich in einer fortschreitenden Entmischung der Bevölkerung nach
Einkommen aus. “Ausgeprägte soziale, demographische, ethnische, anthropologische und religiöse Segregationsprozesse sind die Konsequenz. ... Damit ist der
Immobiliensektor zugleich M otor und Indikator der räumlichen und gesellschaftlichen Disparitäten“ (Lichtenberger 1998:171). Heeg (2013:76-91) führt in diesem
Zusammenhang die „Finanzialisierung“ ein, die dazu führt, dass sich die
Bevölkerung innerstädtischer Gebiete langsam, aber stetig auswechselt. Der
Begriff „Finanzialisierung“ deutet darauf hin, dass Immobilien in den letzten 20
Jahren noch stärker zu einem Finanzprodukt geworden sind. Das bedeutet, dass
Immobilien zu einer sehr nachgefragten Investmentmöglichkeit bzw. Anlageform
wurden. Unter diesem Aspekt wurden auch grosse Teile des Wohnungsbestands
40
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
der öffentlichen Hand privatisiert und von den neuen Eigentümern für die
finanzielle Verwertung optimiert.
Da der urbane Lebensstil v.a. die einkommensstarke Bevölkerung in die Altstädte
zieht, bedeutet dies zugleich, dass „kleinen, aber feinen Läden“ eine Chance für
eine Eröffnung geboten wird. Dies können Feinkostläden, Kunsthandwerk,
Restaurants oder andere Dienstleister sein, die von einer lokalen Kundschaft
profitieren (Neuhaus 2013:7).
Die Bodenpreise spielen aber nicht nur eine Rolle bei der gesellschaftlichen
Differenzierung, sondern auch innerhalb verschiedener Raumnutzer. Da eine
steigende Nachfrage bei begrenztem Angebot, insbesondere an zentral gelegenen
Standorten, die Bodenpreise bzw. -renten ansteigen lässt, werden damit weniger
solvente Nachfrager ausgeschlossen. So können bestimmte Raumnutzungen wie
die Wohnnutzung in zentralen Standorten durch die Konkurrenz der tertiären
Nutzungen wie dem Bürosektor verdrängt werden. Denn es gilt, die höchsten
Rentenangebote bestimmen die Raumnutzungen (Heineberg 2014:121). Die
M obilisierung von Büroräumen erfolgt zu einem beachtlichen Teil durch die
Umwandlung von Wohnungen in Büros im Althausbestand (Lichtenberger
2002:277). Daraus ergibt sich eine Zweckentfremdung von Wohnhäusern.
Während Geschäfte i.d.R. das Erdgeschoss der Strassenfront belegen, mieten sich
Büros im ersten und zweiten Stock ein (ebd:273).
Die oben beschriebenen Prozesse können unter dem Begriff „Gentrification“
zusammengefasst werden. Dabei handelt es sich um ein komplexes Phänomen.
„Es umfasst die
• bauliche Aufwertung (Gebäudesanierungen und Neubauten, Wohnumfeld- u.
Infrastrukturverbesserungen),
• soziale Aufwertung (Zuzug statushöherer Bevölkerung: v.a.
Besserverdienende, höher Gebildete, z.B. Yuppies, Studierende),
• funktionale Aufwertung (Ansiedlung neuer Geschäfte u. Dienstleistungen,
qualitative u. quantitative Angebotserweiterungen),
• symbolische Aufwertung (‚positive’ Kommunikation über die Gebiete,
M edienpräsenz, ...“ (Krajewski In: Heineberg 2014:20).
Neben der Gentrification und der damit verbundenen Verdrängungsprozesse zeigt
sich die Situation des innerstädtischen Wohnens auch insofern problematisch, als
dass das Wohnen oft im Konflikt mit anderen Nutzungsansprüchen wie der
41
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Gastronomie oder dem Verkehr steht (BM VBS 2011:30). Letzterer wirkt sich in
einem wachsenden Verkehrsaufkommen aus, insbesondere des motorisierten
Verkehrs, der erhöhte Emissionen wie Lärm und Luftschadstoffe zur Folge hat.
Dennoch bilden M obilität und gute Erreichbarkeit bedeutende Standortfaktoren
für Haushalte und Unternehmen (ebd.:9).
2.5
Ansätze und Instrumente zur Attraktivitätssteigerung von
Innenstädten und Innenstadtquartieren
Der in den vorherigen Kapiteln beschriebene Wandel verlangt nach Lösungen.
Jedoch gibt es hierfür keine einfachen Rezepte, besonders nicht für die Altstadt
mit ihrem hohen Identifikationswert (Netzwerk Altstadt 2013:12f). Die
M assnahmen müssen den Besonderheiten eines vom Strukturwandel betroffenen
Ortes gerecht werden (Gerber 2010:3). In diesem Kapitel werden Alternativen
beschrieben, die es ermöglichen, Innenstädte oder innerstädtische Quartiere
attraktiver zu gestalten.
Wenn das Ziel die Rettung bzw. Wiederherstellung des klassischen Detailhandels
in den Innenstädten ist, versagen meist jegliche M assnahmen. Denn die Innenstädte müssen sich darauf einstellen, dass sich der Wandel in den Betriebsformen
und der Einkaufs gewohnheiten weiter fortsetzen wird (Hasler 2014:25). Daher
impliziert der Strukturwandel ein Umdenken, weil sich keine Strukturen
zurückbilden lassen, die eine radikale Umkehr ermöglichen. Anstatt Anstrengungen in einem nicht mehr funktionierenden System zu leisten, geht es
vielmehr darum, mögliche Perspektiven und Potenziale sowie Spielräume zu
entdecken. Die Hauptarbeit am Strukturwandel besteht einerseits darin, dafür zu
sorgen, dass sich die Innenstadt oder die vom Strukturwandel betroffenen
Innenstadtquartiere nicht in eine Abwärtsspirale begeben, die zu einer Entwertung
führen würde. Andererseits ist die Angebotsvielfalt zu sichern. Dazu muss der
Fokus auf die Qualitäten der Innenstadt gelegt werden. Von diesem aus gehend
muss eine schrittweise angepasste Strategie entwickelt werden (Netzwerk Altstadt
2013:12ff).
Die anstehenden M assnahmen sind breitgefächert und langfristig aus gelegt. Sie
erfordern ein weitsichtiges Planen seitens der öffentlichen Hand und einen
Einbezug der zentralen Akteure in der Innenstadt, insbesondere der Eigentümer
und Geschäftsbetreibenden. Es geht also darum, einen Prozess auf verschiedenen
42
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Ebenen in Gang zu setzen. Nur so lässt sich eine Stabilisierung erreichen
(ebd.:14).
Bevor konkret auf potenzielle Aktionsfelder eingegangen wird, ist es wichtig
festzuhalten, dass am Anfang eine gemeinsame Problemsicht durch die
entsprechenden Akteure erarbeitet werden sollte. Diese bietet die Grundlage, um
die Interventionsziele festlegen zu können (Brülisauer 2010:9). Dafür wird meist
eine Aussensicht benötigt, weil die meisten Gemeinden mit einer Standorteinschätzung oft überfordert sind. Das Netzwerk Altstadt 15 bietet mit der
„Stadtanalyse“ ein entsprechendes Instrument an, mit dem der Ist-Zustand einer
Stadt sowie deren Chancen und Grenzen bei der weiteren Entwicklung der
Ortskerne aufgezeigt wird. Darauf aufbauend können dann gemeinsame Ziele und
die daraus abgeleitete Strategie formuliert werden. Auch dies gelingt nur in
Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure (VLP-ASPAN 2012b:4f). Denn das
„Quartier der kurzen Wege“ erfordert die Einbettung in einen akteursorientierten
Zusammenhang (VLP-ASPAN 2012a:17).
Seitens der Stadt ist die Kooperation und Koordination zwischen den wichtigen
Beteiligten zu fördern, also zwischen der Politik, der Verwaltung, den
bürgerschaftlichen Organisationen sowie den Grundstückseigentümern bzw.
Immobilienbesitzern und Gewerbetreibenden. Gerade beide zuletzt genannten
Akteure bestimmen die Stadtentwicklung zu einem wesentlichen Teil mit
(BM VBS 2011:21). Deshalb ist die Stadtverwaltung gefragt, die Eigentümer und
Gewerbetreibenden in die Stadtentwicklung zu integrieren und aktiv daran zu
beteiligen
(Hasler 2014:27). Kooperationen zwischen der öffentlichen Hand und
den Privaten ist bei städtischen Grossprojekten im Rahmen von Public-PrivatePartnership (PPP) bereits üblich. Während bei „kleineren“ privaten Eigentümern
noch Aufholbedarf für deren Einbindung in den Stadtentwicklungsprozess besteht
(Dichtl 2012:28). Diesbezüglich könnte ein Quartiersmanager fungieren, der als
Schnittstelle zwischen Verwaltung, Politik und privaten Akteuren agiert (Leicht
2010:24).
15
Das Netzwerk Altstadt ist eine Kompetenz- und Beratungsstelle für Altstadt fragen rund um den
Strukturwandel in den Zentren von Klein- und Mittelstädten sowie historischen Ortskernen
(Netzwerk Altstadt 2013:3). Es wurde als Forschungsprojekt vom Bundesamt für Wohnungswesen
2007 lanciert. Innerhalb diesem entwickelte es einfache, standardisierte Werkzeuge, um die
Verwaltung und Politik zu einer strategischen Standortbestimmung ihrer Ortskerne zu ermuntern
(VLP-ASPAN 2012:1).
43
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Eigentümer, Ladenbetreibende und Stadt müssen sich bemühen, die Nachteile der
kleinräumigen Struktur der historischen Zentren möglichst wettzumachen, um
auch in Zukunft attraktiv für Kunden und Investoren zu sein. Deshalb müssen sie
sich fragen, wie das Zentrum mit der Detailhandelsentwicklung Schritt halten
kann (VLP-ASPAN 2012b:5). Hierzu hat das Netzwerk Altstadt ebenfalls ein
Werkzeug entwickelt, die sogenannte „Nutzungsstrategie“. Dieses Instrument
ermöglicht
durch
ein
partizipatives
Verfahren,
Wissen
abzuholen
und
gemeinsame Erkenntnisse zu klaren Absichten zu erlangen. Die „Nutzungsstrategie“ beantwortet Fragen, welche Nutzung, wo im Zentrum stattfinden kann
und was dazu unternommen werden muss (ebd.:4).
Darüber hinaus wird mit einem weiteren Instrument des Netzwerks Altstadt, der
„Haus-Analyse“, spezifisch für Liegenschaftseigentümer eine Entwicklungsperspektive bzw. ein Erneuerungsprozess für deren Liegenschaften gefunden.
Denn oft sind die Häuser in den Altstädten in einem unbefriedigenden Zustand,
weil die Liegenschaftseigentümer mit dem Strukturwandel überfordert sind. Das
führt dazu, dass nicht mehr renoviert und erneuert wird (VLP-ASPAN 2012b:4).
Oftmals lohnen sich Investitionen aus Sicht der Eigentümer nur dann, wenn bei
den angrenzenden Liegenschaften bzw. über mehrere Parzellen hinweg
Investitionen vorgenommen werden (Inderbitzin 2010:15). Anstatt dieser
isolierten Sichtweise ist eine gemeinsame Verantwortung notwendig. Die
Eigentümer sollten erkennen, dass sie sich gegenseitig Investitionssicherheit
geben müssen, um die Investitionen in ihren Häusern zu schützen (VLP-ASPAN
2012b:4). Damit Eigentümern die Potenziale ihrer Immobilie vor Augen geführt
werden können, bieten sich Best-Practice-Beispiele an, die aufzeigen, dass auch
Immobilien in den Nebenlagen zur Aufwertung des Gesamtangebots der Stadt
beitragen können (Dichtl 2012:28).
Die Eigentümer sollten auch bereit sein, sich auf neue Konzepte einzulassen, auch
wenn diese nicht den gewünschten M ieteinnahmen entsprechen (Dichtl 2012:28).
Um ein solches Verständnis von den Eigentümern zu erlangen, braucht es einen
aktiven Dialog, Solidarität und Sensibilisierungsarbeit. Ein geeignetes Instrument
dafür ist der „Gassenclub“ des Netzwerks Altstadt. M it diesem sollen die
Eigentümer in den Prozess der Quartieraufwertung einbezogen und zu
gemeinsamen Entwicklungsstrategien bewegt werden. Dieses Instrument ist mit
dem sogenannten „Gentlemen’s Agreement“ vergleichbar, d.h. dass es sich beim
44
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
„Gassenclub“ um freiwillige Übereinkünfte handelt. In Bezug auf die Eigentümer
könnte dies z.B. so aussehen, dass diese sich in einem bestimmten Gebiet dazu
verpflichten, auf bestimmte Nutzungen zu verzichten (VLP-ASPAN 2012b:4).
In der Stadt Luzern gibt es hinsichtlich der Sensibilisierung der Eigentümer die
Idee, Vermieter mit einem Preis zu belohnen, die freiwillig auf eine M aximierung
der M ieteinnahmen verzichten, weil sie z.B. lieber ein alteingesessenes Geschäft
im Haus haben als eine internationale M odekette. Es geht darum, positives
Verhalten durch einen Anerkennungspreis herauszuheben, um so eine Diskussion
anzuregen. Der Preis sollte nicht in erster Linie eine Geldpreis sein, sondern eher
einen symbolischen Charakter haben (Knobel 2015b:12).
Im engeren stadtplanerischen Handlungsrahmen rückt einerseits die Schaffung
eines attraktiven Betriebsformenmix bzw. die Sicherung und wo möglich die
Stärkung eines vielfältigen Detailhandelangebots in der Innenstadt in den Fokus
(BM VBS 2011:21). Dabei kommt dem Flächenmanagement eine bedeutende
Rolle zu. Durch dieses muss bestimmt werden, wo welche Nutzung stattfinden
soll und welche Rahmenbedingungen dafür geschaffen werden müssen (VLPAPSAN 2012b:5). Besonders der kleinteilige inhabergeführte Einzelhandel soll
durch entsprechende Rahmenbedingungen gestärkt und Konzepte für leer
gefallene Verkaufsläden entwickelt werden. Dabei ist auf die Bereitstellung von
Nahversorgungseinrichtungen zu achten. Eine ausreichende Nahversorgung in den
Innenstädten ist für die Stärkung des innerstädtischen Wohnens von grosser
Bedeutung. Hierzu benötigt es eine aktive Boden- und Liegenschaftspolitik
seitens der Stadt, die bei der Steuerung der Ansiedlung von grossflächigen
Einzelhandelsbetrieben noch stärker auf deren Auswirkungen bezüglich zentraler
Versorgungsbereiche achtet. Gerade auch zur Förderung der Innenentwicklung
sollte sich die Stadtentwicklung bei der Ausweisung von Flächen auf den
städtebaulichen Bestand konzentrieren. Dafür können z.B. innerstädtische Brachflächen für Wohnen und Gewerbe revitalisiert werden (vgl. S. 47). Zudem sollten
die M öglichkeiten des Baurechts zur Erhaltung und Stärkung kleinteiliger
Nutzungsmischung voll ausgeschöpft werden (BM VBS 2011:21ff). Das Baurecht
ist eine Eigentumsform und entsteht durch einen Vertrag zwischen zwei Parteien,
nämlich dem Baurechtgeber und dem Baurechtnehmer. Dabei handelt es sich um
ein temporäres Nutzungsrecht, was jedoch langfristig ausgelegt ist. Die Stadt Bern
gilt als „Hochburg“ für Baurechte (Wüest & Partner 2011:70).
45
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Ein funktionierender Einzelhandel benötigt ausserdem ein Konzept, um M assnahmen zur Stärkung der Innenstadt räumlich, zeitlich und inhaltlich aufeinander
abstimmen zu können (ebd.:22). Grössere Städte könnten mit einem Detailhandelskonzept und einer langfristigen Strategie evtl. Einfluss nehmen und den
Detailhandel im Zentrum konzentrieren (Brülisauer 2010:9). Erfolgreiche Einzelhandelskonzepte zielen auf eine Angebots- und Erlebnisvielfalt ab, die durch
einen ausgeglichenen M ix aus grossen Geschäften als Frequenzbringer und
individuellen inhabergeführten Läden als Angebotsbereicherung gekennzeichnet
ist (BM VBS 2011:21). Eine entscheidende Rolle spielen dabei die Grossverteiler
und M arkenläden, weil sie eine grosse Anziehungskraft auf die Konsumenten
ausüben. M it ihnen sollte zusammen gearbeitet werden (Brülisauer 2010:9). Die
Konzepte sollten regional abgestimmt werden, und zwar mit einer klaren
Ausrichtung auf das jeweils gemeinsame Zentrum (Hasler 2014:26).
Auf einer tieferen Ebene könnten spezifische Konzepte für die Nebengeschäftslagen zu deren Attraktivitätsstärkung dienen. Die besonderen Potenziale der 1bLage, die sich durch eine abwechslungsreiche M ischung von inhabergeführtem
Einzelhandel, Gastronomie und Kultur ergeben, sind in vielen Innenstädten zu
wenig ausgeschöpft worden. Diese können durch die Stadt mittels Bebauungspläne, Gestaltungssatzungen und städtebauliche Aufwertungen sichergestellt
werden. Zudem können sie von dem Stadtmarketing oder privaten Initiativen wie
„Business Improvement Districts“ (BID) (vgl. S. 48ff) unterstützt werden
(BM VBS 2011:22).
Ein aus gewogener Angebotsmix ist wichtig, damit die Altstadt ein Begegnungsort
bleibt und ihre Lebendigkeitsfunktion behält. Diesbezüglich sind gemischte M assnahmen aus Detailhandel, Events, Gastronomie und M ärkten denkbar (Hasler
2014:25). Letztere sind ein wesentlicher Beitrag für lebendige Innenstädte,
stärken die regionale Verflechtung der Städte mit ihrem Umland und bieten die
M öglichkeit, zentrale Plätze in den Innenstädten aufzuwerten (BM VBS
2011:21ff).
46
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Die Begegnungsfunktion wird ausserdem erfüllt, wenn die Erdgeschosse
publikumsorientiert bleiben (Brülisauer 2013:4). Dies gelingt über einen M ix aus
kleinteiligen Nutzungen wie Kindergartenstätten, Bibliotheken, Cafés und ParaLäden. Besonders letztere weisen ein grosses Potenzial auf. Dabei handelt es sich
um ladenartige Strukturen, die nur aus einem teilweise ökonomischen bzw.
kommerziellen M otiv betrieben werden. Ihre M otivation begründet sich vielmehr
in der Passion der Besitzer. Weitere M erkmale der Para-Läden sind flexible
Öffnungszeiten und das relativ hohe Alter der Ladenbetreiber. Oft werden diese
Läden von Pensionierten betrieben. Die Para-Läden können zwar die einstigen
Läden nicht ersetzen, dennoch passen sie gut in die Altstadtstruktur (Netzwerk
Altstadt 2013:16).
Im Zusammenhang mit der Belebungsfunktion ist der Begriff „Revitalisierung“ zu
nennen. Revitalisierung bedeutet im eigentlichen Wortsinn Wiederbelebung. Im
Kontext der Stadtentwicklung wird der Begriff zumeist im Sinne der
Wiedernutzung von Brachflächen verwendet. Innerstädtische Revitalisierung
umfasst die Wiederbelebung durch Neunutzung, Umnutzung oder Zwischennutzung von brach liegenden Grundstücken und leer stehenden Gebäuden. Das
Ziel ist die Förderung der innerstädtischen Entwicklung und der Erhalt eines
multifunktionalen, vitalen, identitätsstiftenden Orts für urbanes Leben und
Arbeiten (Brinker & Sinnig 2011:14). Bei dem Begriff „Revitalisierung“ ist aber
Vorsicht geboten. Oft wird unter Revitalisierung verstanden, dass die Läden
zurückkehren sollen und alles wieder wird wie früher. Das ist aber i.d.R. nicht
möglich (Brülisauer 2013:4).
Zur Belebung benötigt es auch M arketinganstrengungen. Aufbauend auf einer
strategischen Arbeit sind die Innenstadt und ihre Angebote zu kommunizieren und
zu vermarkten (VLP-ASPAN 2012b:5). In der Darstellung eines lebendigen,
urbanen Zentrums bestehen meist noch Defizite. Oft liegt der Fokus zu sehr auf
dem „M ittelalterlichen Wunder“, sodass die Innenstadt eher einen M useumsanstatt einen urbanen Erlebnischarakter hat. Besonders die Nebengeschäftslagen
wurden bis anhin kaum für Werbezwecke verwendet. Dennoch bieten besonders
Nebengeschäftslagen
Vermarktungspotenzial. Sie besitzen eine einmalige
Gesamtattraktivität, die sich aus dem Wohlfühlambiente des baulich gestalterischen Rahmens und der M ultifunktionalität der kleinräumigen M ischnutzung
ergibt (Dess 2005:234).
47
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Das Stadtmarketing versteht sich als eine Querschnittsaufgabe, die die
öffentlichen und privaten Akteure miteinander vernetzt und ihnen M öglichkeiten
aufzeigt (VLP-ASPAN 2012b:5). Neben den innerstädtischen Aufwertungs- und
Attraktivitätssteigerungszielen sowie der Verbesserung des Stadtimages strebt das
Stadtmarketing nach einer besseren Positionierung im internationalen Standortwettbewerb. M it Hilfe individueller Alleinstellungsmerkmalen wird versucht, die
Stadt nach aussen als einzigartig und unverwechselbar darzustellen und sich so
vorteilhaft von anderen Städten abzugrenzen (Heineberg 2014:273ff). Eine solche
Vermarktung kann auch gemeinsam mit anderen Städten der Region erfolgen.
Regionale Verflechtungen spielen für die Entwicklung der Städte eine immer
stärkere Rolle (BM VBS 2011:14). So lancierten z.B. die Aargauer Altstädte eine
eigene Dachmarke (Keller 2014:o.S.). Stadtmarketing ist also auch eine Reaktion
auf die verstärkte globale Wettbewerbssituation zwischen den Städten (Heineberg
2014:273ff).
In Bezug auf eine imageorientierte Stadtentwicklung und im Konkurrenzkampf
der Städte ist der Ansatz des „Neighbourhood Branding“ zu erwähnen. Dieser
wurde in den Niederlanden zur Imageverbesserung und Erneuerung von
Stadtteilen entwickelt. Zusammen mit wichtigen Akteuren und Bewohnern
werden die Identität und Wohnungsqualitäten eines Quartiers heraus gearbeitet. Im
Anschluss daran kann gemeinsam ein Wohnangebot entwickelt werden, das den
Bedürfnissen der Bewohner entspricht und so den Stadtteil als M arke fördert
(Fasselt & Zimmer Hegmann 2014:278f).
Das herkömmliche Stadtmarketing weist insofern Defizite auf, als dass z.B.
Interessengemeinschaften oft wenige M itglieder und eine schwache finanzielle
Basis haben (Schote 2003:15). Ausserdem haben sie das Problem des
„Trittbrettfahrers“ (Reichhardt & Schote 2012:19). Zudem konzentrieren sie sich
vielerorts auf kurzfristige Erfolge v.a. mittels Events. Grössere, langfristige und
nachhaltige Projekte werden kaum in Angriff genommen. “Business Improvement
Districts“ (BID) bieten die Chance, dem zu begegnen. BIDs betreiben auf Basis
einer Pflichtmitgliedschaft u.a. Stadtmarketing (Schote 2003:15). Dies kann als
konsequente Weiterentwicklung des Prinzips der Interessensgemeinschaft
angesehen werden. Einerseits haben sie den Vorteil, dass sie nicht die Schwächen
der gewöhnlichen Ansätze aufweisen. Andererseits stossen BIDs bei den
betroffenen Einzelhändlern und Immobilien- bzw. Grundstückseigentümern auf
48
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
eine höhere Akzeptanz, weil die M assnahmen durch private Akteure vor Ort
selbst initiiert und nicht „top-down“ verordnet werden (Dorenkamp & M ossing
2010:13). Denn sie stellen eine neue Kooperationsform zwischen Privaten und der
öffentlichen Hand dar. Pütz (2010:1) bezeichnet sie als Spezialform des PPP. Bei
den BIDs handelt es sich um einen privat initiierten Zusammenschluss der
Grundeigentümer und Gewerbetreibenden in einem von ihnen räumlich klar
abgegrenzten Gebiet, meist in der Innenstadt (Prey 2014:298). Sie tragen zur
Revitalisierung und Stabilisierung von Quartieren bei, indem einem Bedeutungsverlust oder Problemen innerstädtischer Geschäftszentren entgegengewirkt wird
(Heineberg 2014:263). Dabei versuchen die BIDs eigene Ideen zur Gestaltung
und Entwicklung ihres Quartiers innerhalb eines befristeten Zeitraums umzusetzen. Ziel ist die ökonomische Aufwertung sowie die Aufrechterhaltung und
Stärkung der Angebotsvielfalt und Standortqualität innerstädtischer Quartiere,
insbesondere von Einkaufsquartieren (Prey 2014:298f). Durch eine Attraktivitätssteigerung des Quartiers soll auch die Kundenfrequenz erhöht werden
(Dorenkamp & M ossing 2010:13). Die Aufwertungsmassnahmen sind mit der
Gemeinde anhand eines Geschäfts- und Organisationsplans abzustimmen und
werden von den Eigentümern und Gewerbetreibenden gemeinsam finanziert. Die
öffentliche Hand erhebt von allen Beteiligten eine finanzielle Abgabe. Diese sind
alle dazu verpflichtet, eine solche zu leisten. Die Gemeinde leitet den Beitrag
dann an die Aufgabenträger bzw. BID-Organisation weiter (Prey 2014:298f).
Dadurch, dass vermehrt privates Kapital in die Innenstädte fliessen kann, bietet
dies der Stadt eine Chance, sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen
Standorten zu verschaffen (Reichhardt & Schote 2012:21). Neben dem Verteilen
der finanziellen M ittel erhält die Gemeinde eine Beratungs- und Kontrollfunktion
(Gorgol 2014:319).
Das BID-Konzept entstand in den 70er-Jahren als Ansatz gegen „Trading-down“ Effekte in einem Stadtteil von Toronto (Heineberg 2014:263). Die Idee der BIDs
expandierte weltweit, sodass die BIDs in der
Stadtentwicklung einen
Bedeutungs gewinn erfahren. Im europäischen Raum ist der Ansatz eher ein
Novum und befindet sich noch in einer Erprobungsphase (Prey 2014:299).
Da sich das BID-Konzept als sehr erfolgreich herausstellte, wurde es auf die
Wohnquartiere übertragen, die „Housing Improvements Districts“ (HID).
Während das BID-Konzept primär ökonomisch ausgerichtet ist, da es v.a. die
49
T heoretische- und allgemeine Grundlagen
Aufwertung von städtischen Einzelhandelslagen zum Ziel hat, geht es bei dem
HID-Ansatz um die Aufwertung von innerstädtischen Wohnquartieren. Es handelt
sich um eigentümerorientierte Standortkooperationen, in denen die Eigentümer
aktiv und eigenverantwortlich M assnahmen zur Instandhaltung, Aufwertung und
Attraktivitätssteigerung ihres Wohnquartiers durchführen. Da das HID einen
Eingriff in das Wohnumfeld der dort ansässigen Bewohner darstellt, sind auch die
M ieter und weitere lokale Akteure wie Vereine, Schulen etc. bei der Erarbeitung
der geplanten M assnahmen einzubeziehen (Gorgol 2014:317ff).
Die Gemeinsamkeiten des BID- und HID-Konzepts liegen einerseits in der
identischen Grundidee. Beide M odelle bezwecken sogenannte „On TopLeistungen“. Das bedeutet, dass ihre M assnahmen diejenigen der öffentlichen
Hand ergänzen sollen, um so die urbane Qualität aufzuwerten und zu stärken.
Andererseits sind ihre Handlungsfelder ähnlich, die z.B. die Sauberkeit und
Sicherheit, Instandhaltung und Pflege, das Verkehrs- und Parkplatzmanagement
oder M arketingaktivitäten betreffen (Gorgol 2014:321).
Parallel dazu gibt es weitere Ansätze, die im Kern einem BID nahe kommen. Hier
können die Immobilien- und Standortgemeinschaften (ISG) genannt werden.
Dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von Immobilienbesitzern,
Gewerbetreibenden und öffentlichen Planungsträgern. Wie bei den BIDs bzw.
HIDs ist das Hauptziel die Stabilisierung und Aufwertung städtischer Zentren.
Zudem zielen sie auf eine verbesserte und verbindlichere Zusammenarbeit
zwischen Privaten und den Behörden ab. Im Vergleich zum BID- bzw. HIDKonzept ist die Gemeinde bei den ISG beteiligt. Ein weiterer Unterschied besteht
darin, dass die ISG auf Freiwilligkeit basieren, während BIDs/HIDs einen
bindenden Charakter haben (Prey 2014:301).
50
Forschungsdesign
3
Forschungsdesign
Die empirische Untersuchung der dargelegten Fragestellung verläuft sowohl
deskriptiv als auch explorativ. Dafür wird ein mehrstufiges methodisches
Vorgehen gewählt, das sich aus einer deskriptiven Analyse statistischer Daten,
einer schriftlichen Befragung sowie Experteninterviews zusammensetzt. Ziel
dieses Vorgehens ist die Erweiterung und Vervollständigung der Erkenntnismöglichkeiten bis ein hinreichender Informationsstand zur Beantwortung der
Fragestellung erreicht wird.
3.1
Qualitative und quantitative Methoden
Das Forschungsdesign kombiniert qualitative und quantitative M ethoden. Der
M ethodenmix begründet sich zum einen im begrenzten Forschungsstand und ist
zum anderen hinsichtlich des Erkenntnisinteresses der Untersuchung konzipiert.
Dies erfordert unterschiedliche Perspektiven, um ein verlässliches Gesamtbild des
Strukturwandels zu erhalten. M it der Kombination von qualitativen und
quantitativen M ethoden können sich die M ethoden gegenseitig ergänzen, indem
die jeweiligen Stärken der M ethode genutzt und die Schwächen mit einer anderen
M ethode ausgeglichen werden können.
Die Triangulation der qualitativen und quantitativen M ethoden verläuft
sequenziell. So enthält die Untersuchung qualitative oder quantitative M ethoden
in verschiedenen Phasen des Forschungsprozesses. Die Untersuchung beginnt mit
einer quantitativen Analyse statistischer Daten, an die sich zwei Fragebogenstudien anschliessen. Letztere sind aufgrund der Kombination von offenen und
geschlossenen Fragen sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgelegt. Gemäss
Creswell (2009:17) sind offene Fragen ein Kernelement von qualitativen
Befragungen und geschlossene Fragen von quantitativen Befragungen. Abschliessend werden die vorliegenden Ergebnisse aus diesen beiden Schritten in einer
qualitativen Phase mittels Experteninterviews vertieft und interpretiert.
3.2
Alternative Methoden
Alternativ zu der oben beschriebenen
Vorgehensweise wäre auch ein
komparativer Ansatz für die Operationalisierung der Fragestellung geeignet
gewesen, indem eine Fallstudien-Analyse vollzogen worden wäre. M it dieser
wäre der Ansatz nicht auf einer kleinräumigen Ebene beschränkt, sondern liesse
51
Forschungsdesign
sich auch auf generelle Dynamiken auf gesamtschweizerischer Ebene ausweiten.
Obwohl jede Stadt spezifische Charakteristiken der Quartiere aufweist, ist es
sinnvoll, generelle Vergleichsmuster erklärend in die Betrachtung miteinzubeziehen. Dies würde der Unteren Altstadt eine Aussensicht bieten und die
Strukturwandelanalyse inhaltlich ergänzen. Ausserdem würden Argumente im
Hinblick auf die Weiterentwicklung der Unteren Altstadt geliefert werden. Denn
der Vergleich würde methodisch dazu dienen, Wissen darüber zu erlangen, wie
andere Städte mit einem vergleichbaren Strukturwandel umgehen und welche
Handlungsansätze sie verfolgen. Diese Erkenntnisse könnten dann auf die
entsprechenden Handlungsempfehlungen für die Quartiersentwicklung der
Unteren Altstadt angewendet werden. Bedingt durch den erheblichen Zeitaufwand
der Fallstudienuntersuchung als weitere M ethode, wird sie für die vorliegende
M asterarbeit nicht verwendet. M it der M ethode der Experteninterviews wird aber
auch eine Aussensicht erlangt. Zudem wird innerhalb der Interviews auf
Fallbeispiele eingegangen.
Die Strukturanalyse bildet den Einstieg in die empirische Untersuchung. Ziel ist,
ein ganzheitliches Verständnis über die aktuelle Situation der Unteren Altstadt zu
erlangen und die Dynamik des Strukturwandels in den Bereichen Detailhandel
und Wohnen seit dem Jahr 2000 zu verdeutlichen. Sie beinhaltet ein wissenschaftliches Sampling, das sich aus einer deskriptiven Analyse des Grünen
Quartiers bzw. Statistischen Bezirks 3 sowie aus Befragungen in der Kramgasse
zusammensetzt, worauf im Folgenden näher eingegangen wird.
3.3
Deskriptive Analyse statistischer Daten
Um einen Überblick über die Entwicklung der Demographie, Wohnsituation und
des Detailhandels im Untersuchungsgebiet zu erhalten, erfolgt eine Analyse von
vorhandenen
Sekundärdaten
auf
Quartiersebene.
Dafür
bietet
sich
die
Unterteilung der Stadt Bern nach Quartieren und statistischen Bezirken an.
Danach liegt der Untersuchungsperimeter im Grünen Quartier bzw. im
statistischen Bezirk 3 (Statistik Stadt Bern 2014a:288). Da die Statistikdienste ihre
Daten nur für diese exakt abgegrenzten Bezirke aufbereiteten, wird diese
Abgrenzung übernommen. M it der deskriptiven Beschreibung soll auch die
Einbettung des Grünen Quartiers im Kontext der Unteren Altstadt bzw. Innenstadt
vorgenommen werden.
52
Forschungsdesign
3.3.1
Datensammlung
Die Datenquellen bilden die Statistikdienste der Stadt Bern, das Bundesamt für
Statistik und weitere Studien. Folgende Daten sind auf Quartiersebene abrufbar
und wurden für die M asterarbeit herangezogen:
Themen
Vorhandene Daten
Demographie • Bevölkerungsbestand nach Geschlecht, Heimat und
Altersgruppen (2000-2013)
• Bevölkerungsbewegungen (2000-2013)
Wohnen
• Gebäude- und Wohnungsbestand nach Anzahl Zimmer
(1990-2013)
• Wohnungsbestand nach Gebäudeart (2000-2012)
• Anzahl Personen/Wohneinheit (1990, 2000, 2010)
• Leer stehende Wohnungen nach Anzahl Wohnräumen
(2014)
• M onatsmietpreise nach Wohnungsgrössen (Daten nur für
Stadtteile, 1990-2013)
• Privathaushalte nach Typ (Volkszählung (VZ) 2000)
• Haushaltsgrösse der Privathaushalte (VZ 2000)
• Sanierungsarbeiten (1990-2013)
Detailhandel • Anzahl Arbeitsstätte und Beschäftigte nach NOGA-Code
(Betriebszählung (BZ) 2001, 2005, 2008)
• Vollzeitäquivalente der Beschäftigten nach Branchen (BZ
2001, 2005, 2008)
• Anzahl und Fläche der leer stehenden Arbeitsräume (2013)
Tabelle 1:
3.3.2
Übersicht Daten auf Q uartiersebene (Eigene Darstellung).
Datenanalyse
Aus Datenschutzgründen sind der Kleinräumigkeit der Daten Grenzen gesetzt.
Die Daten sind nicht tiefer als auf Quartiersebene bzw. für die BZ pro Hektar
verfügbar, wodurch keine Aussagen auf Gassenebene innerhalb des Quartiers
gemacht werden können. Dies ist aber wichtig, weil die Haupt- und Seitengassen
unterschiedliche Charakteristiken aufweisen. Da der Fokus der Arbeit auf der
Kramgasse liegt, kann der Strukturwandel somit nicht spezifisch mit Sekundärdaten analysiert werden. Aus diesem Grund werden die oben aufgelisteten Daten
festgehalten, aber nicht im Detail interpretiert. Vielmehr wird für die Strukturwandelanalyse das Gewicht auf die Befragungen in der Kramgasse (vgl. 3.4)
gelegt.
53
Forschungsdesign
3.4
Schriftliche Umfrage
Die M ethode der schriftlichen Befragung bildet den umfangreichsten Teil der
Arbeit. Sie bezweckt die Gewinnung der Primärdaten für die Strukturwandelanalyse und soll eine Innensicht der vom Strukturwandel Direktbetroffenen
erbringen. M it der Umfrage werden alle Geschäfte und Haushalte der Kramgasse
zu Sachverhalten und Haltungen bezüglich des Strukturwandels befragt.
Darüberhinaus dient die Umfrage einer SWOT-Analyse16. Dabei handelt es sich
um ein Instrument der M anagementlehre, das aber für fast alle strategischen
Fragestellungen verwendet werden kann. In Stadtentwicklungsprozessen kommt
die SWOT-Analyse regelmässig zur Anwendung. Sie ermittelt die Stärken,
Schwächen, Chancen und Gefahren einer Stadt und dient als Orientierungsbasis
zukünftiger Entscheidungen oder für weiteres Planen (Imhof 2011:19).
Die Vor- und Nachteile dieser M ethode sind in der nachstehenden Tabelle (vgl.
Tab. 2) aufgelistet:
Vorteile schriftliche Befragung
Nachteile schriftliche Befragung
• zeitliche und örtliche Unabhängigkeit
(Altobelli & Hoffmann :28)
• geringer Kosten- und Zeitaufwand
• Befragte können die Fragen besser
durchdenken als bei persönlichen
Befragungen
• M erkmale und Verhalten von
Interviewer haben keinen Einfluss,
sodass Verzerrungen aufgrund der
Interviewsituation nicht möglich sind
(Diekmann 2011:514)
• Unkontrollierte Erhebungssituation
(Altobelli & Hoffmann:29)
• Verständnisprobleme können nicht
geklärt werden
• Bei postalischen Befragungen ist
nicht sicher, ob der Fragebogen
von der Zielperson selbst ausgefüllt
wird
• Repräsentativität wird durch
geringe Rücklaufquoten beeinträchtigt
(Diekmann 2011:514)
Tabelle 2:
3.4.1
Vor- und Nachteile der schriftlichen Befragung (Eigene Darstellung).
S tichprobe
In Form einer Vollerhebung wurden zwei schriftliche Befragungen durchgeführt,
je eine Befragung mit den ansässigen Detailhandelsgeschäften und Privathaushalten der Kramgasse inkl. Zytglogge-Laube. Die Stichprobe der Geschäfte
wurde gemäss NOGA-Code 52 der offiziellen Branchenabgrenzung des Bundesamtes für Statistik festgelegt. Eine detaillierte Aufstellung der NOGA-Systematik
16
SWOT: Strengths (S), Weaknesses (W), Opportunities (O), Threats (T)
54
Forschungsdesign
befindet sich im Anhang (vgl. Anhang E). Nach dieser handelt es sich in der
Kramgasse inkl. Zytglogge-Laube um 86 Detailhandels geschäfte (Eigene
Zählung), von denen ein Geschäft aufgrund einer Winterpause geschlossen war.
Somit kann von einer Grundgesamtheit von 85 Geschäften ausgegangen werden.
Nach Angaben der Statistikdienste der Stadt Bern (Telefonat 19.08.2014)
befinden sich 205 Haushalte ±10% in 69 Gebäuden in der Kramgasse. Die
Stichprobengrösse der Haushaltsbefragung umfasst demnach ca. 205 Wohnungen.
3.4.2
Auswahl der Erhebungsdaten
Für die Entwicklung der Fragebogen musste zunächst festgelegt werden, welche
Kriterien mit der Umfrage erhoben werden sollen. Die Themen bzw. M erkmale,
die mit der Umfrage untersucht werden sollen, wurden so aus gewählt, dass sie der
untersuchungsleitenden Zielsetzung dienen. Einerseits basieren sie auf einer
Literaturrecherche. Dazu wurde bereits im Kapitel 2 auf Strukturelemente
eingegangen, die auch in die Umfrage integriert wurden. Andererseits richtete sich
die Auswahl nach den vorhandenen Sekundärdaten (vgl. Tab. 1), um die
Ergebnisse aus der Umfrage mit vorhandenen Informationsquellen triangulieren
und vergleichen zu können. Zudem wurde die Auswahl der Erhebungsdaten in
enger Zusammenarbeit mit dem Kramgassleist und den Vereinigten Altstadtleisten (VAL) getroffen. Hierbei konnte sich die Autorin auf die Expertise der
Altstadtkenner stützen, damit die Umfrage adäquat auf die Untere Altstadt
zugeschnitten und das Erkenntnisinteresse des Kramgassleist bzw. der VAL
bestmöglich integriert werden kann. Folgende M itglieder erklärten sich dazu
bereit:
• Stefanie Anliker (Präsidentin VAL)
• Nicola Schneller (Präsident Kramgassleist)
• Ursula Bischof (Ehrenmitglied Kramgassleist)
• Peter Ineichen (Vorstand Kramgassleist, Geschäftsinhaber Kramgasse)
• M arianne Högstedt (M itglied Kramgassleist, Geschäftsinhaberin Kramgasse)
In den Tabellen 3 und 4 sind die Themen aufgelistet, die durch die Umfrage
eruiert wurden, beispielhaft die dazugehörigen Indikatoren, mit denen die Themen
gemessen wurden sowie Beispiele des Erkenntnisinteresses.
55
Forschungsdesign
Themen
Indikatoren
Erkenntnisinteresse
Branchenstruktur,
Branchenmix,
Branchenvielfalt
• Anzahl Geschäfte pro
Branche
• Filialisierungsgrad
• Textilisierungsgrad
• Anzahl verschiedener
Branchen
Detailhandelsangebot
• Vielfalt
• Qualität
Standort
(-faktoren und
qualitative
M erkmale)
• Erreichbarkeit
• M ietzins
• Nähe zu anderen
Geschäften/
Konkurrenzsituation
• Öffnungszeiten
• Zufriedenheit
Wirtschaftlichkeit
• Ertrag
Kunden
• Kundenfrequenz
• Kundentypus
Attraktivitätssteigerung der
Unteren Altstadt
als Einkaufsort
• Kooperationsgrad/
Vernetzungsgrad
• Leistaktivitäten
Soziodemographische
M erkmale,
Geschäftsstruktur
• Alter
• Ausbildung
• Geschlecht
• Nationalität
• Organisationsform
• Anstellungszahl
• Fluktuationsrate:
Eröffnungsjahr
• Wie ist die Branchenstruktur
zusammengesetzt?
• Wie ausgeprägt ist der
Filialisierungsgrad?
• Welcher Branchenmix lässt
sich verzeichnen?
• Gibt es Verdrängungen
einzelner Branchen bzw.
verarmt der Branchenmix?
• Wie hat sich das Detailhandelsangebot seit dem Jahr
2000 hinsichtlich Angebotsvielfalt und -qualität
entwickelt?
• Wie wichtig sind die einzelnen
Standortfaktoren?
• Wie haben sich die M ietzins
seit dem Jahr 2000 entwickelt?
• Werden einheitliche
Öffnungszeiten in der Unteren
Altstadt befürwortet?
• Wie zufrieden sind die
Geschäfte mit dem Standort?
• Wie hat sich das Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000
entwickelt?
• Wie hat sich die Kundenfrequenz seit dem Jahr 2000
entwickelt?
• Welcher Kundenstamm lässt
sich verzeichnen?
• Wie sind die Geschäfte
miteinander vernetzt?
• Wie ist die Bereitschaft der
Geschäfte, sich für die
Attraktivitätssteigerung der
Unteren Altstadt zu
engagieren?
• Wie setzt sich die Geschäftsstruktur zusammen?
Tabelle 3:
Erhebungsgrundlage Umfrage Geschäfte (Eigene Darstellung).
56
Forschungsdesign
Themen
Indikatoren
Erkenntnisinteresse
Wohnstruktur
• Haushaltsgrösse/zusammensetzung
• Wohnverhältnis
(Eigentümer/M ieter/
Genossenschaft)
• Anzahl Zimmer
• Einzugsjahr
• Vorheriger Wohnort
• Aufteilung von
Wohnen und Arbeiten
• Erreichbarkeit
• M ietzins
• Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen
Gebrauch
• Kultur-,Gastronomie-,
Freizeitangebot
• Sauberkeit
• Sanierungsgrad
• Zufriedenheit der
Wohnverhältnisse
• Attraktivität der
Wohnumgebung
• Leistaktivitäten
• Wie setzt sich die Wohn- und
Haushaltsstruktur zusammen?
• Wie hat sich das Wohnungsangebot verändert?
• Wie häufig wird umgezogen?
• Welches Wanderungssaldo ist
zu verzeichnen?
Standort
(-faktoren und
qualitative
M erkmale)
Attraktivitätssteigerung der
Unteren Altstadt
als Wohnort
Einkaufsort
Untere Altstadt
• Einkaufsverhalten
• Angebotsmix
• Qualität und Vielfalt
des Detailhandelangebots
Soziodemographische
M erkmale
• Alter
• Ausbildung
• Geschlecht
• Nationalität
Tabelle 4:
• Wie haben sich die M ietzinse
seit dem Jahr 2000 entwickelt?
• Wann wurden die letzten
Sanierungsarbeiten vollzogen?
• Wie ist die Zufriedenheit der
Wohnverhältnisse/-umgebung?
• Welche Aspekte machen die
Untere Altstadt attraktiv, um
dort zu wohnen?
• Wie zufrieden sind die
Bewohner mit den Leistaktivitäten?
• Was soll sich im Quartier
verändern?
• Welche Detailhandelsleistungen werden von den
Bewohnern in der Unteren
Altstadt genutzt?
• Wie wird der Angebotsmix
von den Bewohnern
empfunden?
• Wie wird das Detailhandelsangebot und die -qualität von
den Bewohnern eingeschätzt?
Erhebungsgrundlage Umfrage Haushalte (Eigene Darstellung).
57
Forschungsdesign
Die Themenwahl der beiden Umfragen ist sehr ähnlich, um einen Vergleich
zwischen den Befragungen ziehen zu können. M it dem Thema „Einkaufsort
Untere Altstadt“ (vgl. Tab. 4) wurde versucht, eine Beziehung zwischen der
Umfrage der Haushalte mit der Umfrage der Geschäfte herzustellen.
3.4.3
Fragebogen
Aufbauend auf den Tabellen 3 und 4 wurden die Fragen für die Fragebogen der
schriftlichen Befragung ausformuliert und entsprechend den Themen in
Frageblöcke unterteilt.
In Anlehnung an die „Tailored Design M ethode“ von Dillman et al. (2009:107ff)
setzt sich der Fragebogen aus geschlossenen und offenen Fragen zusammen.
Offene Fragen nehmen die Antwort nicht vorweg und eignen sich für Fragen nach
Einstellungen, M einungen, Einschätzungen, M otiven, Begründungen sowie
Vorschlägen. Sie bieten sich auch für explorative Fragestellungen an, wenn über
ein Thema noch wenig bekannt ist und somit unklar ist, welche Antwortmöglichkeiten es gibt. Falls die Anzahl der möglichen Antwortoptionen zu gross
ist oder eine detaillierte Antwort gewünscht ist, ist dieser Fragetyp ebenfalls
geeignet. Er hat den Vorteil, dass die Antwort nicht durch vorgegebene
Antwortkategorien beeinflusst wird. Im Gegensatz dazu wird immer wieder
festgestellt, dass oft auf offene Fragen nicht eingegangen wird, weil eine Antwort,
die in Form eines Textes zu schreiben ist, als zeitaufwändig und mühsam
empfunden wird. Die Befragung kann von daher an Qualität verlieren. Zudem
erfordern offene Fragen Formulierungsfähigkeiten der Probanden. Ein weiterer
Nachteil liegt in der aufwändigen Auswertung der Daten, da deren Antworten
kaum vergleichbar sind (Dillman
et al. 2009:72). Demgegenüber sind
geschlossene Fragen, die Antwortkategorien vorgeben, mit einem geringeren
Zeitaufwand und einer einfacheren Beantwortbarkeit verbunden. Der Aufwand für
die Auswertung ist geringer als bei offenen Fragen und die Antworten sind
vergleichbar. Die Durchführungs- und Auswertungsobjektivität ist grösser als bei
offenen Fragen. Nachteile sind, dass sie nur Informationen im Rahmen der
vorgegebenen Antwortkategorien enthalten und somit die Bandbreite der
Antworten einschränken. Um diese Nachteile zu umgehen, wurden im
Fragebogen keine geschlossenen, sondern halboffene Fragen verwendet. Diese
verfügen zusätzlich zu den geschlossenen Antwortkategorien auch über eine
offene Antwortmöglichkeit (Diekmann 2011:477f).
58
Forschungsdesign
Der Fragebogen der Geschäfte enthält 62 Fragen (vgl. Anhang A) und derjenige
der Haushalte 41 Fragen (vgl. Anhang B). Der Zeitaufwand dafür beträgt ca. 2535 M inuten für die Geschäftsbetreiber und 15-25 M inuten für die Bewohner.
3.4.4
Verlauf der schriftlichen Befragung
Nach der Entwicklung der Fragebogen wurden diese einem Pretest unterzogen.
Dies, zum Testen, ob die Fragen verständlich sind, ob Aspekte fehlen oder
überflüssig sind und wie viel Zeit effektiv zur Beantwortung der Fragen benötigt
wurde. Für den Pretest boten sich oben genannte Personen (vgl. 3.4.2) ebenfalls
an. Daraufhin wurden die Fragebogen nochmals überarbeitet. Als weiterer Schritt
wurde in der „Brunne Zytig“ der Novemberaus gabe (vgl. Anhang C) ein Aufruf
für die Umfrage gestartet, um vorab über die Befragung zu informieren und um
die Bereitschaft zum M itmachen zu erhöhen.
Danach erfolgte die Durchführung der Umfrage. Diese erstreckte sich über einen
Zeitraum vom 27. November 2014 bis 31. Januar 2015. Die befragten Bewohner
erhielten den Fragebogen schriftlich von der Autorin persönlich zugestellt, und
zwar zusammen mit einem Begleitbrief, einer Kopie des Artikels in der „Brunne
Zytig“ und einem Rücksendeumschlag. Auch den Detailhändlern wurde die
Umfrage zusammen mit einem Begleitbrief und einer Kopie des Artikels in der
„Brunne Zytig“ persönlich ausgehändigt. Zusätzlich erhielten die Bewohner und
Geschäftsinhaber, die M itglied des Kramgassleists sind, eine Online-Befragung
per E-M ail. An dieser Stelle wird deutlich, dass verschiedene Kommunikationskanäle genutzt wurden, um eine hohe Ausschöpfung zu erreichen. Somit kommt
die Befragung einer „M ixed-M ode-Befragung“ nahe (Diekmann 2011:520). Dabei
handelt es sich um eine Kombination von verschiedenen Befragungs-methoden
wie z.B. eine Telefon-, persönliche-, schriftliche- oder Online-Befragung. Dies
ermöglicht die Kompensation der Schwächen von den einzelnen M ethoden sowie
eine auf die Zielgruppe zugeschnittene Befragung. Schluss-endlich resultiert
daraus eine höhere Rücklaufquote (Dillman 2007:218).
Nach zwei Wochen erhielten die Haushalte einen Erinnerungsbrief und die
Fragebogen der Detailhändler wurden persönlich eingesammelt. Für diejenigen
Geschäftsinhaber, die bis dahin den Fragebogen noch nicht ausgefüllt hatten,
wurde ein Rücksendeumschlag hinterlegt. Sofern E-M ail-Adressen vorhanden
waren, wurden zudem auch noch per E-M ail Erinnerungsschreiben versendet. Für
59
Forschungsdesign
diesen zweiten Anlauf war eine genaue Buchführung der Rücksendungen
erforderlich. Eine solche Vorgehensweise mit einer mehrmaligen Kontaktaufnahme wird von Dillman et al. (2009:242) empfohlen, um eine hohe
Rücklaufquote zu erhalten. Zudem rät er, Preise unter allen Teilnehmenden
anzubieten, um die Rücklaufquote zu steigern. Dem wurde dadurch Genüge
geleistet, dass der Kramgassleist sechs BERNcity-Einkaufs gutscheine (je drei
Gutscheine pro Befragung) à 100 CHF zur Verfügung stellte.
3.4.5
Rücklauf
M it dem in Kapitel 3.4.4 dargelegten Vorgehen wurden Rücklaufquoten von 53%
(45 Teilnahmen) für die Geschäfte und 42% (86 Teilnahmen) für die Haushalte
erreicht. Davon nahmen 29% der Geschäfte (13 Teilnahmen) an der OnlineBefragung und 71% (32 Teilnahmen) an der schriftlichen Befragung teil. Die
Haushalte füllten zu 14% (12 Teilnahmen) die Online-Befragung aus und 74
Retouren (86%) gingen schriftlich ein.
Nach dem ersten Anlauf betrug die Rücklaufquote bei den Geschäften 47% (40
Teilnahmen), die nach dem Erinnerungsverfahren auf 53% gesteigert werden
konnte. Bei den Haushalten betrug die Rücklaufquote vor dem Erinnerungsbrief
bzw. Erinnerungsmail 36% (74 Teilnahmen) und konnte bis zum Ende der
Durchführung auf 42% erhöht werden.
3.4.6
Datenanalyse
Die Fragebogen der Haushalte und die der Detailhändler wurden voneinander
getrennt aus gewertet. Nach der Erhebung der Daten wurden diese in ExcelTabellen eingetragen und mit Diagrammen veranschaulicht. Die Grafiken geben
Auskunft über die Anteile der M erkmalsausprägungen und sollten somit die
Analyse der Daten vereinfachen und Zusammenhänge verdeutlichen. Bei den
geschlossenen Fragen wurden die Antwortkategorien als Zählvariablen verwendet. Dies, damit dieser Fragetyp einem metrischen Datenniveau entspricht und
sich somit statistische M esszahlen und die Verteilung der Antworten über die
verschiedenen Antwortkategorien hinweg berechnen lassen. Bei den offenen
Fragen wurden die Antworten in Codierungseinheiten gegliedert. Jeder Antwort
wurden eine oder mehrere Kategorien zugeordnet bzw. ein oder mehrere Codes
zugewiesen. M it der Codierung konnten Kategorienhäufigkeiten festgestellt
werden.
60
Forschungsdesign
Zudem erfolgte jeweils eine deskriptive Auswertung der Daten. Dabei wurden die
Daten bzw. deren M erkmalsausprägungen und Häufigkeiten, die in Diagrammen
visualisiert wurden, beschrieben und interpretiert.
Desweiteren wurde die SWOT-M atrix als Schema zur Einordnung der Ergebnisse
verwendet.
3.4.7
Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens
M it den Befragungen wurde umfangreiches Datenmaterial generiert, das Aufschluss zur Fragestellung gab und zum Erkenntnisgewinn beitrug. Allerdings
müssen die Fragebogen auch kritisch betrachtet werden. Trotz eines Pretests
wurde erst nach der Auswertung der Fragebogen festgestellt, dass einige Fragen
für die Beantwortung der Forschungsfrage überflüssig waren. Deshalb sollte bei
einer nächsten Befragung im Voraus noch genauer überlegt werden, welche
M erkmale wirklich relevant sind.
Die Länge der Fragebogen kann auch Antwortausfälle bewirken. Das Problem
solcher Ausfälle wird als „Nonresponse-Problem“ bezeichnet. Dabei wird
unterschieden, ob eine Person die Befragung ganz verweigert („UnitNonresponse“) oder ob nur einige Fragen nicht beantwortet wurden bzw. einige
Variablen fehlen („Item-Nonresponse“) (Esser et al. 2008:306). Ein Grund für
Antwortausfälle bei der Kramgassumfrage könnte im gewählten Zeitraum der
Befragung liegen, der sich im Nachhinein als nicht optimal erwies. Denn die
Umfrage fand in der Vor- und Weihnachtszeit statt, was für die Läden ihr
Hauptgeschäft bedeutet. Die starke Arbeitsbelastung einiger Geschäfte könnte
sich zum Teil negativ auf deren Beteiligung an der Befragung ausgewirkt haben.
Auch für die Bewohner kann eine Befragung in diesem Zeitraum an die Grenzen
ihres Zeitbudgets stossen. Aufgrund dessen wurde die Umfrage bis Ende Januar
verlängert, was bei den Bewohnern einen zusätzlichen Rücklauf von sechs
Teilnahmen, beim Detailhandel aber nur ein weiteres Geschäft zur Folge hatte.
Trotz all der Umstände sind die Rücklaufquoten (vgl. 3.4.5) zufriedenstellend.
Falls Antwortausfälle systematisch vorliegen, kann dies zu einem „Bias“ bzw. zu
einer Verzerrung der Ergebnisse führen. Bei der Umfrage der Haushalte liess sich
nicht erkennen, dass sich die Antworten systematisch unterscheiden. In
Anbetracht der Geschäfte und des Zeitraums der Durchführung der Umfrage
könnte es sein, dass sich an der Detailhandels-Umfrage vorwiegend Geschäfte
61
Forschungsdesign
beteiligten, die nicht so stark von diesem Weihnachtseinkauf betroffen waren.
Aufgrund mangelnden Wissens über die jeweilige wirtschaftliche Situation der
einzelnen Geschäfte kann eine solche Verzerrung aber nicht nachgewiesen
werden.
Jedoch konnte ein M uster in den Antwortausfällen in der Branchenbeteiligung
erkannt werden (vgl. Abb. 7). Bis auf die Lebensmittelbranche beteiligten sich
alle anderen Branchen der Kramgasse an der Umfrage. Dadurch, dass eine
Akteursgruppe der Kramgasse fehlt, nämlich die Lebensmittelbranche, liegt ein
gewisser „Bias“ in der Umfrage vor. Dies bedeutet, dass nicht ausgeschlossen
werden kann, dass die Ergebnisse verzerrt sind. Denn evtl. wären sie anders
ausgefallen, wenn sich die Lebensmittelläden auch an der Umfrage beteiligt
hätten.
Ein „Bias“ wirkt sich negativ auf die Repräsentativität aus. Nach Esser et al.
(2008:305) ist Repräsentativität u.a. „ein Garant für die Abwesenheit von
Faktoren, die die Auswahl verzerren“. Repräsentativität bei Vollerhebungen ist
dann gegeben, wenn keine systematischen Antwortausfälle nachgewiesen werden
können. Da es sich im Fall der fehlenden Beteiligung der Lebensmittelbranche um
fünf Geschäfte handelt, kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese
Antwortausfälle rein auf Zufälligkeit basierten, wodurch auch die Umfrage der
Geschäfte repräsentativ sein kann und dementsprechend Rückschlüsse auf das
grössere Ganze möglich sind. Die tatsächlichen Stichproben können also durchaus
die definierte Grundgesamtheit repräsentieren.
Am Vorgehen kann zudem kritisch angemerkt werden, dass nicht sichergestellt
werden konnte, dass alle der offiziell registrierten 205 (±10%) Bewohner der
Kramgasse erreicht wurden. Zum einen befinden sich die Briefkästen in der
Kramgasse meistens hinter der Hauseingangstür, von denen einige auch beim
dritten Besuch verschlossen blieben. Zum anderen benutzen einige Hausbewohner
nach der Poststelle an der Kramgasse (Telefonat: 26.11.2014) Postfächer, weshalb
diese Bewohner für die Befragung nicht erreichbar waren.
Pfaffenbach & Reuber (2005:53) argumentieren, dass nur Zufallsstichproben im
statistischen
Sinne
repräsentativ
sind,
weil
hier
jedes
Element
der
Grundgesamtheit die gleiche Chance hat, in die Stichprobe zu gelangen. Nach
dieser Definition ist die Repräsentativität der Befragung der Haushalte in Frage zu
62
Forschungsdesign
stellen. Denn wie oben beschrieben, konnte nicht gewährleistet werden, dass
sämtliche Elemente der Grundgesamtheit erreicht wurden bzw. alle Haushalte
dieselbe Chance hatten, sich an der Umfrage zu beteiligen.
3.5
Experteninterviews
Neben der deskriptiven Analyse statistischer Daten und der Umfrage bildeten
Experteninterviews eine weitere wichtige M ethode zur Erkenntnisgewinnung. Die
Experteninterviews dienten zur Vertiefung der Ergebnisse aus der Umfrage und
zur Anreicherung der Sekundärdaten bzw. zur inhaltlichen Ausdifferenzierung der
bestehenden Theorie. Die bisher
gewonnenen Ergebnisse sollten mittels
Interviews in den Kontext gesetzt und interpretiert werden. Damit beschränkt sich
die Untersuchung nicht nur auf einen kleinräumigen Ansatz in der Kramgasse,
sondern ermöglicht darüber hinaus, übergreifende Wirkungszusammenhänge
identifizieren zu können. Durch die Experteninterviews wurde die empirische
Untersuchung mit einer Aussensicht aus verschiedenen Blickwinkeln synthetisiert.
Die Vor- und Nachteile dieser M ethode können der Tab. 5 entnommen werden:
Vorteile Experteninterviews
Nachteile Experteninterviews
• Antwortreaktionen können durch die
Interviewsituation und soziale
Erwünschtheit verzerrt sein
(Altobelli & Hoffmann:31)
• Aufwändige Rekrutierung (Flick
2010:218)
• Zeitdruck: Experteninterviews
müssen oft zeitlich knapp kalkuliert
werden aufgrund des limitierten
Zeitbudgets der Experten (ebd.:218)
• Anwendung oft nur für komplementäre Verfahren, da für viele Fragestellungen der Fokus auf Expertenwissen nicht ausreicht (ebd.:219)
• Interaktionsmöglichkeiten:
- Gesprächsführung kann flexibel
angepasst werden
- Nachfragen ist möglich und
Verständnisprobleme
können geklärt werden
• Kontrollmöglichkeit der
Erhebungssituation: Vollständigkeit
der Antworten kann kontrolliert
werden (Altobelli & Hoffmann:31)
Tabelle 5:
Vor- und Nachteile von Experteninterviews (Eigene Darstellung).
63
Forschungsdesign
3.5.1
Auswahl der Interviewpartner
Die Auswahl der Interviewpartner wurde in Zusammenarbeit mit dem
Kramgassleist getroffen, durch den auch einige Kontaktangaben zur Verfügung
gestellt wurden. Bei der Auswahl wurde darauf geachtet, dass die Experten die
Untere Altstadt aus verschiedenen Blickwinkeln kennen, sodass eine breite
Streuung von Ansichten und M einungen in die Untersuchung einfliessen konnte.
Die Personen wurden per E-M ail oder telefonisch für ein Interview angefragt.
Erfreulicherweise erklärten sich alle für ein Interview bereit. Insgesamt wurden
sechs Experteninterviews durchgeführt. Für die Auswertung stehen nicht die
Einzelpersonen an sich im Zentrum, sondern vielmehr deren Aussagen. Deshalb
wurden sie anonymisiert. Namen und Positionen werden nicht genannt. Um die
Akteure dennoch unterscheiden zu können und die verschiedenen Interessen
aufzeigen zu können, werden die Tätigkeitsbereiche mit angegeben. Folgende
Interviewpartner boten sich an:
 A) als Vertreter der Stadt Bern im Bereich Portfoliomanagement und Recht
• B) als Vertreter des Stadtplanungsamts Bern
• C) als Vertreter der Domänenverwaltung Burgergemeinde
• D) und E) als Vertreter von BERNcity
• F) und G) als Vertreter der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Bern
• H) als Vertreter des Netzwerks Altstadt
M it dieser Auswahl wurden Eigentümer bzw. Vertreter der Immobilienbranche
wie die Stadt Bern und die Burgergemeinde berücksichtigt. Als wichtiger Akteur
für den Detailhandel konnte BERNcity für ein Interview gewonnen werden. M it
dem Netzwerk Altstadt wurde eine Beratungsstelle befragt, die sich intensiv mit
Themen des Strukturwandels von Altstädten auseinandersetzt. Zudem wurde mit
dem Stadtplanungsamt das STEK thematisiert.
3.5.2
Datensammlung und Vorgehen
Das Erkenntnisinteresse galt wie auch bei der Umfrage u.a. der SWOT-Analyse.
So sollten qualitative Einschätzungen zu Stärken, Schwächen, Chancen und
Gefahren des Strukturwandels eingeholt werden. Weitere Erkenntnisgewinne
sollten dadurch erlangt werden, dass Ansätze, M odelle, Fallbeispiele sowie
Handlungsstrategien für die künftige Quartiersentwicklung evaluiert werden.
64
Forschungsdesign
Zur Beantwortung der Fragen wurden Leitfadeninterviews durchgeführt. Deren
halbstrukturierte Form hat zum Vorteil, auf die Spezifität des Forschungsobjekts
ausgerichtet zu sein. Jedoch besteht auch immer die M öglichkeit, flexibel auf
Antworten oder neue Themen zu reagieren und persönliche Ansichten frei
darzulegen. So können induktiv neue Sachverhalte erkannt werden (Diekmann
2011:537f).
Bei der Erarbeitung der Leitfragebogen wurden zwei Fragenblöcke gebildet, ein
Block mit Fragen zur Validierung und Ergänzung der SWOT-Analyse, die aus
den Ergebnissen der Umfrage erstellt wurde und ein Block mit Fragen zur
Attraktivitätsgestaltung der Unteren Altstadt als Einkauf- bzw. Wohnort. Das
Leitfadengerüst wurde auf die einzelnen Interviewpartner und deren Expertise
spezifisch angepasst, wobei einige Fragen bei allen Interviews identisch waren,
um die Aussagen der einzelnen Interviewpartner miteinander vergleichen zu
können.
Die Interviewleitfäden (vgl. Anhang D) wurden den Interviewpartnern vorab
zugeschickt. So wurde Transparenz gewährleistet. Zugleich wurde den Probanden
ermöglicht, sich bereits im Vorhinein mit den Fragen auseinanderzusetzen, was
zum effizienteren Verlauf der Interviews beitragen sollte.
Die Interviews wurden nicht transkribiert, da sie als Ergänzung dienen sollten und
mehr Gewicht auf die Umfrage gelegt wurde. Nachdem der erste Interviewpartner
die Aufzeichnung des Interviews verweigerte, wurde ebenso konsequent bei den
anderen Interviews darauf verzichtet. Zum einen, weil die Interviewsituation
dadurch gelockert wurde und die Interviewpartner Informationen preisgaben, die
sie ansonsten eher verschwiegen hätten, wodurch auch dem Problem der sozialen
Erwünschtheit entgegengewirkt werden konnte. Zum anderen, weil die Interviewsituation dafür zum Teil nicht angemessen war, weil die Antworten z.B. anhand
von Plänen aufgezeigt wurden, wofür sich ein Einsatz eines Aufnahmegeräts nicht
geeignet hätte.
3.5.3
Durchführung der Experteninterviews
Die Interviews wurden im Zeitraum vom 17. April 2015 bis 8. M ai 2015
durchgeführt und dauerten zwischen 60 und 70 M inuten. Zwei der sechs
Interviews fanden zu dritt statt. Darüberhinaus bot sich G) als Vertreter der
Gemeinnützigen Baugenossenschaft Bern für einen Rundgang durch das
65
Forschungsdesign
M attequartier an, um das Besprochene vor Ort nochmals zu vertiefen. Der
Rundgang fand am 13. M ai 2015 statt und erwies sich als wertvolle Ergänzung
zum Interview.
3.5.4
Datenanalyse
Für die Auswertung der Interviews wurde auf die qualitative Inhaltsanalyse nach
M ayring (2015:50) zurückgegriffen. Sie basiert auf einem systematischen,
regelgeleiteten Vorgehen, dessen zentrales Element die Definition von Kategorien
bildet (ebd.:50f). Die Kategorien können entweder theoretisch begründet sein
(deduktiv) oder induktiv gebildet werden, indem sie direkt aus dem M aterial
abgeleitet werden (ebd.:85). Dafür stehen verschiedene Techniken zur Verfügung,
die das Interviewmaterial zusammenfassen und explizieren bzw. strukturieren
(ebd.:67). In der vorliegenden Arbeit wurde die Analysetechnik der Zusammenfassung verwendet, bei der einzelne Textstellen Kategorien zugeordnet werden,
die dann anschliessend paraphrasiert und pro Kategorie zusammengefasst werden
(ebd.:71). Die Systematik der Synthesetabelle mit dem dazugehörigen Kategoriensystem ist so zu beschreiben, dass andere Personen die Analyse ähnlich
durchführen könnten (Intersubjektivität) (ebd.:51).
Da in dieser Arbeit die Interviews nicht transkribiert wurden und die Experteninterviews eine methodische Ergänzung zur Hauptmethode der Umfrage darstellen, wurde auf eine detaillierte Inhaltsanalyse wie sie eben beschrieben wurde,
verzichtet. Vielmehr ist das Ziel, die wichtigsten Erkenntnisse aus den Interviews
zu beschreiben. Dafür wurden entsprechend der Ansprüche der vorliegenden
Arbeit Themenblöcke bzw. Kategorien festgelegt, in denen die Aussagen der
Interviewpartner gebündelt und zusammengefasst wurden. Dadurch war ein
Vergleich der einzelnen Antworten möglich.
Desweiteren wurden die Ergebnisse in die SWOT-M atrix eingeordnet, indem die
SWOT-Analyse der Umfrageergebnisse mit den Aussagen der Interviews ergänzt
und überarbeitet wurde.
3.5.5
Kritische Reflexion des methodischen Vorgehens
Die Interviewleitfäden bewährten sich bei allen Interviews. Dennoch konnte nicht
immer gewährleistet werden, dass sich alle Aussagen auf den Forschungsgegenstand
bezogen,
weil
gewisse Antworten
66
nicht
exakt
die Frage
Forschungsdesign
beantworteten. Durch ein gezieltes Nachfragen konnte die Autorin aber
befriedigende Antworten auf die Fragen erhalten.
Dadurch, dass die Interviewpartner den Leitfaden im Voraus erhielten, waren die
Interviewpartner auf die Interviews vorbereitet, wodurch die Interviews effizient
verliefen und Vertiefungsfragen möglich waren.
Es konnte festgestellt werden, dass die Interviewpartner relativ redsam waren und
Informationen preisgaben, die ansonsten evtl. nicht genannt worden wären, wenn
die Interviews aufgezeichnet worden wären. Der Verzicht auf Interviewaufzeichnungen wirkte sich positiv aus, weil besonders die eher „heiklen“
Informationen massgeblich zum Verständnis und Erkenntnisgewinn beitrugen.
Die fehlende Transkription könnte kritisiert werden, weil bei einer nicht
wortgetreuen Inhaltswiedergabe Zusammenfassungen vorgenommen werden, die
einerseits subjektiv gefärbt sind und andererseits Aussagen verloren gehen
können. Um letzteren Kritikpunkt auszuräumen, wurden während der Interviews
Notizen gemacht und das Besprochene direkt im Anschluss an die Interviews
niedergeschrieben. Also zu einem Zeitpunkt, an dem das Erinnerungsvermögen
auf dem höchsten Stand war.
67
Ergebnisse
4
Ergebnisse
Die Präsentation der empirischen Ergebnisse gliedert sich in die Auswertung der
Statistikdaten des Grünen Quartiers, die Umfragen in der Kramgasse und die
Experteninterviews.
4.1
Auswertung der Statistikdaten Grünes Quartier
Die Auswertung der Statistikdaten erfolgt wie in Kapitel 3.3 aus geführt. Die
Daten zum Grünen Quartier werden beschrieben und zusätzlich mit ausgewählten
Grafiken zur visuellen Unterstützung angereichert. Damit wird das Grüne Quartier
bezüglich Demographie, Wohnungswesen und Detailhandel deskriptiv charakterisiert. Wo eine Einbettung des Grünen Quartiers im städtischen Kontext
sinnvoll ist, wird es der Innenstadt oder Gesamtstadt Bern zum Vergleich gegenübergestellt.
4.1.1
Bevölkerung
4.1.1.1
Bevölkerungsentwicklung
Die Abbildung 2 zeigt die Bevölkerungsentwicklung des Grünen Quartiers von
2000 bis 2013 auf.
Bevölkerungsentwicklung Grünes Quartier
1300
Neudefinition des
Wohnbevölkerungsbegriff
s ab31.12.2012
Anzahl Einwohner
1250
1200
Bevölkerungsentwicklung
1150
1100
1000
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
1050
Abbildung 2:
Bevölkerungsentwicklung des Grünen Quartiers 2000-2013
Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2001-2014a:112).
(Eigene
Das Grüne Quartier weist per Ende 2013 eine Gesamtbevölkerung von 1’269
Personen auf. Seit dem Jahr 2000 ist die Bevölkerung des Grünen Quartiers um
12%, nämlich von 1’133 auf 1’269 Einwohner angewachsen. Der Hauptteil des
68
Ergebnisse
Bevölkerungswachstums (+6.5%) fand zwischen 2010 und 2012 statt. Zwischen
2004 und 2007 hat sich die Bevölkerung moderat entwickelt. Hervorzuheben sind
die Jahre 2001 und 2013 mit einer Bevölkerungsabnahme von -2.4% (2001) und
-2.1% (2013) sowie die Jahre 2002 und 2004 mit einer Bevölkerungszunahme von
3.4% (2002) bzw. 2.4% (2004). Das Bevölkerungswachstum von 3.4% per
31.12.2012 gegenüber dem Vorjahr 2011 ist auf die Neudefinition des
Wohnbevölkerungsbegriffs zurückzuführen. Dieser wurde von den Statistikdiensten der Stadt Bern analog zur Bundesstatistik geändert. Neu werden in der
Stadt Bern alle registrierten Personen mittels Heimatschein, Heimatausweis oder
Ausländerausweis gezählt, unabhängig von Aufenthaltsdauer, An- und Abwesenheitsmeldungen. Für eine Stadt mit Zentrumsaufgaben und vielen Arbeits- und
Ausbildungsplätzen ist es sinnvoll z.B. die Wochenaufenthalter mitzuzählen, da
auch diese die Infrastruktur benutzen. Von daher werden auch Personen mit einer
Aufenthaltsbewilligung des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (Diplomaten, internationale Funktionäre, Familienangehörige, Hilfspersonal) sowie Asylsuchenden dazugezählt. Zahlen laut Stand vor dem
31.12.2012 sind nach der „wirtschaftlichen Wohnbevölkerung“ berechnet. Danach
wurden nur die Personen bezüglich wirtschaftlichen Wohnsitzes berücksichtigt.
Durch diese Änderung erhöhte sich die Stadtberner Wohnbevölkerung um ca.
3’000 Personen (Statistik Stadt Bern 2014a:18).
Das Bevölkerungswachstum fand nicht nur auf Quartiersebene im Grünen
Quartier statt, sondern auch auf gesamtstädtischer Ebene. Heute (Stand:
31.12.2012) zählt die Stadt Bern über 8’000 Einwohner mehr als im Jahr 2000.
Dieses Bevölkerungswachstum ist in erster Linie dem positiven Wanderungssaldi
zuzuschreiben und seit 2008 auch den Geburtenüberschüssen. Durch den
forcierten Wohnungsbau entstanden viele neue Wohnungen, die ebenso zum
Bevölkerungswachstum beitrugen. Im Grünen Quartier ist der Wohnbestand
jedoch konstant geblieben (vgl. 4.1.2.1). Zudem ist auch die gesteigerte
Lebensqualität als Treiber für das Bevölkerungswachstum zu nennen. So wurden
bspw. in den letzten Jahren zahlreiche M assnahmen umgesetzt, die zu Verkehrsberuhigungen in der Stadt Bern führten (ASE 2013:3).
69
Ergebnisse
4.1.1.2
Altersstruktur
Wie bereits unter 4.1.1.1 erwähnt, tragen seit 2008 auch die Geburtenüberschüsse
zum Bevölkerungswachstum bei. Es werden also mehr Kinder geboren als
M enschen sterben. Durch den Geburtenüberschuss und den positiven Wanderungssaldo von jungen Personen verändert sich die Altersstruktur der Stadt Bern.
Der Anteil an Personen im Pensionsalter nimmt tendenziell ab, während der
Anteil der Personen zwischen 20 und 64 Jahren zunimmt, wobei v.a. die 20- bis
39-Jährigen für das Wachstum verantwortlich sind (ASE 2013:4). Auch im
Grünen Quartier ist der grösste Anteil der Bevölkerung der der 20- bis 64Jährigen. M it 80.1% ist diese Altersgruppe gegenüber der Innenstadt (75.7%)
übervertreten. Die Personen über 65 Jahre machen insgesamt 14.3% der
Wohnbevölkerung aus, womit ihr Anteil unter dem innerstädtischen Durchschnitt
(17.5%) liegt (vgl. Abb. 3 ).
Altersstruktur im Jahr 2013
100%
90%
14.3%
17.5%
Altersgruppenanteile
80%
70%
65+
60%
50%
40%
20–64
80.1%
16–19
75.7%
7–15
30%
0–6
20%
10%
0%
Abbildung 3:
1.8%
1.9%
1.9%
Grünes Quartier
Innere Stadt
1.3%
2.3%
3.2%
Altersstruktur Grünes Q uartier und Innere Stadt im Jahr 2013 (Eigene
Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2014a:38).
Jedoch ist der Trend der Abnahme der Personen im Pensionsalter nicht im Grünen
Quartier nachzuweisen. Hier besteht eine Tendenz zur „Überalterung“ der
Bevölkerung. Seit 2000 haben die Einwohner über 65 Jahre um 3.8%
zugenommen. Dennoch zeigt die obenstehende Grafik, dass die Altersstruktur des
Grünen Quartiers mit derjenigen der Inneren Stadt vergleichbar ist. Im Grünen
Quartier beträgt der Anteil der Kinder und Jugendlichen bis 15 Jahre 3.8% und ist
deshalb im Vergleich zum innerstädtischen Durchschnitt (5.5%) untervertreten.
70
Ergebnisse
Der Anteil Jugendlicher im Alter von 16 bis 19 Jahren liegt mit 1.8% leicht über
dem Durchschnitt der inneren Stadt (1.3%).
4.1.1.3
Bevölkerungsbewegungen
Die Abbildung 4 gibt einen Überblick über die Bevölkerungsbewegungen im
Grünen Quartier.
Bevölkerungsbewegungen Grünes Quartier
80
Neudefinition des
Wohnbevölkerungsbegriffs ab
31.12.2012
60
Anzahl Personen
40
Saldo der natürlichen
Bevölkerungsbewegung
20
Wanderung über die
Stadtgrenzen
0
-20
Innerstädtische
Wanderung
-40
Gesamtveränderung
Abbildung 4:
2013
2012
2011
2010
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
2001
-80
2000
-60
Bevölkerungsbewegungen im Grünen Q uartier 2000-2013
Darstellung, Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2001-2014a:40).
(Eigene
Das Grüne Quartier weist mehrheitlich eine positive Gesamtveränderung auf, d.h.
die Zahl der Einwohner ist tendenziell gestiegen. Diese Entwicklung spiegelt sich
auch in der Bevölkerungsentwicklung wider (vgl. Abb. 2). Der Saldo der
natürlichen Bevölkerungsbewegung verzeichnet tendenziell eine neutrale bis
positive Bilanz. Die Zahl der Geburten stimmt dort mit jener der Todesfällen
überein bzw. übersteigt in den Jahren 2000, 2005 bis 2008 und 2010 bis 2012 jene
der Todesfälle. Bezüglich der Wanderungsbewegungen über die Stadtgrenze
hinaus weist das Grüne Quartier Zuzugsüberschüsse auf. Innerhalb der Stadt sind
aus dem Grünen Quartier mehr Personen weg- als zugezogen.
71
Ergebnisse
4.1.2
Wohnungswesen
4.1.2.1
Wohnungsproduktion
Im Jahr 2000 wurde ein Total von 222 bewohnten Gebäuden mit insgesamt 986
Wohnungen im Grünen Quartier registriert. Der Höchststand der bewohnten
Gebäude in der Zeitspanne von 2000 bis 2013 wurde im Jahr 2007 mit 224
bewohnten Gebäuden erreicht. Der heutige Stand (Stand: 2013) beträgt 221
bewohnte Gebäude mit 1’009 Wohnungen. Dabei handelt es sich vorwiegend um
gemischte Wohn- und Geschäftshäuser. Die Entwicklung der Gebäude- bzw.
Wohnungsproduktion
verlief
demzufolge konstant.
Der
Gebäude-
bzw.
Wohnungszuwachs resp. -rückgang ist auf Umnutzungen (nicht bewohnte in
bewohnte Gebäude/Wohnungen und umgekehrt) bzw. Sanierungen zurückzuführen (Statistik Stadt Bern 2014b:o.S.). In der folgenden Abbildung wird der
heutige Wohnungsbestand (Stand: 2013) nach Anzahl der Zimmer aufgezeigt.
Wohnungsbestand nach Anzahl Zimmer 2013
Anteil am Gesamtwohnungsbestand
100%
90%
80%
70%
4.5%
9.8%
5.9%
11.2%
19.5%
22.8%
5 u.m. Zimmer
60%
50%
4-Zimmer
37.4%
38.1%
40%
30%
20%
10%
3-Zimmer
2-Zimmer
1-Zimmer
28.8%
22.0%
0%
Grünes Quartier
Abbildung 5:
Innere Stadt
Wohnungsbestand nach Anzahl der Zimmer im Grünen Q uartier und in
der Inneren Stadt im Jahr 2013 (Eigene Darstellung, Datengrundlage: Statistik
Stadt Bern 2014a:151).
Die Wohnungsstruktur im Grünen Quartier stimmt mit der der Inneren Stadt
weitgehend überein. Der kumulierte Anteil an 1-Zimmer Wohnungen ist mit
28.8% leicht höher als derjenige der Inneren Stadt. Der Anteil kleiner
Wohnungen, also Wohnungen mit 3 oder weniger Zimmern, am Wohnungs-
72
Ergebnisse
bestand ist hoch. Hierfür liegt die Ursache in den historischen Altstadthäusern, die
eher klein geschnitten sind und unter Denkmalschutz stehen.
4.1.2.2
Wohnungsbelegung
Die Wohnungsbelegung gibt die Anzahl Personen pro Wohnung an. In der Stadt
Bern gab es diesbezüglich eine Trendwende. Der aktuelle Wert (Stand: 2013) liegt
mit 1.78 Personen pro Wohnung wieder auf dem Niveau vom Jahr 2000, nachdem
die Wohnungsbelegung im Jahr 2006 mit 1.74 Personen pro Wohnung ihren
Tiefstwert erreicht hat (ASE 2013:4). Das Grüne Quartier weist eine ähnliche
Entwicklung auf. Die Wohnungsbelegung erhöhte sich 2012 auf 1.29 Personen
pro Wohnung im Vergleich zu einer konstanten Wohnbelegung mit 1.2 Personen
pro Wohnung in den Jahren 2002 bis 2011. Der Tiefstwert von 1.1 Personen pro
Wohnung wurde 2001 registriert. Beeinflusst wurde diese Erhöhung der
Wohnungsbelegung von 1.2 auf 1.3 im Jahr 2012 durch die Neudefinition des
Wohnbegriffs (vgl. 4.1.1.1). Aktuelle Daten (Stand: 2014) zeigen aber, dass die
Wohnbelegung wieder auf 1.24 Personen pro Wohnung zurückgegangen ist
(Statistik Stadt Bern 2015:o.S.). Eine abnehmende Wohnungsbelegung hat zur
Folge, dass zusätzlicher Wohnraum entstehen muss, um die Bevölkerungszahl
halten zu können. Durch die Zahlen wird deutlich, dass im Grünen Quartier die 1und 2-Personenhaushalte dominieren.
4.1.2.3
Leerwohnungsbestand
Die Wohnungsknappheit und die damit verbunden steigenden M ietpreise in den
Städten sowie mögliche Gegenmassnahmen werden momentan vielerorts
diskutiert. Denn die städtischen Zentren der Schweiz leiden seit Jahren unter
einem Wohnungsmangel (Keating 2014:25).
Die Anzahl leer stehender Wohnungen zeigt das Verhältnis von Angebot und
Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt auf. Eine gewisse Anzahl leer stehender
Wohnungen
erleichtert
das
Funktionieren
eines
Wohnungsmarkts.
Die
„Leerwohnungsziffer“ bezeichnet den Anteil leer stehender Wohnungen am
Gesamtwohnungsbestand. Eine Leerwohnungsziffer, die unter den Bereich von
0.5-1.5% fällt, wird als kritisch erachtet (beco 2006:2f). Trotz der regen
Bautätigkeit und der zunehmenden Wohnungsbelegung der Stadt Bern bewegt
sich die Leerwohnungsziffer seit Jahren unter einem Prozent. Sie beträgt aktuell
(Stand: 1. Juni 2014) in der Stadt Bern 0.5%, in der Inneren Stadt 0.8% und im
73
Ergebnisse
Grünen Quartier 0.4%. (Statistik Stadt Bern 2014c:5ff). Aufgrund dessen gilt der
Berner Wohnungsmarkt als angespannt. Hinzu kommt, dass die Leerwohnungsziffer mit zunehmender Wohnungs grösse tendenziell abnimmt. Es gibt eher wenig
grosse, freie Wohnungen auf dem M arkt (beco 2006:4).
4.1.2.4
Mietzinsentwicklung
Die Wohnungsknappheit drückt sich auch anhand der M ietzinse aus. So sind die
M ieten aber auch die Kaufpreise von Wohnungen in der Stadt Bern in den letzten
Jahren stark gestiegen. Dabei ist eine Scherentwicklung zwischen den Angebotsund Bestandsmieten festzustellen, weil die Angebotsmieten deutlich über den
Bestandsmieten liegen (ASE 2013:4). Unter Bestandsmieten werden die M ieten
der vermieteten Wohnungen verstanden, während die Angebotsmieten die M ieten
der Objekte bezeichnen, die neu oder wieder zu vermieten sind. Die durchschnittlichen Angebotsmieten in Bern sind bis zu 1.4 M al so hoch wie die
Bestandsmieten. Die Angebotsmieten der Stadt Bern sind bei allen Wohnungsgrössen in der Innenstadt am höchsten (ASE 2012a:4). Die Entwicklung der
durchschnittlichen M onatsmietpreise nach Wohnungsgrösse in der Innenstadt
Bern können der Abbildung 6 entnommen werden.
Durchschnittlicher Monatsmietpreis (CHF)
Durchschnittliche Monatsmietpreise nach
Wohnungsgrösse Innere Stadt
3000
2500
2000
1 Zimmer
2 Zimmer
1500
3 Zimmer
4 Zimmer
1000
5 Zimmer
500
0
Abbildung 6:
Entwicklung
der
durchschnittlichen
Monatsmietpreise
nach
Wohnungsgrösse in der Inneren Stadt 2000-2013 (Eigene Darstellung,
Datengrundlage: Statistik Stadt Bern 2001-2014a:112).
74
Ergebnisse
Aufgrund der akuten Wohnungsknappheit fehlt es in der Stadt an erschwinglichen
Wohnungen. Im Zusammenhang dieser Ausgangslage ist die Initiative „Für
bezahlbare Wohnungen“ zu erwähnen, die vom Stadtrat genehmigt wurde, aber
noch nicht in Kraft ist. „Diese verlangt, dass bei Um- und Neueinzonungen von
Wohnzonen mindestens ein Drittel der Wohnnutzung mit preisgünstigen
Wohnungen bebaut oder an gemeinnützige Wohnbauträger abgegeben wird“
(ASE 2013:5). M it „gemeinnützig“ werden Trägerschaften bezeichnet, die mit
ihren Tätigkeiten das allgemeine Wohl fördern, keinen Gewinn anstreben und der
Deckung des Bedarfs an preisgünstigem Wohnraum dienen (VLP-APSAN
2010:4). Sie können unterschiedliche Rechtsformen aufweisen. So zählen zu den
gemeinnützigen Trägerschaften Genossenschaften, aber auch Aktiengesellschaften, Stiftungen,
Gewerkschaften oder
Vereine.
Eine gemeinnützige
Organisation muss sich mit den Grundsätzen der Charta der gemeinnützigen
Wohnbauträger
17
einverstanden erklären. In der Stadt Bern machen die
gemeinnützigen Wohnungen einen Zehntel am Gesamtwohnungsbestand aus
(ASE 2012b:4).
4.1.3
Detailhandel
Dem Detailhandel kommt im Grünen Quartier eine hohe arbeitsmarktpolitische
Bedeutung zu. Zwar arbeiten die Betriebsinhaber meist selbst im Laden und
beschäftigen nur wenige Angestellte. Trotzdem summiert sich die Anzahl der
Arbeitnehmer wegen der Vielzahl der Betriebe.
4.1.3.1
Arbeitsstätte
Zur Beschreibung der Entwicklung der Detailhandelsbetriebe dient die Betriebszählung aus den Jahren 2001, 2005 und 2008 (BF S 2011:o.S.). Der im
theoretischen Teil beschriebene Trend des Betriebsrückgangs bzw. „Ladensterbens“ (vgl. 2.3) spiegelt sich auch in den statistischen Daten wider. Von 167
Detailhandelsbetrieben im Jahr 2001 wurden im Jahr 2005 noch 150 Betriebe und
im Jahr 2008 nur noch 144 Betriebe gezählt.
17
Die Charta enthält Grunds ätze, die die gem einnützigen Wohnbauträger einhalten müssen wie
z.B. die dauerhaft e Sicherung von preisgünstigem Wohnraum oder eine gute soziale
Durchmischung. Sie wurde von den drei Verbänden des gemeinnützigen Wohnungsbaus:
Schweizerischer Verband für Wohnungswesen, Schweizerischer Verband für Wohnbau- und
Eigentumsförderung, Schweizeris cher Verband Liberaler Baugenossenschaft en sowie dem
Bundesamt für Wohnungswesen verabschiedet (VLP-ASPAN 2010:5).
75
Ergebnisse
4.1.3.2
Beschäftigte
Die Betriebsentwicklung hat auch
Auswirkungen auf
die Anzahl der
Beschäftigten. Wurden im Grünen Quartier im Jahr 2001 noch 660 Personen im
Detailhandel angestellt, waren es im Jahr 2005 noch 600 Personen und im Jahr
2008 noch 569 Angestellte. Gemessen an den Vollzeitäquivalenten mit einem
Total von 503 Vollzeitäquivalenten im Jahr 2001 bildete der Detailhandel damals
mit einem Branchenanteil von 20.6% die grösste Branche im Grünen Quartier.
2005 wurden in der Detailhandelsbranche noch 444 Vollzeitäquivalente
verzeichnet, wodurch die Detailhandelsbranche zu Gunsten der Öffentlichen
Verwaltung, Verteidigung, Sozialversicherung auf den zweiten Platz rückte.
Diesen Platz behielt sie im Jahr 2008 mit 423 Vollzeitäquivalenten bei.
4.2
Auswertung der Umfragen in der Kramgasse
Die Auswertungen der Umfragen der Detailhändler und Bewohner werden
entsprechend der Analyseraster vorgenommen, die der jeweiligen Umfrage zu
Grunde liegen (vgl. 3.4.2). Zu den darin gegliederten Themen werden die
wichtigsten Ergebnisse in Form von Diagrammen präsentiert. Diese zeigen die
prozentualen Antwortanteile. Die dazu in Relation stehende Stichprobengrösse
wird jeweils mit „n“ angegeben. Statistische Kenngrössen zu den Daten sind in
den Excel-Tabellen (auf CD beiliegend) aufgeführt.
76
Ergebnisse
4.2.1
Auswertung der Umfrage Detailhandel
4.2.1.1
Branchen- und Geschäftsstruktur
Das folgende Diagramm zeigt, welche Branchen an der Umfrage teilnahmen. Sie
spiegelt nicht das tatsächliche Branchenbild wider.
Umfragerücklauf nach Branche
0.0%
8.9%
Lebensmittel
Bekleidung und Schuhe
24.4%
Persönliche Ausstattung
22.2%
Gesundheit, Schönheit,
Körperpflege
Wohnen und Büro
22.2%
17.8%
Freizeit und Sport
n = 45
4.4%
Abbildung 7:
Kultur
Umfragerücklauf der befragten Geschäfte an der Kramgasse nach
Branchenzugehörigkeit (Eigene Darstellung).
Es herrscht nahezu eine Branchenvollständigkeit. Bis auf die Lebensmittelbranche
beteiligten sich alle anderen Branchen der Kramgasse an der Umfrage. Der
Umfragerücklauf wird knapp (24.4%) von den Bekleidungs- und Schuhgeschäften
dominiert. Dahinter liegen Geschäfte, die Waren für den persönlichen Bedarf
anbieten wie z.B. Brillen oder Schmuck sowie Läden der Freizeit- und
Sportbranche, die z.B. Spielwaren, Geschenkartikel, Blumen etc. verkaufen, exakt
gleichauf (22.2%). Auf diese folgt die Büro- und Wohnen-Branche, die mit einem
Anteil von 17.8% vertreten ist. Dazu zählen Läden, die Produkte wie M öbel,
Teppiche, Küchen, Elektronik usw. anbieten. Der Anteil der Geschäfte, die der
Kulturbranche
zuzuordnen
sind
und
Objekte wie
Bücher,
Zeitungen,
Kunstobjekte, Antiquitäten veräussern, beträgt 8.9%. Die Läden, die der Branche
der Gesundheit, Körperpflege und Schönheit angehören, machen den geringsten
Anteil (4.4%) aus.
Bei 35.6% der an der Umfrage beteiligten Geschäfte handelt es sich um
M ehrbetriebsunternehmen, die neben dem Geschäft an der Kramgasse noch
weitere Filialen an anderen
Standorten besitzen (vgl. Abb. 8). Dieser
77
Ergebnisse
Filialisierungs grad von 35.6% liegt unter dem städtischen Durchschnitt mit einem
Filialbesatz von 50% (vgl. 2.3).
Filialisierungsgrad
Mehrbetriebsunternehmen
35.6%
Einzelbetriebsunternehmen
64.4%
n = 45
Abbildung 8:
Filialisierungsgrad der beteiligten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene
Darstellung).
M it Ausnahme der Kulturbranche werden bei allen anderen beteiligten Branchen
M ehrbetriebsunternehmen verzeichnet. Die meisten Filialbetriebe (37.5%) weist
die Bekleidungs- und Schuhbranche auf, die wenigsten die Gesundheits-,
Schönheits-, Körperpflege-Branche (6.3%). Zu je 18.8% wird der Filialisierungsgrad von Geschäften für die persönliche Ausstattung, von Freizeit- und Sportgeschäften sowie von Wohn- und Büroläden bestimmt (vgl. Abb. 9).
Mehrbetriebsunternehmen nach Branche
0.0%
18.8%
Kultur
Bekleidung und Schuhe
37.5%
Persönliche Ausstattung
Gesundheit, Schönheit, Körperpflege
18.8%
Wohnen und Büro
6.3%
18.8%
Freizeit und Sport
n = 16
Abbildung 9:
Branchenzugehörigkeit der Mehrbetriebsunternehmen (Eigene Darstellung).
Von den 35.6% der M ehrbetriebsunternehmen befindet sich die M ehrheit der
weiteren Filialen, nämlich 85.9%, in der Schweiz. Der Auslandsanteil der Filialen
78
Ergebnisse
bildet mit 3.1% den geringsten Anteil. Eine Internationalisierungstendenz der
Geschäfte kann somit in der Kramgasse nicht nachgewiesen werden. In der Stadt
Bern sind 6.3% der weiteren Filialen lokalisiert und in der Unteren Altstadt 4.7%
neben dem Geschäft an der Kramgasse (vgl. Abb. 10). Bei letzterem handelt es
sich vorwiegend um Läden der Bekleidungs- und Schuhbranche sowie um
Geschäft für die persönliche Ausstattung.
Standort der weiteren Filialen der
Mehrbetriebsunternehmen
4.7%
3.1%
6.3%
Untere Altstadt
Stadt Bern
Schweiz
Ausland
85.9%
n = 16
Abbildung 10: Standort der Filialen der Mehrbetriebsunternehmen (Eigene Darstellung).
Die Geschäftsstruktur lässt sich weiter charakterisieren. So handelt es sich bei
40% der befragten Geschäfte um Neugründungen eines Einzelbetriebs, bei 28.9%
um Geschäftsübernahmen, bei 17.8% um Neugründungen eines M ehrbetriebs und
bei 13.3% um eine Verlagerung des Geschäfts von einem anderen Ort in die
Kramgasse (vgl. Abb. 11).
Geschäftsstruktur
13.3%
Neugründung Einzelbetrieb
Neugründung Mehrbetrieb
40.0%
28.9%
Geschäftsübernahme
Verlagerung
17.8%
n = 45
Abbildung 11: Geschäftsstruktur nach Art der Gründung des Geschäfts an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).
79
Ergebnisse
Die folgende Grafik macht Aussagen zum Eröffnungsjahr der befragten
Geschäfte. Es liegt eine breite Streuung der Antworten vor. So gibt es Geschäfte,
die sich schon seit vor 1930 an der Kramgasse befinden und Geschäfte, die erst in
den letzten Jahren eröffneten. Die Verteilung der Werte fiel linksschief aus, d.h.,
dass die meisten Detailhändler ihr Geschäft innerhalb der letzten 30 Jahre
eröffneten. Am häufigsten (24.4%) fanden die Geschäftsgründungen in der
Kramgasse zwischen 1991 und 2000 statt.
Anteil der Geschäfte
Gründungsjahr der Geschäfte
25%
20%
15%
10%
5%
0%
n = 45
Abbildung 12: Gründungsjahr der beteiligten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene
Darstellung).
Die an der Umfrage beteiligten Geschäfte beschäftigen ins gesamt 216 Personen
(ohne Geschäftsführer bzw. -inhaber). Davon sind knapp die Hälfte (47.2%) im
Vollzeit- und 43.5% im Teilzeitpensum angestellt. Jeweils 0.5% der Beschäftigten
sind Aushilfen und Lehrlinge (vgl. Abb. 13).
Beschäftigte nach Anstellungsart
0.5%
0.5%
Vollzeit
Teilzeit
43.5%
47.2%
Aushilfe
n = 216
Lehre
Abbildung 13: Struktur der Beschäftigten nach Anstellungsart in den befragten
Geschäften an der Kramgasse (Eigene Darstellung).
80
Ergebnisse
Die Frage, ob die Geschäftsführer bzw. -inhaber selbst auch im Geschäft an der
Kramgasse mitarbeiten, wurde von 80% mit „ja“ beantwortet. Allerdings arbeiten
15.6% nicht selbst im Geschäft. Dies deutet daraufhin, dass eine gewisse
Anonymisierung bzw. Fremdbestimmung (vgl. 4.3.1.4) einsetzte.
Arbeiten Sie als InhaberIn im Geschäft mit?
4.4%
JA
15.6%
NEIN
80.0%
keine Antwort
n = 45
Abbildung 14: Geschäftsstruktur nach Beschäftigtenart der Inhaber (Eigene Darstellung).
In Anbetracht der Verteilung der Beschäftigten auf die Branchen stellt die
Branche der persönlichen Ausstattung am meisten Arbeitsplätze (34.3%). Weitere
bedeutende Arbeit geber sind die Freizeit- und Sportbranche mit einem
Anstellungsanteil von 22.7%. Knapp dahinter kommt die Bekleidungs- und
Schuhbranche mit einem Anteil von 21.8% (vgl. Abb. 15).
Beschäftigte nach Branche
3.2%
22.7%
Bekleidung und Schuhe
Persönliche Ausstattung
21.8%
Gesundheit, Schönheit, Körperpflege
Wohnen und Büro
10.6%
34.3%
Freizeit und Sport
7.4%
n = 216
Kultur
Abbildung 15: Beschäftigtenstruktur der befragten Geschäfte an der Kramgasse nach
Branche (Eigene Darstellung).
81
Ergebnisse
4.2.1.2
Detailhandelsangebot
Der Angebotsmix in der Unteren Altstadt wird von den befragten Geschäften in
der Kramgasse mehrheitlich als „genau richtig“ beschrieben. Allerdings wird die
Lebensmittelbranche mit 89.9% als untervertreten und die Bekleidungs- und
Schuhbranche mit 40% als übervertreten moniert (vgl. Abb. 16). Somit scheint
eine „Textilisierung“ (vgl. 2.3) zu Lasten der Lebensmittelgeschäfte in der
Unteren Altstadt vorzuliegen.
Anteil der Geschäfte
Empfundener Angebotsmix in der Unteren Altstadt
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
keine Antwort
weiss nicht
eher übervertreten
genau richtig
eher untervertreten
n = 45
Branchen
Abbildung 16: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in der Unteren
Altstadt aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene
Darstellung).
Bezüglich der Veränderung des Detailhandelangebots seit dem Jahr 2000 haben
die meisten Geschäfte (46.7%) geantwortet, dass sich die Vielfalt des Angebots
verschlechtert habe. Jedoch ist der Unterschied unerheblich zum Anteil, der
angab, dass sich die Vielfalt verbessert habe (35.6%) (vgl. Abb. 17).
82
Ergebnisse
Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots
in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000
Anteil der Geschäfte
50%
40%
30%
20%
10%
0%
n = 45
eher verschlechtert
gleich geblieben
eher verbessert
weiss nicht
Abbildung 17: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt
seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).
Eindeutiger ist das Ergebnis in Bezug auf die Veränderung der Qualität des
Angebots. Die M ehrheit der Geschäfte (48.9%) hat geantwortet, dass sich die
Qualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt eher verbessert habe
(vgl. Abb. 18).
Veränderung der Qualität des Detaihandelangebots
in der Unteren Altstadt seit dem Jahr 2000
Anteil der Geschäfte
50%
40%
30%
20%
10%
0%
n = 45 eher verschlechtert
gleich geblieben
eher verbessert
weiss nicht
Abbildung 18: Veränderung der Q ualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt
seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Geschäfte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).
4.2.1.3
S tandort
Die einzelnen Standortfaktoren wie das Ambiente der Unteren Altstadt, die
Erreichbarkeit, die Räumlichkeiten, die Kundenfrequenz, die M ietbelastung, das
Prestige, die Nähe zu anderen Geschäften und die Konkurrenzsituation wurden
insgesamt als wichtig angegeben. Von allen aufgeführten Standortfaktoren ist die
83
Ergebnisse
Kundenfrequenz der wichtigste Faktor. Das Prestige, die Nähe zu anderen
Geschäften sowie die Konkurrenzsituation zählen eher als unwichtig (vgl. Abb.
19). Unter der offenen Antwortkategorie „andere“ wurde die Angebotsvielfalt der
Unteren Altstadt als wichtiger bis sehr wichtiger Standortfaktor angegeben. Da
diese Antwortoption aber nur zwei M al benutzt wurde, ist das Ergebnis nicht
aussagekräftig.
Anteil der Geschäfte
Wichtigkeit der Standortfaktoren
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
keine Antwort
weiss nicht
sehr wichtig
wichtig
eher wichtig
egal
eher unwichtig
unwichtig
sehr unwichtig
n = 45
Standortfaktoren
Abbildung 19: Wichtigkeit der Standortfaktoren für die befragten Geschäfte an der
Kramgasse (Eigene Darstellung).
Die folgende Grafik zeigt, inwiefern sich die Umfeldfaktoren auf die
Detailhandels geschäfte an der Kramgasse auswirken. Dabei überwiegt bis auf die
Detailhandels geschäfte der Oberen Altstadt bei allen Faktoren die positive
Wirkung auf die Geschäfte. Am schlechtesten schneiden die Parkmöglichkeiten
ab, gefolgt von dem Verkehr und den Detailhandels geschäften der Oberen
Altstadt, die eine Konkurrenz für die Detailhandels geschäfte der Unteren Altstadt
darzustellen scheinen.
84
Ergebnisse
Anteil der Geschäfte
Wirkungen der Umfeldfaktoren
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
keine Antwort
weiss nicht
sehr positiv
positiv
eher positiv
keine Wirkung
eher negativ
negativ
sehr negativ
n = 45
Umfeldfaktoren
Abbildung 20: Wirkungen der Umfeldfaktoren auf die befragten Geschäfte an der
Kramgasse (Eigene Darstellung).
M it der Kategorie „andere“ wurde das Konservatorium als „sehr positiver“ und
der Wochenmarkt als „negativer“ zusätzlicher Umfeldfaktor aufgeführt. Aufgrund
der geringen Anzahl Nennungen, können diese Punkte aber nicht als repräsentativ
betrachtet werden.
Insgesamt ist die M ehrheit (62.6%) der Geschäfte zufrieden mit dem Standort und
wollen in der Kramgasse bleiben. Doch haben auch 35.6% der Befragten in
Erwägung gezogen, ihr Geschäft zu schliessen oder zu verlegen (vgl. Abb. 21).
85
Ergebnisse
Haben Sie sich schon einmal überlegt, Ihr Geschäft
zu verlegen oder zu schliessen?
2.2%
JA, zu verlegen
JA, zu schliessen
17.8%
62.2%
NEIN
17.8%
keine Antwort
n = 45
Abbildung 21: Standortzufriedenheit der befragten Geschäfte an der Kramgasse (Eigene
Darstellung).
Die meist genannten Gründe für solche Überlegungen waren die Parkplatzsituation, die M ietbelastung, der Rückgang des Ertrags und altersbedingte
Gründe, weil keine Nachfolge für das Geschäft gefunden werden kann.
Die folgende Grafik gibt einen Überblick über die monatlichen M ietzinse der
Geschäftsflächen in der Kramgasse.
Anteil der Geschäfte
Monatlicher Mietzins pro Geschäftsfläche
<50 m2
25%
20%
15%
10%
5%
0%
50-100 m2
101-150 m2
151-200 m2
201-250 m2
251-300 m2
>300 m2
Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) in CHF
n = 45
Abbildung 22: Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) nach Geschäftsflächengrösse
(Eigene Darstellung).
Es fällt auf, dass es erhebliche Preisunterschiede innerhalb einer Geschäftsflächengrösse gibt. Verschiedene Geschäftsflächengrössen finden sich also in
verschiedenen M ietzinskategorien wieder. Die meisten Geschäfte sind zwischen
50 und 100 m2 gross und diese bezahlen sehr unterschiedliche M ietzinse. Die
Spannweite bewegt sich zwischen 1’001 und 10’000 CHF für dieselbe Flächen86
Ergebnisse
kategorie. Darin verzeichnen Bekleidungs- und Schuhgeschäfte vorwiegend
M ieten zwischen 5'001 und 10'000 CHF (häufigste Nennung).
Die Ladenmieten werden von je 33.3% der Geschäfte für „vertretbar“ bzw.
„genau richtig“ empfunden. 17.8% der Geschäfte erachten die M ietbelastung als
„eher zu hoch“ (vgl. Abb. 23).
Anteil der Geschäfte
Empfundene Mietbelastung
50%
40%
30%
20%
10%
0%
n = 45
Abbildung 23: Empfundene Mietbelastung der befragten Geschäfte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).
Die Hälfte der befragten Geschäfte gab an, dass die M ieten seit dem Jahr 2000
gestiegen sind (vgl. Abb. 24).
Veränderte Mietbelastung seit dem Jahr 2000
AnteilderGeschäfte
50%
40%
30%
20%
10%
0%
stark
n = 45 gesunken
gesunken
gleich
geblieben
erhöht
stark
erhöht
weiss nicht
keine
Antwort
Abbildung 24: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).
87
Ergebnisse
Auf die Frage, wie die Geschäfte zu einheitlichen Öffnungszeiten in der Unteren
Altstadt stehen, zeigen die Ergebnisse (vgl. Abb. 25), dass einheitliche
Öffnungszeiten von einer M ehrheit (64.4%) befürwortet werden.
Befürworten Sie einheitliche Öffnungszeiten in der
Unteren Altstadt?
JA
35.6%
64.4%
NEIN
n = 45
Abbildung 25: Befürwortung von einheitlichen Öffnungszeiten in der Unteren Altstadt
(Eigene Darstellung).
4.2.1.4
Wirtschaftlichkeit
Vom grössten Teil der befragten Geschäfte (88.9%) wird das Geschäft als
Haupterwerb betrieben (vgl. Abb. 26). Deshalb ist es wichtig, die Entwicklung
des Geschäftsertrags näher zu analysieren.
Bedeutung des Geschäfts für das Einkommen
11.1%
Haupterwerb
Nebenerwerb
88.9%
n = 45
Abbildung 26: Bedeutung des Geschäfts für das Einkommen (Eigene Darstellung).
M it der Studie konnte der unter den Umzugs- bzw. Schliessungsgründen
aufgeführte Punkt des Ertragsrückgangs (vgl. 4.2.1.3) nicht nachgewiesen werden.
Im folgenden Diagramm wird dargestellt, wie sich das Geschäftsergebnis seit dem
Jahr 2000 entwickelte.
88
Ergebnisse
Anteil der Geschäfte
Entwicklung des Geschäftsergebnis seit dem Jahr
2000
30%
20%
10%
0%
n = 45
Abbildung 27: Entwicklung des Geschäftsergebnis seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).
Knapp 30 Prozent der an der Umfrage beteiligten Geschäfte gaben an, dass sich
das Geschäftsergebnis seit 2000 verschlechtert hat. Der meist genannte Grund
dafür sind die generellen Veränderungen im Detailhandel und Konsumentenverhalten. Damit geht ein weiterer Grund einher, eine abnehmende Kundenfrequenz. So wurde z.B. geäussert, dass der Onlinehandel und der Preiszerfall
durch die Discounter die Kunden in der Innenstadt abspenstig machen. Ein
weiterer Auslöser für die Verschlechterung des Ertrags ist die Parkplatz- und
Zufahrtssituation, die auch schon bei den Umzugs- bzw. Geschäftsschliessungsgründen (vgl. 4.2.1.3) aufgelistet wurde. Für die Geschäfte scheint ein
hinreichendes Parkangebot in naher Umgebung existenziell wichtig zu sein.
Der Anteil der Geschäfte, die angaben, dass sich ihr Geschäftsergebnis in diesem
Zeitraum verbessert habe, ist mit 28.9% genau gleich hoch. Die Gründe für die
Verbesserung sind in erster Linie die Qualität und Vielfalt des Angebots. Zudem
konnten einige Geschäfte ihren Bekanntheitsgrad steigern und somit ihren
Kundenstamm erweitern. Ebenso wurde in diesem Zusammenhang die
Individualität und Attraktivität der Unteren Altstadt als Erklärung genannt. Des
Weiteren sind das kompetente Fachpersonal und der gute Kundenservice dafür
ausschlaggebend.
89
Ergebnisse
Ähnlich sieht das Ergebnis bezüglich der Einschätzung der Geschäftsperspektive
aus (vgl. Abb. 28).
Anteil der Geschäfte
Einschätzung der Geschäftsperspektive
50%
40%
30%
20%
10%
0%
n = 45
eher schlechter als
heute
eher gleich wie
heute
eher besser als heute
weiss nicht
Abbildung 28: Einschätzung der Geschäftsperspektive (Eigene Darstellung).
28.9% der Geschäfte sehen optimistisch in die Zukunft, 22.2% der Geschäfte eher
pessimistisch. Die Gründe für diese Einstellungen decken sich mit den Gründen
für die Entwicklung des Geschäftsergebnisses (vgl. S. 89). M it einem Anteil von
46.7% geht die M ehrheit der befragten Detailhändler von einer der heutigen
Situation entsprechenden Zukunft aus. Daraus geht aber nicht hervor, ob die
Geschäfte ihre heutige Situation eher als gut oder schlecht empfinden.
4.2.1.5
Kunden
Eine abnehmende Kundenfrequenz, die u.a. für den Ertragsrückgang verantwortlich gemacht wurde, kann nicht direkt festgestellt werden. Die Antworten in
puncto Kundenfrequenz fielen sehr unterschiedlich aus, wie aus folgender
Abbildung ersichtlich wird. Diese zeigt, wie sich die Kundenfrequenz seit dem
Jahr 2000 entwickelte.
90
Ergebnisse
Anteil der Geschäfte
Veränderung der Anzahl Kunden seit dem Jahr
2000
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
stark
n = 45 gesunken
gesunken
gleich
geblieben
erhöht
starkt
erhöht
weiss nicht
keine
Antwort
Abbildung 29: Veränderung der Anzahl Kunden der befragten Geschäfte an der
Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).
Einen Kundenrückgang beklagen rund 35% der Geschäfte, ca. die Hälfte der
Geschäfte verzeichnet dagegen eine gestiegene oder zumindest gleichgebliebene
Anzahl von Kunden.
Weiter zeigen die Ergebnisse der Umfrage, dass die Zahl der Kunden am Samstag
nicht viel höher ist als an einem durchschnittlichen Werktag (vgl. Abb. 30 und
31).
Anteil der Geschäfte
Anzahl Kunden an einem durchschnittlichen
Werktag
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0-10
n = 45
11-50
51-100
101-150
151-200
keine
Antwort
Anzahl Kunden
Abbildung 30: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte an einem durchschnittlichen
Werktag (Eigene Darstellung).
91
Ergebnisse
Anteil der Geschäfte
Anzahl Kunden am Samstag
50%
40%
30%
20%
10%
0%
0-10
11-50
n = 45
51-100
101-150
151-200
201-250
251-300
keine
Antwort
Anzahl Kunden
Abbildung 31: Anzahl Kunden der befragten Geschäfte am Samstag (Eigene Darstellung).
Von den höchsten Kundenfrequenzen (zwischen 101 und 200 Kunden an einem
durchschnittlichen Werktag) profitiert v.a. die Freizeit- und Sport-, Bekleidungsund Schuh- sowie die Gesundheits-, Körperpflege- und Schönheitsbranche. Die
tiefsten Kundenanzahl (0-10 Kunden an einem durchschnittlichen Werktag)
werden vorwiegend von Geschäften der Wohn- und Bürobranche sowie Läden für
die persönliche Ausstattung verzeichnet.
Der Kundentypus in der Kramgasse wird am stärksten durch qualitätsbewusste
Kunden, Kunden im reiferen Alter (40 bis 64 Jahre) und von weiblichen Kunden
geprägt (vgl. Abb. 32).
92
Ergebnisse
Anteil der Geschäfte
Anteil der Kundengruppe an Kundschaft
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
keine
Antwort
weiss nicht
sehr hoch
hoch
weder noch
gering
sehr gering
n = 45
Kundengruppen
Abbildung 32: Anteil der Kundengruppe an der Kundschaft der befragten Geschäfte
(Eigene Darstellung).
M it der offenen Antwortkategorie „andere“ wurden zusätzlich neben den
bestehenden Antwortkategorien mit einem geringen Anteil Sammler und Wiederverkäufer und mit einem hohen bis sehr hohen Anteil beratungssuchende und
kulturinteressierte Kunden genannt.
Die Kundengruppen wurden auch im Hinblick auf deren Wichtigkeit als
Zielgruppen der Geschäfte ermittelt. Dabei stellte sich heraus, dass mit Ausnahme
von „Schnäppchenjägern“, preisbewussten und jungen Kunden alle Kundengruppen durchwegs als Zielgruppe angesprochen werden sollen (vgl. Abb. 33).
93
Ergebnisse
Anteil der Geschäfte
Wichtigkeit der Kundengruppe als Zielgruppe
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
keine Antwort
weiss nicht
sehr wichtig
wichtig
egal
unwichtig
sehr
unwichtig
n = 45
Kundengruppen
Abbildung 33: Wichtigkeit der Kundengruppe als Zielgruppe für die befragten Geschäfte
(Eigene Darstellung).
Die Kundengruppe „andere“ steht für Beratungssuchende und Wiederverkäufer.
Wie in unten stehender Grafik deutlich wird, gab über die Hälfte der Befragten
(57.8%) an, dass sich die Zusammensetzung der Kundschaft seit dem Jahr 2000
verändert hat.
Veränderung der Zusammensetzung der
Kundschaft seit dem Jahr 2000
42.2%
40.0%
ein wenig
sehr stark
keine
n = 45
17.8%
Abbildung 34: Veränderung der Zusammensetzung der Kundschaft seit dem Jahr 2000
(Eigene Darstellung).
94
Ergebnisse
Hauptsächlich wird eine Zunahme von jüngeren-, qualitätsbewussten Kunden und
Touristen festgestellt. Letztere Kundengruppe ist für die Geschäfte eine durchaus
willkommene
zusätzliche
Einnahmequelle.
Die
Frage,
welche
Kunden
abgenommen haben, wurde nicht eindeutig beantwortet. Denn es halten sich die
Aussagen, dass die jungen Kunden weniger geworden sind mit den Aussagen
derjenigen, die die älteren Kunden nennen, die Waage.
Weiter kann aufgezeigt werden, dass die Stammkundschaft bei einem Grossteil
der Geschäfte einen ganz erheblichen Teil des Kundenstamms ausmacht. Dies
verdeutlicht die leicht linksschiefe Verteilung des folgenden Diagramms.
Zusammensetzung der Kundschaft
Anteil der Geschäfte
20%
15%
10%
5%
0%
n = 45
Anteil Stammkundschaft an Gesamtkundschaft
Abbildung 35: Zusammensetzung der Kundschaft nach Anteil der Stammkundschaft
(Eigene Darstellung).
Im Gegensatz zu der Oberen Altstadt, die auf Laufkundschaft bzw. Zufallseinkäufe angewiesen ist, ist für die Untere Altstadt die Stammkundschaft wichtig.
Für die Geschäfte bedeutet dies, dass sie nicht von der M asse abhängig sind,
sondern ihr Klientel zufriedenstellen müssen. Eine Abhängigkeit von der Stammkundschaft birgt aber die Gefahr, dass der Anschluss an neue Trends verloren
gehen könnte. Schlimmstenfalls wäre das Ersetzen des Geschäfts oder dessen
Schliessung die Folge.
95
Ergebnisse
4.2.1.6
Attraktivitätssteigerung
Obwohl 62.2% der befragten Detailhändler eine Zusammenarbeit mit anderen
Geschäften für sinnvoll halten, erweisen sich die Betriebe als „introvertiert“.
Kooperationen mit Nachbarbetrieben bilden eine Ausnahme. Dies wird durch
folgende zwei Diagramme offensichtlich.
Halten Sie eine Zusammenarbeit mit anderen
Geschäften für sinnvoll?
37.8%
JA
62.2%
NEIN
n = 45
Abbildung 36: Empfundener Nutzen von Zusammenarbeit zwischen den Geschäften
(Eigene Darstellung).
Arbeiten Sie mit anderen Geschäften zusammen?
22.2%
JA
NEIN
77.8%
n = 45
Abbildung 37: Zusammenarbeit zwischen den befragten Geschäften (Eigene Darstellung).
Wie die Bereitschaft für mehr Zusammenarbeit ist diese auch für das Engagement
bezüglich der Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort
vorhanden. Über die Hälfte (57.7%) bekunden eine hohe bis sehr hohe
Bereitschaft (vgl. Abb. 38).
96
Ergebnisse
Bereitschaft der Geschäfte, sich für die Attraktivität
der Unteren Altstadt als Einkaufsort zu engagieren
6.7%
sehr gering
13.3%
eher gering
35.6%
eher hoch
sehr hoch
44.4%
keine Antwort
n = 45
Abbildung 38: Bereitschaft der befragten Geschäfte für mehr Engagement zur
Attraktivitätss teigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort (Eigene
Darstellung).
Die Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der Vereinigten Altstadtleisten zur
Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt werden von einer grossen
M ehrheit (84.4%) der Geschäfte befürwortet (vgl. Abb. 39).
Befürwortung der Leistaktivitäten zur Förderung
der Attraktivität der Unteren Altstadt
2.2%
13.3%
JA
NEIN
keine Antwort
84.4%
n = 45
Abbildung 39: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists b zw. der VAL zur
Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung).
Weitere Aktivitäten des Kramgassleists bzw. der VAL zur Steigerung der
Attraktivität der Unteren Altstadt als Einkaufsort würden von den beteiligten
Geschäften v.a. betreffend Events sowie der Vermarktung des Standorts begrüsst
werden. So wurde bspw. der Wunsch von zusätzlichen Events wie ein Velotag,
ein Altstadtfest im Sommer oder eine kulinarische Woche in der Umfrage
97
Ergebnisse
geäussert. Bezüglich der M arketingaktivitäten ergibt die Auswertung, dass
Kommunikationskampagnen bzw. Imagewerbung für eine lebendige Altstadt vom
Leist durchgeführt werden sollten. Auch sollten die Geschäfte in der Unteren
Altstadt bekannter gemacht werden, z.B. durch einen Einkaufsstadtplan für die
Untere Altstadt.
M ögliche Aktivitäten der Stadt Bern zur Attraktivitätssteigerung der Unteren
Altstadt als Einkaufsort ist aus Sicht der Geschäfte besonders die Verbesserung
der Parkplatz- und Zufahrtssituation. So sollte der Verkehr liberalisiert werden,
mehr Parkplätze sollten entstehen, Kurzparking sollte gefördert werden und die
Parkgebühren sollten gesenkt werden. Zudem sei neben dem Leist auch die Stadt
gefragt, so die Ergebnisse der Umfrage, M arketinganstrengungen vorzunehmen.
Dies, z.B. durch einen Einkaufsführer, der damit wirbt, dass die Untere Altstadt
bietet, was die Haupteinkaufsstrasse nicht hat. Auch sollten Events zur
Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt beitragen,
indem z.B. der
„Zibelemärit“ auf die Untere Altstadt ausgeweitet werden würde.
Was die Geschäfte selbst zur Attraktivitätssteigerung unternehmen können,
betrifft nach ihren Angaben eine bessere Zusammenarbeit z.B. durch gemeinsame
Werbeauftritte oder eine vermehrte Solidarität für die Leistaktivitäten. Ausserdem
sind von vielen Geschäften einheitliche Öffnungszeiten erwünscht (vgl. Abb. 25).
Weiter sind gemeinsame Events denkbar wie z.B. ein Strassenfest mit Ständen,
eine gemeinsame M odeschau oder eine Nacht der Keller. Auch wird darauf
hingewiesen, dass die Unternehmungslust gesteigert werden sollte, damit die
Geschäftsbetreibenden nicht im Alten verharren, sondern dass M ut und Offenheit
zu Neuem entsteht. Unter dem Aspekt des Kundenservices bestehe überdies
ebenso noch Potenzial für eine Attraktivitätssteigerung, z.B. in Form eines
Hauslieferdiensts.
98
Ergebnisse
4.2.2
Auswertung der Umfrage Haushalte
4.2.2.1
Wohnstruktur
Die Wohnstruktur der befragten Haushalte wird von 1 und 2 Personenhaushalten
dominiert (vgl. Abb. 40).
Anzahl Personen pro Haushalt
1.2%
3.5%
7.0%
1.2%
1 Person
2 Personen
3 Personen
4 Personen
5 Personen
keine Antwort
46.5%
40.7%
n = 86
Abbildung 40: Haushaltsstruktur nach Anzahl Personen (Eigene Darstellung).
Die befragten Haushalte befinden sich zu 84.3% in einem M ietverhältnis. M it
einem Anteil von 11.2% beteiligten sich Eigentümer an der Umfrage und 3.4%
gaben eine andere Wohnform an, nämlich Zweit- und Dienstwohnungen (vgl.
Abb. 41).
Wohnform
3.4%
1.1%
11.2%
Mietverhältnis
Eigentum
andere
keine Antwort
84.3%
n = 86
Abbildung 41: Wohnstruktur
Darstellung).
der
befragten
99
Haushalte
nach
Wohnform
(Eigene
Ergebnisse
Zu einem grossen Anteil (38.9%) sind die befragten Bewohner innerhalb der Stadt
Bern in die Kramgasse gezogen und 11.1% sind aus demselben Quartier zugezogen. Damit machen 50% der Stichprobe Haushalte aus, die bereits vor ihrem
jetzigen Wohnort, der Kramgasse, in der Stadt Bern lebten. Weitere 23.3% sind
ausserhalb der Stadt Bern, aber innerhalb der Kantonsgrenze umgezogen. 20% der
befragten Bewohner kommen ursprünglich aus einem anderen Kanton. Der
Auslandsanteil, also Bewohner, die vom Ausland in die Kramgasse gezogen sind,
beträgt 5.6% (vgl. Abb. 42).
Herkunft der KramgassbewohnerInnen
5.6%
1.1%
11.1%
demselben Quartier
Stadt Bern
20.0%
Kanton Bern
38.9%
aus anderem Kanton
23.3%
Ausland
n = 86
keine Antwort
Abbildung 42: Herkunft der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene Darstellung).
Die meisten der befragten Bewohner (48.8%) sind in den letzten fünf Jahren in die
Kramgasse gezogen, was die Abbildung 43 mit einer rechtsschiefen Ver-teilung
zeigt. 25.6% der Bewohner sind vor sechs bis 10 Jahren in ihre Wohnung in der
Kramgasse eingezogen. Ein ebenso gleich hoher Anteil (25.6%) sind Haushalte,
die schon seit über 10 Jahren in der Kramgasse leben.
100
Ergebnisse
Anteil derHaushalte
Einzugsjahr
50%
45%
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
n = 86
vor 0 bis vor 6 bis vor 11 bis vor 16 bis vor 21 bis vor 31 bis vor 41 bis vor über
5 Jahren 10 Jahren 15 Jahren 20 Jahren 30 Jahren 40 Jahren 50 Jahren 50 Jahren
Abbildung 43: Einzugsjahr
Darstellung).
der befragten
Haushalte an
der Kramgasse
(Eigene
Die drei meist genannten Gründe für die Wahl der Kramgasse als Wohnort sind
die Erreichbarkeit mit dem Velo oder zu Fuss, die Erreichbarkeit mit dem ÖV und
ein attraktives Wohnumfeld (vgl. Abb. 44).
Anteil der Haushalte
Einzugsgründe
18%
16%
14%
12%
10%
8%
6%
4%
2%
0%
n = 86
Abbildung 44: Einzugsgründe (Eigene Darstellung).
101
Ergebnisse
Um zu analysieren, ob eine Verdrängung des Wohnraums durch den tertiären
Sektor in der Kramgasse seit dem Jahr 2000 vorliegt, wurde nach der
Veränderung der Aufteilung von Wohnungen und Büros, Arztpraxen etc. gefragt.
Eine deutliche M ehrheit (73.3%) gab an, dass sich die Nutzungen im Haus nicht
veränderten. Dennoch bemerken 15.1% eine Zunahme des Dienstleistungssektors.
Das sind mehr als doppelt so viel Antworten wie die der Bewohner (7%), die
nannten, dass mehr Wohnungen entstanden (vgl. Abb. 45).
Veränderungen der Aufteilung von Wohnen und
Arbeiten seit dem Jahr 2000
4.7%
7.0%
gleich geblieben
mehr Büros, Arztpraxen etc.
15.1%
mehr Wohnungen
73.3%
keine Antwort
n = 86
Abbildung 45: Wohnraumveränderung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).
Über die Hälfte der befragten Haushalte (57%) verfügt über keinen Lift im Haus
(vgl. Abb. 46). Damit kann die Kramgasse überwiegend als kein alters- und
behindertengerechter Wohnstandort bezeichnet werden.
Haben Sie einen Lift in Ihrem Haus?
2.3%
JA
NEIN
57.0%
40.7%
keine Antwort
n = 86
Abbildung 46: Hausausstattung mit einem Lift (Eigene Darstellung).
102
Ergebnisse
Zum Thema „Sanierungen bzw. Renovierungen der Wohnungen“ kann festgestellt
werden, dass die meisten Wohnungen der befragten Haushalte (35.5%) in den
letzten fünf Jahren saniert bzw. renoviert wurden. Dicht davon gefolgt (33.9%)
sind Wohnungen, die vor sechs bis 10 Jahren saniert bzw. renoviert wurden (vgl.
Abb. 47). Der Sanierungs grad lässt sich also eher hoch einstufen, da eine
rechtsschiefe Verteilung vorliegt.
Letztes Sanierungs- bzw. Renovierungsjahr
Anteil der Haushalte
40%
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
n = 86
vor 0-5
Jahren
vor 6-10
Jahren
vor 11-20
Jahren
vor 21-30
Jahren
vor 31-40
Jahren
vor 41-50
Jahren
Abbildung 47: Häufigkeit der Sanierungen bzw. Renovierungen (Eigene Darstellung).
Das Ausmass der Sanierungen bzw. Renovierungen wird von der M ehrheit
(39.5%) als genau richtig empfunden. 26.7% wünschen mehr Sanierungen bzw.
Renovierungen. Hierbei kann eine gewisse Korrelation zum letzten Sanierungsbzw. Renovierungsjahr festgestellt werden (vgl. Abb. 47). Denn dieser Anteil
(26.7%) kommt dem kumulierten Anteil (30.7%) der Haushalte nahe, die
angaben, dass ihre Wohnung vor über 11 Jahren saniert bzw. renoviert wurde. Für
17.4% ist das Ausmass eher zu hoch (vgl. Abb. 48).
103
Ergebnisse
Ausmass der Sanierungen bzw. Renovierungen
16.3%
eher zu gering
genau richtig
eher zu hoch
keine Antwort
26.7%
17.4%
39.5%
n = 86
Abbildung 48: Empfundenes Ausmass der Sanierungen bzw. Renovierungen (Eigene
Darstellung).
Der „Item-Nonresponse“ (vgl. 3.4.7) ist in dieser Grafik besonders hoch. Das
kann entweder daran liegen, dass die Befragten keine Antwort wussten oder dass
die Frage unverständlich formuliert war.
4.2.2.2
S tandort
Von den befragten Anwohnern hat sich eine knappe M ehrheit schon einmal
überlegt, aus der Kramgasse wegzuziehen (vgl. Abb. 49). Die meist genannten
Umzugsgründe sind die M ietpreise, Lärmbelästung und die Wohnungen selbst.
Viele Wohnungen seien zu klein, zu dunkel und ohne Terrasse oder Balkon.
Haben Sie sich schon einmal überlegt, von der
Kramgasse wegzuziehen?
JA
48.8%
51.2%
NEIN
n = 86
Abbildung 49: Standortzufriedenheit
Darstellung).
der
104
befragten
Kramgassbewohner
(Eigene
Ergebnisse
Diejenigen unter der Anwohnerschaft in der Kramgasse, die sich an der Umfrage
beteiligten, stellen in ihrer unmittelbaren Wohnumgebung seit dem Jahr 2000
keine grossen Veränderungen fest. Am ehesten verschlechtert hat sich in den
letzten 15 Jahren für fast 37.2% der Befragten die Parkplatzsituation, die
Einkaufsmöglichkeiten für den täglichen Bedarf (31.8%), die Sauberkeit (25.6%)
v.a. am Wochenende und an Gross-Events wie Fasnacht oder dem BuskersStrassenmusikfestival, die Umweltsituation (23.3%), insbesondere der Lärm von
den neueren gasbetriebenen Bussen, Strassenmusik und M usik von Bars sowie die
Erreichbarkeit mit dem Auto (22.1%). Am ehesten verbessert haben sich nach
Angaben von 27.9% der Befragten das Gastronomieangebot und das kulturelle
Angebot bzw. die Ausgehmöglichkeiten (18.6%) (vgl. Abb. 50).
Veränderungen der direkten Wohnumgebung seit
dem Jahr 2000
100%
keine Antwort
90%
Anteil der Haushalte
80%
weiss nicht
70%
sehr verbessert
60%
50%
verbessert
40%
gleich geblieben
30%
verschlechtert
20%
sehr
verschlechtert
10%
0%
n = 86
Standortfaktoren
Abbildung 50: Veränderung der direkten Wohnumgebung seit dem Jahr 2000 (Eigene
Darstellung).
105
Ergebnisse
Wie bei den Geschäften finden sich auch dieselben Wohnungsgrössen in
unterschiedlichen Preiskategorien wieder. Dies wird durch folgende Grafik
verdeutlicht. Sie zeigt zudem, dass die 2 – 2.5 Zimmer-Wohnungen den grössten
Anteil (34.9%) am Wohnungsbestand ausmachen.
Monatlicher Mietzins pro Anzahl Zimmer
Anteil der Bewohner
25%
1 bzw. 1.5 Zimmer
20%
2 bzw. 2.5 Zimmer
15%
3 bzw. 3.5 Zimmer
10%
4 bzw. 4.5 Zimmer
5 Zimmer oder mehr
5%
keine Antwort
0%
n = 86
Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) in CHF
Abbildung 51: Monatlicher Mietzins (ohne Nebenkosten) nach Wohnungsgrösse (Eigene
Darstellung).
Zum Vergleich werden die durchschnittlichen M onatsmietpreise der Inneren Stadt
aus dem Jahr 2013 herangezogen (Statistik 2014a:112) (vgl. Abb. 6) und mit dem
M odus der Umfrage verglichen. Der M odus ist ein M ass für die Häufigkeit und
entspricht dem mit der grössten Häufigkeit auftretenden Wert einer Verteilung.
Der M odus der M ietzinse der kleinen Wohnungen (1 bzw. 1.5 bis 2 bzw. 2.5
Zimmer), also unter 1’000 CHF (1 bzw. 1.5 Zimmer) bzw. 1’001-2’000 CHF (2
bzw. 2.5 Zimmer), entspricht den durchschnittlichen M onatsmietpreisen der
Innenstadt. Der durchschnittliche M onatsmietpreis für eine 1 Zimmer-Wohnung
beträgt 809 CHF und für eine 2 Zimmer-Wohnung 1’159 CHF. Die M odi der 3
bzw. 3.5 Zimmer- und 4 bzw. 4.5 Zimmer-Wohnungen liegen über dem
innerstädtischen Durchschnitt. So werden von den befragten Bewohnern in der
Kramgasse sowohl für 3 bzw. 3.5 als auch 4 bzw. 4.5 Zimmer-Wohnungen am
häufigsten monatliche M ietzinse zwischen 2’001 und 3’000 CHF gezahlt. Der
durchschnittliche M onatsmietpreis der Innenstadt beträgt 1’552 CHF für 3
Zimmer- und 1’938 CHF für 4 Zimmer-Wohnungen. Grosse Wohnungen mit 5
oder mehr Zimmern sind nach den Umfrageresultaten mit 5.8% in der Kramgasse
106
Ergebnisse
eher rar. Ihr M odus bewegt sich zwischen 1’001 und 2’000 Franken. Der
durchschnittliche M onatsmietpreis für 5 Zimmer-Wohnungen in der Innenstadt
fällt nicht in diese Kategorie. Er beträgt 2’676 CHF. Der M odus der 5 ZimmerWohnungen ist jedoch wenig aussagekräftig, da sich dieser nur für Verteilungen
eignet, bei denen ein Wert eindeutig dominiert. Dieses Kriterium kann bei einer
geringen Anzahl an Werten wie bei dieser Wohnungsgrösse (5.8%) nicht erfüllt
werden.
Die M ietbelastung wird von knapp 40% der Befragten als vertretbar empfunden,
für fast 30% ist sie eher zu hoch (vgl. Abb. 52).
Anteil der Haushalte
Empfundene Mietbelastung
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
n = 86
Abbildung 52: Empfundene Mietbelastung der befragten Haushalte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).
Der M ietzins ist nach Aussagen von 60% der Haushalte seit dem Jahr 2000
gleichgeblieben, was aus Abbildung 53 entnommen werden kann. Demzufolge
haben sich die Bestandsmieten mehrheitlich nicht verändert. Die Grafik macht
aber keine Aussagen darüber, wie sich die Angebotsmieten entwickelten.
107
Ergebnisse
Veränderte Mietbelastung seit dem Jahr 2000
Anteil der Haushalte
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
stark
gesunken
n = 86 gesunken
gleich
geblieben
erhöht
stark
erhöht
weiss nicht
keine
Antwort
Abbildung 53: Veränderung der Mietbelastung seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).
4.2.2.3
Attraktivitätssteigerung
Wie die Geschäfte sind auch die Haushalte, die M itglied des Kramgassleists sind,
überwiegend mit dessen Aktivitäten zur Förderung der Attraktivität in der
Unteren Altstadt zufrieden. Dies bestätigt folgende Grafik.
Befürwortung der Leistaktivitäten zur Förderung
der Attraktivität der Unteren Altstadt
JA
10.3%
5.1%
NEIN, zu wenig Aktivitäten
NEIN, zu viele Aktivitäten
59.0%
n = 29
Abbildung 54: Befürwortung der Aktivitäten des Kramgassleists b zw. der VAL zur
Förderung der Attraktivität der Unteren Altstadt (Eigene Darstellung).
Weitere M assnahmen zur Attraktivitätssteigerung sollen laut den Haushalten auf
folgende Aspekte abzielen: Weniger Lärm, bessere Sauberkeit, z.B. in Form von
der Errichtung öffentlicher Toiletten, mehr Lebensmittelläden. Diese Aspekte
decken sich mit der Abbildung 50.
108
Ergebnisse
4.2.2.4
Detailhandelsangebot
Bezüglich der Veränderung der Vielfalt und Qualität des Detailhandelangebots in
der Unteren Altstadt liegt eine gewisse Diskrepanz im Vergleich zu der Umfrage
der Detailhändler vor (vgl. 4.2.1.2). Die Bewohner sind wie die Detailhändler
mehrheitlich der M einung (57%), dass sich die Vielfalt des Detailhandelangebots
in den letzten 15 Jahren eher verschlechtert hat. Jedoch gab bei den Geschäften
ein fast gleich grosser Anteil an, dass sich die Vielfalt verbessert hat. Die
Bewohner sehen dies nicht so (vgl. Abb. 55).
Anteil der Haushalte
Veränderungen der Vielfalt des
Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit
dem Jahr 2000
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
eher
n = 86 verschlechtert
gleich geblieben eher verbessert
weiss nicht
keine Antwort
Abbildung 55: Veränderung der Vielfalt des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt
seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).
Auch fallen die Ergebnisse der beiden Umfragen bezüglich der Qualität des
Angebots unterschiedlich aus. Fast 50% der Haushalte sind der M einung, dass
sich diese nicht veränderte, während die Geschäfte durchaus eine Verbesserung
der Angebotsqualität sehen (vgl. Abb. 56).
109
Ergebnisse
Anteil der Haushalte
Veränderungen der Qualität des
Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt seit
dem Jahr 2000
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
n = 86
eher
gleich geblieben eher verbessert
verschlechtert
weiss nicht
keine Antwort
Abbildung 56: Veränderung der Q ualität des Detailhandelangebots in der Unteren Altstadt
seit dem Jahr 2000 aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse
(Eigene Darstellung).
Betreffend den Angebotsmix decken sich die Ergebnisse wieder von den
Haushalten im Vergleich zu den Geschäften. Auch die Haushalte sind mit dem
Angebotsmix zufrieden, abgesehen von fehlenden Lebensmittelläden und zu
vielen Bekleidungs- und Schuhgeschäften. Zusätzlich zu den Geschäften nehmen
die Haushalte die Läden für die persönliche Ausstattung als eher übervertreten
wahr (vgl. Abb. 57).
Anteil der Haushalte
Empfundener Angebotsmix in der Unteren Altstadt
100%
90%
80%
70%
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
keine Antwort
weiss nicht
eher übervertreten
genau richtig
eher untervertreten
n = 86
Branchen
Abbildung 57: Empfundener Angebotsmix nach Detailhandelsbranchen in der Unteren
Altstadt aus Sicht der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene
Darstellung).
110
Ergebnisse
4.2.2.5
Einkaufsverhalten
Die Untere Altstadt wird von den Bewohnern regelmässig zum Einkaufen genutzt.
So kauft über die Hälfte wöchentlich in der Unteren Altstadt ein (vgl. Abb. 58).
Anteil der Haushalte
Einkaufshäufigkeit in der Unteren Altstadt
60%
50%
40%
30%
20%
10%
0%
täglich
wöchentlich
monatlich
n = 86
seltener als
einmal pro
Monat
nie
Abbildung 58: Einkaufshäufigkeit der befragten Haushalte an der Kramgasse in der
Unteren Altstadt (Eigene Darstellung).
Am Einkaufsverhalten hat sich seit den letzten 15 Jahren nicht viel geändert.
Knapp die Hälfte kauft heute gleich viel in der Unteren Altstadt ein wie im Jahr
2000 (vgl. Abb. 59).
Anteil der Haushalte
Entwicklung Kaufverhalten seit dem Jahr 2000
50%
40%
30%
20%
10%
0%
n = 86
kaufe heute weniger kaufe heute gleich kaufe heute mehr in
in der Unteren
viel in der Unteren der Unteren Altstadt
Altstadt ein
Altstadt ein
ein
Abbildung 59: Entwicklung des Kaufverhaltens der befragten
Kramgasse seit dem Jahr 2000 (Eigene Darstellung).
keine Antwort
Haushalte an der
Die meistgenannten Gründe für eine geringere Einkaufstätigkeit im Vergleich
zum Jahr 2000 sind Geschäftsschliessungen, insbesondere von Lebensmittelläden,
ein einseitiges Angebot sowie das Preis-Leistungs-Verhältnis.
Die Abbildung 60 zeigt, welche Läden aus welcher Branche am meisten
aufgesucht werden. Dabei wird ersichtlich, dass Lebensmittelläden am stärksten
111
Ergebnisse
nachgefragt werden. Unter dem Aspekt „andere“ wurde der Wochenmarkt in der
M ünstergasse genannt.
Branchennutzungen in der Unteren Altstadt
Anteil der Haushalte
25%
20%
15%
10%
5%
0%
Lebensmittel Bekleidung
und Schuhe
Persönliche
Ausstattung
Gesundheit, Wohnen und Freizeit und
Schönheit,
Büro
Sport
Körperpflege
Branchen
Abbildung 60: Branchennutzungen in der Unteren Altstadt durch
Kramgassbewohner (Eigene Darstellung).
Kultur
n = 304
die befragten
Die Gründe, weshalb die Bewohner in der Unteren Altstadt einkaufen, sind in der
Abbildung 61 nach der Häufigkeit der Antworten angegeben. Die meistgenannten
Gründe sind die Nähe zur Wohnung (31.6%), die Attraktivität der Geschäfte
(18.9%), die Einkaufsatmosphäre (17.7%) sowie eine kompetente und freundliche
Anteil der Haushalte
Bedienung (15.4%).
35%
30%
25%
20%
15%
10%
5%
0%
Einkaufsgründe in der Unteren Altstadt
n = 228
Abbildung 61: Einkaufsgründe der befragten Haushalte an der Kramgasse (Eigene
Darstellung).
112
Ergebnisse
Die Ergebnisse der Umfrage hinsichtlich der Stärken, Schwächen, Chancen und
Gefahren der Unteren Altstadt als Einkaufs- und Wohnort werden im nächsten
Kapitel zusammen mit den Ergebnissen der Experteninterviews dargelegt.
4.3
Auswertung der Experteninterviews
In den folgenden Ausführungen werden die wichtigsten Ergebnisse der
Experteninterviews vorgestellt. Im ersten Unterkapitel werden die SWOTAnalysen präsentiert, die eine Synthese der Resultate der Umfrage und der
Experteninterviews bilden. Dabei stellen die SWOT-Analysen in erster Linie eine
Zusammenfassung der Umfrageergebnisse dar, die zum besseren Verständnis mit
Aussagen aus den Interviews untermauert werden. Die Experteninterviews dienen
zudem v.a. dazu, qualitative Einschätzungen hinsichtlich Chancen und Gefahren
des Strukturwandels einzuholen. Es wurde je eine SWOT-Tabelle für den
Detailhandel und eine für die Wohnsituation in der Unteren Altstadt Bern
erarbeitet. Im zweiten Unterkapitel werden die Ergebnisse aus den Interviews
bezüglich Handlungsstrategien festgehalten.
113
Ergebnisse
4.3.1
Diskussion der S WOT-Analyse Detailhandel Untere Altstadt
S tärken
S chwächen
• Individualität und historische
Authentizität (Abhebung vom
M ainstream, individuelle
Öffnungszeiten, kleinräumige
Struktur)
• Hochstehende Angebotsqualität
• Ambiente (flanieren, ruhig,
familiär)
• Lauben
• Kompetente Fachberatung
• Erreichbarkeit ÖV
• Gastronomie- und Dienstleistungsangebot
Chancen
• Parkplatz- und Zufahrtssituation,
restriktive Parkpolizei
• Branchenmix: Lebensmittelbranche
untervertreten
• Lage (Distanz zum Bahnhof und
stark befahrener Kornhaus- /
Casinoplatz wirkt wie eine Barriere
für Fussgänger)
• Nachmieterstruktur zu Gunsten
finanzstarker Akteure
• Wenig Zusammenarbeit zwischen
den Geschäften
• Keine einheitlichen Öffnungszeiten
Gefahren
• Bereitschaft für Zusammenarbeit
zwischen den Geschäften
• Bereitschaft der Geschäfte für
Engagement zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als
Einkaufsort
• Einzigartigkeit, ein „Bijou“, das
die Konsumenten schätzen
• Touristen als neue Kundengruppe
• Internethandel
• Verändertes Konsumverhalten
• Einkaufszentren, Internethandel,
Auslandseinkäufe
• Übernutzung durch Touristen
• Überhandnehmen einzelner Branchen wie die Tourismus- oder
Textilbranche
• M ietzinserhöhung,
Investitionsdruck
• Anonymisierung der Geschäfte
• Fehlende Nachfolge für Geschäftsnutzung
Tabelle 6:
4.3.1.1
SWOT Detailhandel Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung).
S tärken
Der Unteren Altstadt wird seitens der befragten Detailhändler Einzigartigkeit
zugeschrieben. Diese wird auch von den Experten konstatiert. Sie weisen auf die
kleinen Dimensionen der Geschäfte hin, die der Unteren Altstadt einen
individuellen Ausdruck verleihen. So bringt zwar die historische Innenstadt, z.B.
mit dem Denkmalschutz bzw. den Brandmauervorschriften und die sich daraus
ergebende Kleinteiligkeit einige Nachteile für moderne Betriebsformen, aber
gerade durch diese vermeintlichen Nachteile bieten sie die besten Voraussetzungen für Erlebniskonsum. Denn aus diesen Schwächen entstehen Vorteile
bezüglich Atmosphäre und Authentizität.
114
Ergebnisse
Auch die individuellen Öffnungszeiten tragen dazu bei, dass sich die Untere
Altstadt von der Oberen Altstadt, vom „M ainstream“, abhebt. Die Individualität
der Unteren Altstadt lässt sich des Weiteren auf die hochstehende Qualität des
Angebots zurückführen, die aus den Umfrageergebnissen als weitere Stärke
hervorgeht. Durch die Aussagen der Experteninterviews wird dieser Aspekt
bekräftigt. Was allerdings unter dem Begriff „Qualität“ verstanden wird, ist
subjektiv gefärbt. So kann Qualität z.B. für die Exklusivität der Produkte, den
Kundenservice etc. stehen. Von den Experten wird Qualität als Abkehr von
Billiganbietern und von einem M assensortiment betrachtet. Denn die Untere
Altstadt wird von Spezialgeschäften geprägt. Da die Konsumenten nach Aussagen
von E) als Vertreter von BERNcity das „spezielle“ Angebot schätzen, bringt dies
auch Kundenfrequenz in die Untere Altstadt. E) betont, dass die Kramgasse von
allen Gassen der Unteren Altstadt am besten frequentiert wird. Deshalb stellt die
Obere Altstadt auch keine Konkurrenz zur Unteren Altstadt dar, weil sich das
Angebot stark unterscheidet und somit in der Oberen und Unteren Altstadt andere
Bedürfnisse abgedeckt werden.
Aus der Umfrage geht das Ambiente der Unteren Altstadt als Pluspunkt hervor.
So lädt die Untere Altstadt zum Flanieren ein, hat einen familiären Charakter und
das Ambiente ist im Vergleich zur Oberen Altstadt und deren Nähe zum Bahnhof
eher ruhig. So betrachtet E) es als grosse Chance, ein Geschäft in der Unteren
Altstadt zu betreiben, insbesondere aufgrund des Ambientes.
Die Lauben bilden ebenfalls eine Stärke, worauf sich die Umfrageergebnisse
stützen. Sie tragen zum individuellen Ambiente der Unteren Altstadt bei, da sie
ein besonderes historisches M erkmal für die Berner Altstadt darstellen. Somit
grenzen sie die Berner Altstadt von anderen Einkaufsorten ab. Darüberhinaus
eignen sie sich für Shopping bei Regenwetter.
Die Umfrageresultate ergeben, dass die kompetente Fachberatung der Unteren
Altstadt als Stärke hervortritt. Dies wirkt sich positiv aus, weil die Verkäufer
heute aufgrund des Strukturwandels auf der Nachfrageseite mit Konsumenten
konfrontiert sind, die höhere Ansprüche an deren Qualifikationen stellen. Denn
die Konsumenten sind durch das Internet oft gut über die angebotenen Produkte
und Preise informiert und erwarten deshalb eine kompetente Beratung und einen
tadellosen Kundenservice.
115
Ergebnisse
Ebenso wird die Erreichbarkeit mit dem ÖV mehrheitlich von den Geschäften als
gut eingestuft. Eine Ausnahme bildet jedoch das M attequartier. Nach BERNcity
und der gemeinnützigen Baugenossenschaft Bern ist die M atte ganz klar schlecht
erschlossen. Die M atte ist tagsüber nur durch den M attelift bzw. das „Senkeltram“
(Berner Sprachgebrauch) erschlossen. E) sieht die Gründe für die mangelhafte
Erschliessung der M atte einerseits darin, dass das M attequartier schon immer eine
Sonderrolle hatte und dass die Stadt den Entwicklungsschwerpunkt auf die Obere
Altstadt setzt.
Aus der Umfrage wird weiter deutlich, dass sich das Gastronomie- und
Dienstleistungsangebot positiv auf den Detailhandel auswirkt. Denn dadurch
können Kopplungspotenziale abgeschöpft werden.
4.3.1.2
S chwächen
Als Schwachpunkt geht aus den Umfrageresultaten eindeutig die Parkplatz- und
Zufahrtssituation sowie eine restriktive Parkpolizei hervor. Bezüglich letzterem
äussert B) vom Stadtplanungsamt Bern, dass es früher kaum Parkkontrollen gab,
was sich in einem zunehmenden Verkehrsaufkommen in der Unteren Altstadt
auswirkte. Deshalb wurden die Kontrollen verstärkt. Das heutige Parkplatzregime
ist das Ergebnis eines über Jahrzehnte hinweg diskutierten Kompromisses, der in
den 80er-Jahren beschlossen wurde. Einerseits wurden die Anzahl Parkplätze
fixiert. Dies führte dazu, dass die Parkplätze in der Oberen Altstadt aufgehoben
und auf die Untere Altstadt beschränkt wurden. Gleichzeitig wurde eine
Begegnungszone beschlossen. Für die Kramgasse bedeutete dies eine Verlagerung
der Parkplätze in die Gerechtigkeitsgasse (E, Stadtplanungsamt Bern). E) findet
diese Entwicklung problematisch. Denn die Geschäfte sind auf einen Umschlagverkehr angewiesen und für die Lebendigkeit einer Stadt ist neben dem Langsamverkehr auch der motorisierte Verkehr essentiell.
Der Branchenmix leidet insofern, als dass die Lebensmittelbranche in der Unteren
Altstadt untervertreten ist, was die Umfrage zeigt. Nach BERNcity ist dies eine
Folge des Strukturwandels, der einige Lebensmittelläden zur Schliessung drängte.
Dennoch ist die Untere Altstadt gemäss B) gut versorgt.
B: „Die ca. 3’000 Einwohner, was in etwa der Einwohnerzahl der Berner
Stadtquartiere „Tscharnergut“ oder „Gäbelbach“ entspricht, haben einen
Metzger, drei bis vier Bäcker und einen Käse- und Bioladen im Quartier.
116
Ergebnisse
Zudem ist in der Oberen Altstadt Migros und Coop vertreten, die in kurzer
Zeit erreicht werden können.“
Ausserdem wird aus der Umfrage deutlich, dass die Lage als nachteilig angesehen
werden kann. Zum einen befindet sich die Untere Altstadt im „Abseits“ des
Bahnhofs, der heutzutage ein wichtiges Einkaufszentrum beherbergt. Zum
anderen wirkt der stark befahrene Kornhaus- und Casinoplatz wie eine Barriere
für Fussgänger.
Der Strukturwandel wirkt sich zudem negativ auf die Nachmieterstruktur aus, die
zunehmend zu Gunsten von finanzstarken Akteuren bestimmt wird. Letzere
führen dazu, dass die M ietpreise mittelfristig angehoben werden und dass die
Untere Altstadt immer fremdbestimmter wird (H, Netzwerk Altstadt).
M it der Umfrage kann ausserdem aufgezeigt werden, dass die Zusammenarbeit
zwischen den Geschäften oft fehlt. Auch die Interviewpartner betrachten dies als
grosses Problem, das dringend geändert werden muss. E) erwähnt, dass dies v.a.
die Geschäfte an der Kramgasse betrifft. Oft kommt die Zusammenarbeit erst mit
dem Druck. Die Grundeinstellung der Geschäfte ist, so E: „Ich hilfe mit, aber ich
will auch am meisten profitieren.“ Ein Exempel dafür sind die von BERNcity
lancierten Geschenkkarten.
E: „Geschäfte, die solche Geschenkgutscheine verkaufen, müssen das
erhaltene Geld in einen gemeinsamen Topf einbezahlen. Das Geschäft, bei
dem der Gutschein eingelöst wird, erhält den Betrag zu seinen Gunsten.
Das verärgert die Geschäfte, wenn ein Kunde im Laden x eine
Geschenkkarte kauft und diese im Nachbarladen ausgibt.“
Die individuellen Öffnungszeiten, die bereits unter den Stärken erwähnt wurden,
können auch als Schwäche aus gelegt werden. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass
die M ehrheit der befragten Geschäfte einheitliche Öffnungszeiten befürwortet. E)
erklärt, dass viele Läden in der Unteren Altstadt als Hobby bzw. als
Nebentätigkeit betrieben werden und deshalb nur an einzelnen Tagen geöffnet
haben. Dies ist ein Nachteil für die Kunden, wenn diese vor geschlossener Tür
stehen. Auch für die Geschäfte wirkt sich dies negativ aus, weil dadurch Kunden
verloren gehen können (E, BERNcity).
117
Ergebnisse
4.3.1.3
Chancen
Grosses Potenzial bietet die durch die Umfrage eruierte Bereitschaft der Geschäfte
für mehr Zusammenarbeit zwischen den Geschäften und für mehr Engagement
zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Einkaufsort.
Ebenso gilt die Einzigartigkeit der Unteren Altstadt als Chance. E) bezeichnet die
Untere Altstadt als „Bijou“, das die Konsumenten zu schätzen wissen. Der
Unteren Altstadt wird von allen Seiten eine einmalige Gesamtattraktivität
bescheinigt.
Laut Umfrage bieten Touristen die Chance einer neuen Kundengruppe und somit
höhere Umsätze.
Auch werden im Zuge des Internethandels Chancen entdeckt. Denn durch das
Internet wird den Geschäften ermöglicht, die Kunden über einen anderen Kanal zu
erreichen und ihnen einen 24-Stunden-Service zu gestatten. Ein weiterer Vorteil
der elektronischen Vernetzung ist, dass Spezialgeschäfte mit ihrem beschränkten
Sortiment dieses via Internet erweitern könnten. Ausserdem kann über das
Internet ein Hauslieferservice angeboten werden, womit eine attraktive
Alternative für Kunden ohne Auto entsteht. E) betont, dass die Entwicklung des
Handels gegeben ist und dass die Geschäfte davor keine Angst haben sollten.
Nach Ausführungen von E) muss sich der stationäre Detailhandel auf die
wachsende Bedrohung durch den Online-Handel einstellen und versuchen, die
vermeintlichen Nachteile in Chancen umzuwandeln.
4.3.1.4
Gefahren
Als Gefahren resultieren aus der Umfrage die generellen Entwicklungen im
Detailhandel wie die zunehmenden Einkaufszentren, der Internethandel oder
Auslandseinkäufe, die dem innerstädtischen Detailhandel Konkurrenz machen.
Diesbezüglich ist auch ein verändertes Konsumentenverhalten zu attestieren (vgl.
2.2).
Die Geschäfte nehmen den Tourismus gemäss der Umfrage teils als negativ wahr.
Auch B) sieht den Tourismus als Gefahr an, weil die Altstadt durch
M assentourismus übernutzt werden könnte. Damit geht die Gefahr einher, dass
einzelne Branchen wie die Tourismusbranche Überhand nehmen und damit den
Angebotsmix gefährden. Hier ist auch die Textilbranche zu nennen, die sich
118
Ergebnisse
immer stärker ausbreitet und sowohl von den Geschäften als auch von den
Bewohnern in der Kramgasse als übervertreten im Angebotsmix empfunden wird.
Unter Gefahren sind des Weiteren die anziehenden M ietpreise und die
gesteigerten Renditeerwartungen von Investoren zu erwähnen. Oft werden
Liegenschaften an Investoren verkauft, wodurch das Quartier mehr und mehr
fremdbestimmt wird. Viele Investoren sehen die Untere Altstadt lediglich als
renditeträchtigen Standort an und nicht als ein lebendiges und vielfältiges Wohnund Geschäftsquartier (H, Netzwerk Altstadt).
Neben dem birgt eine zunehmende Anonymisierung der Geschäfte die Gefahr der
Fremdbestimmung des Quartiers. Denn nach Aussagen von B) leben deren
Eigentümer immer häufiger fernab vom Quartier und ihnen sind die
Besonderheiten der Unteren Altstadt oftmals gleichgültig. Dies mündet u.a. auch
in eine fehlende Zusammenarbeit der Geschäfte. Letzteres Problem wird ebenfalls
durch die Umfrage deutlich.
Ferner ist dadurch eine Gefahr gegeben, wie die Umfrage zeigt, dass Geschäfte,
z.B. aufgrund eines Generationenwechsels, keinen Nachfolger finden können und
deshalb ihr Geschäft schliessen müssen.
119
Ergebnisse
4.3.2
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Diskussion der S WOT-Analyse Wohnen Untere Altstadt
S tärken
S chwächen
Zentrale Wohnlage
Lebendiger Wohnort
Erreichbarkeit zu Fuss, Velo, ÖV
Historische Bausubstanz ist
architektonisch attraktiv
Atmosphäre in den Gassen
Einkaufsmöglichkeiten nahe
Kultur-, Gastronomie-, Dienstleistungs- und Freizeitangebot
Hoher Ausbaustandard
Wohnraum im mittel- und
hochpreisigen Segment
Wohnungsleerstand gering, gute
Wohnungsnachfrage
• Parkplatzmangel
• Zu wenig Begrünung/öffentliche
Grünflächen
• Hohe Lärmbelastung (Verkehr
Gasbusse, Strassenmusik, M usik
von Bars, viele Events)
• M angelnde Sauberkeit v.a. am
Wochenende und während Events
• Wenig Wohnraum für
einkommensschwache Haushalte
• M eist keine Lifte in den Häusern
 nicht alters- und behindertengerecht
• Fehlende Kindereinrichtungen im
Quartier
• M ehrheitlich kleine, dunkle
Wohnungen und ohne Balkon
Chancen
Gefahren
• Zusammenarbeit mit
Nachbarschaft
• Treue Idealisten als M ieter
• Gemeinnützige Bauträger
Tabelle 7:
4.3.2.1
• M ietpreisspirale, hoher
Sanierungsgrad  Wohlstandsinsel
• Zweitwohnungen v.a. im Luxussegment
• Wohnraumverdrängung durch
Büros, Praxen
• Anonymität der Vermieter:
Pensionskassen, Banken
SWOT Wohnen Untere Altstadt Bern (Eigene Darstellung).
S tärken
Die Stärken der Unteren Altstadt als Wohnort zeichnen sich u.a. durch die
zentrale Lage und die Lebendigkeit aus, die nach der Umfrage auch wichtige
Einzugs gründe der Bewohner darstellen. A) vom Portfoliomanagement und Recht
der Stadt Bern weist darauf hin, dass sich bei einem lebendigen Wohnort immer
die Frage der Grenze der Urbanität stellt bzw., inwiefern sich die Lebendigkeit
mit dem Wohnort verträgt. Durchaus kommt es nämlich in lebendigen Wohnorten
zu Interessenskonflikten, z.B. zwischen den Bewohnern und dem Nachtleben oder
den Bewohnern und dem „Rotlicht“. Letztgenannter Konflikt erhielt auch in der
Presse hohe Aufmerksamkeit. Denn viele Bewohner in der Unteren Altstadt
stören sich an der Prostitution. Die Interviewpartner sehen die Prostitution
120
Ergebnisse
dahingegen in der Unteren Altstadt nicht als Belastung für die Bewohner. B) führt
aus, dass es schon immer „Rotlicht“ in der Unteren Altstadt gab. M ittlerweile
wurde aber ein grosser Teil davon reduziert bspw. in der ehemaligen
M etzgergasse (heute Rathaus gasse). Deshalb gibt es heute Prostitution nur in
einem geringen Ausmass in der Unteren Altstadt. Auch die Gemeinnützige
Baugenossenschaft Bern betrachtet die Prostitution als unproblematisch. Ebenso
weist sie auf den früheren Zustand mit der M etzgergasse hin, die ein reines
Rotlichtmilieu war, heute jedoch nicht mehr. Nach F) und G) wird das Thema in
der Zeitung total überdramatisiert. Sie weisen ausserdem darauf hin, dass die
Beleuchtung für mehr Sicherheit in der M atte bereits verbessert wurde. A) stimmt
dem zu und erwähnt, dass sich die Prostitution heute v.a. auf das Bibliothekgässchen beschränkt. H) vom Netzwerk Altstadt ist der M einung, dass es für das
„Rotlicht“ eines Konzeptes bedarf. Die Nutzungen sollten geregelt werden, wo sie
sein dürfen und wo nicht.
Zudem kann sich ein lebendiger Wohnort auch verändern. A) nennt hier die M atte
als Beispiel, die früher u.a. ein Rotlichtquartier war, viele Nachtschwärmer,
Künstler, gleichzeitig aber auch Ärzte etc. beherbergte. A) führt weiter aus, dass
das M attequartier einen starken Urbanitätscharakter hatte, den es aber immer
mehr verlor, weil sich das Quartier zunehmend zu einem Wohnort entwickelte.
Als Vorzug der Unteren Altstadt gilt laut der befragten Bewohner auch die
Erreichbarkeit für den Langsamverkehr und öffentlichen Verkehr. Aber auch hier
muss differenziert werden. Für das M attequartier trifft dieser Punkt nicht zu (vgl.
4.3.1.1).
Die Umfrage ergibt, dass für das Wohnen in der Unteren Altstadt u.a. die
architektonische Attraktivität ausschlaggebend ist. Die historische Bausubstanz
generiert einen eigenen Charme. Sie verleiht dem Wohnen in der Unteren Altstadt
eine besondere Atmosphäre.
Positiv ist gemäss Umfrageergebnissen ebenfalls, dass die Einkaufsmöglichkeiten
nah gelegen sind. Auch hier stellt die M atte wieder eine Ausnahme dar.
Das Kultur-, Gastronomie-, Dienstleistungs- und Freizeitangebot wird von den
Befragten als vorteilhaft eingestuft. Von den Interviewpartnern wird v.a. das
kulturelle Angebot hervorgehoben.
121
Ergebnisse
M eist verfügen die Wohnungen in der Unteren Altstadt über einen hohen
Ausbaustandard, was vorteilhaft ist (C, Domänenverwaltung Burgergemeinde).
M ehrheitlich befindet sich der Wohnraum im mittel- und hochpreisigen Segment.
F) betont, dass die Spannweite bei den M ieten sehr gross ist. Es gibt M ieten
zwischen 800 und 6’500 CHF. Doch befinden sich viele Wohnungen eher im
oberen Preissegment. Dies kann insofern als Stärke gewertet werden, sagt C), weil
die Bewohner stolz darauf sind. Es gibt Bewohner in der Unteren Altstadt, die auf
ein Auto verzichten, damit sie sich die Wohnung in der Altstadt leisten können.
Von der Attraktivität der Unteren Altstadt als Wohnort zeugen eine hohe
Wohnungsnachfrage bzw. ein geringer Wohnungsleerstand (vgl. 4.1.2.3).
4.3.2.2
S chwächen
Als wesentlicher M inuspunkt ist gemäss der Umfrageergebnisse der Parkplatzmangel zu nennen. Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern erachtet dies
auch als grosses M anko. Sie sehen einen Ausbau des Parkplatzangebotes als
Aufwertung des Quartiers.
In der Umfrage stellt sich die fehlende Begrünung bzw. fehlende öffentlichen
Grünflächen als Schwächen heraus, was u.a. auch einen Umzugsgrund darstellt.
Denn Grünflächen ermöglichen urbanes Leben und eine hohe Lebens- und
Aufenthaltsqualität.
Die Bewohner stören sich auch an der hohen Lärmbelastung, sei es wegen des
Strassenverkehrs durch die neuen gasbetriebenen Busse oder aufgrund der
Strassenmusik, M usik von Bars und vielen Events. H) äussert, dass das Thema
„Wohnen und Gastronomie“ ein typischer Nutzungskonflikt ist. Deshalb wurde in
der Oberen Altstadt ein Nachtlebenkonzept erstellt. Nach H) ist für die Untere
Altstadt ebenfalls ein Gastronomiekonzept sinnvoll.
In der Umfrage schneidet die Sauberkeit v.a. am Wochenende und während
Events schlecht ab. C) sieht die mangelnde Sauberkeit in der Unteren Altstadt als
eine enorme Schwäche. C) meint, dass die Stadt Bern diese und das Littering zu
wenig reguliert, was ausgenützt wird.
Als weitere Schwäche kann das geringe Angebot an Wohnraum für einkommensschwache Haushalte genannt werden (vgl. F, 4.3.2.1).
122
Ergebnisse
M eist haben die Häuser keinen Lift, wie in der Umfrage festgestellt wurde,
wodurch die Untere Altstadt kein alters- und behindertengerechter Wohnstandort
ist. A) sieht dies als grosses Problem.
Familien machen in der Haushaltsstruktur in der Unteren Altstadt nur einen
geringen Anteil aus. Die Umfrageresultate bezeugen dies, da vorwiegend 1 und 2
Personenhaushalte angegeben wurden. Dies hat damit zu tun, dass es in der
Unteren Altstadt an Kindereinrichtungen fehlt und Familien Aussenräume
benötigen, die in der Unteren Altstadt aber kaum vorhanden sind (H, Netzwerk
Altstadt).
Auch wurde in der Umfrage oft angemerkt, dass die Wohnungen in der Unteren
Altstadt über kleine, schmale, unzeitgemässe Wohnungs grundrisse sowie kleine
Fensterflächen verfügen und meist balkonlos sind. Dies entspricht nicht den
heutigen Wohnbedürfnissen.
4.3.2.3
Chancen
Eine vermehrte Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft kann nach Ausführungen
von H) als Chance betrachtet werden, indem versucht wird, eine Durchmischung
des Wohnangebots auf das gesamte Quartier verteilt zu erreichen.
M it „treuen Idealisten“ werden gemäss C) Bewohner in der Unteren Altstadt
bezeichnet, die stolz auf ihren Wohnort sind und deshalb Sorgfalt zur Immobilie
tragen und sich für dessen Pflege sehr engagieren. Dabei handelt es sich auch um
M ieter, die schon sehr lange in der Unteren Altstadt wohnen. Solche Personen
stellen für die Untere Altstadt einen M ehrwert dar und sind daher als Chance
anzusehen.
Gemeinnützige Bauträger können die Chance bieten, das preisgünstige
Wohnungsmarktsegment zu fördern, falls es ihnen gelingt, mehr Wohnraum in
der Unteren Altstadt einzunehmen. Die Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern
erklärt, dass sie ständig auf der Suche nach potenziellen Objekten sind, um diese
zu kaufen. Dies erweist sich jedoch als sehr schwierig. Die Suche basiert stark auf
privatem Engagement. Denn sie müssen immer den Investoren zuvor kommen,
d.h. agieren, bevor die Immobilien im Internet angeboten wird. Denn ansonsten
besteht keine Chance, diese zu erwerben. Sie kämpft gegen Renditeobjekte an,
indem sie versucht, dass zum Verkauf stehende Liegenschaften nicht an
123
Ergebnisse
Investoren veräussert werden. Sie will die Häuser der Spekulation entziehen,
damit die Stadt lebendig bleibt. Dies erfolgt, indem die Häuser saniert, aber
trotzdem zu günstigen M ietkonditionen vermietet werden. Ein aktuelles Projekt
ist z.B. die Häuserzeile an der Badgasse, die etappenweise komplett saniert wird
(F und G, Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern).
4.3.2.4
Gefahren
M it dem hohen Sanierungs grad und damit hohen M ietpreisen droht der Unteren
Altstadt, dass sie sich zu einer „Wohlstandsinsel“ entwickelt. Dies birgt nach B)
die Gefahr, dass der Zweitwohnungsanteil zunimmt. Denn Zweitwohnungen in
den Städten werden besonders im „Luxus-Segment“ nachgefragt.
Rund 15% der befragten Bewohner bemerken eine Abnahme des Wohnraums zu
Gunsten des Dienstleistungssektors. Die Wohnraumverdrängung durch Büros und
Praxen stellt daher eine weitere Gefahr dar. A) stimmt dem zu und meint, dass
dagegen nur die Bauordnung helfen kann. Dies aber nur, wenn ein ganzes Haus
komplett saniert wird, weil die Dienstleister Bestandsgarantie geniessen. C)
meint, dass er dem vor fünf Jahren noch zugestimmt hätte, er jetzt aber davon
ausgeht, dass dieser Trend zunehmend abklingen wird, weil mit dem Wankdorf
und PostParc gezeigt werden kann, dass Büroräume zunehmend ausserhalb der
Altstadt attraktiv werden.
B) führt aus, dass eine zunehmende Anonymität der Vermieter, z.B. durch
Pensionskassen, Banken oder Versicherungen für die Untere Altstadt die Gefahr
der Fremdbestimmung und somit den Verlust des familiären Charakters darstellt.
4.3.3
Implikationen für die Untere Altstadt Bern
In diesem Unterkapitel geht es v.a. um die Frage, wie die Standortqualität in der
Unteren Altstadt Bern erhalten werden kann. Dies schliesst Fragen sowohl zur
Nutzungsvielfalt als auch zu Handlungsstrategien für die Attraktivitätsgestaltung
der Unteren Altstadt Bern ein. M ittels der Interviews wurden drei wesentliche
Vorgehensweisen evaluiert, die anhand der wichtigsten Aussagen der Experten im
Folgenden beschrieben werden.
124
Ergebnisse
4.3.3.1
S chritt 1
Zuerst braucht es die Einsicht, dass der Strukturwandel nicht gestoppt bzw.
verhindert werden kann, sondern offen mit dem Wandel umgegangen werden
muss. Oft werden die Zusammenhänge verkannt und der Strukturwandel wird als
persönliches oder örtliches Versagen empfunden. Deshalb braucht es Verständnis
dafür, dass niemand für den Strukturwandel allein verantwortlich gemacht werden
kann. Vielmehr ist eine gemeinsame Zielvorstellung und Verantwortung notwendig. In Bern ist dieses Verständnis noch nicht vorhanden. Dies hat mit dem
hohen Investitionsdruck zu tun. So dominierte einst die typische „Townhouse“ Bebauung in der Unteren Altstadt, die sich dadurch auszeichnete, dass ein privater
Eigentümer eine Liegenschaft besass, in der sich im Erdgeschoss sein Geschäft
befand und er in den oberen Stockwerken wohnte. Heute verschwindet dieser
„Townhouse“ - Charakter allmählich. Immer mehr treten finanzstarke Akteure
wie Banken oder Pensionskassen als Eigentümer auf, womit die Altstadt
zunehmend Geld gesteuert wird und der Bezug zur Altstadt sukzessive abnimmt
(H, Netzwerk Altstadt).
Ausserdem betont H), dass es Verständnis verlangt, dass ein M ehrwert nur
gemeinsam entsteht. Denn wenn die Altstadt ein lebendiger öffentlicher Raum
bleibt, dient das allen. Auch BERNcity steht dafür ein. So entgegnet E), dass eine
Zusammenarbeit immer „kässelt“. Wenn die Entwicklung gesteuert werden soll,
kann das nur miteinander geschafft werden. Es ist also ein Umdenken zu einer
Zusammenarbeit erforderlich. Deshalb schlägt H) vor, dass die Stadt einen
Prozess mit den Ladenbetreibern und Hauseigentümern starten soll, um den
Dialog zwischen den Eigentümern zu fördern, Aufbruchstimmung zu erzeugen
und diese für die komplexen Zusammenhänge zu sensibilisieren. Ihnen muss die
Entwicklung klar gemacht und aufgezeigt werden, wie damit umzugehen ist.
Insbesondere muss den Eigentümern bewusst werden, dass sie die Schlüsselrolle
haben und den Schritt zum Standortentwickler machen müssen. Also, dass sie
über das eigene Objekt hinaus strategische Planung für den gesamten Standort
betreiben müssen. Sie sollten die M ietzinse derart ansetzen, dass eine lebendige
Vielfalt möglich bleibt (H, Netzwerk Altstadt). Diesbezüglich verweist H) auf die
Postgasse Bern, in der das Netzwerk Altstadt gemeinsam ein Konzept mit einem
Hauseigentümer erstellte, mit dem es möglich war, trotz eines umfassenden
Umbaus günstige M ietkonditionen anzubieten. Dieses M odell hat sich bewährt.
125
Ergebnisse
Der Eigentümer ist sehr erfolgreich damit. Die Nachfrage nach seinen
Wohnungen ist enorm. Heute erzielt der Eigentümer sogar Gewinn (H, Netzwerk
Altstadt).
Ebenfalls ist die Gemeinnützige Baugenossenschaft Bern bemüht, die Eigentümer
zu sensibilisieren, damit sie ihre Liegenschaften nicht an Investoren, sondern an
sie verkaufen. G) erklärt, dass sie die Eigentümer darauf aufmerksam machen
wollen, falls diese von sich aus Käufer für ihre Immobilie suchen würden, sich
dann an die gemeinnützige Baugenossenschaft Bern zu wenden. F: „Unsere Waffe
ist ein gemeinnütziger Gedanke, um die Eigentümer sensibilisieren zu können“.
A) empfiehlt mit Hilfe von Architektur- oder Stadtplanungsforen sowie
Podiumsdiskussion zu sensibilisieren, um den „Lädeli“ - Charakter in der Unteren
Altstadt zu erhalten bzw. die Ansiedlung von grossen Filialketten und „toten“
Nutzungen wie Banken, Vermögensverwaltungen etc. zu verhindern. Es braucht
das Verständnis, dass Urbanität zum Vorteil aller ist.
B) vom Stadtplanungsamt Bern steht dem Vorschlag von H) des Netzwerks
Altstadt kritisch gegenüber.
B: „Der Handlungsspielraum der Stadt ist beschränkt, schliesslich ist es
den Immobilienbesitzern selber überlassen, welche Mieter sie auswählen.
Es ist immer heikel, wenn Behörden in den Markt eingreifen, denn die
Stadt ist ja nicht Direktorin eines Shoppingcenters. Das bedeutet aber
nicht, dass der Stadt die Hände völlig gebunden sind. Ein ausgewogener
Branchenmix ist auch im Interesse der Stadt Bern.“
B) sieht die Rolle der Stadt Bern als unterstützende Funktion beim
Sensibilisierungsprozess. Letzterer muss aber laut B) von den Vereinigten
Altstadtleisten und BERNcity initiiert werden, da es sich dabei um die direkten
Ansprechpartner der Innenstadt handelt und sie daher näher zu den lokalen
Akteuren stehen als die öffentliche Hand. Dies ist so B) wirksamer, um Einfluss
auf die Eigentümer zu nehmen. A) ist sich nicht sicher, ob die Stadt Bern oder die
Leiste als regulierende Kraft eingreifen soll. Dennoch ist A) der Ansicht, dass die
Regulierungen seitens der öffentlichen Hand für den Erhalt des „Lädeli“ Charakters erhöht werden müssten, da in der Unteren Altstadt im Vergleich zu
anderen Stadtquartieren diesbezüglich Nachholbedarf besteht.
Weiter weist B) darauf hin, dass der Kontakt zwischen den Vereinigten
Altstadtleisten und der Stadt Bern zu wenig regelmässig verläuft. B) erwähnt
126
Ergebnisse
hierbei die M öglichkeit von sogenannten „Quartierkommissionen“. Dabei handelt
es sich um ein Ansprechorgan für die Stadtverwaltung. Die Kommission könnte
sich z.B. aus Altstadtleisten, Quartiervereinen und politischen Parteien zusammensetzen. In dieser könnte auch ein Geschäftsführer angestellt werden. Da mit
den Quartierkommissionen periodische Sitzungen abgehalten und dabei auch
Arbeitsgruppen gebildet werden würden, würde die Altstadt eine „bessere
Stimme“ bekommen. Allerdings sind solche Kommissionen schwierig umzusetzen, u.a. aufgrund des mit den periodischen Sitzungen verbundenen hohen
Zeitaufwands (B, Stadtplanungsamt Bern).
4.3.3.2
S chritt 2
Als nächstes gilt es, gemeinsam eine Nutzungsstrategie zu entwickeln und
umzusetzen. Dabei zählt „zurück zu mehr Bescheidenheit“, d.h. es ist wichtig,
dass eine Durchmischung bzw. Nutzungsvielfalt über das ganze Quartier hinweg
erzielt wird. Denn es ist chancenlos bspw. eine Durchmischung der Laden- und
Wohnnutzung allein in der Kramgasse zu bewerkstelligen, da dies das System
überfordern würde. Vielmehr sollte eine Strategie zusammen mit den Akteuren
der Haupt- und Seitengassen erarbeitet werden. Gerade im Zusammenhang mit
der Erhaltung des „Lädeli“ - Charakters in der Unteren Altstadt stellt sich die
Frage, ob an diesem in den Hauptgassen überhaupt noch festgehalten werden soll,
zumal die Seitengassen über stabilere Strukturen verfügen. In den Nebengassen ist
der „Lädeli“ - Charakter noch in Takt. Zudem befindet sich die Kramgasse in
einer Übergangszone. Denn einerseits wandert der Handel westwärts und damit
verschiebt sich auch die Kaufkraft von der Unteren Altstadt in Richtung Westen
der Stadt, was der Bau des PostParcs, mit dem eine Fläche von ca. 10’000m2 für
den Detailhandel entsteht, illustriert. Andererseits schnellen die M ietpreise in der
angrenzenden M arktgasse in die Höhe. Dabei verwundert es nicht, dass die
Eigentümer in der Kramgasse auch von diesem „Boom“ der Oberen Altstadt
profitieren wollen. Dadurch ist es schwierig, den Eigentümern in der Kramgasse
beizubringen, dass sie ihre M ieten im Erdgeschoss tief halten sollen, damit die am
Standort befindlichen Bestandsgeschäfte weiterhin existieren können bzw. damit
sich ein attraktiver Ladenmix einstellen kann. Eine vielversprechende Strategie
wäre eine vermehrte Zusammenarbeit mit der Nachbarschaft. In Bezug auf die
Kramgasse bietet sich dafür z.B. die Rathausgasse an. Diese Nebengasse verfügt
über einen ausgewogenen Nutzungsmix und Ladengemeinschaften. Die Strategie
127
Ergebnisse
wäre, dass der Kontakt zu solchen Seitengassen gesucht wird. Eventuell lässt sich
deren
Konzept auf
andere Orte übertragen.
Auch
ist eine regionale
Zusammenarbeit denkbar. Diesbezüglich stellt z.B. das Kornhausquartier in
Burgdorf ein Positivbeispiel hinsichtlich des Nutzungsmix dar. Der Nutzungsmix
hat sich dort von selbst eingestellt im Gegensatz zur Oberen Altstadt in Burgdorf,
wo sehr viel investiert wird. Damit soll aufgezeigt werden, dass oftmals
Investitionen nichts mehr nützen, weil die inhabergeführten Detailhandelsgeschäfte keine Chance mehr zum Überleben hätten (H, Netzwerk Altstadt).
Folglich wäre nach H) eine weitere Handlungsoption:
„Nichts tun, laufen lassen, keine Regulierung von der Stadtplanungsseite
und das annehmen, was sich einstellt. Die unschönen Erscheinungen à la
Vermögenszentrum muss man aushalten. Sie werden wieder verschwinden,
wie sie gekommen sind. Dies braucht eine Langzeitsicht, um es hinnehmen
zu können und man muss der Denkmalpflege den Rücken stärken, damit
sie die historische Bausubstanz sichern kann.“
Danach würde der Strukturwandel des Detailhandels bzw. die Zusammensetzung
des Angebots den M arktkräften überlassen werden. Auch A) verweist auf den
freien M arkt als eine M öglichkeit. Der Trend geht nach A) dahin, dass sich
mehrere Vertreter der gleichen Branche konzentrieren. A: „Aber kein Geschäft,
egal welche Branche, ist zu viel, sonst wäre es morgen schon wieder weg.“
Um wieder stärker eine „Lädeli“ - Struktur hervorzubringen, stellt H) das Konzept
der Para-Läden vor (vgl. 2.5). Diese Geschäfte müssen nicht unbedingt rentieren,
sondern werden mehr als Hobby betrieben.
Gleichermassen
bedingt
der
Strukturwandel auch
in
Anbetracht
einer
Verbesserung des Angebotsmix betreffend der Lebensmittelbranche einen
gewissen Haltungswandel.
H: „Es muss von dem Gedanken abgesehen werden, wieder einen Metzger
oder ein Geschäft wie Comestibles anzusiedeln. Ein Metzger z.B. kann mit
der Laufkundschaft in der Unteren Altstadt nicht überleben. Auch werden
Ladenformate wie Migrolino oder Coop Pronto nicht in der Unteren
Altstadt funktionieren, da diese auf Pendler ausgerichtet sind. Für solche
Läden gibt es in der Unteren Altstadt zu wenig Frequenz.“
E) bezieht dazu Stellung und wirft die Frage auf, ob es überhaupt ein Ziel sein
soll, eine Altstadt mit einem 24h-Betrieb wie M igrolino, Coop Pronto etc. zu
haben. E) sieht die Gefahr, dass dadurch die Qualität der Altstadt verloren geht.
128
Ergebnisse
Zudem ist nach E) zu beachten, dass die Distanz zur Oberen Altstadt bzw. zu
Coop und M igros nicht gross ist.
E) beschreibt den Rückgang der Lebensmittelgeschäfte nicht als ein spezifisches
Problem der Berner Altstadt, sondern als die Folge eines
generellen
Strukturwandels:
„Ich verstehe nicht, weshalb die Leute immer mit der Schliessung des
Comestibles kommen. Der Comestibles ist zwar früher gut gelaufen,
erfüllte dann aber mit der Zeit nicht mehr die Bedürfnisse der Konsumenten. Deshalb stellt sich mir auch die Frage, inwiefern die
Konsumenten bereit wären, Mehrkosten zu tragen bspw., indem sie ihre
Milch in Tante-Emma-Läden anstatt in den Supermärkten einkaufen
würden. Der florierende Wochenmarkt zeigt aber, dass das Potenzial
dafür vorhanden ist.“
E) betrachtet die Ansiedlung von Lebensmittelläden in der Unteren Altstadt als
schwierig. Zum einen können die Lebensmittelläden nicht viel M ietzins bezahlen,
zum anderen sind die Flächen dafür in der Unteren Altstadt nicht für
Lebensmittelläden geeignet. E) erklärt dies anhand eines Fallbeispiels. So wollte
Coop eine Filiale in der Unteren Altstadt eröffnen. Das Projekt ist dann aber
aufgrund der fehlenden Fläche bzw. der Brandvorschriften gescheitert. Letztere
erlauben nicht, dass die Brandmauern durchbrochen werden dürfen (vgl. 1.5.2).
Dahingegen sieht H) Potenzial darin, die Lebensmittelbranche in der Unteren
Altstadt durch Zusammenschlüsse von Läden zu fördern, und zwar im Stil des
„Gourmet Center“ im Kaufhaus Loeb, indem verschiedene kleinere Läden ihre
Waren anbieten würden. Die Idee von H) ist, dass mehrere Läden gemeinsam ein
Lebensmittelgeschäft eröffnen mit einem M ix, der passt. Die Geschäfte könnten
nebeneinander in ihrem Laden ihre Produkte verkaufen und unter den
Brandmauern miteinander verbunden werden.
Weiter ist in Bezug auf die Ladenstruktur bzw. die Steuerung der Nachmieter das
Stadtentwicklungskonzept Bern zu erwähnen, das derzeit in Bearbeitung ist. M it
dem neuen Stadtentwicklungskonzept (STEK) 15 wird aufgezeigt, wie sich die
Stadt Bern mittel- und langfristig räumlich weiterentwickelt. Das STEK 15 baut
auf dem STEK 95 auf, weil dessen Ziele immer noch aktuell sind (B,
Stadtplanungsamt Bern). B): „M an verheiratet die beiden STEKs sozusagen
miteinander“. Das STEK gliedert sich in vier Teilphasen: In der ersten Teilphase
wurde die Stadt positioniert, die Herausforderungen analysiert sowie die räum129
Ergebnisse
lichen und thematischen Handlungsschwerpunkte definiert. In der zweiten
Teilphase wurden die Schwerpunkte im Rahmen von fünf Teilprojekten erarbeitet. Beim ersten Teilprojekt „Zentrum Bern“ ging es um die Positionierung der
Stadt. Das zweite Teilprojekt widmete sich der Siedlungsentwicklung nach innen
und das dritte der Stadterweiterung. Im vierten Teilprojekt wurden die Quartierszentren und -strukturen thematisiert, unter denen auch die Untere Altstadt
positioniert wurde. Im fünften Teilprojekt wurden Strategien für die M obilität und
den Gesamtverkehr entwickelt. M omentan befindet sich das STEK in der
Synthesephase. Deren Ergebnis bildet einen ersten Entwurf des Gesamtkonzepts
STEK 15. In der vierten und letzten Teilphase wird die M itwirkung, Konsolidierung und Genehmigung durch den Gemeinderat stattfinden. Bei allen
Teilphasen werden Organisationen wie BERNcity und die Vereinigten Altstadtleiste mittels Foren miteinbezogen (B, Stadtplanungsamt Bern).
BERNcity merkt am STEK 15 kritisch an, dass die Stadt Bern darin den
wirtschaftlichen Aspekt der Innenstadt vergessen hat. E) kritisiert, dass die Stadt
Bern zu sehr auf den freien M arkt setzt. Nach E) dürfen aber die
Rahmenbedingungen für den Detailhandel nicht vernachlässigt werden: „Die
Stadt Bern muss von dem Gedanken Abstand nehmen, dass die Altstadt ein
Selbstläufer ist.“ Die Anstrengungen, die BERNcity nach E) als einzige
M arketingorganisation der Stadt Bern betreibt, damit die Innenstadt erfolgreich
ist, werden von der Stadt Bern verkannt. E) weist darauf hin, dass die Stadt Bern
weder über ein M arketingkonzept verfügt noch eines im STEK berücksichtigt. B)
argumentiert demgegenüber, dass sich die VAL hauptsächlich an den neuen
Dienstleistungsansiedelungen v.a. im Erdgeschoss stören und dementsprechend
Handlungsbedarf innerhalb des STEKs fordern. Dies kann aber laut B) nicht
Bestandteil des STEKs sein, sondern entspricht eher einer Bauordnungsrevision,
die auch geplant wird. B) führt weiter aus, dass es neben dem STEK viele weitere
Instrumente wie z.B. Quartiersplanungen, Nutzungsplanungen etc. gibt, die viel
feiner in der Regulierung aus gerichtet sind als das STEK. Auch H) merkt an, dass
das STEK zu wenig verbindlich ist. Deshalb braucht es ein Detailhandelskonzept
mit einer verbindlichen Bauordnung als Basis. Dieses Problem wird dadurch
verdeutlicht, dass nach H) die Stadt Bern keine Strategie für den Detailhandel hat
bzw. nicht über ein Detailhandelskonzept verfügt. Dies verdeutlicht der PostParc.
Der Bau des PostParcs und damit die Entstehung von grossen Flächen für den
Detailhandel ist aus Sicht von H) eine kontroverse Entwicklung, wenn versucht
130
Ergebnisse
werden soll, die Altstadt als Einkaufszentrum zu erhalten. B) nimmt dazu Stellung
und erklärt, dass der Einfluss der öffentlichen Hand auf den Detailhandel
beschränkt ist und zum Teil durchaus Detailhandelskonzepte erstellt werden, z.B.
für das Einkaufszentrum Westside. B) ist ausserdem davon überzeugt, dass der
PostParc keine Konkurrenz für die Detailhandels geschäfte der Unteren Altstadt
darstellt, da sich die Angebote stark unterscheiden.
In Bezug auf die geplante Bauordnungsrevision wird die Bauordnung aus dem
Jahr 2006 u.a. hinsichtlich der Erdgeschossnutzung in der Unteren Altstadt
geändert.
Die Bauordnung 2003
wurde im Jahr
2006
revidiert
(B,
Stadtplanungsamt Bern).
B: „Damals war das Ziel, die Artikel der Bauordnung zu verringern bzw.
zusammenzufassen. Dabei wurde dann der Absatz gestrichen, dass die
Erdgeschossnutzung in der Unteren Altstadt eingeschränkt werden sollte.
Den Leisten waren die Konsequenzen damals nicht bewusst. Heute kennt
man diese und möchte den Artikel wieder einführen, was in Planung ist.“
Die Obere Altstadt hat bereits einen solchen Artikel in der Bauordnung, der
festlegt, dass die Erdgeschosse nur für den Warenverkauf oder das Gastgewerbe
zulässig sind. H) sieht in diesem neuen Bauordnungsartikel für die Untere Altstadt
die Gefahr von Leerständen, wenn sich keine Nutzung entsprechend der Vorgabe
in der Bauordnung finden lässt.
B) fügt an, dass beachtet werden muss, dass nicht nur der fehlende Artikel der
Bauordnung der Grund für den Strukturwandel in der Unteren Altstadt ist.
Weitere Gründe sind nach B), dass sich die Konsumentenansprüche sehr markant
veränderten, die Nachfolge nicht geregelt werden konnte, sich die M ietpreise
veränderten und sich die Dienstleistungen der Geschäfte bei den Kunden nicht
durchsetzten konnten, sodass sie schliessen mussten. Weiter gab es gemäss B)
früher viele Antiquitätenläden, die dann zurückgegangen sind. Nachgerückt sind
Kleider- und Schuhgeschäfte mit Lables, die nicht auf das Publikum der
Altstadtbewohner ausgerichtet sind. Zudem stellt B) eine Zunahme im Tourismus
fest. B) empfindet die Anzahl Souvenirshops als zu hoch und sieht die
Tourismusentwicklung in der Unteren Altstadt eher negativ. Da die meisten
Touristen in organisierten Gruppen kommen, ist dies nach B) für die Lebendigkeit
der Altstadt nicht bereichernd, sondern „verstopft“ die Altstadt vielmehr. Jedoch
konstatiert B), dass es viele verschiedene Sichten hinsichtlich des Tourismus gibt
und je nachdem kann dieser positiv oder negativ eingestuft werden. So ist Bern
131
Ergebnisse
aus Sicht von BERNcity keine Tourismusstadt im Vergleich zu anderen
Schweizer Städten. Die heutige Situation ist gut, aber mehr Souvenirshops wären
für die Altstadt nicht förderlich, meint E). Aus der Perspektive des Netzwerks
Altstadt bietet der Tourismus eine Chance für die Erdgeschossnutzung, z.B. für
Schmuckgeschäfte, die insbesondere bei den asiatischen Touristen beliebt sind. So
sieht H) mehr Potenzial darin, den Tourismus anstatt das Kleingewerbe in der
Unteren Altstadt zu fördern, obwohl H) auch festhält, dass der Tourismus nicht
kalkulierbar ist.
A) führt aus, dass eine zweite Änderung der Bauordnung für die Untere Altstadt
vorgesehen ist, mit der die Angebotsmenge an Wohnraum erhöht werden soll.
Dies, indem bei einem Baubewilligungsverfahren kein Gewerbe mehr über dem
ersten Obergeschoss bewilligt werden darf. Damit wird der Artikel, dass die
Nutzung über dem zweiten Vollgeschoss dem Wohnen vorbehalten ist, verschärft
(vgl. 1.5.2). Das würde bedeuten, dass bereits ab dem zweiten Obergeschoss nur
noch die Wohnnutzung zulässig ist. Damit würde auch der „Townhouse“ Charakter wieder aufgelebt werden. Das „Townhouse“ - M odell mit einer
kommerziellen publikumsorientierten Erdgeschossnutzung und der Wohnnutzung
in den oberen Geschossen ist wichtig für die Belebung der Altstadt. Jedoch ist
anzumerken, dass die Büros und Praxen, die sich heute in der Unteren Altstadt
zum Teil in den Obergeschossen befinden, Bestandsgarantie haben (A,
Portfoliomanagement und Recht Stadt Bern).
Um eine vielfältige Wohnstruktur bzw. die Untere Altstadt als Wohnstandort für
verschiedene Nachfragegruppen zu fördern, sieht H) die Stadt Bern als wichtigen
Akteur. Nach H) sollte die Stadt Bern das Wohnen in allen Segmenten fördern
und vermeiden, dass Dienstleistungsbetriebe den Wohnraum einnehmen. Um dem
gerecht zu werden, sagt B), muss die öffentliche Hand mehr Liegenschaften
besitzen, sei es durch Zukäufe von Immobilien oder durch die Umsiedlung der
Verwaltungsgebäude, die dann umgenutzt werden könnten. B) räumt den Fehler
der Stadt Bern ein, in der Vergangenheit mehr Liegenschaften verkauft als gekauft
zu haben.
Zudem ist nach A) bei Sanierungen darauf zu achten, „dass der Ausbaustandard
von Pinselsanierungen, mit denen die Bestandsmieten gehalten werden können bis
hin zu Grundrissänderungen mit M ietpreisanpassungen variiert.“ Eine Durchmischung der M ietpreise kann also erreicht werden, wenn in einem Haus nicht
132
Ergebnisse
alle Wohnungen gleich aus gestattet sind. Dies setzt aber Eigentümer und
Investoren voraus, denen die Amortisation reicht und nicht die Rendite im Fokus
steht. Investoren streben meist bei grossen Anlagen (mind. 12 Wohneinheiten)
eine Durchmischung mit teuren und günstigeren Wohnungen an. In der Altstadt
besteht das Problem, dass es keine solchen grossen Wohnüberbauungen gibt und
die Sanierungen der Bausubstanz teuer sind. Letzteres hatte auch zur Folge, dass
die Stadt Bern in der Unteren Altstadt viele Baurechte abgab. Aufgrund der teuren
Sanierungen der Altstadthäuser ist es kaum möglich, preisgünstigen Wohnraum
im Sinne von Sozialwohnungen zu realisieren (A, Portfoliomanagement und
Recht Stadt Bern). A: „Aber man kann schauen, dass z.B. M ietpreise von 2’000
CHF für 1’500 CHF angeboten werden“. Auch C) erwähnt, dass es enorm teuer
ist, Altbauhäuser zu sanieren, wodurch diese auch kaum Rendite abwerfen. C: „Es
werden nicht viele Eigentümer mit Liegenschaften in der Altstadt reich.“
Im Zusammenhang eines Wohnstandortes für verschiedene Nachfragegruppen
spricht A) auch von einer autofreien Altstadt, die zur Erhöhung der Lebensqualität
beitragen würde. Was das anbelangt, geht H) konkret auf die Postgasse und
Brunngasse ein, die temporär verkehrsfrei gemacht werden könnten. Damit
würden nach H) fehlende Aussenräume ersetzt werden und ein familienfreundlicher Wohnraum würde entstehen.
4.3.3.3
S chritt 3
Aufbauend auf der Nutzungsstrategie ist in einem dritten Schritt der Standort und
seine Angebote zu kommunizieren und zu vermarkten. Dies bedarf wiederum der
Vernetzung bzw. Zusammenarbeit der Akteure. A) erwähnt, dass durch die dichte
Bebauung der Altstadt schon Elemente der Urbanität vorhanden sind, die Altstadt
aber trotzdem auch mit einem M useum assoziiert wird. Daraus kann geschlossen
werden, dass die Untere Altstadt Defizite in der Darstellung eines lebendigen,
urbanen Zentrums aufweist. Vor dem Hintergrund des ständig wachsenden
Standortwettbewerbs ist die Untere Altstadt demzufolge neu zu positionieren. Als
„Filetstück“ der Stadt Bern bietet die Untere Altstadt noch ungenutztes Potenzial.
133
Diskussion und Schlussfolgerungen
5
Diskussion und Schlussfolgerungen
Im letzten Kapitel werden die wichtigsten Ergebnisse aus den empirischen
Erhebungen und der Theorie hervorgehoben und diskutiert, um die forschungsleitende Fragestellung „Welche Strukturveränderungen lassen sich in der
Kramgasse in den Bereichen Detailhandel und Wohnen in Bezug auf die
Nutzungsvielfalt seit dem Jahr 2000 feststellen und welche Handlungsempfehlungen können davon für die zukünftige Quartiersentwicklung abgeleitet
werden?“ abschliessend zu beantworten. Die Diskussion der Ergebnisse erfolgt
u.a. mittels einer Gegenüberstellung der Ergebnisse mit der geschilderten
Problemwahrnehmung des Kramgassleists (vgl. 1.1).
In der Unteren Altstadt Bern sind sowohl handelsendogene als auch –exogene
Veränderungen feststellbar, die generell als Ursachen für den Strukturwandel im
Detailhandel gelten.
5.1
Handelsendogene Strukturveränderungen
Es wurde festgestellt, dass sich die Nachmieterstruktur seit dem Jahr 2000
veränderte und ein Ladensterben in der Kramgasse zu erkennen ist. Aufgrund des
Rückgangs der inhabergeführten Geschäfte nimmt die „Lädeli“ - Struktur
zunehmend ab. Die Gründe für den Verlust des „Lädeli“ - Charakters sind
vielschichtig. Einerseits sind steigende M ietpreise bzw. hohe Renditeerwartungen
der Liegenschaftseigentümer dafür verantwortlich, sodass finanzstarke Akteure
ihre Vormachtstellung ausweiten können. Andererseits gibt die Konkurrenz von
neueren Betriebsformen wie z.B. Discounter oder „E-Commerce“, der inhabergeführte Geschäfte oftmals nicht Stand halten können, Anlass zur Schliessung.
Das Ladensterben in der Kramgasse ist überdies als Konsequenz der veränderten
Kundenbedürfnissen anzusehen, die zum Teil nicht mehr von den Geschäften
befriedigt wurden. Eine weitere Ursache dafür kann altersbedingt sein, wenn bei
einem Generationswechsel keine Nachfolge gefunden werden kann. Die
Problemsicht des Kramgassleists kann damit relativiert werden. Denn das
„Lädelisterben“ ist nicht nur extern durch steigenden M ietzinse verursacht. Die
Gründe sind auch endogen veranlasst, wenn bspw. das Warenangebot nicht an die
Kundenbedürfnisse angepasst wird oder die Nachfolge eines Geschäfts nicht
geregelt werden kann.
134
Diskussion und Schlussfolgerungen
Die Nachmieterstruktur wird immer häufiger von finanzstarken Akteuren zu
Lasten von inhabergeführten Geschäften dominiert. Letztere werden vorwiegend
durch Dienstleistungsbetriebe wie Banken und Vermögensverwaltungen oder
durch Filialketten ersetzt. Dieser Prozess wurde bereits vom Kramgassleist
erkannt und durch die vorliegende Studie validiert. Filialbetriebe deuten auf
strukturelle Veränderungen in der Organisationsform hin, also auf den Wandel
von Einzelbetriebsunternehmen zu M ehrbetriebsunternehmen. Demzufolge setzte
eine Filialisierungstendenz in der Kramgasse ein und die vom Kramgassleist als
problematisch angesehene Filialisierung lässt sich bestätigen. Dennoch liegt der
Filialisierungs grad von 35.6% in der Kramgasse unter dem städtischen Durchschnitt. Die Filialisierung führt aber dazu, dass die Geschäfte zunehmend
anonymer werden, weil es sich bei den Nachfolgenutzungen meistens um externe
Unternehmen handelt, deren Geschäftsinhaber nicht mehr unbedingt selbst im
Laden arbeiten. Dadurch nehmen der Bezug und das Interesse der Geschäfte zur
Altstadt ab. Die Untere Altstadt wird zunehmend fremdbestimmt. Dies ist auch
ein Grund für eine mangelnde Zusammenarbeit der Geschäfte untereinander. Die
Ergebnisse der Umfrage zeigen, dass die Geschäfte bisher kaum zusammenarbeiteten, die Bereitschaft für eine vermehrte Zusammenarbeit aber vorhanden
wäre.
Durch die Veränderung der Nachmieterstruktur hat sich auch der Branchenmix
verändert. So wurde festgestellt, dass die Geschäftsschliessungen v.a. die
Lebensmittelbranche betraf, die heute im Branchenmix sowohl von den
Geschäften als auch von den Bewohnern als untervertreten wahrgenommen wird.
Nachgerückt sind in erster Linie Geschäfte der Bekleidungs- und Schuhbranche.
Diese Branche ging aus der Umfrage als übervertreten in der Nutzungsvielfalt
hervor. Damit lässt sich der Trend zu einer Textilisierung erkennen wie er auch
vom Kramgassleist beobachtet wurde. Ebenso wird ein Überhandnehmen von
Geschäften der Tourismusbranche attestiert. Der Branchemix basiert auf einem
komplexen Zusammenspiel verschiedener Interessen. Dieser stellt sich nicht allein
durch die M ietkonditionen am entsprechenden Ort ein, sondern ist z.B. auch von
der Nachfrage der Konsumenten abhängig. So geht es nicht darum, möglichst
viele Branchen vor Ort zu haben, sondern die Branchen müssen auch aus Sicht der
Kunden zueinander passen.
135
Diskussion und Schlussfolgerungen
5.2
Handelsexogene Strukturveränderungen
Handelsexogene Strukturveränderungen betreffen zum einen die Nachfrage- und
zum anderen die Planungsseite. Unter dem Aspekt der Nachfrage haben sich die
Konsumenten selbst und deren Ansprüche generell markant verändert, was
gleichfalls auf die Untere Altstadt Bern zutrifft. Die Kunden wurden z.B. mobiler,
wodurch sie nicht mehr an den Detailhandel in der Innenstadt gebunden sind.
Einen Bedeutungs gewinn erfuhren hybride Verhaltensweisen bzw. Bedürfnisse.
So verhalten sich die Verbraucher oft ambivalent, da sie von einer Preissensibilität und zugleich von einer Qualitätsausrichtung mit hoher Ausgabebereitschaft geprägt sind. Ausserdem dient der Konsum nicht mehr nur zur
Versorgung, sondern gleichzeitig auch zur Freizeitgestaltung.
Die Umfrageergebnisse weisen daraufhin, dass eine Veränderung in der
Kundenzusammensetzung stattfand. So gingen hauptsächlich qualitätsbewusste
Kunden und Touristen als neuere Kundengruppen hervor. Zudem konnte durch
die Umfrage festgestellt werden, dass die Geschäfte vorwiegend Stammkunden
zählen. Dieses Ergebnis widerspricht der Annahme des Kramgassleists, dass sich
die Finanzdienstleister hinsichtlich der geringen Laufkundschaft negativ auf die
unabhängigen Detailhandels geschäfte auswirken. Denn der grösste Anteil der
Kundschaft machen die Stamm- und nicht die Laufkunden aus.
Veränderungen, die raumplanerisch bzw. politisch begründet sind, stellen in der
Kramgasse bzw. in der Unteren Altstadt v.a. die Veränderung des Verkehrs- und
Parkplatzregimes dar. In diesem Zusammenhang wird die automobile Erreichbarkeit für den motorisierten Verkehr sowie die Parkplatzsituation von den
Detailhändlern der Kramgasse als grosses M anko in Bezug auf die Standortzufriedenheit betrachtet.
5.3
Strukturveränderungen im Bereich Wohnen
Die Bewohner in der Kramgasse klagen ebenfalls über die mangelnden
Parkmöglichkeiten. Hinsichtlich der Veränderung der Wohnumgebung seit dem
Jahr 2000 wirkte sich der Strukturwandel nach Aussagen der Kramgassbewohner
sowohl positiv als auch negativ aus. Verbessert haben sich nach Angaben der
befragten Haushalte das gastronomische und kulturelle Angebot sowie die
Ausgehmöglichkeiten.
Verschlechterungen
136
werden
vorwiegend
bezüglich
Diskussion und Schlussfolgerungen
Sauberkeit, insbesondere an den Wochenenden und an Events, und betreffend
Lärm tagsüber durch Strassenmusik sowie den Busverkehr und nachts durch
M usik von Bars und „Nachtschwärmern“ akzentuiert. Diese Schwächen
konstituieren typische Nutzungskonflikte. Der Nutzungskonflikt zwischen der
Wohnnutzung und dem Prostitutionsgewerbe, der vom Kramgassleist als
zunehmend problematisch begriffen wird, konnte weder in der Umfrage noch
durch die Experten bekräftigt werden.
Wie bei den Geschäften wird auch die Wohnstruktur zunehmend durch
renditeorientierte Eigentümer gesteuert. Indem immer mehr Häuser an Investoren
wie Pensionskassen, Banken oder Versicherungen verkauft werden, wird das
Wohnumfeld zunehmend anonymer und fremdbestimmter. Dadurch wird der
familiäre, lebendige Charakter geschmälert und somit auch die Nutzungsvielfalt.
Eine weitere Folge der Unteren Altstadt als Investitionsort ist die Angliederung
der M ietpreise im Hochpreissegment. Aufgrund dessen haben es Personen mit
einem niedrigen Einkommen schwer, Wohnraum in der Unteren Altstadt zu
finden. Die Wohnungsdurchmischung und damit auch die Urbanität bzw.
Nutzungsvielfalt werden demgemäss beeinträchtigt. Dieses Problem wurde vom
Kramgassleist bereits erkannt. Demgegenüber konnte aber auch festgestellt
werden, dass die hohen M ieten nicht nur negative, sondern auch positive
Auswirkungen haben. Denn hohe M ietpreise sind auch ein Qualitätsmerkmal für
die Untere Altstadt. Es konnte die Erkenntnis gewonnen werden, dass es viele
Bewohner als Prestige ansehen, in der Unteren Altstadt zu wohnen und sich dafür
auch in Sachen Instandhaltung und Pflege der Liegenschaften und Gassen
engagieren. Dadurch stellen solche Bewohner einen M ehrwert für die Untere
Altstadt dar.
In Bezug auf den Nutzungsmix wirkt sich ebenso der Rückgang des
„Townhouse“.- Charakters aus. So sind die oberen Stockwerke in den Altstadthäusern durchaus beliebt für Büros oder Praxen, was sich negativ auf die hohe
Nachfrage nach Wohnraum auswirkt.
5.4
Handlungsempfehlungen
Die Untere Altstadt zeichnet sich durch ihre grosse Vielfalt an spezialisierten
Angeboten, ihre starke M ischnutzung und ihr historisch geprägtes Flair aus.
Damit dies so bleibt, muss der Strukturwandel gemeinsam angegangen werden.
137
Diskussion und Schlussfolgerungen
Eine Gasse allein kann den Strukturwandel nicht bewerkstelligen. Die Stärken
und Potenziale des Untersuchungsgebiets können nur in einer gemeinsamen
Kraftanstrengung aller Akteure genutzt werden, um dem Strukturwandel zu
begegnen. Unter M oderation der Leiste und Beihilfe der Stadt Bern sollten die
Eigentümer, Geschäftsbetreibende, M ieter und Experten gemeinsame Zielvorstellungen und Verantwortlichkeiten entwickeln, die in einem Nutzungskonzept
für das Quartier münden. Darin sind Nutzungen wie das Wohnen, der
Detailhandel, Dienstleistungen, der Tourismus, die Gastronomie etc. zu definieren
und auch Nutzungskonflikte zu lösen wie z.B. die Probleme der Bewohner mit der
mangelnden Sauberkeit und der Lärmbelastung. Eine wichtige Erkenntnis ist also,
dass die Zusammenarbeit und die Vernetzung zwischen den verschiedenen
Akteuren unabdingbar ist, um die Urbanität und den Nutzungsmix in der Unteren
Altstadt zu erhalten bzw. zu fördern. Es wurde festgestellt, dass der Strukturwandel unterschiedlich wahrgenommen und beurteilt wird. So unterscheidet sich
teilweise auch die Sicht des Kramgassleists von der Innensicht der vom
Strukturwandel Direktbetroffenen als auch von der Aussensicht der Experten.
Entsprechend ist es schwierig, gemeinsam eine Perspektive bzw. Nutzungsstrategien zu entwickeln. Vor diesem Hintergrund ist es unabdingbar, dass ein
Dialog und Austausch zwischen den Akteuren stattfindet.
Besonders die Einbindung der Immobilieneigentümer ist eine unerlässliche
M assnahme, damit das Quartier gleichermassen ein Wohn- und Geschäftsquartier
bleibt. Denn die Wahl der M ieter liegt in der Kompetenz der Liegenschaftsbesitzer. Deshalb sind die Hauseigentümer in die Verantwortung zu
nehmen, die allzu oft nur auf Rendite setzen. Dies, damit die Angebotsvielfalt der
Geschäfte und Anwohnerschaft gesichert werden kann, von der das Quartier lebt.
Den Schwerpunkt für den Erhalt der Standortattraktivität bildet daher die
Sensibilisierung der Eigentümer. Die Sensibilisierung kann durch klassisches
Vorgehen wie Architektur- oder Stadtplanungsforen sowie Podiumsdiskussionen
erfolgen. Da diese auf Freiwilligkeit beruhen, wird es schwierig sein, alle
Eigentümer auf diese Weise zu erreichen. In Anbetracht dessen könnte ein Preis,
wie er in Luzern vorgesehen ist, erfolgreicher sein. Ein solcher, der Vermieter
belohnt, die auf eine M aximierung der M ieteinnahmen verzichten. Für den Erhalt
der Nutzungsvielfalt des Standorts könnte dieses Vorhaben auch in Bern
erfolgsversprechend sein, um eine Diskussion über eine nachhaltige Sicherung der
Lokalitätenvielfalt anzuregen.
138
Diskussion und Schlussfolgerungen
Weitere wichtige Voraussetzungen dafür sind Offenheit und ein gewisser
Haltungswandel. So sollte nicht im Alten verharrt werden, sondern es sollten die
Potenziale gezielt ausgeschöpft werden. Geschäfte müssten vermehrt zusammenarbeiten und sich neue Geschäftsmodelle überlegen. Um z.B. die Nahversorgungssituation zu verbessern, sind innovative und auf die Bedürfnisse der
Konsumenten angepasste Ladenformate nötig, die auch der Individualität des
Standorts gerecht werden. Diesbezüglich könnte in der Unteren Altstadt z.B. das
Potenzial der Bereitschaft für eine vermehrte Zusammenarbeit genutzt werden,
indem sich bspw. mehrere Läden zusammenschliessen und gemeinsam ein
Lebensmittelgeschäft mit einem attraktiven Produktemix eröffnen.
Die Zusammenarbeit sollte auch zur Nachbarschaft gesucht werden. Gerade die
Seitengassen der Unteren Altstadt verfügen über eine intakte „Lädeli“ - Struktur.
Ferner können auch regionale und schweizweite Vernetzungen helfen, um zu
erfahren, wie andere Städte mit den Strukturwandelprozessen umgehen. Ausserdem können Para-Läden für die Sicherung des „Lädeli“ - Charakters helfen. Auch
könnte die Entwicklung der Nachmieter durch Anpassungen in der Bauordnung
seitens der Stadt Bern gesteuert werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass
professionelle Nachfolgeberatungen von Traditions geschäften in Anspruch
genommen werden könnten, damit diese bei Generationenwechsel weiterhin
bestehen bleiben können.
Da die vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen auf Freiwilligkeit der Akteure
beruhen, sind diese dem „Trittbrettfahrerproblem“ ausgesetzt. Dieses könnte
durch Ansätze wie BIDs bzw. HIDs gelöst werden, mit denen im Rahmen von
Pflichtgemeinschaften Ideen von den Gewerbetreibenden und Grundeigentümern
zur Stärkung der Angebotsvielfalt und Standortqualität innerstädtischer Quartiere
entwickelt und umgesetzt werden.
Ein weiterer wesentlicher Schritt für die zukünftige Quartiersentwicklung bildet
ein Altstadt-M arketing. Denn die Untere Altstadt verfügt über komparative
Vorteile gegenüber der Oberen Altstadt, die es besser hervorzuheben gilt. So
sollte z.B. mehr Gewicht auf dem Einkaufserlebnis der Unteren Altstadt und
deren Urbanität gesetzt werden.
139
Diskussion und Schlussfolgerungen
5.5
Fazit und Ausblick
Allgemein kann festgehalten werden, dass es sich bei der Unteren Altstadt Bern
keineswegs um einen dem Untergang geweihten Detailhandelsstandort handelt,
sondern vielmehr um einen eindeutigen „M ehrwertbringer“ für die gesamte Stadt,
v.a. vor dem Hintergrund des sich abgrenzenden Angebots zur Oberen Altstadt.
Der Detailhandel in der Unteren Altstadt erweist sich daher durchaus als
zukunftsträchtig und leistet einen wichtigen Beitrag zur Attraktivität der
Innenstadt, indem durch die spezifische Detailhandelslandschaft der Unteren
Altstadt ein Alleinstellungspotenzial geboten wird. Die Befürchtung des Kramgassleists, dass die Obere Altstadt die kommerzielle Entwicklung der Unteren
Altstadt negativ beeinflusst, kann somit entkräftet werden. Es konnte weder eine
eindeutige Abnahme der Kundenfrequenz noch eine Verschlechterung der
Geschäftsergebnisse seit dem Jahr 2000 festgestellt werden. Die Bedeutung der
Unteren Altstadt als Detailhandelsort ist also nach wie vor gegeben. Von einem
Attraktivitätsverlust oder „trading-down“ kann nicht gesprochen werden. Im
Gegenteil, das Quartier verfügt über viele Stärken und Potenziale, die dem
Quartier eine einmalige Gesamtattraktivität verleihen. Voraussetzung dafür ist
eine lebendige Urbanität, die durch M ultifunktionalität und kleinräumige M ischnutzungen erreicht wird. So ist davon auszugehen, dass die Untere Altstadt auch
weiterhin bevorzugte Lage für Boutiquen ausserhalb des „M ainstreams“ bleibt.
Zwar ist der Strukturwandel noch nicht abgeschlossen, doch lässt sich heute die
Entwicklung erkennen und es kann entsprechend gehandelt werden. Dabei ist
wichtig, dass sich die Akteure zusammenschliessen und den Standort gemeinsam
entwickeln, um die Standortqualität für Geschäfte wie Anwohner aufrechtzuerhalten. Hierbei ist es wichtig, das grosse Ganze im Fokus zu haben und über
den eigenen „Tellerrand“ zu schauen.
Es ist wahrscheinlich, dass die Hauptgassen der Innenstädte mit ihrer hohen
Lagegüte und steigenden M ietpreisen noch stärker zum Reich von Filialketten
werden. Denn die Zahlungsbereitschaft für Visibilität und Prestige ist gestiegen.
Diese Entwicklung suggeriert eine räumliche Ausdifferenzierung des Einkaufens
in der Stadt, indem die unabhängigen inhabergeführten Geschäfte noch mehr in
die Nebengassen ausweichen. Damit werden die Bedeutung und die Attraktivität
des „Quartiershopping“ zunehmen. Der stationäre Handel wird also in Zukunft
auch von Bedeutung sein, denn diesen wird kein Online-Shop oder Einkaufscenter
140
Diskussion und Schlussfolgerungen
auf der „grünen Wiese“ ersetzen können. Dennoch werden der Onlinehandel und
damit verbunden insbesondere der Einkaufstourismus durch die Aufhebung des
Euro-M indestkurses neuen Aufwind erhalten und so die Rolle des stationären
Handels verändern. Deshalb ist der stationäre Handel gefordert, innovativ zu sein
und seine Produkte neu zu inszenieren.
In Bezug auf den Wohnort Untere Altstadt wurde aufgezeigt, dass verschiedene
Wohnbedürfnisse nicht umfassend gedeckt werden. Trotzdem ist die Untere
Altstadt ein sehr beliebter Wohnort. Die Nachfrage nach urbanem Wohnen ist
enorm. Dieser Trend wird sich sicherlich weiterhin fortsetzen.
5.6
Beitrag und Grenzen der Untersuchung
Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zum Verständnis und zur Erklärung
des Strukturwandels in einem bislang wenig erforschten altstadtspezifischen
Kontext von Schweizer Innenstädten. So stellt diese Studie eine Ergänzung für die
Literatur hinsichtlich der räumlichen Spezifität der Untersuchung auf der
Quartiersebene und in Bezug auf den gelegten Fokus auf eine Nebengeschäftslage
dar. Es konnte gezeigt werden, welche Trends bzw. Strukturveränderungen in der
Unteren Altstadt im Bereich Detailhandel und Wohnen seit dem Jahr 2000 zu
verzeichnen sind und wie sich diese auf die Nutzungsvielfalt auswirken.
Da sich die Ergebnisse auf eine innenstädtische Quartiersebene beziehen,
unterscheidet sich die vorliegende Arbeit auch von den anderen Arbeiten, die zu
diesem Themenbereich bereits am Geographischen Institut der Universität Bern
entstanden (vgl. 1.2). Denn das Ziel war nicht wie bei den anderen Arbeiten eine
flächendeckende- oder multifunktionale Datensammlung, sondern eine kleinräumige und auf zwei Bereiche fokussierte Erkenntnisgewinnung.
Für die Literatur kann zudem die Erkenntnis gewonnen werden, dass nicht nur
strukturschwache Ortszentren bzw. Stadtteile, sondern auch innerstädtische
Quartiere mit Zentrumsfunktionen mit vielfältigen durch einen Strukturwandel
verursachten Herausforderungen konfrontiert sind. Der Stand der Fachliteratur
zum Strukturwandel in Innenstädten und Ortszentren wurde gebündelt und die
darin viel zitierten Trends wie Filialisierung, Textilisierung, Finanzialisierung etc.
konnten in der Unteren Altstadt Bern auch nachgewiesen werden. Allerdings
führen diese Prozesse in der Unteren Altstadt Bern nicht zu einem
Attraktivitätsverlust bzw. „trading-down“. Dies widerspricht den bisherigen
141
Diskussion und Schlussfolgerungen
Erkenntnissen aus der Literatur, in der das Phänomen „Strukturwandel“ eher
negativ gewertet wird. Strukturwandel ist daher ortspezifisch und situativ
individuell zu beurteilen.
Da die letzte Untersuchung in der Berner Innenstadt über den Detailhandel sieben
Jahre und über die Wohnsituation acht Jahre zurückliegt, bietet die vorliegende
Studie dazu eine aktuelle Bestandsaufnahme. Im Gegensatz zu den bisherigen
Studien zu dieser Thematik wurden die Eigenschaften des Strukturwandels in der
Unteren Altstadt Bern anhand von Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren
analysiert und daraus Handlungsempfehlungen
abgeleitet, wie mit dem
Strukturwandel umgegangen werden sollte. Infolgedessen wird auch die
diesbezügliche fachliche Diskussion, die sich v.a. mit neuen Ansätze wie dem
BID- bzw. HID-Ansatz und „Neighbourhood Branding“ auseinandersetzt, um
konkrete altstadtspezifische Handlungsvorschläge ergänzt. Dadurch dass Handlungsempfehlungen bestimmt wurden, liefert die Arbeit auch einen Beitrag für die
zukünftige Quartiersentwicklung. Sie bildet die Grundlage für strategische
Entscheide, wie sich das Quartier im Hinblick auf den Erhalt und die Förderung
des Nutzungsmix bzw. der Urbanität weiterentwickeln könnte.
Da es sich bei der Arbeit um eine altstadtspezifische Analyse handelt und keine
weiteren Fallstudien herangezogen wurden, sind nur bedingt Verallgemeinerungen über die Untere Altstadt Bern hinaus möglich. Die Arbeit erhebt nur
Anspruch für Handlungsvorschläge für die Untere Altstadt Bern. Diese sind nicht
auf andere Städte 1:1 übertragbar. Dennoch bietet die Arbeit eine breite Fülle an
Empfehlungen, die zur Orientierung auch für andere Innenstädte oder Ortszentren
nützlich sein können.
Da der Fokus der Untersuchung auf die Kramgasse gelegt wurde, wäre es für
weitere Forschungsarbeiten konstruktiv, die Seitengassen in den Fokus zu
nehmen. Ausserdem wurde der Ansatz auf die Geschäfts- und Wohnnutzung
beschränkt. Um einen „Overall“-Ansatz zu erhalten, wären weitere Studien mit
einer
Akteursausweitung erforderlich,
sodass
auch
die Dienstleistungs-,
Gastronomie- und Tourismusnutzung abgedeckt wäre.
Es wurde festgestellt, dass die Hauseigentümer als Hauptakteure gelten, weil sie
die grössten Einflussmöglichkeiten auf die Strukturveränderung haben. Deshalb
wäre es für die Arbeit ergiebig gewesen, diese ebenfalls zu befragen. Weiter wäre
142
Diskussion und Schlussfolgerungen
die Sicht der Konsumenten spannend, die ebenfalls in einer Umfrage einbezogen
werden könnten.
Aufbauend auf diese Arbeit wäre es sinnvoll, eine Bestandsaufnahme vorzunehmen, die zeigen soll, welche Besitz- und Interessenverhältnisse der
Eigentümer in der Unteren Altstadt vorliegen.
Um die Entwicklung der Nachmieterstruktur zu steuern, wäre überdies ein
M onitoring über den Branchenmix nützlich, das die Wechsel aufzeigt und festhält,
mit denen Trends bei den Nachmietern konkret ersichtlich werden würden.
Diesbezüglich wäre auch erwägenswert zu untersuchen, wie sich
die
Bauordnungsanpassung mit dem zusätzlichen Artikel zur Erdgeschossnutzung auf
die Nachmieterstruktur auswirkt und ob sie sich bewährt.
Weiter wäre es interessant, das Thema „Urbanität“ näher zu untersuchen.
Offensichtlich beinhaltet die Untere Altstadt durch ihre sehr dichte Bebauung und
Nutzungsvielfalt Elemente der Urbanität, obschon sie mit ihrer historischen
Ausprägung einen „M useums-“ oder „mittelalterlichen“ Charakter inne hat.
Deshalb könnte untersucht werden, inwieweit Urbanität in der Altstadt schon
gegeben ist, bzw. was die Untere Altstadt an urbanen Lebensweisen bietet, und ob
es verschiedene Formen der Urbanität gibt.
Für das Schlusswort der M asterarbeit eignet sich ein Zitat des Berner
Stadtpräsidenten Tschäppät (2008:6): „Gassen sind wie M enschen. Sie verändern
ihr Gesicht, erleben gute und weniger gute Zeiten. Die Kramgasse ist ein
Sonnenkind.“
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2015-06-24).
152
Anhang
Anhang A
Fragebogen Detailhandel
W issen scha ftl i ch e Um f rag e zu m St r ukt ur w and el in der Unt er en Alt st ad t
M ast er ar be it Ge ogr ap hi sches I nst it ut de r Un ive rsit ät Ber n
Se hr g ee hrte G esch äftsi n hab er In ne n un d Ge schä ftsfüh rer In ne n an d er Kra mg asse
Im Rah me n me in er Maste rarb ei t am Geo gra phi sch en Insti tu t d er Un i ver sitä t Be rn fü hre i ch e in e Befra gu ng zu m Th em a „ Str ukt urw an del
i n de r Unte ren Al tsta dt“ am Be i spi el der Kra mg asse d urch . Di ese e rfo lg t in Z u sam me nar bei t mi t de m Kra mga ssl ei st, d er seh r an d er
Ana ly se de s Stru ktu rwa nd el s i n tere ssie rt ist . Auch d ie Ve rei n ig ten Al tsta dtl ei ste h abe n gro sses Inte resse a n de n Erg eb ni ssen d er
Un tersu chu ng u nd un ter stütze n di ese U mfr age .
Z i el d i eser Bef rag ung i st, In for ma tio ne n vo n Ih ne n au s e rster H and zu bek om me n, wi e si ch de r Deta i lh and el sei t de m Ja hr 2 000
en tw ick el te u nd w i e sich d i e Unt ere Al tstad t di esb ezüg l ich i n d en n ächst en Jah ren w ei te ren tw ick el n kö nn te. D ab ei so l l be son der s d ie
Qu al i tät de r Unte ren Al tsta dt al s sozi ok ul tur el l d urch mi schte , l eb en di ge, att rak tiv e un d vi el fä lt ig e Wo hn - , Arbe its- , Ei n kau fs- un d
Ausg eh zo ne e rha l ten u nd v erb esser t w er den .
Ihr Mitw i rken ist en tsche id en d, u m de n St ruk turw an de l und di e En tw ickl un gsp ersp ekti ve n Ihr es Ge sch äftsu mfel d s korr ekt d ar st ell en zu
kö nn en. De shal b b itt e ich Si e, den vor li eg end en Fra geb og en in ner ha lb e in er W och e au szu fül le n. In ei ne r Woch e w erd e i ch de n
Fra geb og en w i ed er b ei Ih nen ab hol e n. Al te rna ti v kö nn en Sie a uch an d er On li n e-Um fra ge u nte r fol ge nd em Lin k te il ne hm en :
ht tps://ww w.um frag eo nlin e.ch/s/ce7 d6 9a
Fal l s Si e Mi tg li e d de s Kra mg assl ei stes si nd , er hal te n Si e di e O nl in e-U mfra ge p er E-Ma il . Ih re Mai l adre sse er hi el t ich v om Kr am gassl e ist,
sow e it vo rha nd en . Di ese w i rd n ich t we it erve rw en det .
De r Ze it auf wa nd fü rs Au sfül l en b etr ägt ca . 25 -35 Mi nu ten .
Un ter al l en Ei nsen du nge n w erd en d rei Be rnCi ty -Ei nk auf sgut sch ei ne im Wer t v on j e 1 00 CHF ve rl ost.
Selb stve rstän dl ich we rd en Ihr e Ang ab en ve rtr aul ic h be ha nd el t un d bl ei be n an on ym, so da ss kei ne Mö gl ich kei t be steh t, Rü ckschl üsse auf
ei n zel ne Perso ne n zu zi eh en .
Bitt e le sen Sie d ie Frag en sorg fäl tig du rch u nd b ea ntw ort en Sie si e w ah rhe itsg etr eu. Bei ei ni ge n Antw or ten si nd meh rer e Ant wor ten m ögl i ch.
Bei all fäl li ge n Rück frag en u nd Unkl ar he ite n steh e i ch Ihn en g ern e zur Ve rfüg un g (T el .: 07 9 9 48 0 4 0 3, E-Mai l: j ea nvi e@stud en ts.un ib e.ch ).
Für Ihr e Unte rstü tzun g dan ke Ich Ihn en b ere it s i m Vo rau s.
Fre und l ich e Grü sse
Jea nti ne Vi eb rock
153
Anhang
154
Anhang
Fal l s "j a" , be an tw ort en Si e b itt e di e Frag en Nr. 9 u nd N r. 1 0, a nso nste n k ön ne n Sie di es e Fra ge n üb er spri n ge n.
9.
W ie v ie le w eit e re Ge s chä f t e be tr e ibe n Sie?
An zahl w eit ere Gesch äft e
i n d er U nte re n Al tsta dt:
i n d er Sta dt Ber n:
i n d er Schw e iz :
i m Au sl an d:
10 .
H a nde lt e s sic h be i Ihr e n w e ite r e n G e sc hä ft e n um Filia le n de r s elbe n B ra nc he ?
ja
n ei n
t ei l w ei se
Fra g e z ur W ir ts cha ft li ch k e i t Ih re s G e sc hä fts
11 .
W ie ha t sic h Ihr G e sc hä ft se r ge bnis s e it de m Ja hr 2 00 0 e nt w ic k e lt ?
Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h Ihr G e sc hä ft se r ge bnis s e ithe r
e nt w ick e lt?
se h r ve rschl e chte rt
v er schl e chte rt
g l ei ch g eb l ie be n
v er be sser t
se h r ve rbe sser t
w e i ss n i cht
Fal l s "se hr v er schl ec hte rt" , " ve rsch l ech te rt" , " ve rbe sse rt" o de r " seh r ve rbe sse rt" , b ea ntw o rte n Si e bi tte d i e Fra ge Nr. 12 , a nso ns ten
kö nn en Si e d ie se Fra g e üb er spri n ge n.
12 .
W or in se he n Sie die G ründe f ür die se Ent w ick lung Ihr e s Ge s chä f t se r ge bnis se s ?
Fra g e n zur zuk ün fti ge n E ntw i ck l un g I hr e s Ge sch ä fts
13 .
W ie s chä t ze n Sie die Pe r s pek t ive n f ür Ihr G e sc hä ft e in?
e he r sch le cht er a ls h eu te
e he r gl e ic h w ie he ute
e he r be sse r al s he ute
w e i ss n i cht
Fal l s "e he r schl e chte r al s h eu te" od er " eh er b es ser a ls h eu te" , be an tw ort en Si e bi tt e di e Frag e Nr . 1 4, an son ste n kö n ne n Si e d i ese Frag e
üb ersp ri ng en .
3
155
Anhang
14 .
W a rum se h e n Sie die Pe r s pe k tiv e n Ihr e s Ge s c hä ft s pe ss im ist isc h ode r opt im is t isc h?
Fr a ge n z u I hr e n Kund e n
15 .
W ie vie le K unde n ha t Ihr Ge sc hä f t unge fä hr ...
... an ei ne m du rch schn i ttl i ch en W e rk tag ?
16 .
Anza hl Ku nd en
W ie vie le K unde n ha t Ihr Ge sc hä f t unge fä hr ...
... an ei ne m Sa m stag ?
17 .
Anza h l Ku nd en
W ie hoch is t unge f ä hr de r A nt e il de r K ä ufe r Inne n a n Ihr e n Be s uc he rI nne n?
Bit t e s c hät ze n Si e die An tei le, s o das s s ie z us am m en i n der Sum m e 1 00% ergeben .
%
Ant ei l Kä u fer In n en :
Ant ei l N i cht -Käu fe rInn en :
18 .
W ie se t z t sich Ihr e Kunds cha f t unge f ä hr zus a m m e n?
Bit t e s c hät ze n Si e die An tei le, s o das s s ie z us am m en i n der Sum m e 1 00% ergeben .
%
Ant ei l Sta m m k u nd en :
Ant ei l L au fku n de n:
4
156
Anhang
157
Anhang
20 .
W ie w ic htig is t I hne n die je w e ilige Kunde ngr uppe a ls Zie lgruppe für Ihr G e sc hä ft ?
sehr
un wich t i g
u nw ich t ig
egal
w icht ig
seh r wi cht i g
w eiss n ich t
Al t st ad t be w oh ne rI nn en
Ku nd en au s de r Um ge bu ng
T ag es au sf l üg le r
T ou ri st e n
Ku nd en au sl än di sch er H erk un f t
W e ib l ich e Ku nd en
M ä nn l ich e Ku nd en
Ju ng e Kun de n ( un t er 1 9 Jah re )
Ku nd en m i t t le re n Al t ers ( 20 -39
Ja hre )
Ku nd en rei f e re n Al t er s ( 40 -64 Ja hr e)
Äl t e re Ku nd en (üb er 6 5 Jah re )
Be sse r Ve rd ie ne n de
Q ua l it ät sb ew u sst e
U m w e l t be w usst e
M o de be w usst e
Pre isb ew u sst e
Schn ä pp che nj äg e r
a nd er e:
21 .
H a t sic h die Zusa m m e ns e tz ung Ihr e r Kunds cha f t s e it de m Ja hr 2 0 0 0 ge ä nde rt ?
Fa lls da s G ründungs ja hr I hr e s G e sc hä ft s jünge r a ls das Ja hr 2 0 0 0 is t, ha t s ich die Zus a m m e nse t z ung Ihr er
Kunds cha f t se it he r ge ä nde r t ?
ja , e i n w en i g
ja , se hr s t ark
ne in
Fal l s "j a ", be an t w or t en Si e b i t t e d i e Fra ge n Nr . 2 2 un d N r. 2 3, a nso nst e n k ön ne n Sie di e se Fra ge n ü be rspr in ge n .
22 .
In w e lche R ic htung ha t s ich die Zus a m m e nse t z ung Ihr e r K undsc ha ft ge ä nde r t?
B it te nennen Sie die Kun dengruppen , di e an B edeut ung gew annen.
6
158
Anhang
23 .
In w e lc he Ric htung ha t s ic h die Zusa m m e nse t zung Ihr e r Kunds cha f t geä nde r t ?
B it te nennen Sie di e Kunde ngruppen, die an B edeut ung v er loren.
24 .
W ie ha t sic h die Anz ahl I hre r Kunde n s e it de m Ja hr 2 0 0 0 ve r ä nde rt ?
Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h die Anz a hl Ihre r Kunde n s e ithe r
v er ä nde r t?
st ark ge sun ke n
g es un ke n
g l ei ch g eb l ie be n
e rh öh t
st ark erh öh t
w e i ss n i cht
Fra g e n zum St a ndor t
25 .
Se it w e lche m Jahr is t I hr G e s chä f t a n die s e m St a ndort a ns äs s ig?
Sei t de m Ja hr:
26 .
W a s t rif ft a uf Ihr G e sc hä ft z u?
Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ne ug rü nd un g e in es Ein ze lb et ri eb s.
Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ne ug rü nd un g e in es Me hrb et rie bs b zw . Erö ffnu ng ei n er Fi l ia l e.
Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ge sch äft süb ern ah m e.
Be i m e in em Ge schä ft h an de l t e s si ch u m ei n e Ve rla ge ru ng vo n ei n em an de ren Sta nd or t.
27 .
W ie w ic htig w a r e n f ür Sie die f olge nden Fa kt or e n für die St a ndort w a hl?
sehr
u nw ich t ig
eh er
un wi cht i g
u nwi cht ig
Am bi e nt e de r Un t er en Al t st a d t
Erre ich b ark ei t
Rä um l ic hk ei t e n
Ku nd en f re qu en z
M i et be la st u ng
Pres t ig e
N äh e zu a nd er en G esch äf t en
Ko nk urr en zsi t ua t i on
a nd ere :
7
159
e gal
eh er
w ich t ig
wi cht i g
seh r
wich t ig
w eiss
nich t
Anhang
160
Anhang
35 .
Bitt e or dne n Sie de n m ona t lic he n M ie t z ins ( ohne N e be nk os te n) I hre s Ge s chä f ts e ine r Ka t e gor ie zu. (I hre Anga be n
we r de n se lbs tv e r st ä ndlic h v e r tr a ulic h und a nonym be ha nde lt und sind a us sc hlie s s lic h f ür wiss e nsc ha f tliche Zwe c k e
be st im m t .)
u nte r 1 '0 0 0 CHF
1 '0 0 1 - 3 '0 00 CHF
3 '0 0 1 - 5 '0 00 CHF
5 '0 0 1 - 1 0' 00 0 CH F
1 0' 0 01 - 15 '0 0 0 CHF
1 5' 0 01 - 20 '0 0 0 CHF
ü be r 20 ' 00 0 CH F
36 .
Ha be n Sie sic h sc hon e inm a l übe r le gt, Ihr Ge sc hä f t zu v e r le g e n ode r zu s c hlie s se n?
j a, zu ve rl eg en
j a, zu schl i es sen
n ei n
Fa ll s " j a, zu v erl e ge n ", be an tw o rte n Sie bi tt e di e Fra ge n Nr . 3 7 u nd Nr. 38 .
Fa ll s " j a, zu sch l ie sse n" , be an tw o rte n Sie bi tte di e Frag e N r. 37 u n d ü be rsp ri ng en Si e d i e Fra ge Nr. 3 8.
Fa ll s " ne i n" , k ö nn en Si e d i e Fra g en N r. 37 un d Nr . 3 8 ü be rsp ri ng e n.
37 .
W e lche Gr ünde s ind für e ine Sc hlie ss ung bz w. V e rle gung a uss chla gge be nd?
38 .
W e lche n St a ndor t st r e be n Sie f ür e ine a llf ä llige V e rle gung Ihre s Ge s chä f t s a n?
Bit t e n ennen o der b esc hrei ben S ie d en ange st rebt en St andort .
39 .
W a s sind Ihr e r M e inung na ch die Stä r k e n de r U nt e re n Alt st a dt a ls Eink a uf sor t ?
9
161
Anhang
40 .
W a s s ind Ihre r M e inung na ch die z e nt ra le n Pr oble m e de r U nt er e n A lt s ta dt a ls Eink a uf sor t ?
41 .
B e für w or te n Sie Ak t iv itä t e n de s Kr a m ga ss le is t s bz w . de r V e re inigt e n Alt st a dtle ist e z ur För de r ung de r At tr a k t iv itä t
de r U nte r e n A lt s ta dt a ls Eink a uf sor t (z .B . B lum e ns chm uck , A dve nt s ve r k ä ufe , "da s e inm a lige O bje k t", Vide G r e nie r ) ?
ja
ne in
Fal l s "j a ", be an tw o rte n Si e b i tte d i e Fra ge Nr. 42 , an son ste n kö nn e n Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en .
42 .
W e lc he w e it er e n A k tiv it ä t e n sollte n Ihr er M e inung na ch vom Kr a m ga ss le is t bzw . von de n Ve r e inigt e n Alt st a dt le is te n
unt e rnom m e n w e r de n, um die A tt r a k tiv it ä t de r U nte r e n Alt st a dt a ls Eink a uf sor t zu s t eige r n?
B it t e nennen Sie w eit ere Ak t iv it ät en ne ben den genannt en Bei spi elen: B lum ens c hm uck , Adv ent s v erk auf , "das einm al ige Ob jek t" , V ide Grenier
43 .
W a s k önnt e Ihr e r M e inung na c h von de r St a dt Be r n unte r nom m e n w e r de n, um die A tt ra k t ivit ä t de r U nt e r e n Alt st a dt
a ls Eink a uf s or t z u st e ige rn?
44 .
W a s k önnt e Ihr e r M e inung na c h von de n Ge s chä f t e n unte r nom m e n w e rde n, um die A tt ra k t ivit ä t de r U nt e r e n
A lt s ta dt a ls Eink a uf sor t zu st e ige r n?
45 .
W ie hoc h ist Ihr e B e re it sc ha ft , s ich f ür die At tr a k t ivitä t de r U nt e re n A lts ta dt a ls Eink a uf s or t z u e nga gie r e n?
seh r ge ri ng
eh er g er in g
eh er h och
seh r ho ch
10
162
Anhang
46 .
W e lche W ünsc he ode r A nre gunge n ha be n Sie , w a s s ich hinsic htlich der St a ndort be dingunge n ve r ä nde r n s ollt e ?
Fra g e n zu I hre m Um fe ld
47 .
W ie w ir k e n sic h die folge nde n Fa k tor e n a uf Ihr G e sc hä ft a us ?
B it te beurt eil en Si e die Wirk ung.
se hr
neg at iv
eh er
n egat i v
n egat iv
kei ne
Wi rkun g
eher p osi t iv
p osit iv
seh r posit iv
D et a i lh an de l sge sch äf t e de r Ob ere n
Al t st a dt
An de re D et a i lh an de l sge schä f t e de r
U nt e re n Al t st a dt
D ie nst le i st e r ( z. B. Post , Ban k, Arzt ,
T he rap e ut e n)
G ast r on om i e
T ou ri sm us
At t rak t i vi t ä t de r Ga ssen
An bi nd u ng ö f f e nt l i ch er Ve rke hr
Park m ög l ich ke i t en
Ve rke hr
Al t st a dt le be n
H ist ori sch e Ge b äu de
a nd ere :
48 .
H a lte n Sie e ine Zusa m m e na rbe it m it a nde r e n G e sc hä ft e n Ihr e s dir e k t e n Um fe lds für s innv oll?
ja
n ei n
49 .
Ar be ite n Sie m it a nde r e n G es c hä f t sbe t re ibe nde n a us Ihre m dire k t e n U m fe ld z usa m m e n (z .B. ge m e insa m e r Eink a uf,
ge m e insa m e W e rbung, Inte r e ss e nve r t re t ung)?
ja
n ei n
Fal l s "j a" , be an t w ort en Si e b it t e di e Frag en Nr. 50 un d Nr. 51 .
Fal l s "n ei n ", üb ers pri n ge n Si e b i t t e d i e Fra ge n Nr . 5 0, Nr. 51 un d Nr. 52 .
11
163
Anhang
50 .
U m w e lc he Ar t de r K oope ra t ion ha nde lt e s sic h?
B it te nennen Sie di e A rt bz w . A rt en der Koopera ti on (z. B. gem eins am er Eink auf , gem ei nsam e We rbung, Int eres se nv ert ret ung)
51 .
W ür de n Sie e ine noc h inte ns ive r e Zusa m m e na rbe it m it I hre n G e s chä f ts pa rt ne r Inne n be grüs se n?
ja
n ei n
Fal l s "j a" , be an t w ort en Si e b it t e di e Frag e N r. 5 2, an son st e n k ön ne n Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en .
52 .
In w e lc he n Be r e iche n be f ürw ort e n Sie e ine noch int e nsive r e Zus a m m e na rbe it ?
B it te nennen Sie di e B ereic he o der A rt en der Kooperat i on.
53 .
W e lche W ünsc he ode r A nre gunge n ha be n Sie , w a s s ich in Ihr e m dir e k te n U m f e ld ve r ä nde rn sollte ?
Fra g e n zum De t a il ha nd e l sa nge bot i n de r Unt e re n Al ts ta dt
54 .
W ie ha t sic h Ihr e r M e inung na ch die V ie lf a lt de s D e ta ilha nde ls a nge bots in de r U nte r e n Alt st a dt se it de m Ja hr 2 0 0 0
v er ä nde r t?
Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h die Vie lfa lt de s
D e ta ilha nde ls a nge bot in de r U nt e re n A lts ta dt s e it he r ve r ä nde rt ?
e he r ve rsch l ech t er t
g l ei ch g eb l ie be n
e he r ve rb esse rt
w e i ss n i cht
55 .
W ie ha t sic h Ihr e r M e inung na ch die Q ua litä t de s De t a ilha nde ls a nge bot s in de r U nt e re n A lts ta dt s e it de m Ja hr 20 0 0
v er ä nde r t?
Fa lls da s G ründungs ja hr Ihr e s Ge s chä f t s jünge r a ls da s Ja hr 2 0 0 0 is t , w ie ha t sic h die Q ua lit ä t de s
D e ta ilha nde ls a nge bot in de r U nt e re n A lts ta dt s e it he r ve r ä nde rt ?
e he r ve rsch l ech t er t
g l ei ch g eb l ie be n
e he r ve rb esse rt
w e i ss n i cht
12
164
Anhang
165
Anhang
Kom m e nt a re u nd Anr e gun ge n
61 .
V ie lle icht ha be n Sie w e it e r e Anr e gunge n, W üns che , Kom m e nta r e ode r Kr itik ?
V ie le n D a nk !
62 .
V ie le n D a nk , da ss Sie de n Fr a ge boge n a usge f üllt ha be n. Ihre Mit hilf e w ir d s e hr g es c hä tz t!
A ls s pe zie lle n D a nk f ür Ihr e U nt er s tüt zun g ha be n S ie die M öglichk e it, a n e ine r V er los ung t e ilzune hm e n.
U nt e r alle n Einse ndunge n we r de n 3 B e rn City -Eink a uf sgut sc he ine im W e r t v on je 1 0 0 C HF ve r lost , die de r
K ra m ga s sle ist of fe r ie r t.
B it t e gebe n Sie Ihre Kont ak td aten an, dam it i ch Sie b enac hric ht igen kann , f all s Sie unt er den Gew inner Innen si nd.
Vo r- u nd Na chn am e :
N am e de s Ges chä fts:
Stra sse un d Ha us nu mm e r:
Po stl ei tza hl un d Ort:
E-Ma il - Adr esse :
14
166
Anhang
Anhang B Fragebogen Haushalte
W issenscha ft li che Um f r ag e zu m St ru kt u rw and el i n d er Un t er en Al tst ad t
M aste r ar be it G eo gr ap h isch es I n sti t ut d er Un iv er si t ät Ber n
Se hr g ee hr te Be wo h ne ri nn en u n d Bew o hn er a n d er Kr am ga sse
Im Rah me n m ei n er Ma ster arb ei t am Ge og ra ph isch e n Insti tu t de r Un iv er sit ät Be rn fü hre ich ei ne Befr ag un g zu m Th e ma „ Stru k turw a nd el
in de r Unt ere n Al tsta dt “ a m Be i spi el de r Kra mg asse du rch. Di e se er fol g t in Zusa mm e na rbe i t mi t d em Kr am ga ssl ei st, de r seh r an de r
Ana ly se d es Struk tu rw an de ls i n tere ssi er t i st. Auc h di e Ve rei n ig te n Al tsta dtl e ist e ha be n g rosse s Inte res se an de n Er ge bn is sen d er
Unt ersu ch un g un d u nte rstü tze n di e se Um fra ge .
Zie l d i ese r Befra gu ng i st, In form a ti on en v on Ih ne n a us e rste r H an d zu b e ko mm en , w i e si ch d i e W oh nsi tu ati o n un d d er D eta i lh an de l se i t
de m Jah r 20 00 en tw ick el te n u nd w i e si ch d i e Un te re Al tsta dt d ie sb ezü gl i ch i n d en n äch ste n Jah ren w ei ter en tw ic ke ln kö nn te. Da be i so l l
be son de rs di e Q ua li tä t de r Un ter en Al tst ad t a l s sozi ok u ltu re ll du rch mi sch te , l eb en di g e, att rak ti ve u n d vi e lfä l ti ge W o hn - , Arb ei ts- ,
Ei nk au fs- u nd Au sge hz on e erh a lte n u nd ve rbe sser t we rd en .
Ih r Mit wi rke n i st en tsch ei de n d, u m d en Str uk tur wa nd el u nd di e Ent wi ckl un g spe rsp ekt ive n Ih re s Wo hn u mfe ld s ko rre kt d ar stel le n zu
kön ne n . D esh al b b it te i ch Sie , e n twe de r d en vor li eg en d en Fra ge bo ge n a uszu fü ll en un d i hn an schl i essen d inne rhalb e iner Woche in de m
be il i eg e nd en f ran k ie rte n Rü ckse nd e um sch la g zu rü ckzu sen d en o de r a n de r On l in e- Um fra ge un ter f ol ge n de m Li n k te il zu ne hm e n:
htt ps://ww w .um frageonline .ch/s/8 3fc9 55
Fal l s Si e Mi tgl i ed de s Kr am ga ssl ei ste s sin d, er ha lt en Si e di e O nl i ne -Um fr ag e pe r E- Ma i l. Ihre Ma i la dr esse erh i el t i ch vo m Kra m ga ssl ei st,
sow e it v orh an de n. Di e se w i rd n ich t w ei te rve rw en de t.
Der Ze i tau fw an d fü rs Ausf ül l en b et räg t ca. 15 -2 5 Min ut en .
Unt er a ll e n Ei n sen du ng en we rd en d re i Be rnCi ty -Ei n ka ufsg ut sche i ne i m We rt vo n j e 1 00 CH F ve rl ost.
Se lb stve rstä nd l ich w erd en Ihre Ang ab en ve rtr au li ch b eh a nd el t u nd b l ei be n a nony m, so d ass ke in e Mö gl i chk ei t be ste ht, Rü cksch lü sse a uf
ei nz el ne Pe rso ne n zu zi e he n.
Bi tte le sen Si e d ie Fra ge n so rg fäl tig du rch un d b ea n two rte n Si e sie wa h rhe it sge tre u. Be i e in ig en Ant wo rte n si nd me hr ere Ant wo rte n
m ög l ich .
Be i a ll fäl l ig en Rück frag e n u nd Unk la rh ei ten ste he ich Ih ne n g er ne zur Ve rfü gu ng (Tel .: 0 79 94 8 0 4 0 3, E-Ma il : j ea nv ie @st ud en ts.un i be .ch) .
Für Ihr e Un ter stüt zun g da nk e Ich Ih ne n be re it s i m Vora us.
Freu nd l ich e G rüsse
Je an ti ne Vie br ock
167
Anhang
168
Anhang
169
Anhang
170
Anhang
6.
W ie ha t s ic h die M ie tbe la st ung s e it de m Ja hr 2 0 0 0 ve r ä nde rt ?
Fa lls Sie na c h de m Ja hr 2 0 0 0 in die U nt e re Alts t a dt ge z oge n s ind, w ie ha t sic h die Mie t be las t ung se it he r ve r ä nde rt ?
star k g esu nk en
ge sun ke n
gl ei ch ge bl i eb en
erh öh t
star k e rhö ht
we i ss ni ch t
7.
H a be n Sie s ic h s chon e inm a l übe r le gt , v on de r Kr a m ga s se w e gzuz ie he n?
ja
ne in
Fal l s "j a ", be an tw o rte n Si e b i tte d i e Fra ge Nr. 8, a nso nste n k ön ne n Si e di e se Fra ge üb er spri n ge n.
8.
A us w e lc he n G r ünde n w ür den Sie von de r K ra m ga s se w e gzie he n?
9.
Fa lls Sie H a us e ige nt üm e r In s ind ode r s chon la nge in e ine m H a us w ohne n:
A us w e lc he n G r ünde n sind M ie te r w e gge z oge n?
Mehr ere N ennungen m ögli ch.
Wo hn un g zu kl e in
Jo bw e ch sel
Mi e tb el ast un g zu h oc h
Kom fo rt zu g eri n g
zu Vi el Lär m a n d er Kra m ga sse
Un sti mm i gk e it u nt er Mi ete rInn en
zu w en i g An ge bo te fü r Ki nd er
an de re :
10 .
Fa lls Sie M it glie d de s Kr a m ga s sle ist e s s ind:
Sind Sie z uf r ie de n m it de s s en Ak t iv itä t e n ( z. B. Ja hre s ve r sa m m lun g, W e ihna cht sbe le uc htung, Be s uc he v on
k ult ure lle n Anlä s se n, B e tr e ibung e ine s A uss cha nk s a m B usk e r s) ?
ja
ne in , zu w en i g Akt iv i tät en
ne in , zu vi e l e Akt iv i tät en
Fal l s "n ei n , zu w en ig Akti v it äte n" , be an tw or ten Si e b i tte d i e Fra ge Nr. 11 , a nso n sten kö nn en Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en .
5
171
Anhang
11 .
In w e lc he Ric htung be f ür w ort e n Sie m e hr Ak t ivit ä te n dur ch den Kr a m ga ss le is t?
B it te nennen oder bes c hreibe n Sie die Art der A kt iv i tät en.
12 .
W e lche W ünsc he ode r A nre gunge n ha be n Sie , w a s s ich in Ihr e r W ohnum ge bung ve r ä nde rn sollte ?
Frag en zur Wohn st rukt ur
13 .
W ie la nge w ohne n Sie be r e it s in de r K ra m ga s se ?
Sei t
14 .
Jah re n
W ohe r sind Sie in die je tz ige W ohnung e inge z oge n?
a us d em se lb en Qu art ie r
a us d er St a dt Ber n
a us d em Kan t o n Bern
a us e i ne m a nd ere n Ka nt o n
a us d em Ausl a nd
15 .
W ie v ie le P e rs one n w ohne n in Ihr e m H a usha lt ?
Anz ah l Perso ne n :
16 .
W ohne n K inde r in Ihr e m H a usha lt ?
ja
n ei n
Fal l s "j a" , be an t w ort en Si e b it t e di e Frag e N r. 1 7, an son st e n k ön ne n Si e d i ese Frag e ü be rsp ri ng en .
17 .
W ie v ie le K inde r w ohne n in Ihr e m H a us ha lt ?
Anz ah l Ki nd er :
18 .
W e lche W ohnfor m t rif ft a uf Sie zu?
M i e t ve rhä l t ni s
Ei ge nt u m
G en oss en scha f t
a nd e re:
Fal l s Si e Eig en t ü m e rI n si n d, kö nn en Si e d ie Frag e N r. 1 9 ü be rspr in ge n, an so nst e n b ea nt w o rt e n Si e bi t t e d i ese Frag e.
6
172
Anhang
173
Anhang
174
Anhang
175
Anhang
176
Anhang
Kom m e n ta r e und Anr e g ung e n
40 .
V ie lle ic ht ha be n Sie we ite r e A nre gunge n, W üns che , Kom m e nta r e ode r K rit ik ?
V ie le n Da nk !
41 .
V ie le n D a nk , da s s Sie de n Fra ge boge n a us ge f üllt ha be n. Ihre Mit hilf e w ird s e hr ge sc hä t zt !
A ls spe zie lle n Da nk für Ihr e Unt e r st üt zung ha be n Sie die M öglichk e it , a n e in er V e r losung te ilz une hm e n.
U nt e r a lle n Einse nd unge n w er de n 3 Be r nCit y -Eink a uf sgut sc he ine im W e r t v on je 10 0 CH F v e r lost , die de r
K r a m gas sle is t off e rie r t .
B it t e ge ben Si e Ih re Kon tak t dat en a n, da mi t ic h Si e ben achr ic ht igen kann , f all s Sie unt er de n Gew in nerInn en s ind.
Vor- u n d Na ch na me :
Str asse un d H au snu m m er:
Po stl ei tz ah l u nd Ort :
E-Ma i l - Ad re sse:
11
177
Anhang
Anhang C Aufruf Brunne Zytig
178
Anhang
Anhang D Interviewleitfaden (Beispiel Netzwerk Altstadt)
Frage 1
Können Sie sich und das Netzwerk Altstadt bitte kurz vorstellen, was sind Ihre
Funktionen?
Frage 2
Wie gehen Sie vor, wenn Sie Altstädte beraten? Auf was muss man alles achten?
Frage 3
Haben Sie sich schon einmal mit dem Strukturwandel der Berner Altstadt
auseinandergesetzt? Wenn ja, inwiefern?
Fragen zur Validierung und Ergänzung der S WOT Analyse
SWOT Detailhandel Untere Altstadt Bern
S tärken
S chwächen
• Individualität (Abhebung vom
M ainstream, individuelle
Öffnungszeiten) und historische
Authentizität
• Qualität des Angebots (hochwertig)
• Ambiente (flanieren, ruhig, familiär)
• Kompetente Fachberatung
• Erreichbarkeit ÖV
• Gastronomie- und
Dienstleistungsangebot
• Lauben (ideal bei Regenwetter)
• Zu wenig lebendig von M o-Fr
• Parkplatz- und Zufahrtssituation,
restriktive Parkpolizei
• Branchenmix: mangelndes Angebot
für den täglichen Bedarf (v.a.
Lebensmittelbranche untervertreten)
• Lage (Distanz zum Bahnhof und
stark befahrener Kornhaus- /
Casinoplatz wirkt wie eine Barriere
für Fussgänger)
• Keine grossen Geschäfte als
„Einkaufsmagneten“
• Leerstand/ Fluktuation/ Nachmieterstruktur
• Infrastruktur: M angelhafte
Beleuchtung in den Lauben, zu
wenig Sitzplätze
• Wenig Zusammenarbeit zwischen
den Geschäften
• Keine einheitlichen Öffnungszeiten
Gefahren
Chancen
• Bereitschaft der Geschäfte für
Engagement zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als
Einkaufsort
• Bereitschaft für Zusammenarbeit
zwischen den Geschäften
• Touristen als neue Kundengruppe
• Verändertes Konsumentenverhalten
• Einkaufszentren, Internethandel,
Auslandseinkäufe
• Detailhandelsgeschäfte der Oberen
Altstadt als starke Konkurrenz
• M assentourismus und
Überhandnehmen der Souvenirshops
• M ietpreiserhöhung
179
Anhang
SWOT Wohnsituation Untere Altstadt Bern
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
S tärken
S chwächen
Zentrale Wohnlage
Lebendiger Wohnort
Erreichbarkeit zu Fuss, Velo, ÖV
Historische Bausubstanz ist
architektonisch attraktiv
Einkaufsmöglichkeiten (für kurz-,
mittel- und langfristigen Bedarf)
nahe
Atmosphäre in den Gassen
Kultur-, Gastronomie-,
Dienstleistungs- und Freizeitangebot
Hoher Sanierungsgrad bzw. hoher
Ausbaustandard
Wohnraum im mittel- und
höherpreisigen Segment
Wohnungsleerstand gering, gute
Wohnungsnachfrage
• Parkplatzmangel
• Fehlende Begrünung/öffentliche
Grünflächen
• Hohe Lärmbelastung (Verkehr
Gasbusse, Taxiverkehr in der Nacht,
Strassenmusik, M usik von Bars,
viele Events)
• M angelnde Sauberkeit v.a. am
Wochenende und während Events
• Wenig Wohnraum für
einkommensschwache Haushalte
• M eist keine Lifte in den
Häusernnicht alters- und
behindertengerecht
• Fehlende Kindereinrichtungen im
Quartier
• M ehrheitlich kleine Wohnungen,
dunkel, kein Balkon
Gefahren
Chancen
• Gemeinnützige Bauträger
• M ietpreisspirale, Sanierungen
Wohlstandsinsel
• Wohnraumverdrängung durch Büros
und Praxen
• ProstitutionUnsicherheit
Frage 4
Stimmen Sie diesen SWOT Analysen zu?
Sehen Sie weitere Stärken, Schwächen, Chancen und Gefahren?
Fragen zur Attraktivitätssteigerung der Unteren Altstadt als Wohn- und
Einkaufsort
Frage 5
Wie kann eine vielfältige Wohnstruktur bzw. die Untere Altstadt als Wohnstandort für verschiedene Nachfragegruppen gefördert werden?
Frage 6
Wie können die Eigentümer sensibilisiert werden, damit Liegenschaften
mit mehr sozialverträglichen M ieten bewirtschaftet werden können?
180
Anhang
Frage 7
Wie kann der „Lädeli“ Charakter in der Unteren Altstadt erhalten bzw. die
Ansiedlung von grossen Filialketten und „toten“ Nutzungen wie Banken,
Vermögensverwaltungen etc. verhindert werden?
Frage 8
Wie kann unternehmerisches Engagement für die Attraktivitätssteigerun g
der Unteren Altstadt als Einkaufsort ausgebaut und die aktive Zusammenarbeit
zwischen den Geschäften gestärkt werden?
Frage 9
Sehen Sie Potenzial, um den Angebotsmix in der Unteren Altstadt hinsichtlich des
täglichen Bedarfs (v.a. Lebensmittelbranche) zu verbessern? Wenn ja, wie könnte
dieser verbessert werden?
Frage 10
Was ist Ihre Haltung zu der Entwicklung des Tourismus und der zunehmenden
Anzahl Souvenirshops in der Unteren Altstadt? Ist diese Entwicklung eher negativ
für das Image der Unteren Altstadt oder überwiegen die Vorteile, indem die
Laufkundschaft erhöht wird?
Frage 11
Wo müssen die planerischen Weichen gestellt werden, um auf die aktuelle
Situation richtig zu reagieren und wer sind die zentralen Akteure?
Frage 12
Gibt es ähnliche Beispiele wie der Strukturwandel der Unteren Altstadt Bern?
Wenn ja, welche und wie wurde dort mit der Situation umgegangen?
Frage 13
Gibt es Ihrer Ansicht nach noch Aspekte, die bisher im Interview nicht
angesprochen wurden, für die Arbeit jedoch wichtig wären?
181
Anhang
Anhang E Detailhandel Klassifikation NOGA
52
Detailhandel (ohne Handel mit Automobilen und ohne Tankstellen);
Reparatur von Gebrauchsgütern
52.1
Detailhandel mit Waren verschiedener Art (in Verkaufsräumen)
52.11 Detailhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und
Genussmittel, Getränke und Tabakwaren
52.11A
Verbrauchermärkte (> 2500 m2)
52.11B
Grosse Supermärkte (1000-2499 m2)
52.11C
Kleine Supermärkte (400-999 m )
52.11D
Grosse Geschäfte (100-399 m2)
52.11E
Kleine Geschäfte (< 100 m2)
2
52.12 Sonstiger Detailhandel mit Waren verschiedener Art
52.12A
Warenhäuser
52.12B
Sonstiger Detailhandel mit Waren verschiedener Art a.n.g
52.2
Fachdetailhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und
Tabakwaren (in Verkaufsräumen)
52.21 Detailhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln
52.21A
Detailhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln
52.22 Detailhandel mit Fleisch und Fleischwaren
52.22A
Detailhandel mit Fleisch und Fleischwaren
52.23 Detailhandel mit Fisch, Meeresfrüchten und Fischerzeugnissen
52.23A
Detailhandel mit Fisch, Meeresfrüchten und Fischerzeugnissen
52.24 Detailhandel mit Back- und Süsswaren
52.24A
Detailhandel mit Back- und Süsswaren
52.24B
Bäckereien -Tea-Rooms
52.25 Detailhandel mit Getränken
52.25A
Detailhandel mit Getränken
52.26 Detailhandel mit Tabakwaren
52.26A
Detailhandel mit Tabakwaren
52.27 Sonstiger Fachdetailhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln, Getränken und
Tabakwaren (in Verkaufsräumen)
52.27A
Detailhandel mit Milcherzeugnissen und Eiern
52.27B
Sonstiger Fachdetailhandel mit Nahrungs- und Genussmitteln,
Getränken und Tabakwaren a.n.g. (in Verkaufsräumen)
182
Anhang
52.3
Apotheken; Fachdetailhandel mit medizinischen, orthopädischen und
kosmetischen Artikeln (in Verkaufsräumen)
52.31 Apotheken
52.31A
Apotheken
52.32 Detailhandel mit medizinischen und orthopädischen Artikeln
52.32A
Detailhandel mit medizinischen und orthopädischen Artikeln
52.33 Detailhandel mit Parfümerie waren und Körperpflegemitteln
52.33A
Drogerien
52.33B
Parfümerien und sonstiger Detailhandel mit kosmetischen Artikeln und
Körperpflegemitteln
52.4
Sonstiger Fachdetailh andel (in Verkaufsräumen)
52.41 Detailhandel mit Textilien
52.41A
Detailhandel mit Textilien
52.42 Detailhandel mit Bekleidung
52.42A
Detailhandel mit Damenbekleidung
52.42B
Detailhandel mit Herrenbekleidung
52.42C
Detailhandel mit Säuglings- und Kinderbekleidung
52.42D
Detailhandel mit Pelzwaren
52.42E
Detailhandel mit Bekleidungszubehör und Bekleidung ohne
ausgeprägten Schwerpunkt
52.43 Detailhandel mit Schuhen und Lederwaren
52.43A
Detailhandel mit Schuhen
52.43B
Detailhandel mit Lederwaren und Reiseartikeln
52.44 Detailhandel mit Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Hausrat a.n.g.
52.44A
Detailhandel mit Möbeln
52.44B
Detailhandel mit Einrichtungsgegenständen und Hausrat a.n.g.
52.45 Detailhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten, Geräten der
Unterhaltungselektronik und Musikinstrumenten
52.45A
Detailhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten
52.45B
Detailhandel mit Geräten der Unterhaltungselektronik
52.45C
Detailhandel mit Ton- und Bildträgern
52.45D
Detailhandel mit Musikinstrumenten
52.45E
Detailhandel mit elektrischen Haushaltsgeräten und Geräten der
Unterhaltungselektronik ohne ausgeprägten Schwerpunkt
52.46 Detailhandel mit Metallwaren, Anstrichmitteln, Bau- und Heimwerkerbedarf
52.46A
Detailhandel mit Eisen- und Metallwaren
52.46B
Sonstiger Detailhandel mit Metallwaren, Anstrichmitteln, Bau- und
Heimwerkerbedarf
183
Anhang
52.47 Detailhandel mit Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und
Bürobedarf
52.47A
Detailhandel mit Büchern
52.47B
Detailhandel mit Zeitschriften und Zeitungen; Kioske
52.47C
Detailhandel mit Schreibwaren und Bürobedarf
52.48 Sonstiger Fachdetailhandel a.n.g. (in Verkaufsräumen)
52.48A
Detailhandel mit Getreide, Futtermitteln und Landesprodukten
52.48B
Detailhandel mit Blumen und Pflanzen
52.48C
Detailhandel mit Haustieren und zoologischem Bedarf für Haustiere
52.48D
Detailhandel mit Brennstoffen und Heizmaterial
52.48E
Detailhandel mit Teppichen, Boden- und Wandbelägen
52.48F
Detailhandel mit Brillen und anderen Sehhilfen
52.48G
Detailhandel mit fotografischen Artikeln
52.48H
Detailhandel mit Uhren und Schmuck
52.48I
Detailhandel mit Büromaschinen und -einrichtungen
52.48J
Detailhandel mit Computern und Software
52.48K
Detailhandel mit Spielwaren
52.48L
Detailhandel mit Fahrrädern
52.48M
Detailhandel mit Sportartikeln
52.48N
Detailhandel mit Geschenkartikeln und Souvenirs
52.48O
Kunsthandel
52.48P
Sonstiger Fachdetailhandel a.n.g. (in Verkaufsräumen)
52.5
Detailhandel mit Antiquitäten und Gebrauchtwaren (in Verkaufsräumen)
52.50 Detailhandel mit Antiquitäten und Gebrauchtwaren (in Verkaufsräumen)
52.50A
Detailhandel mit Antiquitäten
52.50B
Detailhandel mit Gebrauchtwaren a.n.g. (in Verkaufsräumen)
52.6
Detailhandel (nicht in Verkaufsräumen)
52.61 Versandhandel
52.61A
Versandhandel
52.62 Detailhandel an Verkaufsständen und auf Märkten
52.62A
Detailhandel an Verkaufsständen und auf Märkten
52.63 Sonstiger Detailhandel (nicht in Verkaufsräumen)
52.63A
Sonstiger Detailhandel (nicht in Verkaufsräumen)
184
Anhang
52.7
Reparatur von Gebrauchsgütern
52.71 Reparatur von Schuhen und Lederwaren
52.71A
Reparatur von Schuhen und Lederwaren
52.72 Reparatur von elektrischen Haushaltsgeräten
52.72A
Reparatur von elektrischen Haushaltsgeräten
52.73 Reparatur von Uhren und Schmuck
52.73A
Reparatur von Uhren und Schmuck
52.74 Reparatur von sonstigen Gebrauchsgütern
52.74A
Reparatur von sonstigen Gebrauchsgütern
185
Selbstständigkeitserklärung
Selbstständigkeitserklärung
186