Die Bussento-Region - Michael Müller Verlag

Die Bussento-Region
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Die Bussento-Region
Valle del Bussento
Dünn besiedelt und reich an Wald und Wasser präsentiert sich der südlichste Zipfel des Cilento-Nationalparks mit dem Valle del Bussento. Ein
grandioses Naturschauspiel findet unter Tage statt: Bei Caselle in Pittari
verschwindet der Bussento in ein gähnendes Karstloch, um 6 km weiter
südlich wieder aufzutauchen.
Nur 42 km ist der Bussento lang: Von den Quellen am Südhang des Monte Cervati
bis zur Mündung in den Golf von Policastro bewältigt er dabei rund 1500 Höhenmeter. Unterhalb der Cervati-Kommune Sanza knickt der Fluss nach Süden ab, um
wenig später in ein 20 m hohes und 10 m breites Felsportal (Inghiottitoio del
Bussento) einzuströmen. Nach einer rasanten unterirdischen Talfahrt tritt er nahe
der sympathischen Ortschaft Morigerati in einer mindestens ebenso spektakulären
Grotte wieder ans Tageslicht (Risorgenza del Bussento). An beiden Orten ist es
möglich, sich dem Ein- bzw. Austrittsloch zu Fuß zu nähern. Unterhalb von Morigerati nimmt der Bussento das Wasser des Torrente Bussentino auf. Der auch Rio
di Casaletto genannte Wildbach fließt am Oberlauf durch einen wildromantischen
Canyon. Das fantastisch gelegene Dorf Tortorella ist ein guter Ausgangspunkt, um
zu Fuß die Schlucht zu erkunden, in der Turmfalken und Gabelweihen nisten, auf
kleinen Absätzen Ziegen weiden und im Frühjahr die Orchideen blühen.
In den Bergdörfern ist der Novecento noch immer spürbar, besonders wenn sich
Straßen und Plätze spätnachmittags wieder mit Leben füllen. Wenn bereits der
Cilento generell eine Destination für Individualisten ist, so gilt dies erst recht für
den einsamen Landstrich an der Nationalpark-Peripherie: Wer auf der Suche nach
ursprünglicher cilentanischer Gastlichkeit ist und gerne Wanderungen unternimmt,
Südlicher Cilento
Natur satt – die abgelegene Bussento-Region
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Südlicher Cilento
ist hier gut aufgehoben. Kulinarisch weiß die Gegend mit einigen Besonderheiten
aufzuwarten: Die Gemüsepolenta ist eine beliebte Alternative zu hausgemachten
Nudeln wie Fusilli, Cavatielli und Gnocchi. Als Hauptgericht kennt die einfache
Bauerntafel u. a. die herzhafte Kohlsuppe mit Schweinefleisch (minestra di verza e
maiale) oder die nicht weniger verbreitete cimardola, ein schmackhaftes Gemüsegericht aus Tomaten, Zucchini und Auberginen.
Tortorella und Casaletto Spartano
Das karge Bergdorf Tortorella liegt auf einem 582 m hohen Hügel, der steil in die
Bussentino-Schlucht abfällt. In den Gassen ist es zu fast jeder Tageszeit sehr still;
seit 1900 schrumpfte die Bevölkerung hier auf die Hälfte. In der Antike und im
Mittelalter führte eine Handelsroute an der strategisch wichtigen Felsbastion vorbei. Sie verband den Golf von Policastro mit der Ionischen Küste. Heute kommt
dem lediglich knapp über 500 Einwohner zählenden Dorf im Zusammenhang mit
der süditalienischen Dialektforschung eine große Bedeutung zu: In den 1930er-Jahren durchforstete der deutsche Romanist Gerhard Rohlfs die Umgebung von Sapri
nach galloitalienischen Sprachinseln. Er gelangte dabei bis nach Torraca, allerdings
ohne fündig zu werden. Ein Projekt der Universität Heidelberg unter der Federführung des Wissenschaftlers Edgar Radtke setzt seit 1990 die Studien fort und entdeckte 10 km landeinwärts in Tortorella, was der Vorgänger vergeblich gesucht
hatte: Der dortige Dialekt weist eindeutig norditalienische Einschläge auf.
Lokaldialekte: Indizien wider die geografische Isolation
„Der sehr isoliert gelegene Ort am Rande des Monte Cocuzzo“, schreibt der
Sprachwissenschaftler Edgar Rathke von der Heidelberger Universität über
Tortorella, „konnte als eindeutige norditalienische Sprachkolonie gedeutet
werden.“ Mit Norditalien ist in diesem Zusammenhang Ligurien gemeint,
das aufgrund der geograf ischen Nähe zu Frankreich einen eigenen galloitalienischen Mischdialekt entwickelt hatte. Wie aber gelangte dieser nach
Süditalien? Im ausgehenden Mittelalter und in der frühen Neuzeit haben
Hungersnöte zu einem Exodus der Ligurer geführt. Einige könnten über Sardinien den Weg in den Cilento gefunden haben. Seit 1990 bemüht sich die
Universität Heidelberg, die vorhandenen Wissenslücken zu schließen. Eins
wird jedoch jetzt schon deutlich: Die Dörfer im lukanischen Hinterland waren in der Vergangenheit längst nicht so isoliert, wie es die romantische Vorstellung gerne glauben macht.
Einen Steinwurf von Tortorella entfernt weist auf der anderen Seite der Schlucht
das Dorf Casaletto Spartano eine mindestens ebenso intakte Struktur auf. Nur
die topograf ischen Rahmenbedingungen könnten unterschiedlicher kaum sein,
denn Casaletto Spartano liegt an einem Hang oberhalb des Canyons. Vom winzigen Ortsteil Battaglia hat man das Zentrum auf der anderen Seite des Bussentino
fest im Blick. Historisch gesehen ist Battaglia sogar der eigentliche Hauptort,
wovon noch heute der imposante Palazzo Baronale zeugt. Im Mittelalter übte
hier die aus der Toskana stammende Adelsfamilie Gallotti die Grundherrschaft
aus. Das Jahr 1806 beendete die Hegemonie Battaglias: Der Magistrat sollte die
französischen Truppen mit Munition versorgen, bekam jedoch die erforderliche
Tortorella
und
Casaletto
Spartano
Tortorella und Casaletto Spartano
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Menge nicht zusammen. Zur Strafe
wurde die Verwaltungshoheit auf die
andere Seite verlegt, wo sie sich noch
heute bef indet. Der Ortsname leitet
sich vom binsenähnlichen Halfagras
(sparta) ab, das hier wild wächst und
traditionell zum Flechten von Kälberstricken verwendet wird.
Hin & weg Die Wege in diesen entlegenen Teil des Nationalparks sind lang: Anfahrt entweder auf der serpentinenreichen
SP 16 von Sapri nach Tortorella (16 km), alternativ von der Cilento-Quertrasse (SS 517)
via Morigerati. Die kürzeste Variante von
Policastro ist die Straße über Vibonati ins
Bussento-Gebiet, die in Villammare von der
SS 18 abzweigt.
Wandern Mehrere reichlich verwitterte
Wandertafeln verweisen auf Wanderwege
in die Bussentino-Schlucht, u. a. unterhalb
von Tortorella (kurz vor dem Kreisverkehr)
oder am Ortsausgang von Tortorella an der
Straße nach Battaglia. Vor dem Aufbruch
sollte man sich jedoch über die aktuellen
Wegverhältnisse kundig machen, z. B. bei
Arnaldo Indici (♠ 339-8937715) oder Bettina
und Rolf Müller (sprechen beide Deutsch)
in ihrer Urlaubseremitage Borgo Le Caselle
(→ Übernachten).
Übernachten B&B Palazzo Gallotti, das
Vorderhaus bewohnt die adelige Contessa,
im hinteren Teil betreiben Miriam (spricht
Englisch) und ihr Mann Roberto Simoni ein
reizendes Privatquartier: innen wie ein Museum eingerichtet, 5 Zimmer, teils mit externem Bad, auf den Frühstückstisch im
Rio Casaletto: Wasserfallkaskade
Salon oder wahlweise im Garten kommen
u. a. hausgemachte Spezialitäten aus der
Bussento-Region. Mai bis Okt. DZ 50–70 €.
Via Nazionale 19 in Battaglia, ¢ 331-5848725,
www.palazzogallotti.it.
B&B Don Carlo, das nagelneue Logis liegt
in einem liebevoll restaurierten Palazzo am
Altstadtrand von Tortorella. 5 wunderbare
Zimmer und zwei Apartments, einige
Räume verfügen über sehenswert bemalte
Holzdecken, von ein paar Fenstern aus ist
sogar das Meer zu sehen! Junge, gastfreundliche Inhaberfamilie, Frühstück im
prächtigen Salon. Ganzjährig geöffnet. DZ
60–140 €. Via della Vittoria 20 in Tortorella,
♠ 328-7475127, www.ospitalitadoncarlo.it.
B&B Rio Casaletto, dieses liebenswerte
Privatquartier befindet sich im Zentrum
von Casaletto Spartano an der Ortsdurchfahrt. Der Inhaber ist Biologe und bestens
mit der Bussento-Region vertraut. 2 Zimmer und ein Familienapartment mit Etagenbett, Frühstück im gepflegten Hinterhof, die Nostalgieküche ist eine Sehenswürdigkeit (→ Foto, S. 44). Ganzjährig geöffnet. DZ 50–60 €. Via Nazionale 180 in
Casaletto Spartano, ♠ 0973-374559, www.
bbriocasaletto.it.
Südlicher Cilento
Zwischen Battaglia und Casaletto Spartano quert die Straße den Rio di Casaletto. Im Talgrund spendet ein Brunnen
Trinkwasser. Wanderwege führen von
hier flussab- und flussaufwärts. Wer
sich nur kurz die Füße vertreten möchte,
spaziert zum Wasserfall Cascata Capelli
di Venere hinab und nutzt den romantischen Platz für ein Picknick. In einer
restaurierten Getreidemühle bef indet
sich ein bescheidenes Besucherzentrum, das über die Bussento-Region im
Besonderen sowie über das „UNESCOWeltnetz der Geoparks“ im Allgemeinen informiert (Besichtigung nach Vereinbarung, ¢ 339-8937715).
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Südlicher Cilento
Mein Tipp: Borgo Le Caselle, unweit
der grünen Grenze zur Nachbarregion
Basilikata haben Bettina und Rolf Müller
2 Bauernhäuser zu Ferienwohnungen mit
allen Schikanen umgebaut. Natursteinambiente, geschmackvolle Einrichtungsdetails
und in der Umgebung Natur satt. Bettina
und Rolf geben Tipps für Exkursionen, ideal
für Familien und kleine Gruppen! Apartment ab 550 €/Woche, Küche für Selbstversorger ist vorhanden. Loc. Le Caselle (6 km
von Tortorella), ¢ 338-3078468, www.borgo
lecaselle.com.
Essen & Trinken Crazy Pizza, die einfache Bar verwandelt sich am Abend in eine
Pizzeria. Außen Plastikstuhlambiente, innen
Neonlicht. Angela backt ihre Kuchen selbst,
die Pizza mundet. Do Ruhetag. Neben der
Chiesa Madre in Tortorella.
Al Solito Posto, landestypischer als in der
volkstümlichen Osteria in Casaletto Spartano geht’s kaum noch: ein rustikaler Speiseraum wie in alten Zeiten mit soliden Holztischen, wenige hausgemachte Primi und
Secondi, die auf Rind- bzw. Schweinefleisch basieren. Abends auch Pizza aus
dem Holzofen. Menü um 15 €. Di Ruhetag,
Mittagessen nur nach Voranmeldung. Via
Nazionale 186, ♠ 331-9912051.
La Fenice, Bar, Pizzeria und Ristorante am
Freibad von Tortorella. Junges Inhaberpaar,
gute Qualität zu kleinen Preisen, Fisch nach
telefonischer Bestellung. Menü 15–20 €. Zur
Freibadsaison tägl. mittags und abends, im
Winter Do–Mo abends. Loc. San Vito (an
der Zufahrt hinauf nach Tortorella auf Schild
„piscina“ achten), ♠ 327-9010872.
Morigerati
ca. 400 Einwohner
In dem kleinen Weiler schlägt eindeutig das touristische Herz der Bussento-Region.
Der Hauptanziehungspunkt ist die WWF-Oase unten in der Schlucht, wo der Fluss
seine Wiederauferstehung feiert. Zur Austrittsstelle des Flusses führt vom Besucherzentrum ein gut ausgebauter Steig. Der beeindruckende Höhlengang ist auf
30 m mit Taschenlampe begehbar, die hinteren Abschnitte der Grotte del Bussento
sind den Speläologen vorbehalten. In dem kühlen Gewölbe hausen Fledermäuse,
mittags sind die Lichtverhältnisse am besten. Das Wasser hat seit dem Verschwinden im Karst bei Caselle in Pittari eine unterirdische Strecke von 6 km Luftlinie
Märchenwald am Grund der Bussento-Klamm
Morigerati
Morigerati
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Das Dorf selbst liegt auf einem schmalen Absatz über dem vegetationsreichen Talgrund. Oberhalb streifen Bauern auf der Suche nach Trüffeln durch ausgedehnte
Steineichenwälder; im Tal reifen weiße Feigen und Oliven. Für den Touring Club
Italiano (TCI) sind dies Gründe genug, um Morigerati als bisher einzigem CilentoDorf das begehrte Prädikat Bandiera Arancione zu überreichen. Mit der orangeroten Flagge prämiert der Automobilclub seit 1998 besonders intakte, sehenswerte
und innovative Orte.
Klassischer Zugang zur Altstadt ist das mittelalterliche Stadttor mit dem Wappen
der Familie Florenzano. Der Landadel bewohnt noch heute den Palazzo Baronale,
der sich gleich hinterm Tor anschließt. In seiner heutigen Gestalt mit dem
ländlich-schmucken Innenhof und der Kapelle Madonna delle Grazie stammt der
Bau aus dem Jahr 1726. Am unteren Rand des Ortskerns liegt das ehemalige Kloster der Schwestern der hl. Anna, das heute ein sehenswertes Museum zur Ethnografie der Bussento-Region beherbergt (Okt. bis Mai Di–Fr 9–13.30, Sa 15.30–
19 Uhr, Juni bis Sept. Di–Fr 15.30–20.30, Sa/So 9.30–13.30 und 15.30–20.30 Uhr,
Eintritt gegen Spende, ¢ 339-5687522). Es handelt sich um die mit Abstand professionellste Präsentation traditioneller Handwerks- und Bauernkultur im Cilento.
Den Grundstock der Ausstellung bildet die Privatsammlung der Familie Florenzano, die mittlerweile durch Zukäufe der Kommune auf 250 Objekte angewachsen
ist. Zu sehen gibt es jede Menge Handwerksgeräte und Textilien aus Naturfasern,
Südlicher Cilento
zurückgelegt und sich dabei auf 10–
13 °C abgekühlt. Die Folge sind beinahe
schon nordeuropäische Bedingungen in
der Klamm: Abgesehen vielleicht vom
wilden Lorbeer (Laurus nobilis) ist die
Vegetation alles andere als mediterran,
auf dem Boden wuchert Farn, feuchtes
Moos hängt wie Lefzen von den Bäumen herab. Noch immer ist der genaue
Verlauf der subterrestrischen Wasserströme nicht hinreichend erforscht:
Erst unlängst will Domenico Guida, seines Zeichens Geologe an der Universität von Salerno, herausgefunden haben,
dass ein großer Teil des Bussento-Wassers wider Erwarten nicht in Morigerati
zum Vorschein kommt, sondern in Gestalt von Süßwasserquellen an der
Küste. Die Liste der Pflanzen, die Mitarbeiter des WWF bislang in der
Schlucht entdeckt haben, ist lang:
23 Baum- und 49 Straucharten, insgesamt 231 Pflanzen, darunter mehrere
Ein Fluss taucht wieder auf
Orchideen. Seit 1985 kümmert sich die
Naturschutzorganisation um die Erhaltung des sensiblen Ökotops, das mittlerweile eine Fläche von 607 ha umfasst. Während der geführten Rundgänge wird u. a. auch ein Blick in die ehrwürdige Wassermühle geworfen. Das horizontale Mühlrad wird von einer Quelle wenige Meter
oberhalb angetrieben, die pro Sekunde 50 l Wasser ausschüttet (weitere Informationen zum Karstphänomen → Caselle in Pittari, S. 184 ff.).
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Südlicher Cilento
Prunkstücke sind u. a. die Mitte des 19. Jh. aus Sizilien importierten „Backformen“
für religiöse Votivf iguren (eine Kindpuppe aus Gips drückte z. B. den Wunsch
nach Nachwuchs aus).
Hin & weg Die schnellste Anfahrt erfolgt
über die Cilento-Quertrasse (SS 517), Ausfahrt Morigerati, anschließend kurvenreich
bis zum Ortszentrum.
Oasi WWF Centro Visite, das WWF-Besucherzentrum liegt wenige Schritte von der
Altstadt entfernt und ist der Startpunkt für
Touren in die Schlucht. Mai bis Okt. 10–
17 Uhr, ansonsten nach Voranmeldung, bei
Regen geschlossen. Eintritt 5 €. Piano della
Porta 17, www.grottedimorigerati.it.
Veranstaltungen Festa di San Demetrio
Martire, das Patronatsfest ist ein jährlicher
Treff der Emigranten mit viel Musik sowie
lokalen Spezialitäten. 26. Aug.
Wandern Zur Risorgenza del Bussento:
Auf eindeutigem Stufenweg geht es vom
Besucherzentrum in die Schlucht. Empfehlenswert ist eine Führung durch die WWFMitarbeiter; wenn kein Mitarbeiter vor Ort
ist, funktioniert es aber natürlich auch ohne
Begleitung. Vor dem Grund der Schlucht
trifft man auf eine Gabelung: Links geht es
zur Bussento-Grotte, nach rechts zu einer
Ölmühle und einem Bade- und Picknickplatz. Gutes Schuhwerk ist für die KlammErkundung unverzichtbar (Gehzeit hin und
zurück: ca. 1 Std.).
Übernachten/Essen & Trinken *** Del
Parco, das 2009 eröffnete Mittelklassehotel
liegt allein auf weiter Flur am Ortsausgang
von Sicilì, dem Nachbarort von Morigerati.
14 eher nüchterne Zimmer, aber insgesamt
Caselle in Pittari
überwiegt der ordentliche Gesamteindruck,
wunderbar ruhig, für einen Zwischenstopp
völlig ausreichend. Mitte April bis Sept. DZ
50–100 €. Loc. Ranuzzo (2 km von der WWFOasi in Morigerati entfernt), ♠ 0974-982072,
www.hoteldelparco.eu.
Locanda Il Salice, direkt neben obigem
Hotel liegt das gepflegte Landhaus, das ein
hervorragendes Restaurant beherbergt.
Traditionelle cucina di terra mit Gerichten,
zubereitet nach den Grundsätzen der dieta
mediterranea. Zahlreiche Zutaten aus der
Region, nach Wunsch auch glutenfreies Essen. Familiäre Atmosphäre, gemütliche Terrasse, auch der Vino mundet. Mittags und
abends geöffnet, ratsam ist jedoch die telefonische Absprache. Menü 20–25 €. Auch
Vermietung von zwei Apartments (nur wochenweise). Loc. Ranuzzo, ♠ 0974-982082,
www.locandailsalice.com.
Mein Tipp: Dei Compari, die zwei
„Kumpane“ heißen Nicola und Pasqualino
und kredenzen in ihrer volkstümlichen
Osteria am Museum in Morigerati tadellose
Hausmannskost. Viel Gemüse aus der Region, der Schwerpunkt liegt eindeutig auf
den Antipasti und Primi. Als Secondi kommen deftige Grillsteaks auf den Tisch.
Menü um 20 €. Di Ruhetag (im Aug. tägl.,
sonst Do, Sa und So am Abend auch Pizza).
Via Granatelli, ♠ 339-7888670, www.osteria
decompari.altervista.org.
ca. 2000 Einwohner
Der sympathische, lebendige Ort wartet mit einer überraschend ausgereiften Infrastruktur auf. Trotz der relativen Größe ist die Orientierung denkbar einfach, denn
die Anfahrtswege enden alle am zentralen Straßenkreuz in der Neustadt. Von hier
stellt eine gepflasterte Ahornallee über einen Damm die Verbindung zum dörflich
wirkenden Altstadthügel her. Wer sich nicht unterwegs in den Gassen verliert, erreicht irgendwann die Reste der mittelalterlichen Bastei auf der 450 m hoch gelegenen Spitze. Von der angevinischen Anlage aus der zweiten Hälfte des 13. Jh. ist ein
trutziger Turm erhalten geblieben, von dem aus die Betrachter drei wichtige
Cilento-Berge fest im Blick haben: den Monte Sacro, den Monte Cervati und den
Monte Centaurino. Indizien weisen darauf hin, dass die Besiedlung weiter zurückreicht: In Caselle in Pittari lebten einst basilianische Mönche, und an einem Nebenfluss des Bussento vor den Toren des Städtchens entdeckten Archäologen Spuren eines lukanischen Dorfes aus dem 4. Jh. v. Chr.
Caselle in
Pittari
Caselle in Pittari
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Die eigentlichen Attraktionen bef inden sich in der unmittelbaren Umgebung und
sind, wie so oft im Cilento, nur auf Schusters Rappen zu erreichen. 1 km östlich
vom Altstadthügel verschwindet der Bussento auf spektakuläre Weise im Fels: Das
scheunentorgroße Karstloch namens Inghiottitoio del Bussento bef indet sich am
Fuß einer 150 m hohen Kalkwand (La Rupe) und ist nur zu sehen, wenn man sich
zu Fuß an den Abstieg in die Schlucht wagt. Seit Jahrmillionen löste Schmelzwasser
vom Monte Cervati an dieser Stelle den Kalk. Erstmals wurde die auf diese Weise
ausgewaschene Grotte 1950 von Baron Carlo Franchetti näher untersucht, dem
Mitbegründer der wichtigsten speläologischen Forschungsgruppe Italiens (Circolo
Speleologico Romano). Der sich zunehmend verengende Höhlengang weitet sich
nach einigen Metern zur „Krebshalle“ (Sala del Gambero) – der Rest bleibt ein Geheimnis. Ein großer Teil des Untertagestroms ist bis heute nicht erforscht, der genaue Verlauf des Bussento mit den Verzweigungen und Zuflüssen ist unbekannt.
Fest steht, dass in der unteren Schlucht bei Morigerati signif ikant mehr Wasser
den Berg verlässt als hier oben einströmt. Seitdem weiter nördlich der Bussento
zum Lago Sabetta aufgestaut wurde, ging die einströmende Wassermenge zum
Leidwesen der Naturschützer und Besucher signif ikant zurück, und nicht selten
versickert nur noch ein dünnes Rinnsal im Karst.
Ein weiteres Ausflugsziel in der Umgebung ist die Höhle des Erzengels Michael.
Das Pilgerziel steht jährlich am 8. Mai, dem Patronatstag des Heiligen, im Zentrum
der religiösen Hingabe. Ansonsten lässt sich die Fels- und Kulturlandschaft mit
Feigen und Kastanien weitgehend ungestört genießen.
 Wanderung 11: Von Caselle in Pittari zur Michaelsgrotte
→ S. 256
Kurzer, unkomplizierter Pilgerweg mit moderatem Höhenunterschied
Südlicher Cilento
Der Altstadthügel von Caselle in Pittari
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Südlicher Cilento
Hin & weg Unkomplizierte Anfahrt über
die Superstrada (SS 517), Ausfahrt Caselle
in Pittari; günstig gelegene Parkplätze auf
der Rückseite vom Rathaus.
Veranstaltungen Palio del Grano, Erntefest mit Musik und traditionellen Kostümen, angebaut wird eine besondere, in Caselle in Pittari endemische Getreideart. Ein
So Mitte Juli (www.paliodelgrano.it).
Wandern
Zum Inghiottitoio del Bussento: Der Ausgangspunkt für den Abstieg
in die Schlucht, in der der Bussento ins
Felsloch einströmt, ist nur mit dem Auto
erreichbar: Vom Zentrum geht es auf der
Via Nazionale nach Süden, dann auf Schilder „Inghiottitoio del Bussento“ bzw. „La
Rupe“ achten. Auf der anderen Talseite an
einer Rechtskurve bei den Schautafeln das
Fahrzeug abstellen. Für den Abstieg ist gutes Schuhwerk nötig, wer den Weg nicht
auf sich nehmen mag, erspäht nach wenigen Metern mit geübtem Auge bereits das
Karstloch.
Übernachten/Essen & Trinken Agriturismo Pittari, das recht günstig am Ortsrand gelegene Logis ähnelt eher einer
Kleinpension als einem Bauernhof. Familiär und freundlich, nur 3 Zimmer teilen
sich ein Bad. Behaglicher Frühstücksraum, Clorinda und Angelo sorgen sich
rührend um das Wohl der Gäste. Das Restaurant ist für gute Landküche bekannt
und öffnet nur nach Voranmeldung. Aug.
geschlossen. DZ 45–50 €. Via Nazionale 168, ¢ 0974-988800.
Sanza
Mein Tipp: Tancredi, die Osteria in der
Altstadt wird schwungvoll von den jungen
Nachkommen der Adelsfamilie Florenzano
in Morigerati betrieben. Die Zutaten der Küche stammen z. T. aus der eigenen Azienda, der Fattoria Tancredi, die Spezialität des
Hauses ist die gegrillte Wurst. Sitzplätze im
gediegenen, solide restaurierten Landhaus,
man speist auf zwei Etagen oder auf der
Terrasse. Mama kocht, die Küche lohnt einen Blick (→ Foto, S. 266). Auch Bar. Menü
um 20 €. Tägl. außer Di, außer Sa/So nur
am Abend. Via Salita della Chiesa, ♠ 3491742021, www.osteriatancredi.it.
Zì Filomena, das qualitätsvolle Restaurant
im Ortszentrum gibt es bereits seit 1932!
Pasta und Dolci sind jeweils hausgemacht,
darüber hinaus bietet die Speisekarte einen
repräsentativen Querschnitt der regionalen
Landküche. Saisonal wechselnde Gerichte
mit vielen frischen Zutaten von Trüffel über
Spargel bis zum schmackhaften Pilzragout,
von allem wird reichlich aufgetischt. Gute
Weine aus der Region, keine Freiplätze.
Menü um 25 €. Viale Roma 11, ♠ 0974988024, www.ristorantezifilomena.it.
La Pietra Azzurra, stolz war der Pizzaiolo
Michele Croccia im Jahr 2009 auf den Titel
des Vizeweltmeisters im Pizzabacken! Aber
nicht nur die Pizza mundet vortrefflich,
auch die cucina tipica cilentana lohnt den
Weg hierher. Ehrliche Preise, einladender
Speiseraum
im
Obergeschoss.
Via
Caporra 64 (im Ortszentrum), ♠ 0974-988779,
www.ristorantelapietraazzurra.it.
ca. 2800 Einwohner
Die verkehrsgünstig gelegene Kleinstadt liegt bereits an der Schwelle zum Vallo di
Diano. Die runde Kuppe des Altstadthügels ziert ein schlanker Stadtturm aus dem
Mittelalter mit rundem Glockengeschoss und roter Ziegelhaube. Wenige Schritte
weiter liegt die Piazza Plebiscito mit der Chiesa Santa Maria Assunta. Im Inneren
des dreischiff igen Gotteshauses steht die Kultf igur der Madonna della Neve, die
alljährlich am 26. Juli auf den Monte Cervati getragen wird (→ S. 206 f.). Sanza ist
über die Cilento-Quertrasse (SS 517) mit eigener Ausfahrt rasch von der Küste und
aus dem Vallo di Diano erreichbar. Startpunkt der Cervati-Besteigung ist die SP 18
in Richtung Rofrano (nach 1,5 km bef indet sich rechts eine Kalvarienstation und
ein braunes Schild „Monte Cervati“). Ansonsten präsentiert sich Sanza weniger als
Touristenziel sondern als Durchgangsstation und geograf isches Scharnier zwischen
dem südlichen Cilento, dem wilden Herzen des Nationalparks rund um den Monte
Cervati sowie dem Vallo di Diano.