zum Umgang mit sensiblen Objekten in wissenschaftlichen Sammlung

Tagung
Zwischen Forschung, Lehre, Recht und Verantwortung – zum Umgang mit sensiblen Objekten in
wissenschaftlichen Sammlungen
21. und 22. Januar 2016
Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU)
Organisatorinnen:
Dr. Vera Hierholzer | Sammlungskoordinatorin der JGU an der Universitätsbibliothek Mainz
Dr. Anna-Maria Brandstetter | Kuratorin der Ethnografischen Studiensammlung am Institut für
Ethnologie und Afrikastudien, JGU
Zahlreiche Sammlungen an Museen und Universitäten bewahren Dinge, die aus ethischer
Perspektive heute als „sensibel“ eingestuft werden und eines besonderen Umgangs bedürfen. Das
sind zum einen Dinge, die selbst „sensibel“ sind, wie rituelle, nicht für die Öffentlichkeit bestimmte
Gegenstände, menschliche Überreste und inhaltlich problematische Objekte (z. B. rassistisches
Propagandamaterial). Zum anderen werden Dinge als „sensibel“ kategorisiert, bei denen die
Umstände der Herkunft, der Herstellung, des Erwerbs, der Aneignung und der Musealisierung
fragwürdig sind. Dazu gehören ganz aktuell Kulturgüter, die illegal aus Krisengebieten ausgeführt
werden, aber auch viele der Objekte, die um die Wende zum 20. Jahrhundert aus der kolonialisierten
Welt nach Europa geschafft wurden, sowie Dinge, die in der NS-Zeit oder auch in der DDR durch
Enteignungen und erzwungene Verkäufe die Besitzer wechselten. In diesen und weiteren
Unrechtskontexten wurden neben menschlichen Überresten zudem auch Messdaten,
Körperbeschreibungen, Zeichnungen, Fotografien, Gipsabgüsse, Film- und Tondokumente zu
Menschen gesammelt, die oft in Zwangssituationen hergestellt wurden. Unter dem Aspekt des
Artenschutzes werden in jüngeren Debatten nicht zuletzt auch naturhistorische Objekte als
„sensibel“ gefasst und die Folgen eines umfassenden Dokumentations- und Bewahrungswillens
kritisch beleuchtet.
Während die Frage des Umgangs mit „sensiblen“ Objekten in Museen in den vergangenen
Jahren zunehmend in den Blick gerückt ist, wurde sie für die Universitätssammlungen bisher wenig
diskutiert – und das, obwohl diese in jüngster Zeit (u.a. in Folge der Empfehlungen des
Wissenschaftsrates von 2011) erhöhte Aufmerksamkeit finden. Die Tagung soll hier einen Impuls
geben, indem sie Fachleute aus Universitäten und Museen in einen Erfahrungsaustausch bringt.
Ausgehend von exemplarischen Objektbiografien werden mögliche Konsequenzen erörtert, die aus
der Kategorisierung „sensibel“ für die Aufbewahrung, Dokumentation und Restaurierung, die
Verwendung in Lehre und Forschung sowie die öffentliche Präsentation des betreffenden
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Gegenstands gezogen werden können. Parallel zu solchen Fragen eher praktischer Natur wird eine
wissenschaftshistorische und -theoretische Perspektive eingenommen: Wie verändern sich Dinge in
verschiedenen Kontexten? Wie hat sich historisch der Blick auf die Herkunft und Beschaffenheit von
Objekten gewandelt? Welches Verständnis von Wissenschaft steht dahinter? Wie unterscheidet sich
der Umgang an Universitäten von dem an Museen?
Ausgehend von der Heterogenität und Vielfältigkeit der Universitätssammlungen deckt die
Tagung ein breites Spektrum von Objekten ab – von anthropologischen, ethnologischen und
archäologischen über kunsthistorische und historische bis hin zu naturhistorischen. Den skizzierten
Fragen soll so erstmals quer zu Fächern und ausgewählten Themenfeldern nachgegangen werden,
um Parallelen und Differenzen auszuloten und Disziplinen übergreifend Strategien zu diskutieren und
weiterzuentwickeln.
Veranstaltungsort Tagung: Johannes Gutenberg-Universität, Universitätsbibliothek –
Zentralbibliothek, Jakob Welder-Weg 6, 55128 Mainz
Veranstaltungsort Podiumsdiskussion: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz,
Landesmuseum Mainz, Große Bleiche 49-51, 55116 Mainz
Anmeldung bis zum 8. Januar 2016 unter: [email protected]
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PROGRAMM
(Stand: 26.11.2015; Themen, Vortragstitel und Reihenfolge sind vorläufig)
Donnerstag, 21. Januar 2016
14:00
Begrüßung
Vera Hierholzer, Zentrale Sammlungskoordinatorin der JGU, &
Anne Brandstetter, Institut für Ethnologie und Afrikastudien der JGU
Impulsreferate
Historizität von Wertsystemen und Perspektiven auf sensible Objekte (Arbeitstitel)
Bénédicte Savoy, Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik,
Technische Universität Berlin
Sensible Objekte in Universitätssammlungen. Stand der Diskussion (Arbeitstitel)
Cornelia Weber, Koordinierungsstelle für wissenschaftliche
Universitätssammlungen, Humboldt-Universität zu Berlin
Sensitive objects between ethical, cultural and political implications. Australian
perspectives (Arbeitstitel)
Michael Pickering, National Museum of Australia, Canberra (angefragt)
16:00
16:30
Kaffeepause
Themengruppe 1: NS-Raubgut
Beate Herrmann, Ethnologische Sammlung, Georg-August-Universität Göttingen
Miriam Merz, Zentrale Stelle für Provenienzforschung Hessen, Museum
Wiesbaden
17:30
Themengruppe 2: Raubgrabungen
Alexander Pruß, Institut für Altertumswissenschaften, JGU Mainz
Michael Müller-Karpe, Römisch-Germanisches Zentralmuseum, LeibnizForschungsinstitut für Archäologie, Mainz
19:00 – 20:30
Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und wissenschaftlichen
Sammlungen. Öffentliche Podiumsdiskussion im Landesmuseum Mainz
Wiebke Ahrndt, Übersee-Museum Bremen und Deutscher Museumsbund e.V.
Larissa Förster, Internationales Kolleg Morphomata, Universität zu Köln
Uwe Hartmann, Stiftung Deutsches Zentrum für Kulturgutverluste, Magdeburg
Julia Voss, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Doris Prechel, Institut für Altertumswissenschaften, JGU Mainz
Michael Schmitz, Naturhistorisches Museum Mainz
Friedemann Schrenk, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum
Frankfurt am Main /Goethe-Universität Frankfurt (angefragt)
Moderation: Anna-Maria Brandstetter & Vera Hierholzer, JGU Mainz
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Freitag, 22. Januar 2016
9:00
Themengruppe 3: Sacred-secret objects und koloniales Sammeln
Anna-Maria Brandstetter, Institut für Ethnologie und Afrikastudien, JGU Mainz
Eva Raabe, Weltkulturen Museum Frankfurt am Main
10:00
Themengruppe 4: Fotos/ Tonaufnahmen/ Messdaten
Irene Hilden, Lautarchiv, Humboldt-Universität zu Berlin
Benedikt Burkard, Freier Ausstellungskurator, Frankfurt am Main
11:00
11:30
Kaffeepause
Themengruppe 5: Human Remains
Robin Leipold, Karl-May-Museum Radebeul
Andreas Winkelmann, Institut für Anatomie, Medizinische Hochschule
Brandenburg Theodor Fontane
12:30
14:00
Mittagessen
Themengruppe 6: Artenschutz
Frank Steinheimer, Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Norbert Niedernostheide, Museum am Schölerberg, Osnabrück
15:00
Themengruppe 7: Propagandamaterial
Hermann Rösch, Institut für Informationswissenschaft, Fachhochschule Köln
N.N.
16:00
16:30
Wrap Up bei Kaffee und Tee
Ende Workshop
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