eine revolution der schlaganfall-therapie

EINE REVOLUTION DER SCHLAGANFALL-THERAPIE
88. Neurologen-Kongress
Deutschlands Neurologen feiern – nicht sich selbst, sondern
eine neue Therapieform des Schlaganfalls. Die mechanische
Thrombektomie hat sich nach fünf positiven Studien in
wenigen Monaten durchgesetzt. Am Wochenende ging der
Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Neurologie
(DGN) in Düsseldorf zu Ende. Mehr als 6.000 Teilnehmer
verzeichnete er, Thema Nummer 1 war die Thrombektomie.
Doch nach der Freude kommt die Arbeit, denn es gibt einige
Fragen zu klären. Wer wir die Behandlung künftig
durchführen? Und wie viele Patienten können davon
profitieren?
Neurologen und Neuroradiologen berichten, dass jetzt manche
Patienten geheilt die Klinik entlassen, die noch vor ein paar
Jahren schwer behindert gewesen wären. Das erklärt ein
Stück weit die Euphorie insbesondere der Ärzte, die noch
Zeiten miterlebt haben, in denen es kein Mittel gegen den
Schlaganfall gab. So wie der Essener Prof. Hans-Christoph
Diener, Pressesprecher der DGN: „Als ich 1975 meine
Facharztausbildung zum Neurologen begann, war der
Schlaganfall das ungeliebte Kind in der Neurologie. Die
meisten Patienten mit Schlaganfall wurden in einer Klinik für
Innere Medizin abgelegt. Dann wurde abgewartet, ob der Patient das Ereignis überlebt oder nicht."
Bisher war die Thrombolyse die Standardtherapie bei einem Gefäßverschluss im Gehirn. Bis zu 4,5
Stunden nach dem Schlaganfall haben die Ärzte eine Chance, ein Gerinnsel medikamentös aufzulösen.
Die Erfolgsquote liegt hier bei 40 bis 50 Prozent. Bei der mechanischen Thrombektomie kann ein großer
Gefäßverschluss mittels eines Katheters entfernt werden, der in die Leiste eingeführt wird. Die
Erfolgsquote hierbei liegt den neuen Studien zufolge bei 70 bis 90 Prozent. Fast alle Patienten erhalten
zusätzlich eine Thrombolyse.
Welche Erfolge man mit der Thrombektomie allein erzielen würde, ist noch ungewiss. Ebenso wie viele
Schlaganfall-Patienten künftig davon profitieren können? Von rund 10.000 Patienten war nach den
ersten erfolgreichen Studien die Rede. Bisher waren es die Patienten mit großen Verschlüssen. Und das
Motto „Time is brain" gilt prinzipiell auch für die Thrombektomie. Je früher die Patienten behandelt
werden, desto besser die Chancen. Doch möglicherweise kann mancher Patienten auch jenseits eines
Zeitfensters von 8 Stunden noch profitieren. Da in den Studien keine vermehrten Blutungen auftraten,
kann die Therapie jedenfalls als relativ risikoarm betrachtet werden.
Nun ist es an den Fachgesellschaften, Rahmenbedingungen wie Leitlinien aufzustellen. Damit möglichst
alle Patienten, die dafür infrage kommen, künftig von der neuen Methode profitieren und die Qualität der
Behandlung gesichert ist. Dabei werden sicher manche Fragen kontrovers diskutiert. Solte man die
Behandlung zentralisieren in großen Kliniken, die dann durch entsprechend hohe Fallzahlen mehr
Erfahrung sammeln können? Was würde das für die künftige Einweisungs- und Verlegungspraxis
bedeuten? Müssen mehr Spezialisten ausgebildet werden?
Durchgeführt wird die Thrombektomie in der Regel nicht von Neurologen, sondern von Neuroradiologen.
Viele Teilnehmer des DGN-Kongresses waren überrascht von den Zahlen, die die Deutsche
Gesellschaft für Neuroradiologie (DGNR) dort vorstellte. Demnach wird die Thrombektomie aktuell
bereits in 130 Zentren durchgeführt, die meisten mit überregionaler Stroke Unit. Rund 80 Prozent dieser
Zentren führen schon jetzt jährlich mehr als 50 Thrombektomien durch. Reichlich Erfahrung ist also
Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe
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schon vorhanden. Eine gute Basis dafür, dass künftig noch mehr Patienten von der neuen Therapie
profitieren können.
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