Konzeption Kindergarten Regenbogen Eppelheim Stand: Juli 2015 _____________________________________________ Postillion e.V. – Kinder- und Jugendhilfe im RheinNeckar-Kreis Anerkannter Träger der Jugendhilfe gem. § 75 SGB VIII. Vom Finanzamt Heidelberg als gemeinnützig anerkannt (Steuer Nr. 32489/41467); Eintragung ins Registergericht Mannheim (VR 331407) Vorstand: Stefan Lenz (Geschäftsführender Vorsitzender), Christian Sauter (Geschäftsführendes Vorstandsmitglied) Bankverbindung: Konto 58114200, Volksbank Kurpfalz H+G Bank eG (BLZ 672 901 00); IBAN DE81672901000058114200, BIC GENODE61HD3 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 2 Liebe Eltern, die vorliegende Konzeption ist eine Arbeitsgrundlage für alle Mitarbeiter_innen des Postillion e.V. in der Kindertagesstätte Regenbogen in Eppelheim. Wir sind der festen Überzeugung, dass eine Konzeption leben muss, Mitarbeiter_innen, Eltern und auch die Kinder müssen sie ständig weiterentwickeln. Daher widmet sich ein eigenes Kapitel der Weiterentwicklung dieser Konzeption, als zentraler Bestandteil der Qualitätssicherung. Wir wissen aus Studien, dass der Einbezug der Eltern von grundlegender Wichtigkeit ist. Daher haben wir die Konzeption auch für die Eltern geschrieben und auf wissenschaftliche Erkenntnisse verwiesen. Es ist ferner Ziel der Konzeption, unsere Arbeit transparent und erklärbar zu machen. Daher unser Appell: Machen Sie bei der Weiterentwicklung der Konzeption mit. Hierfür stehen Ihnen Team, Einrichtungs- und Fachleitung zur Verfügung. Herzlichst Ihr(e) Stefan Lenz, Geschäftsführender Vorsitzender Bettina Kiem, Fachleitung Susanne Lorenz, Kindergartenleitung Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 3 Inhaltsverzeichnis 1 Erziehungsgrundsätze ............................................................................................................ 4 1.1 Der Kindergarten als Betreuungsinstitution ....................................................................... 4 1.2 Bildung ............................................................................................................................. 5 1.3 Erziehung ..........................................................................................................................6 2 Rahmung ................................................................................................................................ 7 2.1 Personal............................................................................................................................ 7 2.2 Gruppengröße ...................................................................................................................8 2.3 Verpflegung ......................................................................................................................8 2.4 Öffnungszeiten..................................................................................................................8 2.5 Einzugsgebiet ...................................................................................................................9 2.6 Organisatorische Strukturen/Hintergrundunterstützung ....................................................9 2.7 Mitarbeit in Fachverbänden und Fortbildungen ............................................................... 10 2.8 Finanzierung der Einrichtung ........................................................................................... 10 3 Der Alltag im Kindergarten .....................................................................................................11 3.1 Demokratisch-partizipatives Modell im offenen Konzept ..................................................11 3.1.1 Das offene Konzept in seinen Grundsätzen ................................................................ 12 3.1.2 Die Förderung des Sozialverhaltens ........................................................................... 14 3.1.3 Bezugsgruppen .......................................................................................................... 15 3.2 Tagesablauf .................................................................................................................... 15 3.2.1 Bringzeit .................................................................................................................... 15 3.2.2 Kinderrunde ............................................................................................................... 16 3.2.3 Angebotszeit.............................................................................................................. 16 3.2.4 Freispiel ..................................................................................................................... 16 3.2.5 Essen ......................................................................................................................... 17 3.2.6 Aufenthalt im Freien................................................................................................... 17 3.2.7 Mittagsruhe ............................................................................................................... 17 3.2.8 Feste .......................................................................................................................... 18 3.3 Schwerpunkte ................................................................................................................. 18 3.3.1 Spracherziehung und Sprachförderung ...................................................................... 18 3.3.2 Sonderfall: bei der Einschulungsuntersuchung wird ein Förderbedarf festgestellt ...... 21 3.3.3 Leseförderung............................................................................................................ 22 3.3.4 Naturerfahrung .......................................................................................................... 22 3.3.5 Übergang vom Kindergarten in die Schule .................................................................. 23 4 Von der Beobachtung über die Dokumentation zur pädagogischen Handlung ...................... 25 5 Einbeziehung der Familien ................................................................................................... 27 5.1 Eingewöhnung ................................................................................................................28 6 Vernetzung und Kooperation ................................................................................................29 7 Kinderrechte/Beteiligung/Qualität ....................................................................................... 30 7.1 Partizipation und Einbeziehung der Kinder ...................................................................... 30 7.2 Beschwerdemöglichkeiten .............................................................................................. 30 8 Qualitätsentwicklung............................................................................................................ 31 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 4 1 Erziehungsgrundsätze Der Kindergarten hat inzwischen einen hohen gesellschaftspolitischen Stellenwert erhalten. Kindergärten in Deutschland haben eine lange Tradition und ein eigenes Verständnis. Sie gehören nicht in das Schulsystem, sondern sind Teil der Kinder- und Jugendhilfe und daher gesetzlich im VIII. Sozialgesetzbuch, dem sogenannten Kinder- und Jugendhilfegesetz, verankert. Heute stehen wir vor einer Akademisierung der Kindertagesstätten. Inzwischen besteht das Personal nicht nur aus Fachschulabsolventen, sondern auch Fachhochschulabsolventen. Zunehmend entstehen immer mehr Lehrstühle, die sich mit frühkindlicher Bildung beschäftigen. Es gibt heute mindestens drei Gründe, Kindergärten zu legitimieren: Der erste Grund ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die durch den zunehmenden Fachkräftemangel in der Wirtschaft immer dringender wird. Daher ist dies auch die Hauptmotivation der Bundesregierung, den Ausbau von Tageseinrichtungen zu forcieren. Der zweite Grund hängt eng damit zusammen. Das heißt: die Demografie in Verbindung mit entsprechenden Investitionen in unsere Wissensgesellschaft. Zunehmend werden gut ausgebildete Fachkräfte benötigt. Eine frühzeitige gute frühkindliche Bildung scheint dieses Ziel ein Stück näher zu bringen. Der dritte Grund ist die in den PISA-Studien nachgewiesene Tatsache, dass Deutschland im internationalen Vergleich zu den drei Ländern mit dem sozial ungerechtesten Bildungssystem gehört. Vor allen Dingen die soziale Herkunft bestimmt den Bildungserfolg und weit weniger die Intelligenz oder die Leistung. Viele Eindrücke, viele Forderungen und viele neue Konzepte strömen derzeit auf die Kindergärten ein. Es ist Aufgabe von Eltern, Trägern und Kindergartenmitarbeitern, all das zu sortieren, zu sondieren und ein für Kinder verlässliches Konzept auf den Weg zu bringen und auch umzusetzen. Wir sehen daher den Kindergarten in den drei wichtigen Grundkategorien: Betreuung, Bildung und Erziehung. 1.1 Der Kindergarten als Betreuungsinstitution Betreuung ist wahrscheinlich der Begriff, der am einfachsten umzusetzen ist. Hier geht es zunächst darum, gesicherte, verlässliche Betreuungsangebote zu schaffen, sodass Eltern berufstätig sein können und die Kinder dennoch gut aufgehoben sind. Wichtige Kategorien sind hierbei Wärme, Nahrung und Schutz vor Gefahren. Also all das, was Kinder brauchen, damit ihre leiblichen Bedürfnisse befriedigt werden. Darüber hinaus wissen wir aus den in den 1940er Jahren durchgeführten Untersuchungen des Schweizer Psychologen René Spitz, dass sich die Beziehung zwischen Kindern und Erwachsenen nicht nur auf Versorgung beschränken darf. Es braucht eine verlässliche Zuwendung von Erwachsenen und die Bereitschaft Erwachsener, sich auf Kinder im Rahmen von Beziehung und wechselseitiger Anerkennung einzulassen. Man kann sagen: Betreuung heißt, Bindungen zulassen, ermutigen und pflegen. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 5 1.2 Bildung „Kinder lernen spielerisch“ - diese Aussage ist nicht falsch, aber sie ist zu pauschal, um mit ihr verdeutlichen zu können, was Kinder am Beginn ihrer Bildungsprozesse benötigen. Bildungsprozesse von jungen Kindern zeichnen sich aus durch: 1 Selbsttätigkeit Bildungsprozesse können angeregt, gefördert und begleitet werden. Kinder jedoch werden diese Bildungsprozesse selbsttätig betreiben. Kinder wählen aus, was ihre Neugier erregt. Sie organisieren das Vorgehen selbst und brechen es ab, wenn es zu einem Ergebnis geführt hat oder anderes wichtiger wird. Im Kindergarten wird daher immer wieder vom situationsorientierten Ansatz gesprochen. Dieser Ansatz ist von wesentlicher Bedeutung für die Arbeit in unserem Kindergarten. Ein Grundsatz des situationsbezogenen Ansatzes lautet: Lernen in Erfahrungszusammenhängen. Um den Lernmöglichkeiten, bzw. Aneignungsformen jüngerer Kinder entgegen zu kommen, sollte das sachbezogene Lernen dem sozialen Lernen untergeordnet werden. Soziales Lernen meint, dass das Kind spezielle Kompetenzen in realen Situationen und nicht in künstlichen Situationen lernt. Soziales Lernen ist daher ein Prinzip, das dafür sensibilisieren soll, dass der Tagesablauf des Kindes nicht in unzusammenhängende Lernspiele zerfällt. Hier ist eine anregungsreiche Umgebung wichtig, in der nicht nur viel zu sehen, zu begreifen und auszuprobieren ist. In ihr sollten auch das Zusammenleben mit anderen, gemeinsames Handeln, Freude und Enttäuschung erlebt werden können. Auch das Aushandeln von Interessen, das Lernen von anderen und Verantwortung für andere zu übernehmen gehören mit in diesen Erfahrungszusammenhang.2 Im situationsorientierten Ansatz ist es von enormer Bedeutung, dass Kinder in den Belangen, die sie selbst entscheiden können, auch mitbestimmen dürfen, was sie gerade lernen. Bildlich gesprochen heißt das: naturwissenschaftliche Bildung kann am besten dann gelingen, wenn es schneit und die Kinder Interesse zeigen, sich auf Experimente mit dem Element Schnee einzulassen. Es wird nicht annähernd den gleichen Lerneffekt haben, wenn pädagogische Fachkräfte von sich aus vorschlagen: jetzt steht auf dem Lehrplan, dass wir uns mit dem Thema Schnee beschäftigen. Der situationsorientierte Ansatz ist auch immer als integrativer Ansatz im weitesten Sinne zu verstehen. Das heißt: Erfahrungen zwischen Kindern und Erwachsenen, zwischen Kindern verschiedener Altersgruppen, zwischen Kindern verschiedener Kulturen, bzw. Sprachen und zwischen der Innenwelt und den Institutionen draußen. Bedürfnis nach Sicherheit Vorrangig muss das Kind Gewissheit haben, dass keine Unannehmlichkeiten und Gefahren drohen. Ein unsicheres Kind kann nicht explorieren, das heißt, es kann keine Bildungsprozesse durchlaufen. Die gute Betreuung ist daher ein Fundament für eine gelingende Bildungsarbeit. Leibliche Aneignung der Dinge Betrachten, Anfassen, Fühlen und Hören haben zunächst Vorrang bei der Bildung von Vorstellungen und Erkenntnis. 1 Krappmann, Lothar: Kinderbetreuung, Kinderförderung – Auf der Suche nach qualitativen Standards in schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften: familienergänzende Betreuung, Erziehung und Bildung von Kindern, 2009 2 Cohlberg-Schrader, Heidi: Der Situationsansatz, aus 150 Jahre Kindergartenwesen in Bayern, Festschrift, München 1989, abgedruckt in Kinderzeit/Sozialpädagogische Blätter 4/94, S. 41 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 6 Wechselseitigkeit Reicher kommunikativer Austausch mit anderen ist erforderlich, damit Bedeutung und Sinn entstehen können. Im Alltag der Kita muss daher das Miteinander-in-Kontakt-Treten ein zentraler Punkt sein. Herausforderungen durch mittlere Diskrepanz Kinder suchen den Reiz des Neuen, abgestimmt auf ihr Wissen und Können, sofern sie herausgefordert, aber nicht überfordert werden. Zunehmende Komplexität Immer komplexere Handlungseinheiten entstehen durch Wiederholen und Ordnen, Freude an Regelmäßigkeit, Rhythmus und immer wieder variierenden Spieleinheiten und Angeboten. 1.3 Erziehung Man könnte Bildung und Betreuung der Kinder mit Erziehung gleichsetzen. Wir verstehen unter dem Begriff der Erziehung vor allem, dass wir den Kindern ein Recht auf den heutigen Tag geben. Wie Janusz Korczak schon in den 1920er Jahren forderte, geht es darum, Kindheit als Lebensphase zu akzeptieren und nicht nur darum, Kinder zukunftsfähig zu machen. Dazu gehört vor allen Dingen ein liebevoller Umgang mit den Kindern. Wir haben als Tageseinrichtung eine hohe Verantwortung für die Kinder, da sie sehr viel Zeit mit den pädagogischen Fachkräften verbringen. In letzter Zeit erscheinen immer mehr Ratgeberbücher von Psychologen oder Pädagogen (Bernhard Bueb: Lob der Disziplin oder Michael Winterhoff: Warum unsere Kinder Tyrannen werden), die mehr Disziplin und Autorität fordern. Diese Einschätzung sollte differenzierter betrachtet werden. Wir möchten, dass sich alle Kinder im Kindergarten wohlfühlen. Dies setzt voraus, dass soziale Konflikte zwischen Kindern aufgegriffen und bearbeitet werden. Unsere Vorstellung davon ist, mit den Kindern diese Konflikte partizipativ zu lösen, sodass Kinder auch etwas daraus lernen. Das gemeinsame Aufstellen von Regeln, wie es schon Janusz Korczak beschreibt. Die vielen neuen Ideen im Bereich der frühkindlichen, vorschulischen Bildung führen bundesweit zur Tendenz, eine Vielzahl von Projekten ins Leben zu rufen. Wir verfolgen diese Tendenz und die aktuelle wissenschaftliche Diskussion genau. Häufig vorgestellte Programme, wie zum Beispiel im Bereich Gewaltprävention oder im Bereich Lese- und Rechtschreibung werden deswegen bei uns nur Anwendung finden, wenn deren Effekt wissenschaftlich nachgewiesen wurde, da die Etablierung und Umsetzung solcher Programme mit sehr viel Zeit verbunden ist, die an anderen Ecken wieder fehlt. Eine sehr ausführliche Auflistung zu Haltung und Professionalität, die wir auch vertreten können, findet sich im Orientierungsplan Baden-Württemberg im entsprechenden Kapitel. Margit Stamm hat in zahlreichen Studien herausgefunden, dass bei der familienexternen Betreuung das Fachpersonal eine Schlüsselrolle einnimmt, wenn es darum geht, Erziehungs- und Bildungsgedanken zu verankern. Es lässt sich nichts verordnen. Die professionelle Haltung ist daher eines der Basiselemente im Kindergarten. Diese lässt sich jedoch nicht nur auf eine einzige pädagogische Richtung festlegen; viele Ansätze verschiedener bekannter FrühPädagogen stehen nicht in einem Gegensatz zueinander, sondern sind für unsere heutige Kindergartenarbeit von großer Relevanz. Der Pädagoge Ludwig Liegle veröffentlichte z.B. in seinem Beitrag "Reicht Fröbel"3, dass "kein Klassiker reicht, um hier und heute die Pädagogik der 3 Veröffentlicht in Zeitschrift für Sozialpädagogik 6. Jahrgang, 3. Vierteljahr 2008 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 7 frühen Kindheit in Theorie und Praxis auf seinem Denken aufzubauen“. Das gilt auch für Fröbel. Die beispielhafte Erinnerung an seine Gedanken zur Beachtung der Individualität des Kindes, zur internationalen Orientierung der Erziehung und insbesondere zur Bestimmung des Kindergartens als Bildungseinrichtung hat jedoch gezeigt, dass Fröbel zeitüberdauernde Erkenntnisse formuliert hat. Das was Liegle für Fröbel formuliert hat, den Begründer des Kindergartens, gilt somit auch für die Reggio-Pädagogik und für die Pädagogik nach Montessori. Viele Ideen und pädagogische Elemente von Maria Montessori und der Region Reggio in Italien finden sich in dieser Konzeption. Aber auch der Ansatz „entdeckendes Lernen“ von Celestin Freinet. 2 Rahmung Die Forschung über gute Kindertagesstättenarbeit läuft erst seit einigen Jahren an. Die ersten Lehrstühle in Deutschland werden besetzt. Wir wissen jedoch heute schon, dass vier Kriterien wichtig sind, damit Kindergärten wirken. Genauer gesagt, dass Kinder nicht nur betreut werden, sondern auch etwas mitnehmen. Diese sind: gut ausgebildetes Personal, ein geeigneter Personalschlüssel, eine gute Einbeziehung der Eltern und eine gute Qualität (Stamm 20094). Diese Konzeption versucht, einen Rahmen zu geben, in dem gute Kindertagesbetreuung stattfinden kann. 2.1 Personal Der Postillion e.V. setzt in den Kindertagesstätten pädagogische Fachkräfte ein, die eine Fachschulausbildung besitzen. Die Auswahl der Mitarbeiter_innen wird zunächst im Rahmen eines Vorstellungsgesprächs vom Vorsitzenden getroffen. Die Einrichtung hat die Möglichkeit, bei Neubesetzungen mitzuwirken. Es soll keine Mitarbeiter_in gegen den Willen des Teams in einer Einrichtung arbeiten müssen. In jeder Einrichtung sollte eine Sozialpädagog_in mit einem akademischen Studienabschluss sein, um interdisziplinäres Arbeiten zu ermöglichen. Beratung der Eltern und die Organisation von Erziehungsprozessen, bei denen wissenschaftliches Wissen zu integrieren ist, finden sinnvollerweise in einem Diskurs statt, in dem verschiedene Perspektiven berücksichtigt werden. Der Personalschlüssel liegt in unseren Einrichtungen gemäß dem Standard des Landes BadenWürttemberg bei einem Mitarbeiter auf 10 anwesende Kinder. Es gibt eine Formel, nach der entsprechend dem Betreuungsumfang in der Einrichtung, der Personalbedarf berechnet wird. Es ist uns wichtig, dass jede Einrichtung diesen Schlüssel in Urlaubs-, Fortbildungs- und Krankheitssituationen erfüllt. Daher hat der Postillion e.V. ein zentrales Vertretungsteam, dessen Mitarbeiter_innen auch kurzfristig auf Abruf bereitstehen, um fehlendes Stammpersonal zu vertreten. Dadurch kann zwar die Personalkontinuität nicht erreicht werden, wir gehen aber davon aus, dass es besser ist, die ausgefallene Kraft mit einer anderen Person zu ersetzen, um den Ablauf des Alltags in angemessener Weise gewährleisten zu können. Das Team der Vertretungskräfte trifft sich regelmäßig zu Teamsitzungen, sie werden auf ihre besondere Tätigkeit vorbereitet. Als weitere Kraft ist in der Einrichtung eine Hauswirtschafterin tätig. Ihre Aufgaben umfassen die Reinigung der Kita sowie hauswirtschaftliche Tätigkeiten des Alltags, z.B. Imbiss-Zubereitung, Wäsche waschen etc. Unser Ziel ist es, diese Tätigkeiten für die Kinder erfahrbar zu machen, indem sie sich bei einzelnen Aufgaben einbringen können und dadurch Verantwortung für ihr Umfeld übernehmen. 4 Noch unveröffentlichter Vortrag auf der Fachtagung Uni Fribourg/Schweiz 2009 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 8 2.2 Gruppengröße Die Größe einer Kindergruppe wird in unterschiedlichen Studien kontrovers diskutiert und beurteilt. In Baden-Württemberg gelten die Rahmenbedingungen des Kommunalverbands für Jugend und Soziales, der für die Kindertageseinrichtungen Aufsichtsbehörde ist. Er empfiehlt eine Höchstgrenze von 20 Kindern pro Gruppe für die Altersstufe 3 bis 6 Jahre. Da unsere Einrichtung eine räumliche Voraussetzung für maximal zwei Gruppen hätte, können wir höchstens 40 Kinder aufnehmen. Es gibt noch keine systematische Erforschung der erzieherischen Ergebnisse bei kleineren Gruppen für den Kindertagesstättenbereich. Aus dem schulischen Bereich wissen wir, dass in kleineren Gruppen enorme Leistungsverbesserungen erzielt werden können. Hier erzielen die kleinsten Lerngruppen von bis zu fünf Kindern die besten Lernergebnisse. Ob diese Ergebnisse jedoch auf den Kindertagesstättenbereich anzuwenden sind, steht in Frage. Wir werden die aktuelle Diskussion in Deutschland jedoch weiter verfolgen. Es gibt auch in Baden-Württemberg Bestrebungen, die Gruppengrößen etwas zu reduzieren. Von Nachteil sind kleinere Gruppen immer dann, wenn man die Attraktivität der Gruppe für die Kinder betrachtet. Denn andere Kinder – auch unterschiedlichen Alters – sind für die Entwicklung von enormer Wichtigkeit. Wir versuchen, bei der Gestaltung des Tagesablaufs und der Räumlichkeiten, die Gruppengröße zumindest psychologisch zu reduzieren.5 2.3 Verpflegung Aus verschiedenen Gründen hat der Postillion e.V. sich dagegen entschieden, in den Einrichtungen eine eigene Küche zu unterhalten. Der Vorteil wäre zwar, dass die Kinder erleben würden, wie das Essen hergestellt wird, allerdings sind die Auflagen und die Qualitätsanforderungen in kleinen Einrichtungen kaum zu bewerkstelligen. Daher bedienen wir uns derzeit externer Caterer, die von uns regelmäßig, gemeinsam mit dem Gesamtelternbeirat überprüft werden. Hierzu gibt es eine Checkliste, die die Caterer kennen. Einmal im Jahr besucht eine Delegation von Postillion e.V. und dem Gesamtelternbeirat den Caterer und gemeinsam wird vereinbart, wo noch Verbesserungen erwünscht sind. Die Kriterien sind vor allen Dingen hygienische Anforderungen, aber auch kindgerechte Ernährung, die Verwendung von frischen Produkten und die Nachvollziehbarkeit, wo die Lebensmittel eingekauft werden. Adresse und Homepage des Caterer ist auf der Homepage der Kindertagesstätte aufgeführt. Das Mittagessen nehmen wir mit den Kindern im Haus in unserer eigenen oberen Küche ein. 2.4 Öffnungszeiten Der Postillion e.V. möchte mit seinen Einrichtungen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglichen. Daher verfolgen wir bei den Öffnungszeiten ein kundenfreundliches System. Die Betreuungszeiten sind von 7.00 Uhr bis 17.00 Uhr. Die Schließtage im Jahr werden auf 20 Tage begrenzt. Trotzdem legen wir Wert darauf, dass die Kinder auch eine ausreichende Zahl an „Urlaubstagen“ von der Einrichtung haben und empfehlen, dass sie auch über die Schließtage hinaus Zeit mit ihren Familien verbringen. Wir akzeptieren es, dass Eltern voll berufstätig sein wollen. Es gibt ausreichend Studien, die beweisen, dass eine Berufstätigkeit der Eltern für Kinder nicht von Nachteil sein muss. Wir wissen, dass dies in der Gesellschaft noch lange nicht voll akzeptiert ist, wollen die Eltern 5 Vgl. ausführlich bei Dolase, Rainer: Gruppenführung in Kindertageseinrichtungen, in Rieder-Aigner: Praxishandbuch Kindertageseinrichtungen, 2000. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 9 allerdings auch hier bei der Erziehung ihrer Kinder aktiv unterstützen. Hierzu wären sicherlich noch Konzepte notwendig. Problematisch wird es immer dann, wenn ein Kind krank wird oder wenn ein Kind zusätzliche Förderangebote benötigt. Hier sind noch kreative Ideen gefragt. Aus Verantwortung gegenüber den anderen Kindern und den Mitarbeiter_innen, sollten kranke Kinder nicht in die Einrichtung gebracht werden. Sie sind eventuell ansteckend, ruhebedürftig und fühlen sich dann entsprechend in der großen Gruppe auch nicht wohl. Um die Kinder nicht zu überfordern und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden, kontaktieren wir die Eltern, sobald wir feststellen, dass ein Kind im Laufe des Tages erkrankt. Gemeinsam wird dann das weitere Vorgehen besprochen, im Bedarfsfall muss das Kind früher abgeholt werden. Es gibt keine festen Bring- und Abholzeiten, allerdings bitten wir die Eltern, dass sie die Kinder bis spätestens 9.15 Uhr in die Kita bringen, da wir um diese Zeit mit der Kinderrunde den Tag gemeinsam beginnen. Damit wir den Kindern realistische Rückmeldungen geben können, wäre es gut, wenn wir eine Mitteilung bekommen, wann sie abgeholt werden. Wir würden es auch begrüßen, wenn die Bring- und Abholzeiten sich am Tagesablauf orientieren, damit die Kinder bei allen Aktionen dabei sein können, bzw. zu keinen unpassenden Zeiten rausgeholt werden müssen (z.B. Schlafen). Auch für die Durchführung von Ausflügen ist eine gewisse Planbarkeit notwendig. 2.5 Einzugsgebiet Vorrangig nehmen wir Kinder aus der jeweiligen Standortkommune auf. Wenn genügend Platz zur Verfügung steht, sind natürlich auch Kinder aus anderen Gemeinden willkommen. 2.6 Organisatorische Strukturen/Hintergrundunterstützung Die Kindertagesstätte Eppelheim ist ein sehr eigenständiges Element innerhalb des Postillion e.V. Die Mitarbeiter_innen und der Elternbeirat vertreten die Einrichtung nach außen, wenn es um Öffentlichkeitsarbeit geht. Die Mitarbeiter_innen sind auch direkte Ansprechpersonen für die Eltern, sodass der Alltag gemeinsam gestaltet werden kann. Wir akzeptieren, dass Eltern berufstätig sind und dadurch weniger Zeit haben, sich im Alltag in der Kindertagesstätte zu engagieren. Wir möchten daher keine Eltern verpflichten, irgendwelche Tätigkeiten wahrzunehmen. Der gesamte Elternbeirat soll vor allen Dingen die Funktion haben, mit der Einrichtungsleitung im Sinne einer Mitbestimmung zusammenzuarbeiten. Konzeption, Öffnungszeiten und organisatorische Regelungen sollten daher in enger Zusammenarbeit mit dem Elternbeirat erfolgen. Die Einrichtungsleitung und die Mitarbeiter_innen besitzen eine Stellenbeschreibung. Die Einrichtung wird vom Postillion e.V. umfangreich unterstützt. Neben der gesamten Buchhaltung und dem finanziellen Bereich, wird vor allem fachliche Unterstützung geboten. Für die fachliche Weiterentwicklung und Unterstützung der Einrichtung ist die Fachleitung der Kindertagesstätten zuständig. Sie hat vor allen Dingen die Aufgaben, neue fachliche Impulse an die Einrichtung weiterzugeben und die Konzeptionsentwicklung gemeinsam mit den anderen Kindergärten des Postillion e.V. voranzubringen. Außerdem ist es ihre Aufgabe, Forschungsergebnisse neuerer Natur in die tägliche Arbeit einfließen zu lassen und die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter_innen zu organisieren. Sie ist auch die Ansprechperson, wenn Eltern mit der Einrichtung unzufrieden sind. Wir möchten auch alle Eltern auffordern, mit Unzufriedenheiten nicht lange zu warten, sondern dies direkt mit der Einrichtungsleitung oder der Fachleitung zu besprechen. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 10 Für bestimmte spezialisierte Tätigkeiten gibt es Unterstützung: - im baulichen Bereich gibt es einen Diplom-Ingenieur, der für die Gebäudesicherheit, aber auch für die Gebäudequalität zuständig ist. Hierzu gehört auch der Außenspielbereich. - für juristische Fragestellungen, die in einer Kindertagesstätte naturgemäß weniger vorhanden sind oder sich allenfalls um die Frage der Aufsichtspflicht drehen, gibt es eine Volljuristin, die für die Mitarbeiter_innen zur Verfügung steht. Im Einzelfall können sich Eltern nach Rücksprache mit der Fachleitung direkt an die Juristin wenden. - die betriebsärztliche Ansprechperson ist nicht beim Postillion e.V. angestellt. Hier hat der Postillion e.V. den betriebsärztlichen Dienst, eine Firma die bundesweit tätig ist beauftragt, da es sich bei dieser Größenordnung noch nicht lohnt, einen eigenen betriebsärztlichen Dienst zu unterhalten. Der betriebsärztliche Dienst hat die Aufgabe, Mitarbeiter_innen über medizinische Sachverhalte, die sich um deren Gesundheit im Berufsalltag drehen, zu informieren. Der betriebsärztliche Dienst nimmt keine Untersuchungen an Kindern vor. - die politische Vertretung der Einrichtung wird vom Vorsitzenden wahrgenommen, der vor allen Dingen die Verhandlungen mit der Stadt Eppelheim führt. Ansprechpartner für den Gesamtelternbeirat ist der Vorsitzende gemeinsam mit der Fachleitung. Der Gesamtelternbeirat setzt sich zusammen aus allen Elternbeiräten der Einrichtungen des Postillion e.V.. Er hat vor allen Dingen die Aufgabe, die Elternbeiräte miteinander zu vernetzen und aktuelle Entwicklungen gemeinsam mit dem Vorsitzenden und der Fachleitung zu diskutieren. Eine wichtige Aufgabe des Gesamtelternbeirats ist es auch, die regelmäßigen Küchenbesichtigungen unserer Caterer zu begleiten. 2.7 Mitarbeit in Fachverbänden und Fortbildungen Der Postillion e.V. ist Mitglied im Verband der Kindertagesstätten der Schweiz (www.kitas.ch). Dies ist darin begründet, dass es in Deutschland keinen trägerübergreifenden Fach- oder Trägerverband gibt. Eine Vernetzung mit anderen Einrichtungen halten wir jedoch für die Qualität der Kindertagesstätten für unerlässlich. Wir nehmen daher an Veranstaltungen in der Schweiz teil, um auf dem aktuellen Stand der Forschung zu bleiben. Derzeit sind wir dabei, über die internationale Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGFH), in der wir auch Mitglied sind, ein bundesweites Netzwerk zu gründen, um deutschlandweit Anregungen zu erhalten. Fortbildungen sind Bestandteil der Personalentwicklung. Regelmäßig wird ein Personalentwicklungsgespräch geführt, bei dem der Fortbildungsbedarf einzelner Mitarbeiter_innen bestimmt wird. Gemeinsam legen Fachleitungen und Einrichtungsleitungen die Fortbildungen für das kommende Jahr fest. Zwei Fachtage aller Einrichtungen der Kindertagesstätten des Postillion e.V. sind verbindlich. Hier geht es vor allen Dingen um eine konzeptionelle Weiterentwicklung und um das Einfließen neuer Erkenntnisse in die Kindertagesbetreuung. Flankierend werden immer wieder kurzfristige und kleinere Fortbildungseinheiten festgelegt. 2.8 Finanzierung der Einrichtung Die aktuellen Elternbeiträge entnehmen Sie bitte der Homepage. Die umfangreiche Kalkulation der Einrichtung kann bei Interesse gerne beim Verein angefordert werden. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 11 Änderungen im Tarif muss der Stadtrat von Eppelheim beschließen. Der Postillion e.V. ist ein gemeinnütziger Verein, der grundsätzlich keine Gewinne aber auch keine Verluste erwirtschaften darf. Wir bemühen uns lediglich darum, ein Monatsgehalt als Rücklage zu erwirtschaften. Die Finanzen werden zunächst vom Beirat des Vereins überprüft. Der Beirat besteht aus Mitarbeitern und Vertretern der Mitgliedsgemeinden und -städte. Die Jahresrechnung wird jährlich in der Mitgliederversammlung verabschiedet. Bei Bedarf kann sie beim Verein eingesehen werden. 3 Der Alltag im Kindergarten Kinder sind wissbegierig, Kinder haben viele Ideen und sie kommen in der Regel auch sehr gerne in die Einrichtung. Das Freispielen ist ein wichtiger Abschnitt im Tagesablauf. Aber selbst das Freispiel, und das beweist Korczak in seinem Buch 'Wie man ein Kind lieben soll' sehr ausführlich, geht nicht ohne eine gewisse Steuerung durch die pädagogische Fachkräfte. Daher planen wir im Kindertagesstätte den Tagesablauf, mit verschiedenen Elementen und Angeboten, die jedoch entsprechend der Bedürfnisse auch verändert werden können. Dies ist wichtig, da Kinder unter anderem auch dadurch möglichst früh demokratische Grundprinzipien erfahren und lernen sollen. Bei der Organisation des Tagesablaufs handelt es sich um eine Gratwanderung: Auf der einen Seite wollen wir Kindern Freiräume schaffen und altersgerechte Angebote für sie entwickeln. Auf der anderen Seite besteht natürlich die Forderung, dass Kinder auf das Leben (mit Leben wird oftmals die Schule gleichgesetzt) vorbereitet werden. An dieser Stelle möchten wir den historisch bedeutsamen Pädagogen, Jean-Jacques Rousseau aus seinem Buch 'Emil oder über die Erziehung' zitieren: "Die Natur will, dass Kinder Kinder sind, ehe sie Männer werden. Kehren wir diese Ordnung um, so erhalten wir frühreife Früchte, die weder reif noch schmackhaft sind und bald verfaulen. Wir haben dann junge Gelehrte und alte Kinder. Die Kindheit hat eine eigene Art zu sehen und zu denken und zu fühlen und nichts ist unvernünftiger, als ihr unsere Art unterschieben zu wollen. Ebenso gut könnte man anstelle der Vernunft verlangen, dass ein zehnjähriges Kind fünf Fuß groß ist. Wozu soll ihm wohl in diesem Alter die Vernunft dienen, sie bremst die Kraft und das Kind braucht diese Bremse nicht." Bei aller Struktur ist es Aufgabe des Kindergartens und damit der Mitarbeiter_innen, den Kindern eine kindgerechte Umgebung zu ermöglichen. 3.1 Demokratisch-partizipatives Modell im offenen Konzept Insbesondere vor und nach Wahlen wird immer wieder über eine Politikverdrossenheit bei der Bevölkerung gesprochen. Die Wahlbeteiligung fällt gering aus und begründet wird dies oft damit, dass der Einzelne nicht daran glaubt, mit seiner Stimme und seinem Engagement etwas verändern zu können. Der Gedanke, darum schon früh eine verantwortungsbewusste Haltung für „das Ganze“ im Kindergarten anzustreben, klingt zunächst etwas befremdlich. Hierbei soll es jedoch nicht darum gehen, politisches Wissen zu vermitteln oder in eine bestimmte Richtung zu prägen, sondern darum, eine Basis zu schaffen, auf der es möglich ist, früh eine „verantwortliche Persönlichkeit“ zu entwickeln. Damit ist gemeint, frühzeitig lernen zu können, sich für die eigenen Belange wie auch für die anderer zuständig zu fühlen und auch bereit zu sein, sich für diese einzusetzen. Eine wichtige Kompetenz in diesem Zusammenhang ist es, sich konstruktiv mit anderen auseinanderzusetzen und sich in sie hineinversetzen zu können. Auch die Erfahrung, sich nicht durchsetzen und dies aushalten zu können, spielt dabei eine sehr zentrale Rolle. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 12 Solche Haltungen und Verhaltensweisen können wir Kindern nicht im klassischen Sinn „beibringen“, wir können nur Rahmenbedingungen schaffen, in denen sie diese erleben und handelnd erwerben können. „Der Geist der Demokratie kann nicht von außen aufgepropft werden, er muss von innen heraus kommen“ (Mahatma Gandhi). Aus diesem Grund gewinnen die alltäglichen Partizipationsmöglichkeiten in unserem Kindergarten so stark an Bedeutung: die Kinder lernen früh, sich einzubringen, Entscheidungen zu fällen, mitzudenken und Verantwortung zu übernehmen. Sie sollen erleben, dass sie ernst genommen werden und dass ihre Meinung etwas zählt. In diesem Gefühl wachsen die Kinder zu Jugendlichen und schließlich zu Erwachsenen heran, für die es – so hoffen wir – selbstverständlich ist, sich einzubringen und verantwortungsvoll mit demokratischen Grundprinzipien umzugehen. 3.1.1 Das offene Konzept in seinen Grundsätzen Der pädagogische Grundgedanke, der hinter dem offenen Konzept steht, ist das Kind als aktiven Selbstgestalter seiner Entwicklung ernst zu nehmen und ihm somit mehr Autonomie, Selbstorganisation und Entscheidungsspielräume bei seinen Lern-, Entwicklungs- und Bildungsprozessen zuzutrauen. Vor diesem Hintergrund stellen wir den Kindergarten mit seiner gesamten Fläche den Kindern zur Verfügung. Zum einen, dass sie sich darin nach eigenem Ermessen selbständig bewegen und aufhalten bzw. beschäftigen können, zum anderen aber auch, um diesen auch verantwortlich mitgestalten und verändern zu können. In einem offenen Konzept bedarf es auch einer Plattform, auf der die Regeln des gemeinsamen Miteinanders besprochen, diskutiert und entschieden werden. Dies wird in unserem Kindergarten in Form einer täglichen Kinderrunde/Kinderkonferenz ausgeführt, an der immer alle Kinder teilnehmen. Auch in dieser gelten demokratische Prinzipien. Zudem können die Kinder bei uns selbständig entscheiden, an welchen Spiel- und Beschäftigungsangeboten sie sich beteiligen möchten bzw. auch selbst Ideen für die Angebote und deren Durchführung einbringen. Die Erzieherinnen versuchen ihrerseits durch gezielte Beobachtungen die Angebote an den Interessen der Kinder auszurichten. 3.1.1.1 Funktionsräume und Raumgestaltungsmöglichkeiten Haben Kinder die Möglichkeit, ihre Räume mitzugestalten, steigt ihre Identifikation und ihre Verantwortungsbereitschaft mit den Räumen. Wenn sie bewusst erleben, wie sie andere Kinder, Erwachsene und die Räume beeinflussen können, bzw. von diesen beeinflusst werden, wächst die Lust und das Vertrauen in die eigenen Potentiale, sich aktiv mit der Welt auseinanderzusetzen. Deswegen erfragen wir immer wieder die Ideen der Kinder bzw. begleiten sie, wenn sie anfangen, Veränderungen zu überlegen. In unserer Einrichtung haben wir verschiedene Räume, die jeweils verschiedenen Funktionen zugeordnet sind. Dadurch haben wir für die einzelnen Elemente mehr Platz zur Verfügung, als wenn mehrere Funktionsecken in einem Raum untergebracht werden müssten. Dies kommt zum einen dem Bewegungsdrang der Kinder entgegen, da sie von Raum zu Raum gehen können und ihnen so auch ein eigener Tobe- und Bewegungsraum zur Verfügung steht. Zum anderen ermöglicht es aber auch ein den gesamten Raum einnehmendes Spiel. Zudem lernen die Kinder so sehr schnell, sich überall in der Einrichtung sicher zu bewegen, da sie alle Räume genau kennen. Bauzimmer Das Bauzimmer bietet Raum zum Konstruieren, Bauen und Herstellen. Mit unterschiedlichen Bauklötzen haben die Kinder die Möglichkeit Ideen dreidimensional umzusetzen oder mit dem Gleichgewicht, der Gestalt und Beschaffenheit von Gegenständen zu experimentieren. Sie bauen Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 13 Werke in die Vertikale und Horizontale und erfahren hierbei physikalische Gegebenheiten. Durch die vielen Einzelteile erhalten sie außerdem einen Eindruck von Mengen, Formen und Verhältnissen. In dem Zimmer befinden sich zudem Brettspiele, Puzzles, Steckspiele und Bücher, die die Konzentration, ein Verständnis von Zusammenhängen und das logische Denken der Kinder fördern. Schauspielzimmer Das Zimmer bietet dem Namen entsprechend Möglichkeiten zum Verkleiden, Schauspielen und sozialen Spielen in einer Gruppe. In Rollenspielen haben die Kinder die Möglichkeit, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und Alltagserlebnisse spielerisch zu verarbeiten. Durch das „Hineinschlüpfen“ in unterschiedliche Rollen nehmen sie immer wieder Perspektivenwechsel vor und können dadurch lernen, Empathie zu entwickeln. Zur Unterstützung liegen vielfältige Verkleidungsstücke und Requisiten bereit. Ein Kaufladen, eine Frisör- und eine Puppenecke bieten Raum zum kreativen Spiel und wirken inspirierend wie Kulissen. Für die Auseinandersetzung mit dem „Ich“ und der eigenen Person im Raumgefüge können sich die Kinder in eine Spiegelpyramide setzen und beobachten. Klecksraum Mit Farben, Stiften, Scheren, Bindfaden, Klebstoff und Papier sowie einer weiteren Fülle an Materialien haben die Kinder die Möglichkeit, Produkte und Kunstwerke herzustellen, in denen sie sowohl gesehene Bilder und Erlebtes verarbeiten, als auch Neuartiges erschaffen und ästhetisches Empfinden entwickeln. Sie lernen die Farbenlehre spielerisch kennen, entwickeln feinmotorische Fähigkeiten, erhalten ein Gefühl für Oberflächenbeschaffenheit und Formzustände und erfahren sich als Schöpfer, die selbstgesteuert ausprobieren und herstellen. Hier haben wir auch eine Werkbank. Forscherraum Dieser Raum bietet viele Möglichkeiten zum Forschen, Beobachten, Experimentieren und Erleben. Hier unterstützen wir die Kinder, ein naturwissenschaftliches und technisches Verständnis zu entwickeln und Ursache-Wirkungs-Abläufe zu erkennen und zu begreifen. Zu diesem Zweck stehen ausgewählte Materialien bereit, die die Kinder selbständig oder angeleitet benutzen. Auch für die frühmusikalische Entwicklung und Förderung stehen in diesem Raum verschiedene Instrumente zur Verfügung. Bewegungsraum Geschmückt mit einem Sternenhimmel und stoffverkleideten Wänden dient dieser Raum als Schlafstätte und auch als Bewegungsraum. An einer Sprossen- und Kletterwand können die Kinder ihrem natürlichen Drang nach Bewegung nachgehen und trainieren ihr Gleichgewicht und ihre Grobmotorik. Es kann mit Bällen, Reifen, Tüchern etc. gespielt oder zu Musik getanzt werden. All diese Dinge fördern die Koordination und bieten Möglichkeiten zum sportlichen Spiel oder körperlichen Ausdruck. Es stehen Matten für Purzelbäume, Rollen und andere Bodenübungen zur Verfügung, wie auch viele weitere Sport- und Gymnastikgeräte. Turnhalle In den Schulferien stehen uns zusätzlich die Rhein-Neckar-Sporthalle und die Ernst-KnollSporthalle mit allen Turn- und Sportgeräten zur Verfügung. Diese Zeit wird genutzt, um gemeinsam mit den Kindern große Bewegungslandschaften aufzubauen (bestehend aus Kästen, Weichbodenmatten, Barren, Trampoline, Pferden, etc.), so dass sie sich sehr weitläufig austoben und ausprobieren können und dabei ihr Körpergefühl und ihre motorische Fähigkeiten mit viel Freude weiter ausbauen. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 14 Küche Die Kinder können in der Küche gemütlich frühstücken und auch den Nachmittagsimbiss einnehmen. Neben diesen beiden Mahlzeiten finden in der Küche auch hauswirtschaftliche Angebote statt, in denen die Kinder viel über Nahrung, Nahrungszubereitung und den Umgang mit Küchenutensilien lernen. Flur Die Portfolio-Ordner der Kinder stehen an einer zentralen Stelle gut sichtbar im Flur. Die Kinder können sich jederzeit ihren Ordner selbständig herausnehmen und ihn ansehen und/oder mit diesem arbeiten. Auch die Eltern können sich, in Absprache mit ihren Kindern, die Portfolios ansehen, hierzu soll auch das Sofa im Flur einladen. Aufgrund seiner Größe bietet der Flur ebenso Gelegenheit für bewegungsintensive Spiele und Angebote, wie z.B. Papierflieger starten lassen. Außengelände In unserem weiträumigen und abwechslungsreichen Außenspielbereich haben die Kinder eine Vielfalt von Erfahrungsbereichen und Lernmöglichkeiten in und mit der Natur. Die hügelige und von vielen Bäumen und Sträuchern durchzogene Gartenlandschaft sowie die vielen Spielgeräte (Rutsche, Schaukel, Klettergerüst, Karussell, etc.) laden zum Spielen, Toben, Klettern und Rennen ein. Zwei Sandkästen bieten den Kindern zusätzlich unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten. Unsere Bäume spenden uns im Sommer viel Schatten, so dass auch an hochsommerlichen Tagen ein Aufenthalt im Freien möglich ist. Gemeinsam mit den Kindern wurde ein Barfußpfad aufgebaut, dessen Inhalt immer mal wieder variieren kann. Den Kindern stehen Nischen und Material (Seile, kleine Baumstämme, Rohre, etc.) zu Verfügung, so dass sie sich selbstständig „Spielwelten“ aufbauen können.6 Wie in der freien Natur stehen zum Klettern auch speziell ausgewählte und für die Kinder gekennzeichnete Bäume bereit. Das Gelände hat auch unterschiedlichste Pflanzen und Lebensräume für Tiere, die oft beobachtet werden. Dadurch können die Kinder ein Gespür für Natur und Umwelt, sowie deren Schutz entwickeln. Durch den Einsatz ihrer Körpersinne (Sehen, Hören, Tasten, Riechen) erfahren sie sich in ihrer Umgebung und lernen sich in ihr zurecht zu finden, dazu gehört auch das intensive Spiel mit den Elementen Wasser, Erde und Wind. Das Element Feuer wird ausschließlich in angeleiteten Situationen erfahrbar gemacht. Durch dieses Erleben über den Körper und die Sinne werden unterschiedlichste Entwicklungsbereiche gefördert und es vollzieht sich eine sensorische Integration, bei der das Gelernte verarbeitet, kategorisiert, koordiniert, gespeichert und reproduziert wird. 3.1.2 Die Förderung des Sozialverhaltens Für die Kinder bedeutet der Kita-Alltag, sich von den Eltern und dem familiären Umfeld zu trennen und sich in einer anderen Umgebung neu zu erleben und sich zurechtfinden zu müssen. Sie machen – fern der Aufmerksamkeit der Eltern – neue Rollenerfahrungen in einer größeren Gruppe und in unterschiedlichen Konstellationen. Dazu gehört unter anderem, auf andere zuzugehen, neue Freunde zu finden, anderen zuzuhören, sich in andere hineinzuversetzen, sich gegenseitig zu unterstützen, Konflikte zu lösen und Kompromisse zu finden, sowie die Spiele und Aufmerksamkeit mit anderen zu teilen. Die individuelle Förderung in Bezug auf Partizipation, Autonomie und Selbständigkeit, steht dabei immer auch in einer direkten Verbindung mit dem gemeinsamen Miteinander. Um jedem Kind die Möglichkeit zu geben, sich einzubringen, mitgestalten und mitbestimmen zu können, ist es unabdingbar, dass die Umgebung und die Gruppe zu einem Ort des Wohlfühlens und der 6 Siehe auch: Fabeck, Angelika: Die Bedeutsamkeit beweglicher Spielmaterialien im Außengelände des Kindergartens, in: Offener Kindergarten konkret: Veränderte Pädagogik in Kindergarten und Hort, 1993 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 15 Sicherheit wird, ein Ort an dem viel Wert darauf gelegt wird, dass der Umgang miteinander von gegenseitiger Rücksichtnahme, Respekt und Wertschätzung geprägt ist. Die Mitarbeiter_innen leben dies zum einen mit ihrem eigenen Verhalten vor, unterstützen die Kinder zum anderen aber auch immer wieder dabei, dass sie selbst Situationen mit anderen für alle Beteiligten möglichst gut gestalten oder lösen können. 3.1.3 Bezugsgruppen Um dem Bedürfnis der Kinder nach Sicherheit nachzukommen, bekommt jedes Kind von Anfang an eine feste Bezugsperson, die es auch schon in der Eingewöhnung (s.u.) begleitet. Zusammen mit der pädagogischen Bezugsfachkraft und der Bezugsgruppe findet dann jeden Montagvormittag der Bezugsgruppentag statt, d.h. jede pädagogische Fachkraft trifft sich mit ihren Bezugskindern und gestaltet den Vormittag nur mit dieser festen Gruppe. Dies ermöglicht einen guten Start in die Woche, da die Kinder in ihrer kleinen, sehr vertrauten Gruppe langsam „ankommen“ und sich orientieren können. 3.2 Tagesablauf Der Tagesablauf in unserem Kindergarten soll den Kindern durch wiederkehrende Elemente und teilweise gleiche Abläufe Struktur und durch diese Struktur Sicherheit vermitteln. Erst auf der Basis einer sicheren Umgebung, die gekennzeichnet ist durch wiederkehrende und damit erwartbare Abläufe sowie durch vertraute Personen, die eine Wohlfühlatmosphäre vermitteln, können sich Kinder selbstbewusst Neuem zuwenden und ihren Erfahrungsbereich erweitern. Simoni7 spricht hier davon, dass ein Kind für seine gesunde Entwicklung mindestens eine Bezugsperson braucht, der es vertraut, verlässlich und verfügbar begleitet. Hierzu gehört auch ein entsprechender Tagesablauf. Gerade in einer Tageseinrichtung kommt noch die kindgerechte Abwechslung von Spannung und Entspannung hinzu.8 Folgende Elemente sind in unserem Tageablauf enthalten, die in ihrer Abfolge aber variieren können, je nachdem ob besondere Aktionen anstehen oder auf Wunsch der Kinder ein Bereich ausgeweitet werden soll. 3.2.1 Bringzeit In dieser Zeit werden die Kinder in die Kita gebracht. Jeder Mensch hat seine eigenen Rituale und sein eigenes Tempo beim Ankommen. Für diese persönlichen Eigenheiten soll Raum sein, so dass die Kinder frei wählen können, was und mit wem sie gerade spielen möchten. Sie können die Spielangebote nutzen oder auch die Möglichkeit, in der Nähe der Erzieherin den Tag langsam zu beginnen. Wir nehmen die Kinder entgegen, begrüßen sie persönlich und versuchen ihnen – entsprechend ihrer Stimmung – einen guten Einstieg in den Tag zu ermöglichen. Mit den Eltern klären wir in einem kurzen Gespräch, ob an diesem Tag etwas Wichtiges beachtet werden muss. In dieser Zeit können keine intensiven Gespräche geführt werden, da die Mitarbeiter_innen für die Kinder da sind. 7 Simoni, Heidi: Kinder bilden sich; In: Familienergänzende Betreuung, Erziehung und Bildung von Kindern, 2009 8 Ausführliche Darstellungen und Begründungen für einen Tagesablauf finden sich in Tietze, Wolfgang/Viernickel, Susanne: Pädagogische Qualität in Tageseinrichtungen für Kinder, 2003 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 16 3.2.2 Kinderrunde In der Kinderrunde beginnen wir alle gemeinsam im Kreis sitzend den Tag mit einem Begrüßungslied und ermitteln, wer an diesem Tag alles im Kindergarten ist und wer fehlt. Diese Zeit des Tages dient dazu, alles Wichtige gemeinsam zu besprechen, zu überlegen, zu diskutieren, festzulegen und vorzubereiten. Dazu gehören anstehende Veranstaltungen, Aktionen, Projekte, Monatsthemen und Ausflüge ebenso wie die Vereinbarung und Umsetzung von Regeln und Gewohnheiten im Kindergarten. Orientiert an der Freinet-Pädagogik, geht es hierbei viel um die Vorstellungen und Wünsche der Kinder, manchmal auch um Konflikte. Alle Entscheidungen werden demokratisch beschlossen. Dazu hat jedes Kind einen Button, auf dem ein Foto von ihm ist und mit dem es abstimmen kann. Bei anstehenden Entscheidungen werden Symbol-Körbchen vorbereitet, in die dann jeder entsprechend seinen Button legen kann. Je nachdem wie viel es zu besprechen gibt, werden in der Kinderrunde noch Spiele gespielt, Lieder gesungen oder etwas Besonderes gezeigt bzw. vorgestellt. Am Ende der Kinderrunde werden immer die von den pädagogischen Fachkräften vorbereiteten Angebote für diesen Tag vorgestellt, wobei eines dieser Angebote auch immer das Freispiel ist. Ebenso wie bei den anderen zu fällenden Entscheidungen wird auch für die Angebote je ein symbolisches Körbchen in die Mitte des Kreises gestellt, in das sich dann die Kinder mit ihrem Button zuordnen können. Haben sich für ein Angebot zu viele Kinder gemeldet, entscheidet das Losverfahren. Die Kinder, die herausgelost wurden, suchen sich dann ein anderes aus und das überfüllte Angebot wird an einem anderen Tag noch einmal wiederholt. 3.2.3 Angebotszeit Normalerweise finden jeden Dienstag, Mittwoch und Donnertag nach der Kinderrunde verschiedene Angebote, an denen die Kinder teilnehmen können, statt. Diese Angebote, die in der Regel von den pädagogischen Fachkräften vorbereitet sind (manchmal bereiten auch Kinder oder Eltern ein Angebot vor), orientieren sich an den beobachteten Interessen der Kinder sowie an dem von den Kindern bestimmten Monatsthema. Es wird darauf geachtet, dass die Angebote die aktuellen Lernfelder und Bedürfnisse der Kinder umfassen und methodisch möglichst unterschiedlich sind. Auch Wünsche der Kinder oder Vorbereitungen für ein Fest bieten sich als Angebot an. Angebote werden von uns auch im Hinblick auf den individuellen Förderbedarf der Kinder vorbereitet. Sie sind bei Bedarf alters- oder entwicklungsspezifisch ausgerichtet oder für die ganze Gruppe, dann aber mit unterschiedlichen Schwierigkeitsabstufungen. Hier können neue Möglichkeiten und Ideen angeregt werden, neues Wissen vermittelt oder auch Fertigkeiten der Kinder vertieft werden. Signalisieren die Kinder für einen bestimmten Themenbereich ein fortlaufendes Interesse, kann sich daraus auch ein längerfristiges Projekt entwickeln, in dessen Rahmen verschiedene Angebote realisiert werden. Wenn das Angebot beendet ist, können die Kinder bis zum Mittagessen ins Freispiel gehen. 3.2.4 Freispiel Freispiel als Zeitraum, in dem sich die Kinder ihren Spielort, die Spielpartner und die Inhalte und Dauer ihres Spiels selbst auswählen, hat einen wichtigen Stellenwert in einem Tagesablauf, in dem viele Strukturen bereits vorgegeben sind. Die Erziehung der Kinder zu selbstständigen Menschen, die ihre Bedürfnisse wahrnehmen und angemessen darauf reagieren können, setzt entsprechende Erfahrungsspielräume voraus. Sollen die Kinder sich als Akteure ihrer eigenen Entwicklung wahrnehmen, bedarf es dafür einer anregenden Umgebung und pädagogischen Fachkräften, die bereit sind, sich auch für Phasen aus dem Geschehen zurückzuziehen, um den Kindern gewisse Selbsterfahrungen zu ermöglichen. Dabei überlassen wir die Kinder nicht einfach sich selbst, sondern sind mit ihnen im Raum anwesend, um im Bedarfsfall Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 17 Ansprechpartner/innen zu sein, bei Problemen Hilfestellung zu geben oder auch mit ihnen zu spielen. Ein ganz wichtiges Element des Freispiels ist das Beobachten der Kinder. Wir können uns phasenweise aus dem Spiel zurückziehen und die Kinder in Ruhe bei ihren Tätigkeiten, Aushandlungsprozessen und ihrem Gestaltungsreichtum beobachten. Diese Beobachtungen dienen dann wieder als Vorlage für Entwicklungsgespräche, eine eventuell erforderliche neue Raumgestaltung und die Planung der nächsten Angebote, da die Interessen, Bedürfnisse und Fähigkeiten der einzelnen Kinder und der Gruppe erfasst werden können. Aufgrund des insgesamt sehr durchstrukturierten Wochen- und Tagesablaufes und den zahlreich stattfindenden Angeboten und Projekten, ist der Freitag ausschließlich als „Freispieltag“ konzipiert; dies bedeutet, dass es keine vorbereiteten Angebote durch die Mitarbeiter_innen gibt und die Kinderrunde nur bei Bedarf durchgeführt wird. Die pädagogischen Fachkräfte stehen aber selbstverständlich auch an diesem Tag den Kindern jederzeit als Ansprech- und auch als Spielpartner zur Verfügung. 3.2.5 Essen In Gesellschaft macht es mehr Spaß zu essen, deswegen nehmen wir das Mittagessen gemeinsam ein. Dazu haben wir zwei Essensgruppen. Wir sprechen vor dem Beginn des Essens gemeinsam einen Tischspruch. Die Essenssituation ist so gestaltet, dass alle Kinder möglichst selbständig agieren können: Getränke und eine erste Essensportion wird den Kindern von den pädagogischen Fachkräften ausgeteilt. Danach werden die Getränke und das Essen von den Kindern selbst nachgeschenkt und nachgeschöpft. Die Schüsseln sind von der Größe so ausgewählt, dass alle problemlos damit umgehen können. Die pädagogischen Fachkräfte helfen, wenn es notwendig ist, halten sich aber zurück und achten darauf, dass für alle eine angenehme Tischkultur vorhanden ist. Das bedeutet vor allem, dass beim Essen alle sitzen und das Essen gemeinsam beendet wird. Im Anschluss gehen wir gemeinsam ins Bad, sodass jedes Kind selbständig seine Zähne putzen kann. Das Frühstück und der Nachmittagsimbiss finden bei uns im Kindergarten in der unteren Küche statt. Hierbei gibt es mehrere „Essens-Runden“, bei denen die Kinder selbst entscheiden können, ob sie eher in einer früheren oder in einer späteren Runde zum Frühstück/Imbiss dazu gehen möchten. Das Frühstück bringen die Kinder von zu Hause mit. 3.2.6 Aufenthalt im Freien Naturerfahrungen sind ein wichtiger Bestandteil für die Entwicklung der Kinder. Der tägliche Aufenthalt im Garten gehört in der Regel dazu: bei schlechtem Wetter vielleicht mal etwas kürzer, bei schönem Wetter dann mal wieder länger. Um Erfahrungen über den Gartenbereich hinaus zu ermöglichen, findet ca. alle vier Wochen ein Ausflugstag statt, den wir gemeinsam mit den Kindern thematisch vor- und nachbereiten. 3.2.7 Mittagsruhe Ein Tag im Kindergarten ist lang und ereignisreich, deswegen sind Ruhephasen auch ein wichtiger Bestandteil des Tagesablaufs. Um den langen Kindergartentag gut bewältigen zu können, legen sich unsere jüngeren Kinder nach dem Mittagessen für einen kurzen Mittagsschlaf hin. Vor dem Schlafen putzen alle gemeinsam noch die Zähne. Jedes Kind hat eine eigene Matratze und eine eigene Decke und kann gerne ein Kuscheltier von zu Hause mitbringen. Die Kinder bekommen immer eine Geschichte vorgelesen und werden von uns in den Schlaf begleitet. Kinder, die nicht schlafen können, ruhen sich einfach nur aus. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 18 Auch für die größeren Kinder ist eine „Verschnaufpause“ in der Mittagsruhezeit wichtig. Sie bekommen in dieser Zeit ein Buch vorgelesen und ruhen sich in der Kuschelecke o.ä. aus. 3.2.8 Feste Feste, in Verbindung mit wiederkehrenden Ritualen, sind im Kita-Alltag fest verankert. Die (teilweise christlich geprägten) Feiern, die im Jahresrhythmus immer wiederkehren, werden auch von uns als nicht konfessionellem Träger gefeiert, da sie von allen Kindern in unserem Kulturraum bereits sehr früh auch in ihrem Alltag außerhalb der Einrichtung erlebt werden. Sie sind somit wichtige Themen, die die Kinder beschäftigen und die wir in der Kita auch noch einmal aufgreifen und für Kinder verständlich aufbereiten. Dazu gehören Ostern, St. Martin, Nikolaus und Weihnachten. Um diese Feste nicht sinnentleert zu feiern, greifen wir den religiösen Hintergrund durchaus auf, sprechen darüber und reflektieren in diesem Zusammenhang mit den Kindern auch die Möglichkeit von anderen Glaubensrichtungen. Wichtig ist uns, Kenntnis und Offenheit in Bezug auf andere Kulturen und Lebensweisen zu vermitteln und unsere (christlich geprägte) Kultur als eine von vielen verschiedenen Möglichkeiten vorzustellen. Auch Geburtstagsfeiern sind uns wichtig. Ein Kind erlebt sich an diesem Tag als Hauptperson, die es wert ist, gefeiert zu werden. Ein Geburtstag erinnert jährlich daran, dass dieser Tag etwas Besonderes ist, weil ein besonderer Mensch geboren wurde. Wir möchten diese Wertschätzung den Kindern auch in der Einrichtung vermitteln und feiern den Tag mit feststehenden Ritualen. Das Geburtstagskind wird mit einer Krone geschmückt und feiert mit seiner Bezugsgruppe seinen Geburtstag. Wir zünden Kerzen an und zählen gemeinsam, wie alt das Kind geworden ist. Anschließend werden Glückwunschlieder gesungen und das von den Eltern mitgebracht Essen gegessen. Wir hören uns an, was es schon alles an Geschenken bekommen hat und jedes Kind erhält dann auch von uns ein Kindergartengeschenk. 3.3 Schwerpunkte 3.3.1 Spracherziehung und Sprachförderung Die große Bedeutung von sprachlichen Fähigkeiten für die Teilhabe am sozialen, politischen und kulturellen Leben ist unumstritten.9 Ebenso gilt, dass die Spracherziehung und -förderung für die weitere Teilhabe von enormer Bedeutung ist. Wir leben in einem meritokratischen System, in dem formale Qualifizierung und Leistung wichtige Bestandteile der sozialen Integration darstellen. Kindern, die Sprachdefizite haben, fällt es später in der Schule schwerer, Erfolge zu erzielen. Und ohne formale Schulbildung ist es kaum möglich, eine angemessene Ausbildung zu beginnen. Bei der Spracherziehung ist es jedoch notwendig, dass wir nicht nur auf das vermeintliche Anforderungsprofil schielen, gemäß dem Motto 'gefördert werden muss, was abprüfbar ist', sondern vor allen Dingen Fähigkeiten und Fertigkeiten für den Lese- und Schreiberwerb fördern, die einen kompetenten Umgang mit Sprache ausmachen. Dazu zählen Fähigkeiten, wie zum Beispiel Freude am Vorlesen zu haben, im Team sprachlich agieren zu können und Sprache situations- und intentionsangemessen einzusetzen. In der neueren Zeit saß man dem Irrglauben auf, dass eine gezielte Testung von Kindern und deren Einteilung in Sprachfördergruppen eine Verbesserung der Situation darstellen könnte. Die Studien der Landesstiftung10 haben bewiesen, dass bei all diesen Projekten unmittelbare Effekte durch spezifische Sprachfördermaßnahmen ausgeblieben sind. Die Ergebnisse haben klar 9 Holler, Doris: Bedeutung sprachlicher Fähigkeiten für Bildungserfolge, in: Schlüsselkompetenz Sprache, 2007 10 Hoffmann, Prolotzek, Roos, Schöler: Sprachförderung im Vorschulalter/Evaluation dreier Sprachförderkonzepte Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 19 gezeigt: die Sprachförderung erbrachte keine substanzielle Annäherung zwischen den Leistungsniveaus der Kinder mit und ohne Förderbedarf. Es ergaben sich auch keine wesentlichen Unterschiede zwischen den angesetzten Sprachfördermaßnahmen. Daher möchte der Postillion e.V. die Spracherziehung noch einmal neu überdenken. Da festgestellt wurde, dass durch gezielte Fördermaßnahmen die Kluft zwischen den Kindern mit und ohne Förderbedarf unmittelbar nach der Förderung weiterhin bestehen bleibt, legitimiert sich eine Herausnahme dieser Kinder nicht. Die Autoren der Studie stellen fest, dass mit der neuen Einschuluntersuchung in Baden-Württemberg jedoch eine Testung der Kinder an zwei Terminen nach standardisierten Verfahren eingeführt wurde. Das Gesundheitsamt wird daher einigen Eltern eine gezielte Förderung ihrer Kinder raten. Dieser Fall muss dazu führen, dass die Spracherziehung in der Einrichtung noch einmal überdacht wird. Die Studie hat ferner herausgefunden, dass an klassischen Schulunterricht erinnernde Lernsituationen dazu führen, dass sich Kinder langweilen und ihnen die Sprachfreude und Motivation verloren geht. Außerdem war eine klare Forderung, dass vor allen Dingen der Einsatz von Muttersprachlern notwendig ist. In den untersuchten Heidelberger Einrichtungen wurden zur Sprachförderung nicht-muttersprachliche Fachkräfte eingesetzt. Für die Spracherziehung jedoch sind gute Sprachvorbilder notwendig, damit sich ein entsprechendes Sprachgefühl entwickeln kann. Daher beschäftigten sich in jüngster Zeit Wissenschaft und Praxis sehr viel intensiver mit der Frage der sprachlichen Kompetenz. Es ist Aufgabe des Postillion e.V., die neuesten Erkenntnisse und Evaluationen mit in das Sprachförderkonzept einzubauen. Die Heidelbergerin Hannelore Grimm hat einen Sprachtest (SETK3/5) entwickelt, der in allen baden-württembergischen Gesundheitsämtern als Standard benutzt wird. Hannelore Grimm macht vor allem deutlich, dass Kinder mit unzureichenden sprachlichen Kompetenzen, Schwächen in der kognitiven Entwicklung zeigen und dann im weiteren Verlauf Probleme im schulischen Bereich haben, was im späteren Leben schließlich zu Misserfolg im Beruf bis hin zu vielfältigen Schwierigkeiten und Störungen in allen Lebensbereichen münden kann. Der SETK3/5 untersucht in erster Linie Sprachverstehen, Sprachproduktion und Sprachgedächtnis. In diesem Zusammenhang weist Hannelore Grimm darauf hin, dass im Alltag oft Fehldiagnosen durch Beobachtung erfolgen, gerade wenn es um das Sprachverstehen geht. Sie schreibt: Allerdings wird im Alltag die Verstehenskompetenz häufig überschätzt, weil die Einbettung einer sprachlichen Äußerung in den Gesamtkontext dem Kind die Möglichkeit bietet, fehlendes Strukturwissen durch Weltwissen zu ergänzen. Wenn zum Beispiel gesagt wird: Wenn du bereit bist, so darfst du dir ein Eis aus dem Kühlschrank nehmen, dann holt sich da schon ein zweijähriges Kind Eis aus dem Kühlschrank. Dafür muss es nicht die gesamte Satzstruktur verstanden haben. Eigentlich reicht schon das Verständnis von 'Eis' und 'dürfen'. Daher lohnt es sich, die Sprachentwicklung der Kinder sehr exakt zu verfolgen. Der Spracherziehungsalltag kann sich in den Einrichtungen an folgenden Leitsätzen orientieren.11 Beziehung ermöglicht Spracherwerb Kinder wollen kommunizieren, sie möchten ihre Bedürfnisse und ihre Gefühle mitteilen. Erwachsene ermutigen Kinder und helfen ihnen sich auszudrücken. Über Beziehung entsteht Kommunikation und es wird sinnvoll Sprache anzuwenden. Kinder suchen Kontakt zu anderen Kindern. Erwachsene unterstützen sie dabei. Dies bedeutet für das pädagogische Handeln: Sprachförderung richtet sich an jedes Kind. Erwachsene nehmen zu jedem Kind eine bewusste Beziehung auf. Beziehungen zwischen den Kindern werden gefördert. 11 Analog den Leitsätzen des Erziehungsdepartments des Kantons Basel-Stadt, 2008 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 20 Dies bedeutet für den Alltag in der Tagesbetreuung: Jedes Kind wird begrüßt und willkommen geheißen. Die pädagogischen Fachkräfte sprechen mit jedem Kind. Kinder werden zum Sprechen und zum Zuhören ermutigt. Hierzu gibt es auch gezielte Angebote im Tagesablauf (Runden, Essen). In diesem Kontext ist auch wichtig, dass Spracherwerb in engem Zusammenhang zum psychischen Wohlbefinden des Kindes steht. Nur in einer vertrauten Umgebung ist es möglich, dass Kinder die Bereitschaft entwickeln, Sprache zu erlernen. Grundlage hierfür bietet unter anderem die Definition eines sozialpädagogischen Ortes nach Michael Winkler.12 Ein sozialpädagogischer Ort übernimmt erstens die Funktion von Schutz, bietet Sicherheit und Geborgenheit im Aneignungsprozess und erhält die notwendige Versorgung aufrecht. Zweitens muss er fehlerfreundlich, bzw. darauf eingestellt sein, dass der Aneignungsprozess nicht linear konstant verläuft. Drittens muss er eine Ruhezone sein, um eine Perspektivenbildung zu ermöglichen und viertens müssen Entwicklungs- und Lernprozesse eröffnet werden können. Als fünften Punkt muss er Durchlässigkeit und Transparenz erfüllen und schließlich, sechstens, muss in ihm ein sozialer Zusammenhang erlebbar und erkennbar sein, in dem Normen und Werte aushandelbar sind. Sprachförderung ist Teil einer ganzheitlichen Entwicklungsförderung Bildung und Sprache werden gefördert, wenn das Kind sich willkommen fühlt und ein verlässlicher Rahmen besteht. Kinder erfahren die Welt, in dem alle ihre Sinne angesprochen werden. Sie brauchen Bewegung und Handlung, damit ihre Aufmerksamkeit und Aufnahmefähigkeit geweckt wird. Erst dann wird Sprache interessant. Dies bedeutet für das pädagogische Handeln: Kinder werden ermutigt, sich zu bewegen und sich etwas zuzutrauen. Kinder erleben einen strukturierten Ablauf mit Anregungen, Aktivitäten und Ritualen. Dies bedeutet für den Alltag in der Tagesbetreuung: Der Alltag wird so gestaltet, dass sich Kinder bewegen können und alle Sinne angesprochen werden. Spiel, kreative Tätigkeiten, Musik, Bewegung, Erzählung von Geschichten und ruhige Momente wechseln sich ab. Den Kindern wird in den ruhigen Tageseinheiten vorgelesen. Dazu gehört beim Einschlafen Vorlesen statt CD hören, Präsentation neuer Kinderbücher Sprachförderung orientiert sich an den Lebenslagen der Kinder und ihrer Familien Der Spracherwerb der Kinder wird durch die Lebenslage der Familie beeinflusst. Die Ressourcen und Möglichkeiten, welche eine Familie hat, können den Spracherwerb fördern oder behindern. Belastungen, Ängste und Einschüchterungen können den Spracherwerb blockieren. Die Tagesbetreuung der Kinder ist ein wichtiger Schritt für eine gesellschaftliche Integration. Dies bedeutet für das pädagogische Handeln: Die pädagogischen Fachkräfte und Eltern arbeiten partnerschaftlich zusammen und sprechen sich gegenseitig ab. Die pädagogischen Fachkräfte setzen sich mit den Lebenslagen der Kinder und Eltern auseinander und reflektieren auch die eigene Situation. 12 Winkler, Michael: Theorie der Sozialpädagogik, 1988 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 21 Dies bedeutet für den Alltag in der Tagesbetreuung: Mit allen Eltern finden Kontakte und Gespräche statt. Die pädagogischen Fachkräfte informieren die Eltern bei Bedarf, wie sie die Sprachentwicklung ihrer Kinder unterstützen können. Die Sprachentwicklung der Kinder wird beobachtet In der Tagesbetreuung werden Kinder zum Sprechen ermuntert und das Sprachverständnis wird gefördert. Die pädagogischen Fachkräfte sind in der Lage, die Sprachentwicklung der Kinder zu erfassen und können Auffälligkeiten feststellen. Diese werden mit den Eltern besprochen und bei Bedarf werden die Eltern an eine Fachstelle verwiesen. Dies bedeutet für das pädagogische Handeln: Die Sprachentwicklung verläuft bei jedem Kind individuell. Im Zentrum stehen die Stärken und Kompetenzen des Kindes. Die pädagogischen Fachkräfte kennen die Sprachentwicklung von Kindern und die Besonderheiten bei Mehrsprachigkeit. Dies bedeutet für den Alltag in der Tagesbetreuung: Die Mitarbeiter_innen sind geschult und beobachten die Entwicklung der Kinder. Mit den Eltern findet ein Austausch über den Entwicklungsstand ihrer Kinder statt. Auffälligkeiten werden thematisiert und bei Bedarf werden die Eltern an eine Fachstelle verwiesen. Die Ergebnisse der Einschuluntersuchung werden mit den Eltern intensiv besprochen und ein gemeinsamer Förderplan aufgestellt, wenn das Gesundheitsamt Defizite feststellt. Unabhängig davon werden dann bei diesen Kindern regelmäßig eigene Sprachentwicklungstests nach einem halben Jahr von der Einrichtung durchgeführt, um gemeinsam mit den Eltern die Sprachentwicklung zu reflektieren. Die pädagogischen Fachkräfte verstehen sich als sprachliche Vorbilder Kinder ahmen Klänge, Wörter, Sätze und Sprachkonstruktionen nach und probieren Sprache aus. Die Erwachsenen sind sprachliche Vorbilder. Ihre Ausdrucksweise, ihre Formulierungen und ihre Umgangssprache werden von den Kindern übernommen. Dies bedeutet für das pädagogische Handeln: Alle pädagogischen Fachkräfte sind sich bewusst, dass sie sprachliche Vorbilder sind. Sie achten darauf, dass sie korrekt sprechen und sich lebendig ausdrücken. Mitarbeiter_innen mit Migrationshintergrund werden motiviert, in ihrer Muttersprache zu sprechen, da das gebrochene Deutsch in der Regel für die Kinder kein Vorbild darstellt. Dies bedeutet für den Alltag in der Tagesbetreuung: Die pädagogischen Fachkräfte pflegen einen lustvollen und kreativen Umgang mit Sprache. Sie erzählen Geschichten und motivieren zum Sprechen. Alle Mitarbeiter_innen reflektieren ihr Sprachverständnis. 3.3.2 Sonderfall: bei der Einschulungsuntersuchung wird ein Förderbedarf festgestellt Zunächst geht es darum, die Spracherziehung der Einrichtung so zu professionalisieren, dass Kinder lustvoll bereit sind, Sprache zu erlernen. Hierzu finden keine gezielten Fördermaßnahmen statt. Sollte jedoch in der Untersuchung festgestellt werden, dass ein Förderbedarf besteht, werden gemeinsam mit den Eltern Maßnahmen überlegt. Im Idealfall sollten auch die Eltern im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen, ihr Kind zum Sprechen zu motivieren. In einer Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 22 Tageseinrichtung, in der Kinder ggf. 10 Stunden untergebracht sind, haben Eltern naturgemäß weniger Möglichkeiten, als wenn die Kinder in einer Halbtageseinrichtung untergebracht sind. Hier fällt der Einrichtung eine entscheidende Rolle zu. Die Einrichtung von Fördergruppen, an denen Kinder teilnehmen die sprachliche Defizite haben, soll in der Form erfolgen, dass sprachstarke Kinder mit in diese Gruppen integriert werden. Es ist mittlerweile bewiesen, dass Kinder vor allem in solchen Gruppen Entwicklungsfortschritte machen. Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei nicht um schulischen Unterricht handelt, sondern das Sprechen spielerisch erfolgt, um den Kindern vor allen Dingen die Lust am Sprechen zu vermitteln. Nach einem halben Jahr werden Kinder mit Sprachförderbedarf noch einmal durch uns getestet, um ggf. die Veränderungen zu dokumentieren. 3.3.3 Leseförderung „Literacy-Erziehung“13 (es gibt noch keine entsprechende deutsche Begrifflichkeit dafür) ist ein elementarer Bestandteil der sprachlichen Bildung14. Sie bezieht sich auf die vielfältigen kindlichen Erfahrungen, die in der frühen Kindheit rund um Buch-, Erzähl- und Schriftkultur gemacht werden. Literacy-Erziehung beginnt bereits in den ersten drei Lebensjahren, wird aber im Kindergarten weiter vertieft und erfährt eine Erweiterung, da die Kinder sich zunehmend mit ihren wachsenden Fähigkeiten selbst einbringen. Für die kindliche Sprachentwicklung sind die dialogorientierten Bilderbuchbetrachtungen, regelmäßiges Vorlesen und das Erzählen in unterschiedlichen Kontexten (Kinderrunde, Gespräche mit Erwachsenen, Rollenspiele, etc.) von zentraler Bedeutung. Regelmäßiges Vorlesen steigert nachweisbar das Sprachinteresse der Kinder. Es fördert ihren Spracherwerb und wirkt sich in der Folge auch auf ihre Lust am Lesenlernern und Lesen aus. Zudem wird durch das Zuhören – auch eine Fertigkeit an sich – die Konzentrationsfähigkeit gesteigert. Vielfältige spielerische Begegnungen mit Büchern, Geschichten, Liedern und Schrift, ermöglichen den Kindern, ihren eigenen Zugang zu Sprache und Buch zu finden. In diesem Zusammenhang ist es uns wichtig, Bücher in allen Facetten vorzustellen und den „Griff zum Buch“ ein alltägliches Erlebnis werden zu lassen. Der Kinderpsychologe Bruno Bettelheim formulierte: Kinder, die sich selbst das Lesen aneignen, „haben sich ihre Freude am Lesen dadurch erworben, dass man ihnen vorgelesen hat. Ein Kind, das gerne vorgelesen bekommt, lernt Bücher lieben. Es ist beeindruckt vom Interesse der Eltern am Lesen und von ihrer Freude am Vorlesen (... ) Ganz von sich aus fängt es an, bestimmte Wörter herauszulesen, und es lernt sie mit Hilfe der Eltern (...) erkennen.“15 3.3.4 Naturerfahrung Die naturwissenschaftliche Bildung erfährt gerade wieder eine Renaissance. In der Kindertagesbetreuung sind bereits seit vielen Jahren die Waldkindergärten auf dem Vormarsch. Zurzeit sind Physiker und Chemiker daran interessiert, ihre Bildungsinhalte auch in Kindertagesstätten einfließen zu lassen. Allerdings gibt es noch keine Studie, die nachweist, dass dies eine Auswirkung auf das spätere Interesse für Naturwissenschaften hat. Die Ansätze jedoch müssen weiter verfolgt werden. Auch jetzt schon finden situationsorientiert physikalische oder gar chemische Versuche im Kindergartenalltag ihren Platz. Wir haben uns dafür entschieden, als Schwerpunkt die Waldpädagogik zu wählen und alle vier Wochen einen Tag im Wald zu verbringen. Die Erfolge der Waldpädagogik sind aus unserer Sicht evident: 13 Literacy: die Fähigkeit, lesen und schreiben zu können Umfassendes Konzept bei Ulich, Michaela: Literacy und sprachliche Bildung im Elementarbereich; in: Ebert, Sigrid (Hersg.): Die Bildungsbereiche im Kindergarten; 2008 15 Bettelheim, Bruno: Kinder brauchen Bücher; 1985 14 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 23 Sensibilisierung und Förderung aller Sinne, bzw. insbesondere das Erleben der eigenen Körperlichkeit Stabilisierung des Immunsystems und Förderung der physisch gesunden Entwicklung Eröffnung neuer Lebenserfahrungsräume, in denen Freiräume für ein Erfahrungslernen geschaffen und Kreativität, Selbstständigkeit, sowie soziales Lernen gefördert werden Herausbildung von Werten und Normen, vor allem hinsichtlich eines dem jeweiligen Alter entsprechenden Verantwortungsbewusstseins für die Mitwelt Interesse an der Umwelt wecken und ökologische Wechselwirkungen begreifbar machen und damit auch das Erkennen logischer Zusammenhänge und natürlicher Gesetzmäßigkeiten Ergänzend dazu hat der Pädagoge Gerd E. Schäfer, vor allen Dingen aus der frühkindlichen Bildung bekannt, in seinem Buch "Natur als Werkstatt" dafür plädiert, Naturwerkstätten einzurichten. Ihn leitet weniger ein ökologisches Bewusstsein, das seine Wurzeln in der Ökologiebewegung hat, sondern ihm geht es darum, die Forscherhaltung der Kinder zu unterstützen. Er schreibt: "Wenn man konsequent den Wahrnehmungen der Kinder folgt, entwickelt sich bei ihnen eine Forscherhaltung. Sie geben sich nicht mit Erklärungen zufrieden, sondern wollen selbst ihren Vermutungen anhand ihrer eigenen Beobachtungen nachgehen und sie überprüfen." 3.3.5 Übergang vom Kindergarten in die Schule Da unser Kindergarten direkt im Eppelheimer Schulzentrum mit einer Grund- und Hauptschule, einer Realschule, einem Gymnasium und einer Sonderschule liegt, kommen die Kinder sehr frühzeitig mit dem Thema Schule in Berührung. Die angrenzende Friedrich-Ebert-Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule ist durch die räumliche Nähe für uns eine ideale Kooperationsschule. Wir gehen regelmäßig zur Kooperationslehrerin dieser Schule, die mit den Vorschülern ca. eine Stunde lang etwas erarbeitet und auch um die Schule kennenzulernen und um Berührungsängste abzubauen. Unabhängig von der Kooperation mit der Schule, bereiten auch die pädagogischen Fachkräfte die Kinder auf die Schule vor. Einmal wöchentlich treffen sich die zukünftigen Schulkinder für eigene, teilweise auch mal längere Aktionen. Diese umfassen nicht nur Angebote in der Einrichtung, sondern auch Ausflüge in die nähere Umgebung, um Einrichtungen des Gemeinwesens kennenzulernen (Besuch Feuerwehr, Polizei, Bäckerei, etc.). Aufgrund der besonderen Lage der Einrichtung direkt am Schulzentrum können wir den älteren Kindern auch entsprechend der Jahreszeiten entweder Schlittschuhlaufen in der Eishalle oder Schwimmen im angrenzenden Hallenbad anbieten. Zusätzlich werden die Kinder ebenfalls einmal die Woche spielerisch durch Lieder, Reime und Spiele an die englische Sprache herangeführt. Dabei ist uns wichtig, dass dieses letzte Jahr im Kindergarten nicht isoliert als ein besonderes „Förderjahr“ betrachtet wird, sondern dass die Kindergartenzeit mehrere Jahre umfasst, in denen die Kinder in ihren Entwicklungsschritten begleitet und gefördert werden. Das letzte Jahr wird deshalb so wichtig, weil ein Übergang in eine andere Institution ansteht der gelingen soll, um den Kindern möglichst von Anfang an Erfolgserlebnisse zu vermitteln. Unter dem Begriff Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 24 „Schulfähigkeit“ werden kognitive Voraussetzungen, soziale und emotionale Kompetenzen und die Bereitschaft zu Anstrengung und eine motivierte Haltung zusammengefasst.16 Der richtige Zeitpunkt der Einschulung wird in der Regel von allen beteiligten Parteien gemeinsam bestimmt: die pädagogischen Fachkräfte kennen das Kind und seine Fähigkeiten aus dem Kita-Alltag, die Eltern haben es von Anfang an in seiner Entwicklung begleitet, das Gesundheitsamt bestimmt mit einem standardisierten Verfahren den Entwicklungsstand und auch die zukünftige Schulleitung schaut sich das Kind bei der Anmeldung an. Es existieren viele Listen, mit denen Schulfähigkeit anhand von überprüfbaren Einzelfragen bestimmt werden kann. Häufig wird dabei der Fokus aber auf die kognitiven und motorischen Fähigkeiten gerichtet. Sozialen und emotionalen Kompetenzen, die in diesem Fall genauso wichtig sind, wird weniger Beachtung geschenkt. Dabei geht es zukünftig darum, sich in einer Klasse mit 25 bis 30 Schüler/Innen durchsetzen zu können und sich von frustrierenden Erlebnissen nicht komplett entmutigen zu lassen. Die wesentlichen Fähigkeiten, die ein angehendes Schulkind mitbringen sollte, entsprechen in etwa den folgenden Punkten:17 Eine Stunde lang stillsitzen können Rudimentäre Konzentration -> etwa 20 Minuten mit der Aufmerksamkeit bei einem Thema bleiben Enttäuschungen aushalten und eigene Bedürfnisse zurückstellen Eine einfache Geschichte korrekt nacherzählen Einfache Formen, Buchstaben oder Zahlen nachzumalen Einfache Dinge mit Schere und Klebstoff basteln Unabhängigkeit: Mehrere Stunden ohne Eltern sein zu können Halbwegs fehlerfrei Deutsch sprechen/ verstehen Selbständig an- und ausziehen Allein zur Toilette gehen Da die Schuluntersuchung des Gesundheitsamtes inzwischen ein Jahr vor dem geplanten Schuleintritt stattfindet, kann in einzelnen Fällen das letzte Kindergartenjahr dazu genutzt werden, einen bei der Untersuchung festgestellten Förderbedarf gezielt anzugehen.18 Dabei muss das weitere Vorgehen immer im Gespräch mit den Eltern (evtl. auch mit entsprechenden Förderstellen) abgestimmt und im Einzelfall entschieden werden, welche Fördermaßnahmen getroffen werden sollen. Unsere regelmäßigen Beobachtungen und die Elterngespräche haben das Ziel, eine Fördermaßnahme im letzten Kindergartenjahr zu vermeiden, indem frühzeitig auf eventuelle Unsicherheiten hingewiesen und gemeinsam nach Möglichkeiten einer Förderung im Alltag gesucht wird. Die Kinder sollen kurz vor der Schule nicht durch die Teilnahme an verschiedenen Fördergruppen und Therapien verunsichert werden, sondern in ihren Kompetenzen bestärkt und motiviert und selbstbewusst in die neue Lebensphase ziehen. Diese Aussage betrifft auch die sogenannten „Kann-Kinder“. Eltern und pädagogischen Fachkräfte entscheiden in einem Elterngespräch gemeinsam, ob es sinnvoll ist, ein entsprechendes Kind bereits mit in die Gruppe der Großen aufzunehmen. Sollte es dann dennoch nicht zum Wechsel auf die Schule kommen, darf hier keine Frustration entstehen, sondern die Lust am Lernen muss weiter erhalten bleiben. 16 siehe auch: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden Württemberg; Orientierungsplan für Bildung und Erziehung für die baden-württembergischen Kindergärten 17 Eine ausführliche Liste finden Sie auf der Kooperationsseite der Wieslocher Kindergärten und Grundschulen: http://www.wiesloch.de/servlet/PB/menu/1147061_l1/index.html 18 Verordnung des Ministeriums und Durchführung der schulärztlichen Untersuchung siehe: www.servicebw.de/eBAdminCenter/loadimage?id=1582935&type=Vorschrift Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 25 Da wir kein feststehendes Programm für die zukünftigen Schulkinder haben, das Jahr für Jahr exakt in der Form wiederholt wird, sehen wir eine erneute Teilnahme dieser Kinder als unproblematisch an. Aktionen, wie zum Beispiel der Schulbesuch, das Basteln der Schultüten oder auch die Übernachtung im Kindergarten als Abschluss dieser Lebensphase erhalten selbstverständlich ihren festen Platz im Turnus, ebenso wie das wöchentliche Treffen dieser Kinder, bei dem beispielsweise Themen wie Verkehrserziehung, Mengenangaben, Konzentrationsübungen, etc. noch einmal verstärkt in den Blick genommen werden. „Rituale vermitteln Sicherheit von außen. Sicherheit ‚von innen’ erhalten die Kinder dadurch, dass der Wandel vom Kindergartenkind zum Schulkind mit einem Statuszuwachs verbunden ist, der die Kinder mit Stolz erfüllt und ihrem Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen zu Gute kommt.“19 4 Von der Beobachtung über die Dokumentation zur pädagogischen Handlung Eine grundlegende Voraussetzung für die Bildungsarbeit mit Kindern ist die intensive Auseinandersetzung mit ihren Themen, Stärken und Schwächen. Welche Anregungen sind erforderlich? Welche Entwicklungsschritte stehen als nächstes an? Bei welchen Themen wird interessiert aufgehorcht? Die Beantwortung dieser Fragen ganz individuell ist nicht immer leicht und stellt das Team einer Kindertageseinrichtung im Alltag vor große Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund ist ein gut strukturiertes Beobachtungs- und Dokumentationsverfahren von zentraler Bedeutung. Aber auch die Haltung der beobachtenden Personen ist von ausschlaggebender Wichtigkeit: werden nur Defizite der Kinder gesehen und aufgenommen oder werden gerade die Stärken wahrgenommen und hier auch die Anknüpfungspunkte für weitere Entwicklungen und Fördermaßnahmen gesehen?20 Im Beobachten drückt sich die individuelle Wertschätzung eines Kindes aus, in dem Bemühen, das Kind dadurch besser zu verstehen und – wo erforderlich – Unterstützung anbieten zu können. Dabei wird im anschließenden Reflexionsgespräch im Team nicht nur über das Kind gesprochen, sondern auch über das eigene Verhalten als Pädagogen und über die Gestaltung der Räumlichkeiten und der jeweiligen Situation. Pädagogen sind in diesem Fall nicht nur die „Lehrenden“, sondern auch die Lernenden. Beobachtung findet während des ganzen Tages statt. Gibt es Besonderheiten die aufgefallen sind, werden diese notiert, um sie bei der nächsten Teamsitzung zu besprechen. Gezielte Beobachtung kann nur stattfinden, wenn sich zumindest eine Erzieherin aus dem Geschehen zurückziehen kann, so dass sie auch längere (Spiel-)Prozesse verfolgen kann. Wir sprechen hier von einer nichtteilnehmenden Beobachtung: die Beobachterin hält sich für eine begrenzte Zeit zurück und ist in dieser Phase auch nicht für die erzieherischen Aufgaben zuständig. Sie kann sich so “besser auf ihr Beobachtungsziel konzentrieren, eine objektive Perspektive einnehmen, nahezu zeitgleich mit dem Geschehen protokollieren […] und das Beobachtungsergebnis nicht durch ihr eigenes Zutun verfälschen.“21 In unserer Einrichtung arbeiten wir mit dem „Ravensburger Bogen“22, den es für unterschiedliche Altersklassen gibt und der in regelmäßigen Abständen eingesetzt wird. Dieses tabellarische Beobachtungsverfahren dient als Grundlage für die Reflexion im Team und auch als Vorbereitung 19 Kasten, Hartmut: 4-6 Jahre, entwicklungspsychologische Grundlagen, 2005 Steudel, Antje: Beobachtung in Kindertageseinrichtungen, Entwicklung einer professionellen Methode für die pädagogische Praxis, 2008 21 kindergarten heute, Kinder beobachten und ihre Entwicklung dokumentieren 22 siehe unter: http://www.dicvfreiburg.caritas.de/aspe_shared/form/download.asp?nr=121014&form_typ=115&acid=EB FA541909634F80A656481B16567857F11A&ag_id=11048 20 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 26 für die Elterngespräche. Zusätzlich gibt es das Verfahren der Lerngeschichten, das den Fokus auf das Lernen des Kindes richtet. Ziel dieser Herangehensweise ist es, die Handlungen zu verstehen und die individuellen Lernprozesse zu erkennen. Nach der Beobachtung und der Auswertung im Team wird eine Geschichte oder Erzählung vom Lernen des Kindes geschrieben, dem betreffenden Kind dann auch vorgelesen und mit ihm dann besprochen. 23 Diese Lerngeschichten finden sich in den Portfolios der Kinder dann wieder. Aufgrund dieser Beobachtungen erhalten wir Zugang zu den aktuellen Themen der Kinder und erfassen ihre individuellen Entwicklungsschritte. Unsere Aufgabe ist es nun, die weitere Entwicklung der Kinder mit den Themen, die sie gerade interessieren, zu fördern. Das Interesse der Kinder muss geweckt sein, um Lernerfolge erzielen zu können. Aus den Beobachtungen können einzelne Angebote abgeleitet werden, aber auch Projekte, die einen längeren Zeitraum umfassen. Wichtig ist uns hierbei immer wieder die Orientierung an den Kindern: Sind sie noch mit Lust und Freude dabei oder wird gerade ein anderes Thema interessant? Aber nicht nur Themen die uninteressant sind können die Lernfreude dämpfen, auch ein schwieriger Entwicklungsschritt kann sich hemmend auf einen Entwicklungsbereich auswirken. Sollte dies der Fall sein, wird das Thema im nächsten Elterngespräch angesprochen und gemeinsam nach Lösungen gesucht, wie das Kind unter Stärkung seiner bereits erworbenen Kompetenzen auch diesen Schritt meistern kann. Elterngespräche finden einmal im Jahr statt und haben ganz gezielt nur die Entwicklung des Kindes zum Thema. Die Eltern werden von uns dazu eingeladen. Damit sich diese auch auf dieses Gespräch vorbereiten können, erhalten sie von uns im Vorfeld einen „Entwicklungsbaum“ zu Bereichen aus dem Leben ihres Kindes. Ziel dieses Gespräches ist es, die Eindrücke in Bezug auf die Entwicklung des Kindes abzugleichen und im Bedarfsfall auch Maßnahmen zu besprechen, die das Kind unterstützen, sollte es irgendwo Probleme haben. In dieser Erziehungspartnerschaft sind die Eltern die Experten für Ihr Kind und wir die Experten für die pädagogische Arbeit in der Einrichtung und gemeinsam tragen wir die Verantwortung für das Wohlbefinden und die bestmögliche Entwicklung jedes einzelnen Kindes. Unsere Ziele bei der Förderung im Kindergarten orientieren sich an den Bildungs- und Entwicklungsfeldern des baden-württembergischen Orientierungsplans und an der Aufgabe, die Kinder bestmöglich in ihrer Selbstständigkeit und ihrer aktiven Mitgestaltung ihrer Umwelt zu unterstützen. Die Dokumentation von Entwicklungsschritten und Lernerfolgen erfolgt durch die Portfolios. Diese werden mit Fotos, Lerngeschichten, Kunstwerken oder auch Themenblättern gefüllt. Der Fokus liegt auf dem bereits Geleisteten und auf den Kompetenzen der Kinder. Durch positives Feedback wird Sicherheit erzeugt, die wiederum als Basis für die Exploration von neuen Erfahrungsfeldern dient. Durch die kontinuierliche Arbeit an den Portfolios gemeinsam mit den Kindern werden die individuellen Besonderheiten immer wieder hervorgehoben und die Lernschritte des eigenen Lernerfolges sichtbar gemacht. Ziel ist es, die frühen Lernerfahrungen möglichst positiv zu gestalten, da sie das Grundgefühl der Kinder beim Lernen ein Leben lang beeinflussen werden.24 Den Kindern soll nahe gebracht werden, wie sie ihr Wissen erwerben: durch Beobachten, durch Wiederholen, durch Ausprobieren oder auch durch den Austausch mit anderen. Wir begrüßen es, wenn die Eltern ebenfalls aktiv an den Portfolios mitwirken, denn so signalisieren auch sie ihr Interesse an den Lernschritten und am Alltag in der Kindertagesstätte. 23 24 Carr, Margaret: Bildungs- und Lerngeschichten, 2001 vgl. Bostelmann, Antje: Das Portfoliokonzept für Kita und Kindergarten, 2007 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 27 5 Einbeziehung der Familien Eltern vertrauen uns ihr Kind für einen großen Teil des Tages zur Betreuung, Bildung und Erziehung an. Daher ist es Grundvoraussetzung, dass eine positive Beziehung zwischen pädagogischen Fachkräften und Eltern entwickelt und gestaltet wird. Es ist uns wichtig, dass die Eltern gut informiert werden, dass wir unsere Strukturen offen legen und dass wir uns für die Themen der Eltern interessieren. Dies beginnt beim Erstgespräch. Die Eltern werden von der Einrichtungsleitung durch die Räumlichkeiten geführt, wobei die Konzeption in ihren Grundzügen erklärt und auf Wunsch ausgehändigt wird. Zu einem guten Erstkontakt zählt eine gute Erreichbarkeit per Telefon und eine rasche Bearbeitung per Email. Die Erstgespräche können im Einzelfall auch an Mitarbeiter_innen des Teams delegiert werden. Die Eingewöhnungszeit ist ein zentrales und wichtiges Element der Elternarbeit. Hierauf gehen wir jedoch gesondert in dem Kapitel Eingewöhnung ein. Die pädagogischen Fachkräfte sind während des Tagesablaufs vor allen Dingen für die Kinder da. Dennoch sollte es morgens und abends eine kurze Übergabe der Kinder geben, in der die wichtigsten Informationen ausgetauscht werden. In dieser Zeit ist der Raum für ausführliche Gespräche nicht vorhanden, zumal andere Eltern diese Gespräche mithören könnten, was wir aus Datenschutzgründen nicht für sinnvoll erachten. Diese sogenannten täglichen Tür-undAngel-Gespräche dienen lediglich dem kurzen Informationsaustausch. Eine intensive Zusammenarbeit mit den Eltern erfolgt über die regelmäßig stattfindenden Entwicklungsgespräche. Sie kann aber auch anlassbezogen ein außerordentliches Gespräch begründen. Immer dann, wenn besondere Auffälligkeiten bei einem Kind vorhanden sind, entweder in der Einrichtung oder zuhause. Diese Gespräche dienen auch der Informationsabgleichung. Eltern sollen sich jederzeit willkommen fühlen, um Informationen, Anregungen und Kritik an die Einrichtung heranzutragen, wozu sie dann eine zeitnahe Rückmeldung erhalten. Eine formale Vertretung der Elternschaft findet durch den Elternbeirat statt. Dieser Elternbeirat wird einmal im Jahr gewählt. Er besteht aus vier Personen. Der Elternbeirat hat die Aufgabe, die Interessen von Eltern und Kindern gegenüber der Einrichtung geltend zu machen, und bei Schließtagen und grundlegenden Veränderungen in der Einrichtung angehört zu werden. Jeder Elternbeirat soll selbst entscheiden, in welchen Abständen er tagt. Ansprechperson ist hierfür die Einrichtungsleitung. Uns ist die Vernetzung der Eltern wichtig. Eltern, die zugezogen sind und ihr Familiennetzwerk nicht in der Region haben, haben mitunter Schwierigkeiten, entsprechende Betreuungsmöglichkeiten zu organisieren. Elternabende sind u.a. auch Treffpunkte für Eltern, um neue Kontakte knüpfen zu können. Wir führen einmal im Jahr einen Elternabend durch, bei dem wichtige Punkte besprochen werden. Auf Antrag der Elternschaft sind wir auch bereit, häufigere Elternabende durchzuführen, die dann allerdings immer unter einem bestimmten Thema stehen sollten. Der Elternbeirat kann jederzeit über die Einberufung eines Elternabends entscheiden. Es ist jedoch wichtig, nicht zu viele Elternabende zu veranstalten, da alle Eltern berufstätig sind. Die Information der Eltern erfolgt direkt über die pädagogischen Fachkräfte, über Aushänge im Eingangsbereich und über den monatlichen Newsletter, in dem Eltern über den Verein, bzw. die Einrichtung informiert werden. Newsletter haben den Vorteil, dass sie auch am Abend oder am Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 28 Arbeitsplatz gelesen werden können. Eltern, die den Newsletter nicht erhalten wollen, werden selbstverständlich aus dem Verteiler herausgenommen. Alle Elterngespräche über einzelne Kinder und persönliche Informationen über Kinder und ihre Familien werden vertraulich behandelt. Daher werden solche Informationen nicht in Tür-undAngel-Gesprächen ausgetauscht. Alle Eltern werden morgens individuell freundlich und interessiert begrüßt. Wir erkundigen uns nach dem aktuellen Befinden des Kindes, nach seiner Stimmung und klären, ob es noch wichtige Informationen gibt, die wir für den Verlauf des Tages wissen sollten. Beim Abholen werden Eltern und Kinder freundlich verabschiedet. Alle zwei Jahre findet eine Befragung der Eltern in Form eines Fragebogens statt, um die Zufriedenheit mit der Einrichtung und unserer Arbeit in diesem anonymen Rahmen zu erfahren. Der Elternbeirat erhält die Ergebnisse dieser Befragung und sollte mit der Einrichtung gemeinsam ggf. nach Veränderungsmöglichkeiten suchen. 5.1 Eingewöhnung Aus der Forschung25 und der Erfahrung wissen wir, dass sich Kinder schneller und leichter an eine Tagesbetreuung gewöhnen, wenn die Eltern und die Einrichtung gut miteinander kooperieren. Der Eintritt in den Kindergarten ist für uns der Beginn einer Erziehungspartnerschaft mit den Eltern. Uns ist wichtig, dass wir eine enge persönliche Beziehung zu den Kindern und zu den Eltern aufbauen, denn nur so wird es sich bei uns wohlfühlen und sich für Bildungsprozesse öffnen können. Kinder, die nicht durch Gefühlskonflikte eingeschränkt werden, haben die psychische Sicherheit, ihre Aufmerksamkeit neuen Anforderungen und dem Reichtum ihrer Umwelt zuzuwenden.26 Nur von einer vertrauten Basis aus wagen Kinder den Schritt in neue Erfahrungsbereiche – somit wird die Eingewöhnung zu einem wichtigen Meilenstein in der weiteren Entwicklung der Kinder. In der Regel dauert die Eingewöhnung ca. ein bis zwei Wochen. Sie beginnt mit einem etwa einstündigen gegenseitigen Kennenlernen. Das Kind kann sich in dieser Zeit in aller Ruhe mit den Eltern und der pädagogischen Bezugsfachkraft umsehen und es besteht die Möglichkeit, alle noch offenen Punkte anzusprechen, Am zweiten Tag kann nach einer gemeinsamen Zeit das Kind auch bereits eine Stunde ohne Eltern im Kindergarten bleiben, wenn es das möchte. Sollte dies noch zu viele Ängste auslösen, wird dies erst am Folgetag durchgeführt. Um das Kind schrittweise an den Kindergartenalltag zu gewöhnen, kann es am dritten Tag bereits zwei bis drei Stunden alleine im Kindergarten bleiben und am vierten Tag auch am gemeinsamen Mittagessen teilnehmen. Am fünften Tag kann das Kind auch schon am Mittagsschlaf teilnehmen. Jede Eingewöhnung verläuft individuell. Wir orientieren uns an dem jeweiligen Kind und seinem Tempo. In dieser Phase sollte nichts überstürzt werden, um den Kindern einen guten und vor allem vertrauensvollen Start in die neue Lebensphase zu geben. Wir bitten die Eltern daher auch, in der Eingewöhnungsphase flexibel erreichbar zu sein, dass sie ihr Kind gegebenenfalls auch jederzeit abholen können, wenn es ihm zu viel wird. Im Eingewöhnungsgespräch, das ca. drei Monate nach der Eingewöhnung folgt, werden wir die Eingewöhnungsphase auch noch einmal kurz mit den Eltern reflektieren. 25 vgl. Laewen, Hans-Jochim: Die ersten Tage, 2003; auch Forschungen von René Spitz Grossmann, Klaus et al.: Gut gebunden lernt sich’s leichter!, in das Leitungsheft Kindergarten heute, 2/2008 26 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 29 6 Vernetzung und Kooperation Die Diskussion um den Stellenwert früher Bildung im Prozess des Aufwachsens hat seit einigen Jahren die Kindertagesbetreuung erreicht. Dies vor allen Dingen auch unter dem Blickwinkel der medial gesteuerten Angst, dass Kinder in Deutschland in den Familien schlecht aufgehoben sind, bzw. Eltern stärker kontrolliert werden müssen. Einzelfälle werden dabei herausgehoben. Kevin aus Bremen steht als ein Synonym für eine Entwicklung, dass Eltern vom Staat immer mehr kontrolliert werden müssen. Diese Entwicklung möchten wir nicht weiter forcieren. Allerdings nehmen wir wahr, dass der Bedarf von Eltern nach Reflexion von Erziehungssituationen zunimmt. Dies liegt sicher darin begründet, dass in vielen Publikationen populärwissenschaftlicher Art unterschiedlichste Akteure ihre Theorien bekannt geben. Auch für den Bereich der Kindertagesstätten hat sich bereits ein Markt entwickelt, wobei unterschiedlichste Konzepte verkauft werden. In der Konzeption ist auf die Bedeutung dessen bereits eingegangen worden. Wir möchten dieser Unsicherheit der Eltern entgegenwirken und ihnen anbieten, im Einzelfall eine grundsätzliche Erziehungsberatung durch uns zu erhalten. Hierzu haben wir in Weinheim zwei Sozialpädagoginnen eingestellt. Die Leitung der Kinderkrippe steht für Erziehungsfragen generell zur Verfügung. Aufgrund des Zeitbudgets ist sicherlich eine intensive Erziehungsberatung nicht möglich, ggf. muss sie an entsprechende Fachinstitutionen weiter vermitteln. Der Postillion e. V. bietet im Rhein-Neckar-Kreis auch sozialpädagogische Familienhilfe an. Wir haben daher eine entsprechende Kompetenz in der Beratung von Eltern. Diese Beratung unterliegt der Schweigepflicht, gemäß §1203 Strafgesetzbuch, wird also auch im Alltag des Kindergartenteams nicht thematisiert. Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 30 7 Kinderrechte/Beteiligung/Qualität Viele „Programme“ durchziehen Kindertagesstätten: Gewaltprävention, Leseförderung, Schulvorbereitung. Insbesondere Stiftungen forcieren dies mit entsprechenden Mitteln. In der Sozialpädagogik ist dies nicht unumstritten, da die Wirksamkeit nicht überprüft ist. Und dort wo sie überprüft wurde, vgl. Studien aus der Schweiz , aber auch aus Deutschland von Britta Bannenberg und aus dem Bereich der Sprachförderung (bereits zitiert), konnte nachgewiesen werden, dass gezielte Programme keine nachweisbaren Veränderungen erzielen. Dies sagt uns jedoch, dass wir verstärkt unser Konzept evaluieren müssen. Leider gibt es in Deutschland kaum entsprechende „Vorlagen“. Erste Zugänge finden sich in der Forschungsarbeit von Susanna Roux, die explizit versucht hat, Qualität von Kindergärten aus Sicht der Kinder zu erforschen und dabei interessante Verfahren entwickelt hat. 7.1 Partizipation und Einbeziehung der Kinder Der umfassende Erziehungs- Bildungsauftrag der Kindertagesstätten umfasst auch den Bereich der politischen Erziehung: Kinder sollen von klein auf lernen und erfahren, dass sie Teil einer großen Gemeinschaft, nämlicher einer demokratischen Gesellschaft mit klaren Regeln sind, in der sie mitgestalten können. Im Kinder- und Jugendhilfegesetzt wird explizit gefordert, Kinder und Jugendliche „entsprechend ihrem Entwicklungsstand an allen sie betreffenden Entscheidungen der öffentlichen Jugendhilfe zu beteiligen“. Kinder sollen als Experten ihres eigenen Lebens ernst genommen werden und in die alltäglichen Belange der sie umgebenden Einrichtungen eingebunden werden. Die pädagogischen Fachkräfte tragen die Verantwortung dafür, Informationen altersgerecht aufzubereiten oder Erfahrungsfelder der Kinder so differenziert zu gestalten, dass eine aktive Teilnahme an Diskussionen möglich wird und die Kinder sich an Aushandlungsprozessen gemeinsam mit den Erwachsenen beteiligen können. Wir möchten, dass die Kinder schon früh die Erfahrung machen, dass ihre Interessen und Ausdrucksformen verstanden werden. Dies hat nach neuesten Entwicklungsforschungen Einfluss auf das Selbstkonzept: Kinder erleben sich als selbstwirksam. Sie sollen erfahren, dass Erwachsene ihre Bedürfnisse und Interessenbekundungen wahrnehmen und darauf reagieren.27 Nur so kann sich eine Haltung des „zuständig fühlen“ entwickeln, für die eigene Person und die Gemeinschaft. Außerdem auch eine kompetente Streitkultur, die Verständnis für die Belange der Mitmenschen und Akzeptanz von Mehrheitsentscheidungen aufbringt.28 Dies erfordert im Alltag von den pädagogischen Fachkräften eine hohe Reflexionsbereitschaft und auch Flexibilität, um Strukturen zu gestalten, die Partizipation für alle ermöglichen - unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, sprachlicher Herkunft, etc. Dies kann sowohl in regelmäßigen Kinderrunden oder konferenzen geschehen, aber auch situationsorientiert, wenn ein Kind als gleichberechtigt mit seinen Wünschen und Bedürfnissen respektiert und auf Augenhöhe diskutiert wird. 7.2 Beschwerdemöglichkeiten Insbesondere in diesem Alter ist die Zusammenarbeit mit den Eltern wichtig, das heißt, dass bei den regelmäßigen Elterngesprächen auch die Frage der Mitbestimmung von Kindern eine 27 Betrifft Kinder, Heft 6, 2011, Seite 17. Hansen, Rüdiger: Die Kinderstube der Demokratie – Partizipation in Kindertagesstätten; Ministerium für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein, Begleitbroschüre zum gleichnamigen Videofilm von Lorenz Müller und Thomas Plöger, Kiel 2003 28 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 31 wichtige Rolle spielt. Eltern sollten die Möglichkeit haben, auf das Geschehen Einfluss zu nehmen und Beobachtungen direkt der Einrichtung zurück zu melden. Die Eltern sind über den Elternbeirat und den Gesamtelternbeirat vertreten.29 Im Rahmen einer internen Qualitätssicherung, die der Postillion e.V. in den kommenden zwei Jahren aufbaut, werden in regelmäßigen Abständen narrative Interviews mit einzelnen Familien geführt werden, um einen Eindruck von der Zufriedenheit mit der Arbeit in unserer Einrichtungen zu erhalten. Bei Beschwerden können Eltern sich grundsätzlich immer an die Leitung der Einrichtung und an den Vorstand wenden. 8 Qualitätsentwicklung30 Mit der Qualitätsentwicklung in unseren Kindertageseinrichtungen möchten wir eine systematische, kontinuierliche und umfassende Planung, Entwicklung, Sicherung und Verbesserung unseres Angebotes für Kinder, Eltern sowie unserer Mitarbeiter_innen gleichermaßen ermöglichen. Qualitätsentwicklung beziehen wir dabei nicht nur auf die pädagogische Qualität unserer täglichen Handlungen, sondern auf die gesamte Einrichtung und die Rahmenbedingungen des Trägers. Dazu gehört natürlich auch die entsprechende Ausrichtung der erforderlichen Prozesse und Strukturen zur Erfüllung der Aufgabenstellung bei einer bestmöglichen Kosten-Nutzen-Relation. Folgende Maßnahmen der Qualitätsentwicklung und -sicherung werden beim Postillion e.V. bereits regelmäßig durchgeführt: A) Fortbildungen Die Mitarbeiter_innen nehmen regelmäßig an Fortbildungen teil. Hierzu gehören die jährlich stattfindenden zweitägigen In-house-Fortbildungen mit allen Kindertageseinrichtungen des Postillion e.V. mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten. Diese Fortbildungen werden ergänzt durch Abendworkshops zu einzelnen Themenbereichen und gezielten Einzelfortbildungen bzw. Teamfortbildungen, die je nach Bedarf vom jeweiligen Vorstandsmitglied der Abteilung und der Einrichtungsleitung festgelegt werden. Hierzu gehört auch die zentrale Einarbeitungsschulung für neue Einrichtungsleitungen. B) Arbeitskreis der Leitungen Beim Postillion e. V. gibt es einen Arbeitskreis der Leitungen aller Krippen und Kindergärten, der sich alle zwei Monate trifft. In diesem Arbeitskreis werden die Grundzüge der Konzeption gemeinsam abgestimmt, um ein einheitliches Vorgehen zu ermöglichen. Ferner erhalten die Leitungen dort wichtige Fachinformationen und ein regelmäßiger Fachaustausch zu allen Fragen rund um den Bereich Kindertagesstätten ist möglich. C) Klausurtagung der Leitungen Einmal im Jahr veranstaltet der Postillion e.V. eine zweitägige Klausurtagung für alle Einrichtungsleitungen. Während dieser Klausur werden die Leitungen in ihrer Leitungsrolle weitergebildet. Außerdem werden Themen besprochen und abgestimmt, die alle Einrichtungen des Postillion e.V. bereichsübergreifend betreffen. Bei der Leitungsklausur wird der Netzwerkgedanke sehr stark in den Vordergrund gestellt, sodass die Leitungen die Möglichkeit haben, über persönliche Kontakte in einem Netzwerk eingebunden zu sein und bei Bedarf eine kollegiale Beratung in Anspruch zu nehmen. 29 30 Ordnung zur Bildung des Gesamtelternbeirats beim Postillion e.V. 2008 § 45 SGB VIII Abs. 3 Nr. 1 Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 32 D) Teamsitzungen und Teamklausuren Regelmäßig finden Teamsitzung von ein bis zwei Stunden statt, in denen neben der Organisation der Einrichtung auch eine Reflexion auf der Basis der gemachten Beobachtungen und Dokumentationen und der eigenen Arbeit erfolgt. Die Leitung dieser Sitzung liegt bei der Einrichtungsleitung. Zusätzlich finden zweimal im Jahr Planungstage statt, an denen die Konzeption bearbeitet, Fortbildungsthemen vertieft oder auch die Raumgestaltung der Einrichtung überprüft wird. E) Inanspruchnahme der Abteilung Hilfen zur Erziehung Bei Problemen mit einzelnen Kindern hat jede Einrichtunsleitung die Möglichkeit, im Rahmen des § 8a SGB VIII (oder auch unterhalb des § 8a) eine Teamleitung der Abteilung Hilfen zur Erziehung ins Team einzuladen, um eine Fallbesprechung durchzuführen. Im Anschluss daran wird gemeinsam das weitere Vorgehen festgelegt. F) Einsatz des Vertretungsteams Der Postillion e. V. hat vier regionale Vertretungsteams. Das Vertretungsteam hat die Aufgabe bei Krankheit und Urlaub von Mitarbeiter_innen die notwendige Personalstärke mit Fachkräften zu erfüllen. Zudem ermöglicht das Vertretungsteam auch eine Reflexion der Arbeit mit den Teams vor Ort. Das Vertretungsteam trifft sich zweimal im Monat mit der jeweiligen Regionalleitung für einen Austausch. Diese gibt den Einrichtungen gegebenenfalls entsprechende Rückmeldungen. Damit ermöglichen wir für die Einrichtungen auch eine Reflexion ihrer Arbeit von außen. Um diese Aufgaben bestmöglichst wahrnehmen zu können, arbeiten im Vertretungsteam Berufseinsteiger_innen und erfahrene pädagogische Fachkräfte zusammen. Erstere haben auf Grund ihrer gerade abgeschlossenen Ausbildung viel aktuelles Fachwissen, das sie einbringen können, Letztere greifen auf einen großen Erfahrungsschatz zurück, den sie in vielen unterschiedlichen Einrichtungen und Berufsfeldern sammeln konnten. G) Regelmäßige Begehungen und Rahmenbedingungen Unsere Fachkraft für Arbeitssicherheit führt halbjährlich eine Besichtigung der Einrichtung durch, die auch protokolliert wird. Für die Behebung möglicherweise beobachteter Mängel ist die Abteilung Gebäudemanagement zuständig. Daneben findet in regelmäßigen Abständen eine betriebsärztliche Sicherheitsbegehung durch den Betriebsarzt statt. Auch hier wird das Protokoll der Begehung an das zuständige Vorstandsmitglied und die Fachkraft für Arbeitssicherheit weitergeleitet, damit eventuelle Mängel beseitigt werden können. Alle Einrichtungen arbeiten nach einem Hygieneplan, der regelmäßig überprüft wird. Zusätzlich finden für alle pädagogischen Fachkräfte regelmäßig Feuerlösch- und Brandschutzübungen sowie Erste Hilfe Kurse statt. H) Qualitätsmanagement in unseren Einrichtungen 2014 haben wir mit den ersten Schritten für ein internes Qualitätsmanagementsystem begonnen. Unser Ziel ist es, die bisher erarbeitete Qualität in unseren Kita-Einrichtungen für unsere Eltern, Mitarbeiter_innen, Kommunen und Gemeinden sichtbarzumachen und gemeinsam an einer Weiterentwicklung zu arbeiten. Wir möchten das Vorhaben unter anderem auf die pädagogische Qualität fokussieren und Stärken und Entwicklungspotenziale in den einzelnen Qualitätsbereichen aufzeigen. Bereits eingesetzte Instrumente der Qualitätssicherung vor Ort sollen dabei aufgegriffen und integriert werden um eine fortlaufende Qualitätssicherung und -entwicklung zu gewährleisten. Wir verstehen unter Qualität keinen singulärer Prozess, der irgendwann stehen bleibt. Vielmehr soll, kann und müssen wir sie beständig weiterentwickeln. Hierzu werden 2015 zunächst alle unsere Kita-Einrichtungen nach ihrer persönlichen Einschätzung befragt. Darauf aufbauend sollen dann einzelne Punkte herausgefiltet werden und Postillion e.V.: Konzeption Kindertagesstätte Regenbogen Eppelheim Seite 33 mit den einzelnen Teams vor Ort gemeinsam an einer Weiterentwicklung unserer Qualitätsstandards gearbeitet werden. In einem zweiten Schritt werden per Zufallsprinzip jeweils 10% der Eltern aus jeder Kita-Einrichtung ausgewählt und zu einem narrativen Interview eingeladen. Damit wollen wir unseren Eltern Raum für eigene Einschätzungen zu ihrer jeweiligen Einrichtung ermöglichen und die Ergebnisse mit den Einschätzungen der jeweiligen Einrichtung abgleichen.
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