40 Forscher, ein Ziel: Hybride Massivbauteile

40 Forscher, ein Ziel: Hybride Massivbauteile
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40 Forscher, ein Ziel: Hybride Massivbauteile
Auf einen Blick
Neuer
Sonderforschungsbereich an
der Leibniz Universität
Hannover
Neuartige Prozesskette für
hybride Massivbauteile
40 Wissenschaftler aus zehn
Instituten forschen gemeinsam
Gefördert von der Deutschen
Forschungsgemeinschaft
(DFG)
08. 2015
SFB 1153 | In einem neuen Sonderforschungsbereich an der Leibniz
Universität Hannover arbeiten 40 Wissenschaftler an einer Revolution
der Massivumformung: Sie wollen unterschiedliche Materialien erst
fügen und dann gemeinsam umformen – zu maßgeschneiderten,
hybriden Hochleistungsbauteilen.
Das Ziel des neuen Sonderforschungsbereichs (SFB) „Tailored Forming“
lässt sich bereits vom Titel ableiten: Es geht um das „maßgeschneiderte
Umformen“ von Halbzeugen aus unterschiedlichen Materialien –
beispielsweise aus hochfestem Stahl und leichtem Aluminium. Auf diese
Weise lassen sich massive Hochleistungsbauteile fertigen, deren
Eigenschaften speziell an den jeweiligen Anwendungsfall angepasst sind. Die
Einsatzmöglichkeiten dieser neuen Bauteile sind vielfältig: Von
Turbinenschaufeln über Generatorwellen bis zu Hüftimplantaten finden sich in
fast allen Bereichen des Maschinenbaus Bauteile, bei denen unterschiedlich
starke Beanspruchungen vorliegen und somit eine Bauweise aus
verschiedenen Werkstoffen sinnvoll ist (siehe Bild 2).
Das Ziel: Maßgeschneiderte Bauteile für jeden Einsatz
Im SFB wollen die Wissenschaftler eine völlig neuartige Prozesskette
entwickeln, mit der sich maßgeschneiderte Massivbauteile herstellen lassen
(siehe Bild 3). Dazu werden zunächst zwei unterschiedliche Werkstoffe zu
einem hybriden Halbzeug stoffschlüssig verbunden. Anschließend werden sie
gemeinsam umgeformt und spanend nachbearbeitet.
Die neue Prozessroute bietet eine Reihe von Vorteilen im Hinblick auf einzelne
Verfahrensschritte. Zum einen werden die beiden Materialien zu sehr
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einfachen Halbzeuggeometrien gefügt, beispielsweise mit zylindrischer Form,
und erst danach in Form gebracht – so entsteht eine gute Verbindung
zwischen der jeweiligen Materialpaarung. Das Fügen von sehr komplexen
Geometrien ist bei den heutigen Fügeprozessen noch sehr eingeschränkt oder
teilweise gar nicht möglich. Zum anderen lässt sich das Bauteil durch die
Umformung und die Nachbearbeitung noch weiter optimieren: So lassen sich
sowohl die Geometrie und Lage der Fügezone als auch die Eigenschaften des
Bauteils, die sich aus der Materialpaarung und dem Fügeprozess ergeben,
variieren. Auf diese Weise werden Antriebswellen, Kolben oder auch
Implantate ganz gezielt an ihren späteren Einsatzbereich angepasst.
Forschung von A wie Auftragsschweißen bis Z wie Zwischenschicht
Bevor eines der neuen Hybrid-Massivbauteile zum Einsatz kommen kann, gilt
es jedoch eine Reihe an großen wissenschaftlichen Herausforderungen zu
meistern. Derzeit beschränkt sich das Fachwissen zur Herstellung von
Massivbauteilen hauptsächlich auf Bauteile, die aus einem Werkstoff gefertigt
werden. Für hybride Bauteile aus mehreren Materialien und für die einzelnen
Verfahren der neuen Prozessroute müssen die Wissenschaftler erst noch
Erfahrungswerte sammeln.
Im Sonderforschungsbereich beschäftigen sich die Wissenschaftler deshalb
nicht nur damit, wie sich die unterschiedlichen Materialien zu einem Halbzeug
fügen lassen – etwa mittels Strangpressen, Auftragschweißen oder
Laserstrahlschweißen – und mit welchen Methoden sie sich umformen lassen,
sei es mittels Querkeilwalzen, Gesenkschmieden oder Fließpressen. Die
Forscher befassen sich auch mit dem Materialfluss der einzelnen Werkstoffe
bei der Formgebung, der Prozessplanung und der gezielten Nachbearbeitung
der hybriden Massivbauteile, mit der Simulation des Materialverhaltens in der
Zwischenschicht, der Prozessüberwachung, der Qualitätsprüfung und
Versagensvorhersage sowie mit der zuverlässigen Bestimmung der
Lebensdauer der neuen Hybridbauteile.
40 Wissenschaftler, zehn Institute
Gut 40 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten im SFB
zusammen, zehn verschiedene Institute bringen ihre Expertise ein – von der
Werkstoffkunde über die Umformtechnik bis zur Simulation, Tribologie und
Messtechnik. Beteiligt sind acht Institute der Fakultät für Maschinenbau der
Leibniz Universität Hannover sowie das Laser Zentrum Hannover e. V. (LZH)
und das Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH). Die Federführung
hat das Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM), Sprecher
des gesamten Sonderforschungsbereichs ist Professor Bernd-Arno Behrens.
Gefördert wird der Sonderforschungsbereich zunächst für vier Jahre von der
Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Sind die Wissenschaftler aus
Hannover erfolgreich, könnte die Förderdauer verlängert werden – auf bis zu
zwölf Jahre.
Hybride Bleche gibt es längst – jetzt kommen hybride Massivbauteile
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Auch wenn es noch ein weiter Weg ist, bis die ersten hybriden Massivbauteile
eingesetzt werden können, stehen die Chancen nicht schlecht, dass sich die
maßgeschneiderte
Massivumformung
industriell
etabliert.
In
der
Blechumformung existieren bereits maßgeschneiderte Blechbauteile, die
sogenannten Tailored Blanks. Diese Bleche werden aus Teilen mit
unterschiedlicher Dicke oder aus unterschiedlichen Werkstoffen gefügt und
anschließend umgeformt. Die Technologie hat sich nach der Markteinführung
sehr schnell international durchgesetzt: Heute werden derartige Blechbauteile
in großen Stückzahlen für die Herstellung von Karosseriebauteilen im
Fahrzeugbau eingesetzt – etwa von Seitenteilen, Türen und Längsträgern.
Die Ergebnisse des Sonderforschungsbereichs „Tailored Forming“ können
die Grundlage für eine ähnliche Entwicklung in der Massivumformung bilden.
Das SFB-Team arbeitet daran, dass Industrieunternehmen künftig ihre
Bauteile
belastungsangepasst
auslegen
und
gleichzeitig
immer
leistungsfähigere, leichtere und kleinere Bauteile herstellen können.
von Conrad Frischkorn und Anas Bouguecha
E-Mail: [email protected]
Tel.: (0511) 762-4958
Webseite: www.ifum.uni-hannover.de
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