35 Räder machen Flüchtlinge mobil

Dienstag, 6. Oktober 2015
Sindelfingen · Weil der Stadt
Nummer 230
11
Lernen, Strafen,
Herbstgemüse
Kurse beim Haus der Familie
SINDELFINGEN (red). Mit neuen Kursangebo-
Flüchtlinge mobil
machen – das ist den
Maichinger Grünen
und dem Arbeitskreis
Asyl mit einer Fahrradsammlung gelungen. In einer Fahrradwerkstatt hinterm
CVJM-Heim können
die Flüchtlinge zudem ihre Bikes
reparieren – unter
Anleitung.
KRZ-Foto: Simone
Ruchay-Chiodi
KRZ-Foto:
ten lädt das Haus der Familie Interessenten in sein Domizil am Corbeil-EssonnesPlatz.
Gegen „Blackouts“: Damit Erwachsene oder
Kinder dazulernen, das heißt sich weiterentwickeln können, benötigen sie das Zusammenwirken beider Gehirnhälften.
Eine Mit-Ursache von sogenannten Blackouts, Lern- und Konzentrationsproblemen, liegt mitunter darin, dass in Anspannungssituationen eine Hirnhälfte einfach
abschaltet. Nach einer theoretischen Einführung in das Thema lernen Kursteilnehmende Übungen kennen am Mittwoch, 14.
Oktober, um 20 Uhr im Haus der Familie.
Kürbisvariationen: Teilnehmer dieses Kurses
kochen eine Auswahl an Kürbisvariationen wie ein Kürbisrisotto. „Genießen Sie
dieses tolle Herbstgemüse und entdecken
Sie dessen Vielfalt am Donnerstag, 15.
Oktober, ab 18 Uhr im Haus der Familie“,
heißt es in einer Pressemitteilung.
Bestrafen oder nicht? „Wenn du nicht . . .,
dann . . .“: Konsequenz oder Bestrafung?
Ein schwerwiegender und sehr wichtiger
Unterschied. Wer sich dessen bewusst ist
und den Unterschied versteht, kann sich
den Erziehungsalltag erleichtern. An den
Donnerstagen, 15. und 22. Oktober, geht
es im Haus der Familie jeweils ab 19.30
Uhr um das Verstehen, Begreifen und Anwenden verschiedener Punkte.
Anmeldungen und weitere Informationen per Telefon unter (0 70 31) 7 63 76-0
oder online unter www.hdf-sindelfingen.de.
35 Räder machen Flüchtlinge mobil
Vollsperrung
für 14 Tage
Maichinger Grüne sammelten Drahtesel, die Auszubildende fitgemacht haben und nun beim AK Asyl übergeben worden sind
SINDELFINGEN (red). Die Straßenverkehrsbe-
„Wir machen Flüchtlinge mobil!“ Unter
diesem Slogan hatten die Grünen in
Maichingen bei ihrer Fahrradbörse im
Frühjahr Räder gesammelt –
beziehungsweise nicht an den Mann und
die Frau gebrachte eingelagert und
repariert. Nun wurden mehr als 35
Drahtesel Flüchtlingen übergeben.
Von Siegfried Dannecker
MAICHINGEN/SINDELFINGEN. Es war zu einem
guten Teil Mundpropaganda, die hier gezogen hat. Und so brachte beispielsweise
SPD-Gemeinderat Axel Finkelnburg zu Fuß
ein Rädle aus seinem Bestand zum CVJMHeim, wo der Arbeitskreis Asyl sich donnerstagnachmittags regelmäßig trifft. Und
ein Ehepaar aus Stuttgart schipperte ein
Damenrad im Kastenwägelchen daher. Insgesamt kamen so weit mehr als 35 Räder zusammen, die nun gute Dienste verrichten
sollen. Zumal auch die Kirchengemeinde
auf dem Goldberg einen erfolgreichen Aufruf gestartet hatte.
Treibende Kraft hinter der Aktion ist
Monika Haug, grüne Ortschaftsrätin in Maichingen. In der Firma RLE Mobility in der
Sindelfinger Kolumbusstraße fand sie Mitstreiter. Denn der Ingenieurdienstleister lagerte die Stahlesel nicht nur bis zur Übergabe ein. Er verpflichtete im Rahmen eines
Sozialprojekts auch drei seiner zehn Auszubildenden, die Räder zu richten, sofern sie
das nötig hatten. Und so nahmen sich Dimosthenis „Dimo“ Michos (22), Lia Furthmüller (19) und Viktor Greb (24), alle angehende technische Produktdesigner, den
„Gebbeln“ an. Kinderrädle ebenso wie
Mountainbikes, Touren- oder Rennrädern.
Profis von Bikemax in Sindelfingen hatten das Trio im Rahmen einer Schnellbleiche unentgeltlich unterrichtet, wie man Ketten wechselt, Bowdenzüge saniert, Platten
flickt und Gangschaltungen einstellt. „Das
war deren Spende zum Projekt“, freute sich
RLE-Niederlassungsleiter Matthias Köppe
(44) zusammen mit seiner rechten Hand,
Petra Schulze-Permentier (47) bei der Übergabe der Bikes an die Flüchtlinge.
Flüchtlinge wie Kiflom Eyaso (43) aus
Eritrea, der über einen Francesco-MoserRennrad-Oldtimer so glücklich war, dass er
jede einzelne Speiche und die Chrom-Ausfallenden blank wienerte. Einen Helm hat
der Mann aus der Unterkunft in der Nüssstraße auch schon. Und auch der 20-jährige
Angosom, der nie zuvor auf einem Rad saß,
kommt nun herum. Nachdem er in die
Regeln des deutschen Straßenverkehrs eingewiesen worden ist und auf dessen Gefahren hingewiesen, soll der junge Kerl mittlerweile „allen davonfahren“. Grundlage für
ein kleines Radsport-Team.
Derjenige, der das ins Leben gerufen hat,
ist ein pensionierter Lehrer, der seinen
Namen nicht in der
Zeitung lesen will.
Er, der sich einen
„bekennenden Radmissionar“ nennt,
hat auch eine kleine
Fahrrad-Werkstatt
ins Leben gerufen,
wo Flüchtlinge unter seinem Beistand
basteln und schrauben können. Ihm zur
Hilfe kommt auch
noch ein weiterer
junger Kerl: Max
Schwarzwälder, 14,
von der Realschule
Hinterweil und gerade Sozialpraktikant. Der weiß auch,
man
einen
Schülerinnen und Schüler des Pfarrwiesen-Gymnasiums liefern sich ein wie
„gemischtes“ Volleyball-Match
Foto: sd „Achter“ zentriert.
Die Bikes seien bei den Bewohnern der
Nüssstraße heiß begehrt, weitere Radspenden also jederzeit willkommen (siehe
„Info“). Auch Helme oder Fahrradzubehör
können gut gebraucht werden. Wobei das
natürlich auch „alles eine Frage der Logistik
ist“, wie Monika Haug sagt.
Beim AK Asyl ist man aber nicht nur für
die Radspenden dankbar. Sondern beispielsweise auch für zehn Gymnasiasten vom
„Pfarrwiesen“, die mit jungen Flüchtlingen
aus ihrer Altersgruppe Freizeit teilen. Am
Donnerstag etwa mit einem VolleyballMatch am CVJM-Heim. Nadja und Anika
(beide 17) sagen, sie fänden solche Zusammenkünfte „total cool“ und lernten selber viel dadurch: „Das macht viel Spaß und
öffnet den eigenen Horizont.“ Nachdem man
zusammen schon Eisessen gegangen sei und
internationale Vorbereitungsklassen besucht
habe, sind die nächsten gemeinsamen Aktivitäten schon in Planung: vom Gitarrenkurs
bis zum weihnachtlichen Plätzchenbacken.
Info
Wer ein Fahrrad spenden möchte, kann dies
entweder über die Homepage des AK Asyl
www.ak-asyl-sindelfingen.de – Rubrik „Helfen/Hilfe gesucht“ unter „ich biete“ tun
oder sich an Monika Haug wenden, Telefon
(0 70 31) 38 65 91. Oder auf die nächste
Radbörse im April 2016 in Maichingen warten. Die Räder können bei Bedarf abgeholt
werden.
„Betreuer“ entlohnt sich fürstlich für seine Hilfe
26-Jähriger erhält Bewährungsstrafe, weil er gemeinsam mit seiner Freundin älteren Mann um über 4000 Euro erleichtert hat
Von Werner Held
BÖBLINGEN/SINDELFINGEN. Zunächst hatten Or-
han S. (26) und seine damalige Freundin
einem verwahrlosten alten Mann nur helfen
wollen. Dann aber erkannten sie schnell,
wie sie sich für ihre Hilfe selbst fürstlich
entlohnen konnten. Weil er vom Konto seines „Schützlings“ 2065 Euro abgehoben und
mit dessen Breuninger-Card Waren für über
2000 Euro bezahlt hat, landete Orhan S. auf
der Anklagebank des Amtsgerichts Böblingen. Richter Thorsten Härtel verhängte wegen Diebstahls, Betrugs und Urkundenfälschung eine Bewährungsstrafe von 16
Monaten gegen den jungen Sindelfinger.
Vermutlich war es am Karfreitag 2013, als
Orhan S. und Lilian E. Rudi P. (Namen geändert) erstmals begegneten. Der alte Mann
schlurfte mit blutverkrustetem Gesicht
durchs Hinterweil. Die jungen Leute sprachen ihn an. Er wolle beim „Netto“ einkaufen, erzählte er. S. und E. machten ihm klar,
dass das am Feiertag nicht geht, und begleiteten ihn nach Hause. „Er hat uns einfach
nur leid getan“, sagt Lilian E. vor Gericht
aus. Im Haus des Mannes traf die beiden der
Schlag. „Da sah es unter aller Sau aus“,
nimmt die 23-jährige E., die eine Ausbildung zur Altenpflegerin macht, kein Blatt
vor den Mund. Da Rudi P. offensichtlich inkontinent war, waren Möbel und Böden mit
Exkrementen verkleckert.
E. und S. krempelten die Ärmel hoch und
putzten. Alle paar Tage besuchten sie P.,
machten sauber, kauften für ihn ein, begleiteten ihn auch mal ins Krankenhaus. Orhan
S. besorgte ihm sogar einen Rollator, damit
er nicht ständig stürzte. „Wir waren die einzigen Menschen, die an seiner Seite waren“,
gibt Lilian E. vor Gericht an. Das Verhältnis
von Rudi P. zu seinen Kindern war sehr angespannt. Die 50-jährige Tochter hatte den
Kontakt zum Vater praktisch abgebrochen.
Nach dem Tod der Mutter 2008 sei er dem
Alkohol verfallen. Er habe sich der Forderung widersetzt, eine Entziehungskur zu
machen, sagt sie aus. Der 52-jährige Sohn
versorgte Rudi P. zweimal die Woche mit
dem Nötigsten. „Mein Vater hat jegliche
Hilfe zurückgewiesen“, sagt er – und man
hört heraus, dass er der Situation ziemlich
Angehörige wirken von der
Situation reichlich überfordert
hilflos gegenüberstand. Rudi P.’s Schwester
hat eigenen Angaben zufolge immer wieder
versucht, die Wohnung ihres Bruders halbwegs sauber zu halten.
Trotz der Funkstille hielt Rudi P.’s Tochter
ein Auge auf das Konto ihres Vaters. Und da
fiel ihr eines Tages eine untypisch hohe Abhebung von 1000 Euro auf. Weil auch Bruder und Vater angaben, nichts von dem Vorgang zu wissen, erstattete sie Anzeige bei
der Polizei. Die Beamten ermittelten, dass
Orhan S. nicht nur 1000, sondern insgesamt
2065 Euro von Rudi P.’s Konto abgehohen
hatte.
Zudem hat er zweimal vergeblich versucht, Geld am Automaten zu ziehen, weil
das Tageslimit schon ausgeschöpft war. Darüber hinaus ging S. mit P.’s Breuninger-Card
mehrfach auf Einkaufstour, erwarb Schuhe,
Kleidung, Kosmetika, Kopfhörer, Lebensmittel im Gesamtwert von 2135,60 Euro.
„Das stimmt alles“, gibt der Angeklagte
unumwunden zu. „Aber ich bin davon ausgegangen, dass ich dazu die Erlaubnis
hatte.“ Zum Beweis dafür fördert sein Verteidiger aus der Akte die Kopie eines „Zettels“ zutage, auf der bescheinigt ist, dass
Orhan S. die beiden Karten aus Dank für
die Pflege rechtmäßig nutze. Verfasst hat
den Text Lilian E. Die Unterschrift, das versichern beide vor Gericht, stamme von Rudi
P. „Er hat immer wieder davon gesprochen,
dass er lieber alles uns geben würde als seinen Kindern“, sagt E. Doch sie erklärt auch,
die angebliche Vollmacht sei für den (Not-)
Fall gedacht gewesen, dass die „Betreuer“
plötzlich größere Ausgaben für ihren
„Schützling“ tätigen müssten. Als Entgelt
steckte Rudi P. den Helfern immer mal wieder 20, 30 oder 50 Euro zu.
Kinder und Schwester bestreiten, dass
der Namenszug auf dem Zettel die Unterschrift von Rudi P. sei. Ihn selbst kann das
Gericht nicht mehr fragen, da er im April
2014 verstorben ist. Der Verteidiger beantragt die Einholung eines grafologischen
Gutachtens. Das aber lehnt Richter Härtel
ab. Alle Zeugen und auch ein medizinischpsychologisches Gutachten, das eingeholt
worden war, weil die Kinder ein Rechtsverfahren auf Übernahme der Betreuung für
ihren Vater eingeleitet hatten, bestätigen,
dass Rudi P. sehr verschlossen und introvertiert war. Härtel kann sich deshalb nicht
vorstellen, dass der alte Mann fremden
Menschen, die er erst kurz zuvor kennengelernt hatte, Vollmacht für sein Konto ge-
geben haben könnte. Die ersten Einkäufe
mit der Breuninger-Card erfolgten aber bereits am Tag nach der ersten Begegnung, die
Abhebungen vom Girokonto wenige Tage
später. „Das kann nicht von Rudi P.’s Willen
gedeckt gewesen sein“, befindet der Richter.
Vielmehr habe Orhan E. die Karten widerrechtlich an sich genommen. Die PIN-Nummer zur EC-Karte hatte P. an mehreren Stellen offen in der Wohnung hinterlegt, weil
ihn sein Gedächtnis immer öfter im Stich
ließ. Verdächtig findet Härtel auch, dass der
Angeklagte zweimal den Tageshöchstsatz
von P.’s abhob – einmal kurz vor, das zweite
Mal kurz nach Mitternacht.
Zwei Monate Straferlass, weil
Gericht Verfahren zu lange liegen ließ
Das Gericht verurteilt den Angeklagten
wegen Diebstahls und Betrugs in zwölf Fällen. Hinzu kommen Urkundenfälschung,
weil er einmal einen Einkauf mit Rudi P.’s
Unterschrift quittierte, und mehrere Fälle
von (versuchtem) Computerbetrug für die
geglückten und gescheiterten Geldabhebungen. Thorsten Härtel legt das Strafmaß auf
ein Jahr und vier Monate fest, setzt es zur
Bewährung aus und brummt Orhan S. noch
eine Geldbuße von 1500 Euro auf. Zwei
Monate erlässt der Richter dem Angeklagten
gleich wieder, weil das Verfahren ohne dessen Schuld seit fast zwei Jahren bei Gericht
lag.
Der Staatsanwaltschaft legt Härtel ans
Herz, zu untersuchen, welchen Anteil Lilian
E., die bisher ungeschoren blieb, an den Betrügereien hatte.
hörde der Stadt Sindelfingen gibt bekannt, dass für die Erneuerung verschiedener Versorgungsleitungen durch die
Stadtwerke die Schwertstraße zwischen
den Langen Anwanden und der Nüssstraße (Höhe Abenteuerspielplatz) ab heute
für die Dauer von 14 Tagen voll gesperrt
wird. Eine Durchfahrt nach und von den
Langen Anwanden Richtung Kaufland ist
nicht möglich. Ins Gewerbegebiet kann
jedoch aus Richtung Lange Anwanden
und aus Richtung Nüssstraße jeweils bis
zur Baustelle eingefahren werden.
Jet-Ski von
Anhänger geklaut
MAGSTADT (red). In der Zeit von Samstag,
20.30 Uhr, bis Sonntag, 13.40 Uhr, wurde
von einem Bootsanhänger, der in der Gottlieb-Daimler-Straße abgestellt war, ein
Jet- Ski im Wert von rund 4000 Euro entwendet. Hinweise hierzu nimmt das Polizeirevier Sindelfingen, Telefon (0 70 31)
697-0, entgegen.
Kindermusical in
der Johanneskirche
SINDELFINGEN (red). Auch in diesem Jahr
führt der Kinderchor der Johanneskirche
ein Kindermusical in dessen Gemeindesaal auf. Nach den erfolgreichen Aufführungen 1998 und 2007 werden die „Bremer Stadtmusikanten“ der Gebrüder
Grimm diesen Herbst nun zum dritten
Mal auf die Bühne gebracht. Die vier Aufführungen finden am 10., 11., 17. und 18.
Oktober jeweils um 16 Uhr unter Leitung
von Brigitte Schubert und Gudrun Held
statt. Platzkarten sind beim i-Punkt Sindelfingen, den Chorkindern sowie an der
Abendkasse erhältlich.
SportKultur
als Sponsor
SINDELFINGEN (red). Der Sportverein Sport-
Kultur Stuttgart hat jetzt der Gemeinschaftsschule im Eichholz drei Tischtennistische gesponsert. Nicht nur im regulären Sportunterricht kommen die Tische
zum Einsatz, sondern auch in den Mittagspausen. Hier begeistern sich vor allem
die Schüler der Sekundarstufe beim Doppelspiel oder dem Spiel „Mäxchen“. Nun
kann eine Tischtennis-AG angeboten werden. Mit viel Freude werden dabei die
Auge-Handkoordination und das Ballgefühl geschult. Im Vordergrund steht
aber der Spaß an der Sportart Tischtennis.
Tischtennisplatten für die Gemeinschaftsschule im Eichholz
Foto: red