Im ehemaligen Kleiderladen der Kunst begegnen

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| Gemeinden
Volksstimme Nr. 115
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Dienstag, 13. Oktober 2015
Auf der Suche nach dem schwarzen Unbekannten
Lauwil | Unterwegs mit Höhlenforschern fürs Baselbieter Höhleninventar
Gegen tausend Höhlen gibt es
im Baselbiet: grosse, kleine,
bekannte und erst gerade entdeckte. Die beiden HobbyHöhlenforscher Erich Plattner
und Roger Martin arbeiten an
einem kantonalen Höhleninventar
und stossen dabei immer wieder
auf unerforschte Pforten in den
Untergrund.
Barbara Saladin
Der Weg zur Höhle ist steil. Bis wir
vor dem knapp ein Meter hohen Eingang am Fuss einer Felswand stehen,
gilt es, Weidezäune, loses Gestein und
allerlei wildes Unterholz zu überwinden. «Die Höhle hat zwar einen lokalen Namen, aber wir nennen sie
Höhle Ulmethöchi Süd», sagt Erich
Plattner.
Er und sein Kollege Roger Martin
gehören zu rund einem halben Dutzend Hobby-Speläologen, die als Mitglieder der Sektion Basel der Schweizerischen Gesellschaft für Höhlenforschung (SGH) an einem Inventar
über alle Baselbieter Höhlen arbeiten. Auch Spalten, Dolinen und Halbhöhlen – sogenannte Balmen – neh-
men die Männer auf, kartieren sie,
messen sie aus. Insgesamt gibt es im
Baselbiet gegen tausend davon: «Ich
habe sie noch nicht richtig zusammengezählt», sagt Plattner mit einem
Schmunzeln.
Das Inventar wird im Auftrag
des Kantons und mit der Hilfe des
Schweizerischen Instituts für Speläologie und Karstforschung in La
Chaux-de-Fonds, dem professionellen Arm der SGH, erstellt. Dahinter
stecken jahrelange Arbeit und unzählige Expeditionen. Es wird ständig weiter kontrolliert und aktualisiert.
GPS-Gerät statt Messband
Zum Inventar gehört das Vermessen
des Eingangs mit der Nivellierlatte.
Dazu kommen Koordinaten, Höhendifferenz und Länge der Höhle sowie
deren Gestein, ebenso die Beschreibung ihrer Bedeutung, eine Katasternummer und eine Zeichnung, wo es
nicht schon den Plan einer früheren
Kartierung gibt. Was früher mit Messband und Kompass gemessen wurde,
erledigt heute ein erweitertes GPSGerät fast selbstständig.
Die Höhlenforscher rapportieren
auch die Beeinträchtigung. Dass eine
Oft findet die
Arbeit der
Höhlenforscher
in unwegsamem
Gelände statt.
IMPRESSUM
Roger Martin (links) und Erich Plattner inventarisieren die Höhlen des Baselbiets.
Höhle vermüllt oder mit Schmierereien verunstaltet ist, kommt oft vor.
Sogar Schrott aus dem Ersten Weltkrieg schlummert immer noch in Baselbieter Felsnischen. «Je unbekannter eine Höhle ist, desto besser ist sie
geschützt», sagt Plattner.
Um die Höhlen nicht unnötig zu
gefährden, kommen die Daten des
Inventars zwar ins kantonale GIS,
werden aber nicht veröffentlicht.
Interessengruppen wie Archäologen,
Landschafts- oder Tierschützer können aber darauf zugreifen.
Die Speläologen in der Schweiz
sind eine kleine, eingeschworene Gemeinschaft. «Es ist zwar ein Hobby,
aber mit wissenschaftlichem Anspruch.
Wir kommen aus verschiedenen Berufen», sagt Plattner, der als Maler
arbeitet. Für ihn waren es Neugier
und Entdeckerdrang, die ihn schon
früh zu der «dunklen, unbekannten
Welt» hinzogen, wie er sagt.
Roger Martin, ehemaliger Laborant, der ihrer Faszination zwar auch
schon früh erlag, aber erst seit zehn
Jahren in der Basler Sektion der SGH
organisiert ist, witzelt: «Viele Höhlen
haben ihren Eintrittspreis. Entweder
muss man Hunderte Meter robben
und hat alles aufgeschürft, oder man
seilt sich durch mehrere Schächte
ab.»
30 Meter in die Tiefe
Davon bleibe ich verschont: Die gut
versteckte «Höhle Ulmethöchi Süd»
in Hauptrogengestein, Heimat zahlreicher Spinnen, ist trocken und nur
wenige Meter lang.
Speläologie hat im Baselbiet viel
mit Wandern zu tun, aber oft müssen
die Höhlenforscher sich auch anseilen: Zu unwegsam und risikoreich ist
das Gelände. Um neue Höhlen zu entdecken, reden sie auch oft mit der
lokalen Bevölkerung, konsultieren
Heimatkunden und sogar das Baselbieter Sagenbuch. «Ich sprach einmal
mit einem Waldarbeiter, der mich zu
einer kleinen Höhle führte, welche
Bilder Barbara Saladin
offenbar niemand kannte», erzählt
Plattner. «So klein war sie dann allerdings nicht: Sie führte 30 Meter in
die Tiefe.»
Höhlen, die heute noch unentdeckt
sind? Was irgendwie nach Höhlenforscherlatein klingt, beweist seine
Richtigkeit bereits auf dem Rückweg:
Am Fuss eines Felszackens im Wilden Westen des Bezirks Waldenburg
stehen Plattner und Martin plötzlich
vor einem Spalt im Gestein, den sie
nicht kennen und der nirgends verzeichnet ist. «Höhle Ulmethöchi Süd
II» ist entdeckt, kommt ins Inventar
und wird vielleicht einmal genauer
erforscht. Denn nur, weil die Nivellierlatte bei 2,80 Meter in der Dunkelheit ansteht, heisst das noch lange
nicht, dass die Höhle dort zu Ende
ist. Vielleicht befindet sich irgendwo
im Untergrund ja eine versteckte Felsenhalle. «Abgeschlossen ist die Arbeit nie. Man findet immer wieder
Neues», sagen Plattner und Martin.
Sie werden wiederkommen.
INS BILD GERÜCKT
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Das Kunstprojekt Quagga – Kunst
begegnen wurde am Freitagabend
in der Begegnungszone in Sissach
mit einem Apéro und einer Rede
des ehemaligen Regierungsrats
Urs Wüthrich eröffnet.
An der Hauptstrasse 70 wird nach
Auflösung des Kleidergeschäftes
Airport von nun an Kunst ausgestellt. Initiiert wurde «Quagga»
von fünf Sissacher Künstlern, die
in den Räumen ihre Arbeit ausstellen. Ab 2016 werden regionale
Gastkünstler eingeladen, ihre
Werke auszustellen.
Bild Lucy Schön