Falltext C 988 Bay 04.05.2015 Ernst Esser (E) ist Eigentümer eines Grundstücks in der bayerischen kreisangehörigen Gemeinde Grabing (G) (Landkreis Rhön-Grabfeld, Regierungsbezirk Unterfranken), das dort innerhalb eines seit Jahrzehnten bebauten Ortsteils liegt. Auf diesem Grundstück möchte E ein zweigeschossiges Wohnhaus errichten. Das für die Erteilung der Baugenehmigung zuständige Landratsamt leitet den Bauantrag des E zur Herstellung des Einvernehmens nach § 36 BauGB (Sartorius I Nr. 300) der Gemeinde zu. Da die umliegenden Häuser überwiegend nur eingeschossig gebaut sind, hat die Gemeinde Bedenken, ob das Vorhaben des E gebilligt werden kann (§ 34 BauGB). Sie erteilt schließlich ihr Einvernehmen unter der Bedingung, dass E zur Verbreiterung der Straße - die ausgebaut, aber bislang nicht mit einem Fußweg versehen ist - einen 2 m breiten Grenzstreifen an die Gemeinde abtritt. Die Gemeinde teilt diesen Beschluss dem Landratsamt mit, das seinerseits den E davon unterrichtet. Da E sein Bauvorhaben nicht aufgeben möchte, schließt er mit der Gemeinde einen notariellen Kaufvertrag über den Grenzstreifen ab. Auf Verlangen der Gemeinde wird dabei ein Kaufpreis vereinbart, der erheblich unter dem Marktwert liegt; der Kaufpreis soll überdies gestundet und gegen spätere Anliegerkosten verrechnet werden. Der Bauantrag des E und das (bedingte) Einvernehmen werden bei den Vertragshandlungen zwar nochmals ausdrücklich angesprochen, finden jedoch in der Vertragsurkunde keine ausdrückliche Erwähnung. Die Gemeinde teilt den Abschluss des Kaufvertrags dem Landratsamt mit. Daraufhin erteilt das Landratsamt dem E die beantragte Baugenehmigung. Die Gemeinde fordert E daraufhin auf, den Grenzstreifen aufzulassen. Nun kommen E Bedenken, ob die Gemeinde die Abtretung des Grenzstreifens wirklich verlangen könne. Er bezweifelt die Wirksamkeit des Vertrags und verweigert die Auflassung. Die Gemeinde lässt daraufhin in Abwesenheit des E durch Gemeindearbeiter den Zaun auf die vereinbarte Grenzlinie zurücksetzen und beginnt mit den Planierungsarbeiten. Ein schriftlicher Protest des E bleibt erfolglos. Nunmehr erhebt E Klage vor dem Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Gemeinde zu verpflichten, den Grenzstreifen herauszugeben und den früheren Zustand wiederherzustellen (Klageantrag zu 1.) und die Nichtigkeit des Kaufvertrages festzustellen (Klageantrag zu 2.). Die Gemeinde bezweifelt die Zulässigkeit des Rechtsweges. E ist dagegen der Ansicht, dass die Gemeinde in Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben und Befugnisse gehandelt habe und dass deshalb der Verwaltungsrechtsweg gegeben sei. Vermerk für die Bearbeiter: In einem Gutachten ist zu den Erfolgsaussichten der Klage Stellung zu nehmen. Dabei ist auf alle berührten Rechtsfragen einzugehen. Gehen Sie bei der Fallbearbeitung davon aus, dass das Landratsamt die Baugenehmigung nur bei Vorliegen des gemeindlichen Einvernehmens erteilen darf.
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