Licht-Phänomene im Technorama

Licht-Phänomene im Technorama
Julia Jung, Thorsten-D. Künnemann
„Nur“ 150 Millionen Kilometer von der Sonne entfernt,
leben wir in einer lichtdurchfluteten Welt. Ohne die Sonne wäre es sehr dunkel auf der Erde. Aber dieses Gedankenspiel erübrigt sich, denn ohne die Sonne gäbe es
keine Organismen, die das Licht sehen könnten. Klingt
trivial, aber wenn Sie sich mit den Eigenschaften des
Lichts beschäftigen, geht es nicht nur um Physik, sondern oft auch um Ihre Wahrnehmung von Licht. Licht
transportiert mit seinen unterschiedlichen Wellenlängen,
Intensitäten und Polarisationsgraden Informationen über
die Umwelt, aber hell oder farbig wird die Welt erst durch
die Interpretation Ihres Gehirns.
Im Swiss Science Center Technorama können Sie die
Phänomene des Lichts an über 100 Experimentierstationen erkunden. Nachfolgend finden Sie einige faszinierende Beispiele:
Die Farben des Lichts – die Lichtinsel
Sichtbar wird Licht für Sie nur, wenn es direkt in Ihr
Auge fällt. Schauen Sie zu einer Lampe an der Decke,
sehen Sie die Lichtquelle leuchten. Oder Sie sehen
das von den Wänden oder Gegenständen reflektierte
Licht. Aber im Raum selber können Sie das Licht nicht
wahrnehmen. Erst wenn das Licht auf Staubpartikel
oder Nebeltröpfchen trifft, können Sie seinen Verlauf
erkennen.
Hat Licht eine Farbe? Ihre erste Reaktion wird sicher
sein: Nein, Licht ist hell bzw. weiss. Lassen Sie uns
einen einfachen Versuch machen. Leiten wir einen
weissen Lichtstrahl durch ein Prisma, so entsteht aus
dem weissen Lichtstrahl durch Lichtbrechung ein Regenbogen. Die unterschiedlichen Wellenlängen im
weissen Licht werden unterschiedlich stark gebrochen
und aufgetrennt: Sie sehen sie als einzelne Regenbogenfarben.
natürlich schwarz, da kein Licht mehr auf die Scheibe
trifft. Jetzt einzeln: Verdecken Sie das rote Licht, so wird
die Scheibe cyanfarbig. Sobald eine der Lichtquellen
abgedeckt wird, werden nur die beiden anderen Lichtfarben miteinander vermischt, in diesem Fall entsteht
also eine Mischung aus grün und blau. Ebenso funktioniert das auch mit den anderen Lampen. Wird das blaue
Licht abgedeckt, erscheint die Scheibe gelb – eine Mischung aus rotem und grünem Licht. Mischt man alle
drei Lichtfarben, so erhält man weisses Licht. Da die
bunten Lampen alle ein Stück voneinander entfernt aufgehängt sind, entstehen auf der Scheibe die vielen verschiedenen bunten Schatten.
Das weisse Licht ist also eigentlich eine Mischung verschiedener Farben? Dann sollte doch auch ein umgekehrtes Experiment gelingen. Ausprobieren können Sie
dies selbst am folgenden Exponat.
Eingefrorene Zeit – der Stroboskopbrunnen und die
erstarrte Hand
Schnell bewegte Objekte erscheinen unscharf und verschwommen, weil unsere Augen nicht beliebig viele
Bilder pro Sekunde einzeln wahrnehmen können. Mit
einem Stroboskopblitz können Sie schnelle Bewegungen
einfrieren.
Farbige Schatten
Eine grosse Scheibe wird von drei voneinander versetzten Lampen beleuchtet. Die Lampen sind rot, grün und
blau. Und tatsächlich ist die Scheibe in diesem „bunten“
Licht weiss. Sobald aber eine Person vor die Scheibe
tritt, erscheinen sogar sechs verschiedenfarbige Schatten, das verblüfft im ersten Moment.
Dieses Phänomen wird beim Stroboskopbrunnen genutzt. Hier fallen riesige Wassertropfen so dicht und
schnell hintereinander, dass sie für Ihr blosses Auge wie
ein einziger grosser Wasserstrahl erscheinen. Erst im
Stroboskopblitz kann man die Tropfen scheinbar einzeln
in der Luft schweben oder aber mit einer etwas grösseren Blitzfrequenz rückwärts nach oben laufen lassen.
Wie es zu diesen Farben kommt, können Sie selbst in
einer Versuchsreihe ergründen. Decken Sie die bunten
Lampen mit einer Maske ab und beobachten Sie, was
passiert. Sind alle Lampen abgedeckt, wird die Scheibe
Dasselbe Phänomen kann in folgendem Experiment
beobachtet werden: Halten Sie Ihre Hände unter das
Stroboskop des Exponats „Erstarrte Hand“ und fangen
Sie an, in die Hände zu klatschen. Die regelmässigen
Lichtblitze sind so eingestellt, dass sie die sich bewegenden Hände immer an der gleichen Position beleuchten. So sehen wir im Hellen immer nur die Hand an der
gleichen Stelle und der Rest der Bewegung findet für
uns im Dunklen statt – somit können wir sie nicht sehen.
Und das ist besonders irritierend, weil Sie genau wissen,
dass Sie die Hände bewegen und auch das Klatschen
deutlich zu hören ist.
Unsichtbares sichtbar machen
Einem Tauchsieder bei der Arbeit zusehen? Solange
das Wasser nicht kocht, könnten Sie mit blossem Auge
kaum Veränderungen wahrnehmen. Aber ein optisches
Phänomen kann helfen. Dieses Exponat besteht aus
einem mit Wasser gefüllten Glasbecken, in dem sich ein
Heizstab befindet, einer Lampe, die durch das Becken
hindurch leuchtet, und einer Projektionsfläche hinter
dem Becken, auf dem der Schatten des Heizstabs projiziert wird.
Alles, was wir im Wasserbecken sehen können, ist ein
Heizstab. Schauen wir aber hinter dem Becken auf die
Projektionsfläche, so sehen wir nicht nur dessen Schatten, sondern zusätzlich oberhalb des Heizstabes Schlieren, die wie aufsteigender Rauch aussehen.
Das Wasser um den Heizstab herum wird erhitzt und
steigt nach oben. Dadurch reiben das kalte und das
warme Wasser aneinander, was kleine Wirbel verur-
sacht, die für uns eigentlich unsichtbar sind. Warmes
und kaltes Wasser haben aber einen unterschiedlichen
Brechungsindex. Ein Lichtstrahl, der von warmem zu
kaltem Wasser übertritt, wird gebrochen wie bei einer
Linse. Unsere „Wasserlinse“ verändert sich durch die
Strömung ständig, so dass auf der weissen Wand helle
und dunkle Muster entstehen und Sie das warme Wasser aufsteigen sehen können.
Viele Exponate im Technorama sind in Kooperation mit
Künstlern entstanden, die oft einen ungewöhnlichen und
ästhetisch ansprechenden Zugang zu Naturphänomenen gefunden haben, ein Beispiel dafür sind die
Reflexionen mit versteckten Botschaften – Delta Phi
Wenn Sie im Sommer mit einem Boot unter einer Brücke
hindurchfahren, fallen Ihnen sicherlich auch die tanzenden Lichtmuster an den Wänden der Brücke auf. Es ist
das Sonnenlicht, welches von den Wellen des Wassers
reflektiert wurde. Die verchromte Oberfläche des Exponats von Joachim Sauter ähnelt einer solchen bewegten
Wasseroberfläche.
Strahlen Sie sie mit einer Taschenlampe von oben an,
werden die eintreffenden Lichtstrahlen in verschiedene Richtungen reflektiert. An der Decke darüber
kommt es durch Überlagerung der zurückgeworfenen
Strahlen zu Aufhellungen. Dieses Phänomen nennt
man auch Kaustik. Die Ausrichtung der Wellenberge
wurde so berechnet, dass die Aufhellungen an der
Decke - bei zwei bestimmten Abständen der Lichtquelle - Zeichen ergeben, nämlich die griechischen Buchstaben Delta und Phi.
Zum Abschluss begegnen Sie der grössten Plasmakugel
der Welt. In ihrem Inneren befindet sich eine Elektrode,
die mit Hilfe einer hochfrequenten Wechselspannung
eine Edelgasmischung zum Leuchten bringt. Die dabei
entstehenden Plasmafäden können Sie mit Ihren Händen an einem Punkt auf der Glaskugel konzentrieren.
Impressum
Schweizerische Akademie der Technischen Wissenschaften
www.satw.ch
Juni 2015
Dieser Artikel entstand für die SATW Rubrik „Im Fokus“ zum Thema Licht.
Gestaltung: Claudia Schärer
Bilder: Technorama
Da Sie Plasma meist nur in Form von Leuchtstoffröhren
und Blitzen und manchmal als Nordlichter beobachten
können, mag es verblüffen, dass sich der grösste Teil
der Materie im Universum im Plasmazustand befindet
und das Plasma die wichtigste Lichtquelle ist – denn alle
Sterne bestehen aus Plasma, auch unsere Sonne, womit wir zum Ausgangspunkt unserer Lichtexkursion zurückkommen.