Komponenten + Systeme Werkstoffe ▲ 09/2006 Hintergrundbericht Klares Profil Neuartige Matrizen für Aluminium-Profile Diesen Beitrag können Sie sich im Internet unter www.konstruktion.de downloaden Beim Strangpressen ist es wichtig, dass das Aluminium gleichmäßig durch den Matrizenspalt fließt. Sonst verzieht sich das Profil bananenförmig. Ein gerades Profil entsteht nur dann, wenn die unterschiedlichen Reibungsverhältnisse zwischen dick- und dünnwandigen Partien des Matrizenspalts kompensiert werden. Das lässt sich mit der Single-Bearing-Technologie leichter erzielen als von Klaus Vollrath mit bisherigen Techniken. ▲ ▲ ▲ Sapa Aluminium Profile fertigt an mehreren europäischen Standorten Aluminium-Profile für eine breite Palette industrieller Abnehmer. Das Einsatzspektrum reicht dabei vom Baubereich, über Auto, Eisenbahn, Elektrotechnik, Maschinen- und Anlagenbau sowie Luft- und Raumfahrt bis zur Medizintechnik. Kennzeichnend für diese Märkte ist eine enorme Vielfalt an unterschiedlichen Profiltypen, deren Geometrie präzise an die Be- 76 sonderheiten der jeweiligen Aufgabenstellung angepasst wird. Aber nicht jede Profil-Geometrie lässt sich gleich gut verpressen: Da die Abläufe beim Durchtritt des Aluminiums durch die formgebende Stahlmatrize recht komplex sind, können manchmal vergleichsweise minimale Designänderungen den entscheidenden Unterschied zwischen einem gut und einem schlecht laufenden Werkzeug ausmachen. Um beim Strangpressen ein weitgehend gera- Neuartige Pressmatrize zur Herstellung von Aluminium-Profilen: Stufenförmig ausgebildete Vorkammern gleichen die unterschiedlichen Reibungen zwischen dick- und dünnwandigen Partien aus. des Profil zu erhalten, muss das Material in allen Bereichen des Querschnitts mit gleichmäßiger Geschwindigkeit durch den formgebenden Teil des Matrizenspalts – den so genannten Presskanal – fließen. Dazu muss man die unterschiedlichen Reibungsverhältnisse zwischen dick- und dünnwandigen Partien kompensieren, weil sich das Profil sonst auf Grund des ungleichmäßigen Materialflusses bananenförmig verziehen würde. Unterschiedliche Reibungen Bisher wurden die Reibungsunterschiede dadurch beeinflusst, dass man die Länge des Presskanals entsprechend variierte: In Bereichen mit geringer Wanddicke und entsprechend höherer Reibung wurde er kürzer ausgelegt als bei dickwandigen Partien. Als Folge hiervon wies die Trennlinie zwischen dem Presskanal und der anschließenden Freilaufschulter einen komplexen Verlauf auf. Die Fertigung solcher Geometrien ist aufwendig und teuer, nicht zuletzt auch deshalb, Werkstoffe Komponenten + Systeme Das Prinzip: Bei der SingleBearing-Technologie ist der Presskanal sehr kurz ausgelegt und weist überall die gleiche Länge auf. Die Beeinflussung der Reibungsverhältnisse erfolgt über den Öffnungswinkel einer stufenförmig ausgebildeten Vorkammer. „Früher dauerte die Herstellung eines Werkzeugs für AluminiumProfile zwei bis drei Wochen. Heute schaffen wir das in zwei Arbeitstagen.“ Lothar Kanowski, Geschäftsführer der Sapa Aluminium Profile, Düsseldorf Aluminium-Profile: Unterschiedliche Geometrien in der Produktionshalle von Sapa. Neue Matrizen sorgen für schnelle Fertigung. feinert und weisen heute eine sehr gute Übereinstimmung mit dem tatsächlichen Materialverhalten auf. Single-Bearing-Technologie Zu den wichtigsten Vorteilen der neuen Single-Bearing-Technologie, die bevorzugt für Flachprofilwerkzeuge eingesetzt wird, gehört die durch den kurzen Presskanal herabgesetzte Reibung. Dies bedingt eine ganze Reihe positiver Auswirkungen: Die reibungsbedingte Temperaturerhöhung ist geringer und vor allem gleichmäßiger, was der Prozessgeschwindigkeit, der Haltbarkeit des Werkzeugs und der Oberflächenqualität des Profils zugute kommt. Zudem verringert sich der Richtaufwand. Bei Mehrstrangwerkzeugen sind die Austrittsgeschwindigkeiten und damit die Presslängen pro Strang deutlich gleichmäßiger. Per Saldo, so Schaafsma, summiere sich dies zu einem Produktionskostenvorteil von rund zehn Prozent. „Ein weiterer wesentlicher Vorteil der neuen Methode ist die deutlich geringere Abhängigkeit von manueller Nachkorrektur des Werkzeugs“, fügt Lothar Kanowski hinzu, Geschäftsführer bei Sapa in Düsseldorf. Beim Extrudieren sind ungleichmäßiger Materialfluss eher die Regel als die Ausnahme. Nach dem ersten Einsatz eines neuen Werkzeugs muss bei konventioneller Technik daher so lange an den Presskanallängen herumgedoktert werden, bis das Ergebnis bei erneuten Pressversuchen zufrieden stellt. Dies ist ein weitestgehend handwerklicher Prozess, dessen Ergebnis von Erfahrung und Fingerspitzengefühl der Mitarbeiter abhängt. Dagegen ist bei Single-Bearing-Werkzeugen weniger Nacharbeit erforderlich. Zudem entfällt das zeitaufwendige Senkerodieren. Es kommen nur mehr zwei Bearbeitungsverfahren – HSC-Fräsen und Drahterodieren – zum Einsatz. Hierfür investierte Sapa in hochleistungsfähige Bearbeitungssysteme, die Werkzeugstahl auch in gehärtetem Zustand zerspanen können. Dies erspart die Härtung, die früher zwischen den Arbeitsgängen Schruppen und Schlichten eingeschoben werden musste. „Bislang dauerte die Herstellung eines neuen Werkzeugs nach Freigabe der Zeichnung zwei bis drei Wochen. Heute schaffen wir das erforderlichenfalls in zwei Arbeitstagen“, bekräftigt Kanowski. Webguide www.sapagroup.com Sapa Aluminium Profile Direkter Zugriff unter www.konstruktion.de Code eintragen und go drücken ke5821 ▲ ▲ ▲ weil in schmalen und tiefen Konturen vielfach nicht gefräst werden kann. Für solche Bereiche muss man dann häufig auf das Senkerodieren zurückgreifen. Dieses Verfahren ist jedoch nicht nur zeitraubend, man benötigt hierfür auch spezielle Elektroden. „Um diese Nachteile zu vermeiden, haben wir die Single-Bearing-Technologie entwikkelt“, sagt René Schaafsma, Leiter der Werkzeugkonstruktion bei Sapa im holländischen Hoogezand. Hier kann der Presskanal sehr kurz ausgelegt sein und weist überall die gleiche Länge auf. Die Beeinflussung der Reibungsverhältnisse erfolgt hier über den Öffnungswinkel einer stufenförmig ausgebildeten Vorkammer: Bei geringen Wanddicken ist dieser Winkel größer als bei dickwandigen Partien, wo der Materialfluss stärker gebremst werden muss. Die entsprechenden Berechnungsmethoden wurden im Laufe der Jahre immer weiter ver- 09/2006 77
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