Auswahlbibliographie Georges Perec - Zentral

GEORGES PEREC
ZUM 80. GEBURTSTAG
Auswahlbibliographie
EINLEITUNG
Undeutlich spüre ich, daß die Bücher, die ich geschrieben habe, ihren Sinn aus einem
alles umfassenden Bild beziehen, das ich mir von der Literatur mache, doch ich habe das
Gefühl, daß ich dieses Bild wohl nie genau zu greifen vermag, daß es für mich etwas ist,
das jenseits des Schreibens steht, ein „Warum ich schreibe“, auf das ich nur schreibend
antworten kann, wobei ich unaufhörlich den Augenblick hinausschiebe, in dem dieses Bild,
weil ich aufhöre zu schreiben, sichtbar werden würde, ähnlich wie ein Puzzle, das ein für
alle Mal abgeschlossen ist.
„Georges Perec war ein Eintänzer. Ein Kavalier, ergeben dem listigen Geschlecht der
Sprache. Er probierte ihre Klänge, ihre rhythmischen Möglichkeiten und Varianten. Perec war
ein Connaisseur des Spiels, ein mitleidloser und linguistisch durchtrainierter Trickser. Als
selbsternannter Baumeister und Schüler Queneaus, Mitglied von Oulipo, der Werkstatt für
„potentielle Literatur“, trieb er sich vorzugsweise mit seiner Katze auf der Schulter und der
Abrißbirne herum, um das gerade errichtete und nach allen Regeln des Goldenen Schnitts
gelungene und bestaunte Wortgebäude wieder in einen Trümmerhaufen zu verwandeln.
Den Lesern seiner Bücher brachte Perec die Rückwärtsschritte des Unglaubens und nicht
die ergebenen der Andacht bei. In all seinen umfangarmen, inhaltsreichen Büchern wird der
Grundkurs wiederholt: ich und du, Raum und Zeit, Ding und Vorstellung, Wahrheit und Lüge,
Original und Kopie. „Verlegen wir uns auf Allgemeinplätze: Was? Wer? Wann? Wo? Wie?
Warum? Was? Ich bin geboren. Wer? Ich. Wann? Am 7. März 1936. […]
Georges Perec war, und das ist ausreichend Grund, ihn zu verehren: Zweifler, Fallensteller,
Menschenkenner, Literaturbesessener und Stilist.“ so Verena Auffermann in der „Zeit“ von
1993. Dem folgend und einen weiteren Grund hinzufügend – Perecs 80. Geburtstag im März
dieses Jahres – präsentieren wir in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Diaphanes-Verlag,
der sich mit Perec-Neuausgaben in den kongenialen Übersetzungen von Eugen Helmlé
hochverdient macht, einen Großteil seiner Werke zur Neu- und/oder Wiederentdeckung!
ZLB – Standort Amerika-Gedenkbibliothek | Informationstheke 2
Mo – Fr: 10.00 – 21.00 Uhr | Sa: 10.00 – 19.00 Uhr ...
... denn, so Jürgen Ritte, „Georges Perecs Bedeutung steigt eigentlich stündlich.“ – voilà!
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WERKE
Perec, Georges: Die Dinge : Roman. Deutsch von Eugen Helmlé. Bremen : Manholt, 2001
Signatur: L 488 Perec 50…
Der Roman Die Dinge nennt sich im Untertitel „Eine Geschichte der sechziger Jahre“, er
ist jedoch sehr viel mehr als die bloße Bestandsaufnahme einer Epoche. […] Die alles
beherrschende Frage lautet, wie kommt man an das Geld, das scheinbar alle anderen so leicht
verdienen, um sich die Dinge des Konsums leisten zu können, die Ausdruck gesellschaftlichen
Erfolgs zu sein scheinen. Sie werden beherrscht von diesen Dingen, träumen von diesen Dingen,
bewerten ihre Umgebung nach diesen Dingen, gleichzeitig wehren sie sich gegen die Allmacht
der Konsumdinge.
Perec, Georges: Was für ein kleines Moped mit verchromter Lenkstange steht dort im
Hof. Deutsch von Eugen Helmlé. Zürich : Diaphanes, 2014
Signatur: L 488 Perec 68…
Das Moped gehört dem Unteroffizier Pollak Henri, der damit allabendlich von der Kaserne in
den heimatlichen Montparnasse knattert, um sich durch Entledigung der Uniform in einen
offenkundigen Zivilisten zu verwandeln und zu seinen Spezis zu stoßen, die bei reichlich Rotwein
über Hegellius und Lukasch diskutieren. Da wird eines Tages sein Freund Kara- wie heißt er
noch? Karasek? Karamalz? Karabambuli? in den Krieg nach Algerien einberufen – und will nicht.
Was tun? Man tüftelt ein Drückebergerprogramm aus, das von der komplizierten Armfraktur über
das Verrücktstellen bis zum vorgetäuschten Selbstmord reicht. Aber Karasowieso geht seine
eigenen Wege.
Wie kann man Perecs Texte in wenigen Worten charakterisieren? Man muß Zuflucht bei Perec
selbst nehmen und aus dem Verzeichnis der rhetorischen Floskeln und Redefiguren zitieren, das
er der Erzählung vom kleinen Moped (mit verchromter Lenkstange) beigegeben hat: „Prosa (sehr
schöne Prosa)“. Bruno Preisendörfer, Tagesspiegel
Perec, Georges: Die Gehaltserhöhung. Die Kartoffelkammer. Zwei Stücke. Deutsch von
Eugen Helmlé. Frankfurt am Main : Verlag der Autoren, 1990
Signatur: L 488 Perec 71…
In Die Gehaltseröhung variiert Perec die immer gleiche Grundsituation: Ein Angestellter
sucht seinen Vorgesetzten auf, um eine Gehaltserhöhung zu erbitten. Wird ihn die Sekretärin
vorlassen? Ist der Vorgesetzte anwesend? Ist er guter Dinge, oder sind seine Kinder an den
Masern erkrankt? Am Ende des Stückes steht der Anfang: „Angenommen – etwas, das man
alle Tage sieht – Sie haben Ihre Gehaltserhöhung nicht bekommen. In diesem Fall müssen Sie
wieder von vorne anfangen.“ Die Kartoffelkammer zeigt fünf Personen beim Kartoffelschälen.
Sie streiten und fachsimpeln über die Kartoffel, reden aneinander vorbei, auf der Suche nach
unformulierten Wahrheiten. Das Kartoffelschälen wird zum größten menschlichen Abenteuer.
Perec, Georges: Ein Mann schläft : Roman. Deutsch von Eugen Helmlé. Zürich : Diaphanes,
2014
Signatur: L 488 Perec 51…
In der winzigen Pariser Mansarde klingelt wie jeden Morgen der Wecker. Heute gälte es, das
Examen anzutreten – doch der junge Mann steht nicht auf. Er beschließt, an diesem Leben,
das ihm nichts mehr zu geben hat, keinen Anteil mehr zu nehmen. […] Perecs Buch ist die
Geschichte einer radikalen Verweigerung. Noch vor der Oulipo-Zeit entstanden, ist dieser
ganz in der Du-Perspektive geschriebene Roman eine Meditation über den Stillstand, eine
Etüde über die Leere. Die brüchige Schönheit, die Perec der Selbstisolation verleiht, und die
außergewöhnliche literarische Qualität machen Ein Mann der schläft zu einem modernen Urtext
der Melancholie, der eine ganze Schriftstellergeneration inspirierte.
Das Du kriecht uns auf die Haut, während es Perec erlaubt, sich von seinem Helden zu
entfernen und eine so grimmige Einsamkeitserkundung zu wagen, wie sie ein Ich vielleicht kaum
ausgehalten hätte. Gabriele von Arnim, Die Welt
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Perec, Georges: Anton Voyls Fortgang : Roman. Deutsch von Eugen Helmlé. Zürich :
Diaphanes, 2013
Signatur: L 488 Perec 63...
1969 als Resultat einer Wette entstanden, taucht in Perecs wohl außergewöhnlichstem Werk
Anton Voyls Fortgang kein einziges Mal der Buchstabe E auf. Der Roman zeigt, was mit Sprache
möglich ist, wenn nicht mehr der Autor erzählt, sondern – durch das Korsett einer strengen Regel
– die Sprache selbst. Ausgehend vom verfügbaren Wortmaterial hat sich die Geschichte, haben
sich die Personen und die Handlung zu entwickeln …
Konsequenter als Perec hat kaum ein Autor die eigenen Verletzungen, die eigene Hilflosigkeit in
der Suche nach einer angemessenen Form, die Vernichtung der europäischen Juden zu erfassen,
und das Scheitern daran, ausgestellt. Jonas Engelmann, Jungle World
Perec, Georges: Dee Weedergenger. Deutsch von Peter Ronge. Münster : Lang, 2003
Signatur: L 488 Perec 72…
Eine Passion Perecs war die Beschäftigung mit lipogrammatischen Werken, ein literarisches
Genre, das wir seit der Antike kennen: Just durch Auslassen bzw. Vermeiden von bestimmten
Lettern wird eine sprachliche Erweiterung und Bereicherung gesucht und gefunden! […] Perecs
zweites geradezu artistisches Werk dieses Genres schien lange Zeit unübersetzbar; es ist der
einzige Roman Perecs, der bislang nicht in deutscher Sprache vorlag. Endlich wird diese Lücke
geschlossen: Peter Ronge hat – getreu den Sprachregelungen des Oulipo – eine Übersetzung
gewagt und bewältigt!
Perec, Georges: Träume von Räumen. Deutsch von Eugen Helmlé. Zürich : Diaphanes, 2014
Signatur: L 488 Perec 57…
Vom leeren Blatt Papier über das Bett, die Treppe, die Wand, das Mietshaus, die Straße über das
Land und die Welt ins Universum: Träume von Räumen durchmisst spielerisch Raum und Räume,
vom Allernächsten bis hin ins Fernste. Sogenannte praktische Übungen („Durchqueren Sie
Paris, aber nur durch Straßen, in deren Name ein C vorkommt!“) unterbrechen die Anordnung
mit federleichter Konkretheit, und sehr persönliche Miniaturen sorgen dafür, dass das Spiel
niemals im Unverbindlichen verbleibt. Kein anderes Buch kann wohl als so typisch für Perecs
Werk bezeichnet werden: ein Panorama literarischer Schnipsel, Sprachspiele, Kurzessays,
Glossen und Experimentalanordnungen. Lange vergriffen, ist einer der programmatischsten
und wirkmächtigsten Texte des großen Experimentators Georges Perec in einer neuen Ausgabe
endlich wieder auf Deutsch zugänglich …
Das Buch Träume von Räumen basiert selbst auf dem Schachtelprinzip. […] „So beginnt der
Raum, nur mit Wörtern, mit aufs weisse Papier gebrachten Zeichen.“ Der Schöpfungsakt des
Schriftstellers vollzieht sich freilich – wie das ganze Dasein – in konkreten Räumen. „Leben
heisst, von einem Raum zum anderen zu gehen.“ Raum ist also eine existenzielle Grösse.
Perec durchmisst die Räume des Lebens, beginnend mit dem „Individualraum par excellence“,
dem Bett, weiter zum Schlafzimmer, zur Wohnung und so fort [...] Zwölf Pariser Orte wollte
er über zwölf Jahre hinweg aus zwei Perspektiven beschreiben: aus der Erinnerung und per
Lokalaugenschein. Ingeborg Waldinger, NZZ
Perec, Georges: W oder die Kindheitserinnerung. Deutsch von Eugen Helmlé. Zürich :
Diaphanes, 2012
Signatur: L 488 Perec 53…
Die vielleicht faszinierendste Autobiographie des 20. Jahrhunderts. Mit der Neuauflage dieses
lange vergriffenen Werks wird eine der „faszinierendsten Autobiographien des 20. Jahrhunderts“
(DIE ZEIT) endlich wieder der deutschsprachigen Leserschaft zugänglich. In einer meisterlichen
und verstörenden Erzählung verdichten sich Perecs Kindheitsphantasien von der utopischen
Insel W, auf der das ganze Leben dem Sport gewidmet ist, mit den Erinnerungen an den
Holocaust und den frühen Verlust der Eltern zu einer alptraumhaften Vision, die niemanden
unberührt lässt. Zwei Erzählungen, die sich überkreuzen, verschränken und schließlich in
einem fulminanten Crescendo ineinander übergehen, prägen den Aufbau des Buches: die
Phantasiewelt, die sich Perec als 13-jähriger Junge erfand, und ein autobiographischer Bericht,
der eine chronologische Familiengeschichte nachzuzeichnen versucht.
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Es ist der Versuch, das Undarstellbare darstellbar zu machen: Indem der Schriftsteller das
Trauma – den Verlust der Eltern im Besonderen und die Gräuel des Krieges im Allgemeinen – in
eine Metapher umwandelt, wird es (be)greifbar, sagbar, schreibbar. Und über den Vorgang des
Schreibens, des Festhaltens geht es in das individuelle und zugleich in das kulturelle Gedächtnis
über. (https://juedischelebenswelten.wordpress.com/2012/01/19/georges-perec-w-oder-diekindheitserinnerung/)
Perec, Georges: Versuch, einen Platz in Paris zu erfassen. Deutsch von Tobias Scheffel.
Lengwil : Libelle, 2011
Signatur: L 488 Perec 65…
Vom 18. bis 20. Oktober 1974 lässt sich Georges Perec zu unterschiedlichen Tageszeiten in
Cafes und am Brunnen an der Place St. Sulpice nieder und notiert, was sich Touristen oder
Reiseschriftsteller aufschreiben. Er schaut dem chaotischen Durchgangsleben rund um die
Kirche zu, er registriert auch, was geschieht, wenn eigentlich nichts passiert. Unermüdlich
neugierig darauf, wie die Wahrnehmungsbilder sein Denken verändern. Perec lesend, schärfen
wir unseren eigenen Blick.
Das Büchlein gehört zu den modernen Klassikern. Roberto Bolaño schrieb auf einer Postkarte
seinem Schriftsteller-Freund Enrique Vila-Matas einmal: „Perec ist der grösste Erzähler der
zweiten Jahrhunderthälfte.“ […] Perecs Werk lädt wie kaum eines ein, selbst Schöpfer zu
werden. Er-schöpft nämlich ist der Platz in Paris nie. Auch wenn der Autor nach drei Tagen an
seinem Mut zu zweifeln beginnt und später ein Projekt über zwölf solche Orte in Paris abbricht.
Nein, es ist eine Neu-Schöpfung: Die Elemente mischen sich – der Stein des Brunnens vor der
Kirche, die Luft unter den Flügeln der Tauben, die er vergeblich zu zählen sucht, das Feuer im
hochprozentigen Marc, der durch die Glieder strömt. Und aus den Mikroereignissen kann man
sich wie in einem Puzzle eine eigene Welt zusammensetzen. Wie bei Lukrez, wo die Atome
Welten mischen und wirbelnde Buchstaben die Ilias als Ausgeburt des Zufalls schreiben,
formieren sich hier die Buchstaben wie P des Parkings oder KLM auf der Reisetasche eines
Pfarrers zu einem Abc des Alltags. Stefan Zweifel, NZZ
Perec, Georges: Das Leben : Gebrauchsanweisung ; Romane. Deutsch von Eugen Helmlé.
Frankfurt am Main : Zweitausendeins, 2011
Signatur: L 488 Perec 61…
Perec hat Das Leben. Gebrauchsanweisung nach einem jener simplen Konzepte geschrieben,
von dem jeder Schriftsteller mutig träumt, um dann zu oft doch wieder ängstlich in den
autobiografischen Dunst zu entschwinden: Man nehme ein Haus, das Haus hat 99 Zimmer, jedes
Zimmer hat seine Geschichte, voila, ein Buch.
Perec, Georges: Ein Kunstkabinett : Geschichte eines Gemäldes. Deutsch von Eugen
Helmlé.
München : Hanser, 1989
Signatur: L 488 Perec 54…
Ein Kabinettstück an Witz und literarischer Eleganz ist dieser kleine Roman über die legendäre
Kunstsammlung des deutsch-amerikanischen Bierbrauers Hermann Raffke. Diese Geschichte der
Täuscher und der Täuschungen ist eine grandiose Parodie auf den Kunstbetrieb.
Perec, Georges: Geschichten von Ellis Island oder wie man Amerikaner macht. Deutsch
von Eugen Helmlé. Berlin : Wagenbach, 1997
Signatur: Soz 787/4
Auf Ellis Island, einer Insel vor New York, wurde man Amerikaner. […] Perec und Bober sind zu
einem historischen Ort aufgebrochen, an dem sie ihre eigenen Wurzeln aufgespürt haben. Daher
fügen sich Worte und Bilder so gut zusammen. Daher rührt die Stärke dieses Buches. Daher ist
es so einzigartig. Michel Paquot
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POSTHUM VERÖFFENTLICHTE WERKE
Perec, Georges: 53 Tage : Roman. Deutsch von Eugen Helmlé. München : Hanser, 1992
Signatur: L 488 Perec 59…
In Grianta, der Hauptstadt einer Bananendiktatur, ist ein Mann spurlos verschwunden. Der
französische Konsul beauftragt Veyrand mit den Nachforschungen. Der Verschwundene ist
der berühmte französische Kriminalschriftsteller Robert Serval, und in dem Manuskript seines
letzten Romans hofft Veyrand den Schlüssel zu dem Verbrechen zu finden. Als er das mysteriöse
Geheimnis enträtselt, stößt er auf eine weitere Leiche ...
Perec, Georges: Warum gibt es keine Zigaretten beim Gemüsehändler. Deutsch von
Eugen Helmlé. Zürich : Diaphanes, 2014
Signatur: L 488 Perec 70…
L‘infra-ordinaire, das unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Gewöhnlichen liegende: so
lautet der Originaltitel dieser Sammlung an posthum veröffentlichten Texten Perecs. Nicht
die Großereignisse, nicht die unerhörten Begebenheiten sind es, die das Leben ausmachen,
sondern: ein toter Vogel. Beton, Ziegelstein, Glas. Eine Hausnummer. Wo jemand, den
man flüchtig kannte, einmal gewohnt hat. Hintergrundgeräusche. Und aus den banalen
Beobachtungen, belanglosen Niederschriften, pedantischen Bestandsaufnahmen kleinster
Veränderungen sprießen und platzen wie stets bei Perec überraschende, schlagend allgemeine,
tragikomische, poetische Wahrheiten hervor.
In Warum gibt es keine Zigaretten beim Gemüsehändler fordert Perec, das Staunen über das
Alltägliche zu erlernen, wie es der Titel der deutschen Ausgabe von L‘Infra-ordinaire vormacht:
„Stellen Sie Ihrem Kaffeelöffel Fragen. Was ist hinter der Tapete? Wie viele Bewegungen sind
notwendig, um eine Telefonnummer zu wählen? Warum? Warum gibt es keine Zigaretten beim
Gemüsehändler?“ (http://www.literaturkritik.de/public/rezension.php?rez_id=20527)
Perec, Georges: Geboren 1936. Deutsch von Eugen Helmlé. Zürich : Diaphanes, 2015
Signatur: L 488 Perec 69…
Dass das Autobiographische als Schlüssel zu Perecs gesamtem Werk zu lesen ist, zeigt dieser
Band. Er umfasst zehn autobiographische Versatzstücke aus den Jahren 1959 bis 1981 – von den
Umständen der eigenen Geburt („Ich bin geboren“) über eine Skizze zur Gedächtnisarbeit oder
eine Vorfassung seines Ellis-Island-Projekts bis hin zur Aufzählung „einiger Dinge, die ich wirklich
noch machen müsste, bevor ich sterbe“. Sie sind Teil eines unvollendeten Komplexes, von dem
Perec nur W oder die Kindheitserinnerung abgeschlossen hat und in dem er gänzlich neue
autobiographische Strategien erproben wollte: im besessenen Sammeln von Mikroerinnerungen,
im Verschlüsseln von Gedächtnismomenten, die verborgen bleiben sollen – oder als ein
Fallschirmspringer, der sich kopfüber in die Erkundung der eigenen Identität stürzt.
Leben und Schreiben als Mutprobe, als großer Aufwand an Vertrauen in das Unbekannte:
solcherart sind die autobiografischen Mitteilungen von Georges Perec. Katharina Döbler,
Deutschlandradio Kultur
Perec, Georges: Denken/Ordnen. Deutsch von Eugen Helmlé. Zürich : Diaphanes, 2015
Signatur: L 488 Perec 130…
In Denken/Ordnen, seinem letzten Buch, forscht Georges Perec den kleinen Privat-Bürokratien
nach, die jeder Einzelne entwickelt, um die Dinge der Welt zu versammeln, zu zerlegen und zum
Verschwinden zu bringen: Anleitungen, Übungen, Listen, Methoden [ …], die für jeden, der selbst
davon betroffen ist, fortan unerlässlich sein werden. Und das alles ist, wie stets bei Perec, nicht
nur ungeheuer anregend, sondern zutiefst komisch und traurig zugleich.
Fantastisch und philosophisch ... In insgesamt 13 Texten entstehen Perec-Universen
en miniature: Selbsterforschungen, die auch den sprachphilosophischen Essay Über
einige Anwendungen des Verbs wohnen einschließen. Auf nur drei Seiten macht er die
Kontextabhängigkeit jeder Äußerung mit schwindelerregendem Witz deutlich. Gregor Dotzauer,
Der Tagesspiegel
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Perec, Georges: 81 Küchenzettel für Anfänger in der Kochkunst. Deutsch von Peter
Ronge. Münster : Lang, 2010
Signatur: L 488 Perec 73…
Liebe Leser, macht besser nicht den Versuch, meine „Rezepte“ als Ratschläge fürs Kochen von
Leckerbissen zu halten, denn Zunge und Gaumen wären arg enttäuscht! Nehmt sie lieber als
humoristischen Text, dem sehr ernsthaftes Nachdenken über die sprachliche Bewahrung der
Koch- und Küchenkultur vorausgegangen ist!
Perec, Georges: Über die Kunst seinen Chef anzusprechen und ihn um eine
Gehaltserhöhung zu bitten. Deutsch von Tobias Scheffel. Stuttgart : Klett-Cotta, 2009
Signatur: L 488 Perec 64…
Im Nachlass von Georges Perec hat man kürzlich diese amüsante Geschichte entdeckt, die
Antworten gibt auf die wohl wichtigste Frage im Leben eines Angestellten. Falls Sie bisher
dachten, der direkte Weg zur Gehaltserhöhung sei der beste, werden Sie in dieser Parodie
des freien Willens eines Besseren belehrt. Im Buch ist ein Organigramm enthalten, also eine
„Landkarte“, die die Wege zum Chef und zur Gehaltserhöhung veranschaulicht.
Es ist zu hoffen, dass dieses Buch möglichst viele Hörer und Leser dazu anregt, Perec auch als
Verfasser eines großen autobiografischen Romans W oder Die Kindheitserinnerung und als Autor
der Texte zu entdecken oder wieder zu entdecken, in denen er mit dem Vokal „e” auf besessenspielerische Weise umgeht, indem er einmal ganz auf ihn verzichtet und ein ander Mal ihn als
einzigen aller Vokale verwendet. Georges Perec – dieser wahrhafte „homme de lettres”, der mit
jedem seiner Bücher versucht, die Literatur neu zu erfinden – hat mit dem vorliegenden Band
die möglichen Verläufe einer vorgegebenen Ausgangssituation bis zur scheinbaren Erschöpfung
aneinandergereiht und parodistisch ausgereizt. Fast unmerklich fügt er dabei Variationen in
identisch erscheinende Formulierungen ein. Die mögliche Unlesbarkeit des Textes nimmt er in
Kauf, ja, er wünscht sie sich zuweilen sogar … Hans-Jürgen Heinrichs, Deutschlandfunk
Perec, Georges: Der Condottiere : Roman. Deutsch von Jürgen Ritte. München : Hanser,
2013
Signatur: L 488 Perec 66…
Gaspard Winckler ist Fälscher und führt dank seiner Kunstfertigkeit ein komfortables Leben.
Bis er eines Tages, scheinbar aus heiterem Himmel, seinem Auftraggeber Anatole Madera
die Kehle durchschneidet und flieht. […] Erst dreißig Jahre nach Georges Perecs Tod ist das
Manuskript dieses frühen Romans, der mit Elementen des Kriminalromans spielt, in Frankreich
veröffentlicht worden. Er erzählt vom Durchbruch eines jungen Malers, der mit einem Gewaltakt
der Nachahmung abschwört und den Schritt zu einem eigenständigen Werk wagt.
Die Geschichte des genialen Kunstfälschers Gaspard Winckler, der einen dem bewunderten
Original ebenbürtigen Condottiere schaffen will, ist die Geschichte einer Emanzipation, einer
Befreiung, die im Mord gipfelt. […] Gaspard stirbt als Fälscher und wird – vielleicht – zum
Künstler. Er stirbt und wird. Aus dem Nachwort von Jürgen Ritte
Diese Tiefen lotet auch Georges Perecs Roman Der Condottiere aus, ein Künstlerroman mit
kriminalistischen Elementen. Das Werk entstand 1958/59, während Perecs Militärdienst in Pau.
Der Verlag Gallimard zeigte Interesse, zahlte einen stolzen Vorschuss – und erteilte dem Autor
doch eine Absage: „trop de maladresse et de bavardage“, urteilte der Lektor. Dann war der
Text verschollen. Perecs Biograf David Bellos spürte ihn nach Jahrzehnten auf, zugleich mit dem
Typoskript L‘Attentat de Sarajevo. Erst 2012, anlässlich des 30. Todestages von Perec, erschien
Le Condottiere bei Seuil. Der ungestüme, zwischen Ich-, Du- und Er-Form wechselnde Redefluss
(und Bewusstseinsstrom) des Helden, eines Kunstfälschers, spiegelt dessen verzweifelte
Identitätssuche wider. Geschwätzig ist anders. Jürgen Ritte hat das Werk feinstimmig-präzise ins
Deutsche übertragen. Ingeborg Waldinger, NZZ
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Perec, Georges: Tisch-Ordnungen : Essays von 1973 bis 1982. Deutsch von Eugen Helmlé.
Klagefurth : Ritter, 2014
Signatur: L 488 Perec 131…
In den hierorts erstmals gemeinsam veröffentlichten Essays befasst sich Georges Perec mit
verschiedenen Aspekten zeitgenössischer Schriftkultur […] Für Georges Perec boten das
Schreiben nach Stilzwang, aber auch der kalkulierte Regelbruch neue Möglichkeiten der
Textorganisation, um neue und überraschende Gedankenverbindungen herzustellen. Der
vorliegende Band führt ins poetologische Zentrum eines der Hauptvertreter der Gruppe Oulipo:
Georges Perecs unterhaltsames Spiel mit Aufzählungen, Listen und a-logischen Systematiken
rüttelt auch heute noch ordentlich am Bestand tradierter Ordnungen.
FILME
Un homme qui dort / Georges Perec. Paris : La Vie est de la Cinématographie, 2007
Signatur: Film 10 Perec 1:DVD.Video
Im Jahr 1973 verfilmte Perec gemeinsam mit dem Regisseur Bernard Queysanne den Roman
unter dem Titel Un homme qui dort (Der Mann schläft). Der in Schwarz-Weiß gedrehte Film setzt
neben seiner Hauptfigur vor allem wenig bekannte Pariser Winkel ins Bild. Beide Regisseure
gaben an, privat Hollywood-Produktionen gegenüber Kunstfilmen vorzuziehen, auch den
Kinoketten war der Film zu experimentell. Erst die Verleihung des Jean-Vigo-Preis im März 1974
führte schließlich doch zu einer kommerziellen Veröffentlichung. Der Film lief vom 1974 in den
französischen Kinos und wurde auf verschiedenen internationalen Filmfestivals gezeigt.
Sobald du die Augen schließt, beginnt das Abenteuer des Schlafs. Dem bekannten Halbdunkel
des Zimmers, ein von Einzelheiten unterbrochener, düsterer Raumkörper, in dem dein
Gedächtnis mühelos die Wege erkennt, die du tausendmal zurückgelegt hast und die es vom
undurchsichtigen Rechteck des Fensters aus nachzeichnet, wobei es den Waschtisch von einer
Spiegelung, das Regal vom etwas helleren Schatten eines Buches aus auftauchen lässt und
dadurch die schwärzere Masse der aufgehängten Kleidungsstücke stärker hervorhebt, folgt nach
einer gewissen Zeit ein zweidimensionaler Raum …
ÜBER GEORGES PEREC UND SEINE WERKE
Mathews, Harry: Der Obstgarten : Erinnerungen an Georges Perec. Deutsch Uli Becker.
Berlin : Ed. Plasma, 1991
Signatur: L 488 Perec 300
Kurz nach Perecs Tod übernahm ich das „I Remember“-Verfahren, um über ihn zu schreiben. Dies
geschah nicht in der Absicht, ihm eine letzte Reverenz zu erweisen oder gar unsere Jahre der
Freundschaft auszuschlachten, ich versuchte mich vielmehr nur des geschriebenen Wortes zu
bedienen, um der Bestürzung Herr zu werden, die zu dem Zeitpunkt so vielen von uns schwer
auf der Seele lag. Ich schrieb über mehrere Monate täglich ein oder zwei Erinnerungen nach
dem Muster „Ich erinnere mich an Georges Perec“ nieder …
Ritte, Jürgen: Georges Perec : der Künstler als Puzzlespieler. München : Hanser, 1992
Signatur: L 488 Perec 501
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Miller, Anita: Georges Perec : zwischen Anamnese und Struktur. Bonn : Romanistischer
Verlag, 1996
Signatur: L 488 Perec 502
Die vorliegende Dissertation hat sich die Aufgabe gestellt, das Œuvre Georges Perecs, einer der
bedeutendsten Autoren der Postmoderne, von einer Perspektive anzugehen, welche geeignet
ist, sämtliche für seine Texte relevanten Ansätze zu kombinieren. Wie bereits der Titel dieser
Dissertation deutlich zeigt, geht es bei der vorliegenden Analyse im wesentlichen um zwei
Aspekte, um Anamnese und um Struktur. Was der Titel jedoch nicht zu erkennen gibt, ist die
Relation zwischen den Begriffen. Die Anamnese bezeichnet das Projekt, die Struktur dagegen
das Mittel.
Overbeck, Renate: Georges Perec, Das Leben als Gebrauchsanweisung : der Roman als
Puzzle. Annweiler am Trifels : Sonnenberg, 2003
Signatur: L 488 Perec 500
Ein kompakter Überblick über das Leben und Werk des französischen Autors (1936-1982), Sohn
jüdischer Einwanderer aus Polen. Sein eigenwilliges Hauptwerk Das Leben Gebrauchsanweisung
gilt als eine Innovation in der französischen Romanliteratur des 20. Jahrhunderts. Nicht nur weil
Perec mathematische Gesetze als „Formzwänge“ beim Aufbau der Romanstruktur berücksichtigt
und das Prinzip des Puzzlespiels in allen Schichten des Werkes anwendet, sondern auch weil er
mit den zahlreichen Schicksalsschilderungen ein klares Abbild der westlichen Zivilisation und
Geschichte darstellt.
„Cher Georges“ – „Cher Eugen“ : die Korrespondenz zwischen Eugen Helmlé und
Georges Perec (1966–1982). Deutsch von Elise Clément und Tilla Fuchs. St. Ingbert : Conte,
2015
Signatur: L 488 Perec 150
Der saarländische Übersetzer Eugen Helmlé bekam 1965 den Auftrag, den spektakulären
Debütroman Die Dinge des Pariser Autors Georges Perec ins Deutsche zu übertragen. Aus einer
Nachfrage wegen einer unklaren Vokabel entstand über die Jahre ein intensiver Briefwechsel
zwischen zwei Männern, die die Lust an Sprache und Literatur über die Landesgrenzen hinweg
verband. Helmlé besuchte Perec in Paris, Perec Helmlé in Sulzbach. Perec offenbarte seinem
Übersetzer viele in seinem Werk verwobene Inspirationen und Anspielungen, Helmlé ließ
ihn an seiner Arbeit an den Grenzen der Sprache teilhaben. Saarländisches Künstlerhaus/
kuenstlerhaus-saar.de
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NOTIZEN
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IMPRESSUM
Die Bibliographie entstand im Februar 2016 im Rahmen der Medien-Sonderpräsentation in der
Amerika-Gedenkbibliothek: Georges Perec zum 80. Geburtstag
Redaktionsschluss: 16.02.2016
Lektorat: Jana Heinig und Magdalena Tryk
Präsentationsgestaltung: Christine Kühner
Layout: Ilona Quint
©Umschlagbild: AGB-Bestand
©Texte und Cover: u.a. Verlage
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www.zlb.de
Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB)
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