AUSSENWIRTSCHAFT magazine PORTRÄT EXPORTERFOLGE AUS ÖSTERREICH WIE HABEN SIE DAS GEMACHT, FRAU QUIDENUS? ALS 21-JÄHRIGE WIRTSCHAFTSSTUDENTIN GRÜNDETE SIE EINE ROBOTIKFIRMA. HEUTE BAUT SOFIE QUIDENUS BUCHSCANNER FÜR BIBLIOTHEKEN IN 126 LÄNDERN. Foto: Andreas Jakwerth VON PATRICIA OTUKA-KARNER UND RUDOLF LOIDL 12 AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 13 AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 PORTRÄT EXPORTERFOLGE AUS ÖSTERREICH M „ICH BIN EINE MENSCHENSAMMLERIN. IRGENDWIE GELINGT ES MIR, GROSSARTIGE LEUTE UM MICH ZU HABEN.“ anchmal reicht ganz viel Begeisterungsfähigkeit und eine ganz kleine Portion Naivität, um zur Unternehmerin zu werden. Denn viel mehr sei es am Anfang nicht gewesen, sagt Sofie Quidenus, wenn sie daran zurückdenkt, wie sie an jenem heißen Sommertag, an dem sie eigentlich ins Freibad wollte, auf Alfred Jakes traf. Ein Professor an der Uni hatte sie und den Erfinder zusammengebracht. „Alfred Jakes beschäftigte sich damals mit seiner Erfindung eines elektronischen Notenblattwenders“, sagt Quidenus. „Er meinte, es sei eigentlich schade, dass wir zum Mond fliegen können, aber für solch simple Dinge noch keine Anwendungen haben.“ Stimmt, dachte sich die gebürtige Salzburgerin, die selbst gern Musikerin geworden wäre, sagte ihr Date im Freibad ab und schrieb stattdessen einen Businessplan, mit dem sie sich um Förderungen bewarb – und diese zu ihrer Überraschung sogar erhielt. Sophie Quidenus hatte keine Ahnung vom Programmieren, im Gegenteil. „Ich habe keinerlei technisches Talent“, sagt Quidenus. „Aber irgendwie kann ich mir technische Abläufe gut vorstellen.“ Mit Business Angels geht sie an den Start und gründet ein Unternehmen. Doch die Vorsicht war letztlich größer als die Naivität und die Begeisterungsfähigkeit: Sofie Quidenus erkannte, dass die Musikbranche für ihr Start-up ein zu schwieriger Markt war – ebenso wie die Medizinsparte, in die sie sich mit dem Nachfolgeprodukt, einem Buchseitenwender für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, begab. „Wir haben die beiden Patente verkauft und unsere Idee weiterentwickelt“, sagt die junge Unternehmerin. Dabei entstand eine Kooperation mit dem Verein Synapse, der sich die Berufsintegration für Menschen mit Behinderung auf die Fahnen heftet, die bis heute Früchte trägt. So arbeiten im 30-köpfigen Team von Qidenus in WienFloridsdorf heute elf Menschen mit Behinderung. „Ich bin eine Menschensammlerin“, sagt Quidenus. „Irgendwie gelingt es mir immer, großartige Leute um mich zu scharen. Dafür bin ich sehr dankbar.“ Sofie Quidenus ZUR PERSON Sofie Quidenus, geboren 1982 in Mattsee bei Salzburg, gründete als BWLStudentin in Wien eine Robotikfirma, um die Idee des „bionischen Fingers“ zum Umblättern von Noten umzusetzen. Seit 2010 baut das Unternehmen halb- und vollautomatisierte RoboterBuchscanner. Das Unternehmertum steckt der Salzburgerin im Blut: Als Schülerin gründete sie den „Wiener Frühlingsball“, den sie später als Marke verkaufte, sowie ein „Junior Enterprise“, das über ein Schulprojekt entstand, in dem sie Malkurse für Senioren anbot. 14 Foto: Martin Haburaj DAS PRODUKT Qidenus Technologies stellt in Wien automatische Buchscanner her – in V-Form, die schonender für empfindliche Buchrücken ist. Rund 2.500 Seiten können derart bei dem Scanner, der in der Bibliothek in Alexandria steht, eingelesen werden. Zwischen 25.000 und 80.000 Euro kosten die Hightech-Buchscanner, von denen Qidenus jährlich zirka 60 bis 70 Stück in Wien herstellt und weltweit verkauft. Mit 30 Mitarbeitern wird ein Umsatz von 2,5 Millionen Euro erzielt. AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 Irgendwie ahnte die Salzburgerin im Jahr 2005 wohl, dass die Digitalisierung des weltweiten Kulturerbes voranschreiten würde – und dass damit eine Weiterentwicklung ihres bionischen Fingers wirtschaftlich erfolgreich sein könnte: die Idee des vollautomatischen Buchscanners. Heute produziert und vertreibt Qidenus die Apparate, die zwischen 25.000 und 80.000 Euro kosten, in 126 Ländern. „Allein in den letzten Tagen haben wir Anfragen aus Nigeria, den USA, Kroatien, dem Vatikan und Äthiopien hereinbekommen“, sagt Quidenus. Gerade ist die 33-Jährige aus Berlin zurückgekehrt, wo sie ein Unternehmen zur Verwertung von digitalem Content gegründet hat. Damit soll die BIP/KOPF: +1,3 % USA BIP/KOPF: +3,2 % WIRTSCHAFTSWACHSTUM 2015 *Quelle: Statistik Austria + 1,7 % INDUSTRIEPRODUKTION DER INDUSTRIELLE OUTPUT* im Jahresvergleich ist in den Schwellenländern des fernen Ostens (China, Vietnam, Malaysia) stark gestiegen. Die vielbeschworene „Reindustrialisierung“ Nordamerikas scheint – befeuert durch die preiswerte Energie – weiterzugehen. Überraschungssieger im Wachstumsranking des industriellen Outputs ist Irland: Das ehemalige Krisenland am Westrand der Union ist zurück! +1,6 % 53.101 USD CHINA TÜRKEI BIP/KOPF: +4,1 % KRÄFTIGES PLUS. In der April-Schätzung hat die Economist Intelligence Unit* die BIP-Wachstumsprognose für Österreich, Deutschland und die Länder der Eurozone stark nach oben korrigiert. Der schwache Euro stimuliert den Export, der niedrige Rohölpreis den Konsum. Bremsend wirkt einzig die Rezession, die Russland heuer erleben wird. Auch die BIP-Schätzung der Schwellenländer Indien und Türkei wurde angehoben. Anhaltend schwach präsentiert sich die Konjunktur in Südamerika: Brasilien schrammt mit Nullwachstum knapp an einer Rezession vorbei, Venezuela dürfte heuer um 3,2 Prozent schrumpfen. Einziger Lichtblick: Argentinien dürfte heuer endlich aus der Rezession kommen. China bleibt – etwas schwächer als im Vorjahr – mit einem geschätzten BIP-Plus von 7,1 Prozent weltweite Konjunkturlokomotive. ÖSTERREICH 42.597 USD BIP/KOPF: 15.353 USD +7,2 % JAPAN BIP/KOPF: 9.884 USD +1,1 % 36.899 USD SAUDI-ARABIEN 31.245 USD BIP/KOPF: BIP/KOPF: +1,3 % +2,5 % SÜDKOREA BIP/KOPF: 32.272 USD + 3,7 % VENEZUELA 13.650 USD ÄGYPTEN 3.112 USD BIP/KOPF: –3,2 % INDONESIEN 5.214 USD BIP/KOPF: + 3,9 % BIP/KOPF: INDIEN BIP/KOPF: BRASILIEN 12.221 USD + 7,0 % BIP/KOPF: +0,0 % 4.077 USD SÜDAFRIKA 11.259 USD BIP/KOPF: +2,4 % +5,1 % AUSTRALIEN BIP/KOPF: 43.073 USD +2,6 % ARGENTINIEN 18.749 USD BIP/KOPF: 0,6 % *Quelle: Economist Intelligence Unit Schätzung, Stand: 4.4.2015, BIP/Kopf: Weltbank, Schätzung 2013, kaufkraftbereinigt. Daten aus 2012 Quelle: Statistik Austria KONJUNKTURERWARTUNG CHARTS DES MONATS Der EINKAUFSMANAGER-INDEX der USA, der die Konjunkturerwartung von Unternehmen in den Vereinigten Staaten misst, ging zum Jahreswechsel leicht auf 53,9 (Werte über 50 bedeuten mehrheitlich Wachstumserwartung) zurück. Stabil verharrte der EMI der Eurozone mit einem Wert von 50,8 im Wachstumsbereich. Etwas pessimistischer blicken die Entscheider in chinesischen Chefetagen auf die Konjunktur: Der EMI sank im Dezember auf 50,1. JAN FEB JAN FEB VIER GLOBALE MEGATRENDS* . Die Unternehmensberatung PriceWaterhouseCoopers hat globale Megatrends zusammengetragen, die unser wirtschaftliches Handeln im nächsten Jahrzehnt bestimmen werden. FEB JAN FEB FEB JAN FEB JAN NOV USA CHINA WACHSTUM FEB JAN EUROZONE 60 55 50 RÜCKGANG FEB FEB 45 40 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Quelle: HSBC Bank, Markit PMI Composite Europe JAN JAN *Industrieproduktion, Quelle: Eurostat, UNstats, Economist JAN 50% des weltweiten Bevölkerungswachstums bis 2050 kommt aus Afrika* 50% des weltweiten BIP wird von den *UN Report World Population Prospects, 2012 300 größten **Oxfam, 2014 Metropolregionen generiert.*** ***Brookings Institution, 2014 ****PriceWaterhouseCoopers, OECD Projektion, 2014 AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 85 Die reichsten Menschen der Erde besitzen soviel wie die ärmsten 3,5 Milliarden Menschen.** 2015 wird die Anzahl der Mittelklassehaushalte in Asien erstmals die Anzahl jener Europas und Nordamerikas zusammengenommen überholen.**** 9 AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 COVERSTORY OSTAFRIKA S 20 ÖSTERREICHISCHE KLASSIKER Maschinen, Maschinen und … Energydrinks! Die Branchen, in denen österreichische notdürftige Pisten angeliefert werden, Unternehmen erfolgreich sein können, erein fast aussichtsloses Unterfangen. geben sich letztlich daraus, dass der Boom Dementsprechend groß ist der Bedarf an in Kenia (Wachstumsrate: 5,3 Prozent), funktionierender Infrastruktur. Schon aber auch Uganda (Wachstumsrate: 5,9 jetzt stehen damit in Zusammenhang steProzent) letztlich auf der Hoffnung einer hende Maschinen ganz oben auf der Liste raschen Förderung des dort entdeckten der österreichischen Güter, an denen OstErdöls basiert. Das Öl soll eine Industriaafrika interessiert ist. Auch die Lieferung lisierung und einen ökonomischen Entvon Gleisstopfmaschinen an die Rift Valley wicklungsschub bringen. Doch noch fehlt Railways durch Plasser & Theurer fällt in die Infrastruktur, um es zu fördern und zu diesen Bereich. Zugleich sind Österreicher transportieren. beim Ausbau der ÖSTERREICHER SIND Um das zu ändern, Wasserkraft in ist ein Aufwand Kenia sehr erfolgBEIM AUSBAU DER nötig, den lokale WASSERKRAFT IN KENIA reich, wo sich vor Unternehmen alallem die Andritz SEHR ERFOLGREICH. lein kaum schaffen Hydro engagiert. können. Nach Angaben des Ölkonzerns Doch auch abseits dieser österreichischen Africa Oil werden für jeden Bohrturm in Klassiker finden heimische Unternehmen den abgelegenen Gebieten Kenias 230 ihre Nischen. Sehr beliebt in Ostafrika Lkw-Ladungen an Bauteilen und Ausrüssind zum Beispiel auch österreichische tung benötigt. Derzeit müssten sie über Energydrinks. Gaspipeline in Tansania: Fossiler Boom soll in Ostafrika einen Entwicklungsschub bringen. ZURÜCK NACH AFRIKA Wie Österreichs Hidden Champions die Region wiederentdecken. Kurt Müllauer sitzt indessen noch in seinie den Stellenwert in Afrika haben, den nem Büro in Wien. Doch schon bald wird sich die Chinesen aufgebaut haben. Doch auch Müllauer dauerhaft nach Nairobi überall dort, wo es um mehr als nur den ziehen. Im September eröffnet Österreich besten Preis und die günstigste Finanzieein AußenwirtschaftsCenter in der keniarung geht, sondern etwa auch um technischen Hauptstadt, nische Exzellenz, havon dem aus der „ÖSTERREICH HAT DIESEN ben österreichische ostafrikanische Hidden Champions MARKT IN DEN LETZTEN Hoffnungsmarkt in ihren Nischen JAHREN VERNACHLÄSSIGT, gute Chancen“, sagt bearbeitet werden JETZT SOLLTEN WIR soll. Müllauer wird er. Man müsse sie DAS NACHHOLEN.“ es als Wirtschaftsdenur nützen. legierter leiten und Oskar Andesner, sich darum bemühen, dass österreichische bei der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTUnternehmen vom aktuellen Boom in OstRIA als Regionalmanager für Afrika zuafrika profitieren. ständig, sieht es ähnlich: „Afrika ist der „Natürlich können wir als kleines Land Wachstumsmarkt der Zukunft. Österreich AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 Foto: APA/EPA chnurgerade zieht sich die acht Meter breite Schneise aus roter Erde durch die Savanne, bis sie im Dunst der Mittagshitze verschwindet. Während Bauarbeiter den Aushub mit Spaten und Kompressoren verdichten, formt Tan Qian mit seinen Händen einen Korridor und sagt: „Hier in der Mitte dieses Erdwalls werden schon bald die Schienen verlegt, Standardbreite: 1.435 Millimeter.“ Qian ist stellvertretender Chef der China Communications Construction Company (CCCC) und dieser Tage nahezu permanent irgendwo auf einer Baustelle im kenianischen Busch zu finden. Um nicht weniger als 3,8 Milliarden Dollar und mithilfe chinesischer Darlehen und Ingenieure hat Kenia den Bau jener Bahnlinie begonnen, die das Gesicht der Region verändern soll. Zwölf Stunden brauchen Passagiere heute, um von der Hauptstadt Nairobi in den Hafen von Mombasa zu kommen, Güter gar 36 Stunden. Wenn die neue Eisenbahn fertiggestellt ist, werden es nur noch acht Stunden sein. Von der Verbesserung soll die ganze Region profitieren, auch die Nachbarstaaten Kongo, Uganda, Ruanda und Burundi: Denn in der Folge wird die Linie auch bis dorthin reichen. Von Ruandas Hauptstadt Kigali können Güter dann in zwei bis drei Tagen statt in zwei bis drei Wochen nach Mombasa transportiert werden. Auch Jinghao Lu reist viel herum in Kenia. Der Manager für Businessentwicklung bei der sinoafrikanischen Centre of Excellence Foundation hat unlängst eine Studie vorgestellt, in der die größten Hürden aufgelistet werden, mit denen sich chinesische Investoren im Land konfrontiert sehen. „Wir sehen diese Liste als Service für jene, die nach Afrika kommen wollen, damit sie wissen, was sie erwartet“, sagt Lu. Tatsächlich ist Afrika heute das Hauptziel der wirtschaftlichen Expansion aus dem Reich der Mitte. Noch ist zwar die EU Pekings Haupthandelspartner, doch schon in fünf Jahren soll Afrika diesen Platz einnehmen. „ÜBERALL DORT, WO ES UM MEHR ALS NUR DEN BESTEN PREIS GEHT, SONDERN AUCH UM TECHNISCHE EXZELLENZ, HABEN ÖSTERREICHISCHE HIDDEN CHAMPIONS GUTE CHANCEN.“ Kurt Müllauer, designierter Wirtschaftsdelegierter in Nairobi hat diesen Markt in den letzten Jahren vernachlässigt, jetzt sollten wir das nachholen.“ Die Zahlen belegen diese Analyse: Während es in Subsahara-Afrika früher zehn AußenwirtschaftsCenter gab, sind es derzeit zwei. Die geplante Aufwertung von Nairobi könnte eine Wende zu mehr Präsenz in der Region darstellen. Eine Präsenz, die sich ökonomisch lohnen kann. Denn auch wenn die Lage in Somalia und im Sudan politisch unsicher bleibt: Kenia, Uganda, Tansania, aber auch Äthiopien, die Kernländer des ostafrikanischen Aufschwungs, gelten als weitgehend stabil. Von einem niedrigen Niveau aus haben Österreichs Unternehmen dieses Potenzial übrigens bereits erkannt. Zwar gibt es afrikanische Länder, mit denen Österreich in absoluten Zahlen deutlich mehr Außenhandel treibt, doch die Zuwachsraten, die die Destination Ostafrika verzeichnet, sind beeindruckend. Die Exporte nach Tansania stiegen 2014 gegenüber dem Vorjahr um 39 Prozent, jene nach Kenia um 33 Prozent, jene nach Uganda um 12 Prozent. Insgesamt beträgt der Anteil der ostafrikanischen Länder an den österreichischen Ausfuhren in die Regionen Zentral-, Süd- und Ostafrika derzeit neun Prozent. Rechnet man Südafrika heraus, sind es allerdings bereits 31 Prozent. Fotos: APA/PIcturedesk Auftraggeber: Wirtschaftskammer Österreich/Außenwirtschaft Beauftragt seit: 2013 Auftragsart: komplette Produktion bis zum Druck-PDF Zusammenarbeit: Im Jahr 2013 erfolgte die Ausschreibung eines neuen Kundenmagazins durch die Außenwirtschaft. Wir konnten mit dem Wirtschafts-Know-how des Industriemagazins und einem innovativen grafischen Konzept überzeugen. Seither legen wir gemeinsam mit den Profis der AWO die Themen des Magazins fest, recherchieren alle Artikel und gestalten mit Art Director Erik Turek die grafische Produktion. Die Abgabe beim Kunden für Korrekturläufe und Freigabe erfolgt in Form eines PDFs des kompletten Magazins. DEUTSCHLAND 40.007 USD BIP/KOPF: DIE WARENAUSFUHREN* stiegen im Vorjahr um 1,7 Prozent auf 127,90 Milliarden Euro, während sich der Gesamtwert der Einfuhren von Waren um 0,8 Prozent auf 129,72 Millarden Euro verringerte. Damit trug die Exportwirtschaft im Vorjahr zu einem deutlich verkleinerten Handelsbilanzdefizit bei. Es sank von 4,9 Milliarden auf 1,83 Milliarden Euro. 8 RUSSLAND 17.884 USD BIP/KOPF: –3,8 % GROSSBRITANNIEN 37.307 USD BIP/KOPF: +2,7 % EXPORTENTWICKLUNG -0,1 -1,4 -2,1 -2,3 -2,9 15 EUROZONE 34.510 USD DIE KONJUNKTURAUSSICHTEN IM MAI 11,7 7,1 7,0 6,8 3,5 3,4 1,8 1,5 1,2 0,8 0,6 0,3 0,1 auch arabische, um sie elektronisch verarbeiten zu können, ganz andere Kameras als Druckwerke mit lateinischem Alphabet. Diesen offenen Blick auf die Welt will sich Quidenus auch durch persönliche Erfahrungen erhalten. Vergangenen Sommer etwa verbrachte sie mit einer Freundin ein verlängertes Wochenende in Barcelona – im 8-Bett-Hostel-Zimmer. In der Tasche nur wenige Euro. Den Rest haben sich die beiden Freundinnen mit Straßenmusik dazuverdient. „Solche Erfahrungen erden“, sagt Quidenus. Manchmal, so scheint es, reicht schon ganz viel Begeisterungsfähigkeit, um ein Leben zu führen, um das einen andere beneiden. AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 BAROMETER IRLAND VIETNAM MALAYSIA CHINA USA SLOWAKEI SÜDKOREA BRASILIEN EUROZONE DEUTSCHLAND FRANKREICH MEXIKO GRIECHENLAND ÖSTERREICH RUSSLAND ARGENTINIEN TÜRKEI JAPAN UKRAINE -22,5 Wertschöpfungskette verlängert werden. „Wir sind mit beiden Füßen auf dem Boden, wollen jedoch visionär wachsen“, sagt Quidenus. Mit einem Umsatz von rund 2,5 Millionen Euro ist das Unternehmen heute längst kein Start-up mehr. Doch dessen positive Eigenschaften möchte Quidenus erhalten. „Ich möchte die Gründerkultur nicht verlieren“, sagt Quidenus. Beweglich sein, nicht selbstzufrieden, darum geht es der Unternehmerin. Jeder Kunde, jedes Archiv müsse für das Unternehmen etwas Besonderes sein. Denn so wie sich die Einstellung zu Druckwerken in den Kulturen unterscheidet, so unterscheidet sich auch die Technik: Asiatische Schriftzeichen brauchen, wie Andritz Hydro: Turbinen für Kenias Wasserkraftwerke AU S S E N W I R T S C H A F T m a g a z i n e | M a i 2 0 1 5 21 STAHLBAU AKTUELL S TA HL B AU A K T UEL L Christoph Pichler, Pichler & Traupmann „Man kann ja im Wachstum auch etwas tun, das dem Planeten nicht schadet.“ Peter Zeman, Zeman International 12 Das sind größtenteils die Bauten des sogenannten Parametrismus. DF: Ja, Bauten mit einer freien Geometrie. CP: In der Geschichte der Moderne sagt man ja, dass das Material Beton sie neu geschrieben hat. Das stimmt zu einem gewissen Teil. Ich sehe uns nicht an dem Punkt, dass wir die Kreativität aus einem neu aufpoppenden Material beziehen. Wir nehmen das Material, das die vorgestellte Aufgabe lösen kann. DF: Klar nehmen wir nicht das Stahlprofil und sagen: wie weit kann ich mit diesem Profil gehen? Wir haben eine gewisse räumliche Notwendigkeit und auch eigene Erfahrungen aus unseren Arbeiten. Für mich ist Stahl ein interessantes Material, weil es erlaubt, sich über gewisse Schranken hinwegzusetzen. Wohin entwickelt sich unsere Architektur heute, wenn man sie als Spiegel einer Gesellschaft betrachtet? CP: Wenn man das wüsste, wäre man ein Hellseher. Ich gehe nach wie vor gerne unter einem schwebenden Gebäude hindurch, auch wenn es vielleicht teurer und schwieriger zu errichten ist. Ich sehe das als einen Freiheitsbegriff. Ich persönlich suche nach dem Gefühl der Freiheit in der Architektur, im Wohnen. Wir arbeiten ständig unter dem Budgetdruck und dem Druck der Einsparungen, aber bevor wir dazu kommen, ein Gebäude zu errichten, sind im Vorfeld Milliarden schon von jemandem, den wir nicht kennen, abgebucht worden. Diese Freiheit sehe ich extrem kritisch. DF: Ich glaube, wir kommen in eine Situation, in der wir uns auf das Wesentliche konzentrieren können und müssen. Die Frage der Angemessenheit und der Mittel, die wir einsetzen, ist wichtig. Immer mehr Menschen befassen sich mit Müllvermeidung und mit der Entwicklung von neuen Geräten, die Langfristigkeit haben oder Reparaturmöglichkeit bieten. Die Nachhaltigkeitsthematik wird zwar für den Architekten sehr anstrengend, weil wir uns - im Bereich der Energieeffizienz - plötzlich um Quadratzentimeter Fensterfläche streiten müssen. Das Thema fordert uns aber auch auf, über Verdichtung nachzudenken und gleichzeitig ein gutes Lebensgefühl zu vermitteln. ARCHITEKT IDEE & CLOUD SHOPPING – TRETEN SIE EIN! Wo: Shopping City Süd, Vösendorf bei Wien Wer: ATP architekten ingenieure Die Unterkonstruktion der Eingangsfassadenelemente „Clouds“ des größten Einkaufszentrums in Österreich (und eines der größten in Europa) ist als frei stehende Konstruktion aus Stahlrohren konzipiert. Die Unregelmäßigkeit der Konstruktion erzwang eine integrale Planung zwischen Architekt und Tragwerksplaner im Hinblick auf Formfindung und Kostenoptimierung. Die Clouds und deren Stützen wurden in dreidimensionalen Zeichnungen durch das Büro der ATP architekten ingenieure genau definiert und direkt in die Software der Statiker übernommen. Von der ersten Idee über Visualisierungen bis hin zu den eigentlichen Ausführungsplänen wurde alles mit demselben Zeichenprogramm abgewickelt. Die Möglichkeiten von BIM konnten hier umfassend eingesetzt werden. Integrale Planung und Kommunikation auf kürzestem Weg halfen mit, die komplizierten Randbedingungen zu überblicken und zu meistern. www.atp.ag STAHLBAU AKTUELL 2014 C _ ATP/K UR T K UBAL L „Es ist immer schlecht, das eine gegen das andere auszuspielen.“ ab. In England und Schottland bekommt man ganz andere Reaktionen auf die Wohnlichkeit und das Empfinden von Stahl. Das Empfinden und auch die Gesetze sind dort ganz anders. Das Brandschutzthema wird dort ganz anders gehandelt. In England hat der Stahlbau eine ganz andere Imagepflege in den letzten 60 Jahren gemacht, als in Österreich. Herr Architekt Feichtinger, wie sieht das beim Brückenbau aus? DF: Man kann ein Bauwerk wie eine Brücke nicht ohne die Spannweite sehen. Da gibt es einen direkten Zusammenhang. Wenn man nach Transparenz und Leichtigkeit sucht, bietet sich Stahl als konstruktives Material an. Es gibt zwar heute schon hochfeste, faserverstärkte Betonteile, die dem Stahl und seinen Eigenschaften sehr nahe kommen, aber viele Alternativen gibt es nicht. Haben Sie schon Erfahrungen mit diesen ultrahochfesten Betonteilen? CP: Eigentlich nicht, aber die Betonindustrie hat natürlich einiges investiert, um der technologischen Seite des Stahls näherzukommen. Der Stahl hat vielleicht das Problem, dass er der „billigen“ oder „primitiven“ Art des Betons nicht näherkommt. Bei dem engen Stützenraster des Bürobaus ist der Beton in unserem Kulturkreis immer noch „billiger“. PZ: Es wird aber schon in diese Richtung geplant. Wenn ich ein Gebäude von Anfang an in Stahl konzipiere, weil ich größere Spannweiten wünsche, ist es schwierig, den Stahl durch Beton zu ersetzen. Hier kommt auch das Thema der Nachhaltigkeit ins Spiel. Eine Tragekonstruktion sollte eine spätere mögliche Veränderung so wenig wie möglich beeinträchtigen. Ideal wäre eine äußere Hülle, die trägt und gleichzeitig größtmögliche Flexibilität im Inneren bietet. Würden Sie sagen, dass der Stahlbau die Architekten zu besonderen kreativen Leistungen herausfordert? DF: Ich würde sagen, er bietet sie. Wir dürfen uns räumliche Qualitäten wünschen, weil es Stahl gibt. Die Lösungen können sehr einfach und auch sehr komplex sein. Es gibt Bauwerke, die von ihrer Komplexität und Geometrie her das Material Stahl geradezu provozieren. 13 STAHLBAU AKTUELL 2014 C OV ERS T ORY Von Thomas Pöll STAHLBAU AKTUELL: Der Dome des Louvre von Abu Dhabi ist neben der Botlek-Brücke eines Ihrer beiden aktuellen Großprojekte. Haben Sie mit diesem Entree Ihre Finger auch bei den anderen Projekten auf der Museumsinsel Saadiyat im Spiel? Thomas Jost: Wir haben bei zwei weiteren ursprünglich angeboten, aber dann gesagt: Da muss sich an den Bedingungen sehr viel ändern, damit wir bereit sind mitzugehen. Die lokalen Strukturen sind nicht dafür gemacht, solche Bauwerke zu errichten. Da stößt man an alle Grenzen, und nicht nur wir. Die lokale Infrastruktur ist nicht dafür ausgelegt, in solchen kurzen Bauzeiten derartige Bauwerke zu errichten. Da ist in Summe nicht genug Logistik und Knowhow verfügbar. Das sind Komplexitäten, die man wahrscheinlich auch in Mitteleuropa nicht so hinbekommt, und in den Emiraten stößt es eben an klare Grenzen. Heißt das, dass man so etwas in der Zeit gar nicht bauen kann? Thomas Jost: Das will ich gar nicht sagen. Es gibt sicher Firmen, die das machen können, aber wir machen das unter solchen Rahmenbedingungen sicher nicht mehr. Da muss sich das Set-up für alle ändern. Ihr Vorstand Johann Sischka sagt: Der Louvre Abu Dhabi wird unter anderem deshalb nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt fertig (die Eröffnung ist an sich für den 2.12.2015 geplant, den Nationalfeiertag der VAE, wackelt aber sehr), weil sich der Architekt Jean Nouvel noch immer nicht für den Stein entschieden hat. Stimmt das? Thomas Jost: Das ist auch ein Grund. Die Architekten leben da manchmal auch in einer eigenen Welt, die mit den Realitäten und Zeitabläufen am Bau wenig zu tun hat. Je prestigeträchtiger und größer ein Projekt ist, desto knackiger sind diese vielen Wünsche von allen Seiten aufzulösen. Aber Sie sind so weit abgesichert, dass die Sache wirtschaftlich gut geht? Thomas Jost: Das wissen wir leider noch nicht. Da gibt es immer lange Zeiträume, wo man um sein Geld kämpfen muss. Das machen wir auch und das beschäftigt uns sehr. Daher kommt ja auch meine Überzeugung, dass bei solchen großen Projekten das Umfeld absolut stimmen muss. Solange das so ist wie jetzt, haben wir da kein Interesse mehr. Wenn es dann fertig ist, sagt jeder: super! Aber die drei Jahre Wahnsinn und das Geld, das man dort versenkt, ist es einfach nicht wert. Aber dass es geht, sieht man zum Beispiel beim „YAS Marina Formel 1“-Race-Track in Abu Dhabi – da gab es ein klares Commitment und eine klare Deadline und es ging nicht darum zu beweisen, wer Schuld ist und wer Recht hat. 14 „Ohne Fortune geht absolut nichts. Es war immer unmöglich und es wird immer unmöglicher, die Komplexität zu beherrschen. Das ist nur teuer und macht unbeweglich.“ STAHLBAU AKTUELL 2015 15 STAHLBAU AKTUELL 2015 S TA HL B AU A K T UEL L Building Bridges Architektur. Brücken verbinden nicht nur gegenüberliegende Ufer, sondern auch hohe Künste des Stahlbaus miteinander. Spannende internationale Beispiele beschreibt Peter Reischer. Brücken zählen zu den interessantesten und gleichzeitig am meisten unterschätzten Bauwerken der Architektur. Wie die folgenden Beispiele zeigen, geht es dabei nicht immer um Bilder und Scheinbarkeiten, sondern meistens um die hohe Kunst des Stahl- und Ingenieurbaus. Im Herzen von Istanbul entstand eine 800 m lange Brücke über dem Zufluss des Bosporus, bekannt als das Goldene Horn. 2014 feierlich eröffnet, hat sie eine Gesamtlänge von 120 m – zwei Spannweiten von 50 m und 70 m – und ist auf einem Stahl-Mittelpfeiler gelagert. In diesem ist die Hauptdrehachse untergebracht. Mit einem elektro-hydraulischen Antrieb ausgestattet dreht sich die 2.500 Tonnen schwere Brücke mit bis zu 90° um die eigene Achse. C _WAGNER-BIRO C _ SANDRA FOCKENBERGER FÜR WAGNER-BIRO In Algerien in der Rekordzeit von nur vier Wochen die stärkste Paneelbrücke der Welt. Durch die Kombination der Standardpaneele in der Anordnung von drei Paneelen nebeneinander und bis zu vier Paneelen in der Höhe konnte die notwendige Brückentragfähigkeit für eine Belastung von 512 Tonnen erzielt werden. Bewegliche Brückensysteme zählen zu den Highlights im Brückenbau. Die Drehbrücke über den Fluss Prai in Malaysia bewegt auf einer Achse nicht weniger als 1.100 Tonnen Stahl in 120 Sekunden und öffnet somit in kürzester Zeit die Durchfahrt für den Schiffsverkehr. Das Brückentragwerk hat eine Gesamtlänge von 90 m (mit beidseitig auskragenden Fahrbahnen von 45 m) und ist auf einem Stahl-Mittelpfeiler gelagert. In diesem ist die Hauptdrehachse mit einem Durchmesser von 2.000 mm und einer Höhe von 5 m untergebracht. STAHLBAU AKTUELL 2015 C _ DAVID BOURE AU C_TREVOR PALIN Auf der Bahnstrecke Abbas-Bafq im iranischen Hochland befindet sich das Brückentragwerke für eine zweigleisige Eisenbahnbrücke. Die gekrümmte Brücke mit schräg gestellten Tragwerksquerschnitten liegt in gebirgiger Wüste auf einer Seehöhe von ca. 1.800 m. Die Tragwerkslängen von 360 bzw. 440 m sind in Stützweiten von 60 bzw. 80 m geteilt. 40 Die Calaba Brücke auf den Philippinen ist derzeit eine der längsten Modularbrücken, die je errichtet wurde. Sie misst 900 m und überspannt den Fluss Abra. Modularbrücken bestehen aus einem beliebig erweiterbaren Baukastensystem, das an die individuellen Anforderungen vor Ort angepasst werden kann. Die üblichen Spannweiten liegen zwischen 35 und 60 m. In Ländern, in denen Geld anscheinend keine Rolle spielt, werden auch ganz andere Brückenprojekte verwirklicht: Die Scheich-Zayed-Brücke in Abu Dhabi, entworfen von Zaha Hadid, ist wohl eher ein Blickfang, statt eine notwendige Verbindung. Nach 14 Jahren Bauzeit wurde sie 2011 eröffnet. Sechs geschwungene Träger schlingen sich in kraftvollen Bögen in und um zwei jeweils vierspurige Fahrbahnen. So entsteht ein kontinuierlicher Spannungsbogen, welcher der Konstruktion eine straffe, schwerelose Anmut verleiht. Hier trifft innovative Bautechnik auf die Zeitlosigkeit natürlicher Formen. So futuristisch und verwegen sie wirken mögen, die wellenförmigen, am höchsten Punkt 70 Meter hohen Stahlbetonträger der Brücke sind einem der wohl gängigsten Sinnbild der Golfregion nachempfunden: den sanft geschwungenen Sanddünen der umliegenden Wüste. STAHLBAU AKTUELL 2015 Eine der sensibelsten Brücken, die Architekt Dietmar Feichtinger auch lieber als Steg bezeichnet haben will, ist der neue Zugang zum Mont St. Michel in Frankreich. Knapp über dem Boden schwebend verbindet er sich mit der Natur mehr, um einen sichtbaren Zugang zum Klosterberg zu schaffen. Aber Architekt Feichtinger kann auch anders: In Kopenhagen entwarf er die dreiarmige Butterfly Bridge. Alle strukturellen Elemente sind aus Stahl gefertigt. Betonfundamente verankern die Brücke sowohl an Land als auch im Wasser. Ein Hohlkasten-Stahlprofil bildet den Mittelträger der Brücke. Pro Brückenarm ermöglichen zwei Hochdruckhydraulikzylinder das Öffnen der Brücke. >> Fortsetzung auf Seite 42 41 C_BARBARA FEICHTINGER lichen Weltanschauungen. Die Mitte, die Brücke, ist ein Ort der Begegnung, der Kommunikation. Hier trifft man sich und kann sich auch von den jeweiligen Ausgangspunkten distanzieren, vielleicht eine neue Sicht – nicht nur auf die Landschaft – gewinnen. C _WAGNER-BIRO rücken haben immer ein bisschen etwas Dramatisches an sich. Sie signalisieren gleichzeitig Abschied und Trennung und Verbindung zweier verschiedener Ufer. Dieses architektonisch inszenierte Gegensatzpaar von Gefühlen reicht manchmal sogar bis zu gegensätz- C _ K ATRIN GREIL ING B C _WAGNER-BIRO Auftraggeber: Österreichischer Stahlbauverband Beauftragt seit: 2000 Auftragsart: komplette Produktion, Beilage zum Fachmagazin SOLID, Inseratenvertrieb Zusammenarbeit: Das Team unseres Baumediums SOLID gestaltet das Magazin des Österreichischen Stahlbauverbandes. Unsere Dienstleistung umfasst die journalistische Umsetzung der Verbandsthemen sowie die Schaffung eines atraktiven inhaltlichen Umfelds. Wir übernehmen auch den Vertrieb der Inserate sowie die Distribution des Heftes über SOLID und an die Adressaten des Auftraggebers. Ebenfalls Teil unseres Services: die komplette Druck- und Versandabwicklung bis hin zu personalisierten Zusatzangeboten. Die Louvre-Kuppel in Abu Dhabi ist eines der Projekte, von denen Thomas Jost sagt: „Wenn von Anfang an klar ist, dass ein Projekt unter hohem Preis- und Zeitdruck ist, dann werden wir nicht anbieten. Dann soll jemand anderer den nächsten Louvre bauen.“ C_PALIN Interview. STAHLBAU AKTUELL sprach mit Waagner-BiroGeschäftsführer und Miteigentümer Thomas Jost über das Monsterprojekt Louvre Abu Dhabi, die Lehren daraus und die zukünftige Strategie des Traditionsunternehmens. C _ ATEL IER SS JE ANNOUVEL „Unter diesen Umständen nicht mehr“ PULS – Das Businessmagazin für Österreich 10 | ECONOMY | Durch zwei Kontinente per Bahn | 11 Pro Zug ZIEL Hamburg Durchschnittlich 43 Container RUSSLAND Riga 43 DEUTSCHLAND POLEN Die Strecke des Güterzugs führt über ussland, Kasachstan, Weißrussland und Polen. In ukunft sollen weitere ransporte folgen. Moskau WEISS- Brest RUSSLAND Astana Homel Wolgograd Karaganda START Zhengzhou KASACHSTAN Dostyk Urumqi Beijing Durch zwei Kontinente per Bahn CHINA Shanghai 10.000 km durch Asien und Europa: Hamburg Zhengzhou Deutschland China Bahnkilometer im Verkehr zwischen Europa und China: Die üge sind e nach oute ca. . km und . km unterwegs. Vergleich ZUG versus FLUGZEUG: Der ergleich zwischen ug und lugzeug fällt bei der Ladekapazität eindeutig zugunsten des Zuges aus. Das rachtaufkommen zwischen hina und uropa, das mit der ahn abgewickelt wird, wächst erfreulicherweise stetig. Die Bahn wird auch im Verkehr zwischen China und Europa zur gefragten lternati e u lug eug oder chiff. Gab es noch vor fünf Jahren kaum fahrplanmäßige Schienenverbindungen zwischen dem asiatischen Riesenland und Europa, verkehren derzeit auf den entsprechenden Routen bis zu Xi'an Chengdu 602 Tonnen zehn Frachtzüge pro Woche. Dabei ist so ein Zug ganz schön aufnahmefähig: mit seinen durchschnittlich 43 Containern kann er über 600 Tonnen Fracht transportieren. Zum Vergleich: Dafür müsste eine Cargo-Maschine des Typs Boeing 747-400F rund sechs Mal die trec e fliegen. 101,4 Tonnen pro Zug pro Boeing 747-400F Kapitale Vorteile Die apitalbindung ist desto geringer e schneller ter am iel sind. Die ffe te dieser geringeren indung nnen beträchtlich sein. Ein Beispiel: Ein um zwei Wochen schnellerer Transport kann bei einem durchschnittlichen Containerwert von 890.000 Euro eine Kostenersparnis von rund 90.000 Euro pro Zug bedeuten. Per Bahn von China nach Europa Per Schiff von China nach Europa Tage Tage 30 langsam schnell 16 Transportzeit gering langsam schnell Transportzeit hoch Kapitalbindung gering Kapitalbindung 8 Züge pro Woche* hoch * Durchschnittliche ahl rachtzüge amburg 48 Flüge pro Woche hengzhou Woche PULS 06 | 2015 04 | TRENDS | Diesen Schatz gilt es zu heben | 05 Innovationsexperte Oliver Kempkens: „Logistik-Dienstleister können dem Kunden sehr viel mehr anbieten, als bloß auf Abruf eine Lieferung von A nach B zu transportieren. Sie können dann wahrscheinlich sogar relativ exakt die Nachfragezyklen für bestimmte Waren antizipieren und haben dabei einen besseren Überblick als der Kunde selbst.“ | Foto beigestellt „Diesen Schatz gilt es zu heben“ Wie Digitalisierung unsere Wirtschaft verändert, wie Unternehmen mit dem Druck neuer virtueller Konkurrenz umgehen, ist das große Thema des Innovations-Gurus Oliver Kempkens. Im Interview mit PULS spricht er über das Wissen von Logistik-Dienstleistern, die Möglichkeiten, dieses Wissen zu kapitalisieren und die Notwendigkeit, den Dialog zwischen Kunde und Dienstleister komfortabler zu gestalten. PULS: Herr Kempkens, Sie beschäftigen sich mit den Folgen der Digitalisierung für die Wirtschaft und verorten naturgemäß in dieser Digitalisierung große Chancen. Wie können denn Logistik-Dienstleister sich in diesem Umfeld am besten einrichten? Oliver Kempkens: Das muss noch etwas diffus bleiben. Deshalb ist es wichtig, dass man in den Konzernen einfach das Denken zulässt und vor allem eines: das Geschäft aus Sicht des Kunden betrachtet. Wenn man das konsequent tut, wird man möglicherweise feststellen, dass Digitalisierung ein Instrument sein kann, aus dem Margenkampf auszubrechen und neue Services zu entwickeln. Denken Sie doch einmal an die Möglichkeiten, dem Kunden in Echtzeit die Information zur Verfügung stellen zu können, wo sich seine Lieferung gerade befindet. Bisher kann der Kunde ja immer nur sehen, wann und wo seine Ware zuletzt gescannt wurde. Die Echtzeit-Komponente würde aber dem Anspruch des Kunden, jederzeit Kontrolle über seine Warenströme zu haben, eher entsprechen und der Kunde würde, davon bin ich überzeugt, auch dafür bezahlen. Das wäre gerade für die B2B-Kunden wichtig, denn so könnten Sie den DB Schenker-Prozess in ihren Prozess integrieren. PULS: In anderen Branchen kommt es immer mehr zu einer Verlagerung der Marktmacht hin zu Unternehmen, die nichts anderes tun, als Dienstleistungen virtuell zu vermitteln. Airbnb vermittelt weltweit Zimmer und Uber Personenfahrten und diese Unternehmen eint, dass sie weder Wohnungen, noch Hotels, noch Autos besitzen. Können diese virtuellen Broker auch in B2B-Bastionen wie der Logistik eindringen? Oliver Kempkens: Das denke ich schon. Das wird man an Marktteilnehmern wie Keychain Logistics sehen. Viele globale Player sind börsennotiert. Und dann gibt es in kalifornischen Kleinstädten plötzlich Startups, die kaum jemand kennt und die dann nach einem Börsengang so viel wert sind wie Daimler und Audi zusammen, obwohl nur 35 Mitarbeiter eine Messaging-Plattform pflegen. Diese Phänomene sind auch in anderen Branchen denkbar. Peter Thiel, der Mitbegründer von PayPal und einer der großen kalifornischen Vordenker, hat als Stra- tegie ausgegeben, dass Startups lieber Monopolist in einer einzigen Nische sein sollen als ein „Jack of all Trades“. Das Ziel muss es dann sein, Monopolist in einem Markt zu werden. Keychain Logistics bietet bis jetzt nur die Vermittlung von Sender und unabhängigem Spediteur an, aber denken wir den Gedanken Thiels einfach weiter: Wenn eine gewisse strategische Nische besetzt ist, könnte es ein Leichtes sein, die Erfolgsgeschichte zu nutzen, um neue Geldgeber für größere Visionen zu begeistern. PULS: Welche Schlüsse könnte ein Unternehmen wie DB Schenker aus diesen Marktphänomenen ziehen? Oliver Kempkens: DB Schenker ist, das ist meine echte Überzeugung, in einer sehr guten Position, als Unternehmen wahrgenommen zu werden, in dem der Nutzer im Mittelpunkt steht und alle internen Prozesse aus dieser Außenperspektive des Kunden glattgezogen werden. Ein Logistik-Dienstleister wie DB Schenker weiß unglaublich viel über die Abläufe bei den Kunden, aber dieses Wissen gilt es zu strukturieren und in neue Dienstleistungen zu wandeln. Logistik-Dienstleister sitzen auf einer Goldgrube an Kompetenzen und Einsicht in das Geschäft ihrer Kunden. Diesen Schatz gilt es zu heben. PULS: Und wenn dieser Schatz dann gehoben ist, wie könnte das die Beziehungen zwischen Kunde und Logistik-Dienstleister verändern? Oliver Kempkens: Auch für B2B-Unternehmen wie DB Schenker gibt es Benchmarks in eigentlich fremden Branchen. Es ist ja schon fast ein Klischee, aber ich muss da einfach Amazon nennen. Kaum ein Unternehmen bietet dem Kunden so konsequent eine Online-Plattform, auf der er so komfortabel alle seine Geschäfte tätigen kann. Da muss nicht telefoniert werden bei einer Reklamation, da muss nicht auf Antwort gewartet werden, da gibt es keine Unklarheiten. Ich kann die ganze Kommunikation mit dem Dienstleister über das Web abwickeln und im Fall von Amazon ist das ganze auch noch intuitiv und selbsterklärend designt. Und noch dazu weiß der Amazon-Algorithmus auch ganz genau, wofür ich mich üblicherweise interessiere und macht mir daher die nächsten Bestellungen einfach. Viele globale Player sind börsennotiert. Und dann gibt es in kalifornischen Kleinstädten plötzlich Startups, die kaum jemand kennt und die dann nach einem Börsengang so viel wert sind wie Daimler und Audi zusammen, obwohl nur 35 Mitarbeiter eine Messaging-Plattform pflegen. Diese Phänomene sind auch in anderen Branchen denkbar. Oliver Kempkens PULS 06 | 2015 12 | EVENT | Pole Position mit dem LKW | 13 SCHNELLES GELD Seit 1950 begeistert die Formel 1 die Welt. Die Kosten für den organisierten Geschwindigkeitsrausch sind astronomisch. Einblick in eine Welt, in der Lenkräder so viel kosten wie ein Auto der gehobenen Mittelklasse. Testrennen nach Barcelona transportiert. Damit war das technologische Qualifying absolviert. „Wir sind bereits Dienstleister für die Olympischen Spiele und für die Fußball-WM. Nun sind wir auch beim Rennsport dabei“, sagt Sören Hell, Projektleiter für die Formel 1 bei DB SCHENKERsportsevents. Die Fahrer und ihr Bolide: Nico Rosberg und Lewis Hamilton vor dem neuen F1 W06 Hybrid. | Foto © MERCEDES AMG PETRONAS ontainerdorf fährt mit Fünf silberne Sattelzüge werden während der Saison Rennautos, Ersatzteile, Werkzeug und sonstiges Zubehör transportieren. Mehrere weiße Sattelzüge werden für das Motorhome laden. Dieses Motorhome wird während eines Renn-Wochenendes zum Arbeitsplatz für Techniker und zum Lager für all das Equipment, das notwendig ist – vom Rennanzug bis zum Geschirr für das Catering. Pole Position mit dem LKW Von Spanien bis Belgien ur eine Woche eit, um hunderte Kilometer zu fahren, utos abzuladen, Werkstattbo en aufzubauen und sofort nach den ennen wieder den ganzen ennstall auf die LKWs zu hieven und zum nächsten iel zu fahren. Die Logistik hinter der ormel ist enorm aufwändig. B is zum Ende des Jahres 2018 ist DB SCHENKERsportsevents Partner des MERCEDES AMG PETRONAS Rennstalls und wird die Logistik für die europäischen Rennen übernehmen. Die Kooperation begann bereits Anfang 2015. DB Schenker übernahm den Transport des neuen Rennwagens für die Saison 2015 und fuhr den Boliden nach Jerez de la Frontera in Spanien. Etwa 2.500 Kilometer legten die Sattelzüge zwischen Brackley in Großbritannien, Zentrale des MERCEDES AMG PETRONAS Teams, und der spanischen Rennstrecke zurück. Dort wurde das neue Modell F1 W06 Hybrid enthüllt. Die Fahrer drehten in Andalusien erste Runden. Der neue Rennwagen hat einen 1,6 Liter V6 Motor mit einem eingebauten Turbolader für Geschwindigkeitsmaximierung. Mitte Februar wurde alles wieder eingepackt und für PULS 06 | 2015 Auftraggeber: Schenker & Co AG Beauftragt seit: 2015 Auftragsart: Redaktion und Produktionsleitung Zusammenarbeit: Wir entwickeln gemeinsam mit dem Kommunikationsteam von Schenker Österreich die Storys der jeweiligen Ausgabe. Dabei verzahnen wir die Themen des Unternehmens mit breiter gefassten Artikeln zu aktuellen Entwicklungen in der Logistik. Wir bringen in diese Kooperationen besonders unsere Erfahrung im B2B-Bereich wie auch in der Logistik ein. Die grafische Umsetzung erfolgt durch ein externes Grafikstudio, mit dem wir die Zusammenarbeit koordinieren. Insgesamt 30 Mitarbeiter von DB Schenker werden im Einsatz sein, allesamt zweisprachig. Die Leistungen werden nicht nur die Logistik bei allen europäischen Rennen umfassen, sondern sich auch auf Testfahrten und Werbeveranstaltungen erstrecken. Die Transporte werden sich zwischen Brackley und den Rennorten in Spanien, Monaco, Österreich, Großbritannien, Ungarn, Belgien und Italien bewegen. Viele Renn-Termine folgen dicht aufeinander. So wird dem DB Schenker Team zum Teil nur eine Woche Zeit zwischen zwei europäischen Rennen bleiben. Inklusive Abbau und Aufbau am nächsten Ort, was DB Schenker ebenfalls übernehmen wird. „Das ist sportlich, aber wir wollen die Pole Position“, sagt Projektleiter Sören Hell. Foto © Fotolia.de Wenn Milliardär Dietrich Mateschitz bereit ist, Millionen uro in und um die ormel Strecke in Spielberg zu investieren, kann man durchaus davon ausgehen, dass ein enormer Geld uss hinter dem ennsport steckt. Wie hoch die innahmen in der Königsklasse sind, wei niemand ganz genau. wurden die innahmen mit etwa , Milliarden bezi ert. Schätzungen zufolge ist keine ennsaison der letzten ahre unter der Milliardenmarke gewesen. ur eines lässt sich mit Sicherheit sagen die ormel wird von der ormula One Group, dessen Präsident der rite ernie ccelstone ist, verwaltet und es handelt sich um ein äu erst lukratives Geschäft. Millionen useher Die ormel wurde von der I , dem Dachverband der utofahrer, ins Leben gerufen. Das erste ennen fand am . Mai in Silverstone statt und es gab nur drei eams lfa omeo, errari und Maserati. Giuseppe arina, der für lfa omeo fuhr, gewann das ennen und wurde auch Weltmeister. Heuer gibt es zehn Teams, die an den Start gehen und enorme Summen investieren, um den Weltmeistertitel zu holen. Der Gesamtaufwand der eams wird auf drei Milliarden uro geschätzt. inige der Kosten holen sich die ennställe durch Werbung zurück. Weltweit schalten Millionen Menschen ihre ernsehgeräte ein, um die Rennen zu sehen. Hohe Quoten bedeuten auch hohe Werbeeinnahmen, aber gerade die uoten bereiten den erantwortlichen edenfalls in den letzten ahren ein bisschen Sorgen In Deutschland ist die uphorie rund um das ennen ein wenig abge aut. erbuchte L, der die deutschen bertragungsrechte besitzt, eine inschalt uote von zehn Millionen pro ennen, so waren es lediglich , Millionen. Motoren für Millionen In den ahren der ormel wurden ständig neue egularien eingeführt, die den Sport optimieren und spannender machen sollen. Doch eben diese Regeln, die meistens die Leistungsfähigkeit eines Wagens einschränken, führen zu höheren ntwicklungs- und Produktionskosten. erzstück eines eden utos ist der Motor, der schon mal . uro kosten kann. Jedes Team baut jedoch mehrere Autos, von denen einige nur als Testautos genutzt werden. edes eil eines utos ist eine Spezialanfertigung. in Lenkrad kostet somit locker zwischen . und . uro. M D S MG P O S hat mehr als Millionen uro investiert, die Kosten für Motoren nicht miteinberechnet. Straßenmaut s zahlen aber nicht nur die ennteams, sondern auch die einzelnen Länder, die einen Grand Pri austragen wollen. eulinge wie ahrain oder bu Dhabi mussten eine zweistellige Millionensumme für eine Lizenz zahlen. Und Katar, das aufstrebende mirat im Mittleren Osten, ist sogar bereit, eine ekordsumme von Millionen uro zu zahlen, um am Sport-Spektakel teilnehmen zu dürfen. inige der ennteams können ihren hohen insatz wieder einspielen. Gewinne von bis Millionen pro eam sind durchaus drin. Manchmal muss man eben Geld ausgeben, um Geld verdienen zu können. Sie transportieren die Rennautos des MERCEDES AMG PETRONAS durch Europa: die Trucks von DB Schenker. | Foto © Daimler AG 14 | News NEWS | Vielfalt der Logistikwelt | 15 SOZIALES ENGAGEMENT Belgrader Business AKTIONSTAG DER LOGISTIK Ein neues Logistikzentrum erö nete D Schenker in Serbien. Beziehungsreich D Schenker fördert die deutschbosnisch-herzegowinischen Wirtschaftsbeziehungen. Seit März ist Schenker d.o.o. in Sarajevo Mitglied des Vereins zur Förderung der deutsch-bosnisch-herzegowinischen Wirtschaftsbeziehungen. Der Verein, der von der Deutschen Außenhandelskammer (AHK) organisiert ist, bemüht sich um mehr ökonomische Nähe zwischen Deutschland und Bosnien-Herzegowina. Die Außenhandelskammer wird ab nun DB Schenker in ihrem Mitgliederverzeichnis führen. Finanzvorstand Michael Meyer übergibt die Spende an die St. Anna Kinderkrebsforschung. | Foto © DB Schenker Beat the Board Sie liefen, sie siegten, sie spendeten viel Geld hat das D Schenkeream beim ienna it Marathon für die St. nna Kinderkrebsforschung erlaufen. Bereits zum zweiten Mal zeigten die Teams von DB Schenker bei der Aktion „Beat the Board“ nicht nur sportlichen Einsatz, sondern auch soziales Engagement. Dem Aufruf des Vorstandes, beim Vienna City Marathon die Ziellinie schneller zu erreichen als das Management Board, folgten in diesem Jahr 54 Mitarbeiterinnen und itarbeiter. r edes eam das die eit unterbot floss eld in den pendentopf. Insgesamt konnten von den Teams 1.000 Euro für die St. Anna Kinderkrebsforschung erlaufen werden. Der Vorstand verdoppelte dieses Ergebnis auf 2.000 Euro. „Wir freuen uns sehr, dass wir den Scheck im Namen von DB Schenker und unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an die St. Anna Kinderkrebsforschung übergeben dürfen“, freute sich Michael Meyer, Finanzvorstand von DB Schenker in Österreich und Südosteuropa, anlässlich der Spendenübergabe. Foto © Shutterstock.com Foto © Shutterstock.com PULS 06 | 2015 Auf über 3.000 Quadratmetern er ffnete r lich das neue Logistikzentrum von DB Schenker in Stara Pazova ganz in der Nähe Belgrads und in Nachbarschaft zum Flughafen der serbischen Hauptstadt. Das Zentrum ist für spezialisierte Logistik-Lösungen ausgerichtet und bietet neben einem Hochregallager auch Platz für Spezialcontainer etwa zur Lagerung on efahrstoffen. usgerüstet ist das Zentrum auch mit einem hoche ienten el ftungssystem, das unabhängig on äu eren infl ssen immer gleiche Lagerbedingungen sicherstellt. Belgrader Logistikzentrum von DB Schenker: mit moderner Technik für komplexe LogistikLösungen ausgerüstet. | Foto © DB Schenker Logistikbegeisterte Schüler beim Aktionstag am Schenker-Standort im ungarischen Szigetszentmiklós. | Foto © DB Schenker Besucherandrang uf Initiative der deutschen undesvereinigung für Logistik L ö neten Unternehmen, Universitäten und erbände auf der ganzen Welt ihre üren für Logistik-Interessierte. Unternehmen aus 18 Ländern von Deutschland über China, Russland, Vietnam, die Schweiz bis Ungarn nahmen an diesem internationalen Aktionstag der Logistik teil. Schenker Kft. in Ungarn beteiligte sich schon zum dritten Mal an diesem Aktionstag. In diesem Jahr nahmen rund 40 Schülerinnen und Schüler mehrerer Fachschulen an den Führungen durch den Standort Szigetszentmiklós teil. Zwei der Schüler interessierten sich nach dem Rundgang gleich für ein Praktikum. Baufortschritt ine Webcam zeigt nun, wie schnell es auf der austelle des neuen Logistikcenters in St. Pölten weitergeht. Viel hat sich getan auf der Baustelle in St. Pölten seit dem Spatenstich im Dezember 2014. Der milde Winter ermöglichte einen schnellen Fortschritt beim Bau des mehr als 8.000 Quadratmeter großen Gebäudes. Aktuell wird der Gleisanschluss an den angrenzenden Verschiebebahnhof fertiggestellt. Dafür werden über 150 Meter Gleise auf dem DB Schenker Grundstück verlegt. Somit können nach der Fertigstellung drei aggons berdacht be- und entladen werden. ie flott es weitergeht, dokumentiert nun eine eigene Webcam auf der Baustelle. Aktuelle Bilder der Webcam gibt es hier: http://miete32.it-wms.com/ PULS PLUS Sehen Sie hier, was gerade auf der austelle in St. Pölten passiert. robust – DAS MAGAZIN VON AON ÖSTERREICH Coverstory ZUR PERSON AXEL WALLRABENSTEIN KOMMANDO NOTFALL berät internationale Großkonzerne in vorbeugender Krisen-PR. Seine Warnung: Am Ende kommt doch alles raus. LEKTION 1 AXEL WALLRABENSTEIN RISIKOMANAGER. Entführungen, Bombenanschläge, Diebstahl von geistigem Eigentum oder schlechte Presse. So unterschiedlich die Herausforderungen für Krisenmanager auch sind, das wichtigste Rezept lautet: Stets einen Schritt weiter sein als der Gegner. Vier Krisenmanager über ihren Job. Und über die Lehren aus ihrer Praxis. D GLOSSAR Risikomanagement umfasst sämtliche Maßnahmen zur systematischen Erkennung, Analyse, Bewertung, Überwachung und Kontrolle von Risiken. as Projekt in Asien soll das Geschäft befeuern: geringe Produktionskosten, Nähe zum boomenden chinesischen Markt. Als der süddeutsche Maschinenbauer einen einheimischen Partner findet, gründet er sofort ein Joint Venture und investiert einen zweistelligen Millionenbetrag in die Modernisierung der Produktionshallen vor Ort. Die haben zwar eine perfekte Lage, sind aber, vorsichtig formuliert, nicht ganz auf High-Tech-Standard. Sobald der Umbau fertig ist, findet die deutsch-asiatische Zusammenarbeit allerdings ein abruptes Ende. Der lokale Compagnon führt von da an das Werk in Eigenregie, ohne dafür einen einzigen Cent investiert zu haben. Der auf Handschlag-Qualität vertrauende Bayer kehrt buchstäblich mit leeren Taschen nach Hause zurück. Beispiele, in denen Unternehmer wie ferngesteuert ins Verderben rennen, können Krisenmanger fast endlos aufzählen. Ein Muster, sagen sie, fällt immer wieder auf: der unbeugsame Glaube an den „ehrbaren Kaufmann“, der Unternehmer offenbar blind für Risiken macht. In solchen Fällen versuchen Krisenprofis im Nachhinein noch „AM ENDE KOMMT ALLES RAUS.“ „UNTERNEHMEN REAGIEREN OFT LANGSAM. SIE HOFFEN, DASS ES NICHT SO SCHLIMM KOMMEN WIRD.“ zu retten, was zu retten ist – oft nicht mehr viel. Der deutlich bessere Weg, sagen sie, wäre es, Krisen erst gar nicht entstehen zu lassen. Eine schwierige Aufgabe. Denn fast jede Branche, fast jedes einzelne Unternehmen hat seine ganz spezifischen Risiken. Anschläge, entführte Mitarbeiter, Compliance-Fallen, Betrug, zusammenbrechende Kommunikation, PR-Katastrophen – es gibt kaum ein Krisenszenario, das dem anderen gleicht. Und doch können erfahrene Krisenmanager Punkte formulieren, die für nahezu jede Krise allgemeingültig sind. Vier Profis und vier Lektionen. 8 ROBUST — 01/2015 Der Geschäftsführer der lateinamerikanischen Niederlassung ist ein absolut integrer Mann: rechtschaffen, loyal, zuverlässig. Nach zehn Jahren Zugehörigkeit zum Unternehmen stellt der Job im Ausland seine erste Bewährungsprobe ganz oben dar. Und alles sieht danach aus, dass der Mittdreißiger seine Aufgabe mit Bravour meistert. Was die zufriedenen Chefs in der Zentrale die längste Zeit nicht wissen: Auf seinem neuen Posten findet sich der Mann in einer Businessumgebung wieder, in der Schmiergelder im Millionenbereich durchaus gängig sind. Als publik wird, dass auch er geschmiert hat, verfallen die Konzernchefs in eine mehrtägige Schreckensstarre, die dem Unternehmen einen weiteren Imageschaden zufügt. „In Krisensituation reagieren Unternehmen oft sehr langsam, weil sie hoffen, dass es schon nicht so schlimm kommen AXEL WALLRABENSTEIN 9 ROBUST — 01/2015 Markt „WER DIE ZUKUNFT MEISTERN WILL, MUSS DIE VERGANGENHEIT VERSTEHEN.“ INTERVIEW. Thomas Seifert, stellvertretender Chefredakteur und Leiter der Außenpolitik bei der Wiener Zeitung, über sein neuestes Buch „Die Pazifische Epoche“ sowie die Gründe, warum es höchste Zeit für eine westliche Renaissance ist. ZUR PERSON THOMAS SEIFERT Der Journalist und Buchautor Thomas Seifert ist ein profunder Kenner der asiatischen Politik und fernöstlichen Märkte. H err Seifert, Ihr Buch handelt von einer globalen Transitionsphase, welche überraschenderweise nichts mit den Entwicklungen im Nahen Osten zu tun hat. Thomas Seifert: In einer gewissen Weise sind wir in Europa völlig besessen mit dem Thema des Nahen Ostens. Aber wenn das Buch des 21. Jahrhunderts mal geschrieben wird, dann wird es ein Kapitel geben, das sich mit dem arabischen Frühling und der Umgestaltung dieser Region befasst – der Aufstieg Asiens dagegen wird das halbe Buch füllen. Wir leben in einer Wendezeit von einer atlantischen zu einer pazifischen Epoche und befinden uns an einer gewissen Abrisskante der Zeit. Die Probleme, die sich für uns Europäer aber auch für die USA daraus ergeben, versuche ich mit diesem Buch zu vermitteln. Wie kommt es zu dieser Verschiebung globaler Macht? Das liegt vor allem an der Dreifach-Krise, wie ich sie nenne. Erstens ist der Welt das Korsett des globalen Steuerungssystems, bestehend aus den Bretton-Woods-Institutionen IWF, Weltbank und WTO sowie den Vereinten Nationen, zu eng geworden. Wir haben eine Weltwirtschaftsordnung, die eine nunmehr 70 Jahre zurückliegende Nachkriegsordnung des zweiten Weltkriegs widerspiegelt und überhaupt nicht mehr zeitgemäß ist. Das Zweite, und das spüren bereits viele Menschen, ist die Krise unseres Wirtschaftssystems. Die Frage ist, inwieweit der moderne Finanzkapitalismus eigentlich dem Realkapital – also echter Produktion und Wertschöpfung – etwas bringt oder das Bankensystem die Realwirtschaft vielmehr destabilisiert. Meine Schlussfolgerung ist, dass diese Krise des westlichen Finanzkapitalismus letztlich auch zu der dritten Krise, nämlich einer Krise der Demokratie führt. Wird sich Europa von den USA 14 „DER PRIMAT DER POLITIK ÜBER DIE WIRTSCHAFT MUSS WIEDER HERGESTELLT WERDEN.“ ASIEN-EXPERTE THOMAS SEIFERT 15 ROBUST — 01/2015 Frage/Antwort WIR BRAUCHEN ZEIT SCHNELL UND INFANTIL Aon fragt: Herr Professor Liessmann, ist Entschleunigung eine Strategie für die Zukunft? Der Philosoph Konrad Paul Liessmann über den Mythos Multitasking und Probleme, die sich nur durch Ruhe und Gelassenheit lösen lassen. R KONRAD PAUL LIESSMANN (geboren 1953 in Villach) ist ein österreichischer Philosoph, Essayist, Literaturkritiker und Kulturpublizist. Er ist Universitätsprofessor für Methoden der Vermittlung von Philosophie und Ethik an der Universität Wien. uhe, Stille, Langsamkeit, gar Stillstand sind keine positiv besetzten Werte in einer Gesellschaft, die sich der Mobilität, der Geschwindigkeit, der Beschleunigung verschrieben hat. Das hat mit der Wettbewerbsorientierung zu tun, mit der Angst, ein anderer könnte schneller sein, mit der Besorgnis, man könnte den Anschluss verlieren, aber auch mit der Hoffnung, dass Geschwindigkeit imstande ist, Probleme zu lösen. Wir wissen nicht, warum wir etwas machen, Hauptsache, es geht schnell. Ein zentrales Motiv für die so große Sehnsucht nach der Beschleunigung ist das Streben nach Effizienz, das sich ja oft auch nicht bewahrheitet. Wenn alle gleichermaßen schneller sein wollen, stecken irgendwann einmal alle im Stau und niemand kommt mehr weiter – höchst ineffizient! Aber es gibt auch andere Motive: Beschleunigung erzeugt einen Taumel, einen Rausch, der uns wie jeder Rausch nicht nur Lustgefühle verschafft, sondern auch erlaubt, alles andere auszublenden. Und vor allem: Wir können dabei immer vor uns weglaufen. Natürlich ist die Dynamik unserer Gesellschaft nicht nur eine Vorwärtsbewegung, sondern auch eine Fluchtbewegung. Man könnte es auch so sagen: Beschleunigung erspart Nachdenken. Es gibt natürliche Grenzen der Beschleunigung: Schneller als das Licht geht es nicht. Und auch der psychischen und physischen Belastbarkeit des Menschen sind Grenzen gesetzt. Burnout ist ja dafür ein gutes Beispiel. Denn den Zusammenhang zwischen Beschleunigung und Überforderung gibt es natürlich, auch wenn Burnout ein bisschen eine Modekrankheit ist, die auch bestätigen soll: Ich hatte so viel zu tun, ich war so wichtig, dass ich nun ausgebrannt bin. Aber immerhin: Ich habe wenigstens einmal gebrannt. Begegnen kann man dem mit einer alten philosophischen Tugend: Gelassenheit. Man muss nicht überall dabei sein, man muss nicht alles gleich erledigen, es ist nicht alles so besonders wichtig, vor allem man selbst nicht, man versäumt in der Regel nichts. Wir müssen wieder lernen, uns auf Wesentliches zu konzentrieren, herausfinden, was wirklich wichtig ist. Ab einer gewissen Geschwindigkeit werden Tätigkeiten auch wieder unproduktiv. Hektik in Unternehmen kostet Unsummen; Mitarbeiter, die glauben, hundert Dinge gleichzeitig erledigen zu können, machen dann gar nichts mehr ordentlich. Multitasking ist ja ein Mythos. „WIR VERSTEHEN NICHT, DASS ES PROBLEME GIBT, DIE SICH EBEN NICHT DURCH HEKTIK, SONDERN EHER DURCH RUHE UND BESONNENHEIT LÖSEN LIESSEN … 18 Auftraggeber: aon Österreich Beauftragt seit: 2015 Auftragsart: komplette Produktion Zusammenarbeit: Die Risk Manager von aon Österreich stellten uns vor die Herausfordung, ein Magazin für ganz unterschiedliche Kundenzielgruppen zu gestalten. Wir fanden einen Zugang über den gemeinsamen Nenner: Alle aon-Kunden benötigen robuste Grundlagen für ihre Entscheidungen. In einem Workshop mit der Geschäftsleitung von aon erarbeiteten wir das Blattkonzept und gingen danach in die grafische Umsetzung. Die Erstpräsentation erfolgte in Form eines blätterbaren Prototypen der ersten Ausgabe. Darauf aufbauend erfolgte der inhaltliche Feinschliff. Das Ergebnis ist ein hochqualitiatives Entscheidermagazin. ROBUST — 01/2015 Unsere Gesellschaft hat viele irrationale Züge. Sicher aber überschätzen wir uns. Wir haben sensationelle Technologien entwickelt, die unser Leben erleichtern könnten, aber niemand spürt etwas davon, alle fühlen sich gehetzter als je zuvor; wir haben es nicht einmal geschafft, die einfachsten Fragen des Zusammenlebens – wie man etwa mit Flüchtlingen umgeht – zu lösen. Wir verstehen nicht, dass es Probleme gibt, die sich eben nicht durch Hektik, sondern eher durch Ruhe und Besonnenheit lösen ließen. Und wir haben vor allem eine alte Tugend verlernt: Geduld und warten können. Was nicht gleich geht, geht gar nicht. Wir verstehen nicht mehr, was für andere Kulturen selbstverständlich war: Das manche Dinge ihre Zeit brauchen und dass man ihnen diese Zeit geben muss. Ja, die beschleunigte Gesellschaft ist eine infantile Gesellschaft. Wer Goethes „Italienische Reise“ liest, muss zur Erkenntnis kommen, dass jemand, der sich in Schritt- und Postkutschengeschwindigkeit bewegte, von diesem Land, seiner Kultur, seinen Menschen viel mehr sah und wahrnahm als jemand, der zehn Mal im Jahr zu einem Event nach Rom oder Venedig jettet. IM TAUMEL Ich habe den Eindruck, dass wir in manchen Bereichen schon einen Stillstand erreicht haben. Wohl reisen Politiker wahnsinnig schnell von einer Klimakonferenz zur anderen, aber alle Kommentatoren stellen fest: Es geht nichts weiter. Wohl mobilisieren wir ganze Bevölkerungsgruppen und schicken sie freiwillig oder unfreiwillig auf eine rasende Wanderschaft, aber überall – so hat man den Eindruck – geschieht das Gleiche. Der Taumel der Beschleunigung hindert uns übrigens auch daran, wirkliche Veränderungen zu erkennen, weil wir den Blick dafür verloren haben. WAS FORTSCHRITT SEIN KÖNNTE Wir reduzieren Fortschritt auf technischen Fortschritt und diesen wieder als Beschleunigungsgewinn – weil sich dieser so leicht quantifizieren und messen lässt: Wieder einmal mehr in weniger … UND WIR HABEN EINE ALTE TUGEND VERLERNT: GEDULD UND WARTEN KÖNNEN. WAS NICHT GLEICH GEHT, GEHT GAR NICHT.“ Zeit erledigt. Aber man könnte Fortschritt auch qualitativ bestimmen, als Zugewinn an Lebensqualität, an Frieden, an Sicherheit, an Freiheit, an Selbstbestimmung, an Kultur. Eine Gesellschaft, die keine Zeit und kein Geld mehr hat, um sich in Muße den Musen widmen zu können, ist für mich keine fortgeschrittene, sondern eine barbarische Gesellschaft – egal, wie schnell sie sich dünkt. Schnelligkeit war übrigens auch das Ideal der Faschisten: der Blitzkrieg. Vielleicht lohnt es sich, einmal wirklich über den Zusammenhang von Beschleunigung und Barbarei nachzudenken. „Speed kills“ formulierte es einmal ein österreichischer Politiker – und er meinte dies positiv. An den Folgen dieser „schnellen“ Politik laborieren wir noch immer. WAS ZEIT BRAUCHT Die Langsamkeit wird ja in regelmäßigen Abständen immer wieder entdeckt, auch im Tourismus sind plötzlich Skitouren und Bergwanderungen wieder gefragt und nicht nur Speed-Sportarten. Ich würde aber generell für eine Wiederentdeckung und Wiedergewinnung der Muße plädieren – die Möglichkeit und Fähigkeit, sich auf etwas einlassen zu können. Eine langsame Internetverbindung oder ein langsamer Computer ärgert auch mich, ein Rettungseinsatz muss schnell gehen können; aber es gibt keinen Grund, jungen Menschen die Möglichkeit zu nehmen, sich mit Literatur zu beschäftigen, weil dafür angeblich die Zeit fehlt. 19 ROBUST — 01/2015 Management DAS UNERWARTETE ZÄHMEN LIEFERKETTEN. Katastrophen, technische Mängel, höhere Gewalt, Krieg – Gründe, warum Lieferketten zusammenbrechen, gibt es unendlich viele. Nicht alle von ihnen sind zu verhindern. Doch optimieren lässt sich das vorhandene Risiko fast immer. Vorausgesetzt, man kennt es. D er 21. Februar 2015 wird für die Logistiker von Mayr-Melnhof zur Stunde der Wahrheit. Am späten Abend dieses Tages stürzt bei Frohnleiten eine Autobahn-Brücke ein. Die Trümmer begraben auch die Gleise der daneben verlaufenden Südbahn. Von einer Sekunde auf die andere ist die Frohnleitner 20 Kartonagenfabrik des Unternehmens von ihrem gesamten Nachschub abgeschnitten. Wie lange Bahn und Straße unpassierbar bleiben, kann im Augenblick der Katastrophe niemand sagen. Noch in der Nacht auf den bevorstehenden Sonntag werden unzählige Telefonate geführt. Was können wir tun, um den größten Schaden abzuwenden, überlegen Logistiker und Geschäftsführung fieberhaft. Es sind jene Momente, in denen Manager gezwungen sind, sich ein paar ganz grundsätzliche Fragen zu stellen: Haben wir je daran gedacht, dass unsere Lieferketten vielleicht doch nicht so sicher sind, wie wir glaubten? Und wenn ja: Wurde an alternative Versorgungswege gedacht? Wissen wir, wie lange wir ohne Nachschub auskommen können, DIE ZUNEHMENDE VERWUNDBARKEIT DER LIEFERKETTEN IST DIE KEHRSEITE DES JUST-IN-TIME-DIKTATS. bevor wir die ersten Kunden verlieren? Die zunehmende Verwundbarkeit der Lieferketten ist eben die Kehrseite der schlanken Produktion und des Just-in-time-Diktats. Denn wer Lagerflächen minimiert, ist schnell und flexibel, doch Lücken in seiner Supply-Chain treffen ihn besonders hart. Zusätzlich verschärft auch noch eine andere Entwicklung das Problem. Hatten Unternehmer früher für viele Teile einen Zweitlieferanten, so arbeiten sie heute oft mit nur einem einzigen zusammen. Dementsprechend dramatisch ist es, wenn dieser ausfällt. gebraucht werden, gibt es oft gar keinen verfügbaren Alternativanbieter. Ganz massiv musste das heuer Apple erfahren: Eine defekte Komponente aus China verzögerte den Marktstart der Apple Watch. Die über Monate gehypte Computeruhr war zu Beginn, anstatt wie angekündigt weltweit, nur in ausgewählten Luxusshops zu haben. Drei Millionen Vorbestellungen hatte Apple, gerade 400.00 konnte das Unternehmen liefern. Ein logistischer Super-GAU. Vor allem, wenn man weiß, wie penibel Apple das Ausrollen eines jeden seiner neuen Produkte plant. Seine IPhones lässt das Unternehmen in riesigen Boeings 777 von China aus direkt anliefern, ohne Zwischenlandungen, damit möglichst wenig schiefgehen kann. Und weil Apple aus Angst SUPER-GAU BEI APPLE Nicht immer ist die Strategie, sich auf einen einzigen Zulieferer zu verlassen, freiwillig. Gerade im High-End-Bereich, in dem ganz spezifische Bauteile ROBUST — 01/2015 ROBUST — 01/2015 vor Betriebsspionage auch eine superstrenge Sicherheitspolitik verfolgt, sind bei jedem Flug stets auch einige private Sky-Marshalls an Bord. NACHHOLBEDARF IN ÖSTERREICH Österreich hat da noch etwas Nachholbedarf. Rund drei Viertel österreichischer Unternehmen verlassen sich Branchenangaben zufolge einfach darauf, dass ihre Lieferkette schon halten wird. Manchmal, weil sie die Unterbrechungsrisiken gar nicht genau kennen, oft aber auch, weil sie meinen, ohnehin nichts dagegen machen zu können. Dabei könnte schon eine gewissenhafte Bestandsaufnahme der bestehenden Gefahren eine ganz wichtige Verbesserung bringen. „Da muss ich zunächst einmal noch gar nichts ändern, keine Lieferketten modifizieren, keine zusätzlichen Versicherungen abschließen. Schon allein dadurch, dass die zuständigen Personen in einem Unternehmen sich die Zeit nehmen, ein paar Krisen-Szenarien strukturiert durchzuspielen und zu analysieren, ändert sich ihr Blick auf mögliche Unterbrechungen der Lieferkette. Im Notfall reagieren sie dann viel schneller und gelassener bzw. können bereits vorab ein geeignetes Business Continuity Management etablieren“, sagt René Forsthuber, Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung, Manager Risk Engineering. ALPTRAUM STATT SOMMERMÄRCHEN Als Deutschland im Sommer 2014 die Fußball-WM gewinnt, wird klar: Dieses Krisen-Szenario hatten die Manager von Adidas im Vorfeld nicht durchgespielt. Denn die plötzlich hochschnellende Nachfrage nach den Trikots der Sieger-Elf erwischt sie absolut kalt. In 21 TreasuryLog © mojolo / Fotolia Zentralisierung Finanzplatz Deutschland: SEPA-Zahlungen in einem Land mit günstigen Transaktionskosten zentralisieren. Kosten senken mit der Payment Factory Viele Unternehmen haben im Zuge der SEPA-Implementierung erste Schritte unternommen, den Zahlungsverkehr zu vereinheitlichen und zu zentralisieren. Was bringt eine weitere Zentralisierung bis hin zum Aufbau einer Payment Factory? Michael Michaelis ist Partner von Schwabe, Ley & Greiner. Die Automatisierung von Prozessen im Zahlungsverkehr zählt zu seinen Beratungsschwerpunkten. ie Payment Factory steht für eine Zentralisierung des Zahlungsverkehrs in einer zentralen Einheit. Diese Einheit erhält die Zahlungsdateien von den angebundenen Tochtergesellschaften und wickelt sie nach spezifischen Regeln über Banken ab. Eine Payment Factory beschränkt sich entweder darauf, im Rahmen von „Transport only“-Zahlungen Transaktionen, die von den Tochtergesellschaften initiiert wurden, ohne Änderung der Routing-Regeln an die Banken weiterzuleiten. Oder sie sammelt alle Zahlungen der Teilnehmer bei sich und überführt sie in das lokale Clearing der Länder des Landes, in dem sich die Zahlungsempfänger befinden. Im ersten Fall befinden sich die Bankkonten im Eigentum der Gesellschaften und es werden lediglich der Freigabeprozess und die Bankkommunikation zentral etabliert. Im zweiten Fall gehören die Bankkonten in der Regel der Payment Factory und die Zahlungen werden „on behalf of subsidiaries” geleistet. Diese „Payments on behalf “ machen es klarerweise erforderlich, die Forderungen und Verbindlichkeiten auf Intercompany-Verrechnungskonten bei den Tochtergesellschaften und bei der Payment Factory zu buchen. D Payment Factory auf SEPA-Fundament SEPA hat, neben der vielen Mühe mit der Implemen- nehmens passen. Doch ist es für nahezu jedes international tätige Unternehmen ein lohnendes Unterfangen, den EUR-Zahlungsverkehr zu zentralisieren. „Payments on behalf “ sind hierbei aber nicht zwingend erforderlich. Sie sind erst unabdingbar, wenn auch der Non-SEPA-Auslands- und Fremdwährungszahlungsverkehr eine gewichtige Rolle spielt und Kosten verursacht, die die Einrichtung einer solchen Zahlungsabwicklung rechtfertigen. Der Gewinn an Transparenz und Kontrolle durch einen einheitlichen Zahlungsfreigabe- und Bankkommunikationsprozess ist ebenfalls ein wichtiger Treiber bei der Zentralisierung (siehe auch den Artikel „Zahlen will gelernt sein“, Seite 4). Business Case? Wenn Sie wissen wollen, ob sich für Ihr Unternehmen die Implementierung einer Payment Factory auszahlt, wenden Sie sich gern an uns: Für eine genaue Berechnung des Business Case ist eine Erhebung der Ist-Daten über Zahlungsvolumina und Kosten im Zahlungsverkehr bei den Gesellschaften erforderlich. SLG hat bei zahlreichen Kunden diese Daten erhoben, kennt die Konditionen, die über eine Bankausschreibung zu erzielen sind, und kann Sie sowohl bei der Konzeption Ihrer zukünftigen Lösung für den Zahlungsverkehr als auch bei der Umsetzung des Vorhabens wirkungsvoll unterstützen. Welches Unternehmen braucht eine Payment Factory? Zentralisierung ist kein Selbstzweck. Wie weit sie gehen soll, muss zum Geschäftsmodell des Unter- tierung der neuen Formate, auch einen großen Vorteil mit sich gebracht: Im SEPA-Raum wurde eine hervorragende Grundlage für die Zentralisierung der EURZahlungen geschaffen. Das enorme Preisgefälle, das in Europa auch bei den SEPA-Zahlungen immer noch vorherrscht, eröffnet für die meisten Unternehmen die Chance für einen „Quick Win“. SEPA-Zahlungen können problemlos in einem Land mit günstigen Transaktionskosten, wie Deutschland oder Österreich, zentralisiert werden. Es ist sinnvoll, eine solche Maßnahme mit einer Bankausschreibung zu kombinieren: Auf diese Weise lassen sich leicht mehrere Cent pro SEPA-Zahlung einsparen. Für die Zentralisierung bieten sich zwei Varianten an: Entweder es gibt ein zentrales SEPA-Konto im Eigentum der Payment Factory, über das alle SEPA-Zahlungen abgewickelt werden, oder jede Gesellschaft erhält ihr eigenes EUR-Konto in dem ausgewählten Land mit günstigen Transaktionskosten. Die Liquidität auf den Bankkonten wird in diesem Fall über einen Cash Pool konzentriert. [email protected] Der Weg zur Payment Factory Hoch • Zentrale EUR-Konten • „Non resident accounts“ in den Ländern der anderen Währungen Vollständig zentralisierter Zahlungsverkehr Grad der Zentralisierung Der Autor: lungen umzuwandeln. Die Kreditinstitute bieten Inlandszahlungen wesentlich günstiger an als grenzüberschreitende Zahlungen außerhalb des SEPARaums. Die Auslandszahlungen werden in der Payment Factory gebündelt, in ein Inlandszahlungsformat konvertiert und anschließend in das lokale Clearing überführt. Diese Konvertierungsaufgabe kann entfallen, wenn bei den Gesellschaften vorab ein einheitliches Zahlungsformat (z. B. CGI) implementiert wurde. Bei Fremdwährungszahlungen können die Kosten für die Währungskonvertierung ebenfalls gesenkt werden. Nämlich wenn die Payment Factory die Zahlungen für zahlreiche Währungen bündelt und eine ausreichend kritische Masse erreicht, um zentrale Bankkonten in diesen Währungen zu führen. Auf diesen Bankkonten können dann bewusst Währungsbestände vorgehalten werden. Angeschlossene Gesellschaften nutzen die Eingänge in diesen Währungen, um Zahlungen auszuführen, sodass keine Bank mehr zum Konvertieren der einzelnen Zahlungen eingeschaltet werden muss. Neben der Reduzierung solcher Transaktionskosten senkt eine Payment Factory generell die Kosten, die im Zahlungsverkehrsprozess anfallen, da sie dort für Automatisierung sorgt. Darüber hinaus ermöglicht sie eine maximale Transparenz und Kontrolle der Zahlungen. Ausländer zu Inländern machen Aber auch bei Non-SEPA-Auslands- und Fremdwährungszahlungen kann die Payment Factory sparen helfen: Um Transaktionskosten zu senken, besteht die Möglichkeit, Auslandszahlungen in Inlandszah- „Payments on behalf“ 3. Zentrale Konten für den SEPAZahlungsverkehr • Zentrale EUR-Konten der Gesellschaft o. der Payment Factory • Anbindung durch einen Cash Pool o. „Payments on behalf“ Zahlungsfreigabe und Bankkommunikation zentralisiert • Steuerung und Freigabe der Zahlungen über eine zentrale Stelle • Einheitlicher Freigabeprozess • Einheitliches Electronic-Banking-System „EUR Payment Hub“ „Transport only“ Zahlungen 1. • Lokale Abwicklung des Zahlungsverkehrs • Meldung des Bedarfs für zentrale Cash-Pool-Disposition • Einsatz diverser Electronic-Banking-Systeme Vollständig lokale Abwicklung des Zahlungsverkehrs Dezentraler Zahlungsverkehr Niedrig TreasuryLog 1/2015 8 2. www.slg.co.at 9 Benchmarking auch die Empfehlungen der „G30“ ein, einer privaten Non-Profit-Organisation für internationale wirtschaftliche und finanzielle Themen, besetzt mit renommierten Fachleuten. Darüber hinaus werden die Best Practices nun auch noch in Minimum- und Optimum-Kriterien unterteilt, um dem individuellen Gestaltungsspielraum im Treasury-Management Rechnung tragen zu können (s. Abb. 2). Die Minimum-Kriterien stellen Mindestanforderungen dar, um ein „solides Treasury-Fundament“ zu ermöglichen. Diese Kriterien werden in TreasuryRevisionen als unabdingbar klassifiziert. Beispiele: Das 4-Augen-Prinzip bei kritischen TreasuryProzessen wird eingehalten. Es gibt aktuelle Richtlinien mit Zielen, Grundsätzen und Aufgabenverteilungen. Die wichtigsten Finanzierungsvereinbarungen liegen der Treasury-Abteilung vollständig vor. Die Optimum-Kriterien gehen über die reine Notwendigkeit hinaus und beschreiben optimale Vorgehensweisen im Treasury-Management. Beispiele: Einsatz von Cash-Pools zur Optimierung des internen Liquiditätsausgleichs Kontrahierungspflicht der Tochtergesellschaften mit dem zentralen Treasury Systemunterstützte Konditionendatenbank für den Gesamtkonzern. Auf dem Prüfstand: Best Practices im Treasury 14 renommierte Unternehmen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nahmen am diesjährigen „SLG Treasury Summit“ teil und unterzogen sich einem Vergleich. Die Teilnehmer verfügen bereits über gut entwickelte Treasury-Funktionen. um 21. Mal führte Schwabe, Ley & Greiner das Benchmarking-Projekt „SLG Treasury Summit“ durch. Hierbei analysiert SLG gemeinsam mit den Teilnehmern das gesamte Treasury mit Blick auf Methoden, Strukturen und Prozesse. Mit Hilfe eines umfangreichen Fragebogens und eines eintägigen Interviews erhob SLG alle benötigten Daten. Ab August 2014 wurden alle relevanten Themenblöcke (siehe Abb. 1) vom SLG-Treasury-Summit-Team untersucht und ausgewertet. Z ■ Basisinformationen 4% 3% ■ Ausrichtung und Organisation 13% 15% 4% 5% Hanna Böhm ist Senior Beraterin bei Schwabe, Ley & Greiner. Sie betreute und moderierte den Treasury Summit 2014. 17% 38% ■ Regelwerk ■ Systeme ■ Cash-Management und Bankenpolitik ■ Risiko-Management ■ Corporate Finance ■ Berichtswesen ■ Prozesse Abb. 2 Nach Best Practices detailliert untersucht 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100% I 100% 100% 100% H K L M N 50% 50% 100% 100% G 100% F 100% E 100% 100% M I N I M U M 100% O P T I M U M 100% Den meisten Best Practices sind „Minimum- und Optimum-Kriterien“ hinterlegt. Sie ermöglichen, auf einen Blick zu erkennen, ob ein Unternehmen die fundamentalen Voraussetzungen im Treasury erfüllt – oder darüber hinaus auch noch „Fleißaufgaben“. 100% Abb. 1 Die Themen beim Treasury Summit Das Summit-Team von Schwabe, Ley & Greiner stellt rund 600 Fragen an jeden Teilnehmer. Sie decken alle relevanten Themenblöcke im Treasury ab. durch die intensive Nutzung des Kapitalmarkts als Finanzierungsquelle aus. Daher verwundert es nicht, dass 11 von 14 Teilnehmern mehr als 80 % des Konzernfinanzierungsvolumens auf Gruppenebene aufnehmen und mit Hilfe von Intercompany-Darlehen an Tochtergesellschaften weitergeben. 10 Konzerne verrechnen dabei Risikoaufschläge, die sich beispielsweise nach Bonitätsklasse der Gesellschaft oder des Landes unterscheiden. Des Weiteren wies die Teilnehmergruppe eine den Anforderungen angemessene Systemunterstützung im Treasury auf. Allerdings erfolgen Risikoberechnungen und der Umgang mit Limiten häufig nicht in einem Treasury-Management-System (TMS), sondern mithilfe von Tabellenkalkulationsprogrammen. Das ist teils auf den geringeren Stellenwert bzw. die Relevanz des Themas in den Firmen zurückzuführen; teils liegt es aber auch daran, dass die TMS-Hersteller aus Sicht der Firmen kein ausreichendes Kosten-/Nutzenverhältnis anbieten, wenn es um die Implementierung von Excel-basierten Lösungen oder Berichten in ein (bestehendes) TMS geht. 100% Georg Ehrhart ist Partner bei Schwabe, Ley & Greiner und u. a. für den SLG Treasury Summit verantwortlich. Treasury-Summit-Workshop: Die Benchmarking-Ergebnisse werden vorgestellt und diskutiert. A 100% Die Autoren: Ergebnisse im Jahr 2014 Das Treasury-Management ist mittlerweile als zentrale Funktion im Konzern etabliert, so auch bei den diesjährigen Treasury-Summit-Teilnehmern. Die Verteilung von Treasury-Aufgaben zwischen Konzern und Tochtergesellschaften variiert jedoch, oft aufgrund von geringer Personalstärke in der Treasury-Abteilung. Aus diesem Grund und aufgrund der exportstarken, internationalen Ausrichtung der meisten teilnehmenden Unternehmen haben zudem 9 der 14 Teilnehmer neben der Treasury-Abteilung im Konzern noch geografisch ausgelagerte TreasuryMitarbeiter. Diese zusätzlichen Ressourcen sind der Leitung Treasury fachlich unterstellt, oftmals jedoch nicht disziplinarisch. Die diesjährige Gruppe zeichnete sich insbesondere B C D J Gemeinsamer Workshop Höhepunkt des Projekts war der zweitägige Ergebnis-Workshop im November in Berlin, an dem pro Unternehmen zwei Vertreter sowie das SLG-Summit-Team teilnahmen. Die Benchmark-Ergebnisse wurden von SLG in anonymisierter Form vorgetragen – jedem Unternehmen wurde ein BuchstabenCode zugeteilt –, sodass nur der Rückschluss auf das eigene Unternehmen möglich war. Mehrere Unternehmensvertreter referierten auch über individuelle, hervorhebenswerte Treasury-Lö- Überarbeitetes Konzept Zum diesjährigen Treasury Summit wurde die Darstellungsform der „SLG Best Practices“ überarbeitet. Fokussiert wird traditionell auf den Erfüllungsgrad von insgesamt 46 Treasury-Best-Practices. Diese Best Practices sind die Essenz aus mehr als 25 Jahren SLG-Beratungspraxis und schließen unter anderem Treasury Summit 2014: Teilnehmer Alpiq AG 50Hertz Transmission GmbH Egger Holzwerkstoffe Gruppe EWE Aktiengesellschaft Fraport AG Freudenberg & Co. KG Georg Fischer AG Grammer AG Jungheinrich Aktiengesellschaft KTM Motorrad AG Novomatic AG Südzucker AG Tyrolit Schleifmittelwerke Swarovski K.G. Wilh. Werhahn KG Der „SLG Treasury Summit“ ist ein strukturiertes und anonymisiertes Benchmarking-Projekt, durchgeführt von Schwabe, Ley & Greiner. Dabei vergleichen Unternehmen ihre Treasury-Funktionen sowohl mit denen von Unternehmen ähnlicher Größe und Struktur als auch mit Best Practices. Seit 1997 haben über 170 Unternehmen teilgenommen; sie bilden die Basis für die Kenntnis der Industriestandards. Die Summit-Runde 2015 ist derzeit in Vorbereitung: www.slg.co.at/Treasury-Summit sungen, wie z. B. die Ausgestaltung der KonzernPayment-Factory, Cash-Pooling-Strukturen in China oder Berechtigungskonzepte im Treasury-Management-System unter Berücksichtigung der Funktionstrennung in kleineren Treasury-Einheiten. Angeregt durch die Projektergebnisse und Teilnehmer-Referate, führten die Teilnehmer intensive Gespräche im Plenum; so wurden Best Practices hinterfragt und hinsichtlich der Kosten-Nutzen-Relation abgewogen. Die Kaffeepausen wurden zum bilateralen Erfahrungsaustausch genutzt. Die Diskussionen kreisten auch um die aktuelle Risikobereitschaft und Konditionspolitik von Banken sowie Erfahrungen mit Wirtschaftsprüfern rund um EMIR. Individuelle Handlungsempfehlungen für Teilnehmer Der Treasury Summit findet für die teilnehmenden Unternehmen allerdings erst Wochen nach dem Workshop einen Abschluss: Für jeden Teilnehmer werden individuelle Handlungsempfehlungen abgeleitet, ausgehend vom Erfüllungsgrad der Best Practices und den dahinter liegenden Minimumund Optimum-Kriterien. Diese Handlungsempfehlungen, zusammen mit den anderen erarbeiteten Unterlagen, dienen den Teilnehmern dazu, den Status quo ihrer aktuellen Treasury-Landschaft strukturiert darzustellen, etwaige Optimierungspotenziale zu identifizieren und eine solide Entscheidungsbasis für die Weiterentwicklung der Treasury-Funktion zu erarbeiten. TreasuryLog 1/2015 14 www.slg.co.at 15 Cash-Management Cash-Management-Experten unter sich. © SLG (8) Gastgeber Jochen Schwabe mit Referenten. Blick in die Zukunft Zwischen dem Alltag des Zahlungsverkehrs und Technologien, die unsere Zukunft verändern werden: „The Future of Cash Management“ in Frankfurt. er Zahlungsverkehr und der Geldfluss sind die Basis des Treasury“, resümierte Thomas Woelk, Head of Corporate Treasury von Wacker Neuson, in seinem Vortrag. Auch wenn es nicht die alleinige Beschäftigung eines Treasurers ist – will man die Treasury-Funktionen zentralisieren und professionell managen, beginnt dies beim Cash-Management. Zur dritten Veranstaltung von „The Future of Cash Management“, die Schwabe, Ley & Greiner im vergangenen November in Frankfurt ausrichtete, kamen wieder über hundert Experten aus Unternehmen, um sich mit Anbietern von Finanzdienstleistungen und IT-Systemen auszutauschen. Das Programm bot eine Reihe von Vorträgen, die überwiegend von Praktikern bestritten wurden – wie eben jener über „Zentralisierung im Treasury“, den Thomas Woelk auf dem Podium von BNP hielt. Woelk hat in wenigen Jahren den D Eckehart Stolz, Traxpay. Larls Thomson, Zukunftsforscher. Telge Krantz, Reederei Offen. TreasuryLog 1/2015 18 Auftraggeber: Schwabe, Ley & Greiner Beauftragt seit: 2011 Auftragsart: Beratung, laufende Produktion, Anzeigenvertrieb Zusammenarbeit: Schwabe, Ley & Greiner lässt fünf Mal jährlich TreasuryLog beim Industriemagazin Verlag produzieren. Dabei übernehmen wir nicht nur die grafische Aufbereitung der Inhalte, wickeln die gesamte Produktion ab und sorgen für die Verteilung in der Zielgruppe, sondern übernehmen auch das Anzeigenmarketing dieses hochwertigen Produkts. Zahlungsverkehr des Münchner Baumaschinenherstellers zentralisiert und Transparenz geschaffen, mit vier Kernbanken und um zwei Drittel weniger Konten. Ein striktes Regelwerk sorgt dafür, dass „ohne Zustimmung des Corporate Treasury kein Konto eröffnet“ wird. Lokale Electronic-Banking-Systeme wurden durch ein Treasury-Management-System abgelöst, das XML-Format im beinahe weltweiten Zahlungsverkehr eingeführt. Umzusetzen seien solche Änderungen nur, wenn man mit seinen „Sparringpartnern“ in den Tochtergesellschaften auch mal am selben Tisch arbeite und unentwegt Aufklärungsarbeit über den Nutzen der Maßnahmen leiste, so Woelk. Zwei regionale Schwerpunkte setzten die Deutsche Bank zu China (s. S. 20) und HSBC zu Indien (S. 22 ff.). Die spezifischen Anforderungen im Cash-Management einer Reederei erläuterte Telge Krantz, Lei- Transparenz auf Wolke sieben Die führenden TMS-Anbieter beobachten, wie die Treasurer im deutschsprachigen Raum systemseitig aufrüsten: Sie zentralisieren den Zahlungsverkehr, sorgen für Transparenz bei konzernweiten Zahlungsströmen und bringen sich gegenüber regulatorischen Auflagen in Stellung. Gleichzeitig verlagern sie ihre IT-Infrastruktur in die Cloud. elche Entwicklungen und Anforderungen prägen den Markt für Treasury-Management-Systeme? TreasuryLog hat an acht namhafte TMS-Anbieter drei Fragen gestellt: Was sind aus Ihrer Sicht die drei wichtigsten Trends am Markt? Wie sehen Sie die Nachfrage nach Cloud-Lösungen? Welche ist die bedeutendste Neuerung, die Sie derzeit oder demnächst einführen? Michael Juen ist Executive Director of Sales & Consulting der BELLIN GmbH. Der „Trend“ zu Regulierungen und Audits erhöht den Zentralisierungsdruck und das Streben nach Prozessintegration in Bereichen wie Payments und Trade Finance. Von immer globaler aufgestellten Unternehmen rührt der Wunsch nach standardisierten Systemen, die jederzeit und an jedem Ort verfügbar sind. Ein weiterer Trend ergibt sich aus dem geänderten Anwenderverhalten: Social Media werden die Kollaboration im Treasury beeinflussen. Viele Unternehmen entscheiden sich, Applikationen in Form von SaaS (Software as a Service) zu nutzen, um IT-Kosten zu sparen. Aus Sicherheitsgründen ist ihnen das Hosting mit dedizierten Servern wichtig. BELLIN bietet mit dem Single-Tenant-Betrieb das Höchstmaß an Sicherheit. Die webbasierten BELLINSysteme erleichtern den Workflow in allen Einheiten eines Unternehmens und führen von sich aus zu starker Nachfrage nach Cloud-Lösungen. Mit dem BELLIN SWIFT-Service haben wir 2014 über 40 Kunden in die nächste Generation der Bankenkommunikation geführt und die SWIFT-Anbindung auch für KMU lukrativ gemacht. Darüber hinaus bieten wir mit TaaS® (Treasury as a Service) einen einzigartigen Service für unsere Kunden, die verschiedenste Treasury-Themen an BELLIN auslagern möchten, um sich somit wertvolle Freiräume zu schaffen. BELLIN am Finanzsymposium: Ebene 2, Stand 62 Christopher Lapp ist Geschäftsführer der COPS Deutschland GmbH. Derzeit beobachten wir folgende drei wesentlichen Entwicklungen am Markt: Reporting: Auswertungen und einfache Darstellungen vor allem in grafischer Form Prozessoptimierung: Der Markt verlangt immer mehr, dass Prozesse schlanker, schneller und automatisierter ablaufen Accounting: Erfüllung der nationalen und internationalen Standards Die Nachfrage nach Cloud-Lösungen findet aus unserer Sicht nur vereinzelt in verschiedenen, kleinen Bereichen statt. Eine Gesamtlösung wird derzeit vom Markt nicht als Cloud-Lösung verlangt, da die Einbindung in interne Prozesse und deren Optimierung einen wichtigen Aspekt einer guten Treasury-Lösung darstellen und dies nicht durch eine Cloud-Lösung ermöglicht wird. Um den Forderungen vieler Kunden nach einer einheitlichen Lösung gerecht zu werden, bietet COPS seit 2015 die TMS-Lösung „corima.CFS“ für den Corporate Treasury-Bereich an. Die modulare Software, die aufbauend auf neueste Technologie und jahrzehntelange Erfahrung entstanden ist, deckt den gesamten Treasury-Prozess ab: vom Cash Management, über Transaktions- und Risiko-Management bis zur bilanziellen Verbuchung. LÖSUNGEN FÜR DIE FINANZINDUSTRIE SEIT 1979 COPS am Finanzsymposium: Ebene 2, Stand 65 Alle Anbieter auf einem Platz Treffen Sie alle namhaften TMS-Anbieter beim Finanzsymposium vom 10. bis 12. Juni in Mannheim! Mittwoch, 10. Juni, ist „System-Tag“: In 3 Foren und 48 Workshops erfahren Sie, wie Sie Ihre Treasury-Prozesse mithilfe von Systemunterstützung effizienter gestalten können. www.finanzsymposium.com 16 TreasuryLog 2/2015 Kundengespräche an den Ständen. in der Rechner den Großteil unserer E-Mails beantworten, Autos uns selbstständig ans Ziel kutschieren und über unser Smartphone wissen, an welchen Stationen sie uns an was erinnern sollen (Google weiß das natürlich auch). Mobilität, Robotik, künstliche Intelligenz und Energie sind die einander beschleunigenden Triebkräfte – verbunden mit der Frage, welche Werte in dieser neuen Welt gelten werden. Wir von Schwabe, Ley & Greiner gehen die Zukunft hingegen etwas konkreter an: Am 11. November treffen wir uns zum nächsten „Future of Cash Management“. http://www.slg.co.at/FutureofCashManagement Thomas Woelk, Wacker Neuson. Treffpunkt für Anbieter und Cash-Manager. www.slg.co.at TMS-Umfrage W ter Finanzen der Hamburger Reederei Offen. Jedes der Schiffe, das Offen bereedert, ist in einer eigenen Kommanditgesellschaft. Mit der Wirtschaftskrise wurde die Liquiditätslage angespannt, sodass die Banken eine eng getaktete Liquiditätsplanung, erhöhte Transparenz und standardisierte Berichte verlangten. Eine automatisierte Lösung fand Offen in ATAQ von Technosis, dessen Module zudem noch für Electronic Banking und Cash-Management genutzt werden. Die Zukunft im B2B-Zahlungsverkehr beleuchtete Eckehart Stolz, Chief Technology Officer von Traxpay, einem FinTech, das die Inkubatorgesellschaft „main incubator“ der Commerzbank für sich gewinnen konnte. Traxpay vereinfacht Zahlungen zwischen Unternehmen in dem Sinn, dass sie sich nicht mehr um den Medienbruch zwischen ihren eigenen Zahlungsverkehrsprozessen und denen der Bank kümmern müssen. Traxpay fungiert als eine Art Vermittler auf professionellen Handelsnetzwerken zwischen Käufer und Verkäufer, sodass auch hier Preisnachlässe oder Rückabwicklungen ermöglicht werden. Die Vision: Den Zahlungsverkehr in die Prozesse der hoch spezialisierten E-Commerce-Netzwerke und Plattformen einzubetten und so Zahlungsverkehr 24/7 zu realisieren. Leicht visionär gab sich auch der Gastredner: Zukunftsforscher Lars Thomson zählte die Technologien auf, die innerhalb der nächsten zehn Jahre unser Leben prägen und alte Industrien herausfordern, wenn nicht ersetzen werden. Er malte das Bild einer total vernetzten Welt, 19 WERK & TECHNIK WERKSTATT Alle Fotos: Fotolia Lange galt ein Produkt, dann als umweltverträglich, wenn es schadstofffrei, energieeffizient, langlebig und gut zu recyceln war. Darauf, wie es produziert wurde, schaute man weniger. Inzwischen ist die Trendwende da. Werk und Technik stellt die spannendsten Wege zu einer cleanen Produktion vor: von alt, aber gut wie Abwärmenutzung bis abgefahren, aber zukunftsträchtig wie Strom aus Algen. WERKSTATT WERKSTATT 7 D as Offensichtliche vorweg: Die beste Hose ist immer noch die, die passt. Kommen mehrere Modelle in Frage, lohnt sich aber ein Blick auf die Details. Vor allem, wenn die Hose nicht nur zum Wurstsemmel-Holen verwendet wird, sondern so richtig zum Arbeiten. „Werk und Technik“ hat sich daher auf die Suche nach der besten Arbeitshose gemacht. Ein schwieriges Unterfangen. Denn die Vielfalt der Modelle ist oft schon bei einem einzigen Hersteller endlos und erst recht bei mehreren. Wir haben den Testbereich daher etwas eingeengt und gesagt: Wir testen Hosen, die mehrheitlich in der Werkshalle genutzt werden, die aber auch für gelegentliche Tätigkeiten draußen geeignet sind. Und es sollten keine reinen Winterhosen sein. Die Wahl, welches Modell sie konkret einreichen, haben wir den Herstellern überlassen. Das Kandidatenfeld, das sich dabei ergeben hat, reichte von ziemlich leichten Modellen wie der Dickies Industry 1001 bis zu schwereren Kalibern wie etwa der Mycore Force von Gottfried Schmidt. Einige der getesteten Modelle gibt es nur als Kaufhose, andere sowohl zum Kaufen als auch zum Leasen, andere wiederum nur im Leasing. Die Vorteile von Leasing, wie es etwa für die Mycore Force vom Textilspezialisten Mewa angeboten wird, ist, dass sowohl Pflege als auch Verschleißaustausch vom Leasingpartner besorgt werden. ROBUSTE SCHUTZFUNKTION Auch wenn sich die zum Test eingeschickten Modelle in ihren Einzelheiten ziemlich stark unterscheiden, in einem Punkt sind sie gleich: Alle Hersteller setzen beim Stoff auf eine Mischung aus Polyester und Baumwolle und alle nehmen das in diesem Segment übliche Verhältnis von 65 Prozent Polyester und 35 Prozent Baumwolle. Das ergibt strapazierfähige, auch relativ gut trocknende Hosen, die sich gut auf der 18 Haut anfühlen, wobei das Tragegefühl auch vom Finish der Hose mitgeprägt wird: Hosen mit eher glatten Innenseiten, wie etwa die Corline 505 von Reindl oder die Artefix von Konstant, fühlen sich tendenziell kühler an, stärker aufgeraute Modelle wie die Mycore Force etwas wärmer. Ob man eine Hose als eher warm oder eher kalt empfindet, wird außerdem vom Schnitt mitbestimmt. Etwas enger und damit wärmer fällt zum Beispiel die Motion von Engelbert Strauss aus, doch auch in ihr kann die Luft gut zirkulieren. Ebenfalls wichtig für das Wärmeempfinden, mehr noch aber für die Schutzfunktion ist die Dichte der Hose. In diesem Punkt unterscheiden sich die getesteten Modelle ziemlich stark voneinander. Von 245 g/m2 bei der Corline 505 bis zu 315 g/m2 bei der Mycore Force reichen die Werte. Die letztgenannte Hose hat eine Testerin daher nicht zu Unrecht als „den LKW unter den Arbeitshosen“ bezeichnet: robust, unverwüstlich, absolut professionell, aber etwas schwer. Wobei das Gewicht nicht ausschließlich von der Dichte des verwendeten Stoffs abhängt, sondern auch von der Ausstattung. Und diesbezüglich lässt sich die Mycore Force nicht lumpen: Taschen über Taschen, Features ohne Ende. Während Gewicht, Wärmeschutz und Schutz vor Verletzungen kaum ein Vergleichskriterium sind, weil je nach Einsatzgebiet einmal Leichtgewichte und ein anderes Mal richtig schwere Kerle gefragt sind, können bei der Verarbeitung eher vergleichbare Kriterien gefunden werden. Wir haben uns daher als Erstes die klassischen Schwachstellen einer jeden Hose angeschaut: die Nähte. Mit Ausnahme der Salesianer Elite, die für eher leichten Einsatz gedacht ist, sind die Nähte aller getesteten Hosen zweifach ausgeführt. Als die absolute Nähte-Königin entpuppt sich aber die Tools von Pionier Workwear, bei der sie gar dreifach gesteppt sind. Unter die Lupe genommen haben DESIGNT IPP Technische Daten DiCkies 1001 Stoffstärke 260 g/qm engeLbert strauss mOtiOn kOnstant artefiX 245 g/qm 280 g/qm Bundjustierung Elastische Einsätze Flexbund Elastische Einsätze Zahl Reißverschlüsse 1 3 1 Zahl Taschen 6 13 8 Blasebalgtaschen Nein Ja Ja Abgedeckte Knöpfe Ja Nein Nein Reflektoren Ja, einige Ja, viele Ja, viele Knieschutztasche Ja Ja Ja Gesamteindruck Ein leichtes, eher einfaches Modell. Gut für den Einsatz in der heißen Jahreszeit geeignet. Tasche für Kniepolster lässt sich nicht verschließen. Perfektes Design, unzählige Taschen, sehr gute Mischung aus Robustheit und Leichtigkeit, sehr angenehm auf der Haut Klar geschnittene, puristische Hose, die mit einigen spannenden Features aufwartet. Kaum Schwächen, sehr nettes Logo. Bemerkenswert Interessante Reflektorenlösung. Handytasche durch die Beintaschen-Patte gesichert. Spezialschlaufen ermöglichen es, am Gurt eine zusätzliche Werkzeugtasche anzubringen. Die Handytasche ist separat am Bund angebracht. Sehr ergonomische Zollstocktasche. Preis (exkl. MwSt.) € 37,77 € 47,90 € 32,55 wir auch die Reißverschlüsse – für gewöhnlich neben Nähten die zweite Problemzone eines jeden Kleidungsstücks. Im Wissen darum gehen die meisten Hersteller mit Reißverschlüssen löblicherweise sparsam um und nutzen sie entweder nur für den Hosenschlitz (Salesianer Elite, Dickies Industry 1001, Konstant Artefix, Mycore Force) oder allenfalls noch für eine zusätzliche kleine Münztasche (Reindl Corline 505, Pionier Tools). Lediglich Engelbert Strauss verwendet noch einen weiteren, dritten Reißverschluss, um damit auch eine seiner vielen Beintaschen abzuschließen. Modellen vor allem mit Klettverschlüssen gearbeitet, was wohl die beste Lösung ist. Da es allerdings nicht immer einfach ist, einen Klettverschluss, der sich richtig gut festgefressen hat, aufzumachen, gehört unserer Meinung nach zu jeder Klettverschlusstasche auch eine kleine Griffschlaufe, an der man anziehen kann, um die Tasche zu öffnen. Die Motion von Engelbert Strauss, die Corline 505 von Reindl, die Artefix von Konstant, die Mycore Force von Gottfried Schmidt bzw. Mewa und die Pionier Tools gönnen ihren Trägern diesen Luxus, die anderen getesteten Modelle leider nicht. Als eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale von Arbeitshosen untereinander gelten Taschen. Hier setzen die Hersteller ganz offensichtlich auf das Motto: Genug ist nicht genug. Fünf Taschen wie bei der Salesianer Elite bilden die Untergrenze. Den Taschenrekord stellt die Motion von Engelbert Strauss auf, mit nicht weniger als dreizehn Stück. Wenn es darum geht, Taschen zu verschließen, wird bei fast allen Bei einigen Modellen werden für Taschen nicht nur Klettverschlüsse verwendet, sondern teilweise auch Druckknöpfe. Ein etwas heikler Punkt. Denn wie alle harten Teile können Druckknöpfe in unfreundlichen Kontakt mit den gerade bearbeiteten Werkstücken treten und auf diesen unhübsche Abdrücke hinterlassen. „Werk und Technik“ findet daher: Wenn Druckknöpfe, dann nur abgedeckt. Die Designer der Mycore Force, der Pionier Tools und der Dickies Industry 1001 teilen unsere Meinung offenbar, sie decken die verwendeten Druckknöpfe vorbildlich ab. Bei der Konstant Artefix ist das nicht nötig: Sie hat keine Druckknöpfe. Die Salesianer Elite und auch die Modelle von Reindl und Engelbert Strauss lassen ihre Druckknöpfe hingegen unabgedeckt. Fotos: Dickies, Engelbert Strauss, Konstant 6 ABGEDECKTE DRUCKKNÖPFE Dass die Taschen extra aufgesetzt sind, damit die darin aufbewahrten Gegenstände nicht drücken, versteht sich von selbst. Noch besseren Schutz vor Druck durch Rollmeter, WERKZEUG WERKZEUG 19 WERKZEUG Fotos: Suhner, Hilti, Fotolia, Hazet 2,2 Medikamente aus dem 3D-Drucker Kilogramm inklusive Akku-Pack macht den AKC 3 Kehlnahtschleifer von Suhner besonders handlich. Speziell für den Metallbau entwickelt, ist der mobile AKC 3 durch sein Untersetzungsgetriebe äußerst leistungsstark. Dank der Leichtbauweise und des langen Halses aus Aluminium liegt das Gerät besonders gut in der Hand. Unterstützt wird dies zusätzlich durch den extrem niedrigen Winkelkopf. Das macht den Kehlnahtschleifer ideal für die Bearbeitung von engen Kehlnähten. Eine Problemzone, die beispielsweise im Geländer- bzw. Metallbau häufig vorkommt. Y Neues Hammer-Programm Der Hammer ist die Urform des Werkzeugs schlechthin – und noch heute ist er so unverzichtbar wie vor Jahrtausenden. Der Remscheider Hersteller von Qualitätswerkzeugen und Werkstatteinrichtungen Hazet hat sein Hammer-Programm deutlich erweitert. Neue Versionen bestehender Hämmer und neue Ausführungen an Kupfer-, Gummi-, Plastik- oder Kunststoff-Schonhämmern runden das Programm jetzt sinnvoll ab. Fünf der sieben neuen Modelle sind mit einem Stiel aus Hickory-Holz ausgestattet. Hickory-Holz sorgt aufgrund seiner Materialkonsistenz für erhöhte Sicherheit, denn die langfaserige Holzstruktur hält eine bis zu vierfach erhöhte Belastung aus bevor sie bricht, insbesondere im Vergleich zu herkömmlichen Hammerstielen aus Esche. Selbst bei Beschädigung wird der Stiel noch zusammengehalten, anstatt zu bersten. Zudem ist dieses Holz schwingungsdämpfend, sehr biegefest und langlebig. Hammerbruch im Vergleich Intelligent. Die integrierte Hilti Lithium Cordless Power Care (CPC) überwacht jede einzelne Batteriezelle individuell. So ist ein optimaler Schutz vor Überhitzung, Überladung und Tiefentladung gewährleistet. Kabelloses und nahezu staubfreies Hammerbohren mit dem neuen Bohrsystem Für eine saubere Baustelle. Wer beim Bohren in Beton und Mauerwerk auf eine integrierte Staubabsaugung zurückgreift, hat nicht nur eine sauberere Baustelle, sondern schützt durch die Vermeidung von Feinstaub die eigene Gesundheit. Hilti hat deshalb für mittlerweile 95 Prozent seiner Elektrowerkzeuge kompatible Lösungen zur Staubvermeidung entwickelt. 97 Prozent des schädlichen, inhalierbaren Staubes und auch das Säubern der Baustelle entfällt dank der DRS Staubabsaugung. Diese dockt unmittelbar an den Akku des Bohrhammers an, nimmt den Staub am Bohrloch direkt auf und reduziert damit den Staubanfall auf ein Minimum. Lässt sich nicht totkriegen. Der 22-Volt-Akku trägt mit nur 0,78 kg zum geringen Gesamtgewicht von 3,3 kg bei und ist mit der gesamten Hilti-22-VoltAkkugeräte-Plattform kompatibel. Die bewährte Hilti-Cordless-Power-Care-Technologie sorgt für eine lange Lebensdauer des Akkus. Kann beides. Die Leistung der Hilti TE 4-A22 mit DRS büßt nichts an Bohrleistung ein. So bohrt der Bohrhammer im Versuch nahezu gleich viele Bohrlöcher von 80 mm Tiefe in C50 Beton im Bohrbereich von 6 mm (59 Bohrlöcher) und 8 mm (49 Bohrlöcher) wie ohne angedockte Staubabsaugung. WERKZEUG 15 WERKSTATT ZuKunFTssZenAriO 2 eine Fabrik, die von allein leuchtet ZuKunFTssZenAriO 1 Optokeramik für noch mehr Licht Damit LEDs das gewünschte weiße Licht liefern können, muss Licht unterschiedlicher Wellenlänge konvergiert werden. Heute passiert das, indem blaues Licht einer LED mit Hilfe eines Leuchtstoffs in weißes Licht umgewandelt wird. Lange Zeit bestand die große Herausforderung der LED-Technologie darin, dieses weiße Licht in entsprechender Qualität zu erzeugen. Das ist Geschichte. LEDs liefern heute Licht in einer derart guten Qualität, dass es nicht nur in heiklen Produktionsbereichen, sondern sogar in der Medizin eingesetzt werden kann. In Zukunft wird man neben Leuchtstoffen für die Umwandlung des blauen LED-Lichts in weißes Licht zunehmend auf sogenannte Optokeramiken zurückgreifen, hochtransparente Keramiken, die die Fähigkeit besitzen, Licht umzuwandeln. Sie bieten eine Reihe von Vorteilen, etwa bei der Produktion von Hochleistungs-LEDs. Einer ihrer Hauptvorzüge besteht darin, dass sie im Vergleich zu traditionellen Methoden eine höhere Dotierung mit seltenen Erden ermöglichen, was zu mehr Effizienz bei gleichzeitig geringerer Temperaturabhängigkeit führt. Optokeramiken werden daher schon bald die Entwicklung neuartiger, unglaublich starker Lichtquellen ermöglichen. Neue Lichtmodule, spezielle Steuerungen, verbesserte Hardware. Die Beleuchtungssysteme für die Produktion werden immer besser. Werk und Technik wirft daher schon jetzt einen Blick auf die Trends und Herausforderungen der Zukunft. 12 Schlagkraft. Das elektropneumatische Exzenterschlagwerk weist eine Einzelschlagenergie von zwei Joule und eine Schlagfrequenz von 5.200 Schlägen pro Minute auf. Hilti te 4-A22 + te DRS 4-A WERKSTATT Tageslichtmessköpfe, Anwesenheitssensoren in Durchgangszonen, Software, die je nach Produktionsschritt die Beleuchtung auf die optimale Stärke hinauf- oder herabdimmt – solche Systeme sind bei Verwendung von LEDs deutlich einfacher und auch billiger als früher zu haben und können so in der Werkshallenbeleuchtung Effizienzsteigerungen von bis zu vierzig Prozent ergeben. In der Vergangenheit lag der Preisunterschied zwischen dimmbaren und nicht dimmbaren Leuchten im Bereich von dreißig bis fünfzig Prozent, jetzt ist er deutlich niedriger und wird weiter sinken. Das und die Tatsache, dass die Energieverbrauchsrichtwerte für Produktionsstätten europaweit immer strenger werden, wird den heute schon sichtbaren Trend zu einer sich selbst beleuchtenden Fabrik in Zukunft beschleunigen. ZuKunFTssZenAriO 4 ZuKunFTssZenAriO 3 Aus LeD wird OLeD Noch wird die OLED-Technologie vor allem mit Fernsehern in Zusammenhang gebracht, weniger mit der Beleuchtung von Arbeitsräumen oder Werkshallen. Das könnte sich demnächst ändern. OLEDs, organische Leuchtdioden, unterscheiden sich von gängigen LEDs dadurch, dass sie kostengünstiger herzustellen sind, unter anderem weil für ihre Herstellung keine teuren Einkristalle nötig sind. Wird auch noch das Problem der derzeit relativen Kurzlebigkeit von OLEDs gelöst, dann können sie ihren Hauptvorteil auch im Produktionsumfeld ausspielen: ihre unglaubliche Flexibilität, sowohl in der Verbaubarkeit als auch in der Steuerung. Computer- und sensorgesteuert schaffen OLEDs zum Beispiel die Möglichkeit, für ein und denselben Raum unendliche Beleuchtungsvarianten zu entwerfen und zwischen ihnen in Sekundenschnelle zu wechseln. Künstler und Designer sind schon heute von dieser Vielfalt begeistert. Produzierende Unternehmen werden sie möglicherweise demnächst entdecken. recycling seltener erden Ihren Siegeszug verdanken die LEDS auch der Tatsache, dass sie im Gegensatz zu Energiesparlampen ohne Quecksilber auskommen. Allerdings werden zur Erzeugung von LEDs nach dem heutigen Stand der Technik Metalle sogenannter seltener Erden benötigt. Deren abbaubare Vorkommen sind zum Großteil in China angesiedelt. Abgesehen von ökonomischen Zwängen – China verengt den Markt für Seltenerdmetalle sukzessive – sprechen auch Umweltgründe für ein Recycling, da der Abbau von Seltenerdmetallen ökologisch heikel ist. Noch kennt man kein wirklich befriedigendes und vor allem ökonomisch sinnvolles Recyclingverfahren. Doch, so meinen jedenfalls Forscher der TU Hamburg, schon in fünf bis zehn Jahren könnte sich das ändern. Auch weil der Druck steigt: Betrug der Verbrauch an seltenen Erden im Vorjahr rund 130.000 Tonnen, so wird bis 2020 eine Verdoppelung des Bedarfs erwartet. Foto: Fotolia Auftraggeber: Verband betrieblicher Führungskräfte (VbF) Beauftragt seit: 2013 Auftragsart: Relaunch, Redaktion, Produktion, Vertrieb Zusammenarbeit: Seit über 50 Jahren gibt der Verband betrieblicher Führungskräfte sein Magazin „WERK & TECHNIK“ heraus. Es ist ein Produkt, das die Informationsbedürfnisse von Werkmeistern und Produktionsleitern exakt widerspiegelt. Der Industriemagazin Verlag hat das Magazin nach der Übernahme grundlegend relauncht und sowohl Struktur als auch Design modernisiert und damit den Lesegewohnheiten der Zielgruppe angepasst. Außerdem übernimmt der Industriemagazin Verlag das Anzeigenmarketing für das sechs Mal jährlich erscheinende Heft. der Patienten hin produziert werden und soll dadurch eine effizientere Wirkung entfalten. Durch dieses Verfahren können – laut Hersteller bis zu 1.000 Milligramm – eines bestimmten Stoffes in eine Pille gepackt werden. Die Vorteile für die Patienten liegen auf der Hand: Mussten sie vorher mehrere Tabletten schlucken, reicht nun eine einzige. Größere Pillen können dadurch zudem viel kleiner produziert werden. WERKZEUG Es werde LED! 14 COOLes teiL 3D-Druck könnte bald die Produktion und Einnahme von Medikamenten revolutionieren. Die Arzneimittelzulassungsbehörde FDA in den USA hat nun die weltweit erste Pille offiziell zugelassen, die vollständig per 3D-Druck hergestellt wird. Das neue Produkt „Spritam“, das zur Behandlung epilepsiekranker Erwachsener und bei Kindern eingesetzt werden soll, kann sogar maßgeschneidert auf die individuellen Bedürfnisse WERKSTATT 13 VNL MAGAZIN PRAXIS MILOG Irrweg in die Abschottung Reine Schikane, Abzocke und Behinderung der EU-Dienstleistungsfreiheit – so sehen österreichische Logistikdienstleister und Branchenvertreter das neue deutsche Mindestlohngesetz. Von Peter Hoffmann Deutscher Zoll: Die Kosten für osteuropäische LKW werden auf jeden Fall steigen. 14 vnl | Frühjahr 2015 eine Bankgarantie ausstellen“, empfiehlt Braunstein, „und setzen Sie gehörige Vertragsstrafen und Sonderkündigungsrechte bei MiLoG-Verstößen fest.“ Ein bloßer Passus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, der Geschäftspartner werde das MiLoG einhalten, reiche für eine Rechtssicherheit nicht aus. Mindestlöhne in der EU *) Euro 10 8 6 4 2 Polen Spanien 0 Portugal Rechtzeitig für Lösungen sorgen Gut beraten ist jedenfalls, wer nicht abwartet, was da kommen möge, sondern rechtzeitig für Transparenz in seiner Kalkulation sorgt. „Auf jeden Fall muss der Mindestlohn für die deutsche Strecke in den Unterlagen separat ausgewiesen werden“, sagt Braunstein. Im Kontrollfall müssen die Unterlagen vom Arbeitgeber bereitgehalten werden, der Lkw-Fahrer muss sie definitiv nicht im Fahrzeug mitführen. Vorsicht geboten sei auch bei Ladungsbörsen mit unbekannten Frächtern. Wer diese oder Frächter mit geringer Liquidität in Anspruch nimmt, erhöhe sein Risiko deutlich. Hirn einschalten und Risiko minimieren laute die Devise – etwa durch eine vernünftige Plausibilitätsprüfung von Angeboten, eine sorgfältige Subunternehmerauswahl, Einholung von Wirtschaftsauskünften und - wenn möglich – durch entsprechende Versicherungen. „Hier sind gerade Spediteure gefordert, die Transportaufträge routinemäßig weitergeben, ohne ihre Subfrächter gezielt auszusuchen. " Zudem kann mittels Durchgriffshaftungen das Manko kompensiert werden, nie sicher sein zu können, ob ein Subunternehmer die MiloG-Bestimmungen einhält. „Lassen Sie sich ruhig eine Klag- und Schadlosunterhaltung unterschreiben, Sind Spediteure „Auftraggeber“? Gegenstand einer von österreichischen, polnischen und ungarischen Spediteuren vor dem deutschen Bundesgerichtshof angestrengten Verfassungsbeschwerde ist zudem die Frage, ob Spediteure überhaupt als Auftraggeber im Sinne des MiLoG haften. Nein, hält dazu die deutsche Rechtanwältin Sue Ann Becker, Justiziarin des deutschen Bundesverbandes Möbelspedition und Logistik (AMÖ), in einer Ausarbeitung fest: „Übernimmt ein Spediteur einen Auftrag von einem Verlader und beauftragt selbst einen Frachtführer mit der Beförderung des Gutes, erfüllt er lediglich seine Pflichten aus dem Speditionsvertrag gemäß Paragraf 454 Handelsgesetzbuch (HGB).“ Also hafte der Spediteur nicht nach dem Mindestlohngesetz, es sei denn, er befördere im Selbsteintritt. „Momentan schwimmen wir also alle miteinander in einem untragbaren Zustand der Rechtsunsicherheit. Und das ist das schlimmste überhaupt“, ärgert sich auch Christian Spendel, Geschäftsführer der oberösterreichischen Firma Petschl Transporte. Er sieht noch ein weiteres Problem: „Dadurch wird sich die verladende Wirtschaft gegen dringend notwendige Bulgarien Christian Braunstein, Managing Director Quehenberger Logistics Preiserhöhungen wehren. Steigen werden aber laut Expertenberechnungen die Kosten für den osteuropäischen Lkw, und zwar um rund 0,14 Euro pro in Deutschland gefahrenem Kilometer. „Dies entspricht im Durchschnitt 5 bis 7 Prozent Mehrkosten – bei einer durchschnittlichen Gewinnmarge von 1 bis 3 Prozent“, rechnet Braunstein vor. Slowenien „Eine Vermutung, warum der deutsche Zoll jetzt noch nicht exekutiert: Man wartet auf den großen Wurf.“ Behinderung der EU-Dienstleistungsfreiheit Auch die Bundessparte Transport und Verkehr (WKO) übt heftige Kritik: „Im Hinblick auf den Transit- und kurzfristige Ziel- und Quellverkehre ist das MiLoG nichts anderes als eine reine Schikane und bloße Abzocke zur Entlastung der deutschen Staatskasse“, fordert Bundesspartenobmann Alexander Klacska, diese aus dem MiLoG auszunehmen: „Alles andere ist eine absichtliche Behinderung der EU-Dienstleistungsfreiheit zu Lasten ausländischer und grenzüberschreitender Beförderungen.“ Konkret muss der Mindestlohn für alle grenzüberschreitenden Dienstleistungen in Deutschland bezahlt werden und zwar unabhängig von ihrer Dauer. „Betroffen sind also auch kurzfristige Grenzüberschreitungen sowie Be- und Entladezeiten in Deutschland – und zwar über alle Verkehrsträger hinweg“, stellt Braunstein klar. Lediglich Transitfahrten, wie beispielsweise über das „Deutsche Eck“ sind bis zum Abschluss eines am 21. Jänner eingeleiteten Pilotverfahrens der EU-Kommission von der Vollziehung ausgenommen. „Der Mindestlohn muss jedoch trotzdem bezahlt werden“, warnt Braunstein, „auch die dreijährige Aufbewahrungspflicht für Nachweisdokumente bleibt vollinhaltlich aufrecht.“ Ob im Endeffekt überhaupt ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet wird, lasse sich derzeit noch nicht abschätzen. Sammelklagen zur Geltendmachung des gesetzlichen Mindestlohns können übrigens die Arbeitnehmer sämtlicher „Teile einreichen, die am Transport von, durch und nach Deutschland beteiligt sind.“ Die Verjährungsfrist dafür beträgt drei Jahre. „Dadurch steigt das Risiko praktisch ins Unermessliche“, konstatiert Braunstein. Österreich Höchststrafen und Garantiehaftung Das neue, auch für ausländische Arbeitgeber geltende MiLoG enthält nämlich neben drakonischen Strafandrohungen (Höchststrafe: 500.000 Euro bei Leistungen ab 10.000 Euro) vor allem eine Art „Garantiehaftung“, wodurch auch der Auftraggeber eines Transportunternehmens belangt werden kann: „Im Grunde kann es sich die Finanzverwaltung entlang der gesamten Transportkette aussuchen, ob sie Verlader, Spediteure oder Frächter belangen will“, erklärte Christian Braunstein, COO der Quehenberger Logistics GmbH, bei einem Themenforum im Verein Netzwerk Logistik (VNL). Was also liegt näher, als dass der deutsche Zoll nicht den osteuropäischen Subfrächter, sondern jene Unternehmen bestraft, welche die Strafe auch zahlen können. Das wären im Zweifelsfall dann wohl eher die österreichische Auftraggeber, für die es kein Entrinnen aus der Haftungskette gäbe. „Jeder Beamte kann – auch bei Erstfällen – den vollen Strafrahmen ausschöpfen, da es bis heute keinen abgestuften Bußgeldkatalog gibt“, ärgert sich Braunstein. Eigenartig sei auch, dass bis heute kaum ein Fall vollzogen wurde: „Offenbar warten die deutschen Behörden auf einen großen Präzedenzfall, mit dem ein Exempel statuiert werden soll.“ Deutschland I n der heimischen Verkehrswirtschaft gehen wieder einmal die Wogen hoch: Grund dafür ist das seit 1. Jänner geltende deutsche Mindestlohngesetz (MiLoG). Damit alle arbeitenden Menschen ohne staatliche Hilfe leben können, so der fromme Politikerwunsch, Kritiker nennen es eher „Generalverdacht gegen alle Unternehmer.“ Es ist auch nicht die Einführung eines Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde an sich, sondern vielmehr die Begleitumstände, welche den heimischen Transportunternehmern und Spediteuren die Schweißperlen an die Stirn treiben. Hierzulande liegt der kollektivvertragliche Stundensatz für Lkw-Fahrer nämlich um 18 Cent höher als der seit Jänner vorgeschriebene deutsche Mindestsatz (8,50 Euro). Anders sieht das bei unseren östlichen Nachbarn aus: dort geht der Mindestsatz bis auf 1,06 Euro – und da wird die Sache haarig. *) Ausgewählte Staaten; österreichischer Wert lt. Kollektivvertrag 15 vnl | Frühjahr 2015 FORSCHUNG Organisation Resiliente Supply Chains – was hilft wirklich? Moderne Supply Chains sind unternehmensübergreifende Netzwerke, in denen eine einzelne Organisation meist nur ein Rädchen in einem komplexen Getriebe darstellt. Entsprechend vielfältig sind daher Ursachen und Auswirkungen von Störungen. E ine empirische Befragung von 115 Unternehmen durch das Logistikum der FH OÖ beschreibt nicht nur die derzeitige Situation in Österreich, sondern zeigt auch geeignete Strategien bei Eintreten eines Störfalles auf. Störungen in der Supply Chain treffen (fast) jeden Übersetzt man den Begriff Supply Chain im wörtlichen Sinn als Versorgungskette, so trifft man das tatsächliche Begriffsverständnis nur unzureichend. Supply Chains sind vielmehr komplexe Netzwerke mit vielfältigen vor- und nachgelagerten Aktivitäten, in denen zahlreiche Kunden und Lieferanten zur Wertschöpfung beitragen. Eine Konsequenz dieser durchaus erwünschten Arbeitsteilung ist die gegenseitige Abhängigkeit einer Vielzahl von Marktteilnehmern. Dies erschwert natürlich die Bestrebungen von Managern resiliente, d. h. robuste, flexible und nachhaltige Supply Chains aufzubauen, die Störfälle absorbieren können und im Anschluss schnell wieder in einen Normalzustand zurückfinden. Ungeachtet der Relevanz dieses Themas finden, sich in der wissenschaftlichen und praxisnahen Literatur kaum Studien, die diesen Bereich gezielt untersuchen. Aus diesem Grund führte das Logistikum der FH OÖ, das einen seiner Forschungsschwerpunkte zum Thema „resiliente Supply Chains" setzt, eine österreichweite Befragung bei 115 Unternehmen durch, um zu klären wie häufig Störungen auftreten, welche Aus- wirkungen diese haben und welche Maßnahmen zu deren Bewältigung getroffen werden können. Lediglich 25 % der befragten Unternehmen geben an, im Jahr 2014 von keinen Störungen der Supply Chain betroffen gewesen zu sein. Der überwiegende Teil (43 %) hatte ein bis fünf Störfälle zu bewältigen und 32 % gaben an, sogar sechs oder mehr Störungen erlebt zu haben. Interessant ist das Ausmaß, in dem die Unternehmen betroffen waren. Im Schnitt dauerte die Störungsbehebung 4,6 Tage, wobei diese Zahl die tatsächliche Situation nur unzureichend wiedergibt. Der größte Teil der Probleme konnte in ein bis zwei Tagen behoben werden, Extremfälle nahmen allerdings mehrere Wochen und sogar Monate in Anspruch. Die meisten Störungen sind kontrollierbar Ein Drittel (34 %) der Ausfälle geht auf unternehmensinterne Probleme, wie etwa menschliche Fehler, Technologieversagen oder mangelnde Servicequalität zurück. Probleme mit Lieferanten, wie beispielsweise beim Transport oder mangelnder Produktqualität, beanstandet ein weiteres Drittel der Unternehmen. Kundenseitige Probleme erwähnen 22 % der Befragungsteilnehmer, gefolgt von den externen Risiken wie etwa Naturkatastrophen, Kriminalität oder unklare Gesetzgebung (11 %). Lediglich die letzte Gruppe entzieht sich dem direkten Einflussbereich der Unternehmen, wobei hier natürlich auch Maßnahmen im Sinne einer resilienten Supply Chain für den „Ernstfall“ getroffen werden können. Ursachen von Supply-Chain-Störungen Nur jede zehnte Störung in der Supply Chain ist vom Unternehmen nicht beeinflussbar. 34 % 33 % Unternehmensinterne Probleme Am massivsten sind die Auswirkungen auf die Prozesseffizienz. Stückkosten Prozesseffizienz Qualität der Endprodukte Reaktionszeit auf Kundenanfragen Einhaltung der Lieferzeiten Umsatz Deckungsbeitrag Unternehmensimage Kundenzufriedenheit 0… keine negativen Auswirkungen 5… sehr starke negative Auswirkungen 0 1 Die Auswirkungen sind vielfältig Was bedeutet dies nun konkret für Unternehmen? Die stärksten Beeinträchtigungen gibt es bei der Prozesseffizienz, gefolgt von Problemen bei der Einhaltung von Lieferzeiten und mit der Kundenzufriedenheit. Interessanterweise stellen sich die Konsequenzen für Stückkosten und Qualität der Endprodukte als vergleichsweise unproblematisch heraus, was damit zusammenhängt, dass viele Unternehmen die Kosten dafür selbst tragen beziehungsweise Schritte zur Qualitätssicherung ihrer Produkte setzen. Die vier Resilienz-Faktoren Eine eingehende Analyse der bestehenden Probleme ist ein notwendiger erster Schritt im Design resilienter Liefernetzwerke. Wirklich spannend wird es allerdings dann, wenn es darum geht Unternehmen aufzuzeigen, welche Faktoren denn nun entscheidend für eine erfolgreiche Störungsbewältigung sind. Um dies herauszufinden, wurden von den Forschern am Logistikum Steyr zahlreiche Hypothesen getestet, die einen Zusammenhang zwischen innerbetrieblichen Maßnahmen und Störungsbewältigung postulieren.Dabei arbeiteten sie vier wesentliche Faktoren heraus, die im Fall des Falles helfen, die Supply Chain wieder funktionstüchtig zu machen: 2 3 4 5 • Transparente Prozesse • Innovation durch Zusammenarbeit • Langfristige persönliche Beziehungen mit Kunden und Lieferanten • Kompetenzen der Mitarbeiter Transparente Prozesse und Zusammenarbeit zwischen Unternehmen bzw. mit Kunden sind wesentlich für eine positive Umsatzentwicklung. Dies trifft noch stärker auf den Bereich der internen und externen Kommunikation zu. Langfristige persönliche Beziehungen mit Kunden und Lieferanten stellen dabei einen wichtigen Faktor für die effiziente Krisenbewältigung dar. Im Laufe der Untersuchungen kristallisierte sich jedoch ein Erfolgskriterium heraus, das positive Auswirkungen auf nahezu alle in Krisensituationen notwendigen Fähigkeiten besitzt: die Kompetenzen der Mitarbeiter. Dies wurde bereits vielerorts diskutiert und die positive Wirkung wurde auch vermutet – die Studie erbringt nun den wissenschaftlichen Beleg dafür. Egal ob es um die rasche Reaktion bei Notfällen, die schnellere Bewältigung von eingetretenen Störungen oder auch um das proaktive Verhalten zur Reduktion von problematischen Situationen geht: Gut ausgebildete Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource, die einem Unternehmen in volatilen Zeiten zur Verfügung steht. Die Autoren: FH-Prof. Dr. Markus Gerschberger Professor für Supply Chain Management Kontakt: markus.gerschberger@ fh-steyr.at Lieferanten/ Beschaffungslogistik PD Dr. Horst Treiblmaier Informationen zur Studie 22 % 11 % Kunden/ Ausgangslogistik Externe Risiken Dieser Beitrag zeigt nur einzelne Aspekte der Studie auf. Falls Sie Interesse an einer Zusendung eines Executive Summary haben, wenden Sie sich bitte an die Autoren der Studie. Zudem ist das Logistikum daran inte- ressiert, einen noch besseren Überblick über das Thema zu erhalten und führt die Studie weiter. Eine Teilnahme an der Befragung ist unter folgendem Link möglich: http://tinyurl.com/q78enp7 Professor für Supply Chain Management Kontakt: horst.treiblmaier@ fh-steyr.at Studie des Logistikum der FH OÖ; Befragung von 115 Unternehmen. 28 Auftraggeber: Verein Netzwerk Logistik (VNL) Beauftragt seit: 2007, Redesign 2015 Auftragsart: Relaunch, Produktion, inhaltliche Beratung Zusammenarbeit: Wir packen die Inhalte des Verein Netzwerk Logistik in eine ansehnliche optische Struktur. Dabei inszenieren wir Zahlen und Daten als anspruchsvolle Infografik und konfektionieren die nutzwertigen Informationen aus der Welt der Logistik zu einem Magazin, das Lesegenuss bietet. … und deren Auswirkungen vnl | Frühjahr 2015 29 vnl | Frühjahr 2015 VNL Österreichischer Logistik-Tag Müde Märkte munter machen! Am österreichischen Logistik-Tag (24./25. Juni) wird wieder einmal der Beweis erbracht: Logistik ist kein Selbstzweck. Vielmehr orientiert sie sich mit all ihren Werkzeugen, Methoden und Innovationen daran, wie Unternehmen in der aktuellen Wirtschaftslage einen Wettbewerbsvorteil erzielen und sich zukunftstauglich ausrichten können. I nnovative Logistikkonzepte und adäquat gestaltete Supply Chains leisten genau dazu einen maßgeblichen Beitrag. Sie setzen bei verhaltener Konjunktur und in gesättigten Märkten, aber natürlich auch in der Bearbeitung neuer Märkte belebende Akzente. Im Resultat ist eine exzellente Logistik ein klares Differenzierungsmerkmal gegenüber dem Wettbewerb. Sie wirkt als Kundenbindungsinstrument und Umsatztreiber, Gestalter belastbarer Geschäftsbeziehungen und ist wesentlicher Faktor für den Wirtschaftsstandort Österreich. Logistik Future-Lab Beginn mit Logistik-Vision Zu Beginn zeigt der Kanadier Prof. Benoit Montreuil mit seiner Vision des Physical Internets, wie die Waren auf völlig neuen Wegen zum Kunden gelangen und die Vergeudung von Ressourcen nahezu vollständig zu vermeiden ist, indem man die unschlagbar effiziente Logik des Internets auf die physische Welt überträgt. Benötigt werden standardisierte kleinere Containerformate, Open-Source-Software für die umfassende Abbildung der Supply Chains und Transportmittel, die gemeinsam genutzt werden, um Waren weltweit zu bewegen und zu ihrem Bestimmungsort zu bringen. 22. Logistik-Tag in Linz: 50 Aussteller, mehr als 800 Teilnehmer 30 Nach der Keynote gibt es Vertiefungen in folgenden Schwerpunkten: • Der Europäische Weg zur Realisierung des Physical Internets • Wie das Internet der Dinge die Geschäftsmodelle verändert vnl | Frühjahr 2015 Vertiefende Themenschwerpunkte am Österreichischen Logistiktag Dinner-Speaker auf der Abendgala: der renommierte Ökonom Prof. Friedrich Schneider von der Johannes Kepler Universität Linz • Industrie 4.0: innovative Logistikprozesse in der Produktion • Industrie 4.0: innovative Prozesse in Service und Warehouse • Widerstandsfähige Lieferketten • Personalstrategien für morgen • Energiemanagement in der Logistik Logistik und Industrie 4.0: Traumpaar für die Wirtschaft? Wie werden zunehmende Auftragsschwankungen bewältigt, Prozesskosten gesenkt und Produktionsmitarbeiter flexibel eingesetzt? Einfachheit als Prinzip: Prozessverbesserungen mit pfiffigen Logistiklösungen Abendgala Wie können durch Vereinfachungen und Problemlösungen, vor allem ohne große Investitionen in Infrastruktur oder IT dauerhafte Prozessverbesserungen erreicht werden? Gesellschaftlicher Höhepunkt Nach der Dinner-Speech von Prof. Friedrich Schneider (JKU Linz, Thema: Die Überflutung des Euro-Raums mit Geld – kann das gutgehen?) und der Verleihung des Österreichischen Logistik-Preises geht es ans Networking beim Galabuffet und an der Logistik-Bar. Welche Konzepte und Tools ermöglichen es, frühzeitig und flexibel auf sich ändernde Bedarfssituationen zu reagieren und die eigene Lieferperformance zu verbessern? Österreichischer Logistik-Tag Jahrestreffpunkt Hier erleben die Teilnehmer in Vorträgen und Diskussionen, was Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung in den letzten Monaten und Jahren getan haben, um sich laufend zukunftsfit zu machen. Es geht um pragmatische, konkrete Umsetzungen, mit strategischem Weitblick. Keynote-Speaker: • Helmut Wieser (Vorsitzender des Vorstandes AMAG AG) • Johann Soder (Geschäftsführer SEW Eurodrive) • Moshe Rappoport (Executive Technology Briefer, IBM Forschungslabor) Keynote-Speaker Moshe Rappoport spricht über Entwicklungen in Gesellschaft und Technologie und zeigt auf, worauf wir uns im Business künftig gefasst machen müssen. vnl | Frühjahr 2015 Lieferanten im Takt des Marktes: Risiken absenken und die Versorgungssicherheit erhöhen Vom Flaschenhals zum Marktöffner: Wie moderne Drehscheiben den Export ankurbeln Wie erreicht die verladende Wirtschaft wettbewerbsfähig globale Märkte und welche Chancen hat Österreich, zur Hightech-Drehscheibe im Hinterland zu werden? Das Lager als Erfolgsfaktor dynamischer Marktversorgung Welchen Beitrag leistet die Intralogistik zur Kundenbindung und was spricht dafür, in die Automatisierung der Logistik zu investieren? Alle Wege führen zum Kunden: Was die E-Commerce-Logistik leisten muss Wie kaufen Kunden ein und was bedeutet das für Händler und Logistikdienstleister in der Gestaltung neuer Logistikkonzepte? Keynote Speaker Moshe Rappoport: Der visionäre „Executive Technology Briefer“ von IBM zeigt, worauf sich Führungskräfte in Zukunft einstellen sollten. Information kompakt: 22. Österreichischer Logistik-Tag 24. Juni: Logistik Future-Lab (12–17:30 Uhr) 24. Juni: Abendgala mit Verleihung des Österreichischen Logistikpreises 25. Juni: Österreichischer Logistik-Tag Erwartet: 800 Teilnehmer aus Industrie, Handel und Dienstleistung 50 Aussteller in der ausverkauften Fachausstellung Veranstalter: Verein Netzwerk Logistik (VNL) Österreich Programm und Anmeldung: www.vnl.at 31 FESTO BOOKLET 4 WANDLUNGSFÄHIGE PRODUKTION 5 coverstory 6 THESEN zur wandlungsfähigen Produktion der Zukunft Die Digitalisierung der Fertigung stellt große Herausforderungen an Mensch und Technik. Sechs Thesen zu der Fabrik der Zukunft, die sich automatisch an Auftragslage und Losgröße anpassen kann. Von Piotr Dobrowolski Industriemagazin 07-08/2015 8 Industriemagazin 07-08/2015 WANDLUNGSFÄHIGE PRODUKTION 9 coverstory „Die Lösungen von Industrie 4.0 werden künftig zwar sehr wichtig sein, aber in der Praxis nicht allgegenwärtig. Auch in Zukunft wird es die Massenproduktion geben, denn nicht jedes Produkt verlangt nach höchster Flexibilität und Losgröße 1.“ Rainer Ostermann, Country Manager, Festo Österreich eurwesen an der FH Technikum Wien. In einigen Testfabriken funktionieren solche Dinge heute schon. Womit klar wird, das sich die wandelbare Fabrik von der bislang vorherrschenden flexiblen Fertigung zumindest in folgenden wichtigen Punkten unterscheiden wird: Sie wird auf Entwicklungen der Zukunft ausgelegt und autonom lernfähig sein. These 2: Die wandelbare Fabrik wird menschenfreundlich sein. Im Zusammenhang mit Industrie-4.0-Ent- wicklungen ist es das Angstszenario schlechthin: eine Fabrik ohne Menschen. Oder bestenfalls: Die Menschen sind zwar noch da, aber degradiert zu bloßen Befehlsempfängern kalter, seelenloser Roboter. Und selbst nicht ganz so ängstlichen Zeitgenossen erscheint das physische Nebeneinander von Mensch und Roboter, wie es in der wandelbaren Fabrik Standard sein wird, als eine gefährliche Angelegenheit. Bislang hat man Roboter daher ja auch in Käfigen, hinter Gittern arbeiten lassen. Heute arbeiten allerdings zum Beispiel im Volkswagenwerk im deutschen Salzgitter Mensch und Roboter Hand in Hand, ohne Schutzzaun. Hermann Studnitzka, Leiter von Didactic Concepts Festo Österreich, sieht darin auch das Modell der Zukunft: „Mit unserem bionischen Handlingassistenten zeigen wir schon heute, wie ein sicheres Miteinander von Mensch und Maschine ohne Schutzzaun aussehen kann. Ein wichtiges Thema, denn klassische Schutzzäune hemmen die Flexibilität, sie passen also nicht in die Vision von Industrie 4.0. Dennoch muss die Sicherheit des Menschen natürlich oberstes Gebot sein.“ Dass der Mensch die wandelbare Fabrik sicher betreten und bedienen kann, ist aber nur Teil des Konzepts. Durch ihre Wandlungsfähigkeit wird die Fabrik der Zukunft sich nämlich nicht nur im Großen, sondern auch im Kleinen auf abwechselnde Aufträge einstellen können. Und das wiederum wird den dort arbeitenden Menschen zugutekommen. So wird derzeit beim Vorarlberger Lichtspezialisten Zumtobel an einem Projekt gearbeitet, bei dem die Beleuchtung der einzelnen Arbeits- Berufe im Wandel Instandhalter Industrie 4.0 bringt auch für ihre Instandhalter neue Herausforderungen. Was diese bislang können mussten – und was ihnen in Zukunft abverlangt wird. BISHER Zwar verfügt der Instandhalter über ein Gesamtverständnis der Anlage, geht es jedoch technologisch in die Tiefe, muss er einen Spezialisten anfordern, zum Beispiel einen Software-Techniker. Regelmäßige Wartung ist ein zentrales Thema, denn nur sie hilft, Ausfälle zu reduzieren. Kommt es dennoch zu einem unerwarteten Stopp der Maschine, kann der Instandhalter den Fehler oft nur mit Hilfe von außen beheben. KÜNFTIG Mechatronik setzt sich durch – die Maschine arbeitet und funktioniert hochgradig vernetzt. Komponenten überwachen sich selbst und speisen permanent eine Fülle an Daten ins Netz, die auch für die Instandhaltung nutzbar sind. Die Fülle an Daten wird aber auch zur Herausforderung, denn sie ist nur dann ein Vorteil, wenn es auch die dazu passenden Analysetools gibt. Augmented Reality verbindet über das Tablet oder das Smartphone des Instandhalters die reale Anlage mit virtuellen Informationen wie Datenblättern, Videos, Fotos oder SoftwareTools. Industriemagazin 07-08/2015 14 Industriemagazin 07-08/2015 WANDLUNGSFÄHIGE PRODUKTION 15 interview „Künstliche Moral ist manipulierbar“ Franz-Josef Radermacher ist Mathematiker, Informatik-Professor und Zukunftsforscher. Warum von intelligenten, wandlungsfähigen Maschinen Gefahr ausgehen kann und er es für unmöglich hält, dass Roboter jemals Moral verstehen werden, erklärt er im Interview mit Piotr Dobrowolski. IM: Herr Professor, eine Ihrer Hauptaussagen lautet bekanntermaßen: Der technologische Wandel, den wir derzeit erleben, ist von einer grundlegend anderen Qualität als der Wandel früherer Zeiten. Radermacher: Bisher baute der Mensch zwar immer mächtigere Maschinen, diese Maschinen konnten aber nur dann Wertschöpfung erzeugen, wenn der Mensch sie irgendwie koordinierte. Von sich aus konnten sie gar nichts tun. Heute bauen wir immer intelligentere Maschinen und es kann sein, dass wir uns auf den Punkt zubewegen, wo die Maschinen den Wertschöpfungsprozess weitgehend selber beherrschen und es dazu kaum noch eines Menschen bedarf. Das ist das klassische Argument der Technikerskeptiker. Die sagen ja auch: Wie schrecklich, die Maschine macht den Menschen überflüssig. Reihen Sie sich da ein? Radermacher: Nein, so nicht. Was ich sagen will: Bis jetzt konnte der Mensch durch immer mehr an Qualifizierung seine koordinierende Rolle gegenüber der Maschine behaupten. Als Team wurden wir dabei immer leistungsfähiger. Heute übernehmen Maschinen immer mehr hochintelligente Jobs. Jobs, für die man früher promoviert sein musste. Die Maschine ersetzt den Menschen zwar nicht im Dienstleistungssektor, was auch daran liegt, dass dort derart niedrige Löhne gezahlt werden, dass sich das meist – noch – nicht auszahlt. Aber dort, wo man Analytics braucht, wo man juristische Verträge entwirft, wo Finanzprodukte gehandelt werden, ist es immer öfter die Maschine, die diese hochqualifizierten Jobs übernimmt. Ist das problematisch? Radermacher: Nein. Dass muss per se noch kein Problem sein. Wenn wir den Mehrwert, der durch solche Prozesse entsteht, abschöpfen können, dann hätten wir am Ende eine sehr angenehme Welt, in der wir weniger arbeiten müssten und mehr Zeit für andere Dinge hätten. Es steht ja schließlich nirgends geschrieben, dass der ausschließliche Lebensinhalt des Menschen aus Arbeit bestehen muss. Das Problem dürfte aber dann die Wohlstandsverteilung werden, oder? Radermacher: So, wie unsere Gesellschaft Zur Person „Heute übernehmen Maschinen immer mehr hochintelligente Jobs. Jobs, für die man früher promoviert sein musste.“ Franz-Josef Radermacher, 65, ist Professor für Informatik an der Universität Ulm und Leiter des Forschungsinstituts für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung. Bekannt geworden ist der ausgewiesene IT-Experte durch sein Eintreten für eine weltweite ökosoziale Marktwirtschaft und durch sein Engagement in der Global Marshall Plan Initiative, die sich seit 2003 für eine gerechtere Globalisierung, für eine „Welt in Balance“ einsetzt. Industriemagazin 07-08/2015 Auftraggeber: Festo Gesellschaft mbH Beauftragt seit: 2014/2015 Auftragsart: Konzeption, Redaktion, Produktion Zusammenarbeit: Das weltweit in der Automatisierungstechnik führende Unternehmen setzt selbst Themen in der Industrie, die wir redaktionell umsetzen. In diesem Fall haben wir gemeinsam mit der Kommunikationsabteilung sechs Thesen zur wandlungsfähigen Produktion entwickelt. Unsere Redaktion zeigt, wie sich Industrie 4.0 auf alle Unternehmensbereiche auswirkt. Mit im Booklet, das dem Industriemagazin beigelegt wurde: ein Interview mit Franz-Josef Radermacher, interessante Infografiken und ein sehr persönlicher Fragebogen für den Festo-Geschäftsführer. 18 Industriemagazin 07-08/2015 WANDLUNGSFÄHIGE PRODUKTION 19 studie Vermessung der Welt Eine Studie des Meinungsforschungsinstituts Gallup zeigt: Das Thema „Industrie 4.0“ ist (endlich!) bei vielen österreichischen Führungskräften angekommen. Trotzdem ist der Informationsbedarf noch immer sehr hoch. 7 Erkenntnisse zum Wissensstand der Dinge. 1. Industrie 4.0 ist … 2. … nur halb bekannt. 49 % der befragten Führungskräfte geben an, mit den Möglichkeiten der Informatisierung der Fertigung Kosten senken zu wollen. Rund die Hälfte der österreichischen Manager gibt an, dass ihnen der Begriff Industrie 4.0 etwas sagt. Genau genommen sind es 47 Prozent. Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass bei einer (knappen) Mehrheit der Manager der volle Umfang der Informatisierung der Fertigungstechnik noch nicht angekommen ist. … ein Hype? 21 Prozent der österreichischen Führungskräfte, die angeben zu wissen, worum es bei Industrie 4.0 geht, halten das Thema für zumindest teilweise aus Gründen der Publicity übertrieben dargestellt. … nicht unbedingt ein Trend, dem man Rechnung tragen muss. Nur 38 Prozent der Befragten geben an, dass die Informatisierung der Fertigungstechnik derzeit eine Entwicklung darstellt, der sie selbst folgen müssen. … noch immer nicht fassbar. Selbst Manager, die mit den Begriffen „vernetzte Produktion“ und „Informatisierung der Fertigung“ etwas anfangen können, fühlen sich unterinformiert: Rund ein Viertel von ihnen geben an, dass sie mehr Informationen brauchen, um sich auf das Thema einlassen zu können. Industriemagazin 07-08/2015 3. Chance für Wandel Dass sie ihre Produktion mithilfe von Industrie 4.0 weiter flexibilisieren, ohne dafür unverhältnismäßig großen Aufwand treiben zu müssen, halten Österreichs Führungskräfte für einen der wichtigsten Vorteile der vernetzten Produktion. Mehr als ein Viertel der Befragten verbindet mit dem Begriff „Industrie 4.0“ jedenfalls die Chance auf Flexibilität in der Produktion und Wandel im Unternehmen. Industriemagazin 07-08/2015
© Copyright 2024 ExpyDoc