tene Wahrzeichen von Paris.

Foto: Corbis (1)
Seit der Weltausstellung 1889
ist der Eiffelturm das unangefochtene Wahrzeichen von Paris.
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PARIS
DER MYTHOS WIRKT WIEDER
DIE SCHÖNE SEINE-METROPOLE SONNT SICH NICHT NUR IM ALTEN GLANZ, SIE
STELLT SICH AUCH DER ZUKUNFT – OHNE IHRE EINZIGARTIGKEIT ZU VERLIEREN.
GESCHÄFTSREISENDE ENTDECKEN NEBEN SPEKTAKULÄREN NEUBAUTEN MEHR
LEBENSQUALITÄT UND MENSCHLICHKEIT. DER MYTHOS DER KREATIVEN INSPIRATION ENTFALTET IN DER AKTUELLEN AUFBRUCHSTIMMUNG FRISCHE KRAFT.
Text: Heidi Wiese
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Der neue Besuchermagnet im Überfluss der Sehenswürdigkeiten von Paris ist ein Arrangement
von silbrigen »Glaswolken« im üppigen Grün
des Bois de Boulogne, des weitläufigen Parks im
Westen der Stadt. So luftig-leicht erdachte Frank
Gehry, bekannt für seine dekonstruktivistischen Museen wie das Guggenheim Bilbao, seinen Bau für die
»Fondation Louis Vuitton«. Unter den »Wolken« birgt
das neue Museum Bernard Arnaults Sammlung von
Kunst des 20. Jahrhunderts – ein gelungenes Treffen
von Kunst und Kommerz vor einem sehr pariserischen
Hintergrund: Der Stifter, der reichste Mann Frankreichs, hat sein Geld wesentlich mit Luxusgütern verdient, unter anderem mit dem Branchenführer LVHM,
zu dem neben dem Nobel-Lederwarenhersteller Vuitton auch Champagnerproduzenten gehören, und mit
der Marke Christian Dior.
Auf spektakulärer Architektur, Kunst und Kapitalismus, Haute Couture und Luxusgütern basiert auch der
Mythos von Paris, das schöne, kreative, etwas frivole
und innovative Vorbild der gesamten westlichen Welt
zu sein. Als »Laboratorium der Moderne« profilierte sich die Stadt mit früher Straßenbeleuchtung, den
ersten Kinos, dem zukunftsweisenden Handel und der
radikalen Neugestaltung ganzer Stadtviertel. Es waren
Pariser Kaufleute, die vor fast zwei Jahrhunderten die
Einkaufspassagen zur besseren Präsentation von Mode
und Luxusgütern ersannen. Einige von diesen kunstvoll
ausgeschmückten Konsumtempeln unter Glasdächern
sind noch im Umfeld der Börse zu bewundern. Es folgten die noch weitaus verlockenderen großen Kaufhäuser wie die Galeries Lafayette unter ihrer prächtigen
Buntglaskuppel.
Betrachtet man Paris von oben, etwa von der Aussichtsterrasse vor Sacré-Cœur aus, scheint sich die
Stadt in den vergangenen hundert Jahren kaum verändert zu haben. Ihre überschaubare ovale Form entspricht noch heute weitgehend den Befestigungsanlagen aus den 1860er-Jahren, entsprechend gilt sie auch
mit ihren mehr als zwei Millionen Einwohnern als dichtbesiedelste Stadt der Welt. Immer noch werden die
gern besungenen bleigrauen Dächer von Paris nur von
den Türmen der Kirchen und des Tour Eiffel überragt,
denn die Stadtplaner haben das moderne Geschäfts-
STERNENHIMMEL
In Paris gibt es 92 Restaurants mit Michelin-Sternen.
Das sind mehr als in anderen
Feinschmeckerhochburgen
wie London, New York,
Kopenhagen oder San Sebastián. Nicht berücksichtigt
sind bei diesem Ranking die
Pariser Patisserien,
deren Kreationen über jeden
Zweifel erhaben sind.
viertel La Défense konzentriert vor der Stadt im Westen
errichten lassen – aber auf der »historischen Achse«,
die schnurgerade zum Louvre führt. Als »Eingangstor«
zu Europas größter Bürostadt beeindruckt der 110 Meter hohe Quadratbogen des »Grande Arche«, eine Idee
des Ex-Staatspräsidenten François Mitterand, der nach
dem Motto »Man kann keine große Politik ohne große
Architektur machen« auch zahlreiche weitere »Grands
Projets« initiierte.
DIE STADTPLANER HABEN DAS
MODERNE GESCHÄFTSVIERTEL
LA DÉFENSE KONZENTRIERT
VOR DER STADT IM WESTEN ERRICHTEN LASSEN.
Bereits in den 1950er-Jahren konzipierten die Stadtplaner »La Défense« als Geschäftsviertel, in dem Verkehr
und Parkplätze unter einer zentralen Promenade versteckt sind. Auch integrierten sie genug Wohnungen,
Geschäfte und Gastronomie, um das steinerne Universum mit Alltagsleben zu füllen. In den Bürotürmen sind
zahlreiche große französische Unternehmen, etwa das
Mineralölunternehmen Total und der Baustoff-Industriekonzern Saint Gobain, wie auch global agierende
Konzerne, etwa das amerikanische IT-Unternehmen
IBM vertreten. Noch dominiert hier der »Tour First«,
Frankreichs höchstes Gebäude mit dem britischen
Wirtschaftsberatungskonzern EY. Doch »Le Phare«, der
Leuchtturm, soll es einmal mit fast 300 Metern Höhe
und einer organischen Blütenform überstrahlen. Daneben wirkt das alte muschelförmige CNIT geradezu winzig. Es ist nur eines von vielen Kongresszentren, denn
das schöne Paris ist als Austragungsort von Tagungen
und Messen fast so beliebt wie der Marktführer Wien.
Trotz aller Erweiterungen von La Défense arbeiten
noch weit mehr Pariser im traditionellen Geschäftsviertel, das sich am rechten Seine-Ufer zwischen dem
imposanten Halbrund des Museumskomplexes Trocadéro und dem Louvre erstreckt. Hier finden Geschäftsleute alles konzentriert und meist in schönen
alten Bauten: die säulenumrundete Euronext-Börse,
die großen Banken, Traditionsfirmen, die alten Waren-
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Foto: Corbis (1)
Am Place Saint-Michel im
Quartier Latin genießen nicht
nur die Pariser das Leben.
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Fotos: Corbis (2)
Seit dem Attentat von Paris ist die
Pressefreiheit mehr denn je zu einem
unverzichtbaren Gut geworden.
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RADFAHREN WIRD IMMER SELBSTVERSTÄNDLICHER –
DANK GUTER RADWEGE UND DEM LEIHSYSTEM VÉLIB
Radfahren in Paris? Bien sûr – auf eine Gesamtlänge von 700 Kilometern sollen es die
Radwege in der Seine-Metropole bringen. Das Vélo ist eine Alternative geworden.
Außerdem soll das Netz in den kommenden Jahren für rund 100 Mio. Euro weiter ausgebaut werden. Teilweise sind die Radstraßen zweispurig und baulich von denen der
Autofahrer getrennt. Mitverantwortlich für den Erfolg ist das Leihradsystem Vélib (das
Kunstwort steht für Vélo und Liberté, also Fahrrad und Freiheit). Rund 1.700 Stationen
sind über die Stadt verstreut. Künftig soll es auch ein System von E-Bikes geben.
häuser, die Haute Couture, Spitzenrestaurants und
Delikatessenläden wie auch das Palais de l’Elysée, der
Wohnsitz des Präsidenten. Bedeutende Arbeitgeber in
der Stadt sind ebenfalls große internationale Institutionen wie die UNESCO. Zu ihrem Weltkulturerbe gehört
neben dem Seine-Ufer auch die französische Küche.
Die OECD residiert im Château de la Muette am Bois
de Boulogne. Und die Handelskammer ICC hat kürzlich
ein neues Hauptquartier am Trocadéro bezogen.
Als Mehrwert zum Big Business steht Paris auch in
dem Ruf, eine ewig sprudelnde Quelle der Inspiration
und der Lebensfreude zu sein. Die US-amerikanische
Schriftstellerin Djuna Barnes schrieb: »Kein Mensch
untersteht sich, eine feste Ansicht von Leben, Liebe
oder Literatur zu hegen, ehe er in Paris gewesen ist«.
Die aktuelle Pariser Literatur-Szene changiert zwischen
dem 2014-Literatur-Nobelpreisträger Patrick Modiano,
der sich der »Kunst des Erinnerns« widmet, und dem
Skandalautor Michel Houllebecq, der sich satirisch eine
vom Islam geprägte Zukunft ausmalt.
Der Mythos von einem Paris als Vorbild der ganzen
Welt ist verblasst. Doch allmählich kommen die Neuerungen zur Geltung, mit denen die alte Lichterstadt
schon lange versucht, den Herausforderungen des
21. Jahrhunderts zu entsprechen und trotzdem einzigartig zu bleiben. Ins Auge fallen zuerst einige demonstrativ moderne Bauten mitten zwischen den so edlen
Grauvarianten der alten Fassaden.
Angefangen hat dieser Wandel mit dem als »Raffinerie« geschmähten Kulturzentrum »Centre Pompidou«,
es folgten die »antiken« gläsernen Pyramiden über dem
Eingangsbereich des Louvre. Zu neuen Sehenswürdigkeiten, aber auch zu Zeichen einer neuen Weltoffenheit wurden später das »Centre du Monde Arabe« zur
Vermittlung der arabischen Kultur mit seiner Fassade
aus beweglichen Lamellen und das »Musée du Quai
Branly« für außereuropäische Kunst mit seinen senkrechten Gärten.
Der angenehmste Aspekt des »neuen« Paris ist die
spürbar veränderte Stimmung: Die Stadt ist menschenfreundlicher, entspannter und umweltfreundlicher geworden. Am deutlichsten visualisiert sich dieser Wandel am Seine-Ufer: Wo einst Schnellstraßen den Zugang versperrten, laden jetzt attraktiv hergerichtete
Promenaden zu Spiel, Spaß und Sport ein. Das Projekt »Les Berges de la Seine« bietet zwischen Musée
d’Orsay und Pont de l’Alma Sportparcours und Ruhezonen an. Zu Füßen des Rathauses vergnügen sich im
Sommer die Daheimgebliebenen am »Paris-Plage«,
einem aufgeschütteten Strand, wo außer Baden fast
alle Ferienfreuden möglich sind. Am Gare d’Austerlitz
laden »Les Docks« nach einem anstrengenden Arbeitstag zum Chillen mit Flussblick ein.
DIE STADT IST MENSCHENFREUNDLICHER, ENTSPANNTER
UND UMWELTFREUNDLICHER
GEWORDEN.
Aktuell sehr angesagt ist auch »Urbangolf« in den
Straßen der Stadt, interessant gerade für Geschäftsleute, die zwischen Terminen Sport mit Pariser Flair
verbinden möchten. Im Übrigen scheinen sich auch die
lange so unnahbar scheinenden Pariser selbst erneuert zu haben: Inzwischen spricht fast jeder Ausländern
gegenüber bereitwillig Englisch und bietet Hilfe an.
Eigentlich ist Paris nämlich seit Ewigkeiten eine
multikulturelle Stadt, in der chinesische Kramläden,
vietnamesische Imbisse, arabische Cafés und Rastalocken-Friseure von den Antillen zum Straßenbild
gehören. Wenn jetzt beeindruckende 1,5 Millionen
Menschen mit »Je suis Charlie«-Schildern und Riesenstiften auf der Place de la République für die Werte
demonstriert haben, für die Frankreich spätestens
seit dem Spötter Voltaire berühmt ist, dann zeigt das
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EIN MEISTERWERK – DIE NEUE PHILHARMONIE
PERFEKTER KLANG FÜR DIE STADT DER KÜNSTE
Die Werte der Hauptstadt Paris wiederzubeleben, darum ging es auch beim Bau eines
neuen Konzerthauses, das bewusst im ärmeren Nordosten der Stadt errichtet wurde. Im
Januar dieses Jahres wurde der futuristische Bau des Architekten Jean Nouvel eröffnet.
Es ist ein Gesamtkunstwerk der Architektur und der akustischen Möglichkeiten. Um
das perfekte Musikerlebnis zu schaffen, lassen sich etwa der Nachhall und der Klangcharakter durch variable Akustiksegel regulieren. Außerdem soll die Klangqualität auf
jedem der 2.400 Plätze der »Grande Salle« gleich gut sein.
200 km
auch ihren Zusammenhalt gegenüber äußerer Bedrohung. Die meisten Migranten kamen einst aus Frankreichs ehemaligen Kolonien, aus dem Maghreb, aus
Schwarzafrika und Indochina. Seit Generationen leben
sie innerhalb von Paris in Communitys, die farbenfroh
und eigenwillig ihre Ursprungsländer spiegeln. Das
Leben in Paris wird aber für Normalverdiener immer
unerschwinglicher; die Mieten sind etwa viermal höher als in Berlin. Wer in die Metropolregion ausweicht,
braucht Stunden für den Weg zur Arbeit, denn noch
hinkt der Nahverkehr dem Bedarf weit hinterher. Mit
dem Mega-Projekt »Grand Paris« ist eine umfassende
Strukturreform für den zentralistischen Ballungsraum
mit mehr als 20 Millionen Einwohnern angelaufen.
Der internationale Flughafen Roissy – Charles de
Gaulle im Norden ist mit mehr als 62 Millionen Passagieren im Jahr zwar nach London-Heathrow der
zweitgrößte Europas, aber ein Shuttle zu den anderen
drei Airports in Paris, etwa zu Inlandsflügen ab Orly
im Südwesten, bleibt noch ein Abenteuer. Derweilen
hat sich Le Bourget im Nordosten zu Europas größtem Flughafen für Geschäftsflugverkehr entwickelt
– schließlich kommen alljährlich etwa zehn Millionen
Geschäftsreisende nach Paris.
Paris ist eine der bedeutendsten Handelsmetropolen in Europa geblieben – mit Deutschland als wichtigstem Partner. Etwa ein Viertel aller französischen
Produktionsbetriebe, viele davon für Konsumgüter,
arbeiten im künftigen »Grand Paris«, zusammen mit
den anderen Unternehmen erwirtschaften sie ein
Drittel des Bruttoinlandproduktes. Die Landwirtschaft
als bedeutendste Wirtschaftsgrundlage der Region
spiegelt sich im internationalen Großmarkt Rungis bei
Orly, weltweit der bedeutendste seiner Art.
Unter den Luxusgütern trägt die Mode immer
noch einen guten Teil zum Image von Paris bei, wird
doch der Glamour der Haute Couture weltweit bewundert. Der erlauchte Kreis der 15 Modehäuser wie Dior
GUT VERNETZT
Ab 2016 wird mit dem Bau des
»Grand Parisien Express«
begonnen. Die »Super-Metro«
wird die Vorstädte, das Geschäftszentrum La Défense und
den Flughafen Charles de Gaulle
besser miteinander verbinden.
Für die neuen 72 Stationen
und zusätzlichen 200 Kilometer
Strecke sollen 27 Milliarden
Euro investiert werden.
und Chanel nahm gerade feierlich Alexandre Vauthier
auf, dessen schrille Kreationen auch von Lady Gaga
geschätzt werden. Normalverbraucher shoppen lieber
im Szeneviertel Marais, wo in den lauschigen Sträßchen zwischen alten Adelspalästen, dem jüdischen
Viertel und gemütlichen Restaurants zahlreiche originelle Boutiquen echt Pariser Chic zu erschwinglichen
Preisen anbieten.
LE BOURGET IM NORDOSTEN
VON PARIS HAT SICH INZWISCHEN ZU EUROPAS GRÖSSTEM
FLUGHAFEN FÜR GESCHÄFTSFLUGVERKEHR ENTWICKELT.
Ebenso populär wie das Shoppen bleibt die Kunst­
szene in der Stadt, die Anfang des 20. Jahrhunderts
am Montmartre und am Montparnasse weltbewegende Stilbrüche wie den Kubismus hervorgebracht hat.
Etwa 160 Museen und 200 Galerien wetteifern um die
Gunst der Betrachter. Dabei gehört auch die verstärkte
Förderung der zeitgenössischen Kunst zum kommunalen Modernisierungsplan, etwa im Art-Déco-Palais de
Tokyo nahe des Trocadéro, der im »Brut«-Chic entkernt
wurde. Die junge Kreativszene fühlt sich momentan im
Multikultiviertel Belleville wohl, wo die Gentrifizierung noch kaum Fuß gefasst hat. Zu den etabliertesten
Galeristen hier gehört Bugada & Cargnel, die auch den
Pariser Multimedia-Künstler Cyprien Gaillard vertreten, der inzwischen in Berlin lebt und arbeitet.
Mit ihren neuen Sehenswürdigkeiten, einem entspannteren Lebensstil und der gerade bewiesenen
Solidarität angesichts einer Bedrohung ihrer Werte
haben die Pariser offensichtlich neue Kraft gewonnen,
um zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Schließlich
lautet seit altersher ihr Wappenspruch: »Fluctuat nec
mergitur«, es schwankt, aber es geht nicht unter.
Fotos: Philharmonie de Paris (1) | Corbis (1)
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Das moderne Geschäftsviertel
La Défense strebt am Ende der historischen Achse gen Himmel.
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