Juli 2015 | Nr. 66 Fünf Gemeindeportraits Wieso die Kirche lebendiger ist als ihr Ruf ... und was der Kirchenkreis dazu beiträgt. Seite 6 Jetzt sind wir klüger! Fotos vom Kirchentag. Seite 16 ...mit weitem Horizont Evangelisch in Stuttgart 2 |3 Juli 2015 | Nr. 66 Christoph Schweizer Der Kirchenkreis von A bis (fast) Z Liebe Leserin, lieber Leser, der Evangelische Kirchentag hat unsere Stadt verwandelt. Wir haben gefeiert, haben in toller Atmosphäre über die Fragen der Zeit und die Hoffnung unseres Glaubens gesprochen, haben der Stadt gezeigt, wie das ist, wenn über 100.000 Christinnen und Christen miteinander feiern. Wir haben als evangelische Kirche ein gutes Bild abgegeben. Jetzt sind wir wieder im Alltag als Kirche angekommen. Wir teilen wundervolle Momente, in Gottesdienst, Feier und Konzert. Wir trösten uns gegenseitig und tun uns gut. Und wir machen es manchmal einander schwer, diskutieren lange, ringen in unseren Gremien um gute Entscheidungen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Von beidem erzählt dieses Heft. Sie lernen fünf Gemeinden in Stuttgart kennen, und wie sie den Herausforderungen der Zeit begegnen. In Blitzlichtern und Artikeln erzählen wir, wie Gemeinden und Einrichtungen vom Kirchenkreis profitieren. Wie immer lesen Sie im IN Aktuelles aus dem Kirchenkreis, und (das musste sein!): Sie finden eine Doppelseite mit Fotos vom Kirchentag. Im Namen des Redaktionsteams wünsche ich eine anregende Lektüre. Und freue mich über Lob, Tadel, Leserzuschriften an [email protected]. Herzlich, Ihr Christoph Schweizer Medienpfarrer Evangelische Kirche Stuttgart I rgendwie hat man es ja geahnt. Aber erst wenn man es auf einen Blick sieht, ahnt man die Dimension des vielfältigen Engagements im Kirchenkreis. Asylpfarramt. Das Asylpfarramt des Kirchenkreises berät Asylsuchende und vernetzt im „AK Asyl“ die Flüchtlings-Freundeskreise in der Stadt. Diakonat. Die Diakoninnen und Diakone des Kirchenkreises leisten wertvolle Vernetzungsarbeit in den Stadtbezirken, veranstalten „Urlaub ohne Koffer“, organisieren Kinderkleidermärkte und vieles mehr. Und sie bilden das hauptamtliche Rückgrat der => Vesperkirche. Diakoniestation. Die vom Kirchenkreis getragene Diakoniestation Stuttgart ist der größte Anbieter ambulanter Pflege in der Stadt. Sie sorgt mit 200 Mitarbeitenden für knapp 2.000 Klienten. Daneben gibt es in Trägerschaft von Kirchengemeinden die Diakoniestationen Möhringen und Zuffenhausen. Grüne Damen und Herren. Die Grünen Damen und Herren der Evangelischen Krankenhaushilfe engagieren sich in 13 Krankenhäusern und Pflegeheimen in Stuttgart. Hospitalhof und Bildungswerk. Das Bildungszentrum Hospitalhof bietet für jährlich rund 40.000 Besucherinnen und Besucher in Vorträgen und Seminaren ein breites Spektrum an Informationen, Diskussionen und Weiterbildungsmöglichkeiten an. Der Hospitalhof wird von der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart getragen. Das Evangelische Bildungswerk, das sein Büro im Hospitalhof hat, unterstützt die Gemeinden im Kirchenkreis in ihrer Bildungsarbeit. Hospiz. Die evangelische Kirche hat einst die Hospizidee in die Landeshauptstadt getragen. Das Angebot des vom Kirchenkreis getragenen Hospiz Stuttgart ist vielfältig: ambulantes und stationäres Erwachsenenhospiz, ambulantes und stationäres (im Aufbau) Kinderhospiz, Sitzwache, TrauerSommerfest im Hospiz Stuttgart gruppen, Akademie. Das künftige stationäre Kinderhospiz ist das erste in Baden-Württemberg. Peter Reif - Diakon und MAV-Vorsitzender über die „Mobile Jugendarbeit“ ist die evangelische Kirche auch im Streetwork aktiv. Kindergärten. 121 Kindergärten, 5.500 Plätze, 850 Mitarbeitende – die evangelische Kirche ist der größte freie Kitaträger in Stuttgart. Kirchenmusik. Chorknaben, Kinder- und Jugendchöre, Bands, Kirchen-, Gospel- und Posaunenchöre, Orgelvirtuosen und viele mehr – Stuttgarts evangelische Kirchenmusik ist vielfältig. Rund 2.700 Sängerinnen und Sänger machen in den Erwachsenenchören mit, 1.850 in den Kinder- und Jugendchören. Koordiniert wird die Kirchenmusik vom Kirchenkreiskantorat. Krankenhausseelsorge. Menschen im Krankenhaus sind in einer Ausnahmesituation. Die 17 evangelischen Klinikseelsorgerinnen und –seelsorger sind für die Menschen in Stuttgarts Krankenhäusern da. Kreisdiakoniestelle. Die Kreisdiakoniestelle bietet an vier Standorten Sozial-, Lebens- und Schuldnerberatung, Beratung und Angebote für Ältere und Kurberatung für Mütter und Väter. Weitere Beratungsangebote macht, teils in Kooperation mit dem Kirchenkreis, die Evangelische Gesellschaft (eva). Notfallseelsorge. Unfall, Katastrophe, Todesnachricht – in solchen schweren Situationen geben die 45 Notfallseelsorgerinnen und –seelsorger Beistand. Psychologische Beratungsstelle. Ihr niedrigschwelliges Angebot wird jährlich von über 2.300 Menschen aufgesucht. Bevor aufwändige Therapien greifen, ist häufig die Beratungsstelle erste Anlaufstelle in seelischer Not. Schulen. Der evangeli[Foto: cs] Hymnus-Chorknaben. Unser Knabenchor, die Stuttgarter Hymnus-Chorknaben, ist Botschafter der Stuttgarter Chor-Kultur über die Region hinaus. Jugend. Die Evangelische Jugend Stuttgart (ejus) erreicht rund 12.000 Kinder und Jugendliche in 300 Gruppen, Klubs und Aktionen. Möglich machen dies 3.000 Ehrenamtliche und knapp 40 hauptamtlich Mitarbeitende. Und Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart sche Kirchenkreis betreibt über seine Schulstiftung Stuttgart drei Schulen mit innovativen Konzepten: Die Johannes-Brenz-Grundschule mit Hort, GymnaTitelseite der Kirchenkreis-Broschüre sium und Realschule „Das Mörike“ und das Evangelische Heidehofgymnasium. Die Religionspädagogische Arbeitsstelle der Schuldekane bietet im Hospitalhof Unterstützung für alle, die Religions- oder Konfirmandenunterricht geben. Drei Hochschulpfarrer machen Angebote für Studierende. Der Kirchenkreis arbeitet stellvertretend Was haben die Kirchengemeinden vom Kirchenkreis? Der Kirchenkreis übernimmt stellvertretend für die Gemeinden wichtige Arbeitsfelder. Zum Beispiel in der Diakonie: Das Hospiz, die Diakoniestationen, die Kreisdiakoniestelle. Beispiel Kinder- und Jugendkirche: All die Freizeiten, Waldheime, die Kletteranlagen der ejus in Cannstatt und Stuttgart-Mitte, die Jugendkirche – das sind attraktive Angebote, die einzelne Gemeinden so nicht machen könnten und auch nicht machen müssen. Oder die vielfältigen Musikangebote: Kinder- und Jugendchöre, Gospelchöre, klassische Kirchenmusik – im Kirchenkreis gibt es eine großartige Vielfalt. Und wenn man über den Horizont der einzelnen Gemeinde hinausschaut, sieht man auch, was für eine Vielfalt an Gottesdiensten es gibt: Kinder- und Jugendgottesdienste, Themengottesdienste und viele mehr! Vesperkirche. Im Januar wird die Leonhardskirche für sieben Wochen zur Heimat auf Zeit für Menschen vom Rand der Gesellschaft. Rund 800 Ehrenamtliche helfen mit. Die Vesperkirche ist weit mehr als nur warmes Essen: Gemeinschaft, Unterstützung, medizinische Betreuung, Kultur und vieles mehr. Organisiert wird sie vom Diakoniepfarramt des Kirchenkreises. Synode. Die Kirchenkreissynode mit ihren Fachausschüssen - beispielsweise für Diakonie, Kindergärten, Hospiz - ist das Parlament des Kirchenkreises. Sie entscheidet über den Haushaltsplan. Waldheim. Für viele Kinder in Stuttgart ist Ferienbeginn gleich Waldheimbeginn. Jährlich kommen 5.500 Kinder in eines der 18 evangelischen Ferienwaldheime. Sie werden in altersgerechten Gruppen von ehrenamtlichen, meist Jugendlichen, Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern betreut. Tipp: Viele weitere Daten und Fakten finden Sie in der Kirchenkreis-Broschüre. Zu beziehen über das Evangelische Medienpfarramt, Augustenstr. 124, 70197 Stuttgart, E-Mail: [email protected]. cs 4 |5 Daimler trifft Traktor D ine Straße ist eine Straße ist... schon wieder eine enge Gasse. Der Gast aus dem Stuttgarter Kessel kreist suchend auf dem Berg. Zum Glück auch gleichsam aus Versehen am Pfarrhaus vorbei. Gut, dass Pfarrerin Sibylle Duvill das knallrote Stadtmobil bemerkt hat. ie 25 Kinder zwischen drei und fünf Jahren sind viel zu aufgeregt, um stillzuhalten. Müssen sie auch nicht. Zu Beginn der Chorprobe gibt es Dehn- und Atemübungen. Die Kleinen machen sich lang und pflücken imaginäre Kirschen vom Baum, sammeln Beeren vom Boden auf. Sie pusten den Rhythmus eines Kinderliedes, brummen wie ein Bär, imitieren mit den Stimmen einen Raketenstart und haben reichlich Spaß. woche, Weltgebetstag, Gottesdienste im Grünen an der Grabkapelle und und und – die Zusammenarbeit sorgt für Vielfalt im Distrikt und zeigt, wie gut auch das gemeindeübergreifende Miteinander funktioniert. Gute Gemeinschaft will gepflegt werden. Das wird Sibylle Duvill nach einigen Monaten als Pfarrerin zur Dienstaushilfe ab September in fester Pfarranstellung tun. Bald wird somit auch wieder Leben ins Pfarrhaus einziehen. Nicht nur durchs Töchterchen, das schon selbstbewusst-zielstrebig durch die Räume wandert. „Ich möchte gerne die Tradition des offenen Pfarrhauses verstärken“, so die 35-jährige Pfarrerin, „also dezidiert öffnen 450 Mitglieder zählt die und die Gemeinde einRotenberger Gemeinde, laden.“ Der verwundavon sind 115 ehrenamtlischene Garten hinter che Mitarbeitende – das ist dem Haus bietet im mal ein Verhältnis! Und oft Gartenfest der Kirchengemeinde [Foto: Marcus Berner] Sommer eine wunderkommen noch mehr helschöne Kulisse fürs fende Hände aus dem Ort dazu. Von einer „großen Verbundenheit“ kreis und Handarbeitskreis, Gemeinde- Zusammensein. Die hübsche Kirche mit innerhalb der Dorfgemeinschaft spricht nachmittage und Seniorenausflüge: in der dem Zwiebeltürmchen tut das in jeder Groch. „Wer will, findet Anschluss.“ Wer insgesamt übrigens recht jungen Gemeinde Jahreszeit. Sie spiegelt dieses Rotenberger Miteinander wider: Von drei Seiten will, bringt sich ein. Und das tun viele. findet so ziemlich jeder, was er braucht. sind die Bänke gen Altar ausgerichtet. Der Turn- und Gesangsverein (TGV) bringt Und wenn nicht, tut er das in der evangeli- Man schaut sich an, die Pfarrerin steht den Christbaum nach seiner Weihnachts- schen Gesamtkirchengemeinde Untertürk- mittendrin. Ansonsten läuft man sich feier zur Kirche, wo er neu geschmückt heim, die aus der Rotenberger Gemeinde, eben außerhalb der Gottesdienste über und quasi zweitverwertet wird. Die der Gartenstadt- und der geschäftsfüh- den Weg. Findet sich Seite an Seite auf Weingärtner vom Collegium Wirtemberg renden Stadt-Wallmergemeinde besteht. Bierbänken wieder. Oder trifft sich auf unterstützen Feste unkompliziert mit Wer Singen will, kann das zum Beispiel im der Straße und in den Gassen. Stehtischen, Gläsern oder prickelndem Kinderchor der Gartenstadtgemeinde oder Laura Köhlmann Inhalt für Selbige zu einem guten Preis. im Gospelchor, der wiederum in allen drei Eine Gruppe Frauen schmückt sonntags Gemeinden Gottesdienste mitgestaltet. Es die Kirche. Die Liste ließe sich fortsetzen. gibt einen gemeinsamen Gemeindebrief. Das Waldheim wird von einem Team ehDaimler und Traktor, Jung und Alt – das renamtlicher junger Menschen aus den macht die Mischung hier oben aus. „Ge- drei Gemeinden gemanagt. Kinderbibel- GEMEINDEPORTRAIT Vaihingen: in der größten Gemeinde im Kirchenkreis singen schon die Jüngsten E gensätze? Nein. Das alles gehört zur Gesellschaft dazu“, so Groch. „und das funktioniert hier.“ In der anonymen Stadt unten im Kessel holt sich jeder, was er braucht, oft außerhalb der eigenen Gemeinde. Im 750-Seelen-Wengerterort ist das anders. Nicht zuletzt, weil es in der kleinen Kirchengemeinde ein großes Angebot gibt: Krabbelgruppe, Kinderkirche, Jugendraum und „Group 61“ für Jugendliche, Frauen- Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart Große Gemeinde, viel Musik GEMEINDEPORTRAIT Rotenberg – vom Miteinander in Stuttgarts kleinster Kirchengemeinde Zu Fuß geht es die paar Meter hinunter in den Ortskern, wo die kleine denkmalgeschützte Barockkirche steht. Nebenan bauen junge Männer an diesem Montagabend gerade noch ab, was vom Fest am Wochenende zuvor zwischen Kirche und Feuerwehrhaus stehengeblieben war. „Es war Käskipperfest“, erklärt Claudia Groch. Die Vorsitzende des Rotenberger Kirchengemeinderats hat natürlich auch mitgefeiert. Ebenso Pfarrerin Duvill, die einen Gottesdienst vor der Kirchtür gehalten hat. „Orts- und Kirchengemeinde sind traditionell vernetzt, gehen ineinander über“, sagt Duvill, „man kennt sich, und das ist gut so.“ Man hilft sich auch und deshalb funktioniert hier vieles etwas leichter als andernorts. Juli 2015 | Nr. 66 Später in der 45-minütigen Chorprobe singen die „Kleinen Spatzen“ den Kanon von „vielen kleinen Leuten an vielen kleinen Orten“. Angeleitet werden sie von zwei 17- und 18-jährigen Schülerinnen: Nadine Krug, die selbst in den Kinder- und Jugendchören der Kirchengemeinde Vaihingen mitsingt, seit sie drei ist, und Carlotta Cohnen, ebenfalls vom Kindesalter an dabei. Am Klavier unterstützt sie Gemeinde-Kantorin Gabriele Timm-Bohm. Das gibt ihre 50-Prozent-Stelle eigentlich nicht her. Sie macht es ehrenamtlich, die ursprüngliche Klavierbegleitung hat ausnahmsweise Mittagsschule. Im Kindergartenalter wird die Basis gelegt. Insgesamt neun Kinder- und Jugendchorgruppen begleiten die jungen Vaihinger durch ihre Kindheit und Jugend – wenn „Kleine Spatzen“ [Foto: cs] sie wollen. Viele wollen. Rund 220 Kinder singen bei den Spatzen, den Kinderchören fürs Grundschulalter und für die Klassen 5 bis 7, beim Konfi-Chor und bei der Jugendkantorei. Die Kantorei für die Erwachsenen zählt 110 Mitglieder. „Die meisten Jugendlichen sind nach der Schule weg, sie singen dann woanders“, berichtet Timm-Bohm. Aber „etliche Eltern haben wir schon fürs Singen gewonnen. Die merken, wie das Chorsingen ihren Kindern Spaß macht und bekommen Lust, bei uns mitzusingen.“ Insgesamt musizieren 350 Kinder, Jugendliche und Erwachsene in den Vaihinger Chören. Auch der Posaunenchor, den Timm-Bohms Ehemann, der Vaihinger Organist Rainer Bohm leitet, macht rege Nachwuchsarbeit. Die Kirchenmusik ist einer der Schwerpunkte in der Kirchengemeinde Vaihingen. Es gibt viele weitere. Denn in Stuttgarts größter KirchenStadtkirche Vaihingen [Foto: Thomas Rathay] gemeinde (rund 8.200 Gemeindeglieder) sind viele Engagierte anzutreffen, viele In- Konfirmandenarbeit, Kinder- und Juteressierte und dementsprechend viele gendarbeit, Chöre und Waldheim – in Angebote. Zum Beispiel ein breit auf- Vaihingen geht vieles Hand in Hand. gestelltes Jugendwerk mit Jungscharen „Viele kennen sich von jung an und lauund Freizeitangeboten, auch integrativen fen sich immer wieder über den Weg“, Gruppen. Ein großes Waldheim, rund 700 berichtet der geschäftsführende Pfarrer Kinder und Jugendliche verbringen dort Gottfried Askani. „Das gibt ein Zusamim Sommer ihre Waldheimferien. Es gibt mengehörigkeitsgefühl. Und zugleich ist ein differenziertes Gottesdienstangebot, die Gemeinde groß genug, dass jeder sich Erwachsenenbildung, Kindergärten und aussuchen kann, was zu ihm passt.“ viele Feste und Feiern. Dass die Universität Stuttgart einen groVaihingen war früher ein armes Dorf am ßen Standort in Vaihingen hat, macht Rand des Glemswaldes. Bahnhof und In- sich bemerkbar. Hier wohnen Studenten, dustrialisierung brachten im 19. Jahrhun- Professoren und Mitarbeiter aus dem dert Arbeitsplätze und Menschen. Vaihin- akademischen Mittelbau. Wenn die Gegen entwickelte sich zu einer beliebten meinde in der „kirchlichen SommerwoWohnlage für Stuttgarter. Mit dem Ort che“ ein anspruchsvolles Bildungs- und wuchs die Kirchengemeinde. Neue Kirchen Kulturprogramm anbietet, ist die Kirche wurden gebaut, doch Vaihingen blieb eine voll. Auch viele Kulturschaffende leben Gemeinde. Hier gab es bereits einen „funk- in Vaihingen. Weshalb Kantorin Timmtionsgegliederten“ Kirchengemeinderat Bohm scherzhaft sagt: „Wenn man in mit Ausschüssen, als man anderswo noch Vaihingen einen Stein wirft, dann trifft keine Vorstellung davon hatte, was das ist man leicht einen Instrumentenkasten.“ und wie so etwas funktioniert. Und weil in den vergangenen Jahrzehnten weitere Wovon wiederum die musikalische GeWohngebiete entstanden sind, leben in meinde profitiert. Nicht vom Stein. Aber Vaihingen noch heute viele Familien. Was vom Musikinstrument und von vielen sich auch an hohen Konfirmandenzahlen musikbegeisterten Vaihingern. cs zeigt: jährlich über hundert. 6 |7 Juli 2015 | Nr. 66 Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart Der evangelische Kirchenkreis lebt – wenn auch manchmal im Verborgenen... Kirche mit (stadt)weitem Horizont A llen Unkenrufen zum Trotz – die evangelische Kirche in Stuttgart mit ihren 66 Kirchengemeinden, rund 155.000 Mitgliedern und rund 100 Kirchen und Kapellen, in denen regelmäßig Gottesdienste gefeiert werden, ist ein sehr lebendiger und vielseitiger Organismus. Wie Sauerteig durchdringt sie das städtische Leben. Was trägt der Kirchenkreis dazu bei, und warum lohnt es sich, als Kirche einen stadtweiten Horizont einzunehmen? Menschen begegnen der evangelischen Kirche in Gottesdiensten und bei Familienfeiern wie Taufe, Hochzeit und Beerdigung. Sie besuchen Gruppen, Kreise, Seminare – in ihrer eigenen Gemeinde, in der Nachbargemeinde oder an zentralen Begegnungsorten wie dem Hospitalhof. Sie singen im Chor. Sie suchen in einer Notlage die Psychologische Beratungsstelle oder einen der vier Standorte der Kreisdiakoniestelle auf. ambulante Pflege, betreut sterbende Menschen in Sitzwachengruppen und den weiteren Angeboten des Hospiz Stuttgart. Er koordiniert die Notfallseelsorge, sein Diakoniepfarramt bringt hunderte Ehrenamtliche zusammen, die Jahr für Jahr das Wunder vollbringen, dass die Leonhardskirche sich zur Rund 5.500 Stuttgarter Kinder besuchen Vesperkirche verwaneinen evangelischen Kindergarten. Der delt. Das Asylpfarramt Kirchenkreis ist Träger von drei Schulen. Er berät Flüchtlinge und Auch das ist Kirchenkreis: Szene aus der Martins-Kita[Foto: Th. Rathay] sorgt mit den Diakoniestationen für gute koordiniert die Arbeit von zahlreichen len Stuttgarter Krankenhäusern präsent, Freundeskreisen. und die ehrenamtlichen Grünen Damen Die evangelische und Herren der evangelischen KrankenJugend veranstal- haushilfe stehen den Patienten zur Seite. Edith Gramm - Kirchengemeinderätin S-Giebel tet Waldheime und Die Liste ließe sich lange fortsetzen. Nur Freizeiten, Grup- wenigen ist bewusst, an wie vielen Orten Vernetzung und Kooperation pen und Erlebnis- in der Stadt die evangelische Kirche zum angebote, Theater guten Zusammenleben beiträgt. „Das alDer Kirchenkreis macht uns klar: Wir sind nicht nur und Musik, und sie les sind Dinge, welche die einzelnen Geevangelische Kirche im Giebel oder in Weilimdorf, bestärkt Jugend- meinden nicht leisten können“, sagt der sondern in Stuttgart. Durch seine Gremien bietet der liche, ihre Inter- Leiter der Kirchenkreisverwaltung, KirKirchenkreis viele Möglichkeiten zur Vernetzung und essen selbst in die chenpfleger Hermann Beck. Es sei „ihre auch zur Kooperation. Man nimmt Gemeinden wahr, die Hand zu nehmen. Arbeit, die stellvertretend geschieht.“ ähnlich strukturiert sind, kann sich mit ihnen austauDas Jugendpfarrschen. amt organisiert All diese Arbeit muss organisiert sein. jährlich das viel Und ein Großteil dieser Organisation finThema Flüchtlinge: Dass wir da stadtweit vernetzt beachtete Jugend- det auf Ebene des Kirchenkreises statt. sind, das ist ganz was anderes, als wenn jede Gemeinde k irchenfe s ti v al, Dessen Gremien und Verwaltung tun das, alleine sehen müsste, wie sie Flüchtlinge unterstützt. und bei der neuen was gute Gremien und eine gute VerwalOder nehmen Sie die Kindergärten und Waldheime: Wir Gottesdienstrei- tung eben tun: Sie arbeiten meist unaufGemeinden bekommen über die Fachberatung Unterhe „GospelHaus“ fällig im Hintergrund. Sie sind Dienststützung, zum Beispiel in der Religionspädagogik. So musste nachbe- leister, die den Rahmen abstecken und können wir die Arbeitsfelder umfassender und intensistuhlt werden Steine aus dem Weg räumen, damit die ver wahrnehmen. – die 700 Plätze Arbeit am Menschen umso besser läuft. der Friedenskirche Für Stadtdekan Søren Schwesig ist „die Und noch was: Als Kirchenkreis können wir für viele schlanke Verwaltung mit hoher Professireichten nicht aus. Mitarbeitende bessere Berufsbiografien anbieten, können onalität“ einer der Schlüssel zum Erfolg zum Beispiel dafür sorgen, dass Jugendreferenten innerDie Klinikseelsor- des Kirchenkreises. Die Verwaltung sei halb des Kirchenkreises auf eine andere Stelle wechseln. ge ist in fast al- nicht um ihrer selbst willen da, sondern sie arbeite mit dem Ziel, „die Gemeinden darin zu unterstützen, dass sie ihrer Hauptaufgabe nachkommen können: Glauben zu leben und Menschen zu diesem Glauben einzuladen.“ Beispiel Kindergartenfinanzierung. Viele Stuttgarter Kirchengemeinden sahen in den vergangenen Jahren mit Sorge, dass sie trotz öffentlicher Zuschüsse ein immer größeres Defizit tragen mussten. Sie fragten sich ernsthaft, ob sie sich ihren Kindergarten in Zukunft noch leisten können. Die Verantwortlichen des Kirchenkreises stehen deshalb seit Jahren in intensiven Verhandlungen mit der Stadtverwaltung. Sie fordern stellvertretend für die vielen Kirchengemeinden eine faire Finanzierung der kirchlichen Kindergärten. Ein Rechtsgutachten von 2011 bestärkt sie in der Überzeugung: Es ist nicht recht, dass die Stadt den kirchlichen Trägern einen geringeren Zuschuss bezahlt als anderen freien Trägern. Die Ungleichbehandlung ist noch nicht aus dem Weg geräumt, aber in den vergangenen Jahren wurde schon eine Besserstellung erreicht. Inzwischen trägt die Stadt immerhin 85 Prozent der KitaPersonalkosten. Søren Schwesig - Stadtdekan Mit einer Stimme sprechen, die Gemeinden unterstützen Eine der Stärken des Protestantismus ist seine Buntheit, seine unterschiedlichen Frömmigkeitsstile und Positionen. Aber damit ist der Protestantismus für eine Öffentlichkeit, die sich nicht gut mit Kirche auskennt, schwer zu greifen. Deshalb ist es unabdingbar, dass wir mit einer Stimme nach außen sprechen. Das geschieht nicht allein durch mich als Stadtdekan, sondern auch durch die anderen Dekane und Schuldekane für ihre Arbeitsfelder. Der Kirchenkreis stärkt die Gemeinden nicht nur nach außen, sondern auch nach innen. Als stadtweiter Kirchenkreis gelingt es besser, die Herausforderungen der Zeit in Angriff zu nehmen. So verfügen wir über eine schlanke Verwaltung mit hoher Professionalität. Das Ziel ist dabei, die Gemeinden darin zu unterstützen, dass sie ihrer Hauptaufgabe nachkommen können: Glauben zu leben und Menschen zu diesem Glauben einzuladen. Eine wichtige Hausaufgabe bleibt die Kommunikation. Wir müssen besser mit den Kirchengemeinden im Gespräch sein und deutlich machen, was auf Ebene des Kirchenkreises geplant und entschieden wird und wie die Kirchengemeinden davon profitieren. Die Gemeinden machen den Kirchenkreis aus. Der Kirchenkreis will keine Organisation sein, die von oben nach unten durchregiert. Deshalb müssen wir uns kritisch fragen: Wie gut gelingt es uns, die Gemeinden in die Arbeit des Kirchenkreises einzubeziehen? Das ist eine Bringschuld für uns. Für diese Kommunikation gibt es schon verschiedene Kanäle: Interne Medien wie dieses IN und der wöchentliche Newsletter, die Foren in den Dekanatsdistrikten, die in der Kirchenkreissatzung vorgesehen sind. Das ist ein Anfang. Dennoch müssen wir in der Kommunikation unserer Arbeit besser werden. Nicht nur gegenüber der Stadtverwaltung vertritt der Kirchenkreis die evangelischen Gemeinden mit einer Stimme. ode, Martin Dellit, erinnert daran, dass Seine Repräsentanten, allen voran die vier vor der Gründung des Kirchenkreises im Dekane und zwei Schuldekane, vertre- Jahr 2008 vieles mit den vier Dekanaten ten ihn gegenüber vielen weiteren öffentlichen Gruppen: Religionsgemeins chaf ten, Kultur, Wirtschaft, diakonischen und karitativen Anbietern, Medien und der breiten Öffentlichkeit. „Wir haben durch unsere Größe auch eine gewisse Bedeutung für die Stadtgesellschaft“, sagt Kirchenpfleger Hermann Beck. Und der Vorsitzende der Kirchenkreis s ynDie Mitglieder der Kirchenkreis-Synode einzeln besprochen werden musste. „Das war aufwändig und oft nicht gerade hilfreich.“ [Foto: cs] Stadtdekan Søren Schwesig weiß auch, dass Einstimmigkeit nicht gerade als protestantisches Markenzeichen gilt. „Eine der Stärken des P r ot e s t ant i s mu s ist seine Buntheit, seine unterschiedlichen Frömmigkeitsstile und Positionen. Aber damit ist er für eine Öffentlichkeit, die sich nicht gut mit Kirche auskennt, 8 |9 schwer zu greifen.“ Deshalb sei es „unabdingbar, dass wir mit einer Stimme nach außen sprechen.“ Der Kirchenkreis ist also das – oft erfolgreiche – Unternehmen, der vielstimmigen evangelischen Kirche in Stuttgart eine der Fachberatung für die Kitas. Im Kitabereich, sowie bei seiner Diakoniestation sorgt der Kirchenkreis für hervorragende Fortbildungsangebote, er ist ein attraktiver Arbeitgeber und steht für eine hohe Qualität der Arbeit. Karen Wittmershaus - Kirchengemeinderatsvorsitzende aus Feuerbach Bei den Gemeinden kommt wenig an Ich finde es sehr interessant, als Mitglied im Kirchenkreisausschuss mitzukriegen, wie es im Rest des evangelischen Stuttgart aussieht. Leider spielen wir von diesen Wahrnehmungen viel zu wenig in die Gemeinden zurück. Von den Inhalten, die im Kirchenkreis bearbeitet werden, kommt bei uns in Feuerbach wenig an. Wir sind sehr mit unseren eigenen Themen befasst. Vielleicht bietet ja der geplante Kirchenkreistag die Chance, dass die Gemeinden stärker mit dem Kirchenkreis zu tun bekommen. Der Kirchenkreis gibt wichtige Unterstützung für unsere Gemeindearbeit, zum Beispiel die Kindergartenfachberatung. Gut ist es auch, dass wir bei den Verhandlungen mit der Stadt um die Kindergartenfinanzierung mit einer Stimme sprechen. Stimme für die Außenkontakte zu verleihen. Nämlich dort, wo dies nötig ist, weil eine typisch protestantische Vielstimmigkeit auf kein Verständnis und Gehör stoßen würde. Er kann aber auch nach innen, unter seinen Einrichtungen und Gemeinden, die Zusammenarbeit stärken. Beispielhaft geschieht dies bei Stuttgarter Vesperkirche [Foto: Rathay] Juli 2015 | Nr. 66 Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart mienmoloch – eher im Gegenteil. Seine Gremien sind schlank, manchmal fast schon zu schlank. Denn längst nicht jede Gemeinde hat eine Vertreterin oder einen Vertreter in den Kirchenkreisgremien. Und auch die andere Behauptung stimmt nicht. Die anteiligen Kosten des Kirchenkreises sind über die Jahre nicht gestiegen, sondern sogar leicht gesunken, die Kirchenkreisumlage beträgt aktuell rund 30 Prozent des Kirchensteueraufkommens. In Ansätzen sei das Zusammengehörigkeitsgefühl der Evangelischen in Stuttgart schon gewachsen in den vergangenen Jahren, so die Einschätzung von Martin Dellit. „Immer mehr Gemeindeglieder nehmen wahr, dass es über den Horizont ihrer Gemeinde hinaus evangelische Angebote in Stuttgart gibt“, sagt er. Wo er aber dringenden Nachholbedarf sieht: „Dass sich die Leute, gerade auch die Verantwortlichen in den Kirchengemeinden, mit den Diensten des Kirchenkreises stärker identifizieren. Dass sie stärker wahrnehmen: Das ist auch unser Hospiz, das sind unsere evangelischen Schulen.“ Sie sollten wahrnehmen, welche Chancen der Kirchenkreis bietet. Beispielsweise brenne allen Gemeinden unter den Nägeln, dass sie sich schwer damit tun, ein breites Gemeindeprogramm anzubieten. „Aber man muss ja auch gar nicht mehr alles machen als einzelne Gemeinde“, sagt Martin Dellit. Wichtiger sei, „zu wissen, was die Nachbarn machen und wo man mit ihnen kooperieren kann. Und man muss sich klar machen, welche Angebote der Kirchenkreis macht – gute Angebote, Dass dies so ist, ist in vielen Kirchengemeinden (noch) weitgehend unbekannt. „Der Kirchenkreis wird von vielen Gemeinden als Gremien-Moloch erlebt, der über steigende Umlage Geld wegnimmt“, sagt Martin Dellit. Und fügt hinzu: „Aber das stimmt nicht.“ Dellit kennt beide Seiten bestens. Er ist nicht nur seit 2014 gewählter Vorsitzender der Kirchenkreissynode, sondern seit vielen Jahren Kirchengemeinderatsvorsitzender in Stuttgart-Birkach. Er kennt die Befürchtungen der Engagierten aus den Gemeinden, die sich oft kaum mit den stadtweiten Strukturen identifizieren. Von den Fildern aus ist Dr. Thomas Held - Kirchengemeinderat Stuttgart-West Stuttgart fern, und manche Gemeinde Der Kirchenkreis macht es möglich... in Stuttgart-Mitte sieht wenig VeranDer Kirchenkreis macht es möglich, dass wir eine Diakolassung, sich mit nin vor Ort haben, er trägt unsere Diakoniestation und einem Vorort wie unsere evangelischen Schulen. Der Kirchenkreis bietet Birkach zu identifieinen größeren Bereich, andere Gemeinden kennenzuzieren. lernen. Begegnungsaktionen wie die „Blind Dates“ zum Start des Kirchenkreises waren toll. So etwas hilft dabei, Doch der Kirchensich als Kirche stadtweit zu erleben. kreis ist kein Gre- Gemeinsame Sache: teatro piccolo, Hymnus-Chorknaben und Bläser beim Festgottesdienst 150 Jahre Jugendpfarramt 2013 in der Stiftskirche [Foto: Rathay] die die Gemeinden von dem Druck entlasten, es selbst machen zu müssen.“ Kooperationen mit Nachbargemeinden sind beispielsweise denkbar bei der Kirchenmusik – hier lohnt ein Blick ins Distriktkantorat Hedelfingen – Rohracker/ Frauenkopf – Wangen -, oder beim Gemeindebrief, bei Konficamps, bei gemeinsam getragenen Kindergärten, im Gottesdienstprogramm und bei vielem mehr. Wie kann bei den Verantwortlichen in den Gemeinden die Wahrnehmung eines kirchenkreisweiten Horizontes gestärkt werden? Für Martin Dellit und Søren Schwesig liegt der Schlüssel in der Kommunikation. „Wir müssen besser mit den Kirchengemeinden im Gespräch sein und deutlich machen, was auf Ebene des Kirchenkreises geplant und entschieden wird und wie die Kirchengemeinden davon profitieren“, sagt Schwesig. Denn „die Gemeinden machen den Kirchenkreis aus. Der Kirchenkreis will keine Organisation sein, die von oben nach unten durchregiert“. Martin Dellit empfiehlt, dabei auf der Ebene der Dekanate und Distrikte anzusetzen. „Es ist ja nicht eine gute Idee: „Beim evangelischen Kirmehr jede Gemeinde in der Kirchenkreis- chentag haben viele Menschen erlebt, synode direkt vertreten. Umso wichtiger was die evangelische Kirche bieten kann. ist es, dass die gewählten Vertreterinnen Was der Kirchentag im Großen macht, und Vertreter die Infos aus dem Kirchen- bieten wir im Kleinen jeden Tag im Kirkreis weitergeben.“ Die Kirchenkreissat- chenkreis. Und mit einem gemeinsamen zung sieht seit 2013 für den Austausch Kirchenkreistag können wir den Spirit des auf Dekanatsebene „Gemeindeforen“ vor. Kirchentages wachhalten.“ Dazu sollen die Dekanate einladen – was cs allerdings nicht überall geschieht. Dellit schlägt auch vor, den Gemeindebriefredaktionen regelmäßig Informationen aus dem Kirchenkreis anzubieten. Und „auch der für 2017 Götz Nothdurft - Kirchengemeinderat in Degerloch geplante Kirchenkreistag, der ja in Stadtweit vernetzt die Gemeinden und Distrikte geVielen in der Gemeinde ist nicht bewusst, dass zum hen will, bietet die Beispiel die Kreisdiakoniestelle eine Einrichtung des KirChance, dass der chenkreises ist. Sie ist bei uns in Degerloch sehr präsent. Kirchenkreis vor Viele Leute, selbst in den Gremien, denken, sie sei eine Ort stärker ins BeEinrichtung unserer Gemeinde. Dass der Kirchenkreis wusstsein kommt.“ die Stelle trägt, ist nicht nur eine VerwaltungsdienstleisAuch Verwaltungstung. Wichtiger ist, dass die Kreisdiakoniestelle mit ihren Chef Hermann vier Standorten stadtweit vernetzt ist und im fachlichen Beck findet den Austausch steht. Kirchenkreistag 10|11 Juli 2015 | Nr. 66 Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart Genuss im Gotteshaus Auf dem richtigen Platz Mit Anspruch und Leidenschaft: Candle-Light-Dinner in der Wichernkirche Mit Überblick am Werk: Personalleiterin Alexandra Rauscher E ine Vorspeisentrilogie bestehend aus Saiblingstartar, Entenbrust und Kürbissuppe; Erdäpfelcappuccino mit glasiertem Lauch und Speck; pikantes Fleischpflanzerl an blauer Blume - diese leckere Liste geht noch weiter. Wer jetzt Appetit bekommt, hat Pech: Das Acht-Gang-Menü wurde längst aufgetischt. Aber: Das nächste ist in Planung. Vermutlich im Januar 2016 ist in der Cannstatter Wichernkirche wieder Genießen angesagt. „Wir wollten mal etwas völlig anderes bieten, was man nicht mit Kirche in Verbindung bringt“, erzählt Pfarrer Olaf Creß. Aus der ersten Abendessen-Idee wurde am Ende ein Candle-Light-Dinner mit anschließendem Tanz. Speisen im Gotteshaus als Event und für einen guten Zweck. Rund 100 Gäste finden Platz an den Dinner-Tischen in der passend dekorierten Wichernkirche. Schick in Schale geworfen, versteht sich. In die Küche kommen am Kochevent-Tag sechs Menschen und sonst niemand: Creß und fünf weitere begeisterte Hobby-Köche aus der Gemeinde. Die drei Frauen und drei Männer haben schon lange vorher genau überlegt, was sie zaubern wollen, haben Probe gekocht und diskutiert. Munden soll das Menü und gut auf dem Teller aussehen sollen die Speisen auch. Es steckt schon Anspruch dahinter. Und Küchenarbeit, die je nach Menüplan schon am Abend zuvor beginnt, auf jeden Fall am Morgen des Dinner-Tages. Wichernkirche Bad Cannstatt sen sie auch“, sagt Creß. „Mit großem Ernst und großer Leidenschaft“ waren die Jungkellner bei allen bisherigen Abenden dabei, haben die Teller von der Küche durch den Gemeindesaal in den Kirchenraum und zurück getragen und „einen vorbildlichen Service“ geleistet. Olaf Creß (links) mit Koch-Kollege [Foto: privat] Das wird nicht nur hinter den Kulissen gewürdigt: Vor dem Dessert gibt’s ein großes Defilee mitsamt angemessenem Applaus. Fehlt nur noch die funkensprühende Torte, dann wär’s wie beim Traumschiff, oder? „Wunderkerzen gab es auch schon mal“, meint Creß. Und immer um Mitternacht Marianne Rosenbergs Lied „Er gehört zu mir“. „Ein bisschen Kitsch gehört dazu.“ Dass die insgesamt mehreren Hundert Teller zu den schicken Hungrigen gelangen, dafür sorgen Jugendliche, ebenfalls schick in schwarz-weißes Kellner-Outfit gewandet. Rund 30 Konfirmanden und jüngst Konfirmierte wurden im Vorfeld von einer Kirchengemeinderätin in Sachen korrektes Tellertragen, Getränke einschenken und Co. gebrieft. Zum Dinner „muss das wie am Schnürchen laufen, und das wis- Hinter gemeinsam zelebrierter Lebensfreude und Genuss steckt neben dem Miteinander ein praktisches Ziel: Spenden für die Wicherngemeinde zu sammeln. 25 bis 30 Euro bezahlen die Gäste pro Menü. Gemeinden müssen bestimmte Projekte selbst finanzieren oder wie bei Bauvorhaben einen Teil der Gesamtkosten selbst aufbringen. Auch dank Candle-LightDinner ist es der Wicherngemeinde in Bad [Foto: Wicherngemeinde] Cannstatt gelungen, die Erweiterung des Kindergartens zu stemmen oder die Küche in dem Mehrzweckgebäude zu erneuern. In dem glänzenden Stahltraum von Küche werden Creß und seine Kochkollegen beim nächsten Dinner wieder fleißig mit Kochlöffel und Konvektomat ans Werk gehen. „New York“ schwebt dem Pfarrer als Motto für den Abend vor, doch das ist noch nicht spruchreif. Was auch immer sich das Team überlegen wird: Das Menü wird sich bestimmt so lecker lesen wie das vom „Sissi und Franz“-Abend - und vor allem schmecken. Laura Köhlmann Bleiben Sie INformiert Stets aktuelle Informationen aus dem evangelischen Stuttgart finden Sie unter www.ev-ki-stu.de. Mit dem Newsletter „Die Woche im Kirchenkreis“ erhalten Sie Infos und Veranstaltungshinweise frei Haus. Bestellen Sie per Mail an [email protected] F risch aus dem Urlaub zurückgekehrt, findet Alexandra Rauscher einen unerwarteten Termin in ihrem Kalender. Uns. Macht nichts, machen wir eben einfach – die 35-Jährige neigt nicht zu Verkomplizierungen. Lösungsorientiert zu sein ist ja auch ihr Job. Alexandra Rauscher ist Personalleiterin bei der Gesamtkirchengemeinde Stuttgart. Ihre Funktion erstreckt sich auch auf den Kirchenkreis Stuttgart, außerdem ist sie Ansprechpartnerin für die Einzelgemeinden im Dekanat Stuttgart-Mitte. Der Laie ist an dieser Stelle bereits überfordert mit den Begriffen. Einzelgemeinden, Dekanatsbezirke – die nicht identisch mit den Stuttgarter Stadtbezirken sind –, Gesamtkirchengemeinde, Kirchenkreis – wie bitte? Rauscher greift nach Block und Stift – und macht das Ganze per Zeichnung anschaulich. Die Frau kann prima erklären. Zusammenhänge zu begreifen und zu kommunizieren ist ja ebenfalls ihr Job. chen teil. Die Entscheidung für oder gegen einen Bewerber trifft immer der jeweilige Vorgesetzte vor Ort. Welche oder welchen sie für passend hält, das sagt Rauscher allerdings sehr wohl: „Mein Gefühl trügt selten“, sagt sie. Es käme schon mal vor, dass sich jemand auf den Schlips getreten fühlt, berichtet sie unverblümt. „Doch ich Mitarbeiter des Kirchenkreises, das sind Diakone und Jugendreferenten, Alexandra Rauscher [Foto: Rathay] die Sekretärinnen der Sonderpfarrämter und der Dekanate, die Mitarbeitenden der will ja nicht übergriffig sein, sondern eine Psychologischen Beratungsstelle und der Hilfestellung anbieten.“ Rauscher sucht Kreisdiakoniestellen, des sozialen Kran- Lösungen. Für Menschen, denn um die kenhausdienstes und des Hospizes sowie geht es ja. des Hymnus-Chores. Diese Stellen und Einrichtungen übernehmen Aufgaben für Um nun die richtigen Menschen am richden gesamten Kirchenkreis – Aufgaben, tigen Platz zu haben, dazu ist es „sinnig, die sich einzelne Gemeinden nicht leisten wenn einer den Überblick hat“ und die können und die sie sich auch nicht leisten Informationen von verschiedenen Seiten verknüpft. Was das praktisch heißt? Entmüssen. lasten, und zwar beide Seiten. Rauscher Rauscher übernimmt selbst eine fach- erzählt von einer Kirchenkreismitarbeiteübergreifende Aufgabe: Sie fungiert für rin, die nach einem Burn-out nicht mehr die Gemeinden im Dekanatsbezirk Mitte – weitermachen konnte auf jener Stelle. Die so von jenen gewollt – als Dienstleisterin auch ausgebildete Erzieherin war und wiein Personalfragen. Sucht eine Gemeinde der aufblühte, als sie in dieser Funktion in zum Beispiel einen Mesner, kümmert sie einer Kita arbeiten konnte. Ein Wechsel, sich um die Ausschreibung, sichtet die Be- der möglich war, weil bei Rauscher die Fäwerbungen, nimmt Kontakt mit den Be- den zusammenliefen. Nur eines von vielen werbern auf und an Bewerbungsgesprä- Beispielen, die zeigen: „Veränderung tut oft gut. Eine gewisse Beweglichkeit ist gut für die Mitarbeiter und für die Gemeinden.“ Die müssen sich darauf natürlich einlassen. Jeder möge sich trauen, sie anzurufen, ob Mitarbeitender oder Vorgesetzter, wünscht sich die Personalerin. Im Idealfall möglichst früh. Unzufriedenheit, Mutterschutzfragen oder Kündigung – für Rauscher ist das Alltag, was für Gemeinden oft ein großes Problem darstellt. Dabei lässt sich fast immer eine Lösung finden: „Wo ein Türchen zugeht, geht ein Türchen wieder auf. Das muss man nur finden.“ Beim Finden hilft Rauschers „übergreifendes Denken, auch über meinen Bereich hinaus“. Sie ist mit den drei Dekanaten vernetzt, die nicht direkt in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, und mit der Landeskirche, mit den Diakoniestationen und der Mitarbeitervertretung. „Kontakte sind viel wert, dadurch löst sich viel“, sagt sie. Wäre es nicht sinnvoll, sie wäre offiziell zuständige Ansprechpartnerin für jede Gemeinde im Kirchenkreis Stuttgart? „Davon würden alle profitieren“, ist sie sich sicher. Dann könnte sie etwa allen Musterformulare und dergleichen Serviceleistungen mehr anbieten, die bislang nur „ihren“ Gemeinden zur Verfügung stehen. Sie hätte noch mehr Kontakte, noch mehr Wissen um Mitarbeiter und Stellen, könnte noch mehr Menschen über Gemeinde- und Dekanatsgrenzen hinweg an den individuell passenden Platz bringen. Auch dafür wird sich sicher irgendwann eine Lösung finden lassen. Laura Köhlmann 12|13 Gute Kommunikation und gute Argumente Rundum reformiert: Die Kirchengemeinde Feuerbach I n Feuerbach hat man den Immobilienbestand neu sortiert. Die Gemeinde war im Bilde. Erst kräftig gewachsen, später kräftig geschrumpft – dieses Schicksal kennt manche Stuttgarter Kirchengemeinde. Die vier Gemeinden in Feuerbach hatten um 1980 noch rund 15.000 Gemeindeglieder und acht Pfarrstellen. Heute ist es noch die Hälfte: 7.500 Mitglieder, fünf Pfarrerinnen und Pfarrer. Kräftig gewachsen ist das ehemalige Dorf Feuerbach mit der Industrialisierung. Der Bahnhof von 1846 ist einer der ältesten im Ländle. Seit 1871 arbeitete in Bahnhofsnähe die Firma Leitz, bekannt durch ihre Aktenordner mit Klemm-Mechanik. 1910 wurde das Bosch-Stammwerk hierher verlegt, und auch der Auto-Zulieferer Behr bescherte der bis 1929 selbständigen Stadt einen Boom an Arbeitsplätzen. Mit der Stadt wuchs auch die Kirche. Nicht nur die Zahl der Pfarrstellen nahm zu, sondern auch die der kirchlichen Gebäude. Zur mittelalterlichen Stadtkirche kamen im Lauf des 20. Jahrhunderts drei weitere Kirchen, dazu Kindergärten, Pfarr- und Gemeindehäuser. Spätestens um das Jahr 2000 war den Verantwortlichen klar, dass der Gebäudebestand und die Strukturen aus den reichen Jahren auf den Prüfstand mussten. „Wir wollten den Veränderungsdruck nicht nur über uns ergehen lassen, sondern wollten es selbst gestalten“, berichtet die heutige Kirchengemeinderatsvorsitzende Karen Wittmershaus. Die vier Kirchengemeinden fusionierten wieder zur einen, stadtbezirksweiten Kirchengemeinde Feuerbach. 2005 wurde die Fusion beschlossen, 2007 mit der Kirchenwahl realisiert. Kaum war dies geschehen, ging der Kirchengemeinderat an den nächsten Reformschritt: Der Gebäudebestand wurde unter die Lupe genommen. „Wir hatten einen großen Gebäudebestand, und an jedem Gebäude gab es großen Sanierungsbedarf“, erinnert sich Wittmershaus. Sich von Wohnhäusern zu trennen war erwartungsgemäß das kleinere Problem – „der Knackpunkt waren die Kirchen und Gemeindehäuser“. In mehreren Kirchengemeinderatssitzungen und Klausuren wurde die Hausaufgabe bearbeitet. Schon bald war klar: Aus bislang vier sollten zwei Zentren werden. Die Stadtkirche mit dem benachbarten Gemeindehaus galt als gesetzt. Welche weitere Kirche sollte erhalten werden? „Wir hatten ausgiebige Diskussionen im Feuerbach mit Stadtkirche (links) [Foto: Kirchengemeinde] GEMEINDEPORTRAIT Kirchengemeinderat und in den Ausschüssen, auch eine Klausur mit externem Moderator“, berichtet die Kirchengemeinderatsvorsitzende. 2010 fiel die Entscheidung: Die Föhrich- und die Lutherkirche sollten abgegeben werden. Bis 2017 wollte man sich dafür Zeit nehmen. Die Realisierung ging dann schneller als erhofft über die Bühne. Bereits 2011 mietete eine russisch-orthodoxe Gemeinde die Föhrichkirche. Vertraglich wurde geregelt, dass die evangelische Kirchengemeinde einen Raum behält und einmal pro Woche Gottesdienst feiert. Auch für die Lutherkirche fand sich eine Lösung. Sie wurde von der diakonischen Einrichtung bhz Stuttgart angemietet. Auch hier kann die Gemeinde nach wie vor Gottesdienst feiern. Verbunden mit der neuen Gebäudekonzeption war auch eine stadtbezirksweite Neugestaltung der Gottesdienste. Die Idee: Es sollten nicht mehr vier vergleichbare Gottesdienstprogramme parallel angeboten werden, sondern ein differenziertes Angebot: Ein klassischer Sonntagvormittagsgottesdienst in der Stadtkirche, ein Gottesdienst mit neuen Formen, mit Interviews und Band am späten Vormittag in der Gustav-WernerKirche, monatliche Abendgottesdienste in der Lutherkirche und Taizé-Andachten in der Föhrichkirche. Die beiden vermieteten Kirchen sind für die Gemeinde nicht „aus der Welt“. Dennoch waren nicht alle Gemeindeglieder glücklich mit der weitgehenden Aufgabe ihrer Kirchen. „In der Gemeinde gab es Leute, die sich als Verlierer fühlten“, berichtet Karen Wittmershaus. Wichtig sei im ganzen Reformprozess die Kommunikation gewesen. Es gab Briefe an alle Gemeindeglieder, Gemeindeversammlungen, Gemeindebriefartikel und Pressearbeit. Wittmershaus: „Wir haben der Gemeinde in aller Offenheit erklärt, was die Gründe für unsere Entscheidung sind.“ Und sie fügt hinzu: „Man kann es bei so etwas nie allen Leuten recht machen. Aber man muss alle Leute ernstnehmen!“ cs Juli 2015 | Nr. 66 Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart Deutsch-koreanische Kirchengemeinde In der Friedenskirche erweitern Deutsche und Koreaner ihren Horizont GEMEINDEPORTRAIT D ie deutschsprachigen Sonntagsgottesdienste der Friedenskirchengemeinde enden pünktlich. Das müssen sie auch, denn jeden Sonntag um 11.30 Uhr beginnt der Gottesdienst der koreanischen Nambu-Gemeinde. Die Mitglieder dieser sehr vitalen evangelischen Gemeinde kommen aus dem ganzen Großraum Stuttgart. Die Gottesdienste sind Treffpunkt der koreanischen Community in der Region. 100 bis 150 Erwachsene kommen an „normalen“ Sonntagen, dazu rund 50 Kinder und Jugendliche in den parallel stattfindenden Kinderkirchgruppen. Jeden Sonntag singt im koreanischen Gottesdienst auch der stimmgewaltige Chor. Viele Gemeindeglieder sind Berufsmusiker oder Musikstudenten, was die außergewöhnliche Qualität des Chores erklärt. Beim anschließenden Mittagessen werden dann Neuigkeiten ausgetauscht. Die Nambu-Gemeinde (übersetzt bedeutet der Name schlicht „Südgemeinde“) feiert seit 2006 Gottesdienste in der großen Friedenskirche, die zwischen City und Stuttgart-Ost beim Neckartor liegt. Der vorige Versammlungsort war zu klein geworden. „Seit 2010 sind Nambu- und Friedenskirchengemeinde vertraglich verbunden“, berichtet Pfarrer Dieter Bofinger. „Den Koreanern ist es wichtig, dass sie nicht mehr Gäste sind, sondern Partner“, sagt er. Sie sind nun Teil der Friedenskirchengemeinde, haben verbriefte Rechte. „Das verändert den Status der koreanischen Gemeinde und deren Gefühl in der Friedensgemeinde. Und es verändert uns, weil es eine Menge Berührungspunkte zwischen den Koreanern und uns gibt. Wir feiern gemeinsame Gottesdienste, auch unser Gemeindefest feiern wir seit einigen Jahren immer zusammen.“ Sein koreanischer Kollege Pfarrer Taejoon Kim bestätigt dies: „Früher waren wir Gäste, heute sind wir Mitglieder der Friedenskirche.“ Die Beziehung werde immer tiefer und stärker. Ein Mitglied der koreanischen Teilgemeinde ist auch Mitglied im Kirchengemeinderat, es gibt gemeinsame Dienstbesprechungen, „wir erhalten die Informationen, was in der Friedenskirchengemeinde läuft, und wir nehmen am gemeinsamen Gemeindele- ben teil, zum Beispiel beim Gemeindeausflug oder beim Umweltteam.“ Und als in diesem Jahr Tonanlage und Licht in der Friedenskirche erneuert wurden, beteiligte sich die koreanische Gemeinde an den Kosten. die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff da. Und seit März füllt der neue Gottesdienst „GospelHaus“ einmal im Monat den Kirchenraum. GospelHaus wird vom Gospelprojektchor „Gospel im Osten“ Zuletzt hat der Kirchentag beide Gemeinden einander näher gebracht. In der Friedenskirche war das Zentrum Frieden: Deutsche und Koreaner haben gemeinsam Der Chor der Nambu-Gemeinde [Foto: Thomas Rathay] die tägliche Bewirtung in diesem Zentrum organisiert. veranstaltet. Zu dessen wöchentlichen Beide Pfarrer berichten von anfänglichen Proben kommen rund 400 Sängerinnen Vorbehalten in ihren Gemeinden. Bei den und Sänger in die Friedenskirche. Koreanern fürchteten manche um die Eigenständigkeit, in der Friedensgemeinde Viel gäbe es noch zu berichten über die gab es die Sorge, die vitale koreanische Friedenskirche – beispielsweise über das Gemeinde könnte das Heft übernehmen. preisgekrönte Urban-Gardening-Projekt Inzwischen sind die Skeptiker verstummt. ihres Umweltteams und den aktiven „Die Koreaner haben unseren Horizont Flüchtlings-Freundeskreis im Stadtteil. Das Beispiel Friedenskirche zeigt: Große erweitert“, sagt Pfarrer Bofinger. Kirchen zu unterhalten und mit Leben zu Die gut besuchten Gottesdienste der füllen kann eine Last sein. Aber dort wo koreanischen Teilgemeinde sind nur ein es gelingt, entsteht eine Heimat für vielBaustein, um die 800 Personen fassende, fältiges Kirchenleben. cs verkehrsgünstig gelegene Friedenskirche mit Leben zu füllen. Es gibt hier Kantatengottesdienste und Konzerte mit der Lukaskantorei, Abendgottesdienste und die Sommerpredigtreihe mit prominenten Predigern – in diesem Jahr waren der renommierte Theologe Jürgen Moltmann, Schauspieler Walter Sittler und 14|15 Juli 2015 | Nr. 66 Der Evangelische Kirchenkreis Stuttgart Über Gastfreundschaft und die Zukunft der Kirche Die Beziehungsebene muss stimmen. Ein Gespräch mit Gemeindepfarrer Gerd Mohr W Doch es gibt auch nach wie vor eine sonntägliche Kinderkirche in der Lutherkirche. Gerd Mohr hat vor seinen Mitarbeitern „allergrößten Respekt“. Ihr großes Engagement habe etwas mit dem „unglaublichen Pflichtbewusstsein“ der Leute zu tun – aber eben auch damit, „dass wir eine ziemlich gute Beziehungsebene haben“. as bringt die Zukunft für die evangelische Kirche in Stuttgart? Ziemlich sicher werden die Zahlen der Gemeindeglieder weiter zurückgehen. Der Cannstatter Pfarrer Gerd Mohr hat Erfahrungen damit, was eine kleiner werdende Gemeinde bedeutet. Er hat eine Kirche schließen müssen. Und ist überzeugt: Solche Veränderungen bieten bei allen Schmerzen auch Chancen. „Das Motto kann nicht sein: Der Letzte macht das Licht aus, sondern: Wo machen wir neue Lichter an?“ sagt Gerd Mohr, Pfarrer an der großen Cannstatter Lutherkirche. Bis Ende 2011 war er auch für die nahe gelegene Blumhardtkirche zuständig. Die gibt es nicht mehr. Die Kosten für den Gebäudeunterhalt standen zuletzt in keinem Verhältnis zur Entwicklung der Gemeindegliederzahlen, und die Lutherkirche war gerade mal 500 Meter entfernt. „Natürlich hingen die Menschen an ihrer Blumhardtkirche“, berichtet Mohr. „Im letzten Gottesdienst dort habe ich in der Predigt gesagt: Sie alle sind traurig, Sie sind ein bisschen wütend und Sie sind enttäuscht. Und wenn Sie das nicht wären, dann wäre ich enttäuscht. Dann wäre nämlich in den letzten dreißig Jahren hier viel falsch gelaufen.“ Doch enttäuschend sei es auch, Sonntag für Sonntag mit vier bis acht Leuten Gottesdienst zu feiern, und 500 Meter entfernt versammeln sich an einem Durchschnittssonntag 60 Leute. „Christentum hat ganz viel mit Gemeinschaft zu tun. Christentum hat mit sich versammeln ums Wort, sich versammeln als Gemeinde zu tun.“ Der konkrete Versammlungsort sei dagegen zweitrangig – auch wenn die Kirche, in der man getauft wurde und seine Kinder taufen ließ, für viele biografisch eine große Bedeutung habe. „Diese Bedeutung darf nicht unterschätzt werden, weil da Herzblut und Wendepunkte der Biographie dranhängen“, sagt Mohr. „Zum Schluss des Gottesdienstes in Blumhardt habe ich die Altarbibel mitgenommen, habe gesagt: Wir versammeln uns um das Wort Gottes. Und diese Bibel legen wir von heute an auf den Altar der Lutherkirche“, erzählt Gerd Mohr. Für das Erleben des Gottesdienstes, auch dafür, wie einladend er für neue Leute ist, macht es einen großen Unterschied, ob sich ein trutziger Rest von vier Menschen trifft, oder ob in der Gemeinschaft von 60 Feierstimmung aufkommt. „Der große Gottesdienst ist für mich ein Ausdruck von Bekräftigung, der schwach besuchte kann ein Ausdruck von Trostlosigkeit sein“, sagt Mohr. Und bringt ein weiteres Schlüsselwort ins Spiel, das für ihn Ausdruck eines guten Gottesdienstes und Gemeindelebens ist: Gastfreundschaft. „Wir haben in der Lutherkirche beim Kirchentag Feierabendmahl mit über 160 Besuchern gefeiert. Die Leute haben am Ausgang gesagt: ‚Danke für die Gastfreundschaft‘“. Menschen von weither fühlten sich zu Hause in einer Kirche, die Immer wieder kommen wir in unserem Gespräch auf die Spannung zwischen einer ökonomischen und einer eher spirituellen Sichtweise. Auf der einen Seite des Segens, der Glaubenserfahrung, des Trostes, die sich nicht messen lassen. Auf der anderen Seite die Aufgabe aller Verantwortlichen in der Kirche, die vorhandenen Ressourcen – die nun ein- nicht ihre Heimatkirche ist. Wie lässt sich diese Erfahrung in den Alltag übertragen? fragt Mohr. „Wie kriegen wir es hin, dass Kirche der Ort des Willkommens ist, dass Gemeinde die Gemeinschaft der Getauften und immer wieder im Abendmahl sich Versöhnenden ist, unabhängig davon an welchem Ort das stattfindet?“ Ein Anfang wäre, nicht die Einzelkirchengemeinde an erster Stelle zu sehen, sondern die Gemeinschaft als Kirche im Stadtbezirk oder sogar in der ganzen Stadt. Mohr: „Es geht um Evangelisch in Stuttgart, oder besser noch: Christsein in Stuttgart.“ Wenn die Evangelischen in Cannstatt oder in Stuttgart sich stärker über ihr gemeinsames Christsein verbunden fühlen als über Gebäude und örtliche Traditionen, dann wächst auch die Chance, sich neuen Gruppen zu öffnen. Wobei für Mohr klar ist: Auch bei einem solchen Entwurf von Kirche muss die Beziehungsebene stimmen. Ohne sie geht Kirche nicht. Und es ist die Person der Gemeindepfarrerin, des Gemeindepfarrers, über die ganz viel an kirchlichen Beziehungen läuft. „Wenn Menschen nicht das Gefühl haben, dass sie in ihrem Gemeindepfarrer ein Gegenüber haben, das sie besucht, das ansprechbar ist, das die Nähe herstellt, die Kirche braucht – wenn das nicht gelingt, dann entwickeln wir uns zu einer Institution, die noch weniger bei den Menschen ist, sondern die nur noch Gelegenheitschristentum ermöglicht.“ Wo die Beziehungen gut sind, sind Menschen bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren. „Die Größe als Verwaltungseinheit, als Gottesdienstort und als lebendiges Miteinander auf Beziehungsebene – das muss in ein gutes Gleichgewicht kommen“, sagt Mohr. In Cannstatt lassen sich am Beispiel der Kinderkirchen beide Seiten beobachten: Einerseits die boomende Kinderkirche an der Stadtkirche, „Bunte Kinderstunde“ genannt, immer samstags zur Marktzeit. „Die Lage der Kirche am Marktplatz ist ein Schatz“, sagt Pfarrerin Franziska Link von der Stadtkirche. „Wir machen unser Angebot dort, wo die Familien samstagvormittags eh sind, und gönnen den Eltern von Herzen eine freie Stunde auf dem Wochenmarkt oder im Café, während die Kinder bei uns Gottesdienst feiern.“ Der Plan geht auf: Jede Woche kommen 40 bis 45 Kinder. Und sie kommen nicht nur aus dem Gemeindegebiet, sondern aus ganz Cannstatt. Angebot in Hofen anzunehmen? „Es sind Kleinigkeiten, die etwa mit der Frage zu tun haben: Wie machen wir Menschen mobil? Bieten wir Fahrdienste an?“ sagt Mohr. Und dass dann wieder die Beziehungsebene vor Ort stimmen muss, damit so etwas funktioniert. Die Netzwerke vor Ort dürfen nicht ersatzlos wegfallen, sondern Angebote im Stadtteil und solche in fünf Kilometern Umkreis müssen gut vernetzt sein. Das heißt dann ganz praktisch beim angebotenen Fahrdienst: „Es darf nicht bloß im Gemeindebrief stehen, dass man sich im Büro melden soll. Damit ist gleich eine Hürde eingebaut. Man muss sagen: Wir holen Sie zuhause ab, oder: Wir haben drei Sammelpunkte und dann machen wir das gemeinsam“, empfiehlt Mohr. Und wenn es dann beispielsweise statt drei kleiner Chöre einen großen gemeinsamen Chor gibt, dann merken die Leute bald, dass der Aufwand sich lohnt. Die Kirche muss sich ändern, die Gemeinden müssen sich ändern. Aber bei allem darf das Beziehungsnetz, das Kirche ausmacht, nicht zerstört werden. Und bei allen Veränderungsprozessen steht die Qualität der Kommunikation im Mittelpunkt: Werden alle Beteiligten gehört? Werden ihre Argumente ernst genommen? Wird mit „unterlegenen“ Mitarbeitern in Mehrheitsentscheidungen so umgegangen, dass sie mit der Entscheidung leben können? Wichtig ist auch, den Verantwortlichen vor Ort wirklich die Gelegenheit zu geben, den notwendigen Wandel in ihrem Tempo zu gestalten. Gerd Mohr vor der Cannstatter Lutherkirche „Vielleicht ist es das Wichtigste, die Leute zu Wort kommen zu lassen“, resümiert Gerd Mohr. Mit ihren Hoffnungen – und mit ihren Ängsten und Klagen. Prozesse des Zusammenwachsens seien die eine Seite, Trauern und Klagen die andere: „Wenn du nur den Prozess des Zusammenwachsens machst und das Klagen übergehst, hast du das Problem, dass den Leuten das ‚Magengeschwür‘ bleibt und sie mit diesem Geschwür auf keinen Fall in die Nachbargemeinde gehen und auch nicht das Gefühl haben, dass ihr Leiden ernst genommen wurde.“ Mohr fügt dazu: „Und wenn wir als Kirche Leiden nicht mehr ernst nehmen, dann haben wir echt ein Problem!“ [Foto: Thomas Rathay] mal begrenzt sind – klug einzusetzen. Aus diesem Dilemma kommt die Kirche nicht heraus. Deshalb müssen neben ökonomische immer auch theologische Argumente treten – und anders herum. Beispiel: Einen Gottesdienst für vier Personen mit drei Hauptamtlichen zu bestreiten, Mesner, Organist und Pfarrerin, und auch noch den Raum zu beheizen – „kann ich da wirklich sagen: Das Geld ist sinnvoll ausgegeben?“ fragt Mohr. Kirchensteuer sei schließlich anvertrautes Geld. Aber auch theologisch ist es fragwürdig: Wenn es nämlich bei diesem Gottesdienst in erster Linie darum geht, an einem alten Wunschbild von Kirche festzuhalten und unter sich zu bleiben, statt sich für neue Impulse und neue Leute zu öffnen. Wenn die Zukunft der Kirche nun in attraktiven übergemeindlichen Angeboten liegt und nicht nur die Ortsgemeinde, sondern mindestens der Stadtbezirk im Blick sind: Wie können Beziehungen gepflegt werden? Wie kann es gelingen, dass „die Kirche im Dorf bleibt“? Wie bringt man beispielsweise die wenig mobile alte Dame aus Stuttgart-Münster dazu, ein Wo Trauer und Ängste Raum bekommen und beim Namen genannt werden können, besteht die Chance, dass sie verwandelt werden. Vielleicht nicht von heute auf Morgen – aber auf Übermorgen. Dann kann aus Trauer ein Wunsch werden und aus dem Wunsch das Engagement für neue Formen von Christsein im Stadtbezirk. Christoph Schweizer 16|17 Juli 2015 | Nr. 66 Deutscher Evangelischer Kirchentag Jetzt sind wir klüger! Fünf Tage Anfang Juni haben die Stadt verwandelt. 17 14 2 5 18 6 15 10 1 19 16 7 20 11 12 13 3 4 8 9 9 1+3 Lichtermeer - 2 Stand der Kirchengemeinde Rohr-Dürrlewang beim Abend der Begegnung - 4+11 Stuttgarter Kinderchöre und Stadtdekan Schwesig beim Eröffnungsgottesdienst auf dem Marktplatz 5+6 Feierabendmahl - 7 Riesendusche auf dem Wasen - 8+9 „Starkes Blech“ im Alten Schloss - 10 Familienministerin Manuela Schwesig in der Stiftskirche - 12 Leonhardskirche überfüllt - 13 Talk im Zentrum Regenbogen – 14+20 „Nachtschicht“ beim Klinikum Winnenden - 15 Dekan Klaus Käpplinger und Kirchentagspräsident Andreas Barner im Zentrum Diakonie - 16 Zentrum Kinder - 17 Gastfreundschaft bei der Cannstatter Stadtkirche - 18 Kofi Annan und Frank-Walter Steinmeier - 19 Dankeschönaktion des Dekanats Bad Cannstatt bei allen Engagierten - 21 Landesbischof July und internationale Gäste im „Stuttgarter Gasthaus“ [Fotografen: Thomas Rathay, cs, Daniel Märkisch, DEKT/elkwue/Ilona Scheffbuch, Kirchentag und privat] 21 18|19 Diakoniegottesdienst. Am 26. Juli beginnt um 10 Uhr in der Bonhoeffer-Kirche S-Fasanenhof ein „inklusiver Diakoniegottesdienst“. Die Kirchengemeinde Fasanenhof und das bhz laden ein. Die Predigt hält bhz-Vorsitzende Dekanin i.R. Wiebke Wähling, die Theatergruppe des bhz wirkt mit. Adresse: Bonhoefferweg, U6 Haltestelle Fasanenhof. Die Vorletzten: Zwei in einer großen Stadt. Eine musikalischkabarettistische Stadtrevue am Dienstag, 28. Juli um 20 Uhr im Hospitalhof. Stadtdekan Søren Schwesig und der Esslinger Citypfarrer Peter Schaal-Ahlers nehmen ihren eigenen Job auf die Schippe. Als Mesner und Kirchenmusiker getarnt lässt sich trefflich alles durch den Kakao ziehen, was im kirchlichen Alltag bierernst und humorlos daherkommt. Das lasterhafte Treiben hat einen guten Zweck: um eine Spende für die Hospitalkirchensanierung wird gebeten. Prima Klima! Die Stuttgarter Citykirchen laden zur theologischen Sommerakademie. Vier Abende über das biblische Wetter, vom 3. bis 6. August, jeweils 19 Uhr an einer der Innenstadtkirchen. Der Eintritt ist frei. Genaueres lesen Sie unter http://www. hospitalkirche-stuttgart.de/veranstaltungen/. TANGOttesdienst. Vormerken: Am 25. Oktober ist in der Cannstatter Steigkirche (Auf der Steig 21, U 12 Riethmüllerhaus) ein Tango-Gottesdienst. Motto: „Hingabe“. Mitwirkende: Tangoloft Stuttgart und Orquesta Atípica Stuttgart. Beginn ist um 19 Uhr. Bleiben Sie informiert! Den wöchentlichen Newsletter des Kirchenkreises Stuttgart bestellen Sie unter www.ev-ki-stu.de/aktuelles-hoer-bar/rundbrief/. Auf Facebook finden Sie den Kirchenkreis unter www.facebook.com/Ev.Kirche.Stuttgart. Die Oud D S A ie evangelische Kirche ist in der Stadt sehr präsent“, doch den kirchlichen Angeboten fehlt oft „das Überraschungsmoment“. Das sagte der Chefredakteur der Stuttgarter Nachrichten, Christoph Reisinger, am 10. Juli vor der Stuttgarter Kirchenkreissynode. Reisinger war gemeinsam mit dem Konzertveranstalter Paul Woog eingeladen, dem Kirchenparlament den Spiegel vorzuhalten. Woog bescheinigt der Kirche Defizite beim Marketing. „Sie trauen sich zu selten, etwas Neues zu machen“, kritisierte er. Der Konzertveranstalter mit dem Schwerpunkt Pop und Rock vermisst kirchliche Angebote bei Themen, die die Stadtgesellschaft bewegen. „Wo war die Kirche beim Streit um Stuttgart 21?“ fragte er. Auch beim Thema Flüchtlinge gebe es sicher viel kirchliches Engagement, er nehme aber nur wenig davon wahr. Christoph Reisinger plädierte für Mut zu überraschenden Formaten. „Wie wäre es zum Thema Flüchtlinge mit einem Format, in dem die Kirche auf besonders scharfe Kritiker der Flüchtlinge zugeht?“ Das Interesse seiner Redaktion sei garantiert. Ein Manko sei auch, dass vielen Kirchenmitgliedern nicht klar sei, was mit ihrer Kirchensteuer passiert. Die Kirche müsste mit kluger Kommunikation ihren Mitgliedern deutlich machen, dass die Kirchensteuer sinnvoll angelegt ist. Reisinger und Woog waren als externe Sprecher eingeladen zum Auftakt der „Visitation“ des Evangelischen Kirchenkreises Stuttgart. Visitationen sind auf allen Ebenen der evangelischen Kirche routinemäßig etwa alle acht Jahre vorgesehen. Im Kern geht es um die Frage: Ist der Kirchenkreis Stuttgart mit seinen Einrichtungen gut aufgestellt für die aktuellen Herausforderungen? „Wenn wir uns den heute gestellten Fragen stellen, hat sich die Visitation schon gelohnt“, sagte Prälat Ulrich Mack. Der Stuttgarter Regionalbischof hat die Visitation initiiert. Von September bis November werde er ein Besuchsprogramm in Stuttgart absolvieren, kündigte Mack an. Es gelte einerseits dem Dekanatsbezirk Degerloch, zum anderen Einrichtungen des Kirchenkreises. Die Schlussauswertung im Frühjahr 2016 sei „kein Schlusspunkt sondern ein Doppelpunkt“, nämlich „die Ermutigung zu dem, was Jesus uns aufgegeben hat.“ Gefragt sei angesichts vielfacher Herausforderungen „keine Jammermentalität, sondern dass wir gemeinsam schauen, was in der Kirche lebendig ist und was man fördern kann, dass es weiterwächst.“ cs ommer im Hospitalhof: Gönnen Sie sich einen kreativen Abend nach der Arbeit. Oder haben Sie Urlaub und bleiben in der Stadt? Dann nutzen Sie die Gelegenheit, etwas auszuprobieren oder anzuschauen, wofür Sie bislang keine Zeit gefunden haben. Vom 10. bis zum 13. August finden Architektur-Spaziergänge, eine Schreibwerkstatt und eine Einführung in den orientalischen Tanz, DanseVita und Yoga der Achtsamkeit (für Anfänger und Fortgeschrittene) statt. Weitere Informationen zu den Veranstaltungen, zu Anmeldung und Kosten finden Sie unter www.hospitalhof.de. „Stuttgart, nimm freundlich die Flüchtlinge auf!“ D er scheidende Stuttgarter Asylpfarrer Werner Baumgarten nutzte beim Abschiedsgottesdienst die Gelegenheit, zu einem flüchtlingsfreundlichen Klima in der Stadt aufzurufen. Werner Baumgarten [Foto: Markus Heffner] Hospitalviertelfest am 23. Juli. Von 15 bis 22 Uhr ist buntes Programm rund um den Hospitalhof. Um 17.30 Uhr findet die offizielle Einweihung des neuen Hospitalplatzes statt, mit Baubürgermeister Matthias Hahn, Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle und Vertretern aus dem Quartier. Summer in the City [Foto: cs] Sommerzeit, Orgelzeit. Zwei große Stuttgarter Kirchen laden zu sommerlichen Orgelkonzerten ein. Bereits seit 3. Juli und noch bis 28. August – mit Ausnahme des 24. Juli! – ist in der Stiftskirche „Internationaler Orgelsommer“, immer freitags um 19 Uhr. Weitere Infos unter www.stiftsmusik-stuttgart.de. Und die Stadtkirche Bad Cannstatt lädt vom 26. Juli bis 6. September jeweils auf 20 Uhr zu Orgelkonzerten mit internationalen Künstlern ein. Hier heißt das Thema „B-A-C-H-Vertonungen“. Infos unter www.musik-am-13.de- Aktuell Mehr Überraschung, bitte! Woog (li.) und Reisinger & kurz bündig Juli 2015 | Nr. 66 Sein Traum: „In allen 152 Stuttgarter Stadtteilen werden Flüchtlinge aufgenommen. Gastfreundschaft ist Weltkulturerbe. Und OB Fritz Kuhn erklärt anlässlich seines 60. Geburtstages Stuttgart zur abschiebefreien Stadt.“ Wie das politische Europa mit der Aufnahme von Flüchtlingen umgehe, sei eine Schande, so Baumgarten. Der Landweg im Südosten Europas müsse wieder geöffnet werden, um Flüchtlinge vor der lebensgefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer zu bewahren. Und die Integration von Flüchtlingen in Stuttgart sei eine schwere, aber keineswegs eine unlösbare Aufgabe. Hier könne die Stadtgesellschaft ihre Zukunftsfähigkeit unter Beweis stellen. Klaus Käpplinger, Diakonie-Dekan des Evangelischen Kirchenkreises Stuttgart, lobte Baumgartens Engagement. Lange Zeit habe der Asylpfarrer in der Landeskirche als „Exot“ gegolten. Doch er habe sich einen guten Ruf hart erarbeitet. Käpplinger: „Jetzt, wo die Flüchtlingszahlen zunehmen, sind Sie ein geschätzter Experte.“ Der von über 150 Menschen besuchte Gottesdienst wurde mitgestaltet vom kurdischen Sänger Seydo Hazar und einem Team des AK Asyl. cs m Anfang stand eine Mail: „Sehr geehrte Frau Seefeld, Sie hatten seinerzeit den Kontakt zu syrischen Flüchtlingen vermittelt. Ich habe eine 12-saitige Oud repariert und würde diese gerne an interessierte Personen weitergeben die solches sicher nicht in ihrem Fluchtgepäck dabei haben konnten.“ Das orientalische Saiteninstrument habe sie beim Fairkauf entdeckt, verrät die Schreiberin, Ute Koch. „Da ich mich hobbymäßig mit Geigenbau und Geigenreparatur beschäftige, lag es nahe, eine Reparatur zu wagen.“ Ein Schallloch brauchte neues Schnitzwerk und eine neue Perlmutteinfassung, und die Decke hatte sich an einer Stelle abgelöst. Die Antwort von Andrea Seefeld, Bildungsreferentin des Evangelischen Kreisbildungswerks Stuttgart, kam postwendend: „Sehr geehrte liebe Frau Koch, sehr gerne vermittle ich Sie weiter an Pfarrerin Friederike Weltzien... Sie hat zahlreiche intensive Kontakte zu syrischen Flüchtlingsfamilien.“ Wenn sich jetzt noch jemand findet, der eine passende Tasche für die Oud nähen kann, dann ist das Glück perfekt. Bei Redaktionsschluss war die Oud noch nicht vergeben. Eine Fortsetzung dieser Geschichte folgt im nächsten IN (November 2015). cs Foto einer Oud [Foto: chibicode – Wikimedia Commons] Benefiz fürs Kinderhospiz E nde Oktober startet der Umbau der Villa Wittmann beim Eugensplatz zum Kinderhospiz. Aktuell sammelt der Förderverein Hospiz fleißig Spenden fürs künftige Kinderhospiz. Am 8. Juli 2015 überreichte Fußballweltmeister Sami Khedira gemeinsam mit Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann 90.000 Euro. Der Betrag war bei dem von Sami Khediras Stiftung organisierten „Spiel des Jahres“ Mitte Juni auf der Waldau eingespielt worden. Kretschmann war Schirmherr dieses Spieles. Die nächsten Benefizaktionen sind der „Hand in Hand Spendenlauf“ am 25. Juli im Sportzentrum Leinfelden (www.handinhand-spendenlauf.de) und „Charity walk and run“ am 1. August in Stuttgart. Dieser Lauf wird von der Jugendorganisation der Ahmadiyya Muslim Gemeinde e.V. organisiert. Infos unter http://www.charity-walk.info/. cs 20| Im Portrait: Anna Schüle, die neue Vorsitzende der Evangelischen Jugend Stuttgart Mit neuen Formaten motivieren A nna Schüle ist die neue Vorsitzende der Evangelischen Jugend in Stuttgart (ejus). Die 27-jährige Sonderschulpädagogin aus Stuttgart-Möhringen sieht es als Zukunftsaufgabe des kirchlichen Jugendverbandes an, Kinder und Jugendliche auch in Zeiten von immer mehr Ganztagesschulen mit ihren Angeboten zu erreichen und zur Mitarbeit zu motivieren. Zukünftig werden viele Angebote der ejus nicht mehr in kirchlichen Räumen stattfinden, sondern beispielsweise in Schulen, ist Schüle überzeugt. Traditionelle Gruppenangebote verlieren weiter an Bedeutung. Die evangelische Jugend werde dennoch in den Gemeinden präsent sein – unter neuen Bedingungen. Auch in der Kommunikation wird die ejus neue Wege gehen. Sie stärkt das Engagement in sozialen Netzwerken. Dafür steht eine eigene Stelle zur Verfügung. lang eine integrative Jugendgruppe. Als 19-Jährige stieg sie in den Bezirksarbeitskreis ein, das Leitungsgremium des ehemaligen Filderbezirks. Als dieses sich 2008 mit den drei anderen evangelischen Jugendwerken im Gebiet der Landeshauptstadt zusammenschloss zur neuen Evangelischen Jugend Stuttgart (ejus), wurde sie Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der ejus. Schüle ist Nachfolgerin von Thomas Sixt-Rummel. Der 45-jährige Leiter eines Seniorenzentrums und GeschäftsUm Jugendliche und junge führer von zwei SozialstatioErwachsene zu motivieren, nen leitete die ejus seit ihrer hat die ejus in den vergangeGründung 2008. Zuvor war nen Jahren neue Strukturen er neun Jahre lang Vorsitentwickelt. Beim jährlichen zender des Evangelischen Ju„Forum“ können Interessierte gendwerks Stuttgart-Mitte ihre Ideen einbringen, ohne (ejs). Sixt-Rummel übernimmt sich dauerhaft in Gremien zur weiter Verantwortung in der Mitarbeit zu verpflichten. „Ich Anna Schüle [Foto: privat] evangelischen Kirche, unwünsche mir, dass wir mit solter anderem als Kirchengechen neuen Beteiligungsformeinderat, Kirchenkreis-Synodaler und men an unserer Zielgruppe dran bleiben“, Anna Schüle kam „über den klassischen stellvertretender Vorsitzender des Diasagt Anna Schüle. Zugang“ zur Jugendarbeit. Sie nahm an koniestations-Ausschusses des EvangeliAls Vorsitzende bereitet sie die Sitzungen Kinder- und Jugendangeboten ihrer Kir- schen Kirchenkreises Stuttgart. cs des Geschäftsführenden Ausschusses chengemeinde Stuttgart-Vaihingen teil. der ejus vor und leitet sie. Gemeinsam Nach der Konfirmation leitete sie selbst mit dem Geschäftsführenden Ausschuss Gruppen, Waldheim- und Jugendfreiplant und verantwortet sie den Kurs der zeiten, darunter auch mehrere Jahre ejus, entscheidet über Personal und Finanzen. Sie leitet damit den größten Jugendverband in der Landeshauptstadt. Impressum Die ejus hat 48 hauptamtlich MitarHerausgeber: Evang. Kirchenkreis Stuttgart, Pfarramt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit Redaktionsteam:Christoph Schweizer (cs, verantwortlich), Albrecht Conrad, Monika Johna (ajo), beitende und rund 2.800 ehrenamtlich Laura Köhlmann, Gerd Mohr. Engagierte. Schüle ist für drei Jahre geLektorat: Susanne Höhn Redaktionsanschrift: Pfarramt für Medien und Öffentlichkeitsarbeit, Pfarrer Christoph Schweizer, wählt. Augustenstr. 124, 70197 Stuttgart | Tel.: 0711 222 76 91 | Mail: [email protected] Titelbild: Thomas Rathay Gestaltung und Herstellung: Evangelisches Medienhaus GmbH. Satz: cs Auflage: 3.500 IN erscheint drei Mal im Jahr. Es wird Mitarbeitenden kostenlos über die Pfarrämter verteilt. Interessierte wenden sich bitte an die Redaktion. Leserbriefe sind willkommen, Auswahl und Kürzung vorbehalten.
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