Julia Post: "Coffee to go again"

Abschlussbericht zum Traineeprogramm Bündnis 90/Die Grünen
Mai bis November 2015
Die Idee
Mein Projekt drehte sich um die Reduzierung von Einwegbechern. Meine Idee war es, Kund*innen
dazu anzuregen, vermehrt beim Coffee to go einen eigenen Mehrwegbecher zu verwenden. Mithilfe
eines kleinen Logos, der in Cafés, Coffee-Shops und Bäckereien angebracht wird, sollte signalisiert
werden, dass das entsprechende Unternehmen Mehrwegbecher akzeptiert. Begleitend dazu wollte
ich mit Öffentlichkeitsarbeit das Logo bekannt machen und auf die Problematik rund um
Einwegbecher aufmerksam machen und die Verbraucher*innen zu einem reflektierten
Konsumverhalten anregen, das insbesondere auf Schonung von Ressourcen achtet. Die Menge der in
Deutschland verbrauchten Einwegbecher verbraucht im Jahr nicht nur die Energiemenge einer
Kleinstadt, sie verursacht auch CO2-Emmissionen in Höhe von ca. 111.000 Tonnen. Im ersten
Workshop in Berlin erarbeiteten wir eine Kampagnenstrategie: Zielgruppen definieren,
Kommunikationsmittel festlegen, dem Projekt einen griffigen Namen geben. Davon konnte ich enorm
profitieren und schnell war ein konkretes Konzept ausgearbeitet:
Modul 1 – Kleines Logo, große Wirkung: ein Hinweis an die Gäste
Die gastronomischen Projektpartner jeder Art und Größe verweisen mit
dem Logo von Coffee to go again auf die Möglichkeit des
Kaffeeausschanks im Mehrwegbecher. Das Personal fragt zusätzlich nach:
„Haben Sie einen Mehrwegbecher dabei?“ Alle teilnehmenden Betriebe
werden auf der facebook Seite von Coffee to go again aufgelistet.
Modul 2 – Individuelle Konzepte der Unternehmen
Die gastronomischen Projektpartner setzen ihren Gästen gezielt Anreize zur Verwendung des
Mehrwegbechers: Preisnachlass, Gutschein-Systeme (bei 10 Kaffees im Mehrwegbecher, ist der 11.
gratis). In der Wahl der Anreize sind den gastronomischen Betrieben selbstverständlich keine
Grenzen gesetzt!
Modul 3 – Zusammenschluss der teilnehmenden Unternehmen
Die gastronomischen Projektpartner führen ein Pfandsystem für Mehrwegbecher ein, die das Coffee
to go again- und das Firmenlogo/die Firmenlogos aller Projektpartner tragen. Mehrwegbecher
müssen nicht mehr von den Gästen selbst mitgebracht werden, sondern werden gegen ein Pfand
gestellt und können in der nächsten Filiale bzw. bei einem anderen Projektpartner wieder eingelöst
werden.
Die Umsetzung
Viele meiner Ideen konnte ich wirklich gut in die Tat umsetzen. Sobald ich
die Sticker mit dem Logo hatte, zog ich zuerst selbst los und konnte in
meiner Heimatstadt München binnen kurzer Zeit 30 Unternehmen für
Coffee to go again gewinnen. Parallel dazu stellte ich alle
Teilnehmer*innen auf meiner Facebook-Seite vor, die mittlerweile 482
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Follower hat (Stand: 21. Dezember 2015). Für die öffentliche Aufmerksamkeit waren diverse Beiträge
in Print- und Onlinemedien (Münchner Merkur, zeitjung.de, WWF Jugend) sehr hilfreich und
natürlich ein Beitrag bei dem Lokalsender münchen.tv. Über die sozialen Medien wurden die
Beiträge mehr als 500 Mal geteilt und verhalfen mir zu einem enormen Zulauf. So meldeten sich auch
immer mehr initiativ Gastronom*innen bei mir, die einen Sticker für ihren Betrieb haben wollten.
Immer wieder forderte ich auch meine Follower dazu auf, Cafés in ihrer Nähe anzusprechen, um so
das Projekt über München und Bayern hinaus zu tragen. Als Anreiz veranstaltete ich dazu vor
Weihnachten auch ein Gewinnspiel, in dem ich zur Belohnung fünf Mehrwegbecher mit dem Logo
von Coffee to go again verloste. Gleichzeitig kam ich in Kontakt mit der Verbraucherzentrale
Nordrhein-Westfalen, die mich zu einem Fachgespräch im November zu diesem Thema einlud und
meine Initiative auch auf ihrer entsprechenden Kampagnenseite führt. Um mehr Menschen und
Coffee-Shops für Coffee to go again zu gewinnen und auch, um einen gewissen Rücklauf zu erhalten,
stecke ich gerade zusammen mit einem Programmierer in der Entwicklung einer App, vorerst nur für
Apple. Sie enthält u. a. einen Shopfinder, und – ähnlich wie beim Kalorienzählen – eine
Einsparfunktion, die zeigt, wie viel Ressourcen man durch die Nutzung eines Mehrwegbechers
bereits eingespart hat. Gerade befinden wir uns im Betatest.
Was besonders gut funktionierte und persönliche Highlights
Ich konnte enorm viel aus den Seminaren zu „Öffentlichkeits- und
Kampagnenarbeit“ und „Framing in der Klima-Kommunikation“
mitnehmen. Auch die Betreuung durch meine Mentorin Katharina
Schulze, MdL, war hervorragend: sie nahm sich häufig und ausgiebig
Zeit für meine Fragen. Durch ihre langjährige Erfahrung im politischen
Betrieb konnte sie mir praktische Hilfestellung leisten, obwohl sie als
innenpolitische Sprecherin nicht für umweltpolitische Fragen
zuständig ist.
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Sehr positiv überrascht war ich von dem hohen Interesse der Medien. Musste ich mich um den
ersten Bericht noch selbst bemühen, kamen die anderen Anfragen initiativ. Diese sorgten für einen
schnellen und relativ hohen Bekanntheitsgrad des Projektes, vor allem in München und Umgebung.
Durch Teilnahme an diversen Veranstaltungen zu „Zero Waste“ o. Ä. habe ich viele Kontakte zu
dieser Szene in München und Deutschland knüpfen können.
Wo lagen die Schwierigkeiten?
Da ich selbst keine Grafikerin bin, war das erste Problem jemanden zu finden, der einem das Logo
erstellt. Hier war ich schnell mit meinem nicht vorhandenen Budget konfrontiert. Die Suche nahm
einige Wochen in Anspruch.
Sehr zeitintensiv war das Werben der teilnehmenden Shops. Hier musste ich in der Tat auf
persönliches Aufeinandertreffen setzen; auf E-Mails reagierten nur wenige.
Auch war es mir bisher leider nicht möglich, ein größeres Unternehmen für meine
Initiative zu gewinnen. Das hängt vor allem mit den hygienischen Bedenken
zusammen, was auch Thema beim Fachgespräch der Verbraucherzentrale war, an
dem auch Vertreterinnen von Tchibo und McDonalds anwesend waren.
Neben Bachelorarbeit und Praktikum wurde es echt eine zeitliche
Herausforderung, die vielen Anfragen via facebook und E-Mail zu beantworten. Viele fragten trotz
transparenter Darstellung auf der facebook-Seite nochmal allgemeine Infos an. Zudem bekomme ich
Anfragen, ob ich auch Becher verkaufe oder ob ich den Betrieben das Pfandsystem einrichten kann.
Auch konnte ich aus Zeitgründen nicht alle Veranstaltungseinladungen annehmen.
Außerdem musste ich lernen, dass begeisterte Follower nicht immer auch offline zu
Multiplikator*innen werden. Von den mittlerweile mehr als 60 Unternehmen gibt es leider nur
wenige, denen Coffee to go again ein echtes Anliegen ist oder es zumindest als Werbung für
nachhaltiges Wirtschaften begreifen und mich in meiner Arbeit mittels Werbung/Social Media o. Ä.
unterstütz haben. So ist es hier leider zu keinem regelmäßigen Austausch gekommen. Auch diesem
Umstand ist es geschuldet, dass ich bisher kaum Feedback dazu habe, wie gut das Projekt eigentlich
von den Verbraucher*innen angenommen wird.
Ähnlich hat es sich auch mit anderen (Umwelt-)Organisationen verhalten. Die Deutsche Umwelthilfe
startete beispielsweise im September ebenfalls eine Kampagne zu dem Thema; der NABU plant eine.
Zu einer „Bündelung der Kräfte“ kam es trotz Anregung meinerseits allerdings nicht.
Da das Projekt mit mittlerweile mehr als 60 Shops einen sehr hohen Zulauf erfahren hat, ist es auch
nicht nur durch den zeitlichen Aufwand, sondern auch eine finanzielle Frage für mich geworden
(Portokosten, Becher-Produktion, Sticker-Produktion), für die ich mir noch eine Lösung überlegen
muss. Eventuell starte ich nächstes Jahr ein Crowdfunding-Projekt. Außerdem werde ich mich auf
einen Nachhaltigkeitspreis bewerben, der mit 2.500 € dotiert ist.
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Persönliche Anmerkungen
Das Traineeprogramm stand unter dem Motto „Lerne das politische Handwerk“. Ich konnte mir
darunter zunächst wenig vorstellen, als Nachwuchspolitikerin hätte ich mich nicht bezeichnet.
Außerdem war ich bei der Bewerbung im März auch kein grünes Parteimitglied. Als Studentin der
Politikwissenschaft und grüner Sympathisantin hatte ich mir aber schon lange die Frage gestellt, ob
Parteiarbeit und –mitgliedschaft etwas für mich wäre. Das galt es herauszufinden. Und ich muss
sagen, das hat eindeutig geklappt: inzwischen bin ich nicht nur aktives Basismitglied in München,
sondern auch um eine persönliche Erfahrung reicher. Es hat mir sehr viel Freude bereitet, so viele
engagierte junge Menschen aus ganz Deutschland kennenzulernen, das Innenleben der Grünen so
live mitzuerleben und so viel Unterstützung für mein Projekt zu erfahren.
Zudem fand ich es enorm spannend, das politische Geschäft in all seinen Facetten kennenzulernen:
wie schwierig es ist, immer wieder Ehrenamtliche zu animieren; wie sehr man um die Medienpräsenz
kämpfen muss; wie man innerhalb der Partei um Positionen ringt, wie das nach Außen vertreten und
dann wahrgenommen wird; wie zeitintensiv Partei-Arbeit ist… (um nur einige Punkte aufzuzählen)
Vom Fernsehinterview, über das Fachgespräch bis hin zu den Diskussionen mit Cafébetreiber*innen
bin ich persönlich sehr an diesen Prozessen gereift. Selbst einmal sich ein Konzept zu überlegen, es
umzusetzen, Standpunkte zu vertreten, eine Facebook-Seite mit beinahe täglich (hoffentlich)
interessanten Beiträgen zu gestalten, zuletzt sogar an der Entwicklung einer App beteiligt zu sein – all
diese Prozesse zu durchdenken und zu durchleben war für mich eine unglaublich wertvolle
Erfahrung, für die ich Bündnis 90/Die Grünen und allen Beteiligten herzlich danken möchte. Für
meinen weiteren Lebensweg hat das Traineeprogramm wichtige Weichen gestellt und mir bestätigt,
dass ich voll und ganz in das politische Geschäft einsteigen will.
Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung: [email protected]
Und Sticker bekommt Ihr unter: [email protected] 
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Julia Post – München – Dezember 2015
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