Sucht - Zahlen und Fakten aus dem Erzgebirge

Sucht –
Zahlen und Fakten aus
dem Erzgebirge
Suchtberatungs- und Behandlungsstelle
Dr.-Otto-Nuschke-Str. 46
08280 Aue
Tel. :
Fax:
Dipl. Psych. Ulrike Päßler
03771/154-140
03771/154-143
[email protected]
www.diakonie-asz.de
Inhalte
1.
Zahlen aus dem Erzgebirgskreis

Verhältnis Männer/Frauen; Alter

Familien mit Kindern
2.
Wege in die Beratung – was passiert in der SBB?
3.
Warum ist das Aufhören so schwer, trotz des Wissens um
negative Konsequenzen?
4.
Wo sollte Prävention ansetzen?

Gesellschaftlich/universell

Blick auf die Kinder: Projekt Trampolin
Zahlen und Fakten
Blick auf Sachsen
 27.000 Klienten in sächs. Suchberatungsstellen bei 218
Fachkräften (22.800 Einwohner pro Fachkraft)
 50% der Betroffenen suchen Beratung wegen einer eigenen
Alkoholproblematik
 Durchschnittsalter: Alkohol: 43 Jahre, Crystal: 27 Jahre
 Einstiegsalter: Alkohol: 15 Jahre; Crystal: 18 Jahre
 Alkoholabhängigkeit ist die zweithäufigste behandelte Krankheit
in den sächsischen Krankenhäusern (bei Männern sogar
häufigste!)
 Kosten für stationäre Behandlung 120 Mio. € pro Jahr
 1105 Alkohol-Tote im Freistaat (22 pro 100.000 Einwohner)
Zahlen und Fakten
Altlandkreis Aue/Schwarzenberg
Klienten 2014: 682
50% Alkohol
80% Männer
75% über 40
Jahre alt
30% Drogen
20% Frauen
66% Männer
33% Frauen
25% zwischen
20 und 40 Jahren
 Nur eine recht geringe Anzahl an Frauen mit einer Alkoholabhängigkeit im
gebärenden Alter kommt in SBB!
Zahlen und Fakten
Im Altlandkreis Aue/Schwarzenberg:
 125 abhängige Klienten haben Kinder unter 18 Jahren zu
Hause
 113 Kinder leben bei Alkoholabhängigen Eltern (nur die uns
bekannt sind!), 86 Kinder bei Crystalabhängigen (teilweise
fremduntergebracht)
 Auffällig: nur bei 12 % im Alkoholbereich ist das Jugendamt
involviert (bei Crystal 51%)
 Familien mit Alkoholikern sind sozial unauffälliger, Sucht
wird nicht so früh bemerkt oder hat weniger Folgen?
Wege in die Beratung
Wie finden Betroffene in die Suchtberatung?
 Über Entgiftungsstation
 Durch Angehörige
 Durch Auflage durch Jugendamt, Jobcenter o.Ä.
 Nach Führerscheinverlust
 Auf Drängen des Arbeitgebers
 Aus eigenem Antrieb
Was passiert in der Beratung?
Kontakt-/
Motivationsphase
Entzugsphase
Suchtberatungund
Behandlungsstelle
Krankenhaus
(psychiatrische
Abteilung)
Hausarzt
Fachambulanz
Therapiephase
Nachsorge
Fachklinik
Adaption
Therapiezentren
Suchtberatungund
Behandlungsstelle
Suchtberatungund
Behandlungsstelle
Fachpsychologen
Selbsthilfegruppen
Wohnformen (betr.
Wohnen; Clean
WG…)
Was passiert in der Beratung?
Phasen der Veränderungsbereitschaft
Absichtslosigkeit
Verhaltensänderung wird nicht in
Erwägung gezogen
Absichtsbildung
Ernsthaftes Abwägen einer
Verhaltensänderung
Vorbereitung
Absicht, das Problemverhalten
aufzugeben
Handlung
Aktive Versuche, aufzuhören
Aufrechterhaltung
(Aktive) Beibehaltung einer
positiven Verhaltensänderung
Beendigung
Stabiler Zustand ohne
Problemverhalten
Was passiert in der Beratung –
Kontakt-/Motivationsphase?
 Wertschätzung, Akzeptanz
 Aktives Zuhören (Verstehen was hinter dem Trinken steckt)
 Beziehungsaufbau  dauert häufig sehr lang, bis über Thema
Alkohol offen gesprochen wird
 Bei Frauen ist Abhängigkeit sehr viel mehr schambesetzt als
bei Männern, insbesondere wenn Kinder da sind
 Schuldgefühle sind sehr stark
 Herausarbeiten von Ambivalenzen zwischen dem
Trinkverhalten und dem Anspruch eine gute Mutter sein zu
wollen
Wie geht es weiter?
 Vermittlung in Entgiftung und Langzeittherapie
 Begleitung durch die Kinder möglich!
 Nach Therapie Nachsorge, regelmäßige Gespräche,
Vermittlung in Selbsthilfegruppen, Angehörigengespräche,
Vermittlung von Erziehungsberatung und anderen Hilfen
 Ziel: Stabilisierung der Abstinenz im Alltag
Wieso ist das Aufhören so schwer…
…trotz des Wissens um negative Folgen?
 Fast alle Eltern wissen, dass Alkohol in der Schwangerschaft
Folgen für das Kind haben kann und dass die Kinder unter
alkoholkranken Eltern leiden!
 Abhängigkeit ist eine Krankheit, keine Charakterschwäche
 Betroffene können nicht einfach so aufhören oder wieder
kontrolliert („normal“) trinken
 Das Wissen um die negativen Folgen und die damit
verbundenen Schuldgefühle führen Menschen häufiger noch
tiefer in die Abhängigkeit
Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit
Gelegentlicher (unproblematischer) Konsum (episodisch)
Gewohnheitskonsum (dauernd)
Missbrauch (nicht bestimmungsgemäß; akut oder chronisch)
Riskanter Konsum (deutliches Risiko negativer Folgen)
Schädlicher Konsum (gesicherte, z. T. dauerhafte schädliche Folgen)
Abhängiger Konsum
(Erfüllung der Abhängigkeitskriterien nach ICD 10)
Das Suchtverhalten verändert Prozesse im Gehirn
Vor dem Entzug
Besonders Betroffen: Belohnungssystem (Verhaltensweisen
werden gespeichert für Entspannung, Ausgleich &
Wohlbefinden)
Suchtverhalten
alternative
Bewältigungsstrategien
während/nach dem Entzug
Das Suchtverhalten verändert Prozesse im
Gehirn
Innere Leere, Nervosität, Unwohlsein,
Langeweile, Suchtdruck
„Es passiert nichts“
alternative
Bewältigungsstrategien
Das Suchtverhalten verändert Prozesse im
Gehirn
nach der Entwöhnung
Familie
Das
Suchtgedächtnis
bleibt!!!
Entspannungs
-fertigkeiten
SHG
Arbeitsplatz
Hobbies
Wie entsteht Abhängigkeit?
Vererbung, Veranlagung, falsche Vorbilder?
 Bisher keine konkreten Aussagen
Es gibt noch viel zu erforschen
 Bisherigere Erkenntnisse:
 Als Erwiesen gilt die genetische Beteiligung bei Alkohol
– Erhöhte Gefahr (Wahrscheinlichkeit) für Kinder von
alkoholabhängigen Eltern ebenfalls alkoholabhängig zu werden
 Modelllernen bei den Eltern (Wir sind die Vorbilder
unserer Kinder!)
– Aber: Immer mehrdimensionale Sichtweise als
Erklärung einer Suchtentstehung
Wie entsteht Abhängigkeit?
Person
Vererbung
Frühkindliche Entwicklung
Körperliche Entwicklung
Konsum
Erlernte Verhaltensmuster
Emotionale und kognitive Entwicklung
Persönlichkeit
Lebensstil
Missbrauch
Abhängigkeit
Lebenswelt
Droge
Dosis
Art der Zuführung
Griffnähe
Abhängigkeitspotential
Ausbildung/ Familiäre Situation
Wohnsituation
Beruf
Einstellung zur
Droge
Konsumsitten
Wo sollte Prävention ansetzen?
1. Gesellschaftlich – universell
– Wir leben in einem Land mit einer gestörten Trinkkultur
– Alkohol ist immer verfügbar und bei keinem Anlass wegzudenken
(Feierabendbier, Anstoßen bei der Geburt des Kindes,
Sommerfest im Kindergarten)
– Abhängigkeit fällt erst sehr spät auf, keiner stößt sich am Trinken
in der Öffentlichkeit
– Gefahren des Alkohol, eben auch während der Schwangerschaft
(oder auch am Steuer) werden sehr unterschätzt
Es muss immer wieder darauf aufmerksam gemacht werden
(insbesondere in den Schulen)
Hier ist auch die Politik gefragt und auch jeder einzelne um ein
Umdenken einzuleiten!
2. Bei den Kindern Suchtkranker
Was erleben die Kinder?
 Eltern sind unzuverlässig, vernachlässigen wichtige Aufgaben
(Termine, Hausaufgaben, Einkaufen etc.)
 Eltern sind „anders“ wenn sie getrunken haben, können sich nicht auf
die emotionalen Bedürfnisse der Kinder einstellen  Kinder können
nichts richtig machen
 Kinder lieben und hassen ihre Eltern zugleich, werden zu
„Geheimnisträgern“; fühlen sich schuldig
 Eltern setzen Kinder häufig unter Druck (Drohen mit Jugendamt z.B.),
haben Angst sich jemanden anzuvertrauen
 Kinder übernehmen Verantwortung der Eltern (Kümmern sich bspw.
um die jüngeren Geschwister), können nicht Kind sein
 Kinder entwickeln emotionale Defizite und haben später selbst
Probleme stabile Beziehungen zu führen; Störung des Urvertrauens
 Kinder haben erhöhtes Risiko selbst suchtkrank zu werden!!!

Betroffene Kinder müssen daher besonders in den Blickpunkt
genommen werden

Sie sind die größte Risikogruppe für Abhängigkeitserkrankungen
oder andere psychische Störungen

Müssen ermutigt werden über das Thema zu sprechen

Benötigen Wertschätzung, Zuneigung, Stärkung ihrer Persönlichkeit

Müssen in ihre sozialen Kompetenzen bestärkt werden
 All das bietet das Projekt Trampolin, was die SBB
Aue/Schwarzenberg zum Herbst plant
(Wir hoffen auf breite Unterstützung vom Landkreis und allen die mit den
Kindern in Kontakt sind!)
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!