Strategie zur Erhaltung bedrohter Offenlandarten von Dr. Georg Verbücheln Ulrich Cordes Gliederung 1. Einleitung 2. Der aktuelle Zustand der Offenlandarten 3. Ursachen für die Gefährdung und die Beeinträchtigung der Offenlandarten 4. Exkurs: Artenschutz in der Biodiversitätsstrategie NRW 5. Beispiele für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen im Acker Biodiversität: Arten- und Lebensraumvielfalt in naturraumspezifischer Ausprägung und als Ergebnis der Kulturlandschaftsgeschichte artenarme Forste Waldlandschaften mit naturnahen Wäldern Zunahme der Nutzungsintensität geringe Artenvielfalt zunehmende Nivellierung Natura 2000 •Eichenmischwälder •bodensaure Buchenwälder •Kalk- u. OrchideenBuchenwälder •Auenwälder •Bruch*- und Moorwälder •Schluchtwälder artenarme Äcker und Grünlandbiotope Zunahme der Nutzungsintensität große Arten- und Lebensraumvielfalt *nicht FFH-LRT Dr. Georg Verbücheln offene Kulturlandschaften mit Offenlandbiotoptypen •Heiden/Sandtr.-rasen •Borstgrasrasen •Schwermetallrasen •artenreiche Mähwiesen/Weiden •Extensiväcker* •Kalkhalbtrockenrasen •Streuobstwiesen * •Feuchtwiesen und -weiden* geringe Artenvielfalt zunehmende Nivellierung Charakteristische nordrhein-westfälische Kulturlandschaften Kernmünsterland Westliches Tiefland mit Weseraue Westfälisches Tiefland mit Emsaue Weserbergland und Ravensberger Börde Niederrheinisches Tiefland Hellwegbörde Kölner Bucht Legende: Sauerland Potentielle natürliche Waldlandschaften Auen Börden Kalk-Bergland Silikateifel Siegerland Bergisches Land Kernmünsterland und Ville Silikat-Bergland Sandiges Tiefland Kalkeifel Verbreitungsschwerpunkte ausgewählter Arten in NRW Verbreitung seltener Arten und Biotoptypen in NRW M. Woike M. Woike H. Glader P. Schütz C. Michels Dr. Georg Verbücheln M. Sorg 2. Der aktuelle Zustand der Offenlandarten Dr. Georg Verbücheln Verbreitungsschwerpunkte ausgewählter Arten und LRT sowie Erhaltungszustand (Ampelfarben) - Stand 2014 atl. kont. DN/ EU AC SI HSK HX LIP ST SOE MI Schwermetallrasen Kalkhalbtrockenrasen Borstgrasrasen Arnika montana Pfeifengraswiesen artenreiche Glatthaferwiesen Bergmähwiesen Braunkehlchen Feuchtwiesen und-weiden (§ 62) Großer Brachvogel Weißstorch Magergrünland (§ 62) Dunkl. WiesenknopfAmeisenbläuling Wiesenpieper Neuntöter Obstwiesen-/Weiden Steinkauz Extensiväcker Wiesenweihe Feldhamster Grauammer Rebhuhn Feldlerche Wachtelkönig Kiebitz = Schwerpunktvorkommen Dr. Georg Verbücheln = Nebenvorkommen WES/ NE/ KLE RSK BM Dr. Georg Verbücheln Dr. Georg Verbücheln Dr. Georg Verbücheln Dr. Georg Verbücheln 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 Dr. Georg Verbücheln Nährstoffreiche Wälder Bodensaure Wälder Xeroth. Gehölzveg. Feuchtwälder Feuchtwiesen RL=R Frischwiesen RL=3 Zwergstrauchheiden oligotrophe Moore RL=2 Quellen Eutrophe Gewässer RL=1 Trockenrasen Halbrud. Queckenrasen RL=0 Flutrasen Langlebige Ruderalveg. Äcker Hygroph. Theroph. Felsen Binnensalzstellen Anzahl Arten Verteilung der RL-Pflanzenarten auf Biotoptypenkomplexe RL=G Bestandsentwicklung der Grauammer in NRW Dr. Georg Verbücheln Bestandsentwicklung des Kiebitzes in NRW Dr. Georg Verbücheln Bestandsentwicklung der Wiesenweihe in NRW (2003 – 2014) 45 42 40 38 37 35 Anzahl Brutpaare Wiesenweihe 35 32 30 30 30 26 25 21 20 17 15 10 5 0 Jahr Dr. Georg Verbücheln 18 16 Bestandsentwicklung des Rebhuhns in NRW Anzahl Paare / 100 ha LF (arithmetisches Mittel) 1994 2,6 1995 2,4 1996 2,2 1997 2,1 1998 2 1999 2 3 2000 2,1 2001 2 2002 2,1 2,5 2003 2,2 2004 2,2 2 2005 2,5 2006 2,6 2007 2,5 1,5 2008 2,5 2009 2,2 1 2010 1,8 2011 1,6 2012 1,4 0,5 2013 1,2 2014 1 Anzahl Paare / 100 Hektar LF Jahr 0 Jahr Dr. Georg Verbücheln Bestandsentwicklung der Feldlerche in NRW Dr. Georg Verbücheln Bestandsentwicklung des Weißstorches in Nordrhein-Westfalen 250 Horstpaare Jungvögel 209 200 161 150 142 124 121 100 100 79 60 60 44 Quelle: Aktionskomitee "Rettet die Weißstörche im Kreis Minden-Lübbecke e.V." und LANUV Vogelschutzwarte Dr. Georg Verbücheln 2013 2012 2011 2010 2009 32 26 2007 29 2006 23 63 41 38 2005 2004 2003 2002 2001 2000 1999 1998 1997 1996 1995 1994 1993 1992 1991 1990 1989 1988 1970 1965 1960 1934 0 1987 12 1986 10 21 20 17 18 16 18 14 14 11 10 12 9 12 8 8 11 11 12 9 7 8 8 10 77 5 6 6 7 56 4 6 4 4 35 5 4 3 3 1985 10 16 1980 27 23 1975 25 31 23 2008 50 59 61 54 3. Ursachen für die Gefährdung und Beeinträchtigung der Offenlandarten a) Verschlechterung von Habitatgröße und –Qualität - Zunahme der Nutzungsintensität (z. B. PSM) - Eutrophierung (direkter und indirekter Nährstoffeintrag) - Störung durch Freizeitaktivitäten (z. B. freilaufende Hunde) b) Habitatverluste - Entwässerung / Austrocknung - Grünlandrückgang - Versiegelung - Verluste von Strukturen („grüne“ Wege / artenreiche Wegraine) c) Prädation (vor allem Raubsäuger und Rabenkrähe) d) Abnehmendes Bewusstsein für betriebsspezifische Möglichkeiten der Integration von Maßnahmen zur Erhaltung/Entwicklung charakteristischer Arten/Lebensräume Dr. Georg Verbücheln Dr. Georg Verbücheln 4. Exkurs: Artenschutz in der Biodiversitätsstrategie NRW Leitziele: • Das zentrale Ziel der Naturschutzpolitik in NRW ist, in den nächsten Jahren den Rückgang der biologischen Vielfalt aufzuhalten ... • Eine Beschränkung der Aktivitäten und Maßnahmen auf die Schutzgebiete kann den landesweiten Biodiversitätsverlust nicht stoppen. Erforderlich ist eine flächendeckende Sicherung und Entwicklung der biologischen Vielfalt einschließlich ihrer regionaltypischen Besonderheiten ... • Die Mehrzahl der Lebensräume und Arten befinden sich in einem günstigen Erhaltungszustand ... Dr. Georg Verbücheln Umsetzungsinstrumente - Landesentwicklungsplan, Regionalpläne, Landschaftspläne - Schutzgebietsausweisung - Biotopverbund - VNS/Förderprogramme - Grunderwerb/Flächentausch - Eingriffsregelung (einschl. PiK) - Gesetzliche und unter gesetzliche Regelungen zum Biotop- und Artenschutz - Artenschutzprogramme • Arten, für die NRW eine besondere Verantwortung trägt • Rote Liste Arten, deren dauerhaftes Überleben in NRW nur mit garantierenden Maßnahmen gesichert werden kann • planungsrelevante Arten (FFH-Anhang IV und europ. Vogelarten) deren Erhaltungsbestand nicht günstig ist Dr. Georg Verbücheln Ziele und Maßnahmen Kurzfristig: • Erweiterung der Förderkulisse der extensiven Acker- und Grünlandnutzung im Rahmen des Vertragsnaturschutzes auf Grundlage naturschutzfachlicher Kriterien • Entwicklung und Förderung einzelbetrieblicher Beratungskonzepte durch die Landwirtschaftskammer NRW möglichst gemeinsam mit den Biologischen Stationen • Durchführung von Maßnahmen zum Schutz gefährdeter bodenbrütender Vogelarten (zum Beispiel Biotopverbesserung, Gelegeschutz, Prädatorenbekämpfung) Dr. Georg Verbücheln • Entwicklung und Umsetzung integrierter Artenschutzmaßnahmen im Ackerbau (z. B. Anlage von Feldlerchenfenstern an geeigneten Standorten, Blühstreifen) und Integration von extensiv genutzten Ackerflächen in konventionelle und ökologische Nutzungssysteme • Erarbeitung eines Schutzackerkonzeptes für NRW in Anlehnung an die bundesweite Strategie „100 Äcker für die Vielfalt“ • Entwicklung und Umsetzung produktionsintegrierter Artenschutzmaßnahmen im Grünland (z. B. Entwicklung blütenreicher Wiesen, ein- bis zweischürige Mahd; Mähen der Flächen von innen nach außen; Vermeiden von Störungen an den Brutplätzen) • Verwendung von regionalem, standortgeeignetem Saatgut bei der Neuanlage und Renaturierung von artenreichem Grünland Dr. Georg Verbücheln Mittelfristig/Dauerhaft: • Konsequente Umsetzung der gesetzlichen Artenschutzbestimmungen im Rahmen der Grundsätze der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft, zum Beispiel Sicherung der lokalen Populationen gefährdeter Arten auf Ackerund Grünlandstandorten (z. B. Großer Brachvogel, Wiesenweihe, Rohrweihe, Uferschnepfe und Wachtelkönig; s. a. MKULNV-Leitfaden „Umsetzung des Artenschutzes gemäß § 44 Abs. 4 BNatSchG in der Landwirtschaft“) sowie Belassen von unversiegelten Wegen, Feld- und Wegrändern, Feldgehölzen und Hecken • Weiterentwicklung der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft unter Berücksichtigung der Ziele des Natur- und Bodenschutzes Dr. Georg Verbücheln • Nutzung produktionsintegrierter Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Agrarlandschaft (PiK) • Sicherung günstiger Erhaltungszustände und Verbesserung unzureichender bzw. schlechter Erhaltungszustände aller von der Landwirtschaft abhängigen FFH-Lebensraumtypen und FFH-Arten um eine Stufe • Erhaltung und Förderung von Ackerbrachen auf 1 % der Ackerflächen (Stand 2013: 0,4 %) • Neuentwicklung von 2.000 ha artenreicher magerer Flachlandmähwiesen (FFH-Lebensraumtyp 6510) gemäß Empfehlung der Zukunftskommission Landwirtschaft 2020 aus dem Jahr 2009 Dr. Georg Verbücheln 5. Beispiele für Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen im Acker Vertragsnaturschutz, produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PiK) und „Greening“ a) (Sukzessions-)Brachen (ein- bis mehrj.) * Rebhuhn, Feldlerche, Kiebitz, Wiesenweihe etc. b) Ackerextensivierung (einschl. Stoppelbrache) Ackerwildkräuter, Ackervögel, Blütenbesucher c) Ackerrandstreifen / Blühstreifen* “, Rebhuhn, Feldlerche, Blütenbesucher d) Lerchenfenster Feldlerche e) Artenschutzfenster* (p. p.) Ackervogelarten, Ackerwildkräuter f) Erhaltung / Entwicklung von Wegrainen Blütenbesucher g) Maßnahmenkombinationen* (p. p.) Ackervogelarten, Blütenbesucher h) Gelegeschutzmaßnahmen Kiebitz, Wiesenweihe i) doppelter Saatreihenabstand Ackerfauna j) partieller Ernteverzicht Feldhamster, Körnerfresser * als Greening-Maßnahme anerkennungsfähig Dr. Georg Verbücheln Maßnahmenbeispiele • Feldlerchenfenster in geeigneten Räumen • Blüh- und Brachestreifen • Artenschutzfenster (5-10 ha) – Maßnahmenkombination • Rücksichtnahme auf vorhandene Kleinststrukturen im Grünland und auf Äckern Fazit Modellvorhaben 78-81: „Fast alle Segetalgesellschaften lassen sich mit ihrem Artenspektrum auf 2-3 m breiten herbizidfreien Randstreifen erhalten“ Dr. Georg Verbücheln Erhaltung der Artenvielfalt in Wiesen artenreich Dr. Georg Verbücheln artenarm Erhaltung von Wegrändern artenreich Dr. Georg Verbücheln artenarm Schaffung von Kurzgrasstreifen Dr. Georg Verbücheln einj. Sukzessionsbrachen (Schwarzbrachen) Vorschlag: Aussparung feuchter Mulden im Rahmen der Ackerbestellung, z. B. in Verbindung mit verzögerter Maisaussaat Dr. Georg Verbücheln Öffentlichkeitsarbeit • Artenschutz-Leitfäden • Betriebsberatung • Regionale Dialoge • Modellhöfe Dr. Georg Verbücheln Warum PIK? – höhere Akzeptanz bei Landwirten – Verbesserung der biologischen Vielfalt auf Äckern unter Integration in die bestehende Landnutzung Voraussetzungen: Langfristigkeit! Zielsicherheit! Wirksamkeit! Kontrollierbarkeit! Dr. Georg Verbücheln
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